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    Deutscher Bundestag 22. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1966 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 903 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Zwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/270, V/318) 903 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Verordnung über Änderung von Zollkontingenten für das Kalenderjahr 1965 (Drucksachen V/269, V/319) . . . 903 B Fragestunde (Drucksachen V/301, V/303) Fragen des Abg. Bartsch: Genehmigung der Tariferhöhungen der Deutschen Bundesbahn und ihre Folgen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 903 C Bartsch (SPD) 904 A Fellermaier (SPD) 904 B Brück (Holz) (SPD) 904 C Westphal (SPD) 904 D Strohmayr (SPD) 905 A Börner (SPD) 905 C Fragen des Abg. Schonhofen: Ausbau der B 482 zwischen Lande und Neesen (Lkr Minden) — Ortsdurchfahrt der B 482 in Leteln (Lkr Minden) — Ausbau der Bundesstraßen im Bereich der Landkreise Lübbecke und Minden 905 C Frage des Abg. Dr. Apel: Margentarifsystem im Güterverkehr — Einführung von Referenztarifen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 A Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 906 A Frage des Abg. Dr. Apel: Vertiefung der Unterelbe auf 12 m Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 C Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 906 C Frage des Abg. Dröscher: Zusammenlegung der Bahnhöfe Bingen und Bingerbrück Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 D Fragen des Abg. Felder: Telefon- und Schreibdienst in den FD-und TEE-Zügen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 907 A Felder (SPD) . . . . . . . . . 907 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . 907 C Fragen des Abg. Löbbert: Auswirkungen von Zechenstillegungen Schmücker, Bundesminister . . . . 908 A Löbbert (SPD) . . . . . . . . 908 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 Fragen des Abg. Faller: Strompreise in Baden-Württemberg bei Verwendung von 50 % Steinkohle bei der Stromerzeugung 909 A Frage des Abg. Schlager: Nichtbeteiligung des Deutschen Beamtenbundes am Wirtschafts- und Verbraucherausschuß des WarentestInstituts Schmücker, Bundesminister . . . 909 C Wagner (CDU/CSU) 909 D Frage des Abg. Reichmann: Mehrkosten durch Einführung der Vierzigstundenwoche Schmücker, Bundesminister . . . . 910 A Reichmann (FDP) . . . . 910 B, 911 A Dr. Rinderspacher (SPD) 910 C Logemann (FDP) 910 D Frage des Abg. Dr. Eppler: Gutschrift von Postanweisungen auf Postscheckkonten 911 A Fragen des Abg. Hofmann (Kronach) : Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen im Zonenrandgebiet Stücklen, Bundesminister . . . . 911 B Hofmann (Kronach) (SPD) . . . . 911 D Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Fahrbare Sendeanlagen zum Ausgleich fehlender stationärer Sender Stücklen, Bundesminister . . . . 911 D Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 912 A Frage des Abg. Strohmayr: Briefporto-Erhöhung Stücklen, Bundesminister . . . 912 B Strohmayr (SPD) 912 B Cramer (SPD) 912 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 913 A Dr. Müller (München) (SPD) . • 913 C Büttner (SPD) 914 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . 914 A, 915 A Killat (SPD) 914 B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 915 A Ott (CDU/CSU) 915 B Fragen der Abg. Frau Herklotz: Unterschiedliche Fahrpreise bei der Kraftpost und bei Buslinien privater Unternehmen Stücklen, Bundesminister 915 C, 916 A Frau Herklotz (SPD) 915 D Fragen des Abg. Kuntscher: Übernahme privater Verkehrsgesellschaften durch die Deutsche Bundespost Stücklen, Bundesminister . . . 916 B Kuntscher (CDU/CSU) 916 C Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Rückwirkende Nachforderung erhöhter Fernsprechgrundgebühren Stücklen, Bundesminister . . . . 916 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 917 A Fortsetzung der Beratung des Zweiten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gutachten (Drucksachen V/123, V/127) Dr. Luda (CDU/CSU) 917 C Frau Dr. Krips (SPD) 924 C Opitz (FDP) 927 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 928 C Fritz (Welzheim) (CDU/CSU) . . . 