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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1966 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Wächter 833 A Technik der Fragestunde Dr. Dehler, Vizepräsident . . . . 834 C Fragestunde (Drucksachen V/301, V/303) Frage des Abg. Paul: Lage der Flüchtlinge in Zypern Dr. Carstens, Staatssekretär . . 834 D Paul (SPD) 834 D Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Amerikahäuser Dr. Carstens, Staatssekretär . . 835 A Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 835 A Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 835 B Fragen des Abg. Haehser: Wehrpflichtige doppelter Staatsangehörigkeit — Fall des Jean Serge Splitt-gerber Dr. Carstens, Staatssekretär . . 835 C Haehser (SPD) 835 D Dr. Rinderspacher (SPD) 836 B Börner (SPD) 836 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 836 D Westphal (SPD) 837 A Strohmayr (SPD) 837 B Fragen des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) : Beseitigung ehemaliger Kampfanlagen am Oberrhein Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 837 C Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . . 837 D Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . . 838 A Dr. Furler (CDU/CSU) 838 C Haehser (SPD) 838 C Reichmann (FDP) 839 A Frage der Abg. Frau Freyh: Abweisung von Studienbewerbern an den Universitäten Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 839 B Frau Freyh (SPD) 839 C Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 839 D Felder (SPD) . . . . . . . . 840 A Dr. von Merkatz (CDU/CSU) . . 840 B Sänger (SPD) . . . . . . . . 840 C Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 840 D Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Arbeitseffektivität der Länderreferate im BMZ Scheel, Bundesminister 841 B Kahn-Ackermann (SPD) 841 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Ruhrtalbahn im Streckenabschnitt Mülheim-Styrum—Kettwig-Stausee Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 842 A Müller (Mülheim) (SPD) . . . . . 842 B Frage des Abg. Strohmayr: Erklärung des DIHT zu den geplanten Streckenstillegungen in peripheren Gebieten Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 842 D Strohmayr (SPD) 843 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 843 B Fellermaier (SPD) 843 D Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Bundesbahnstrecken Zwiesel—Bodenmais, Zwiesel—Grafenau und Deggendorf—Kalteneck Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 844 A Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 844 B Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 844 C . Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Reklameflüge Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 844 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 845 A Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) : Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 845 C Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) 845 D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 845 D Frage des Abg. Prochazka: Zahl der Unfälle an unbeschrankten Bahnübergängen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 846 A Prochazka (CDU/CSU) . . . . . 846 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 846 B Frage des Abg. Prochazka: Autobahn München—Salzburg im Bereich Irschenberg Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 846 D Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Ausbau der deutschen Verkehrsflughäfen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 846 D Dr. Müller (München) (SPD) . . . 