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    Deutscher Bundestag 22. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1966 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 903 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Zwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/270, V/318) 903 A Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen über die Verordnung über Änderung von Zollkontingenten für das Kalenderjahr 1965 (Drucksachen V/269, V/319) . . . 903 B Fragestunde (Drucksachen V/301, V/303) Fragen des Abg. Bartsch: Genehmigung der Tariferhöhungen der Deutschen Bundesbahn und ihre Folgen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 903 C Bartsch (SPD) 904 A Fellermaier (SPD) 904 B Brück (Holz) (SPD) 904 C Westphal (SPD) 904 D Strohmayr (SPD) 905 A Börner (SPD) 905 C Fragen des Abg. Schonhofen: Ausbau der B 482 zwischen Lande und Neesen (Lkr Minden) — Ortsdurchfahrt der B 482 in Leteln (Lkr Minden) — Ausbau der Bundesstraßen im Bereich der Landkreise Lübbecke und Minden 905 C Frage des Abg. Dr. Apel: Margentarifsystem im Güterverkehr — Einführung von Referenztarifen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 A Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 906 A Frage des Abg. Dr. Apel: Vertiefung der Unterelbe auf 12 m Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 C Dr. Apel (SPD) . . . . . . . . 906 C Frage des Abg. Dröscher: Zusammenlegung der Bahnhöfe Bingen und Bingerbrück Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 906 D Fragen des Abg. Felder: Telefon- und Schreibdienst in den FD-und TEE-Zügen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 907 A Felder (SPD) . . . . . . . . . 907 B Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . . . 907 C Fragen des Abg. Löbbert: Auswirkungen von Zechenstillegungen Schmücker, Bundesminister . . . . 908 A Löbbert (SPD) . . . . . . . . 908 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 Fragen des Abg. Faller: Strompreise in Baden-Württemberg bei Verwendung von 50 % Steinkohle bei der Stromerzeugung 909 A Frage des Abg. Schlager: Nichtbeteiligung des Deutschen Beamtenbundes am Wirtschafts- und Verbraucherausschuß des WarentestInstituts Schmücker, Bundesminister . . . 909 C Wagner (CDU/CSU) 909 D Frage des Abg. Reichmann: Mehrkosten durch Einführung der Vierzigstundenwoche Schmücker, Bundesminister . . . . 910 A Reichmann (FDP) . . . . 910 B, 911 A Dr. Rinderspacher (SPD) 910 C Logemann (FDP) 910 D Frage des Abg. Dr. Eppler: Gutschrift von Postanweisungen auf Postscheckkonten 911 A Fragen des Abg. Hofmann (Kronach) : Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen im Zonenrandgebiet Stücklen, Bundesminister . . . . 911 B Hofmann (Kronach) (SPD) . . . . 911 D Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Fahrbare Sendeanlagen zum Ausgleich fehlender stationärer Sender Stücklen, Bundesminister . . . . 911 D Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . . 912 A Frage des Abg. Strohmayr: Briefporto-Erhöhung Stücklen, Bundesminister . . . 912 B Strohmayr (SPD) 912 B Cramer (SPD) 912 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 913 A Dr. Müller (München) (SPD) . • 913 C Büttner (SPD) 914 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . 914 A, 915 A Killat (SPD) 914 B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 915 A Ott (CDU/CSU) 915 B Fragen der Abg. Frau Herklotz: Unterschiedliche Fahrpreise bei der Kraftpost und bei Buslinien privater Unternehmen Stücklen, Bundesminister 915 C, 916 A Frau Herklotz (SPD) 915 D Fragen des Abg. Kuntscher: Übernahme privater Verkehrsgesellschaften durch die Deutsche Bundespost Stücklen, Bundesminister . . . 916 B Kuntscher (CDU/CSU) 916 C Frage des Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Rückwirkende Nachforderung erhöhter Fernsprechgrundgebühren Stücklen, Bundesminister . . . . 916 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 917 A Fortsetzung der Beratung des Zweiten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gutachten (Drucksachen V/123, V/127) Dr. Luda (CDU/CSU) 917 C Frau Dr. Krips (SPD) 924 C Opitz (FDP) 927 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 928 C Fritz (Welzheim) (CDU/CSU) . . . 