935 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 937 B Dr. Staratzke (FDP) 941 C Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 944 B Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 945 B Dr. Schiller (SPD) 947 C Schoettle, Vizepräsident 952 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 952 D Budde (CDU/CSU) 956 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 960 A Dr. Friderichs (FDP) 964 B Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 968 C Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke (CDU/CSU) 968 C Kurlbaum (SPD) 972 B Schmücker, Bundesminister . . . 974 C Nächste Sitzung 979 Anlagen 981 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 903 22. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner * 18. 2. Frau Albertz 18. 2. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 18. 2. Bading 7. 3. Dr. Barzel 19. 2. Bauer (Wasserburg) 18.2. Prinz von Bayern 23. 2. Dr. Becher (Pullach) 18. 2. Frau Berger-Heise 18. 2. Benda 4. 3. Berkhan 12. 3. Berlin 18. 2. Frau Brauksiepe 17. 2. Burger 10. 4. Dichgans * 17. 2. Dr. Dittrich * 18. 2. Dröscher * 17. 2. Eisenmann 18. 2. Frau Dr. Elsner * 18. 2. Dr. Eppler 12. 3. Erler 4. 3. Faller 6. 3. Figgen 28. 2. Flämig ** 18. 2. Fritz (Wiesbaden) 31. 3. Gibbert 18. 2. Graaff 18. 2. Hamacher 18. 2. Dr. h. c. Jaksch 18. 2. Josten 19. 2. Frau Kalinke 18. 2. Kiep 18. 2. Klein 5. 3. Frau Krappe 28. 2. Kriedemann * 18. 2. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 2. Liedtke 8. 3. Dr. Löhr 18. 2. Michels 19. 2. Dr. Miessner 12. 3. Missbach 18. 2. Dr. Morgenstern 18. 2. Müller (Aachen-Land) * 18. 2. Pöhler 18. 2. Frau Renger 18. 2. Dr. Ritgen 18. 2. Russe (Bochum) 18. 2. Frau Schroeder (Detmold) 18. 2. Schultz 17. 2. Dr.-Ing. Seebohm 11. 3. Spitzmüller 18. 2. Struve 18. 2. Urban 18. 2. Dr. Wilhelmi 18. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wullenhaupt 17. 2. Zerbe 5. 3. Zoglmann 17. 2. b) Urlaubsanträge Frhr. von und zu Guttenberg 5. 3. Dr. Schulz (Berlin) 11. 3. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Bucher vom 16. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache V/251 Fragen XIV/1 und XIV/2) : Worauf stützt sich die Feststellung des Bundeswohnungsbauministers vom 24. Januar 1966 anläßlich der Internationalen Möbelmesse in Köln, daß das Wohnungsdefizit „zur Zeit nur noch 200 000 Wohnungen" beträgt? Hat die Bundesregierung eine Vorstellung über die ungefähre Anzahl der Kündigungen von Wohnungsmietverhältnissen, die im Zuge der Abbaugesetzgebung erfolgt sind? Zur Frage XIV/1: Bei den von mir genannten 200 000 Wohnungen handelt es sich um eine Vorschätzung des rechnerischen Wohnungsdefizits für Ende 1965. Die Ergebnisse der amtlichen Berechnungen können erst bekanntgegeben werden, wenn die kreisweisen Wohnungsbestands- und Bevölkerungszahlen für den 31. Dezember 1965 vorliegen und die Defizitberechnungen aufgrund der Abbaugesetzgebung in den einzelnen Bundesländern durchgeführt worden sind. Zur Frage XIV/2: Über die Kündigungen in den „weißen Kreisen" gibt es keine amtlichen Erhebungen. Die Zahl der Kündigungen hat schon deshalb keinen entscheidenden Aussagewert, weil keineswegs feststeht, ob eine Kündigung in jedem Falle zum Verlust der Wohnung führt. Häufig einigen sich die Mietvertragsparteien - gegebenenfalls nach einer Änderung der Verrtagsbedingungen - über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses. In vielen Fällen widersprechen die Mieter der Kündigung und erreichen durch gerichtliche Entscheidung eine Verlängerung des Mietverhältnisses oder eine vergleichsweise Regelung. Ein gewisses Indiz für die Wohnungsmarktsituation könnte allenfalls die Zahl der Räumungsklagen sein, obwohl auch hier noch ein Prozeßabschluß durch Vergleich erfahrungsgemäß eine große Rolle spielt und die Gerichte darüber hinaus Härten durch die Zubilligung von Räumungsfristen bis zu einem Jahr ausschließen können. Eine Aussage darüber, in wie vielen Fällen Räumungsklagen in den „weißen Kreisen" zum Verlust der Wohnung geführt haben, kann zur Zeit noch nicht gemacht werden. Das wird erst im Frühjahr 1966 möglich sein, wenn die Berichte der Landesjustizverwaltungen über die Räumungsklagen 982 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 und deren Erledigung ausgewertet sind. Die Landesjustizverwaltungen berichten für die Dauer von 3 Jahren halbjährlich; der erste Berichtszeitraum umfaßte die Zeit vom 1. 1. bis zum 30. 6. 1965. Eine Gegenüberstellung mit der Zahl der Räumungsklagen und deren Erledigung im zweiten Halbjahr 1965 wird erstmalig eine Aussage darüber zulassen, in welchem Ausmaß die Kündigungen von Vermietern in den „weißen Kreisen" zur Beendigung von Mietverhältnissen über Wohnraum geführt haben. Bereits früher haben die Landesjustizverwaltungen Erhebungen über die Zahl der Mietaufhebungs- und Räumungsklagen in den bereits seit dem 1. 