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    Deutscher Bundestag 44. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1966 Inhalt: Fragestunde (Drucksache V/635) Fragen des Abg. Dr. Apel: Finanzierung von Schiffsneubauten auf englischen Werften durch die Bundesregierung . 2065 A Fragen des Abg. Krammig: Aufhebung des Branntweinbegleitscheinverkehrs mit fertigen Spirituosen — Umsatzsteuerpräferenz für Westberliner Spirituosen Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 2065 C Krammig (CDU/CSU) . . . . . 2066 C Cramer (SPD) 2067 A Fragen des Abg. Geiger: Gewährung einer Bundeshilfe für eine Nachreinigungsanlage der Stadt Böblingen — Unterstützung von Garnisonstädten bei der Schaffung kommunaler Einrichtungen 2067 A Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Lohn- und Einkommensteuerpflicht für Schulbeihilfen Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 2067 B Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 2067 C Frage des Abg. Bühler: Einsatz von Abgasabsauggeräten am Zollamt Weil-Otterbach Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 2068 A Bühler (CDU/CSU) 2068 B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 2068 B Frage des Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) : Unterrichtung des Bundestages über das Echo auf die deutsche Friedensnote Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 2068 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 2068 D Frage des Abg. Ertl: Verfahren italienischer Grenzkontrollorgane am Brenner Dr. Carstens, Staatssekretär . . 2068 D Ertl (FDP) 2069 A Frage des Abg. Ertl: Wirtschaftshilfe für Staaten, die die Oder-Neiße-Grenze anerkennen Dr. Carstens, Staatssekretär . . 2069 B Ertl (FDP) 2069 B Rollmann (CDU/CSU) 2069 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Besetzung der Pressereferentenstellen an den auswärtigen Missionen durch Berufsjournalisten Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 2069 D Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 2069 D Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 2070 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 2070 C Dr. Rinderspacher (SPD) . 2070 D, 2071 A Bühler (CDU/CSU) . . . . . . . 2070 D Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Aufrechterhaltung der NATO-These der „atomaren Abschreckung" Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 2071 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 2071 B Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Neue Erkenntnisse auf Grund der Reaktionen auf die Friedensnote der Bundesregierung Dr. Carstens, Staatssekretär . . . 2071 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 2071 D Frage des Abg. Dr. Klepsch: Zulassung von Saatgut der Kartoffelsorte „Bintge" 2072 A Frage des Abg. Dröscher: Verbot der Urlaubsreisen von Soldaten nach Jugoslawien Gumbel, Staatssekretär . . . . 2072 A Kaffka (SPD) 2072 B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 2072 D Brück (Köln) (CDU/CSU) 2073 A Frage des Abg. Haase (Kellinghusen) : Maßnahmen zur Verbesserung des Schleudersitzes in der F 104 Gumbel, Staatssekretär . . . . . 2073 A Haase (Kellinghusen) (SPD) . . 2073 B Cramer (SPD) 2073 C Frage des Abg. Haase (Kellinghusen) : Umrüstung des bisher in der F 104 G verwendeten Schleudersitzes Gumbel, Staatssekretär . . . . . 2073 D Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 2074 B Dr. Klepsch (CDU/CSU) 2074 C Cramer (SPD) 2074 D Kaffka (SPD) 2075 B Frage des Abg. Haase (Kellinghusen) : Beibehaltung des in der F 104 G verwendeten Schleudersitzes Gumbel, Staatssekretär 2075 B Haase (Kellinghusen) (SPD) . . 2075 C Fragen des Abg. Dr. Effertz: Zusammenlegung der Truppenübungsplätze Vogelsang und Elsenborn Gumbel, Staatssekretär 2075 D Fragen des Abg. Dr. Klepsch: Besondere Belastungen für im Herbst 1966 zum Wehrdienst herangezogene Abiturienten Gumbel, Staatssekretär 2076 A Dr. Klepsch (CDU/CSU) 2076 B Damm (CDU/CSU) . . . . . . 2076 D Josten (CDU/CSU) 2077 A Fellermaier (SPD) . . . . . . 2077 B Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Begriffe „atomare Abschreckung" und „flexible Strategie" Gumbel, Staatssekretär 2077 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 2077 D Genscher (FDP) . . . . . . . 2078 B Berkhan (SPD) . . . . . 2078 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1966 (Haushaltsgesetz 1966) (Drucksache V/250) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen V/575, zu V/575); in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung (Drucksache V/599) Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 2079 A, 2096 A, 2100 D Lücke, Bundesminister 2081 A Benda (CDU/CSU) . . . 2082 D, 2087 D Dorn (FDP) 2083 D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 2084 D Wehner (SPD) 2086 C Busse (Herford) (FDP) 2088 B Dr. Miessner (FDP) 2088 C Brück (Köln) (CDU/CSU) 2090 D Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 2091 A Mengelkamp (CDU/CSU) 2092 A, 2094 D, 2097 B, 2100 C, 2100 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 III Dr. Friderichs (FDP) 2092 D Wellmann (SPD) . . . . . . . 2093 D Frau Krappe (SPD) , 2096 B Moersch (FDP) . . . . . . . 2096 D Kubitza (FDP) 2098 C D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 2098 C Collet (SPD) 2100 B Frau Renger (SPD) 2101 B Windelen (CDU/CSU) 2102 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache V/591) Wehner (SPD) 2104 A Borm (FDP) 2109 C von Eckardt (CDU/CSU) 2112 B Walter (FDP) 2114 C Dr. Huys (CDU/CSU) 2116 B Dr. Mende, Bundesminister . . . 2117 C Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen V/583, zu V//583) Wienand (SPD) 2123 D Rommerskirchen (CDU/CSU) . . . 2129 B Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 2131 C von Hassel, Bundesminister . . . 2133 B Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 2140 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 2143 A Memmel (CDU/CSU) . . . . . 2145 B Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . 2145 C Erler (SPD) . . . . . . . . . 2146 A Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 2146 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 2146 C Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache V/600) Seidel (SPD) 2146 D Windelen (CDU/CSU) 2147 D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 2148 C Hermsdorf (SPD) . . . . . . 2149 A Haushaltsgesetz 1966 (Drucksachen V/606, zu V/606) . . . 2149 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1966 (Haushaltsgesetz 1966) (Drucksachen V/250, V/570 bis V/600, V/606) — Dritte Beratung — Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . 2150 B Hermsdorf (SPD) . .. . . . . . 2150 B Leicht (CDU/CSU) . . . . . . . 2150 D Dr. Pohle (CDU/CSU), zur GO . . . 2151 A Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 2151 B Gewandt (CDU/CSU) 2153 A Dr. Lohmar (SPD) 2153 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2155 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 2156 A Nächste Sitzung 2159 Anlagen 2161 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 2065 44. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 27. 5. Dr. Aigner *) 27. 5. Arendt (Wattenscheid) 27. 5. Bading *) 27. 5. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 27. 5. Dr. Barzel 31. 5. Bauknecht 27. 5. Frau Blohm 26. 5. Frau Brauksiepe 27. 5. Brünen 27. 5. Dichgans *) 26. 5. Dr. Dittrich *) 27. 5. Dröscher *) 26. 5. Dr. Eckhardt 27. 5. Dr. Effertz 26. 5. Eisenmann 27. 5. Frau Dr. Elsner *) 26. 5. Frau Enseling 26. 5. Frieler 2. 7. Fritz (Welzheim) 26. 5. Dr. Furler 29. 5. Gerlach *) 26. 5. Gibbert 27. 5. Dr. Giulini 20. 6. Gscheidle 27. 5. Freiherr von und zu Guttenberg 27. 5. Dr. Hammans 27. 5. Hahn (Bielefeld) 27. 5. Dr. Dr. Heinemann 27. 5. Hörauf 27. 5. Iven 26. 5. Frau Jacobi (Marl) 1. 7. Dr. h. c. Jaksch 13. 6. Dr. Jungmann 30. 6. Frau Kalinke 26. 5. Dr. Kempfler 27. 5. Klinker *) 27. 5. Kriedemann *) 26. 5. Leber 27. 5. Lemmer 27. 5. Lücker (München) *) 26. 5. Mauk *) 26. 5. Dr. von Merkatz 31. 5. Metzger*) 27. 5. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 6. Dr. Morgenstern 30. 6. Müller (Aachen-Land) *) 26. 5. Reitz 27. 5. Richarts *) 26. 5. Riedel (Frankfurt) 27. 5. Dr. Schmid-Burgk 27. 5. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments **) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Schmidhuber 28. 5. Schultz (Gau-Bischofsheim) 27. 5. Seither 31. 5. Seuffert 28. 5. Dr. Sinn 10. 6. Stahlberg 30. 6. Stein (Honrath) 26. 5. Steinhoff 14. 6. Frau Strobel *) 27. 5. Dr. Süsterhenn 27. 5. Teriete 2. 7. Tobaben 27. 5. Dr. Wahl **) 27. 5. Weimer 27. 5. Wiefel 27. 5. Winkelheide 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Frau Dr. Wolf 14. 6. Zerbe 27. 5. Anlage 2 Umdruck 39 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 1T/250 Anlage, V/575). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 - Allgemeine Bewilligungen 1. In Tit. 612 - Sondermittel für Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes - (Drucksache V/250 Anlage S. 30) wird der Ansatz von 38 000 000 DM um 18 000 000 DM auf 20 000 000 DM vermindert. 2. In Tit. 973 - Für die Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten - (Drucksache V/250 Anlage S. 49) wird der Ansatz von 40 000 000 DM um 9 000 000 DM auf 49 000 000 DM erhöht. Bonn, den 16. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 3 Umdruck 40 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen V/250 Anlage, V/575). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 06 02 wird der Ansatz des Tit. 660 - Förderung der Kultur, soweit es sich um eine repräsen- 2162 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 tative Vertretung des Bundes oder um die Wahrung von Belangen gesamtdeutscher oder internationaler Bedeutung handelt — (Drucksache V/250 Anlage S. 39) von 9 062 000 DM um 275 000 DM auf 9 337 000 DM erhöht. Entsprechend sind die folgenden Einzelansätze in den Erläuterungen zu Tit. 660 zu erhöhen: 1. b) Radio-Symphonieorchester Berlin GbmH auf 800 000 DM 1. c) Philharmonia Hungarica auf 1 375 000 DM 1. f) Geschwister-Scholl-Stiftung, Ulm auf 200 000 DM Bonn, den 16. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Änderungsantrag des Abgeordneten Kubitza zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — (Drucksachen V/250 Anlage, V/575). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 06 02 Tit. 973 — Für die Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten — (Drucksache V/250 Anlage S. 49) wird der Ansatz von 40 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 45 000 000 DM erhöht. Bonn, den 16. Mai 1966 Kubitza Anlage 5 Umdruck 41 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — (Drucksachen V/250 Anlage, V/575). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 09 — Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln —In Tit. 300 — Für Zwecke des Verfassungsschutzes — (Drucksache V/250 Anlage S. 121) erhält der letzte Absatz des Haushaltsvermerkes folgende Fassung: „Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titers unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen des Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 16. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 6 Umdruck 67 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — (Drucksachen V/250 Anlage, V/600). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 60 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 603 wird die Zweckbindung wie folgt neu gefaßt: „Ergänzungszuweisungen nach Artikel 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes". Die Erläuterungen sind wie folgt zu fassen: „Nach dem Gesetz vom . . . ist der Bund verpflichtet, bei Vorliegen der im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen den Ländern Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein Ergänzungszuweisungen zu gewähren. Der Betrag ist geschätzt." Bonn, den 25. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 7 Umdruck 77 Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — (Drucksachen V/250 Anlage, V/600). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 60 02 — Allgemeine Bewilligungen — Bei Tit. 603 wird Absatz 2 der Erläuterungen wie folgt gefaßt: „Die Mittel sind wie folgt zu verteilen: Bayern 20 000 000 DM Niedersachsen 75 000 000 DM Rheinland-Pfalz 40 000 000 DM Saarland 15 000 000 DM Schleswig-Holstein 30 000 000 DM." Bonn, den 26. Mai 1966 Strauß und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 2163 Anlage 8 Umdruck 47 Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Haushaltsgesetz 1966 — Drucksachen V/250, V/606 — Der Bundestag wolle beschließen: In § 11 Abs. 2 werden die Worte „soweit dadurch die bewilligten Haushaltsansätze nicht überschritten werden" gestrichen. Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 9 Umdruck 55 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966 hier: Haushaltsgesetz 1966 (Drucksachen V/250, V/606). Der Bundestag wolle beschließen: § 15 Abs. 1 wird wie folgt gefaßt: „(1) Artikel 10 des Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs vom 20. Dezember 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 2065) gilt mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Betrages von 3 500 000 000 Deutsche Mark der Betrag von 3 640 000 000 Deutsche Mark tritt." Bonn, den 17. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 10 Umdruck 73 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966. Der Bundestag wolle beschließen: 1. hier: Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache V/573 — Zu Kap. 04 03 — Presse- und Informationsamt der Bundesregierung a) Im Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache V/250 Anlage S. 28) — wird der Ansatz von 12 500 000 DM um 4 500 000 DM auf 8 000 000 DM gesenkt. Der Haushaltsvermerk erhält folgende Fassung: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." b) Tit. 314 — Aufklärung und Unterrichtung der Bevölkerung auf den Gebieten der Sozialinvestitionen — 2 500 000 DM (Drucksachen V/573 S. 4) wird gestrichen. 2. hier: Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache V/534 — In Kap. 05 02 — Allgemeine Bewilligungen — wird in Tit. 964 — Ausrüstungshilfe — (Drucksache V/574 S. 4) — der Ansatz um 46,5 Mio DM auf 40,5 Mio DM gekürzt. 3. hier: Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache V/575 — In Kap. 06 02 — Allgemeine Bewilligungen — wird in Tit. 612 — Sondermittel für Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes — (Drucksache V/250 Anlage S. 30) der Ansatz von 38 000 000 DM um 18 000 000 DM auf 20 000 000 DM vermindert. 4. hier: Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache V/579 — a) In Kap. 10 02 — Allgemeine Bewilligungen — wird in Tit. 959 — Investitionsbeihilfen für landwirtschaftliche Betriebe (Anpassungshilfe 1966) — (Drucksache V/579 S. 5) der Ansatz um 40 000 000 DM auf 37 600 000 DM gekürzt. b) In Kap. 10 03 — Marktordnung — wird in Tit. 620 — Zuschüsse an die Einfuhr- und Vorratsstellen für Getreide und Futtermittel, für Fette, für Schlachtvieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse und an die Einfuhrstelle für Zucker — (Drucksache V/579 S. 6, V/250 Anlage S. 69) der Ansatz um 55 000 000 DM auf 310 479 800 DM gekürzt. Bonn, den 26. Mai 1966 Erler und Fraktion 2164 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 Anlage 11 Umdruck 74 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966, hier: Einzelplan 09 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — (Drucksachen V/250 Anlage, V/578). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 09 02 — Allgemeine Bewilligungen —1. In Tit. 966 — Energiepolitische Maßnahmen, die dem Kohleabsatz dienen — wird folgender Buchstabe c angefügt: „c) Einmalige Ausgabe für energiepolitische Maßnahmen, die dem Kokskohleeinsatz in der eisenschaffenden Industrie dienen 100 000 000 DM." Zu Tit. 966 c) wird eine Erläuterung folgenden Inhalts aufgenommen: „zu Tit. 966 c) Im Zuge der energiepolitischen Maßnahmen zur Sicherung des Absatzes von Gemeinschaftskohle erhalten Unternehmen der eisenschaffenden Industrie für die Verwendung von Hüttenkoks, der aus Gemeinschafts-Kokskohle erzeugt wird, ab 1. Juli 1966 je Tonne verbrauchter Kokskohle 8 DM als laufende Beihilfe. Die Beihilfe dient dem Ausgleich der sich für die Unternehmen der eisenschaffenden Industrie bei der Verwendung von Hüttenkoks, der aus Gemeinschafts-Kokskohle erzeugt wird, ergebenden Nachteile. Das Nähere ist bis zum Erlaß der gesetzlichen Regelung durch Richtlinien des Bundeswirtschaftsministeriums zu regeln." 2. In Tit. 968 b) — Darlehen für die Aufsuchung oder Ausbeutung von außerhalb des Bundesgebietes gelegenen Erdöl- oder Erdgaslagerstätten — wird der Ansatz um 62 500 000 DM auf 57 500 000 DM gekürzt. Im Haushaltsvermerk wird Absatz 2 gestrichen. 3. Tit. 969 — Darlehen für Unternehmen des Steinkohlenbergbaus für die Aussuchung und Ausbeutung von Erdgaslagerstätten — (Drucksache V/573 S. 4) wird gestrichen. 4. Tit. 972 — Leistungen des Bundes zur dezentralen Einlagerung von Kohlen 30 000 000 DM — wird gestrichen. Bonn, den 26. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 12 Umdruck 75 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966, hier: Einzelplan 11 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen V/250 Anlage, V/580). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 11 13 — Sozialversicherung — In Tit. 602 — Zuschuß des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung — wird der Ansatz von 2 240 000 000 DM um 56 000 000 DM auf 2 296 000 000 DM erhöht. In den Erläuterungen wird in Absatz 2 a) in Nr. 1 — Rentenleistungen — der Ansatz von 3 152 000 000 DM um 35 000 000 DM auf 3 187 000 000 DM, b) in Nr. 6 — Knappschaftsausgleichsleistung — der Ansatz von 16 000 000 DM um 21 000 000 DM auf 37 000 000 DM erhöht. Bonn, den 26. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 13 Umdruck 68 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1966, hier: Einzelplan 36 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung I (Drucksachen V/250 Anlage, V/595). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 31 02 — Bewilligungen für die allgemeine Wissenschaftsforschung — wird in Tit. 600 — Förderung des Ausbaus bestehender Hochschulen und sonstiger Wissenschaftseinrichtungen — (Drucksache V/595 S. 3) der Ansatz um 101 295 100 DM auf 530 000 000 DM erhöht. Bonn, den 25. Mai 1966 Erler und Fraktion Anlage 14 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Huys für die Fraktion der CDU/CSU zu Punkt 3/b (Einzelplan 06 35) der Tagesordnung (Drucksachen V/575, zu V/575) Obwohl kein Antrag auf weitere Erhöhung der Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung gestellt ist und mir auch klar ist, daß wegen der Haushaltslage im Augenblick eine weitere Erhöhung nicht erfolgen kann, möchte ich dem Hohen Hause dennoch ein paar Gedanken über diese Institution vortragen, die, obwohl sie sozusagen im Verborgenen Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 2165 blüht, eine Institution ist, die in gemeinsamer Arbeit von Regierung und Opposition versucht, die geistigen Grundlagen, auf denen unser aller Arbeit beruht, im Volke zu verdeutlichen. Ein Beispiel: Die von der Bundeszentrale herausgegebene Wochenzeitschrift „Das Parlament" läßt so manche gute Rede, so manche gute Anregung von Bundestagsabgeordneten zur Auswirkung kommen, die sonst im Protokoll untergegangen wäre. Der Matern-Dienst dieser Zeitung, der den Heimatzeitungen unter der Überschrift: „Abgeordnete fragen, die Bundesregierung antwortet" zur Verfügung gestellt wird, macht die Arbeit der Abgeordneten im Bundestag im Wahlkreis bekannt. Es geht hierbei aber keineswegs nur um das persönliche Anliegen des Abgeordneten, sondern darüber hinaus handelt es sich sozusagen um den geistigen Verteidigungsetat unserer Demokratie. Ich erkenne dankbar an, daß der Etat der Bundeszentrale gegenüber 1965 um ca. 1,3 Millionen DM erhöht worden ist, möchte dennoch sagen, daß die Investition pro Kopf der Bevölkerung nur ca. 0,40 DM beträgt. Ich sage das, um den Haushaltsexperten zu verdeutlichen, welch ungeheure Aufgabe mit so geringen Mitteln geleistet werden muß. Was verlangen wir eigentlich von dieser Institution? Ich würde sagen: zweierlei, erstens die Festigung unserer jungen Demokratie, die noch nicht so in sich ruht wie die traditionsbewußten Demokratien in den angelsächsischen Ländern, zweitens die geistige Abwehr der ständigen Bedrohung durch Kommunismus von innen und außen. Diese Arbeit ist ungeheuer schwierig, es gibt keine spektakulären Erfolge bei ihr. Hier kann alles nur ganz langsam wachsen und muß daher intensiv, pfleglich und behutsam behandelt werden. Aus dieser allgemeinen Zielsetzung ergibt sich das Schwerpunktprogramm, das sich die Bundeszentrale gesetzt hat, die Förderung des demokratischen Gedankens. Denn unsere Demokratie kann sich nur behaupten und entwickeln, wenn sie von der tätigen Mitarbeit ihrer Bürger und einem bewußten Bekenntnis zum demokratischen Staat getragen wird. Es ist das Lebenselexier der politischen Bildung und das der Bundeszentrale für politische Bildung, verschiedene Meinungen einander gegenüberzustellen, Kritik zu provozieren, Zusammenhänge zu verdeutlichen und Quellen zu studieren. Ihr Ziel muß sein, eine unabhängige Meinung des Bürgers zu erreichen, die nicht so labil sein darf, daß sie von jeder Parole umgeworfen werden kann. Der Jugend und auch den Erwachsenen muß deutlich gemacht werden, die manchmal wirklichkeitsfremde Vorstellungen von einer „arbeitenden" Demokratie haben, daß die heißen Auseinandersetzungen, wie sie sich hier zuweilen in diesem Hohen Hause ereignen, Element der Demokratie sind und nichts zu tun haben mit dem sogenannten häßlichen politischen Getriebe. Es muß auch z. B. deutlich werden, daß der Kompromiß zu unserer pluralistischen Demokratie gehört und nichts zu tun hat mit dem immer noch herumgeisternden Wort: Politik verdirbt den Charakter. Es muß klarwerden, daß es heißen muß: In der Politik zeigt sich der Charakter. Es muß der Jugend und den Erwachsenen einsichtig gemacht werden, daß die Demokratie eine Gesellschaftsform ist, in der die verschiedenen Interessen und Ordnungsvorstellungen wirksam vertreten werden können und in der bei aller Vielfalt der Meinungen eine freie Entscheidung und die Entfaltung der Einzelpersönlichkeit möglich ist. Auch die Bundeszentrale hat nur subsidiären Charakter, d. h. sie kann nur Hilfestellung geben zur Handhabung .der demokratischen Rechte, zu praktischer Toleranz und zu vorurteilsfreiem Verhalten. Sie ist ein Vorarbeiter zur Überwindung der Indifferenz des Staatsbürgers, zur Einsicht in .die Notwendigkeit ,des Engagements für unseren Staat, der von ihm selbst getragen werden muß, wenn er am Leben bleiben soll. Ich will nicht auf weitere Details der Arbeit dieser Institution eingehen, sondern nur noch folgendes bemerken. Die föderalistische Zusammenarbeit der Bundeszentrale mit den Landeszentralen für politische Bildung und die Durchführung überregionaler Tagungen auf Bundesebene für politische Bildungsfragen können vorbildlich genannt werden bei der .gemeinsamen Bewältigung von Bildungsaufgaben von Bund und Ländern. Die in diesem Titel eingesetzten Mittel multiplizieren sich sozusagen im geistigen Bereich und werden wirksam für unser aller Arbeit, der wir uns hier verschrieben haben. Dank möchte ich zum Schluß auch bei dieser Gelegenheit dem Leiter der Bundeszentrale und allen seinen Mitarbeitern für ihre bisherige erfreuliche Arbeit aussprechen. Anlage 15 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Kübler für die Fraktion der SPD zu Punkt 3/b der Tagesordnung (Drucksachen V/575, zu V/575) Der Tit. 06 35 — Bundeszentrale für politische Bildung — zwingt zu einigen Überlegungen. Wir sind uns in diesem Hohen Hause alle darüber einig, daß in der modernen Demokratie wieder wie in der klassischen Antike nur der als gebildet gelten kann, der sich um die öffentlichen Dinge kümmert. Der reine Privatmann, also der politisch Unbekümmerte, hieß im klassischen Griechenland „idiotes". Wir nähern uns mit dem Ausdruck „Fachidiot" allmählich wieder dieser klassischen Vorstellung, daß Bildung immer die politische Bildung einschließt. Wir wissen aber alle hier in diesem Hohen Hause, daß noch weite Kreise unserer Bevölkerung reines Fachwissen zum privaten Nutzen für wichtiger halten als eine umfassende, also auch die Staatsangelegenheiten umfassende Bildung. Diese privaten Bildungsvorstellungen sind aber keineswegs auf Deutschland beschränkt. Auch die Franzosen klagen über die deformation professionelle der Experten. Sogenannter reiner Sachverstand ohne politische Bildung wird leicht zum Mistbeet der Diktatur. 