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    Deutscher Bundestag 24. Sitzung Bonn, den 2. März 1966 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag der Abg. Frau Rudoll 1029 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1966 (Haushaltsgesetz 1966) (Drucksache V/ 250), in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1966 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1966) (Drucksache V/305) — Erste Beratung — Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 1029 D Dr. Dollinger, Bundesminister . . 1040 B Überweisung von Vorlagen 1042 B Fragestunde (Drucksachen V/339, V/343) Fragen des Abg. Bading: Drohende Ölpest durch Strandung des norwegischen Tankers „Anne Mildred Brovig" Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1042 D Dr. Tamblé (SPD) . . . . . . . 1043 B Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Künftige Regelung der deutschen Ostgrenzen Dr. Mende, Bundesminister . . . . 1044 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 1044 D Dr. Klepsch (CDU/CSU) 1045 D Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 1046 B Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . . 1047 A Zoglmann (FDP) . . . . . . . . 1047 B Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 1047 C Frau Kalinke (CDU/CSU) . . . . 1047 D Borm (FDP) . . . . . . . . . 1048 A Köppler (CDU/CSU) . . . . . . 1048 B Wehner (SPD) . . . . . . . . 1048 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Zeitungsaustausch mit der Zone Dr. Bülow, Staatssekretär . . . . 1049 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 1049 B Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 1049 B Frage des Abg. Felder: Beruhigungszellen in Gefängnissen und Zuchthäusern Dr. Bülow, Staatssekretär . . . . 1049 C Felder (SPD) . . . . . . . . . 1050 A Dr. Geißler (CDU/CSU) . . . 1050 B Rollmann (CDU/CSU) 1050 C Wehner (SPD) 1050 D Jacobi (Köln) (SPD) 1051 C Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 1051 D Lemmer (CDU/CSU) 1052 A Dr. Bechert (SPD) 1052 B Strohmayr (SPD) . . . . . . 1052 C Dr. Apel (SPD) 1053 A II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 Fragen des Abg. Westphal: Zweiter Bericht über die Lage der Jugend Dr. Heck, Bundesminister . . . 1053 B Westphal (SPD) 1053 C Frage der Abg. Frau Korspeter: Einrichtungshilfe für nicht anerkannte Flüchtlinge 1054 C Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/255, zu V/255) Bauknecht (CDU/CSU) 1054 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 1060 A Höcherl, Bundesminister 1069 B Dr. Effertz (FDP) 1075 D Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . 1080 B Frehsee (SPD) 1087 C Logemann (FDP) 1093 B Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 1096 B Ertl (FDP) 1098 C Bewerunge (CDU/CSU) . . . . 1101 D Dr. Mommer (SPD) zur GO . . . 1105 B Struve (CDU/CSU) zur GO . . . 1105 C Nächste Sitzung 1107 D Anlagen 1109 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 1029 24. Sitzung Bonn, den 2. März 1966 Stenographischer Bericht Begin: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 4. 3. Dr. Arnold 2. 3. Bading 7. 3. Benda 4. 3. Berkhan 12. 3. Dr. Birrenbach 2. 3. Frau Blohm 4. 3. Bremer 2. 3. Burger 10. 4. Dr. Dittrich *) 4. 3. Dr. Eppler 12. 3. Erler 4. 3. Faller 6. 3. Figgen 5. 3. Fritz (Wiesbaden) 31. 3. Frau Funcke 4. 3. Frhr. von und zu Guttenberg 5. 3. Haage (München) 4. 3. Hamacher 31. 3. Hauffe 2. 3. Dr. h. c. Jaksch 3. 3. Klein 18. 3. Klinker *) 4. 3. Frau Krappe 31. 3. Kriedemann *) 2. 3. Frhr. von Kühlmann-Stumm 5. 3. Frau Kurlbaum-Beyer 4. 3. Leber 4. 3. Liedtke 15. 4. Dr. Löhr 4. 3. Mattick 4. 3. Mauk 2. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 2. 3. Dr. Miessner 12. 3. Mischnick 4. 3. Dr. Morgenstern 25. 3. Müller (Aachen-Land) *) 2. 3. Frau Pitz-Savelsberg 2. 3. Pöhler 2. 3. Rösing 4. 3. Schonhofen 4. 3. Schulhoff 4. 3. Dr. Schulz (Berlin) 11. 3. Dr.-Ing. Seebohm 11. 3. Strauß 2. 3. Teriete 4. 3. Dr. Verbeek 8. 3. Dr. Vogel 4. 3. Wächter 4. 3. Weimer 2. 3. Baron von Wrangel 4. 3. Dr. Wuermeling 3. 3. Zerbe 5. 3. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich b) Urlaubsanträge Dr.-Ing. Balke 26. 3. Blumenfeld 27. 3. Eisenmann 13. 3. Dr. Jungmann 31. 3. Mertes 12. 3. Anlage 2 Umdruck 21 Entschließungsantrag der Abgeordneten Ertl, Schmidt (Kempten), Reichmann, Dr. Effertz, Logemann, Peters (Poppenbüll), Walter und Genossen zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/255, zu V/255). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, a) für die Futterbaubetriebe in benachteiligten Gebieten zum Ausgleich der Marktferne Frachtbeihilfen für den Bezug von Betriebsmitteln und den Absatz von Erzeugnissen vorzusehen, solange eine Harmonisierung der Frachten in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft noch nicht durchgeführt ist, b) im Rahmen der Investitionshilfen vor allem für kleine und mittlere Betriebe in benachteiligten Gebieten, insbesondere in Höhenlagen, angemessene Zinsverbilligungen als Finanzierungshilfen für die Einrichtung von Gästezimmern in diesen Betrieben vorzusehen. Bonn, den 2. März 1966 Ertl Schmidt (Kempten) Reichmann Dr. Effertz Logemann Peters (Poppenbüll) Walter Geldner Graaff Dr. Hamm (Kaiserslautern) Dr. Mühlhan Sander Schultz (Gau-Bischofsheim) Dr. Staratzke Dr. Starke (Franken) Anlage 3 Umdruck 22 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/255, zu V/255). 1110 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, der endgültigen Festsetzung eines harmonisierten Getreidepreises in der EWG erst zuzustimmen, wenn die Voraussetzungen für die Harmonisierung in allen notwendigen Bereichen erfüllt sind. Bonn, den 2. März 1966 Zoglmann und Fraktion Anlage 4 Umdruck 23 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU/FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/255, zu V/255). Der Bundestag wolle beschließen: Bei den Verhandlungen in Brüssel über die gemeinsame Agrarpolitik in der EWG möge die Bundesregierung folgende Grundsätze beachten: 1. Bei der Fortentwicklung des gemeinsamen Agrarmarktes möge die Bundesregierung keine Zugeständnisse machen, die zu weiteren Einkommensverlusten für die deutsche Landwirtschaft führen. Die notwendigen Umstellungs- und Anpassungshilfen sollen nicht durch Entscheidungen der EWG gefährdet werden. 2. Das Inkrafttreten der vom Ministerrat beschlossenen Getreidepreisangleichung zum 1. Juli 1967 setzt voraus, daß zuvor eine Einigung über die noch ausstehenden Agrarmarktordnungen sowie über die noch notwendigen Preisangleichungen unter Berücksichtigung der lebenswichtigen Belange der deutschen Landwirtschaft erfolgt. Dabei ist angesichts des ständig steigenden Bedarfs an Futtergetreide in der EWG das Verhältnis zwischen Brot- und Futtergetreidepreis zu korrigieren. 3. Der Milcherzeugerpreis der EWG soll unter Berücksichtigung der gestiegenen Kosten in Verbindung mit einer befriedigenden Regelung für die Trinkmilchmärkte mit 39 Pf. je kg für 3,7%ige Milch ab Hof festgesetzt werden. Soweit dieser Preis nicht über den Markt zu erzielen ist, müssen bis zum Inkrafttreten des gemeinsamen Milcherzeugerrichtpreises die Milchförderungsprämien erhalten bleiben. Nach Einführung des gemeinsamen Milcherzeugerrichtpreises sollen diese Ausgleichszahlungen aus dem Ausrichtungs- und Garantiefonds der EWG sichergestellt werden. 4. Der Orientierungspreis für Rindfleisch soll 1966 heraufgesetzt werden, um einen wirksamen Anreiz zur Verstärkung der Rindfleischproduktion zu setzen und damit einerseits eine ausreichende Versorgung der Märkte mit qualitativ gutem Rindfleisch sicherzustellen und andererseits die gegebene Wechselwirkung zwischen Milch- und Rindfleischproduktion besser zur Auswirkung gelangen zu lassen. 5. Bei der Europäischen Marktordnung für Zucker soll durch regionale Produktionsziele sichergestellt werden, daß der deutsche Zuckerrübenanbau unter Zugrundelegung eines angemessenen gemeinsamen Zuckerrübenpreises in dem aus betriebswirschaftlichen Gründen notwendigen Umfang aufrechterhalten werden kann. 6. Bei Obst und Gemüse sollen insbesondere im Interesse der bäuerlichen Familienbetriebe die bisherigen Marktordnungsvorschriften wesentlich verbessert werden. Gegebenenfalls sind für weitere Sonderkulturen (z. B. Hopfen und Tabak) gemeinsame Marktregelungen anzustreben. 7. Die Europäische Marktordnung für pflanzliche Fette soll sicherstellen, daß die Produktion von Ölfrüchten in der Bundesrepublik in dem aus Fruchtfolgegründen notwendigen Umfang aufrechterhalten werden kann. 8. Zwingende Voraussetzung für eine Zustimmung zu der gemeinsamen Agrarfinanzierung soll neben der gleichzeitigen Einigung über die noch ausstehenden Agrarmarktordnungen und Preisangleichungen eine Anerkennung des Bruttoprinzips für die Zahlung von Ausfuhrrückerstattungen aus dem Ausrichtungs- und Garantiefonds der EWG sein. Nur dadurch wird auch die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft insbesondere in den marktfernen Gebieten in die Lage versetzt, sich den sich ändernden Handelsströmen anzupassen und sich unter gleichen Wettbewerbschancen neue Märkte zu erschließen. II. Bei der Beratung und Verabschiedung des Bundeshaushalts 1966 sollen insbesondere im Rahmen des Grünen Planes und der EWG-Anpassungshilfe folgende Vorschläge geprüft und nach Möglichkeit beachtet werden: 1. Die Zinsverbilligungsmittel sollen über den vorgesehenen Ansatz hinaus erhöht werden. Nur dadurch wird es möglich, die zur Finanzierung der notwendigen Investitionen für Agrar- und Betriebsstrukturverbesserungen erforderlichen Kapitalmarktmittel auch im Jahre 1966 zinszuverbilligen. 2. Die Zinsverbilligung alter, bisher nicht zinsverbilligter Kredite, . die 1965 aus der Anpassungshilfe gewährt wurde, soll fortgesetzt werden. Diese Maßnahme ist eine wesentliche Voraussetzung, um die durch die Anpassung erforderlich werdenden Folgeinvestitionen in den landwirtschaftlichen Betrieben finanzieren zu können. 3. Für den Wirtschaftswegebau und für die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen ist eine Streichung der zentral bereitgestellten Kapitalmarktmittel in voller Höhe nicht zu vertreten. Sie trifft vor allem die finanzschwachen Bauträger und hindert damit jeden weiteren Fortgang der strukturellen Maßnahmen in den besonders benachteiligten Gebieten. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 1111 4. Die Maßnahmen der bäuerlichen Hauswirtschaft sollen unter Ausdehnung des Verwendungszweckes weiterhin gefördert und in einem besonderen Titel ausgewiesen werden. Diese Hilfen sind bei den schwierigen Wirtschafts- und oft schlechten Wohnverhältnissen in den Bauernhäusern entscheidende Voraussetzungen für eine Arbeitserleichterung der Bauersfrau. 5. Die besondere Förderung des Baues von Grünfuttersilos, Unterdachtrocknungs- und Gülleanlagen sowie Milchkühleinrichtungen soll für eine Übergangszeit als gezielte Beihilfe erhalten bleiben. Gerade diese Investitionen sind für die in allen Grünen Berichten in ihrer Rentabilität wesentlich benachteiligten Futterbaubetriebe von besonderer Bedeutung. 