11. 1963 „weißen Kreisen" in der Zeit vom 1. 11. 1962 bis zum 30. 4. 1963 (also vor der erstmaligen Mietpreisfreigabe) und die entsprechende Zahl im Zeitraum vom 1. 11. 1964 bis zum 30. 4. 1965 durchgeführt. Die Ergebnisse ihrer Erhebungen haben mir die Justizverwaltungen von 6 Ländern zugänglich gemacht. Für die Beurteilung der Auswirkungen des Abbaues der Wohnungszwangswirtschaft hat diese Erhebung jedoch nur einen bedingten Aussagewert, weil in ihr die alten, aufgrund des Mieterschutzgesetzes noch anhängigen Mietaufhebungsklagen, nicht ausgeklammert waren und deshalb die Zahl der auf Kündigungen beruhenden Räumungsklagen nicht erkennbar ist. Immerhin läßt sich aber aus dieser Gegenüberstellung ersehen, daß von einer ins Gewicht fallenden Zunahme der Räumungsklagen nicht die Rede sein kann, gerade weil ein Teil dieser Klagen noch auf die Zeit zurückgeht, in der der Kreis „schwarz" war. Diese Gegenüberstellung ist in der Anlage beigefügt. Räumungsklagen in den weißen Kreisen Räumungsklagen Räumungsklagen Zunahme Bemerkungen in der Zeit in der Zeit Abnahme vom 1. 11. 1962 vom 1. 11. 1962 bis 30.4. 1963 bis 30.4. 1963 Baden-Württemberg 1 977 2 220 + 12,3 % Geringe Zunahmen in Gebieten mit kleinstädtischländlichem Charakter, stärkere Zunahme in größeren und mittelgroßen Städten Bayern 2 080 2 272 + 9,2 % Im OLG-Bezirk Nürnberg ist eine Abnahme festzustellen. Nicht unerheblich ist die Zunahme in Fremdenverkehrs- und Kurorten (z. B. Immenstadt, Sonthofen, Bad Kissingen) Niedersachsen 766 857 +11,9 % Die Entwicklung ist in den einzelnen Gerichtsbezirken sehr unterschiedlich. Die stärkste Zunahme hat Helmstedt (24 : 59), die stärkste Abnahme haben Wolfenbüttel (93 : 75) und Delmenhorst (104 : 86). Nordrhein-Westfalen 6 412 7 730 +20,56 % Erheblich ist die Zunahme in folgenden Städten: Solingen (152 : 387) Hattingen (68 : 137) Witten (84 : 147) Schwelm (127 : 197) Wattenscheid (111 : 171) Hamm (68 : 103) Gladbeck (84 : 123) Recklinghausen (278 : 406) Herford (109 : 151) Hagen (245 : 333) Gelsenkirchen (499 : 647) Dortmund (826 : 935) Rheinland-Pfalz 1 562 1 788 + 14,5 % Im OLG-Bezirk Koblenz ist die Zunahme gering (858 : 886), stärker ist sie im OLG-Bezirk Zweibrücken (704 : 902). Saarland 704 552 —21,6 % Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 983 Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Scheel vom 16. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Diebäcker (Drucksache V/251 Frage XVII/5) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die ärztliche Versorgung der Deutschen in Afghanistan, insbesondere in der Hauptstadt Kabul - es handelt sich um rd. 800 Deutsche, darunter viele Frauen und Kinder — sicherzustellen, vor allem angesichts der Tatsache, daß es sich hier um ein Land handelt, dessen Bewohner im starken Maße von Infektionskrankheiten wie Pocken, Typhus, Cholera und ansteckender Gelbsucht heimgesucht werden? Die Bundesregierung beabsichtigt, es einem deutschen Arzt durch geeignete Bundeshilfen zu ermöglichen, eine ärztliche Praxis in Kabul zur ärztlichen Versorgung der dortigen Deutschen und auf entsprechenden Wunsch der WHO hin auch der dortigen UNO-Angehörigen aufzunehmen. Dem Arzt soll zu diesem Zwecke auf Bundeskosten eine komplette Praxisausstattung gegen eine angemessene Miete zur Verfügung gestellt werden. Er soll auch einen Pauschalvertrag zur Behandlung der in Kabul helfenden Angehörigen des Deutschen Entwicklungsdienstes erhalten. Die Bundesregierung beabsichtigt weiter, die Umbaukosten für ein geeignetes Gebäude für die Praxis nebst einem kleinen Krankenrevier zu übernehmen. Die erforderlichen Maßnahmen zur Entsendung des Arztes sind in die Wege geleitet. Das Vorhaben hat sich verzögert, weil erst jetzt über das Petitum des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und anderer Bundesressorts innerhalb der Bundesregierung Übereinstimmung erzielt werden konnte.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Werner Staratzke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich den Wunsch hatte, einen kleinen Beitrag zur Versachlichung zu leisten. Ich bin aber durch die Diskussion, die sich hier über die Frage von Plänen, Planungen, von quantitativen Zielsetzungen ergeben hat, animiert worden, Ihnen einmal ein Beispiel vorzutragen, zu welchen Ergebnissen es führen kann, wenn man sehr weitgehende Pläne macht und Schätzungen vornimmt, die einfach nicht vorauszusehen sind.