935 D Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 937 B Dr. Staratzke (FDP) 941 C Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 944 B Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 945 B Dr. Schiller (SPD) 947 C Schoettle, Vizepräsident 952 C Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 952 D Budde (CDU/CSU) 956 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) 960 A Dr. Friderichs (FDP) 964 B Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 968 C Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke (CDU/CSU) 968 C Kurlbaum (SPD) 972 B Schmücker, Bundesminister . . . 974 C Nächste Sitzung 979 Anlagen 981 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 903 22. Sitzung Bonn, den 17. Februar 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner * 18. 2. Frau Albertz 18. 2. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 18. 2. Bading 7. 3. Dr. Barzel 19. 2. Bauer (Wasserburg) 18.2. Prinz von Bayern 23. 2. Dr. Becher (Pullach) 18. 2. Frau Berger-Heise 18. 2. Benda 4. 3. Berkhan 12. 3. Berlin 18. 2. Frau Brauksiepe 17. 2. Burger 10. 4. Dichgans * 17. 2. Dr. Dittrich * 18. 2. Dröscher * 17. 2. Eisenmann 18. 2. Frau Dr. Elsner * 18. 2. Dr. Eppler 12. 3. Erler 4. 3. Faller 6. 3. Figgen 28. 2. Flämig ** 18. 2. Fritz (Wiesbaden) 31. 3. Gibbert 18. 2. Graaff 18. 2. Hamacher 18. 2. Dr. h. c. Jaksch 18. 2. Josten 19. 2. Frau Kalinke 18. 2. Kiep 18. 2. Klein 5. 3. Frau Krappe 28. 2. Kriedemann * 18. 2. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 2. Liedtke 8. 3. Dr. Löhr 18. 2. Michels 19. 2. Dr. Miessner 12. 3. Missbach 18. 2. Dr. Morgenstern 18. 2. Müller (Aachen-Land) * 18. 2. Pöhler 18. 2. Frau Renger 18. 2. Dr. Ritgen 18. 2. Russe (Bochum) 18. 2. Frau Schroeder (Detmold) 18. 2. Schultz 17. 2. Dr.-Ing. Seebohm 11. 3. Spitzmüller 18. 2. Struve 18. 2. Urban 18. 2. Dr. Wilhelmi 18. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wullenhaupt 17. 2. Zerbe 5. 3. Zoglmann 17. 2. b) Urlaubsanträge Frhr. von und zu Guttenberg 5. 3. Dr. Schulz (Berlin) 11. 3. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Bucher vom 16. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache V/251 Fragen XIV/1 und XIV/2) : Worauf stützt sich die Feststellung des Bundeswohnungsbauministers vom 24. Januar 1966 anläßlich der Internationalen Möbelmesse in Köln, daß das Wohnungsdefizit „zur Zeit nur noch 200 000 Wohnungen" beträgt? Hat die Bundesregierung eine Vorstellung über die ungefähre Anzahl der Kündigungen von Wohnungsmietverhältnissen, die im Zuge der Abbaugesetzgebung erfolgt sind? Zur Frage XIV/1: Bei den von mir genannten 200 000 Wohnungen handelt es sich um eine Vorschätzung des rechnerischen Wohnungsdefizits für Ende 1965. Die Ergebnisse der amtlichen Berechnungen können erst bekanntgegeben werden, wenn die kreisweisen Wohnungsbestands- und Bevölkerungszahlen für den 31. Dezember 1965 vorliegen und die Defizitberechnungen aufgrund der Abbaugesetzgebung in den einzelnen Bundesländern durchgeführt worden sind. Zur Frage XIV/2: Über die Kündigungen in den „weißen Kreisen" gibt es keine amtlichen Erhebungen. Die Zahl der Kündigungen hat schon deshalb keinen entscheidenden Aussagewert, weil keineswegs feststeht, ob eine Kündigung in jedem Falle zum Verlust der Wohnung führt. Häufig einigen sich die Mietvertragsparteien - gegebenenfalls nach einer Änderung der Verrtagsbedingungen - über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses. In vielen Fällen widersprechen die Mieter der Kündigung und erreichen durch gerichtliche Entscheidung eine Verlängerung des Mietverhältnisses oder eine vergleichsweise Regelung. Ein gewisses Indiz für die Wohnungsmarktsituation könnte allenfalls die Zahl der Räumungsklagen sein, obwohl auch hier noch ein Prozeßabschluß durch Vergleich erfahrungsgemäß eine große Rolle spielt und die Gerichte darüber hinaus Härten durch die Zubilligung von Räumungsfristen bis zu einem Jahr ausschließen können. Eine Aussage darüber, in wie vielen Fällen Räumungsklagen in den „weißen Kreisen" zum Verlust der Wohnung geführt haben, kann zur Zeit noch nicht gemacht werden. Das wird erst im Frühjahr 1966 möglich sein, wenn die Berichte der Landesjustizverwaltungen über die Räumungsklagen 982 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 und deren Erledigung ausgewertet sind. Die Landesjustizverwaltungen berichten für die Dauer von 3 Jahren halbjährlich; der erste Berichtszeitraum umfaßte die Zeit vom 1. 1. bis zum 30. 6. 1965. Eine Gegenüberstellung mit der Zahl der Räumungsklagen und deren Erledigung im zweiten Halbjahr 1965 wird erstmalig eine Aussage darüber zulassen, in welchem Ausmaß die Kündigungen von Vermietern in den „weißen Kreisen" zur Beendigung von Mietverhältnissen über Wohnraum geführt haben. Bereits früher haben die Landesjustizverwaltungen Erhebungen über die Zahl der Mietaufhebungs- und Räumungsklagen in den bereits seit dem 1. 