2166 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 Wenn wir aber auch alle gemeinsam die Notwendigkeit der politischen Bildung bejahen, so sind wir als Parlament doch noch sehr weit davon entfernt, die für unser Volk notwendigen Maßstäbe der politischen Bildung zu setzen. Wir pendeln doch noch oft von dem alten Leitsatz: „Miteinander — füreinander" über das sportliche fair-play als Vorbild für den politischen Stil bis hin zur an das Emotionale appellierenden Propaganda. Bei einer kritischen Durchsicht der Arbeit und der Erfolge der Bundeszentrale für politische Bildung muß zunächst ein Wort des Bedauerns geäußert werden, daß im letzten Jahr durch die Sperre der Haushaltsmittel nach der Bundestagswahl einige Aufgaben nicht erfüllt werden konnten. Bei der tatsächlich geleisteten Arbeit lassen sich Erfolge natürlich nur schwer messen und bewerten. Quantitative Angaben sind im Bereich der Bildung, also auch der politischen Bildung, nicht immer die besten Wertmesser. Trotzdem sollte zu denken geben, daß etwa beim letzten Schülerpreisausschreiben sich in BadenWürttemberg über tausend Schulklassen mehr als im größeren Bayern beteiligt haben. Noch stärker überrascht aber, daß der Vorsprung Baden-Württembergs fast ausschließlich durch Berufsschulklassen erreicht wird. Bekanntlich ist im berufsschulpflichtigen Alter der außerschulische Einfluß wesentlich größer als der der Schule. Man könnte also doch an Beteiligungszahlen einige Überlegungen knüpfen. Man sollte dies unbedingt tun bei den Besucherzahlen der Filme. Etwa sechs Millionen Menschen sahen im letzten Jahr die Filme der Bundeszentrale. Gemessen an dieser Gesamtbesucherzahl waren die beiden Filme über die Arbeit des Bundestages absolute Pleiten. Sie liefen praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Etwas besser im Rennen lagen mit je vierzigtausend Besuchern im letzten Jahr die beiden Grundrechtsfilme „Die Freiheit der Person ist unverletzlich" und „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich". Recht hohe Besucherzahlen hatten dagegen die Filme: „Ursachen des Nationalsozialismus", „Die Revolution entläßt ihre Kinder" und „Land und Volk Israel". Statt einer vielschichtigen Interpretation möchte ich hier ganz schlicht, aber unmißverständlich sagen, daß die Filme über das Funktionieren der Demokratie schlechter gemacht waren als die über die NS-Zeit, den Kommunismus und über Israel. Nun beklagt die Bundeszentrale für politische Bildung zu Recht den Mangel an geeigneten Mitarbeitern für die Darstellung der Aufgaben einer modernen Demokratie. Das gilt nicht nur für die Filme, sondern auch für die Publikationen und für die Beilagen in der Zeitschrift „Das Parlament". Publikationen über den Kommunismus werden termingerecht von hervorragenden Sachkennern vorgelegt. Über die Zeit des Nationalsozialismus klären uns die Historiker immer wieder auf. Der mögliche Antisemitismus wird in unserem Volk durch viele wissenschaftliche und volkstümliche Darstellungen so gut bekämpft, daß aus Unwissenheit eigentlich niemand mehr vergangene Hetzparolen übernehmen kann. Der Abbau der Vorurteile rückt in den Bereich des Möglichen. Aber die Darstellung der modernen Welt gelingt offensichtlich fast nur bei technischen und wirtschaftlichen Fragen. Publikationen zur Orientierung auf Staat und Gesellschaft von morgen scheitern heute daran, daß wir für die in Frage kommenden Sachgebiete zwar genügend Fachleute kennen, diese aber nur in wenigen Ausnahmefällen in der Lage sind, ihr Thema unter dem Blickwinkel der politischen Bildung darzustellen. Diese nüchterne Feststellung soll nicht zur Resignation führen, sondern zu einem neuen Impuls. Vor zehn Jahren gab es kaum Literatur zur Bewältigung der Vergangenheit und zur Auseinandersetzung mit Kommunismus und Antisemitismus. Die intensive Nachfrage der Bundeszentrale, der Landeszentralen, der Volkshochschulen, der politischen und kirchlichen Jugendverbände hat hier einen Wandel geschaffen. Diese Leistung zur geistigen Klärung muß von jedermann anerkannt werden, aber sie darf nicht die einzige bleiben. Wir können uns nicht im Anti erschöpfen, ganz gleich, ob Antifaschismus oder Antikommunismus. Gewiß ist die Hölle leichter zu malen oder zu beschreiben als das Paradies; aber ebenso gewiß ist, daß durch die Darstellung der Sünde allein noch niemand zur Tugend gefunden hat. Immunisierung ist gut, aktive politische Bildung ist besser. Die Bewältigung der Vergangenheit ist nur eine Vorstufe zur Bewältigung von Gegenwart und Zukunft. Meine Äußerungen sollen keineswegs die bisherige Leistung der Bundeszentrale herabwürdigen, sondern sie sollen ein Impuls sein oder zumindest die Verstärkung eines Impulses, der sich schon beim Nachdruck der „Politischen Witwe" in der Zeitschrift „Das Parlament" andeutete. Bedenklich stimmt der Plan einer Art Enzyklopädie in einer besonderen Kolumne der laufenden Parlamentsausgaben. Begriffsbestimmungen, historische Abrisse und Sacherläuterungen zu wesentlichen Themenkomplexen sind beabsichtigt, z. B. die Hallstein-Doktrin, Notstandsgesetze, Strafrechtsreform. Mich stimmt das bedenklich. Zu diesen Themen sollen wir hier im Bundestag in Rede und Gegenrede die Akzente setzen. Diese Parlamentsdebatten sollen publiziert werden, nicht eine Enzyklopädie über Stichworte unserer Debatten. Zwar habe ich keine Bedenken, daß die Zeitschrift „Das Parlament" von einer Institution der Regierung herausgegeben wird, aber daß „Begriffsbestimmungen" nun institutionell durchgeführt werden sollen, widerspricht meines Erachtens der Aufgabe einer Publikation, die sich „Das Parlament" nennt. Außerdem können solche Dinge immer schief werden. In diesen Tagen wird von der Bundeszentrale das „Wörterbuch für Gemeinschaftskunde" von Bayer-Schmid verteilt .Auf Seite 133 steht zu lesen, daß unter den 300 Delegierten des Parteitages der SPD die besoldeten Parteisekretäre und -angestellten den Hauptanteil haben. Wenn solche Aussagen sich in die geplante Enzyklopädie einschlichen, müßten wir hier im Plenum über publizierte Begriffsbestimmungen streiten, statt die Akzente der Politik zu setzen. Daß die Bundeszentrale selbst demoskopische Erhebungen über die Voraussetzungen der politischen Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 2167 Willensbildung und zum Stand des politischen Wissens durchführen will, ist zwar zu begrüßen, aber es muß doch einschränkend gesagt werden, daß die Bundeszentrale nicht in Konkurrenz mit den Meinungsforschungsinstituten bei Motivstudien treten soll. Die Ergebnisse von INTERMARKET (1965), IMA (1965), EMNID (1954 bis 1965), DIVO (1957, 1960 und 1965) und ALLENSBACH (1958 bis 1965) haben bei aller Widersprüchlichkeit doch klar zum Ausdruck gebracht, daß etwa 70 % der erwachsenen Bürger der Bundesrepublik sich für Politik interessieren, daß aber beinahe 80 % der Interessierten ihre wesentlichen Kenntnisse auf Informationen gründen, die sich auf Affären, Beschuldigungen und andere in ihren Augen undemokratische Vorfälle beziehen. Politik scheint offensichtlich unseren Mitbürgern nur unter polemischen Vorzeichen bekanntzuwerden. Fast drei Viertel aller Befragten lehnten als Quelle der Meinungsbildung politische Veranstaltungen ab. Wenn die widersprüchlichen Zahlen einigermaßen stimmen, wollen 90 % nie eine Mitgliedschaft in einer Partei erwerben. Trotzdem ist eine breite Schicht in der Abwehr geschichtlicher Hypotheken durchaus bereitwillig, sich auf bequeme Vorurteile zu versteifen. Die demoskopischen Feldanalysen zeigen bei aller Fehlerhaftigkeit ihres methodischen Erfassens doch diesen Mangel an staatsbürgerlicher Bildung in unserem Volk, der einerseits die Parteien wegen ihrer verschiedenartigen Aussagen und wegen ihrer Gegensätze ablehnen läßt, andererseits aber in allen Forderungen und in jedem Urteil absolut sein will und nur schwarz oder weiß, aber auf keinen Fall einen Kompromiß zuläßt. Ich glaube nicht, daß es die Aufgabe der Bundeszentrale für politische Bildung sein sollte, hier spezifischere Motivforschungen zu treiben. Ich meine dagegen, daß sie unserem Volk und auch unserer Jugend immer wieder in verschiedenen Formen und mit verschiedenen Hilfsmitteln sagen muß, alle unsere privatesten Hoffnungen und Träume vom eigenen Heim, beruflichem Erfolg und gesellschaftlichem Ansehen stehen im Bannkreis der Politik, in der jeder mitbestimmen darf und soll. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 25. Mai 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Richter (Drucksache V/635 Frage II/1): Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Bundespost-Fernsehsender Rohrbrunn (Spessart), der das . Zweite Fernsehprogramm ausstrahlt und in weiten Teilen Bayerns und in den Kreisen Tauberbischofsheim und Buchen (Baden-Württemberg) gesehen wird, seit Monaten „durchdreht" und nicht nur ein in Streifen und Gitter zerlegtes Bild, sondern auch einen mit Stör- und Brummgeräuschen überlagerten Ton liefert? Die Abstrahlungen des Fernsehsenders Spessart für das 2. Programm sind in der genannten Zeit nach den Feststellungen der Beobachtungsstellen der Deutschen Bundespost einwandfrei gewesen. Der Fernsehsender Spessart für das 2. Fernsehprogramm ist, bedingt durch die zur Zeit laufenden Farbfernsehversuchssendungen, vom Fernmeldetechnischen Zentralamt Darmstadt sogar werktäglich gemessen worden. Mängel an der Abstrahlung sind auch hierbei nicht festgestellt worden. Beschwerden aus dem Versorgungsbereich des Fernsehsenders Spessart liegen auch nicht vor. Die Kreise Tauberbischofsheim und Buchen gehören nicht zum Versorgungsbereich des Fernsehsenders .Spessart. Ein einwandfreier Empfang des Fernsehsenders Spessart ist daher in diesen Gebieten aus ausbreitungstechnischen Gründen nur bedingt möglich. Diese Kreise liegen in den Versorgungsbereichen der im Aufbau befindlichen Fernsehsender Eberbach und Langenburg. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Thießen vom 25. Mai 1966 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Dr. Krips (Drucksache V/635 Fragen V/1, V/2 und V/3) : Wie ist der Stand der Verhandlungen zwischen der Bundesvermögensverwaltung und der Stadt Stuttgart wegen der Verwendung des Areals der ehemaligen Moltke-Kaserne? Ist der Bundesverteidigungsminister bereit, den dringenden Wunsch der Stadt Stuttgart nach Überlassung von Grundstücken der ehemaligen Moltke-Kaserne für wichtige kommunale Einrichtungen ganz oder teilweise zu erfüllen? Bis wann ist mit einer endgültigen Entscheidung der in Frage V/2 erwähnten Grundstücksüberlassung zu rechnen? Das bundeseigene Gelände der ehem. MoltkeKaserne in Stuttgart ist seit Jahren als Standort für die Zusammenfassung der Stuttgarter BundeswehrDienststellen in Aussicht genommen. Allein die Wehrbereichsverwaltung V ist gegenwärtig in 8 verschiedenen Gebäuden untergebracht, die zum Teil erheblich voneinander entfernt liegen. Für die Anmietung dieser Räume sind z. Z. jährlich rund 1,2 Mio DM aufzuwenden. Zu Frage Die Stadt Stuttgart nutzte früher Teile der ehem. Moltke-Kaserne als Hautklinik. Sie war zwar zunächst an einer Dauernutzung für diesen Zweck interessiert, entschloß sich dann aber, neue Klinikbauten zu errichten. Nach Fertigstellung des Krankenhaus-Neubaus — Anfang 1965 — gab die Stadt die bis dahin von ihr genutzten Teile an die Bundesvermögensverwaltung zurück. Seitdem haben keine weiteren Verhandlungen über eine anderweitige kommunale Nutzung des Geländes mit der Bundesvermögensverwaltung stattgefunden. Zu Frage 2: Der Herr Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart hat in jüngster Zeit einen solchen Wunsch an den Herrn Bundesminister der Verteidigung gerichtet. Einer ersatzlosen Freigabe des Areals der ehem. Moltke-Kaserne zugunsten der Stadt steht der bereits geschilderte, dringende eigene Bedarf des Bun- 2168 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 44. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1966 des entgegen. Gleichwohl hat das Schreiben des Herrn Oberbürgermeisters Anlaß gegeben, diese Frage nochmals eingehend zu prüfen. Zu Frage 3: Bis wann mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen ist, hängt insbesondere davon ab, ob und welche Ersatzvorschläge die Stadt Stuttgart machen wird. Der Herr Bundesminister der Verteidigung ist bemüht, so rasch wir möglich zu einem Ergebnis zu gelangen. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Jaeger vom 25. Mai 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache V/635 Frage VIII/4) : Wird die Bundesregierung zum Zwecke einer möglichen Änderung des § 61 Nr. 1 der Konkursordnung Erhebungen darüber veranlassen, in welchem Verhältnis der Gesamtbetrag der rückständigen Lohnforderungen zu dem Gesamtbetrag der Rückstände von Sozialversicherungsbeiträgen in den in der Bundesrepublik in den letzten fünf Jahren abgewickelten Konkursverfahren steht? Wie ich bereits in meinem Schreiben vom 16. Mai 1966 dargelegt habe, wird bei der beabsichtigten Neugestaltung des Ersten Buches der Reichsversicherungsordnung geprüft werden, ob die Bestimmungen des § 28 Abs. 3 RVO in der Praxis zu Schwierigkeiten geführt haben und geändert werden sollten. Für diese Untersuchung werden auch Feststellungen darüber zu treffen sein, in welchem Verhältnis durchschnittlich der Gesamtbetrag der rückständigen Lohnforderungen zu dem Gesamtbetrag der Rückstände von Sozialversicherungsbeiträgen in Konkursverfahren steht. Da ein solcher Überblick nur durch eine Auswertung der einzelnen Konkursverfahren gewonnen werden kann, werden sich die zuständigen Bundesressorts mit den Länderministerien in Verbindung setzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Lambert Huys