847 A Nachruf für die Opfer der Schlagwetterexplosion auf der Zeche Rossenray der Firma Krupp 878 C Zweites Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gutachten (Drucksachen V/ 123, V/127) Schmücker, Bundesminister 847 C, 889 D Dichgans (CDU/CSU), zur GO 852 D, 854 D Dr. Mommer (SPD), zur GO . . . . 854 A Dr. Dehler, Vizepräsident . . . . 854 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 855 A Dr. Schiller (SPD) . . . . . . . 859 D Dr. Starke (Franken) (FDP) . . . 866 C Dr. Pohle (CDU/CSU) . . . . . . 873 B Leber (SPD) . . . . . . . . . 878 D Dr. h. c. Menne (Frankfurt) (FDP) 890 C Nächste Sitzung 893 Anlagen 895 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 833 21. Sitzung Bonn, den 16. Februar 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 14.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 16. 2. Dr. Aigner *) 18. 2. Frau Albertz 18. 2. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 18. 2. Bading 7. 3. Dr. Barzel 19. 2. Dr. Becher (Pullach) 18. 2. Frau Berger-Heise 18. 2. Berlin 18. 2. Burger 10. 4. Dr. Dittrich *) 18. 2. Eisenmann 18. 2. Erler 4. 3. Faller 6. 3. Figgen 28. 2. Fritz (Wiesbaden) 31. 3. Gerlach *) 16. 2. Gibbert 18. 2. Graaff 18. 2. Gscheidle 16. 2. Hamacher 18. 2. Holkenbrink 16. 2. Josten 19. 2. Frau Kalinke 18. 2. Kiep 18. 2. Klein 5. 3. Frau Krappe 28. 2. Kriedemann *) 18. 2. Dr. Lenz (Bergstraße) 18. 2. Liedtke 8. 3. Dr. Löhr 18. 2. Mauk *) 16. 2. Merten *) 16. 2. Missbach 18. 2. Dr. Morgenstern 18. 2. Müller (Aachen-Land) *) 18. 2. Richarts *) 16. 2. Rollmann 16. 2. Frau Strobel *) 16. 2. Struve 18. 2. Urban 18. 2. b) Urlaubsanträge Prinz von Bayern 23. 2. Benda 4. 3. Berkhan 12. 3. Dr. Eppler 12. 3. Dr. Miessner 12. 3. Dr.-Ing. Seebohm 11. 3. Zerbe 5. 3. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Buschfort (Drucksache V/251 Fragen XII /9 und XII /10) : Ist die Bundesregierung bereit, zur Förderung der Wirtschaft im deutsch-niederländischen Grenzgebiet alsbald den Autobahnzubringer von Bocholt zur Bundesautobahnauffahrt BocholtWesel auszubauen? Ist die Bundesregierung bereit, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit der Planung und Durchführung des Autobahnzubringers von Bocholt zu beauftragen? Für Autobahnzubringer im Zuge der vor kurzer Zeit erst aufgestuften B 473 zwischen Bocholt und der BAB-Anschlußstelle Bocholt/ Wesel sehen die Planungen eine westlich abgerückte Ersatzstraße vor. Da diese Planung wegen der angespannten Haushaltslage des Bundes, die bekanntlich zu einer empfindlichen Kürzung des Straßenbauplanes geführt hat, leider nicht kurzfristig verwirklicht werden kann, wurde als vorübergehende Lösung die bestehende Straße im Vorjahr im Zwischenausbau hergerichtet. Nach einer Mitteilung des Ministeriums für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten des Landes Nordrhein-Westfalen wird die Verbindung zwischen Bocholt und der BAB-Anschlußstelle Bocholt/ Wesel eine weitere wesentliche Verbesserung erfahren, wenn der in diesem Jahr anlaufende Neubau einer Landesstraße zwischen Ding-den und Logikum abgeschlossen sein wird. Der Zubringerverkehr kann dann die engen Ortsdurchfahrten Dingden und Ringenberg zielgerecht umgehen. Der Vorentwurf für die neue Führung der B 473 wurde im Jahre 1963 von mir gebilligt. Schon 1963 erhielt die Auftragsverwaltung die Anweisung, die weitere Planbearbeitung durchzuführen. Nach einer Rückfrage steht die endgültige Entwurfsbearbeitung jetzt vor dem Abschluß. Damit ist gewährleistet, daß bei günstiger Entwicklung des Straßenbauhaushaltes die planerischen Voraussetzungen für eine Verwirklichung der Maßnahme vorliegen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lenze (Attendorn) (Drucksache V/251 Frage XII/ 14) : Ist