Rede von
Dr.
Manfred
Luda
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das ist Führungskunst, meine Damen und Herren.
Herr Bundeskanzler Erhard, ich erlaube mir, Ihnen zu sagen: Das sind die besten Pädagogen, die anderen Leuten etwas beibringen, ohne daß die es selbst merken.
Der Herr Bundeskanzler hat ja wirtschaftspolitisch nicht viel Ahnung, aber ab und zu gelingt ihm doch ein Volltreffer.
Ziffer 5 der ersten Maßnahme einer sozialdemokratischen Bundesregierung, so wie Sie sie am 14. September verkündet haben, Herr Abgeordneter Schiller, besagt wörtlich: „Überprüfung aller Pläne, öffentlich beeinflußte Preise zu erhöhen." Zusätzlich heißt es wörtlich: „Wir werden die öffentlich beeinflußten Preise und Tarife an den kurzen Zügel nehmen." In diesem Zusammenhang stelle ich nochmals dankbar fest, daß Herr Brandt in dem Interview in der „Welt am Sonntag" ausdrücklich gesagt hat, die Preise bei Bahn und Post müssen erhöht werden, soweit sie keine kostendeckenden Preise sind. Ich bin dankbar, daß auch Herr Kollege Schiller gestern dasselbe gesagt hat. Ich meinerseits sage auch in diesem Zusammenhang: Junge, ich habe Leute sich ändern gesehen, das war wunderschön; denn für die SPD ist es eine Revolution, heute so etwas zu sagen, was wir schon seit eh und je gesagt haben.
Ich möchte abschließen und zu den Preisprognosen, die Herr Kollege Schiller am Schluß hier vorgetragen hat, doch noch das eine sagen. Wir müssen den Ernst der Lage auf dem Gebiet der Konjunkturpolitik anerkennen
und dürfen nicht versuchen, da irgend etwas zu bagatellisieren. Aber wir wenden uns auch gegen Versuche einer Dramatisierung. Herr Kollege Schiller hat im Wahlkampf — und das nehme ich Ihnen übel, Herr Kollege Schiller — den Leuten erzählt, wir hätten 1965 einen Preisaufstieg von 5'°/o in den Lebenshaltungskosten. Meine Damen und Herren, mit solcher Rederei kann wahrlich die Währung gefährdet werden; denn das hat ja den Tatsachen in keiner Weise entsprochen. Ich gehe jetzt von der Kaufkraft des Lohnes aus: Für ein Kilo halbes Mischbrot mußte im Jahre 1949 23 Minuten gearbeitet werden, 1964 nur noch 16 Minuten. Ich gehe jetzt vom Volkswagen aus: dafür mußte im Jahre 1949 3946 Stunden gearbeitet werden und vor zwei Jahren nur noch 1072 Stunden. Also wenn auch die Preise in teilweise unerträglicher Art gestiegen sind, müssen wir doch feststellen, der Wohlstand ist gleichwohl gewachsen, und zwar viel mehr als die Preise. Das zu sagen ist, glaube ich, wichtig.
Ich schließe ab und sage Ihnen nochmals, in keinem Punkte hat das Sachverständigengutachten den Maßnahmenkatalog der SPD bestätigt. Ich bin deshalb nach wie vor der Auffassung, daß diejenigen, die mit den Bergen von Problemen der Jahre 1948 bis 1955 fertiggeworden sind, am ehesten berufen sind, mit den Hügeln der heutigen Probleme auch in Zukunft fertig zu werden.