11. 1963 „weißen Kreisen" in der Zeit vom 1. 11. 1962 bis zum 30. 4. 1963 (also vor der erstmaligen Mietpreisfreigabe) und die entsprechende Zahl im Zeitraum vom 1. 11. 1964 bis zum 30. 4. 1965 durchgeführt. Die Ergebnisse ihrer Erhebungen haben mir die Justizverwaltungen von 6 Ländern zugänglich gemacht. Für die Beurteilung der Auswirkungen des Abbaues der Wohnungszwangswirtschaft hat diese Erhebung jedoch nur einen bedingten Aussagewert, weil in ihr die alten, aufgrund des Mieterschutzgesetzes noch anhängigen Mietaufhebungsklagen, nicht ausgeklammert waren und deshalb die Zahl der auf Kündigungen beruhenden Räumungsklagen nicht erkennbar ist. Immerhin läßt sich aber aus dieser Gegenüberstellung ersehen, daß von einer ins Gewicht fallenden Zunahme der Räumungsklagen nicht die Rede sein kann, gerade weil ein Teil dieser Klagen noch auf die Zeit zurückgeht, in der der Kreis „schwarz" war. Diese Gegenüberstellung ist in der Anlage beigefügt. Räumungsklagen in den weißen Kreisen Räumungsklagen Räumungsklagen Zunahme Bemerkungen in der Zeit in der Zeit Abnahme vom 1. 11. 1962 vom 1. 11. 1962 bis 30.4. 1963 bis 30.4. 1963 Baden-Württemberg 1 977 2 220 + 12,3 % Geringe Zunahmen in Gebieten mit kleinstädtischländlichem Charakter, stärkere Zunahme in größeren und mittelgroßen Städten Bayern 2 080 2 272 + 9,2 % Im OLG-Bezirk Nürnberg ist eine Abnahme festzustellen. Nicht unerheblich ist die Zunahme in Fremdenverkehrs- und Kurorten (z. B. Immenstadt, Sonthofen, Bad Kissingen) Niedersachsen 766 857 +11,9 % Die Entwicklung ist in den einzelnen Gerichtsbezirken sehr unterschiedlich. Die stärkste Zunahme hat Helmstedt (24 : 59), die stärkste Abnahme haben Wolfenbüttel (93 : 75) und Delmenhorst (104 : 86). Nordrhein-Westfalen 6 412 7 730 +20,56 % Erheblich ist die Zunahme in folgenden Städten: Solingen (152 : 387) Hattingen (68 : 137) Witten (84 : 147) Schwelm (127 : 197) Wattenscheid (111 : 171) Hamm (68 : 103) Gladbeck (84 : 123) Recklinghausen (278 : 406) Herford (109 : 151) Hagen (245 : 333) Gelsenkirchen (499 : 647) Dortmund (826 : 935) Rheinland-Pfalz 1 562 1 788 + 14,5 % Im OLG-Bezirk Koblenz ist die Zunahme gering (858 : 886), stärker ist sie im OLG-Bezirk Zweibrücken (704 : 902). Saarland 704 552 —21,6 % Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 22. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Februar 1966 983 Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Scheel vom 16. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Diebäcker (Drucksache V/251 Frage XVII/5) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die ärztliche Versorgung der Deutschen in Afghanistan, insbesondere in der Hauptstadt Kabul - es handelt sich um rd. 800 Deutsche, darunter viele Frauen und Kinder — sicherzustellen, vor allem angesichts der Tatsache, daß es sich hier um ein Land handelt, dessen Bewohner im starken Maße von Infektionskrankheiten wie Pocken, Typhus, Cholera und ansteckender Gelbsucht heimgesucht werden? Die Bundesregierung beabsichtigt, es einem deutschen Arzt durch geeignete Bundeshilfen zu ermöglichen, eine ärztliche Praxis in Kabul zur ärztlichen Versorgung der dortigen Deutschen und auf entsprechenden Wunsch der WHO hin auch der dortigen UNO-Angehörigen aufzunehmen. Dem Arzt soll zu diesem Zwecke auf Bundeskosten eine komplette Praxisausstattung gegen eine angemessene Miete zur Verfügung gestellt werden. Er soll auch einen Pauschalvertrag zur Behandlung der in Kabul helfenden Angehörigen des Deutschen Entwicklungsdienstes erhalten. Die Bundesregierung beabsichtigt weiter, die Umbaukosten für ein geeignetes Gebäude für die Praxis nebst einem kleinen Krankenrevier zu übernehmen. Die erforderlichen Maßnahmen zur Entsendung des Arztes sind in die Wege geleitet. Das Vorhaben hat sich verzögert, weil erst jetzt über das Petitum des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und anderer Bundesressorts innerhalb der Bundesregierung Übereinstimmung erzielt werden konnte.
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    Herr Kollege Wehner, wenn in dieser Debatte kabarettistische Einlagen geleistet worden sind, dann nicht von mir; das ist vorher gemacht worden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Jetzt haben Sie es nachgeholt!)