    Im Zusammenhang mit notwendigen Informationen ist mir der Sozialplan für Deutschland in die Hände gefallen, der auf Anregung des Vorstands der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Jahre 1957 vorgelegt worden ist, an dem sehr prominente Herren beteiligt waren — wie Herr Bruno Gleitze, Herr Ludwig Preller und Herr Ernst Schellenberg — und in dem unter anderem eine Ziffer zu finden ist, die sich nicht auf einen wirtschaftlichen Tatbestand bezieht, sondern auf etwas noch sehr viel Ernsteres, nämlich auf die Kriegsopferrenten, die in der heutigen Zeit zu zahlen wären. In diesen Plänen werden zum Beispiel die Aufwendungen für Kriegsopferrenten im Jahre 1966 auf etwa 2,8 Milliarden DM geschätzt. Diese Leistungen liegen heute — wir haben es gerade nachgeprüft — bei 4,8 Milliarden DM, das heißt also, sie haben sich nahezu verdoppelt; im Jahre 1965 sind übrigens 5,2 Milliarden DM ausgegeben worden. Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie man mit langfristigen oder hier mittelfristigen Plänen zu total falschen Ergebnissen kommt.
    Gestatten Sie mir nun drei grundsätzliche Vorbemerkungen zu dem Gutachten selbst,

    (Abg. Wehner: Vorbemerkungen!)

    damit wir wieder in die sachliche Diskussion hineinkommen.

    (Abg. Wehner: Ja endlich!)

    Der Sachverständigenrat hat als erstes alle Gruppen des wirtschaftlichen Lebens und unserer Gesellschaft zu einer gemeinsamen und gleichzeitigen —wie er es nennt — konzertierten Aktion aufgerufen.
    Zweitens — das scheint mir besonders wichtig zu sein, weil man darüber nicht immer einig ist — ist das Gutachten keineswegs überholt, selbst wenn sich die Daten aus einer Dynamik heraus geändert haben, sondern es sollte langfristig angesehen werden, und wir sollten sehr viel aus diesem Gutachten schöpfen und lernen.
    Drittens: Ich teile die optimistische Auffassung der Sachverständigen, daß nämlich die Geldwertstabilisierung auch ohne deflatorische Begleiterscheinun-



    Dr. Staratzke
    gen erreichbar ist, wenn alle gesellschaftlichen Kräfte systematisch auf dieses Ziel hingelenkt werden. Dazu — ich glaube, da ist sich dieses Haus einig — bedarf es einer Abstimmung — ich sage ausdrücklich: einer Abstimmung — der Verhaltensweisen und eines Mindestmaßes an konjunkturpolitischen Instrumenten, nicht aber quantitativer Zielsetzungen, nicht Planungen mittel- oder langfristiger Art.
    Weiterhin kann nicht genug betont werden, daß die Stabilisierung des Geldwertes bei einem angemessenen und, ich betone, bei einem möglichst stetigen Wachstum der Wirtschaft erfolgen muß und nicht Stagnation, Deflation oder Rezession zur Folge haben darf. Denn nur eine. wachsende Wirtschaft kann die vielen politischen und sozialpolitischen Anforderungen, die bei uns an das Sozialprodukt gestellt werden, erfüllen. Ich betone noch einmal: die Voraussetzung für die Verwirklichung dieses Ziels ist die Gleichmäßigkeit des stabilitätsorientierten Verhaltens aller Gruppen, die im Wirtschaftsablauf Verantwortung tragen.
    Diese Feststellung und gleichzeitig Aufforderung ist nach meiner Meinung besonders wichtig, weil sie endlich das bisherige unerfreuliche SchwarzePeter-Spiel zur Frage der Schuld an der Preisentwicklung beenden könnte.

    (Beifall bei der FDP.)