6. Die Erstattung des Lastenausgleichs für Niederungsgebiete sollte nicht eingestellt werden. Es wird auf die Entschließung des Bundesrates verwiesen. Bonn, den 2. März 1966 Dr. Barzel und Fraktion Zoglmann und Fraktion Anlage 5 Umdruck 24 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zu der Aussprache über den Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen V/255, zu V/255). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht zu prüfen, ob es möglich ist, den Vorlagetermin für den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft in § 4 des Landwirtschaftsgesetzes vom 9. September 1955 soweit vorzuziehen, daß dieses Dokument bei den Haushaltsberatungen, insbesondere bei den Beschlüssen über die Ausstattung des Grünen Planes ausgewertet werden kann, und alsbald darüber zu berichten. Bonn, den 2. März 1966 Dr. Barzel und Fraktion Dr. Starke (Franken) und Fraktion Anlage 6 Schriftliche Ausführungen der Abg. Frau Kalinke zu Punkt 4 der Tagesordnung. Lassen Sie mich zu den Ausführungen und Behauptungen des Kollegen Frehsee noch einige Bemerkungen machen. Auch ich betone, daß wir in diesem Hause alle darin einig sind, zum mindesten die hier in später Stunde noch Anwesenden, daß wir der Landwirtschaft helfen wollen. Unterschiedliche Meinungen bestehen in diesem Hause — wie auch im Bereich der Landwirtschaft — über Weg und Ziel. Daher sollte Klarheit über das Erreichbare, aber auch über die Kosten dessen, was angestrebt wird, geschaffen werden. Es sollten auch sorgfältig die Grundsätze geprüft werden, nach denen das soziale Sicherungssystem für die freien Berufe gestaltet werden soll. Viele Fragen auch der bäuerlichen Sozialpolitik werden Inhalt der Sozialenquete und der Enquete über die Situation der Frauen auch in der Landwirtschaft sein. Auf einige dieser Probleme habe ich damals bei der Begründung der Anfrage nach der Enquete hingewiesen. Viele Fragen gehören in den Bereich der Krankenversicherungsreform. Ihr kann und darf nicht vorgegriffen werden. Die Forderung der SPD nach einem Versicherungszwang für alle Landwirte — demnächst auch für alle Selbständigen — ohne Befreiungsrecht und ohne Wahlfreiheit für alle Beteiligten ist nicht neu. Sie ist aber deshalb nicht weniger gegen alle Grundsätze einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Neu ist bei der SPD offenbar die Erkenntnis, daß ein Versicherungszwang in der Versicherung der Arbeitnehmer und eine Verschiebung der Risiken in diesem Bereich nicht erreichbar ist, weil die gesetzliche Krankenversicherung ihren Preis fordert. Hier in dieser Debatte wie in den Plänen der SPD wird die Illusion erweckt, als könne es eine ausreichende soziale Sicherung im Bereich der Landwirtschaft in einer Krankenversicherung geben, bei der die Kosten nicht von den Versicherten, sondern mit mindestens 50 % durch eine staatliche Subvention getragen werden. Die selbständigen Landwirte sind ein Teil der Selbständigen, der freien Berufe, ein Teil auch der freien Wirtschaft. Wohlstand und Sicherheit der Landwirtschaft sind in die Probleme der sozialen Marktwirtschaft wie in deren Gesetze eingebettet. Von dem Erfolg der sozialen Marktwirtschaft hängt auch der Erfolg der deutschen Agrarpolitik ab. Hier gilt es, den großen Zusammenhang zu sehen und zu erkennen. Der Abgeordnete Frehsee hat behauptet, daß eine große Zahl der Landwirte ohne Versicherungsschutz sei. Ich bestreite diese Behauptung, die der Kollege Frehsee auf meine Frage auch nicht beweisen konnte. Heute meinte der Kollege Frehsee offenbar, es sei nicht mehr so wichtig, die soziale Wirklichkeit zu kennen. Es genüge, einfach Behauptungen darüber aufzustellen, wie etwa die, die Aussage eines Sprechers aus dem Bereich der privaten Krankenversicherung in einer nicht genannten wissenschaftlichen Organisation sei falsch, ohne daß er den Namen, den Kreis und die Organisation nennt. Ich bestreite hier entschieden, daß unser soziales Sicherungssystem, zu dem beide, die gesetzliche und die private Krankenversicherung, gehören, die beide unter dem Schutz und der Aufsicht des Staates stehen, nicht jedem Landwirt eine Chance und Möglichkeit gibt und schon bisher gegeben hat, im Krankheitsfall einen angemessenen Schutz zu finden. In zunehmendem Maße haben Landwirte in den Land- und Ortskrankenkassen als Pflichtversicherte, als freiwillig Weiterversicherte oder als Versicherungsberechtigte und in den privaten Krankenver- 1112 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 sicherungen, besonders in solchen auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft abgestellten, individuellen Versicherungsschutz gesucht und gefunden. In zunehmendem Maße machen Bauern und ihre Angehörigen von dem Recht und der Pflicht zur Selbstverantwortung Gebrauch. Selbst die Rentner aus dem bäuerlichen Bereich sind durch die von uns verwirklichte Krankenversicherung der Rentner in diesen Schutz einbezogen worden. Auch das muß bei dieser Debatte betont werden. Der Herr Kollege Frehsee hat .auf die erfreuliche Verbesserung und die Erfolge der Strukturpolitik hingewiesen. Eine erfolgreiche Wirtschafts- und Agrarpolitik wird diesen Trend noch verbessern und damit für jedermann die Chancen weiter wachsen lassen, einen individuellen Versicherungsschutz zu wählen und sich selbstverantwortlich zu entscheiden. Die Forderung der SPD, die Wahlfreiheit zu beseitigen und alle Bauern, auch diejenigen, die seit Jahrzehnten verantwortungsbewußt gehandelt und einen individuellen Versicherungsschutz gewählt haben, der ihren besonderen Bedürfnissen entspricht, nun in eine Zwangsversicherung einzubeziehen, wird auf heftigen Widerstand der Betroffenen stoßen, die mit der Freiheit und Risikobereitschaft des Bauerntums auch die Freiheit der Wahl des Versicherungsschutzes verbinden. An dieser Stelle muß auch an ,die Verantwortung für die Versicherungsgemeinschaften der privaten Versicherungen, in denen sich die freien Berufe und die Selbständigen zusammengefunden haben, erinnert werden. Jeder Landwirt, ob groß oder klein, muß den Preis der sozialen Sicherung mit bezahlen. Das Modell der bäuerlichen Sicherung Osterreichs oder Frankreichs, wie es der SPD offenbar vorschwebt, hat Herr Frehsee hier leider nicht im einzelnen erläutert. Das Merkmal gerade dieser Modelle ist neben hohen Beiträgen eine kräftige Selbstbeteiligung. Wie denkt die SPD darüber im Zusammenhang mit den Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung und mit den Fragen der Krankenversicherungsreform? Auch Subventionen, die verlockend sind und mit deren Versprechen so gern gearbeitet wird, müssen bezahlt werden, nämlich aus Steuern, direkten oder indirekten. Bei der vielfältigen Steuerumwälzung ist das zwar oft unsichtbar, aber deshalb nicht weniger hart und nicht billiger. Die Landwirtschaft wäre gut beraten, wenn sie sich diese Probleme und diese Seite der Subventionspolitik im Zusammenhang mit sozialpolitischen Forderungen auch sehr klarmachen würde. Unser niedersächsischer Landwirtschaftsminister Hasselmann hat unlängst — wie mir scheint, zu Recht — empfohlen, sich doch endlich davon frei zu machen, nur das gutzuheißen, was vom Staat subventioniert wird. Leider ist der Abgeordnete Frehsee uns die Antwort auf viele Fragen schuldig geblieben. Eine dieser Fragen wäre zur Solidarhaftung zu stellen, eine andere zum Thema Selbstverwaltung bei 50%iger Kostenbeteiligung des Staates. Die Hauptfrage aber an die SPD ist die, wie sie sich die Grenzen der Freiheit und des staatlichen Zwangs in einer gewandelten industriellen Wohlstandsgesellschaft vorstellt. Sollten wir den Strukturwandel unseres industriellen Zeitalters bei uns und in der freien westlichen Welt nicht besser so deuten, daß der mündige Staatsbürger — und dazu gehört auch der mündige Landwirt — aus dem Zwang entlassen und ihm an Stelle von mehrstaatlichem Zwang mehr Hilfe zur Selbsthilfe gegeben wird? Hierüber sollten wir bei der Diskussion über den Grünen Plan sowie bei der Diskussion von Themen über einen Sozialfonds nachdenken. Wir sollten auch bei der Krankenversicherungsreform über vernünftige Lösungen zugunsten derjenigen Teile der Landwirtschaft nachdenken, die einen besonderen Versicherungsschutz suchen. Ich stimme dem Minister Höcherl zu, daß nicht alle Pläne, nicht alle Vorschläge gut und praktikabel sind und zu verwirklichen sind. Ich füge hinzu, daß ich fürchte, daß viele Pläne auch nicht zu finanzieren sein werden. Er hat recht darin, daß .die freie Entscheidung des einzelnen für seinen Beruf, für das Risiko des freien Bauern auf freier Scholle erhalten bleiben muß. Zu dieser freien Entscheidung gehört auch eine Entscheidung für die Risikobereitschaft in den Fragen der sozialen Sicherung. Hier darf die Freiheit nicht haltmachen. Anlage 7 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Ehnes zu Punkt 4 der Tagesordnung. Diese Debatte zum Grünen Bericht kann nach Auffassung meiner politischen Freunde und mir nicht abgeschlossen werden, ohne noch einmal auf die krassen Ertrags- und Einkommensunterschiede innerhalb des Bundesgebietes zu verweisen. Hier muß neben dem Grünen Bericht auch der EWG-Jahresbericht, Drucksache 529, als Vergleichsmaßstab Anwendung finden. Wenn man aus diesen beiden Berichten das Preisgefälle zwischen den Referenzpreisen der 12 großen deutschen Märkte heranzieht, muß man leider feststellen, daß auf den süddeutschen Märkten bei Schweinen und Rindern der Durchschnittspreis in der Bundesrepublik erheblich unterschritten wird. So liegt der Preis bei Schweinen in München und Augsburg 22 DM tiefer als der Durchschnittspreis, andererseits der Marktpreis von Mannheim 5,40 DM höher als der Schnitt im Bundesgebiet. Ähnliche Zahlen sind aus dem EWG-Jahresbericht zu entnehmen, der den Durchschnittspreis auf dem Rindersektor darstellt. Meine politischen Freunde und ich fordern deshalb die Bundesregierung auf, diesem Preisgefälle erhöhte Aufmerksamkeit schenken zu wollen, damit die Disparität, die im Grünen Bericht so deutlich zutage tritt, abgebaut wird. Hier muß bereits die bevorstehende Frachterhöhung und der weite Antransport von Futtermitteln mit einkalkuliert werden. Ein besonderes Anliegen bleibt in weiten Teilen der Bundesrepublik das Problem der Grünlandbetriebe, verbunden mit Zonenrand- und marktferner Lage. Es ist geradezu besorgniserregend wie hier weite Teile unserer Landwirtschaft in der Einkommenslage gegenüber den Landwirten in der Nähe der Verbrauchergebiete zurückliegen. Da in diesen Gebieten der Futterbau Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 1113 durch die Natur bedingt ist, bitten wir die Bundesregierung, auch im Hinblick auf die Verhandlungen in Brüssel alles zu unternehmen, um über den Preis ein möglichst hohes Einkommen zu erzielen. Der im Entschließungsantrag der CDU/CSU niedergelegte Milchpreis muß unter allen Umständen erreicht werden. Weiter ist von besonderer Wichtigkeit, daß die Beihilfen zur Silowirtschaft, zur Unterdachtrocknung den Futterbaubetrieben, besonders