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand kann behaupten, daß bisher wenig für die Zonenrandgebiete getan worden wäre. Es wurden Industriebetriebe angesiedelt, es entstanden zusätzliche Wohnungen im Zonenrandgebiet, Straßen wurden gebaut wie auch Schulen, Krankenhäuser und vieles andere mehr. Wer das leugnen wollte, setzte sich der Gefahr aus, nicht ernst genommen zu werden. Aber all das vollzog sich im Rahmen des normalen Aufbaus in der Bundesrepublik.
    Aus der Wirtschaftsstatistik läßt sich wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Struktur und den hier und da eingestreuten Ballungsgebieten nachweisen, daß die Zonenrandgebiete prozentual genauso am Wirtschaftswachstum teilgenommen haben wie das übrige Bundesgebiet. Solch eine Darstellung veranlaßte mich bereits früher zu der Feststellung, es müßte eine Lust sein, im Zonenrandgebiet zu leben. Jeder, der mit den Lebensumständen in diesem Gebiet vertraut ist und der mit den Menschen und ihren Problemen täglich konfrontiert wird, weiß, daß diese Gebiete in wirtschaftlicher, zivilisatorischer und kultureller Hinsicht unterentwickelt sind.
    Das hat auch der gesamtdeutsche Ausschuß auf seinen Besichtigungsreisen von Travemünde bis Passau im letzten Jahr festgestellt. Alle Landräte und Bürgermeister, mit denen wir gesprochen haben, haben dankbar anerkannt, daß vieles in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht zusätzlich für diese Zonenrandgebiete von Bund und Ländern
    getan worden ist und getan wird. Alle Fraktionen sind sich heute in der Auffassung einig, daß die Förderung des Zonenrandgebietes eine politische Aufgabe gesamtdeutschen Charakters ist und daß sie auf Jahre hinaus verstärkt weitergeführt wer-, den müßte. Bei der derzeitigen Haushaltslage können dafür vom Bund her aber nur begrenzte Mittel eingesetzt werden. Um so notwendiger ist es, diese gezielt und schwerpunktmäßig einzusetzen.
    Aus der Fülle der Sorgen, die die Zonenrandgebiete haben, sollen einige wenige aufgezeigt werden, bei denen der gezielte Einsatz der Mittel besonders erforderlich ist. Da ist zunächst das Gespenst der Abwanderung junger und mobiler Menschen zu nennen, die glauben, im Westen bessere Verdienst- und Lebensmöglichkeiten zu finden. Zur Abwanderung werden diese jungen Menschen außerdem durch die schlechten Wohnverhältnisse veranlaßt, durch das geringe kulturelle Angebot und ganz besonders durch die psychologische Wirkung der unmittelbaren Nähe der Demarkationslinie. Die Ursachen für diese Abwanderung erkennen, heißt gleichzeitig die Möglichkeit ihrer Verhinderung aufzuzeigen. Dabei will ich es den Wirtschaftlern überlassen, darzulegen, welche besseren Verdienstmöglichkeiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zonenrandgebiet geschaffen werden könnten.
    Ein Hauptanliegen aller Menschen, besonders der heiratswilligen jungen Menschen, auf die wir im Zonenrandgebiet besonderen Wert legen, ist, ausreichenden Wohnraum zu haben. Es ist der Bundesregierung zu danken, daß sie im vorigen Jahr die Wohnungsbaumittel für die Zonenrandgebiete von 7 auf 14 Millionen DM erhöht hat. Dennoch ist es leider noch nicht gelungen, die Abwanderung der Arbeitnehmer zu stoppen. Es ist zwar bedauerlich, daß für das Jahr 1966 die zusätzlichen Mittel für den Facharbeiterwohnungsbau im Zonenrandgebiet storniert sind; aber es ist doch ein Trost, daß nach dem bereits angenommenen Entschließungsantrag nun 20 Millionen DM für die Wohnungsbauförderung im Zonenrandgebiet , zur Verfügung stehen. Das bedeutet, daß dieser Betrag zwar erst 1967 ausgegeben werden darf, daß aber doch schon in diesem Jahr über ihn verfügt werden kann.
    Weil die Bundesregierung meint, die Berlin-Präferenzen den Zonenrandgebieten nicht gewähren zu können, waren meine Freunde und ich und auch der Gesamtdeutsche Ausschuß der Auffassung, die Wohnungsbaumittel für das Zonenrandgebiet müßten in Zukunft noch verstärkt werden. Dabei sollte man dem Eigenheimbau ein besonderes Augenmerk zuwenden. Eine Familie, die ein Eigenheim besitzt, verläßt nicht so schnell das Dorf, sondern fühlt sich dort zu Hause, übernimmt damit Verantwortung und begegnet so auch der negativen psychologischen Auswirkung der Demarkationslinie.
    In diesem Zusammenhang möchte ich noch einige kritische Bemerkungen zu dem kulturellen Angebot im Zonenrandgebiet machen. Es ist anzuerkennen, daß die Bundesregierung besondere Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Angelegenheiten im Zonenrandgebiet durchgeführt hat und noch durch-