    Gestern und heute ist unendlich viel gesprochen worden über die Haushaltsmaßnahmen, über den Staat als Wellenbrecher, es ist unendlich viel gesprochen über die monetären Maßnahmen, und über das Verhalten der Sozialpartner ist ebenfalls genügend ausgesagt worden. Weniger angesprochen worden ist etwas, auf das ich hier besonders hinweisen möchte, nämlich daß die Stabilisierungspolitik außenwirtschaftlich abgesichert werden muß. Meine Damen und Herren, die Preissteigerungen des Jahres 1965 sind großenteils die Folge der importierten Inflation, die sich aus dem Jahre 1964 in Frankreich und in Italien ergeben hat. Ich glaube, man sollte auf diesen Punkt der Außenwirtschaft noch ein besonderes Augenmerk lenken. Ich möchte also zu diesen außenwirtschaftlichen Fragen und zu der Investitionstätigkeit etwas sagen, die nach meiner Meinung, zumindest soweit sie die privatwirtschaftlichen Investitionen berührt, zuwenig diskutiert worden ist.
    Zu den außenwirtschaftlichen Fragen! Wir sollten nicht pessimistisch deuten, wir sollten nicht optimistisch denken, wir sollten realistisch und nüchtern die Lage betrachten und daraus unsere Folgerungen ziehen. Die internationale Stellung einer Volkswirtschaft hängt wesentlich davon ab, ob sie zu den Gläubigern oder den Schuldnern der Weltwirtschaft gehört. Bis 1964 zählte die Bundesrepublik zu den Gläubigernationen, und ich meine, sie verdankt auch dieser Tatsache in vieler Hinsicht ihre politische Wiedereingliederung in die freie Welt. Wäre sie zu einem Schuldnerdasein gezwungen gewesen, so hätte sich dieser Prozeß sicher nicht mit so sichtbaren Erfolgen durchgesetzt.
    Nun ensteht bei allen denjenigen, die sich in der Wirtschaft befinden und die Export treiben müssen, die Sorge, es könnte eine Umkehr kommen; ich sage ausdrücklich: die Sorge. Wir sollten in diesen Fragen nicht immer in die Vergangenheit schauen, sondern wir sollten die Zukunft betrachten. Wir könnten nach dem letzten Jahr auf einen Weg geraten, auf dem wir in diese Schuldnerposition gegenüber den anderen Ländern der Welt kämen. Zwar hat die Handelsbilanz im letzten Jahr noch einen geringfügigen Überschuß erbracht. Er reicht aber eben nicht aus, um die internationalen Zahlungsverpflichtungen damit zu erfüllen. Es mußte also auf den Devisenbestand zurückgegriffen werden, und zwar, wie ich meine, sehr heftig. Bereits gegenwärtig benötigt die Bundesrepublik zur Erfüllung ihrer internationalen Verpflichtungen und zur Bezahlung ihrer Dienstleistungen, die sie vom Ausland in Anspruch nimmt, nach den Schätzungen mindestens einen Handelsbilanzüberschuß von ca. 6 Milliarden DM pro Jahr. Dieser notwendige Betrag, dieser Überschuß wird zweifellos in den nächsten Jahren weiter steigen müssen; warum und weshalb, hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft gestern bereits dargelegt.
    Wenn wir aber unserem bisherigen wirtschaftspolitischen Erfolgsrezept treu bleiben wollen — und etwas anderes kommt für die Freien Demokraten nicht in Frage —, müssen wir das Außenhandelsproblem von der Kostenseite her betrachten; denn Löhne sind eben nicht nur Einkommen, sondern auch Kosten. In einem internationalen Währungssystem mit festen Wechselkursrelationen schwächt eine wesentliche Kostenerhöhung die internationale Wettbewerbsstellung der Volkswirtschaft, und sie bewirkt einen Rückgang der Exporte und eine gleichzeitige Zunahme der Importe über das Maß hinaus, das mit Rücksicht auf den notwendigen Außenhandelsüberschuß geboten ist. Deshalb sind die notwendigen Erfolge der Stabilisierungspolitik, über die wir hier gestern und heute gesprochen haben, zugleich auch der Schlüssel für die Wiederherstellung der außenwirtschaftlichen Position der deutschen Wirtschaft.
    Der Sachverständigenrat hat eine Reihe von Zahlen veröffentlicht, die mir sehr zum Nachdenken Anlaß geben. Ich darf — mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten — einige dieser Zahlen nennen.
    Der Sachverständigenrat hat festgestellt, daß sich die Lohnkosten je Produkteinheit in der verarbeitenden Industrie seit 1960 in der Bundesrepublik Deutschland um 18 % erhöht haben, in Belgien um 14 °/o, in Frankreich um 12 %, in Großbritannien um 10 0/o, während sie in den Vereinigten Staaten in diesem Zeitraum um 3 % gesunken sind. Nur in Italien sind — aus den bekannten Gründen — die Lohnkosten stärker als in der Bundesrepublik gestiegen. Aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, in welchem Maße der Kosten- und Preisvorsprung, den die deutsche Wirtschaft in den gesamten, fünfziger Jahren aufwies, in den letzten Jahren verlorengegangen ist. Das ist unsere Sorge, auf die wir aufmerksam machen wollen.