den von der Natur benachteiligten Gebieten und Mittelgebirgslagen, zufließen. Meine politischen Freunde und ich bitten die Bundesregierung, sich für folgende agrarpolitische Maßnahmen einzusetzen. In den Verhandlungen in Brüssel sollte ein Milchpreis erstrebt werden, der den Produktionsbedingungen und der Unkostenseite der deutschen Landwirtschaft Rechnung trägt. Hier ist die Verlängerung der Stützungsmaßnahmen eine unbedingte Notwendigkeit. Die Zuckermarktordnung sollte den deutschen Produktionskosten Rechnung tragen, der Rübenbau sollte auch als maßgebender Fakt der Veredlungsproduktion in Erwägung gezogen werden. Eine Anbausteuerung über den Preis ist im Interesse der deutschen Rübenpflanzer nicht annehmbar. Die Produktionskosten in der Bundesrepublik sind die höchsten; das ist gutachtlich von neutraler Stelle errechnet. Der Orientierungspreis für Rinder ist in einer Höhe von etwa 2,70 DM festzusetzen. Marktordnungen für Tabak und Hopfen sind anzustreben. Im Hinblick auf die Beschlüsse der Getreidepreispolitik des Jahres 1964 ist zu prüfen, ob der Interventionszuschlag für Braugerste weiter gezahlt werden kann, da die deutsche Brauwirtschaft Qualitätsbraugerste braucht und der Gerstenpreis mit 375 DM pro Tonne nicht ausreicht, um Qualitätsware zu erzeugen. Die Anbauprämie für Qualitätsweizen sollte weiter gezahlt werden, da die deutsche Landwirtschaft in der Lage ist, Kleberweizen zu erzeugen. Hier sollte man der einheimischen Erzeugung den Vorrang vor der Einfuhr aus Übersee geben. Falls der Interventionszuschlag für Braugerste in der EWG nicht genehmigt wird, sollte eine ähnliche Prämie wie bei Qualitätsweizen in Erwägung gezogen werden. Zum Grünen Bericht muß festgestellt werden, daß das Vorgehen der Tarifpartner sich nachteilig in der Einkommenslage der Landwirtschaft niederschlagen wird, da zwangsläufig die Bedarfsartikel der Landwirtschaft erhöhte Preise aufweisen werden. Dies ist besonders im Bereiche der Baumaßnahmen zu befürchten. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn auch die Tarifpartner auf die Bereiche Rücksicht nehmen würden, die an der günstigen Entwicklung aus politischen Gründen nicht teilhaben können. Zum Schluß möchte ich noch zum Ausdruck bringen, daß die Benotung, die Herr Kollege Dr. Schmidt gegenüber dem Bundeslandwirtschaftsminister ausgesprochen hat, mich etwas befremdet. Man sollte nicht über Lehrlings- oder Gesellenstück sprechen, sondern gemeinsam versuchen, Herrn Höcherl in seinen Bestrebungen volle Unterstützung zu gewähren. Besonderer Dank sollte deshalb am Schluß dieser Debatte dem Landwirtschaftsministerium für seine Tätigkeit ausgesprochen werden, ganz besonders aber dem Herrn Bundesminister dafür, daß er in seinem Beitrag die Preis- und die Handelspolitik in den Vordergrund seiner Betrachtung gestellt hat. Nur wenn wir gemeinsam die Preispolitik auch in Zukunft in den Vordergrund stellen, wird es möglich sein, dem Verbraucher hochwertige Qualitätsnahrungsmittel in ausreichendem Maß zur Verfügung zu stellen. Wenn die Sozialdemokraten in Zukunft diese preispolitischen Maßnahmen besser unterstützen als in der Vergangenheit, dann dürfte auch für die deutsche Landwirtschaft der Weg nach Europa von Erfolg sein. Dies ist unser aufrichtiger Wunsch. Georg Ehnes Dr. Probst Anlage 8 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Reichmann zu Punkt 4 der Tagesordnung. Unsere moderne Wirtschaft und Gesellschaft sind durch die vielseitigen Wechselbeziehungen und durch wachsende gegenseitige Abhängigkeiten gekennzeichnet. Diese Entwicklung, die im Bereich der industriellen arbeitsteiligen Produktionen eingesetzt hat, wird auch in der Landwirtschaft immer stärker. Der hierdurch bedingte Wandlungsprozeß verändert gleichzeitig die soziale Struktur in der Landwirtschaft; wie wir feststellen müssen, nicht im positiven Sinne. Je schwieriger die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse der Landwirtschaft und der in ihr tätigen Menschen aus vielerlei Gründen werden, desto größer wird das soziale Risiko — aber auch die soziale Last — als Folge des raschen Strukturwandels. Die Hauptursachen für die agrarsozialen Probleme in der Landwirtschaft sind: 1. die ständige Aufwands- und Ertragsdisparität — wie sie alle Grünen Berichte ausweisen —, 2. der rasche Strukturwandel mit seinen tiefgreifenden Auswirkungen auf die in der Landwirtschaft tätige Bevölkerung, 3. die Abwanderung eines Drittels der landwirtschaftlichen Bevölkerung in andere Berufe — einschließlich der dadurch bedingten Überalterung —, 4. der dadurch verursachte Arbeitskräftemangel, 5. die dadurch ausgelöste Arbeitsüberlastung für die in der Landwirtschaft verbliebenen Menschen, insbesondere die Frauen und Jugendlichen, ohne die erforderlichen Erholungsmöglichkeiten, 6. der dadurch verursachte schlechte Gesundheitszustand der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung. 1114 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 Mehr denn je beruht die Existenzfähigkeit der Landwirtschaft heute mit auf ihrer Gesundheit und Arbeitskraft. Sie zu erhalten, ist eine der wesentlichen agrarsozialen Aufgaben. Infolge der ständigen Disparität nach allen Grünen Berichten ist die Landwirtschaft nicht in der Lage, aus eigener Kraft die agrarsozialen Probleme allein zu lösen. So mußte die soziale Sicherung zu einem Teil der Agrarpolitik werden, obwohl die FDP den Weg der Selbstvorsorgemöglichkeiten, wenn die politischen Voraussetzungen dafür gegeben wären, vorziehen würde. Zu dem schlechten Umweg über die Subventionen — statt des kostengerechten Marktpreises, wie ihn die FDP forderte und anstrebt — wurden zusätzlich staatliche Sozialleistungen erforderlich, wenn man die Landwirtschaft in ihrer Existenz nicht gefährden wollte, Das ist nach Meinung der FDP ein schlechter Ausweg zur angemessenen Gleichstellung der Landwirtschaft in Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes. Im Grünen Plan 1966 sind zur Verbesserung der sozialen Lage der Landwirtschaft 765 Millionen DM vorgesehen, also 155 Millionen mehr als 1965. Diese Hilfen und Verbesserungen bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung und besonders der Altershilfe für die Landwirtschaft sind an sich zu begrüßen. Aber in der Öffentlichkeit haftet ihnen der Makel der Subventionen an. Zuwenig versteht man die Tatsache, daß dies kein Geschenk ist, sondern eine Ausgleichsleistung für die politischen statt kostengerechter Agrarpreise und für die Folgen des Strukturwandels. In der EWG scheint man diesen schlechten Weg noch stärker beschreiten zu wollen. Man strebt dort entsprechend der Entwicklung in Frankreich den „produktionsneutralen Einkommensausgleich" an. Die Aufwendungen von 4,1 Milliarden DM für Sozialleistungen im französischen Agrarhaushalt, davon 2,4 Milliarden DM direkte Sozialsubventionen — gegenüber den 765 Millionen DM im Grünen Plan 1966 — sollten eine Mahnung sein durch Verhinderung eines weiteren Anstiegs der Disparität unserer Landwirtschaft — ob durch Erzeugerpreissenkung, wie beim Getreidepreis beabsichtigt, oder durch allgemeine Kostensteigerungen — unsere Agrarpolitik nicht noch stärker auf diesen schlechten und gefährlichen Ausweg zu drängen. Die unter den jetzigen Bedingungen erforderliche ländliche Sozialpolitik sollten wir aber noch besser und sinnvoller — unter Berücksichtigung aller Erfordernisse des Strukturwandels sowie der besonderen Wirtschafts- und Lebensverhältnisse in der Landwirtschaft — weiterentwickeln. Mit Hilfe der Dorfhelferinnen und des Betriebshelfers wird die Funktionsfähigkeit von Hof und Betrieb gewährleistet, wenn Angehörige des Familienbetriebs vom Unfall betroffen werden, wenn Heilverfahren durchgeführt werden müssen oder — so hoffen wir für die Zukunft — wenn im Krankheitsfall Schwierigkeiten auftreten. Diese bewährte Einrichtung muß weiter verbessert und ausgebaut werden. Das noch fehlende Glied in der ländlichen Sozialordnung, die Hilfe im Krankheitsfall drängt immer stärker zu einer Lösung, je schwieriger die Verhältnisse werden. Wir erwarten, daß es nicht nur bei der Ankündigung einer Lösung durch den Herrn Bundeslandwirtschaftsminister verbleibt, sondern daß dem Wort die Tat folgt. Wir haben daher am 25. 1. 1966 mit der Drucksache V/215 in einer Kleinen Anfrage die Bundesregierung zur Stellungnahme zu diesem Problem aufgefordert. Wir begrüßen die im Grundsätzlichen positive Antwort der Bundesregierung vom 9. 2. 1966. Daraus ist zu entnehmen, daß sich die Bundesregierung intensiv mit der Problematik beschäftigt und zu diesem Zweck die Grundlagenforschung fördert. Unsere Fraktion ist zur Mitarbeit an einer umfassenden ländlichen Sozialordnung bereit, damit soziale Sicherheit in Freiheit den in der Landwirtschaft tätigen Menschen baldmöglichst zuteil wird. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 18. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seuffert (Drucksache V/303 Frage III/1): Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß unter Müllabfuhr im Sinne des § 2 Ziff. 3 a Satz 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes die Abfuhr aller Arten von Abfällen (einschließlich Schlachtabfälle, Tierkörper, usw.) zu verstehen ist, zu deren Durchführung eine gesetzliche Verpflichtung (z. B. aus dem Fleischbeschaugesetz und dem Tierkörperbeseitigungsgesetz) besteht? In Übereinstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder, denen die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zusteht, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Begriff der Müllabfuhr im Sinne des § 2 Nr. 3 a Satz 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17. März 1964 (Bundesgesetzbl. I S. 145) nicht so weit ausgelegt werden kann, daß darunter auch die Beförderung von Schlachtabfällen, Tierkörpern usw. zu verstehen ist. Eine derart erweiternde Auslegung der Befreiungsvorschrift ließe sich auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, daß die Abfuhr der bezeichneten Abfälle auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen durchgeführt werden muß. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Heck vom 18. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/301 Fragen VII/2 und VII/3) : Wird die Bundesregierung dem Bundestag eine Gesetzesänderung vorschlagen, um die gesetzlichen Grundlagen für die Ausbildungszulagen nach dem Bundeskindergeldgesetz so zu ergänzen, daß auch Vollwaisen bis zum vorgesehenen Alter von 27 Jahren in Zukunft die Ausbildungszulagen von monatlich 30 DM erhalten können? Trifft es zu, daß die Bundesregierung in Ausführungsbestimmungen geregelt hat, daß die Ausbildungszulagen nach dem Bundeskindergeldgesetz nicht nur entsprechend dem Gesetzestext für den Besuch von „öffentlichen oder staatlich anerkannten privaten allgemein- oder berufsbildenden Schulen" gezahlt werden, sondern auch für „genehmigte Ersatzschulen"? Es liegt hier in der Tat in Einzelfällen eine Härte vor. Deswegen wird in meinem Hause eine ent- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 1115 sprechende Novelle zum Bundeskindergeldgesetz vorbereitet, um diese Härten zu beseitigen. Ihre weitere Frage beantworte ich mit Ja. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Barth vom 21. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Haehser (Drucksache V/301, Frage VII/4): Ist es mit den Bemühungen um eine Förderung des 2. Bildungsweges zu vereinbaren, wenn die Ausbildungsbeihilfen nur bis zum 27. Lebensjahr gezahlt werden, darüber hinaus aber auch nach die Tarifvergünstigungen der Deutschen Bundesbahn für Schüler und Studierende vom gleichen Lebensalter an gestrichen werden sollen? Die Ausbildungszulage wird nur für ein Kind gewährt, das zwischen der Vollendung des 15. und der Vollendung des 27. Lebensjahres sich einer im Gesetz näher umschriebenen Ausbildung unterzieht. Wird die Ausbildung dadurch verzögert, daß das Kind den gesetzlichen Wehrdienst oder den zivilen Ersatzdienst leistet, so wird die Ausbildungszulage für dieses Kind auch für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Ausbildungszeitraum über das 27. Lebensjahr hinaus gewährt. Diese Höchstaltersgrenze erklärt sich aus dem Charakter der Ausbildungszulage als einer Maßnahme des Familienlastenausgleichs. Personen, die die Höchstaltersgrenze überschritten haben, stehen im allgemeinen — das Gesetz kann nur diesen typischen Fall regeln — nicht mehr als Kinder im engen Familienverband, sondern selbständig außerhalb dieses Familienverbandes. Dieser Sachverhalt hat in zahlreichen anderen öffentlichen Leistungsbereichen zur Festsetzung von Höchstaltersgrenzen geführt. Ich verweise u. a. auf die im Besoldungsrecht für die Gewährung des Kinderzuschlags bestehende Grenze der Vollendung des 27. Lebensjahres. Auch die Höchstaltersgrenze bei Tarifvergünstigungen der Deutschen Bundesbahn für Schüler und Studierende liegt bei der Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Deutsche Bundesbahn ist aus den folgenden Gründen nicht bereit, von dieser Grenze abzusehen: a) Auch nach der Tarifanhebung decken die Preise der Schülerzeitkarten nur etwa 1/6 der Selbstkosten. Wenn schon neben den eigentlichen Schülern auch Fachschüler, Studenten und Lehrlinge zur Lösung dieser Fahrausweise berechtigt sind, so muß zumindest eine Begrenzung nach dem Lebensalter stattfinden. b) Die Begrenzung auf die Vollendung des 27. Lebensjahres ist derjenigen in anderen Bundesgesetzen angepaßt. c) Die Einführung der Altersgrenze ist im Anhörverfahren nach § 46 des Bundesbahngesetzes mit den für das Unterrichts- und Bildungswesen zuständigen Ländern erörtert worden; Einwendungen wurden nicht erhoben. Ich habe schon im Juli 1965 die Herren Ministerpräsidenten der Länder auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, Mittel aus den Länderetats zur Verfügung zu stellen, wenn die Beförderung der Schüler und Studenten auf öffentlichen Verkehrsmitteln zufriedenstellend gelöst werden soll. Soweit mir bekannt ist, haben die Finanz-, Wirtschafts- und Kultusminister der Länder inzwischen den Auftrag erhalten, die Angelegenheit zu prüfen und Vorschläge auszuarbeiten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 24. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lemper (Drucksache V/301 Fragen XIV/1 und XIV/2) : Trifft es zu, daß Grund- und Einsatzverpflegungsmittel aus Beständen der Bundeswehr zwar allen Bundesbehörden angeboten werden, der Verteilerschlüssel jedoch unterschiedlich angewandt wird? Ist es richtig, daß bei dem in Frage XIV/? bezeichneten Verfahren die Anforderungen (oder Bestellungen) von Bediensteten des Bundesverteidigungsministeriums hundertprozentig, Bestellungen anderer Bundesbediensteter entweder überhaupt nicht oder unter Umständen mit ca. 10 % erfüllt werden? Zur Frage 1: Der Verkauf von Verpflegungsmitteln aus Beständen der Bundeswehr, die wegen Ablaufs ihrer Lagerzeit abgegeben werden müssen, liegt in Händen der Wehrbereichsverwaltungen. Die Wehrbereichsverwaltungen sind angewiesen, die abzugebenden Verpflegungsmittel zunächst karitativen Organisationen anzubieten. Anderen Stellen werden sie nicht angeboten, weil dies einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern würde. Jedoch haben alle Interessenten — beispielsweise die Personalräte von Behörden und sonstige Dritte — die Möglichkeit, sich an die Wehrbereichsverpflegungsämter zu wenden und um Zusendung von Bestellisten jeweils vor Verkauf der überschüssigen Verpflegungsmittel zu bitten. Die Bestellungen werden nach der Reihenfolge ihres Eingangs beim jeweiligen Wehrbereichsverpflegungsamt erledigt, soweit der Vorrat an überschüssigen Verpflegungsmitteln reicht. Einen unterschiedlichen Verteilerschlüssel gibt es nicht. Zur Frage 2: Das Wehrbereichsverpflegungsamt III in Borken behandelt die Bestellungen von Bediensteten meines Hauses nach diesem Verfahren in gleicher Weise wie die Bestellungen aus anderen Bundesministerien. Die Angehörigen des Bundesministeriums der Verteidigung werden nicht bevorzugt. Wenn in diesem oder jenem Einzelfall die Bestellungen aus meinem Hause in vollem Umfang berücksichtigt wurden, die aus anderen Ministerien aber nur teilweise oder überhaupt nicht, so ist dies darauf zurückzuführen, daß die bestellten Verpflegungsmittel bei Eingang der Bestellungen nicht mehr oder nicht mehr in dem gewünschten Umfang vorhanden waren. Das bei der Verteilung der Verpflegungsmittel angewendete Verfahren hat in einer Reihe von Fällen zur Folge gehabt, daß auch Bestellungen von Bediensteten des Bundesministeriums der Verteidigung nicht ausgeführt werden konnten. 1116 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. März 1966 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 22. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lemper (Drucksache V/301 Frage XIV/3) : Wann wird die „Medizin-Baracke" für das fliegende und sonstige Personal auf dem Flugplatz Nörvenich so eingerichtet, daß sie den heutigen Notwendigkeiten entspricht? Die „Medizinbaracke" enthält unter anderem ein Arztzimmer, ein Behandlungszimmer, einen Röntgenraum, einen Warteraum, ein Geschäftszimmer und Unterkünfte für das Sanitätspersonal. Sie ist mit allen für die ärztliche Betreuung notwendigen Einrichtungen ausgestattet. Sie stellt jedoch, ebenso wie die Zahnstation auf dem Flugplatz, eine Zwischenlösung dar. Der endgültige Sanitätsbereich für das in Nörvenich stationierte Geschwader befindet sich im Bau. Er wird in Kerpen errichtet. Mit dem Abschluß der Bauarbeiten ist im Juli 1966 zu rechnen. Nach Fertigstellung des Sanitätsbereichs in Kerpen wird auf der Basis nur eine Erste-Hilfe-Station zurückbleiben. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 26. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/301 Frage XIV/4) : Trifft es zu, daß zum Grundwehrdienst herangezogene Beamte anstellungsmäßige Nachteile in Kauf nehmen müssen? Es trifft zu, daß die Regelung des gültigen Arbeitsplatzschutzgesetzes, nach der die Probezeit und der Vorbereitungsdienst der Beamten um die Zeit des Grundwehrdienstes verlängert werden, eine spätere Anstellung der Beamten zur Folge hat. Ich habe in der Fragestunde am 27. Januar 1966 darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung bemüht ist, die darin liegende Härte durch eine Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes zu beseitigen. Dabei habe ich auch die Schwierigkeiten erläutert, die einer derartigen Gesetzesänderung bisher entgegenstanden. Erfreulicherweise konnten diese Schwierigkeiten inzwischen weitgehend ausgeräumt werden. Die, Vorbereitungen für den Gesetzentwurf werden in Kürze abgeschlossen sein. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Gumbel vom 28. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Kempfler (Drucksache V/301 Fragen XIV/6 und XIV/7): Trifft es zu, daß das Bundesverteidigungsministerium eine Entschließung erlassen hat, wonach die Musterung der Wehrpflichtigen von den Kreisstädten weg in zentrale Orte verlegt wird? Hat das Bundesverteidigungsministerium Vorsorge getroffen, daß in ländlichen und verkehrsarmen Bezirken die Musterungsorte so ausgewählt werden, daß dem Wehrpflichtigen hinsichtlich der Anreise nicht unzumutbare Zeitverluste entstehen? Zur Frage 1: Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 17 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes, wonach in jeder kreisfreien Stadt und in jedem Landkreis ein oder mehrere Musterungsbezirke zu bilden sind, durch das am 1, April 1965 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes gestrichen. Im Interesse der Intensivierung der Musterungen habe ich daraufhin angeordnet, daß die Kreiswehrersatzämter vom Beginn der Musterungsperiode 1965 an nur noch dort mustern, wo in jeder Hinsicht geeignete Räume zur Verfügung stehen. Dies war notwendig, weil nicht in allen Gemeinden geeignete Räume vorhanden waren. Auf Grund meiner Anordnung ist die Zahl der Musterungsorte von bisher 658 auf 477 verringert worden. Eine weitere Verringerung wird mit dem Ziel angestrebt, die Musterungen nur noch am Sitz der Kreiswehrersatzämter durchzuführen. In Hamburg wird zur Zeit die zentrale Musterung erprobt, wie sie bei den verbündeten Streitkräften mit Erfolg eingeführt ist. Hierbei ist ein Team von Ärzten und Fachärzten, das mit modernen ärztlichen Geräten ausgestattet ist, für das Gebiet mehrerer Kreiswehrersatzämter eingesetzt. Zur Frage 2: Nach meinen Weisungen darf die Musterung unter Berücksichtigung der An- und Rückreise nicht länger als einen Tag in Anspruch nehmen. Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen — das ist vorwiegend in ländlichen und verkehrsarmen Bezirken der Fall — wird weiterhin außerhalb des Dienstsitzes des Kreiswehrersatzamtes gemustert. Den Wehrpflichtigen und Arbeitgebern entstehen durch die Konzentrierung der Musterung keine Nachteile. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Heck vom 15. Februar 1966 auf -die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Westphal (Drucksache V/251 Frage XV/1) : Weshalb hat der Bundesfamilienminister den § 10 der Geschäftsordnung des Bundesjugendkuratoriums, der die Einladung von Abgeordneten des zuständigen Bundestagsausschusses zu den Beratungen des Kuratoriums als Gäste vorsah, nicht genenmigt? Das Bundesjugendkuratorium hat gemäß § 26 des Jugendwohlfahrtsgesetzes die Bundesregierung zu beraten. Als Mitglieder dieses Kuratoriums sind durch die Bundesregierung Vertreter der Länder, der Kommunalen Spitzenverbände, der Jugendorganisationen und der Wissenschaft berufen worden. Wie bei allen übrigen Beratungsorganen der Bundesregierung ist eine Beteiligung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht vorgesehen, da dies den verschiedenen Funktionen von Legislative und Exekutive widersprechen würde. Deshalb habe ich im Einvernehmen mit allen Bundesressorts dem Vorschlag des Bundesjugendkuratoriums nicht zugestimmt.
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    Rede von Josef Bauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Aber natürlich! Aber natürlich!

