Rede von
Dr.
Maria
Probst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich rufe die Fragen XII/3, XII/4 und XII/5 des Herrn Abgeordneten Faller auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die baden-württembergische Elektrizitätswirtschaft befürchtet, die Strompreise würden sich um 10 bis 15 %erhöhen, falls der Plan des Bundeswirtschaftsministers verwirklicht werden sollte, als Primärenergie bei der Stromerzeugung 50 % Steinkohle zu verwenden?
Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß durch die Erhöhung der Strompreise die Wettbewerbssituation im badischen Grenzland weiter verschlechtert werden würde, da die französische „Electricité de France" der elsässischen Wirtschaft schon heute weitaus günstigere Strompreise einräumt?
Trifft es zu, daß die freie Wahl der Primärenergie in BadenWürttemberg zu einer Senkung der Gestehungskosten für Strom bis zu 30 % führen könnte?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Schmücker vom 16. Februar 1966
lautet:
Es ist richtig, daß im Bundesministerium für Wirtschaft geprüft wird, ob und auf welche Weise es möglich ist, den Steinkohleneinsatz in der Elektrizitätswirtschaft zu stabilisieren und ob dafür ergänzende Maßnahmen zu dem Gesetz zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken notwendig sind. Die Untersuchungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen, so daß heute nicht gesagt werden kann, welche Wege im einzelnen beschritten werden können. Die Bundesregierung wird ihre Auffassung hierzu voraussichtlich Mitte März bei der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU und FDP zur Kohlesituation vor dem Deutschen Bundestag darlegen.
Auf Ihre Fragen möchte ich heute folgendes antworten:
1. In Baden-Württemberg wurde 1965 der Strombedarf von rd. 17 Mrd. kWh gedeckt durch
eigene Erzeugung aus
Wasserkraft mit 20 %
Steinkohle mit 44 %
Öl mit 9 %
Strombezug 27 %
In öffentlichen Kraftwerken in Baden-Württemberg wurden 1965 insgesamt 1,5 Mrd. kWh durch Einsatz von Öl erzeugt. Die Verwendung von Öl an Stelle von Steinkohle ermöglicht um etwa 15 % niedrigere Stromerzeugungskosten. Da der Anteil der Stromerzeugung aus Öl in Baden-Württemberg 9 % beträgt, entspricht dies einer Verringerung der Stromerzeugungskosten um etwa 1,5 % für das Gesamtstromangebot dieses Landes. In Baden-Württemberg beträgt der Strompreis im Mittel rd. 10 Pf/kWh; je kWh beträgt die Differenz daher etwa 0,15 Pf.
2. Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Strompreise in Baden-Württemberg, obwohl sie zu den niedrigsten im Bundesgebiet gehören, z. T. höher liegen als im benachbarten Frankreich. Bei den Kosten der Stromerzeugung und- -verteilung bestehen zwischen Deutschland und Frankreich wesentliche Unterschiede. Die französische Stromerzeugung beruht zu 40 % auf billiger Wasserkraft. Der Anteil der Wasserkraft an der deutschen Stromerzeugung beträgt nur etwa 15 %. Außerdem erhält die Electricité de France — die Eigentum des
Staates ist — Staatszuschüsse und zinsermäßigte Kredite zur Finanzierung ihrer Investitionen. Die deutschen Stromerzeuger hingegen sind auf die normalen Kapitalbedingungen angewiesen.
3. Eine Senkung der durchschnittlichen Gestehungskosten um 30 % ließe sich kurzfristig nicht bewirken. Auch bei Einsatz der momentan absolut billigsten zur Verfügung stehenden Einsatzenergie in neuen Kraftwerken würde der relative Preisvorteil sich nur langsam auf das Gesamtniveau der Stromerzeugungskosten auswirken können. Im übrigen entfallen von den Gesamtkosten der Stromabgabe nur etwa 0/s auf die Stromerzeugung und etwa 2/7 auf die Verteilung. Auf den Strompreis für den Verbraucher wirkt sich daher eine Senkung der reinen Erzeugungskosten nur in beschränktem Maße aus.
Ich rufe dann die Frage IV/1 des Herrn Abgeordneten Schlager aus Drucksache V/303 auf:
Aus welchen Gründen ist der Deutsche Beamtenbund als zweitgrößte selbständige gewerkschaftliche Organisation der Bundesrepublik nicht im Wirtschafts- und Verbraucherausschuß des Warentest-Instituts vertreten?
Ist der Abgeordnete Schlager im Saal? — Die Frage wird vom Herrn Abgeordneten Wagner übernommen.