    Zum zweiten Punkt, zur Investitionstätigkeit, wegen der Kürze der Zeit nur folgendes. Im Sachver-



    Dr. Staratzke
    ständigengutachten ist zu den Investitionen viel gesagt worden. Man darf auch wohl annehmen, daß die Sachverständigen die Bedeutung der Investitionstätigkeit für das wirtschaftliche Wachstum voll anerkennen. Es dürfte ihnen daher auch wohl ferngelegen haben, Einschränkungen der Investitionstätigkeit zu fordern, die sich eventuell mit den Erfordernissen einer wachsenden Wirtschaft nicht vertragen. Um so mehr überraschen die Methoden, die zur Investitionsdämpfung vorgeschlagen sind; und hier setzt eine berechtigte Kritik an.
    Zunächst einmal ist festzustellen — es ist bereits in den Ausführungen von Vorrednern angeklungen —, daß die Investitionsentwicklung im Jahre 1966, nicht zuletzt bedingt durch die Kosten-Erlössituation des letzten Jahres, in wesentlich engeren Grenzen liegen wird, als geschätzt wurde. Man spricht heute von 5 bis 5,5 %, während die Sachverständigen noch eine Rate von 8 % angenommen haben.
    Abgesehen davon aber scheint es meinen Fraktionsfreunden und mir verfehlt zu sein, die privatwirtschaftlichen Investitionen im Zeitalter des technischen Fortschritts und bei einem fast permanenten Arbeitskräftemangel an eine bestimmte Zuwachsrate binden zu wollen. Es sei `dabei auf die Erfahrungen in anderen Industrienationen hingewiesen, daß nämlich zur Realisierung des von uns gewünschten Wirtschaftswachstums eine überproportional steigende Investition erforderlich ist. Dies gilt um so mehr, als — wie ich schon ausführte — die nun einmal knappe menschliche Arbeitskraft ganz wesentlich durch Investitionskapital ersetzt werden muß.
    Jeder Praktiker weiß nun, daß das Investitionsgeschehen in der Zeit des technischen Fortschritts und der Automation nicht etwa in homöopathischen Dosen zu verwirklichen ist. Die Umwälzungen und Neuerungen von heute sind so groß, daß die Investitionsplanungen langfristig angelegt sein müssen und daß den Unternehmen in vielen Fällen nur die Entscheidung bleibt, ihr Vorhaben zu verwirklichen und zu vollenden oder den gesamten Investitionsplan von vornherein aufzugeben. Ich möchte deshalb auch an dieser Stelle eine Anmerkung machen, die vielleicht nicht ganz im Sinne der Bundesregierung ist, die aber als Anregung ausgesprochen werden soll: Ich weiß nicht, ob es richtig ist und ob es der Weisheit letzter Schluß ist, die Abschreibungen zum konjunkturpolitischen Instrument zu machen. Hier ist noch einmal das Argument der Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit anzuführen. Wenn überall im Ausland steuerliche Abschreibungen nicht nur im Zeitablauf und im Umfang dem tatsächlichen Kapitalverzehr entsprechen, sondern oft weit darüber hinausreichen, dann darf das Modernisieren und Investieren unserer Wirtschaft nicht bestraft werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir glauben also, daß sich die Investitionstätigkeit zum mindesten in diesem Jahr verringern wird. Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß eine globale Steuerung insbesondere der privatwirtschaftlichen Investitionen einen Rückfall in Praktiken bedeuten würde, die wir nicht mögen. Ich meine, daß eine Steuerung der Investitionen im Rahmen der Kreditpolitik, wie sie betrieben wird, notwendig und richtig ist, wenn es natürlich auch — das soll auch einmal ausgesprochen werden — bei dieser Kreditpolitik Auswirkungen gibt, die man lieber vermeiden möchte. Denn leider ist es so, daß Kreditrestriktionen diejenigen Wirtschaftsbereiche am härtesten treffen, deren Existenz und deren gedeihliche Fortentwicklung von der regelmäßigen Kreditversorgung besonders abhängen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Das gilt insbesondere für den gesamten Mittelstand.