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß nicht die Größe oder die Lage eines Betriebes, das Klima oder gar statistische Aussagen darüber entscheiden dürfen, ob der Betrieb fähig ist, zu überleben. Nein, auch hier sage ich Ihnen: die Einstellung zum Beruf, das fachliche Können, Begabung, Zielstrebigkeit, Leistung und Erfolg sind die Voraussetzungen, die man, wie wir glauben, auch in diesem Teil unserer Wirtschaft mitbringen muß, wenn man mitwirtschaften will. Diese Voraussetzungen allerdings gibt es in Nord und Süd; die gibt es bei den Großen und bei den Kleinen; die sind gleichermaßen überall anzutreffen. Ich meine, es wäre unverantwortlich, wenn eine geistlose Zahlenakrobatik, wie sie insbesondere mit der Hektargröße oft schon versucht wurde, zur negativen Auslese innerhalb unserer Landwirtschaft führte. Das wäre allerdings eine schreckliche Fehlentscheidung; denn, meine Damen und Herren, unser Hilfe sollte der landwillige und landfähige Bauer und Jungbauer, die landfähige und landbegeisterte Bäuerin und auch Jungbäuerin bekommen. Das gehört auch in Zukunft dazu, wenn man in diesem Wirtschaftsbereich wirken will. Wer sich aber dazu entschieden hat — Herr Kollege Frehsee, ich glaube, da sind Sie sicher derselben Auffassung wie ich —, der sollte die ganze Hilfe des Staates und auch der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung uneingeschränkt bekommen.
    Es ist sicher in der deutschen Öffentlichkeit bekannt, daß wir auf Grund des letzten Grünen Berichts feststellen können, daß unsere Bevölkerung zu 78 % von der eigenen Landwirtschaft versorgt wird. Das ist sicherlich eine gewaltige und beruhigende Leistung. Wer denkt aber eigentlich daran, daß bei der Erstellung dieser Produktionsleistung eine landwirtschaftliche Nutzfläche und Privatwald von immerhin rund 17 Millionen ha, das sind rund 70 % der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland, durch die gleichen Landwirte und ihre Familien praktisch als kostenlose Nebenleistung in so ausgezeichneter Weise versorgt werden, daß nicht nur ausländische Besucher immer wieder verwundert und anerkennend von der Schönheit der Flur und Kultur bei uns reden?