    Dr. Huys
    führt. Schwerpunkte für diese kulturellen Veranstaltungen zu bilden, wie es die Drucksache IV/3668 vorsieht, wirkt bestechend auf den ersten Blick nach dem alten Artilleriegrundsatz „nicht kleckern, sondern klotzen". 10 000 DM oder gar 25 000 DM Zuschuß für eine Kulturveranstaltung liest sich, publizistisch gesehen, sehr gut, besser, als wenn es heißt, eine große Anzahl kleiner und mittlerer Städte habe einen Zuschuß von 800 DM bis 2000 DM erhalten.
    Die Praxis aber sieht anders aus. Es ist typisch für uns Deutsche, daß wir es lieben, unsere kulturellen Güter, unsere eigenständige Kultur in unserer Heimatstadt oder unserem Heimatkreis lebendig werden zu lassen und zu pflegen. Trotz der Anziehungskraft der großen Kulturveranstaltung auf eine bestimmte Schicht von Menschen in Stadt und Land auch im Zonenrandgebiet wird dadurch doch nur ein sehr kleiner Prozentsatz der für die Kultur aufgeschlossenen Bevölkerung erfaßt. Das läßt sich statistisch nachweisen. Die kulturellen Veranstaltungen im Heimatort werden um ein Vielfaches mehr besucht als die Veranstaltungen in der nächst größeren Stadt, obwohl sie stark preisvergünstigt sind.
    Amtsgerichtsrat Brick -aus der grenzdurchschnittenen Stadt Bleckede hat das sehr überzeugend in einem Zeitungsartikel dargelegt. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten werde ich aus seinem Artikel kurz zitieren. Er schreibt:
    Die Durchführung der Empfehlung des Gesamtdeutschen Ausschusses würde bedeuten, daß in zahlreichen Orten in nächster Nähe der Zonengrenze die seit Jahren durchgeführte eigenständige Kulturarbeit — ehrenamtlich von sogenannten „Kulturringen" geleistet — zum Erliegen käme, sofern der Wegfall der Bundesmittel nicht durch eine wesentliche Erhöhung der bisher vom Land, den Kreisen und den Gemeinden geleisteten Zuschüsse ausgeglichen werden würde.
    Die Landesverbände der Kulturvereinigungen haben sich daher für die Beibehaltung des bisherigen Verteilungsschlüssels eingesetzt. Ich halte das für eine gute Anregung, zumal z. B. im niedersächsischen Zonengrenzraum die Zahl der größeren Städte, die in der Lage sind, kulturelle Maßnahmen in einem dem Schwerpunktprogramm entsprechenden Umfang durchzuführen, gering ist und diese Städte größtenteils in einer solchen Entfernung von der Zonengrenze liegen, daß die Heranführung der von der Teilung Deutschlands unmittelbar betroffenen Bevölkerung aus den direkt an der Zonengrenze gelegenen Ortschaften problematisch ist.
    Soweit das Zitat. Ich schließe mich seiner Ansicht an. Wir sollten uns ernsthaft überlegen, ob wir die Empfehlungen unseres Gesamtdeutschen Ausschusses für das Jahr 1966 und die folgenden Jahre wirklich durchführen, bevor wir nicht wissen, ob und in welchem Umfang Landkreise und Gemeinden den Wegfall der Bundesmittel auszugleichen vermögen.
    Die Fülle der anderen Probleme, besonders im Bereich der Landwirtschaft, die es im Zonenrandgebiet gibt, will ich hier heute nicht anschneiden. Die beiden erwähnten Probleme scheinen mir im Augenblick besonders wichtig zu sein.
    Allerdings muß auch gesagt werden, daß es notwendig ist, die Industriellen, die Geisteswissenschaftler und die Künstler für diese Probleme zu interessieren, um die Lebensbedingungen im Zonenrandgebiet denen in anderen Gegenden der Bundesrepublik anzugleichen. Es ist also auch Aufgabe der politischen Bildung, mehr Interesse und Hilfsbereitschaft für das Zonenrandgebiet gerade in den Kreisen zu erwecken, die über Wissen und Mittel verfügen; denn die Politiker allein können das Schaufenster nach Osten nicht ausstatten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Bundesminister Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte um den Haushalt des Bundeskanzlers habe ich kurz zu den Rechtsgrundlagen der Deutschlandpolitik Stellung genommen, um zum Ausdruck zu bringen, von welcher Basis aus wir in der Deutschlandpolitik operieren können. In der heutigen Aussprache über den Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen sind viele Einzelanregungen von den Sprechern der drei Fraktionen gegeben worden. Ich möchte für diese Anregungen, auch für die Kritik, danken und im einzelnen dazu wie folgt Stellung nehmen.
    Herr Kollege Wehner sprach von dem anspruchsvollen Namen, den das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen trägt. Noch problematischer, Herr Kollege Wehner, ist dieser Name, wenn man seine Übersetzung in die englische oder französische Sprache im Ausland erklären muß. „All german affairs", das klingt noch anspruchsvoller. Und wenn es gar in der französischen Übersetzung „panallemandes" oder „pangermaniques" heißt, dann hat man gleich die ersten Schwierigkeiten, die eigentliche Kompetenz des Ministeriums wieder zu reduzieren auf das bescheidene Gebiet, das gegeben ist.