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu einem letzten Punkt, der, glaube ich, in der Debatte überhaupt noch nicht angesprochen worden ist, einiges ausführen: das ist der Strukturwandel. Ich meine, hier sollte eine Klarstellung erfolgen. Die Feststellung, daß die Produktivität, die Leistungssteigerung unserer Wirtschaft und damit ihre Widerstandsfähigkeit gegen Preiserhöhungstendenzen durch strukturelle Maßnahmen in einer Volkswirtschaft gestärkt werden kann, ist ohne weiteres zu akzeptieren. Vielfach wird jedoch, so meine ich, die Auffassung vertreten, der Strukturwandel solle möglichst zugunsten derjenigen Wirtschaftsbereiche vonstatten gehen, deren Ertragslage besonders günstig ist, mit anderen Worten: es solle Aufgabe der Strukturpolitik sein, die rentablen Wirtschaftsbereiche auf Kosten der weniger rentablen zu begünstigen. Nun ist die Rentabilität eines Unternehmens eine außerordentlich wichtige Meßziffer für den Leistungsvergleich mit seinen Konkurrenten auf einem Wettbewerbsmarkt. Sie ist zunächst ein privatwirtschaftliches, ein betriebswirtschaftliches Leistungskriterium. Für die Volkswirtschaft insgesamt gelten nach meiner Meinung aber andere Maßstäbe. Ob die Wirtschafts- und Industriestruktur eines Landes optimal ist, hängt ganz wesentlich davon ab, wie hoch ihre volkswirtschaftliche Produktivität ist. Zwar gibt es zwischen der Produktivität eines Wirtschaftszweiges und der Rentabilität seiner Unternehmen Zusammenhänge, aber leider sind die produktivsten Wirtschaftszweige nicht zugleich die rentabelsten. Inwieweit das eine oder das andere zutrifft, hängt nämlich ganz davon ab, wie intensiv der Wettbewerb - den wir bejahen — für die einzelnen Wirtschaftsbereiche ist. Da wir aber den Wettbewerb bejahen - ich betone das noch einmal —, müssen wir auch in Kauf nehmen, daß er das Leistungsgefälle unserer Wirtschaft bestimmt. Daraus ergibt sich, daß eine Strukturpolitik, die sich zum Ziel macht, Wirtschaftsbereiche zu begünstigen, die besonders rentabel sind, und andere, weniger rentable zu diskreditieren, zu schädlichen Ergebnissen führen würde.
    Ich betone diesen Punkt deshalb, meine Damen und Herren, weil die Gutachter sich in dieser Hinsicht nicht hinreichend deutlich ausgesprochen haben. Sie sprechen nämlich von der Wanderung der Produktionsfaktoren in Richtung ihrer höchsten Erträge, ohne den Ertragsbegriff im Sinne der volks-



    Dr. Staratzke
    wirtschaftlichen Produktivität und nicht der privatwirtschaftlichen Rentabilität zu präzisieren.
    Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Stabilisierungspolitik muß im ganzen gemacht werden und ohne quantitative Rechnungen und Zielsetzungen. Dafür aber so schnell wie möglich. Wir brauchen dazu ein konjunkturpolitisches Mindestinstrumentarium, und wir brauchen ein Programm — wenn Sie so wollen — von Maßnahmen, die aber auch variabel sein müssen. Selbstverständlich werden immer Widerstände gegen diese Stabilisierungspolitik sein; denn jede Medaille hat auch eine Kehrseite. Sie verspricht daher nur Erfolg, wenn sie in gleicher Zeit in gleiche Richtung mit möglichst allgemeiner Wirkung zielt.
    Zweitens. Die gegenwärtigen Verhältnisse auf dem außerwirtschaftlichen Gebiet — so deutete ich an- — zeigen, wie notwendig die langfristige Sicherung des erforderlichen Außenhandelsüberschusses ist. Der Anstoß für eine dauerhafte Besserstellung der deutschen Wirtschaft im Außenhandel muß von den Kosten her kommen. Diese aber hängen entscheidend und in zunehmendem Maße von unserer Lohnentwicklung ab.
    Drittens. Die Investitionstätigkeit eignet sich aus vielerlei Gründen wenig zur konjunkturpolitischen Beeinflussung, so ist unsere Meinung. Nicht nur die längerfristigen Gesichtspunkte des wirtschaftlichen Wachstums und der Produktivität, sondern die erheblichen kurzfristigen Schwankungen dieser Investitionstätigkeit verhindern ihre konjunkturelle Beeinflussung.
    Viertens das, was ich zum Strukturwandel ausführte. Der Strukturwandel, dem eine dynamische Wirtschaft ständig ausgesetzt ist, enthält Produktivitätsreserven. Die Strukturpolitik kann aber nur dann sinnvolle Ergebnisse bringen, wenn sie sich von Maßstäben der volkswirtschaftlichen Produktivität leiten läßt.

    (Beifall bei den Regierungnsparteien.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Berlin).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johannes Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich einige Ausführungen über das vierte Kapitel „Wachstum und Strukturwandel" machen. Hier gibt es sehr wertvolle Feststellungen und Anregungen der Gutachter im Hinblick auf die weitere Entwicklung, Feststellungen und Anregungen, die in der Debatte überhaupt nicht beachtet wurden, die aber Beachtung verdienen. Ich will wegen der vorgerückten Zeit darauf verzichten, darüber noch Ausführungen zu machen. Ich hoffe, bei späteren Gelegenheiten in dem einen oder anderen Fall darauf zurückkommen zu können.