    (Abg. Dr. Schäfer: Schön haben Sie das gesagt!)

    — Darf man das nicht einmal zum Ausdruck bringen? Ich empfehle Ihnen, Herr Schäfer, einmal darüber nachzudenken, daß dahinter ganz massive wirtschaftliche. Überlegungen stehen. Ich empfehle Ihnen, einmal auszurechnen, wie tief wir — wenn diese Nebenleistungen von der produzierenden Landwirtschaft nicht mehr erbracht würden — in den Steuersäckel greifen müßten, um diese Aufgabe von anderen Leuten erfüllen zu lassen.

    (Abg. Dr. Rinderspacher: Das, was Sie erzählen, ist Lyrik, Herr Bauer!)

    — Ach, Herr Rinderspacher, ohne das geht es gar
    nicht. Das geht ja weit hinein in diesen Bereich. Der
    zweite Teil der Leistung gehört nämlich dazu, daß wir uns in der deutschen Landschaft immer noch so wohlfühlen können. Ich kenne durchaus andere Gegenden in der Welt — und Sie werden sie auch kennen —, wo man diesen Teil der Aufgabe der landwirtschaftlichen Bevölkerung sträflich vernachlässigt hat, mit dem Ergebnis, daß in weiten Bereichen Bodenerosionen heute wieder mit Mitteln korrigiert werden müssen, die den Steuerzahler das X- und Hundertfache von dem kosten, was es gekostet hätte, wenn man zur rechten Zeit dafür gesorgt hätte, daß der Boden unter einer vernünftigen Bewirtschaftung geblieben wäre.
    Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang, auch ein paar Worte zu dem heute hier schon zitierten Kleinlandwirteprogramm wiederzugeben. Herr Dr. Schmidt, da werden Sie ja besonders gespannt sein.