    (Zuruf des Abg. Mattick.)

    — Herr Kollege Mattick, ich habe mich mehrfach bemüht, eine andere Namensgebung, etwa die Bezeichnung „Ministerium für die Fragen der Wiedervereinigung", durchzusetzen. Das macht sich auch in der Übersetzung besser und mahnender. Aber Sie glauben nicht, wie schwierig es ist, etwas, was 16 Jahre lang in einem Gleis gefahren ist, auf ein anderes Gleis mit anderer Spur zu übertragen. Ich habe aber die Hoffnung, zumindest was die Übersetzungsmöglichkeit betrifft, noch nicht aufgegeben.
    Es gibt natürlich im Jahre 1966 in der Deutschlandpolitik zwei Wertungsmöglichkeiten. Die eine lautet: Unter welchen Vorstellungen, Hoffnungen und Zielen sind wir vor fast 17 Jahren in diesem Hohen Hause angetreten, und wo stehen wir heute? — In Berlin vor der Mauer, im Zonenrandraum vor einer 1387 km langen Sperrlinie mit Minenfeldern, Stacheldraht, 600 Wachtürmen und einem Schießbefehl und in der internationalen Lage ist die



    Bundesminister Dr. Mende
    Deutschlandfrage unendlich schwieriger und langwieriger geworden. Wer also von dem ausgeht, was in diesem Haus in den Jahren 1949/50 an Hoffnungen und Gedanken geäußert wurde, der muß tief erschüttert feststellen, daß wir unserem Ziel, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden, nicht einen Schritt näher gekommen sind. Im Gegenteil, wir haben eine Verhärtung der deutschen Frage im Innern durch die Gefahr der Entfremdung, aber auch im Außenbereich durch die Gefahr der Gewöhnung an den Status quo des geteilten Deutschland zu beklagen.
    Nun gibt es natürlich auch eine andere Wertung, die lautet: Es hätte aber noch viel schlimmer kommen können; seien wir schon zufrieden, daß wenigstens wir in der Bundesrepublik Deutschland vom Kommunismus nicht überwunden wurden und ihn abwehren konnten! Diese Defensivhaltung liegt nicht im Sinne des Verfassungsauftrages unseres Grundgesetzes und kann daher kein Maßstab für eine erfolgreiche Deutschlandpolitik sein.

    (Beifall bei der FDP.)

    Es ist hier von den Sprechern zweier Fraktionen die Kompetenzfrage angesprochen worden, und ich bin sehr dankbar, daß zwei Fraktionen dieses Hohen Hauses die gegenwärtige Kompetenz des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen als nicht ausreichend ansehen. Auch ich teile diese Auffassung und habe daher im August 1964 dem Herrn Bundeskanzler einen Brief geschrieben mit der Bitte, dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen die politische Koordinierung aller gesamtdeutschen Fragen zu übertragen; denn welches andere Haus könnte diese Drehscheibe aller technischen Kontakte, aller politischen Probleme sein als das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen? In der Deutschlandpolitik — hier hat Herr von Eckardt schon recht — sind nämlich viele Komponenten und Faktoren außenpolitischer, wirtschafts-, gesellschafts-, verkehrs- und kulturpolitischer Art vereinigt, und das Grundgesetz hat nun einmal statuiert, daß die Richtlinien der Politik der Bundeskanzler bestimmt, daß aber innerhalb dieser Richtlinien jeder Bundesminister sein Ressort in eigener Verantwortung zu verwalten hat. Der Herr Bundeskanzler hat entschieden, daß diese politische Koordinierung aller gesamtdeutschen Fragen im Bundeskanzleramt stattfinden solle, da sie fast ausschließlich Richtlinienfragen seien. Aber der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen ist durch diesen Erlaß an alle Ministerien in die Lage versetzt, daß er wenigstens von allen gesamtdeutschen technischen Kontakten und Problemen vor ihrer Einleitung und während ihres ganzen Ablaufes verständigt wird, so daß damals wenigstens, Herr Kollege Wehner, ein Kompromiß erreicht wurde. Der Bundeskanzler und das Bundeskanzleramt behielten sich die letzte politische Entscheidung vor. Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen ist wenigstens informiert und damit in den Stand gesetzt, durch alle Ressorts mit dem Bundeskanzleramt ein Höchstmaß an Koordinierung durchzusetzen. Dieser Erlaß des Bundeskanzlers vom September 1964 ist bei der neuen Regierungsbildung an alle Ministerien erneuert worden.
    Man kann in der Tat die Frage aufwerfen, ob das bisherige System schon ausreichend ist oder ob nicht noch mehr Straffung erforderlich ist. Auch was die Frage der Umorganisation betrifft, Herr Kollege Wehner, sind schon im Jahre 1964 einige Veränderungen erfolgt. Am 1. Juli dieses Jahres wird eine neue Geschäfts- und Organisationsverteilung nicht nur im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, sondern auch im Verein für. die Wiedervereinigung Deutschlands in Kraft treten, eben um dem Erfordernis der neueren Entwicklung auch in der Organisation und in der Geschäftsverteilung Rechnung zu tragen.
    Die Frage, ob zu den bisherigen Kabinettsausschüssen — Wissenschaftskabinett, Wirtschaftskabinett, Bundesverteidigungsrat — auch ein Kabinett für die Fragen der Wiedervereinigung, eine Art Kabinettsausschuß, gebildet werden sollte, ist nicht neu. Sie tauchte zum erstenmal vor einem Jahr in dem Buch des geschäftsführenden Vorsitzenden des Kuratoriums „Unteilbares Deutschland", Dr. Schütz, auf. Hier meint Dr. Schütz, daß eben auch die Frage der deutschen Wiedervereinigung einen solchen Kabinettsausschuß notwendig mache und man dem Staatssekretärausschuß allein diese Koordinierung nicht übertragen könne. Denn wenn es logisch ist, daß nur das Gesamtkabinett Deutschlandfragen schlechthin behandeln kann, dann ist auch der Staatssekretärausschuß nur als ein Staatssekretärausschuß aller 21 Bundesministerien denkbar. Das wäre die logische Konsequenz aus dem, was Sie, Herr von Eckardt, bezüglich der Gesamtverantwortung des Kabinetts sagten. Wenn es aber so ist, daß ein Staatssekretärausschuß von nur 6 Ministerien eine Koordinierungsaufgabe vollzieht, so ist logischerweise die Frage gerechtfertigt, warum die Verantwortung nicht durch die Minister statt nur durch die Staatssekretäre in diesem Koordinierungsausschuß gehandhabt werden sollte.