    Ich möchte jedenfalls mehr darüber hören, welches die Einkommen mit hoher Konsumquote sind, die eine Sparförderung verdienen.
    Dann geht es weiter: Stabilisierungsaktion ohne Stagnation. Ja, meine Damen und Herren, das will auch ich; davon können Sie überzeugt sein. Ich glaube aber nicht, daß das ein Bekenntnis zu einem quantitativen Ziel voraussetzt. Jeder Volkswirt kennt die Schwierigkeit: Ausweitung einer Volkswirtschaft, Steigerung des Wachstums, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Preisstabilität. Die Dinge werden noch neuralgischer, wenn Sie die dritte Komponente, das außenwirtschaftliche Gleichgewicht mit in Rechnung stellen. Ich bin schon der Meinung, daß die Stabilisierungsaktion ohne Stagnation vor sich gehen soll. Aber wenn das nicht nur so dahingesprochen sein soll, beinhaltet es eine Fülle schwerwiegender Probleme. Man



    Bundeskanzler Dr. Dr. h. c. Erhard
    sollte hier nicht den Eindruck erwecken, als ob man durch eine bloße Aussage schon etwas heilen könnte.

    (Beifall in der Mitte.)

    Jedenfalls haben wir an diese Dinge auch gedacht.

    (Zuruf von der SPD: Gedacht!)