    (Abg. Dr. Rinderspacher: Kleinbauernprogramm!)

    — Also Kleinbauernprogramm. Jetzt werden Sie romantisch, Herr Dr. Rinderspacher. Landwirte, Bauern — wir können uns ja gelegentlich einmal darüber unterhalten, warum Ihr Herz da mehr schlägt, wenn Sie vom Kleinbauern hören.
    Meine Damen und Herren, ich bin erstens der Meinung, daß wir uns mitten in einem riesigen Förderungsprogramm für unsere gesamte Landwirtschaft mit all ihren Erscheinungsformen befinden. Da möchte ich Sie einmal fragen: Was ist denn Strukturpolitik? Was ist denn die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse? Was ist die Verbesserung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung? Kommt das denn etwa nur den Betrieben über 10 ha oder den Vollerwerbsbetrieben zugute? Nein, meine Damen und Herren, wir haben immer einen ganz großen Bereich, ja, ich möchte fast sagen, den größten Bereich der Förderungsmaßnahmen bisher so angelegt, daß sie dem gesamten Lebensbereich draußen im Lande zugute gekommen sind, und niemand ist hier ausgeschlossen.
    Meine Damen und Herren, der Minister hat kürzlich mit gutem Recht die Bandbreite der Betriebe und des Menschenkreises angesprochen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben — Bandbreite nach Betriebstypen, sagte er, nach Formen von Zu- und Nebenerwerbsbetrieben. Wofür ich ihm aber besonders dankbar bin, ist, daß er im gleichen Atemzug auch noch die Selbstversorgungsbetriebe und die ländliche Heimstätte nannte. Auch das ist, meine ich, ein neuer Ton in der Darstellung durch den Bundeslandwirtschaftsminister, für den ich persönlich jedenfalls sehr dankbar bin — dankbar auch für seine Feststellung — und hier darf ich ihn wörtlich zitieren —:
    In der gewerblichen Erschließung des Landes liegt auch eine Lösung des Problems der Zu-und Nebenerwerbsbetriebe.
    Diese Feststellung ist deshalb besonders bedeutungsvoll, weil wir doch alle wissen, die wir die Dinge kennen, daß sich die Schwelle zwischen den Voll- und Nebenerwerbsbetrieben auf Grund der fortschreitenden Technik unentwegt verändert und



    Bauer (Wasserburg)