die Bundesregierung bereit, zu veranlassen, daß die Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn im Hinblick auf die Strecke Finnentrop-Wennemen noch einmal überprüft werden, um zu gewährleisten, daß die Personenbeförderung nicht ganz zum Erliegen kommt und ein durchgehender Güterverkehr sichergestellt ist? Bei beabsichtigten Stillegungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn sieht das Bundesbahngesetz - und das gilt grundsätzlich - zunächst die Anhörung der obersten Landesverkehrsbehörde vor. Dadurch wird erreicht, daß neben den Interessen 896 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 der Deutschen Bundesbahn auch die jeweiligen örtliken Belange geprüft und gebührend berücksichtigt werden können, um eine optimale Verkehrsbedienung sicherzustellen. Auch im Falle der von der Deutschen Bundesbahn vorgeschlagenen Stillegung des Reiseverkehrs auf der Nebenbahnstrecke Finnentrop–Wennemen ist inzwischen das Land Nordrhein-Westfalen eingeschaltet worden. Ein abschließendes Ergebnis liegt mir noch nicht vor. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 9. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Nellen (Drucksache V/251 Frage XII/ 15) : Ist bei der Planung der neuen Rheinbrücke in Höhe der Stadtgrenze Bonn — Bad Godesberg (Südbrücke) Platz für ein schienengebundenes öffentliches Nahverkehrsmittel vorgesehen und der Anschluß an die vorhandenen rechts- und linksrheinischen schienengebundenen Nahverkehrsmittel geprüft worden? Die Planungen für die Bonner Südbrücke sehen wie für fast alle Brücken im Zuge von Bundesstraßen zunächst einen 4spurigen Straßenquerschnitt vor, der für später auch die Möglichkeit eines 6spurigen Betriebes berücksichtigt. Danach laufen verkehrliche Untersuchungen darüber, ob die Mitüberführung eines schienengebundenen Nahverkehrsmittels oder Sonderspuren für nicht schienengebundene Nahverkehrsmittel zusätzlich erforderlich sind. Nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses und nach abschließender Bearbeitung des Generalverkehrsplanes der Stadt Bonn, die leider immer noch aussteht, wird der vorgesehene Brückenquerschnitt überprüft. Für den Fall eines positiven Untersuchunsergebnisses zugunsten einer Straßenbahn oder eines anderen Nahverkehrsmittels bedarf es dann der Klärung der finanziellen und straßenbahntechnischen Fragen durch den in Betracht kommenden Verkehrsträger. In technischer Hinsicht erfordert die zusätzliche Anordnung einer Gleiszone im Mittelstreifen einer Brücke nur eine einfache Querschnittvergrößerung, die im Bedarfsfalle verhältnismäßig leicht noch bei der Planung berücksichtigt werden kann. Weit schwieriger gestaltet sich demgegenüber die Regelung der Zu- und Ableitungen im Bereich der beidseitigen Brückenköpfe. Soweit ich unterrichtet bin, hat der Verkehrsträger hierüber seine Vorstellungen über Netzplanung und Knotenpunktgestaltung an die mit der Brückenplanung örtlich befaßte Stelle der Auftragsverwaltung noch nicht herangetragen. Erst dann kann auch die Frage der Kostenbeteiligung der dieses Nahverkehrsmittel tragenden Stellen an- dem Brückenbau endgültig geklärt werden. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Stammberger (Drucksache V/251 Frage XII/16) : Bis wann kann mit dem für das Zonenrandgebiet wichtigen Ausbau der B 303 zwischen Ebern und Schweinfurt gerechnet werden? Das völlig neue Stück Bundesstraße 303 westlich der B 279 wird von Pfaffendorf über Burgpreppach nach Schweinfurt verlaufen. Vordringlichstes Teilstück ist als Fortsetzung der von Coburg kommenden Bundesstraße 303 die Übereckverbindung Pfaffendorf—Burgpreppach. Diese Maßnahme ist im 3. Vierjahresplan eingeplant. Mit ihrer Fertigstellung steht dann als vorübergehende Lösung - die Verbindung nach Schweinfurt über die heutige Staatsstraße 2266 zur Verfügung. Der Ersatz dieser Staatsstraße durch den Bau einer neuen Bundesstraße hängt von der Höhe der Straßenbaumittel ab, die zur Verfügung gestellt werden und die bekanntlich eine empfindliche Kürzung erfahren haben. Als Kosten für diesen Neubau muß mit etwa 100 Mio DM gerechnet werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeneten Zebisch (Drucksache V/251 Frage XII/ 17) : Ist die Bundesregierung bereit, beim Bau von Bundesverkehrswegen — soweit bautechnisch möglich — auch die Granitvorkommen in den Zonenrandgebieten zu verwenden? Bei der Gestaltung der Verkehrswege sind bautechnisch immer zahlreiche Möglichkeiten für die Verwendung von Gesteinserzeugnissen aus Granit gegeben, z. B. Schotter für Straßen- und Eisenbahnbau, Pflastersteine, Bordsteine und sonstige Steinerzeugnisse für Straßen-, Brücken- und Wasserbau. Der Absatz von Granit wird jedoch nicht allein von technischen, sondern auch von wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt. In preislicher Hinsicht stehen die Natursteinerzeugnisse der Zonenrandgebiete in hartem Konkurrenzkampf gegen die ausländischen Erzeugnisse, die z. B. aus Portugal oder Skandinavien angeboten werden und selbst in frachtfernen Gebieten preisgünstiger sind. Die Gewinnungsbetriebe in den Zonenrandgebieten werden durch die Frachthilfe in ihrer Konkurrenzfähigkeit gestützt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache V/251 Fragen XII/ 18 und XII/ 19) : Hält es die Bundesregierung für angezeigt, nach dem Vorbild der Seegerichtsbarkeit (Seeämter, Oberseeämter) auch eine ähnliche öffentliche Untersuchung für Unfälle in der Zivilluftfahrt einzurichten? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die bisherige Praxis der nichtöffentlichen Untersuchungen bei Unfällen in der Zivilluftfahrt kaum dazu angetan ist, das Vertrauen der Passagiere in das modernste Verkehrsmittel zu fördern? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 897 Die Bundesregierung ist der Auffassung, „daß die bisherige Praxis der sogenannten nicht ,öffentlichen Untersuchungen bei Unfällen in der zivilen Luftfahrt durchaus dazu angetan ist, das Vertrauen der Passagiere in das modernste Verkehrsmittel zu fördern", und zwar, weil es nämlich 1. gar nicht zutrifft, daß das derzeitige Verfahren nicht öffentlich sei. Neben dem regelmäßig ex officio einzuleitenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft wird das fachliche FlugunfallUntersuchungsverfahren durchgeführt, das dem Ziel dient, die objektiven Ursachen des Unfalls festzustellen, um hieraus insbesondere Rückschlüsse für eine Änderung oder Ergänzung der bestehenden Sicherheitsvorschriften des Luftrechts zu ziehen. Dieses Verfahren kann deshalb als „öffentlich" bezeichnet werden, weil zu den Verhandlungen der Flugunfalluntersuchungskommission die an den Vorgängen beteiligten oder interessierten Personen (z. B. Presse, Funk, Fernsehen) zugelassen sind. 2. weil es sich um ein Verfahren handelt, das dem Anhang 13 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 entspricht, das in ähnlicher Form weltweit (z. B. in der Schweiz) mit Erfolg angewendet wird und zu dessen Durchführung sich die Bundesrepublik Deutschland durch ihren Beitritt zur ICAO verpflichtet hat. 3. weil anläßlich der Untersuchung des Falles Herfurtner das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. 7. 1962 (VII C 57/61) das derzeitige Verfahren in seiner Recht- und Zweckmäßigkeit nicht beanstandet hat. Dieser Beschluß wurde durch das Bundesverfassungsgericht am 24. 3. 