Rede von
Helmut
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
— Ja, auch nicht vor Agenten. Daß das jetzt eine Gelegenheit ist, wo die Kommunisten es versuchen, ist doch ganz klar. Die Kommunisten und die kommunistische SED schätzen doch überhaupt die Situation hier in der Bundesrepublik völlig falsch ein. Sie bilden sich ein, sie könnten in Hannover etwas gewinnen. Die werden sich ganz schwer täuschen.
Weil sie das falsch einschätzen, werden jetzt von ihnen alle diese Anstrengungen vermehrt unternommen. Wir machen unsere Freunde darauf aufmerksam: Seid wachsam!
Herr Strauß, wir wollen darüber nicht streiten. Wir möchten gern, daß wir darin übereinstimmen können, darin, daß die Bewährung des Friedens und die Sicherung der Freiheit und die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechtes für unser Volk, daß alle diese Ziele zu erreichen nicht allein von uns Deutschen abhängt. Das setzt vielmehr ein Höchstmaß an gemeinsamem Wirken der demokratischen Kräfte im freien Teil, an gemeinsamem Wirken hier dieses Bundestages und seiner Fraktionen voraus. Wir möchten weiter, daß wir uns auf beiden Seiten einig sind, daß wir nicht wieder der Versuchung anheimfallen dürfen, die Außenpolitik, die Sicherheitspolitik, die Wiedervereinigungspolitik unseres Landes zum Instrument innenpolitischer Auseinandersetzungen werden zu lassen.
Inzwischen ist, wie ich sehe, der Herr Bundesaußenminister von seiner Abhaltung — er hat Abgesandte eines anderen Staates empfangen müssen — wieder zurückgekehrt. Der Herr Bundeskanzler hat auf Sie verwiesen, Herr Bundesaußenminister. Er war vom Sprecher der Opposition, von Herrn Erler, auf einer Reihe außenpolitischer Punkte gestellt worden, Punkte zur Bündnispolitik, Punkte zur Wiedervereinigungspolitik. Der Herr Bundeskanzler hat schlicht auf Sie verwiesen. Es ist nun Ihre Sache, relativ spät in dieser Debatte auf die Fragen Antwort zu geben, die bisher durch die Regierung nicht beantwortet sind.
Wir können nicht verkennen, Herr Bundeskanzler, daß Sie seit Beginn Ihrer zweiten Regierung sich konsequent jeder außenpolitischen Debatte in diesem Hause entziehen. Wir hören von Ihnen nur vorbereitete Erklärungen. Sie entziehen sich der Debatte und sprechen vielleicht außerhalb des Hauses. Wir hoffen, daß die Ansätze, die Sie außerhalb dieses Hauses in Ihrem Amte gemacht haben, um das seit sechs Jahren von uns geforderte Deutschlandgespräch — wir haben es damals „Bestandsaufnahme" genannt —, fortgesetzt werden. Es muß ja nicht unbedingt alles hier im Plenum gesagt sein. Aber dieses Deutschlandgespräch muß sich dann auch wirklich mehr als bisher den Grundfragen zuwenden. Bisher war es durch die aktuellen Anlässe bedingt und wesentlich auf das konzentriert, was mit Chemnitz und Hannover zusammenhing; das bleibt auch in Zukunft noch zu besprechen.
Wir möchten sehr gern und sehr ernst, daß die gemeinsamen Grundlagen, von denen ich hoffe, daß auch Herr Strauß sie mit seinen paar spitzen Bemerkungen nicht in Zweifel ziehen will, in den Deutschlandgesprächen gefördert werden, zu denen Sie einladen werden, Herr Bundeskanzler.