    Das Kernstück — ich sage es noch einmal — ist bei Ihnen also der stufenweise Abbau der Preissteigerungen. Dazu sagten Sie, die Antwort stehe aus, die Regierung solle sich dazu äußern, ob sie zu dem stufenweisen Abbau der Preissteigerungen bereit sei. Ich sage ganz deutlich; die Regierung ist bereit, alles zu tun, um zu einem Abbau der nach aufwärts gerichteten Preistendenz beizutragen, aber die Regierung ist nicht bereit, den Vorschlag des Sachverständigengutachtens als das alleinige Mittel hierzu anzuerkennen.
    Der Rat sagt — und damit komme ich auf Ihren Einwand —, daß der Staat Vorleistungen erbringen und mit gutem Beispiel vorangehen müsse. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden; aber ich glaube, damit sind wir alle angesprochen.
    Darf ich aber noch etwas sagen. Es bestehen meines Erachtens grundlegende Unterschiede in der Ausgabengebarung der öffentlichen Haushalte und der Einkommensverwendung der Privaten. Das gilt für Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen, und zwar unabhängig davon, ob rouge oder noir, wie Sie das gestern so schön bezeichnet haben. Das ist eine Frage, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben. Die Ausgaben des öffentlichen Haushalts betreffen ja nicht nur, möchte ich sagen, die eigenen Ausgaben, die Finanzausgaben des Staates. Sie setzen sich zusammen aus Einkommensumlagerungen und schließlich auch aus der Notwendigkeit zu Investitionen. Das wird sich gerade im Hinblick auf die Gemeinschaftsausgaben in Zukunft noch sehr viel deutlicher ausprägen. Ich kann also die Ausgaben der öffentlichen Haushalte und die Anforderungen, die an sie gestellt werden, nicht ohne weiteres als etwas qualitativ Gleichwertiges in Verbindung setzen mit den Einkommensanforderungen und den Ausgaben der Privaten in unserer Volkswirtschaft, gleich, ob es sich um Unternehmer, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer handelt. Das sind grundlegende Unterschiede. Sie können es bei Ihren Kollegen in den Ländern und in den Kommunen erfahren, wie sehr unterschiedlich die Dinge sind, — was nicht besagt, daß wir kein gutes Beispiel zu geben hätten. Im Gegenteil soll uns die Anklage eine ständige Mahnung sein, wenn diese gravierenden Unterschiede auch nicht zu verkennen sind. Ich glaube, daß Ihre ganze Fragestellung nach der Sexte oder der Quart an dem Problem vorbeigeht. Unsere ganze Diskussion hat sich meines Erachtens zu sehr auf diese Fragestellung zugespitzt, so als ob es nur diese beiden Lösungen gebe, die 6 oder die 4. Das ist doch blanker Unsinn, um es einmal deutlich zu sagen. Das sind Beispiele, das sind Modelle, die gesetzt worden sind, aber das ist doch nicht die lebendige Wirklichkeit. Wollen Sie etwa den Gewerkschaften sagen: Sie stehen vor der Entscheidung „6 oder 4"? Oder soll ich eine solche Empfehlung geben? Ich denke nicht daran, abgesehen davon, daß ich überhaupt keine Empfehlung gebe; denn ich möchte die Freiheit der Tarifpartner erhalten.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Leber: Sind Sie sich bewußt, daß Sie schon eingegriffen haben, wenn Sie überhaupt eine Zahl nennen, wie das geschehen ist? Das wird doch so aufgefaßt!)

    Die einzig richtige Zahl, die man mit Sicherheit benennen kann — und nicht einmal das in absoluter Weise —, ist der voraussichtliche Produktivitätszuwachs im Jahre 1966.

    (Abg. Leber: Ist das der alleinige Maßstab für alles übrige?)

    — Nein, das ist nicht der alleinige Maßstab. Das weiß ich auch genau.

    (Abg. Leber: Warum nennen Sie ihn dann?)

    Immerhin hat auch das Sachverständigengutachten im Grunde genommen den Produktivitätszuwachs als Maßstab gesetzt

    (Abg. Leber: Als einen Maßstab unter anderen!)

    und die Quote des Rückgangs der Preissteigerung doch nur als ein zusätzliches Element betrachtet. Ich habe noch in keinem wissenschaftlichen Gutachten so deutlich gelesen, daß der eigentliche Maßstab der Einkommenssteigerung der Produktivitätszuwachs sei. Im übrigen ist es eine blanke Illusion, anzunehmen, daß man nun alle Ausgaben — seien es die Ausgaben der öffentlichen Hand, seien es die privaten Investitionen oder die öffentlicher Art oder der Konsum — auf eine gemeinsame rechnerische Formel bringen könnte. Das ist auch etwas, was mich an diesem Gutachten stört, daß so getan wird, als ob man von der Aussage ausgehen könnte, im Jahre 1965 waren die Dinge ausgewogen, und so möge es bleiben. Ich sage Ihnen, es ist in einer freien Wirtschaft völlig ausgeschlossen, die Investitionen offizieller oder privater Art, die Gewinne oder die Löhne oder die Preise in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander halten zu wollen. Das ist mit der Wirklichkeit einfach nicht in Einklang zu bringen.
    Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, wie ernst die Dinge sind. Ich gehe wirklich ungern auf die hier angeschlagenen polemischen Töne ein. Aber ich kann doch nicht anders als Antwort geben, um den Schaum wegzuwischen, um auf die Wirklichkeit unseres Lebens zu kommen.
    Wir werden also, wie Sie so schön sagen, unser Spiel machen, und ich kann Sie nicht hindern, Ihr Spielchen weiter zu treiben. Aber wir sollten uns dabei verständigen wollen und, ich glaube, auch verständigen können. Keine Aussage, die ich hier geleistet habe, ist unversöhnlich gemeint, sondern es ist die Antwort, die ich zu geben habe. Die Frage, ob ich jetzt etwa à la baisse spekuliere, à la baisse eingestellt sei, kommt mir, muß ich sagen, etwas grotesk vor. Ausgerechnet ich, der ich die deutsche Wirtschaft fast mit Gewalt in die Expansion hineingetrieben habe, solange die Bedingungen, die Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Welt-