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    Ich stelle mit Überraschung fest, daß die Mehrheit dieses' Hohen Hauses diese Frage heute bei der Diskussion dieses Einzelplans 27 gestellt hat. Die Bundesregierung wird sich auf Grund dieser Meinungsäußerung des Parlaments damit befassen müssen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten .der SPD.)

    Es ist das Problem des Zonenrandgebietes Gegenstand zahlreicher Anmerkungen, aber auch kritischer Äußerungen gewesen. Im Zonenrandgebiet sind in der Tat, mein Haus eingeschlossen, 12 Bundesministerien ressortmäßig zuständig. Bei 'den Reisen, Herr Kollege Wehner, die der Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen unter Ihrem Vorsitz von der Lübecker Bucht bis nach Hof und von Hof bis Passau in den vergangenen Jahren absolvierte, ist erkennbar geworden, wie viele Überschneidungen und Verwaltungsschwierigkeiten durch die Bürgermeister, Landräte und Regierungspräsidenten beklagt wurden. Aber ich glaube doch, Herr Kollege Wehner, daß Sie mir aus der Tätigkeit als Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen bestätigen müssen, daß ich mich



    Bundesminister Dr. Mende
    auch ohne besonderen Auftrag zu einem politischen Koordinator für die Zonenrandfragen zumindest selbst erklärt habe, indem ich der Bundesregierung zweimal nach diesen Reisen des Gesamtdeutschen und Berliner Ausschusses Memoranden zur Frage des Zonenrandgebietes übermittelt habe. In Verfolg der Diskussionen über diese Memoranden und Vorlagen des Wirtschaftsministers und des Verkehrsministers sind dann doch gewisse Maßnahmen für das Zonenrandgebiet eingeleitet worden, auf die ich noch im einzelnen zu sprechen komme.
    Ich halte es für notwendig, daß ein Minister die politische Verantwortung für die Koordinierung aller das Zonenrandgebiet betreffenden Maßnahmen trägt;

    (Abg. Wehner: Sehr wahr!)

    denn er muß ja auch dem Gesamtdeutschen Ausschuß Rede und Antwort stehen. Er und nur er — und nicht seine elf Kollegen — hört sich dann sowohl die Klagen der Bürgermeister und Landräte wie auch manche Kritik der Mitglieder dieses Hohen Hauses im Gesamtdeutschen Ausschuß an.
    Herr Kollege Wehner sprach von der Mühsal der kommunalen Richtlinien. Am 28. Februar 1966 sind vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen dem Bundeskabinett Richtlinien über die Wiederaufnahme kommunaler Kontakte zugeleitet worden. Da zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen Meinungsverschiedenheiten über einen Punkt zu verzeichnen waren, mußte das gesamte Kabinett nach dem Grundgesetz und der Geschäftsordnung der Regierung entscheiden. Die Entscheidung ist erfolgt. Die Richtlinien werden in wenigen Tagen den Innenministern der vier Zonenrandländer zugeleitet werden, so daß eine baldige Verteilung bis zu den Bürgermeistern und Landräten zu erwarten ist.
    Wir hatten bis 1958 — das ist den Kollegen des Gesamtdeutschen Ausschusses bekannt — die Amtshilfe der kommunalen Stellen über die Demarkationslinie. Seit 1958 ist das durch die Sperrmaßnahmen unterbunden worden, seit 1961 ist es völlig beendet. Es gibt heute an keiner Stelle des Zonenrandgebiets mehr die Möglichkeit, von Bürgermeister zu Bürgermeister irgendwelche technischen Fragen zu besprechen oder gar, wie das zwischen Sonnenburg und Neustadt noch möglich war, Sportvereine, Gesangvereine und Kulturveranstaltungen wechselseitig auszutauschen. Daher hat sich das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen bemüht, neben der Amtshilfe für Katastrophenschutz, Feuerschutz, gegen Überschwemmungen und zur Seuchenbekämpfung auch einen Nachbarschaftsverkehr etwa ähnlich dem nach dem Berliner Passierscheinübereinkommen zu erreichen.
    Entsprechende Testversuche haben leider dazu geführt, daß Ostberlin ganz entschieden ablehnte, solche Fragen zwischen Bürgermeistern und Landräten beiderseits der Demarkationslinie besprechen zu lassen. Die Antwort aus Ostberlin lautete, die Voraussetzung eines kleinen Grenzverkehrs — ich gebrauche lieber das Wort „Nachbarschaftsverkehr" — sei „die Anerkennung der Staatsgrenze der DDR", und Verhandlungen könnten daher nur „von
    Regierung zu Regierung", von Innenminister zu Innenminister bzw. von Verteidigungsminister zu Verteidigungsminister stattfinden, da im Rahmen der „Grenzsicherungen dann auch Fragen der Verteidigung" mit verhandelt werden müßten. Es ist bekannt, daß wir nicht bereit sind — und zwar alle drei Fraktionen dieses Hauses und die Bundesregierung —, für einen Nachbarschaftsverkehr die Anerkennung des kommunistischen Zwangsstaats in Kauf zu nehmen.
    Wir haben dann Überlegungen angestellt, ob nicht in einer mittleren Instanz, also ohne die Gefahr der Anerkennung des kommunistischen Zwangsstaats, und unter Anwendung einer Vorbehaltsklausel wie bei der Passierscheinübereinkunft Fortschritte erreicht werden könnten.
    In diesem Zusammenhang, Herr Kollege Wehner, bestätige ich, daß wir diese Fragen in dem Deutschland-Gespräch der drei Fraktionen beim Herrn Bundeskanzler noch weiter behandeln werden. Nachdem sowohl der Gesamtdeutsche Ausschuß des Bundestages wie der des Bundesrates vor längerer Zeit es schon für möglich erachtet haben, daß auch auf der Ebene der Regierungspräsidenten verhandelt werden könne, wird das Problem der Vollmacht mit einer möglichen Anwendung der salvatorischen Klausel im Deutschland-Gespräch beim Bundeskanzler im einzelnen noch verhandelt werden. Ich bitte, mich auf diese Bemerkungen beschränken zu dürfen. Noch also ist die Frage nicht entschieden. Keineswegs ist sie etwa versandet.
    Es wäre natürlich bezüglich der Begegnungen im geteilten Deutschland — Personenverkehr, Wirtschaftsverkehr, die Frage der kulturellen Begegnungen — ein großer Fortschritt dann erreicht, wenn es gelänge, jene gemischten, paritätisch 'besetzten gesamtdeutschen Kommissionen unter einem Auftrag der vier Mächte einzurichten, die die Bundesregierung in ihrem Memorandum vom August 1963 nach Washington, London und Paris vorgeschlagen hat. Aber gegenwärtig scheint ein solcher Auftrag für die Einrichtung gemischter, paritätisch besetzter Kommissionen für den Personen-, Wirtschafts- und Warenverkehr sowie für Kulturbegegnungen im geteilten Deutschland nicht erreichbar zu sein.
    Selbstverständlich gilt auch für unser Haus die Direktive des Bundeskanzlers aus der Regierungserklärung, daß wir uns um ,ein Höchstmaß menschlicher Begegnungen im geteilten Deutschland bemühen müssen, erstens um die Last der Spaltung, die unsere mitteldeutschen Landsleute zu tragen haben, zu mildern und zweitens um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen zu erhalten und zu fördern und um der Entfremdung vorzubeugen; denn -- ich wiederhole den Satz, Herr Kollege Wehner, den Sie aus meiner Rede beim Etat des Bundeskanzlers aufgenommen haben — „die Unteilbarkeit des deutschen Volkes als Nation ist die Grundvoraussetzung für die Erreichung ,der Einheit des deutschen Staates im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes". Geht dieses Zusammengehörigkeitsgefühl durch Zeitablauf verloren, wird es nichts mehr auf der Basis des Selbstbestimmungsrechtes zu vereinigen geben. Darum kommt



    Bundesminister Dr. Mende
    der menschlichen Begegnung im Sinne der Erhaltung des Zusammengehörigkeitsgefühls der Deutschen eminent politische Bedeutung zu.
    Hier haben wir bescheidene Fortschritte erreichen können. Vom 1. November 1964 bis heute sind 21/2 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Westberlin und Westdeutschland eingereist, rund eine halbe Million in Westberlin, zwei Millionen hier in Westdeutschland, also 21/2 Millionen in die Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlins. Mit Freude sehen wir, daß der Rentnerstrom auch jetzt wieder in der Hauptreisezeit ansteigt. Allein im Monat April waren es 75 000 ältere Leute, die zu uns kommen konnten. Es ist allerdings zu beklagen, daß die Betreuung der alten Leute auf den Interzonenstrecken, auf den Umsteigebahnhöfen nicht jenes Ausmaß der Nächstenliebe, Menschlichkeit und Nachbarschaftshilfe erreicht hat,

    (Sehr wahr! in der Mitte)

    das wir uns alle auch um der gesamtdeutschen Zugehörigkeit willen wünschen. Aus Briefen, die uns erreichen, spricht manche Klage über Gefühllosigkeit und Hartherzigkeit in der Schnellebigkeit unserer modernisierten Welt. Ich habe daher an den Präsidenten der Deutschen Bundesbahn, Professor Oeftering, einen Brief gerichtet, er möge doch jetzt in der Hauptreisezeit sicherstellen, daß auf allen Bahnhöfen, auf denen Interzonenzüge ankommen, nicht nur die übliche Ansage erfolgt:. „Es läuft auf Gleis 6 der Interzonenzug aus Leipzig über Bebra usw. ein", sondern daß gleichzeitig als eine gewisse Geste menschlicher Verbundenheit ein Willkommen durch den Sprecher oder die Sprecherin ausgesprochen wird: . .