    Nun sind aber im Verlauf der Debatte Äußerungen gefallen, die nicht unwidersprochen bleiben können. Ich möchte mich darauf beschränken, dazu einige Bermerkungen zu machen; auf alles will ich also nicht eingehen. Es ist schade, daß Herr Kollege
    Leber im Augenblick nicht hier ist. Ungeachtet dessen möchte ich folgendes sagen. Herr Kollege Leber hat gestern unter dem Beifall seiner Fraktion darauf hingewiesen, daß die Bundesrepublik Deutschland in der zurückliegenden Zeit im Vergleich mit anderen vergleichbaren Industriestaaten die wenigsten Arbeitskämpfe zu verzeichnen hatte. Eigentlich danken wir für diese Bestätigung. Das ist nämlich nach unserer Meinung das Ergebnis der von uns vertretenen Auffassung von der Sozialpartnerschaft,

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    die vor Jahren noch — und zwar nicht nur von einigen Gewerkschaftsführern, sondern auch von Sozialdemokraten — als „Sozialromantik" hingestellt worden ist. Ich möchte hier nur feststellen, daß die Sozialpartnerschaft, die sich durchaus bewährt hat und die heute Ihre Anerkennung findet, keine Erfindung der SPD, sondern unser Ideengut ist, das jetzt erst durch Sie seine Bestätigung findet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Leider gibt es aber auch heute noch gewerkschaftliche Äußerungen, in denen die Tarifautonomie und die Sozialpartnerschaft als Verdummung der Arbeiterschaft hingestellt werden. Damit meine ich nicht unseren Kollegen Leber, sondern einige, die Ihnen sicherlich zu gut bekannt sind, wenn Sie die Gewerkschaftspresse daraufhin einmal untersuchen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Herr Kollege Leber glaubte auch gestern feststellen zu müssen, daß die Bundesregierung und die Koalitionsparteien den Gewerkschaften die Schuld an den Preissteigerungen in die Schuhe schieben wollten. Dem muß entschieden widersprochen werden. Was von seiten der Bundesregierung dazu zu sagen war und zu sagen ist, hat der Herr Bundeskanzler hier selber ausgeführt. Was soll aber jene von dem Herrn Kollegen Leber in diesem Zusammenhang geäußerte Warnung davor, Mißtrauen gegen Arbeitnehmer und Gewerkschaften zu säen, da dies eines Tages in ein Mißtrauen gegen den demokratischen Staat umschlagen könnte? Das ist eine gefährliche These, die von uns zurückgewiesen werden muß, weil sie einfach der Erfahrung widerspricht und weil sie durch die Vergangenheit längst Lügen gestraft worden ist. Es gibt nämlich keine stärkeren Verfechter beispielsweise der Tarifautonomie — unter solchem Aspekt muß man sie nur sehen — als gerade die Mehrheitsfraktion, die CDU/CSU. Das können Sie nicht in Zweifel ziehen, und das kann diese Fraktion nicht in Zweifel ziehen lassen, denn sie war stets davon überzeugt, daß die deutschen Arbeiter und Angestellten mündig, vollgültige und verantwortungsbewußte Staatsbürger sind. Bisher ist jeder Versuch, eine Zwangsschlichtung einzuführen, an der Haltung dieser Mehrheitsfraktion, nämlich der CDU/CSU-Fraktion, gescheitert. Daraus können Sie schlüssig folgern, daß wir großes Vertrauen zu den Sozialpartnern haben und daß wir keineswegs etwa einer solchen These das Wort reden können, daß hier Mißtrauen gesät würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Müller (Berlin)

    Im übrigen sind die Arbeitnehmer, auch die organisierten Arbeitnehmer, häufig vernünftiger und stehen diesem Staat positiver gegenüber als — ich möchte auch hier den Kollegen Leber ausnehmen — mancher Gewerkschaftsfunktionär. Das sage ich aus meiner eigenen Erfahrung.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Lassen Sie mich zum Schluß noch eine persönliche Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Leber machen. Sollte seine Bemerkung, wir sollten uns mehr dafür einsetzen, daß tarifvertragliche Vereinbarungen über vermögenswirksame Leistungen abgeschlossen werden, etwa so verstanden werden, daß wir engere und vielleicht bessere Beziehungen zu den Arbeitgeberverbänden hätten, dann darf ich von dieser Stelle aus feststellen, daß wir sowohl den Gewerkschaften als auch den Arbeitgeberverbänden gegenüber unabhängig sind und versuchen, zu allen gute Beziehungen zu pflegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist nämlich der echte Sinn einer Sozialpartnerschaft. Wir haben mit Absicht ein 312-DM-Gesetz geschaffen, das es gerade den Sozialpartnern überlassen soll, diese Frage besser als in der Vergangenheit zu lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)