    Bundeskanzler Dr. Dr. h. c. Erhard
    markt, in der Ausschöpfung neu entstandener Kapazitäten, moderner Techniken gegeben waren, ich und
    à la baisse — das ist ein Widerspruch in sich selbst.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wenn Sie fragen, ob ich denn auch die Stabilisierung zur Deflation treiben möchte, dann sage ich Ihnen, daß ich das bestimmt nicht beabsichtige. Ich bin aber auch nicht der Meinung — um jetzt wieder in Ziffern zu sprechen —, mit 6 % gäbe es keine Deflation und mit 4 % müsse es unter allen Umständen eine Deflation geben. Wie wollen Sie denn das beweisen? Schauen Sie doch zum Beispiel nach Großbritannien und fragen Sie den britischen Premierminister Wilson, ob er bereit ist, 4 % oder 6 % zu geben. Der wird so wenig wie möglich geben wollen, um die Stabilität zu erhalten, — und das ist eine richtige Politik. Die sollten auch wir treiben und nicht mit „heiligen" Zahlen operieren. Wenn ich also gefragt werde, ob ich die Stabilisierungspolitik bis zur Deflation hin treiben wollte, dann lautet die Antwort: Das ist vollendeter Unsinn. Schon die Fragestellung ist vollendeter Unsinn, weil sie voraussetzt: eine bestimmte Zahl verbürgt die Stabilität, hier beginnt die Inflation, doch dort beginnt die Deflation. So liegen die Dinge nun wirklich nicht. Ich bin auch nicht der Meinung, daß man aus Angst vor einer Rezession glaubt, man müsse vorsorglich oder gar unter allen Umständen einen inflationistischen Kurs steuern. Hierbei geht es schon um eine Art Gratwanderung; d. h. es gilt, das gesunde Mittelmaß zu halten und das Instrumentarium der Konjunktur- und der Wirtschaftspolitik so anzuwenden, daß man auf alle Ereignisse, auf alle Wendungen und Wandlungen im nationalen Raum, seien sie wirtschafts- oder gesellschaftspolitischer Art, oder auf das, was von außen an uns herankommt, möglichst schnell und reagibel anworten kann. Das ist die Kunst der Wirtschaftspolitik, das ist die Regierungskunst und die Führungskunst, und nicht die Festlegung auf schematische magische Zahlen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich kenne ja dieses sozialistische Trauma vom Wachstumsfanatismus. Auch ich möchte Wachsturn haben, gesundes Wachstum, Expansion so weit
    als möglich, aber immer unter Einhaltung der besagten Grenze. Aber Wachstum um des Wachstums willen, ohne Rücksicht auf das, was daraus folgt, lehne ich mit aller Entschiedenheit ab. Um es klar zu sagen: Wenn ich die Möglichkeit hätte, für das Jahr 1966 die Politik so zu steuern, daß wir weniger Wachstum, aber mehr Stabilität haben, dann wäre mir das sehr viel lieber als mehr Wachstum bei steigenden Preisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Dann kommt in dem Gutachten:

    Die im Jahre 1965 erreichte Relation zwischen
    Lohn und Gewinn ... soll gehalten werden.


Rede von Dr. Carlo Schmid
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    Ich habe darauf geantwortet. — Aber Sie brauchen z. B. nur die Statistik über das Steueraufkommen der verschiedensten Kategorien zu Hand zu nehmen. Betrachten Sie die Schwankungen in der Investitionstätigkeit, in den Kapitalaufnahmen im Ausland, dann werden Sie ganz deutlich finden, daß man solche Relationen einfach nicht starr halten kann. Man kann sie sich vorstellen als ein erstrebenswertes Ziel. Natürlich folgt jede Wirtschaftspolitik bestimmten Vorstellungen, aber nicht im Sinne einer erstarrten Festlegung auf irgendwelche feststehenden Zahlen oder Begriffe.