    (Beifall rechts und in der Mitte)

    „Wir heißen unsere Landsleute .aus Mitteldeutschland in Hamburg oder in Frankfurt oder in Köln oder in Hannover herzlich willkommen!" Das hat eine doppelte Wirkung! Die anderen Reisenden werden nämlich auf diesem Interzonenzug aufmerksam gemacht, und mancher junge Mann wird sich dann vielleicht doch überlegen, ob er nicht einer alten Rentnerin oder einem alten Rentner aus Mitteldeutschland den Koffer trägt und den alten Leuten etwas hilfsbereit zur Seite steht. Ich habe in Berlin gesagt — und ich wäre dankbar, wenn sich das etwas stärker, gewissermaßen als Appell dieses Hauses auswirken würde —: jeder junge Mann und jedes junge Mädchen, die auf den Durchreisestationen den Rentnerinnen und Rentnern hilfreich zur Seite stehn, tun mehr für die Wiedervereinigung Deutschlands als mancher Sonntagsredner mit gesamtdeutschen Phrasen.

    (Beifall rechts und in der Mitte. — Abg. Hermsdorf: Einschließlich der Regierung!)

    Ich hoffe, daß die Bundesbahn diese Möglichkeit des Willkommens ebenso einrichtet, wie -sich auch das Deutsche Rote Kreuz, das Evangelische Hilkswerk, die Caritas und die Arbeiterwohlfahrt in dieser Hauptreisezeit nicht mehr über mangelnde Hilfsbereitschaft bei den anderen Reisenden in den Zügen und auf unseren Bahnhöfen beklagen müssen.
    Lassen Sie mich schließlich noch auf die Reisen nach Mitteldeutschland zu sprechen kommen. Wir haben 1965 die erfreuliche Zahl von fast zwei Millionen Reisenden nach Mitteldeutschland verzeichnen können. Ein Touristenverkehr üblicher Art ist noch nicht möglich. Zu der Anfrage eines Journalisten hat der Ost-Berliner Außenminister Winzer geäußert, daß nicht genügend Hotels in Mitteldeutschland zur Verfügung stünden, so daß man einen uneingeschränkten Touristenverkehr nicht einführen könne. Wir wissen, daß das eine Ausrede ist. Gegenwärtig ist also die Einreise noch nicht für jedermann möglich, sondern nur für Verwandten- und Bekanntenbesuche auf Grund der bekannten Einreisebestimmungen. Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen fordert durch ein Merkblatt die westdeutsche Bevölkerung auf: Reist nach Mitteldeutschland! Reisen liegen im gesamtdeutschen Interesse, um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen aufrechtzuerhalten.
    Herr Kollege Wehner, lassen Sie mich auch noch auf das von Ihnen angeschnittene Problem des Redneraustauschs zu sprechen kommen. Ich darf hier feststellen, daß ich als Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen von der ersten Stunde an die Bemühungen der Sozialdemokratischen Partei in der Frage des Redneraustausches unterstützt habe. Wir wissen auch, daß hier noch manche Schwierigkeiten auftreten werden, möglicherweise ein solcher Redneraustausch gar nicht zustande kommt. Das entsprechende Angebot der Freien Demokratischen Partei an die LDP, den Austausch von Bad Homburg in Mitteldeutschland fortzusetzen, ist bis zur Stunde unbeantwortet geblieben. Es deutet manches darauf hin, daß die andere Seite nach dem Motto handeln möchte, sich wieder zurückzubewegen; denn die Geister, die man rief, wird man offensichtlich so leicht nicht los nach der Grundwelle, die die Veröffentlichung des ersten Briefs der Sozialdemokratischen Partei im „Neuen Deutschland" ausgelöst hat.
    Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren, daß bei dem Versuch der Sozialdemokraten und auch der Freien Demokraten das Risiko groß ist. Es gibt allerdings keine Deutschlandpolitik im Jahre 1966 und in den folgenden Jahren ohne Risiko. Geht es gut, haben wir alle unseren Nutzen, indem wir die Möglichkeit hatten, nach Mitteldeutschland einzuwirken. Sollte es schief laufen, weil die andere Seite jederzeit die Möglichkeit hat, sich wieder zurückzuziehen, dann sollte niemand etwa ein Interesse daran haben, schadenfroh zu sein. Die Verlierer jeder gescheiterten gesamtdeutschen Aktion sind wir nämlich alle.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Herr Kollege Borm sprach ebenso wie Herr Kollege von Eckardt von der Frage der Aufklärung der Öffentlichkeit. Herr Kollege Borm und Herr Kollege von Eckardt, natürlich bemüht sich das Gesamtdeutsche Ministerium mit den Intendanten der Rundfunkanstalten, mit der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Rundfunkanstalten, mit den bundeseigenen Rundfunkanstalten Deutschlandfunk und Deutsche Welle und mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen,



    Bundesminister Dr. Mende
    auch die Rundfunk- und Fernsehsendungen der veränderten Situation anzupassen. Es sind erfreuliche Fortschritte dadurch erreicht worden, daß mehr Sendungen eingeplant wurden und die Sendezeiten nach vorn verlegt wurden. Früher begann jede gesamtdeutsche Dokumentation zu nachtschlafender Zeit. Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen wird sich, wie bisher unterstützt vom Ausschuß dieses Hauses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen, um eine verstärkte Informationstätigkeit über Rundfunk und Fernsehen bemühen. Rundfunk und Fernsehen sind die besten Informationsmöglichkeiten großen Stils, gegenwärtig vielleicht sogar die einzigen.
    Natürlich, Herr Kollege von Eckardt, ist manches zu beklagen. Aber bei elf Anstalten und bei der Souveränität, die Rundfunk und Fernsehen bei uns genießen, können natürlich auch manche Pannen gesamtdeutschen Charakters bei Rundfunk- und Fernsehsendungen nicht vermieden werden. Das gesamtdeutsche Ministerium versucht, nicht nur die Anstalten zu beraten, sondern auch einen gesamtdeutschen Anreiz zu schaffen. Wir haben einen JakobKaiser-Preis, benannt nach dem früheren Minister für gesamtdeutsche Fragen, für die beste gesamtdeutsche Rundfunksendung ausgesetzt — er wird jährlich in Höhe von 10 000 DM am 17. Juni in Berlin verteilt — und einen Ernst-Reuter-Preis, benannt nach dem früheren Regierenden Bürgermeister Berlins, für die beste Fernsehsendung gesamtdeutschen Charakters, ebenfalls dotiert mit 10 000 DM, und im nächsten Jahr kommt noch ein Theodor-Heuss-Preis, benannt nach dem ersten Bundespräsidenten, für die beste publizistische Darstellung eines gesamtdeutschen Problems hinzu. Mit dem Deutschen Journalistenverband ist bereits Verbindung über diese Frage aufgenommen worden. Außerdem werden diese drei Preise, also der Jakob-Kaiser-Preis, der Ernst-Reuter-Preis und der Theodor-Heuss-Preis im nächsten Jahr auf je 15 000 DM angehoben, um eine Drittelung mit je 5000 DM zu ermöglichen, weil meistens bei den unabhängigen Preisgerichten mehrere Sendungen in einem gewissen Gütekonflikt standen und es dann schwer war, die 10 000 DM entsprechend aufzuteilen.
    Das gleiche geschieht, Herr Kollege Borm, durch die Reisetätigkeit! Das Gesamtdeutsche Ministerium unterstützt Reisen nach Berlin und ins Zonenrandgebiet mit — in diesem Haushalt — jährlich 6 Millionen DM. Allein im vorigen Jahr haben wir in Berlin 250 000 junge Menschen durch den Besucherdienst betreut, und ich hoffe, daß die Reisetätigkeit nach Berlin und ins Zonenrandgebiet in diesem Jahr über 350 000 Menschen erreicht. Wir glauben, daß der unmittelbare Anschauungsunterricht an der Mauer und an der Zonengrenze besser ist als die Verteilung von Broschüren. ,Wir werden uns also im Inland wie im Ausland um eine Verstärkung dieser Aufklärungsaktionen bemühen.