    dem Kreis der Zu- und Nebenerwerbsbetriebe von daher immer wieder neue Betriebe zugeführt werden. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, wenn man an neue Maßnahmen etwa in diesem Bereich denkt, Herr Dr. Schmidt, was ich mir vorstellen könnte, so wäre das, glaube ich, auf sozialem Gebiet — Verbesserung der Lebens- und Wohnungsverhältnisse — möglicherweise ein interessantes Kapitel. Der Herr Bundesminister hat auch in dieser Richtung Andeutungen gemacht.
    Meine Damen und Herren, ich meine, daß es auch ein erwünschtes Ziel unserer Politik sein muß, daß möglichst alle Menschen, die jetzt noch in der Landwirtschaft arbeiten, teilweise dort arbeiten oder im ländlichen Raum noch leben, ihre Heimstätte dort behalten, wo sie im Augenblick noch leben. Ich halte es durchaus nicht für eine Sünde wider den grünen Geist, wider die Agrarpolitik, wenn man sich in diesem Zusammenhang in diesem Bereich auch der Menschen auf dem Lande annimmt.
    Ich wiederhole jetzt etwas, wenn ich noch einmal sage, daß doch gar kein Zweifel darüber bestehen kann — und jetzt komme ich auf die Frage der sozialen Gerechtigkeit hier in der Bundesrepublik bei uns zurück —, daß die Landwirtschaft um rund 20 % hinter vergleichbaren anderen Zweigen her-hinkt und daß sie, wenn Sie die Direkthilfen des Bundes ausklammern, mit rund einem Drittel hinter den anderen herhinkt. Meine Damen und Herren, wenn ich mir überlege, mit welchen Opfern dieses Hinterherhinken erbracht wird — Bescheidenheit, Anspruchslosigkeit, Arbeitsamkeit, Verzicht auf Freizeit, Urlaub, Einsatz der ganzen Persönlichkeit bis hin zur gesamten Gesundheit, um nur einige dieser Eigenschaften zu nennen —, meine ich, daß wir es hier mit einem Berufsstand zu tun haben, von dem ich nur sagen kann, er müßte eigentlich beispielhaft für viele andere sein. Wenn man hier sieht, daß ein ganzer großer Berufsstand seit Jahren hinter der übrigen Entwicklung, die erfreulich stürmisch aufwärts gegangen ist, hinterherhinkt, dann muß man sich doch eigentlich fragen: Was soll es, wenn Bosse aus gewaltigen Verbänden wegen der Verlängerung der Hinausschiebung der Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde um sechs Monate schon beinahe erwarten, dafür den Dank der Nation zu bekommen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und auf der anderen Seite überlegt wird, ob man für 1 oder 1,5% .das Mittel des Arbeitskampfes einsetzen soll. Wo schlägt denn eigentlich das soziale Gewissen und Herz dieser Leute? Sie sollten einmal den Grünen Bericht, den wir nun seit zehn Jahren haben, in die Hand nehmen.
    Hier hat der Kollege Effertz recht: es geht bei diesem Ringen, bei dieser Auseinandersetzung natürlich darum, wer sich in diesen Kuchen teilt. Hier haben nicht wir in diesem Hause allein das Kuchenmesser in der Hand, sondern da schneiden noch viele andere außerhalb dieses Hauses und außerhalb dieser Zuständigkeit kräftig herunter, und ich habe nicht .das Gefühl, daß das immer unter dem Gesichtspunkt des wirklichen Ausgleichs zwischen allen Ständen und Berufen erfolgt; denn sonst,
    meine ich, könnten manche Leute eigentlich nicht mehr ruhig schlafen, wenn sie auf der einen Seite überlegen und fragen, ob sie in den Kampf treten sollen, und gleichzeitig zusehen, wie in anderen Bereichen weiterhin solche Unterschiede bestehen.
    Meine Damen und Herren, ich sage jetzt auch etwas Kritisches da hinüber, an diese Bank (zur Regierung). Es gibt gar keinen Zweifel: wenn man diesen Grünen Bericht durchsieht, verbleibt natürlich der Eindruck eines sehr starken, deutlichen Gefälles nach verschiedenen Richtungen. Einmal meine ich hier das Gefälle von Nord nach Süd. Ich habe mir hier Verschiedenes ausgerechnet, etwa wie weit die Schere im Laufe von zehn Jahren Grüner Berichte auseinandergegangen ist. Aber ich behalte mir vor, das im Ausschuß noch einmal anzusprechen.
    Nun eine scherzhafte Bemerkung zu diesem NordSüd-Gefälle. Da gibt es böse Zungen, die behaupten, daß dieser Umstand in der Vergangenheit auch dadurch zu wenig Beachtung gefunden hat, daß die Ressortgänger nördlich gefärbte Brillen trugen, die beim Lesen des Grünen Berichts dieses Gefälle offensichtlich zum Verschwinden brachten.

    (Abg. Marquardt: Herr Bauer, dafür haben Sie unten die Kultur, sagt der Minister!)

    — Ja, eben, das ist auch etwas. Die Gefälle gleichen sich dann wieder aus, meinen Sie. Aber, Herr Marquardt, wir möchten ja auch ein bißchen an dem wirtschaftlichen Ausgleich teilhaben, und ich glaube, das wollen Sie auch. Sie haben uns ja zwei tüchtige Kollegen aus Bayern in den Ernährungsausschuß geschickt, und ich bin der festen Überzeugung, daß wir von daher kräftige Hilfe und Unterstützung bekommen werden. — Nun, was die Brillen anbelangt, Herr Minister, so meine ich, ein neuer Minister könnte sich auch eine neue Brille leisten, und vielleicht wird dann die Optik ein bißchen günstiger, als das bisher der Fall war.
    Neben diesem Gefälle gibt es natürlich auch starke Einkommensunterschiede nach Produktionsarten, vom Zuckerrübenanbau angefangen bis hin zu den Grünland- und Futtermittelanbaubetrieben.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch folgendes sagen. Nicht umsonst treten wir mit so großem Nachdruck für einen ausreichenden Milcherzeugerpreis ein. Wir wissen, daß trotz des bisherigen Preises gerade in diesem Bereich die Einkommensunterschiede noch unverhältnismäßig groß sind. Deshalb, Herr Kollege Schmidt, könnte ich es nicht verstehen, wenn Sie sich nicht mit uns dafür einsetzten, die unmittelbaren Hilfsmaßnahmen zu verstärken, die auf technischem Gebiet in diesen Bereich hineinwirken — Bau von Grünfuttersilos, von Unterdachtrocknungsanlagen, von Gülleanlagen und ähnlichem mehr —, wenn Sie im Ausschuß und auch Ihre Freunde im Haushaltsausschuß uns nicht unterstützten, dafür zu sorgen, daß diese gezielten Maßnahmen auch über dieses Haushaltsjahr hinweg erhalten 'bleiben.
    Meine Damen und Herren, ich stelle auch hier ein paar kritische Fragen. Erstens: Haben wir in den vergangenen Jahren, Herr Minister — und diese Frage richte ich wieder nach rechts drüben —, alle



    Bauer (Wasserburg)

    miteinander, Regierung und Parlament, diese Jahresröntgenuntersuchung der deutschen Landwirtschaft — ich meine damit den Grünen Bericht — vor der Anwendung unserer Therapeutika immer wieder ausreichendbetrachtet so wie der Arzt vor dem Eingriff im Operationssaal? Haben wir uns wirklich bemüht, diese Aussagen ausreichend in unsere Maßnahmen umzusetzen? Ich setze nur ein Fragezeichen dahinter. Ich meine aber, wenn es nicht so sein sollte, würde sich hier für den Ressortchef ein weites und interessantes Betätigungsfeld ergeben.
    Da wir in absehbarer Zeit sicherlich nicht mehr Haushaltsmittel bekommen, müssen wir uns natürlich auch überlegen, ob wir angesichts dieser Situation nicht in der einen oder anderen Richtung von denglobalen Hilfen zu den gezielten Hilfen kommen müssen. Herr Marquardt nickt mir schon zu. Und schließlich und endlich, meine ich, sollten wir, wenn es gar nicht anders geht, auch an Maßnahmen herangehen, um zu prüfen: Wo gibt es noch Geld, und wo geht vielleicht heute noch Geld hin, wo es nicht unbedingt sein muß?
    Es gibt ja da neue Überlegungen auf sozialpolitischem Gebiet. Warum soll man die nicht auch in diesen Bereich hineinprojizieren? Funktioniert auf einem anderen sehr wichtigen Gebiet, das der Minister heute angesprochen hat, dem der Raumordnung im ganzen, die Zusammenarbeit schon? Herr Minister, ich weiß, daß es sehr lange schon ein sogenanntes „Staatssekretärs-Kränzchen" zur Vorbereitung der gemeinsam berührenden EWG-Fragen gibt. Ich wäre sehr glücklich, wenn es auch ein Staatssekretärs-Kränzchen etwa zur gemeinsamen Abstimmung der ganzen Raumordnungs- und Strukturfragen

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    zwischen dem Raumordnungsminister, dem Wirtschaftsminister, dem Landwirtschaftsminister und dem Finanzminister gäbe.

    (Abg. Dr. Schäfer: Und den Länderministern!)

    — Darauf wollte ich gerade kommen. Ich sprach — da sind wir ja unmittelbar zuständig — vom Bund, und ich wollte gerade die zweite Frage aufwerfen: ob auch sichergestellt ist, daß diese Arbeit, die im Bund zu erfolgen hätte, dann auch mit den zuständigen Stellen in den Ländern entsprechend abgestimmt wird. Ich meine, auch hier wäre ein weites Ackerfeld für die Zukunft; hier haben wir alle in der Vergangenheit gelernt, und hier haben wir uns alle miteinander Stück für Stück immer näher an diese Aufgaben herangetastet.


Rede von Dr. Maria Probst
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

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    Rede von Josef Bauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Bitte sehr, Frau Präsidentin.