1965 — 22 BvR 449/62 — bestätigt. 4. weil die bisherige Praxis der Untersuchungen der Flugunfallkommission zu keinen grundsätzlichen Beanstandungen geführt hat. Die Bundesregierung hat es bisher nicht für angezeigt gehalten, „nach dem Vorbild der Seegerichtsbarkeit (Seeamt oder Oberseeamt) eine ähnliche öffentliche Untersuchung für Unfälle in der Zivilluftfahrt einzurichten", 1. weil die Untersuchungsverfahren für See- und für Flugunfälle nicht miteinander vergleichbar sind. Bei den Flugunfalluntersuchungen handelt es sich um ein verwaltungsmäßiges Gutachten-Verfahren, das nur die objektiven Unfallursachen festzustellen hat, während sich das Seeunfalluntersuchungsverfahren auch auf die Prüfungen erstreckt, ob ein Verschulden vorliegt oder ob eine Entziehung von Gewerbebefugnissen für die Seeschiffahrt erfolgen muß. 2. weil die Frage der größeren Zweckmäßigkeit des einen oder anderen Verfahrens zur Zeit umstritten ist. Mit anderen Worten: die Kritiker des einen Verfahrens verweisen fast regelmäßig auf die größere Zweckmäßigkeit des anderen Verfahrens. 3. weil die Bundesregierung es bei dieser Sachlage für notwendig erachtet, zunächst die Erörterungen über eine mögliche Änderung des Seeunfalluntersuchungsverfahrens abzuwarten, zumal das Flugunfalluntersuchungsverfahren bisher zu keinen grundsätzlichen Beanstandungen geführt hat, wie dies bei den Seeunfalluntersuchungsverfahren gelegentlich geschieht. Die Bundesregierung wird aber nach wie vor ihre besondere Aufmerksamkeit auf die Entwicklung dieser Fragen richten und Änderungen des derzeitigen Luftunfall-Untersuchungsverfahrens herbeiführen, sobald dies notwendig erscheint. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Richarts (Drucksache V/251, Fragen XII/ 20 und XII/21) : Hat die Bundesregierung endgültige Vorstellungen über die Stillegung von Bahnstrecken im Eifel-Grenzgebiet? Ist die Bundesregierung sich der Tatsache bewußt, daß die Stillegungen von Bahnstrecken im Eifel-Grenzgebiet nachteilige Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung des Grenzraumes haben können? Die Bundesregierung strebt mit ihrem Kabinettsbeschluß vom 5. Mai 1965 und ihrem verkehrspolitischen Programm für die 5. Legislaturperiode eine volkswirtschaftlich optimale Verkehrsbedienung an. Im Zuge dieser Bestrebungen wird der Flächenverkehr der Deutschen Bundesbahn dahingehend überprüft, inwieweit er durch das Leistungsangebot anderer Verkehrsmittel zu ergänzen oder abzulösen sein wird. Die Untersuchung einer Reihe von Strecken ist inzwischen eingeleitet. Dabei werden eingehende Erhebungen über die Bedeutung und die wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit des betroffenen Gebietes angestellt, um Nachteile zu vermeiden. Auch die Folgen einer evtl. durchzuführenden Verkehrsverlagerung werden sorgfältig geprüft. Die Rückwirkung geplanter Maßnahmen auf öffentliche Belange wird nicht zuletzt durch rechtzeitiges Einschalten der obersten Landesverkehrsbehörde gewährleistet. Diese Grundsätze gelten selbstverständilch auch für die Eifel und insbesondere für das Eifel-Grenzgebiet. Endgültige Vorstellungen über durchzuführende Maßnahmen in diesem Raum liegen beim augenblicklichen Stand der Untersuchungen allerdings noch nicht vor. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Richarts (Drucksache V/251 Frage XII/ 22) : 898 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 Ist die Bundesregierung bereit, als Äquivalent für die in Frage XII /20 bezeichneten Stillegungen höhere Mittel für den beschleunigten Ausbau der Europastraße 42 bereitzustellen? Entsprechend den Grundsätzen ihres verkehrspolitischen Programms für die 5. Legislaturperiode wird die Bundesregierung im Fall der Stillegung von Bahnstrecken im Eifelgebiet — soweit sie durchgeführt werden muß — für eine Ablösung des Eisenbahnverkehrs durch andere Verkehrsmittel mit dem Ziel einer optimalen Verkehrsbedienung zu sorgen haben. Den Verkehrsbedürfnissen müssen die Verkehrswege entsprechen, deren Bau und Ausbau im Rahmen der regionalen Strukturpolitik der Bundesregierung gerade im Eifelgebiet besondere Beachtung zu schenken ist, da es ja zu den Ausbaugebieten des Bundes gehört. Inwieweit die Arbeiten für den bereits laufenden und im 3. Vierjahresplan für den Straßenbau zur zügigen Fortsetzung vorgesehenen Ausbau der Bundesstraße 51 zur Europastraße 42 dazu einer Änderung oder Beschleunigung bedürfen, wird im Zusammenhang mit dieser Entwicklung zu prüfen sein. Dabei bleibt natürlich auch die empfindliche Kürzung der Straßenausbaumittel zu berücksichtigen, die auch die Kreditaufnahmemöglichkeiten berührt. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/251 Frage XII/ 23) : Wann ist mit einer abschließenden Behandlung der von der Bundesbahndirektion Frankfurt (Main) erarbeiteten Pläne für das gemeinsame Bauvorhaben V-Bahn der Stadt Frankfurt (Main) und der Deutschen Bundesbahn im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn zu rechnen, damit diese Pläne offiziell an das Bundesverkehrsministerium weitergeleitet werden können? Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn hat in seiner Sitzung am 10. Februar 1966 den Antrag des Vorstandes zum Projekt Verbindungsbahn Frankfurt zunächst seinem technischen Ausschuß überwiesen. Eine Aussage über die abschließende Behandlung im Verwaltungsrat kann deshalb im Augenblick noch nicht gemacht werden. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Iven (Drucksache V/251 Frage XII /24) : Was haben die Untersuchungen des Flugzeugunfalls vom Freitag, dem 28. Januar 1966, in Bremen bisher ergeben? Zuverlässig zutreffende Ergebnisse der Untersuchung des Flugunfalles vom 28. Januar 1966 liegen bisher nicht vor. Wegen der Schwere und der Bedeutung des Unfalls ist die Untersuchung durch eine Kommission angeordnet worden. Als Vorsitzender dieser Kommission ist -- im Benehmen mit dem Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Niedersachsen, auf dessen Gebiet sich der Unfall ereignet hat — der Ministerialdirigent Dr. von Spreckelsen vom Bundesjustizministerium ernannt worden. Die Kommission ist keinen Weisungen unterworfen; sie übt ihre Tätigkeit unabhängig aus. In das Verfahren kann nicht eingegriffen werden. Die Unfalluntersuchung ist im Zusammenwirken mit der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei in vollem Gange. Der leitende Oberstaatsanwalt bei der Untersuchungskommission Herbert Eckert aus Oldenburg hat sich die Bekanntgabe weiterer Informationen ausdrücklich selbst vorbehalten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Hofmann (Kronach) (Drucksache V/251 Fragen XII/ 25, XII /26 und XII/ 27): Trifft es zu, daß im Streckenstillegungs-Vorhaben der Deutschen Bundesbahn im Direktionsbereich Nürnberg die Strecken Kronach—Nordhalben, Ludwigsstadt—Zonengrenze (Lauenstein) im 1. bzw. 2. Stufenplan zur Stillegung vorgesehen sind? Ist das in Frage XII/ 25 genannte Vorhaben bereits Teil des vorgesehenen Bundesbahn-Anpassungsgesetzes, in dem. auch die Stillegung von Strecken auf Grund von Stufenplänen geregelt werden soll? Kann der Beschluß des Bundeskabinetts vom 16. Dezember 1964 in bezug auf Streckenstillegungen der Deutschen Bundesbahn im Zonenrandgebiet als noch bindend angesehen werden? Der Kabinettsbeschluß vom 16. Dezember 1964 über das Zonenrandgebiet ist in den Beschluß vom 5. Mai 1965 und in das verkehrspolitische Programm für die 5 Legislaturperiode eingegangen, das am 26. Januar 1966 von der Bundesregierung verabschiedet worden ist. Der besonderen Stellung des Zonenrandgebietes wird stets Rechnung getragen. Wenn sich die Deutsche Bundesbahn über die in dem Zonenrandgebiet liegenden Strecken intern einen Überblick über deren Wirtschaftlichkeit verschafft, so geschieht das insbesondere deshalb, weil ihr ein Ausgleichsanspruch gegen den Bund nach § 28 a des Bundesbahngesetzes zusteht, wenn sie veranlaßt wird, wie es nach den genannten Beschlüssen der Fall ist, trotz Unwirtschaftlichkeit eine Strecke aus übergeordneten, insbesondere staatspolitischen, Gründen aufrechtzuerhalten. Ich hoffe Sie damit einverstanden, daß es sich unter diesen Umständen erübrigt, auf weitere Einzelheiten Ihrer Fragen einzugehen. Das vorgesehene Bundesbahnanpassungsgesetz wird nur Kriterien für geplante Maßnahmen, aber keine Einzelangaben enthalten. Wegen der Strecke Ludwigsstadt—Zonengrenze darf ich nur noch bemerken, daß es sich hier um eine der wichtigsten Strecken des Interzonenverkehrs und des Verkehrs nach Berlin handelt; eine Stilllegung einer solchen wichtigen Durchgangsstrecke steht im gesamten Netz der Bundesbahn überhaupt nicht zur Diskussion, da für die Überprüfung nur verlustbringende Strecken in Betracht kommen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 899 Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 13. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Böhm (Drucksache V/251 Frage XII/ 28) : Warum werden von der Bundesregierung die der bayerischen Obersten Baubehörde und einem ehemaligen Bundestagsabgeordneten gegebenen Finanzierungszusagen für den Bau der Südumgehungsstraße Manching (Landkreis Ingolstadt) (NATO- Flugplatz) nicht eingehalten? Die geplante Südumgehung Manching liegt im Zuge der derzeitigen Staatsstraße 2041; Baulastträger ist somit das Land Bayern. Die Bundesregierung kann daher keine Zusagen für den Bau der Umgehung Manching gemacht haben. Lediglich der Bundesminister der Verteidigung hat für den erweiterten Ausbau, der über die zivilen Verkehrserfordernisse hinausgeht, zur Erfüllung des militärischen Bedürfnisses einen entsprechenden Beitrag zugesagt, der jedoch nur ein Bruchteil der Gesamtkosten sein wird. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 13. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Böhm (Drucksache V/251 Frage XII/ 29) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der überaus starke Durchgangsverkehr mit einem beträchtlichen Anteil an schweren Straßenfahrzeugen in Manching (Landkreis Ingolstadt) eine erhebliche Gefährdung der Verkehrsteilnehmer ist und bereits zu schweren Verkehrsunfällen geführt hat? Die Verkehrsstärke in der Ortsdurchfahrt Manching beträgt nach der Verkehrszählung von 1963: 6248 Kfz/ 24 Std. Es ist unvermeidbar, daß dort auftretende Verkehrsunfälle bekannt sind. Die Ortsdurchfahrt Manching gehört im zuständigen Landpolizeibereich zu den Unfallschwerpunkten. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 13. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Böhm (Drucksache V/251 Frage XII/ 30) : Entspricht es den Tatsachen, daß die zuständigen Dienststellen der Bundeswehr gegenüber der bayerischen Obersten Baubehörde hinsichtlich der Trassenführung für den Bau der in Frage XII/ 28 genannten Umgehungsstraße Änderungswünsche geltend machen, die eine beträchtliche Verzögerung des Baubeginns bedeuten würden? Wie mir die Oberste Baubehörde im Bayer. Staatsministerium des Innern mitteilt, hat die Bundeswehr gewisse Änderungswünsche für die westliche Fortsetzung der Ortsumgehung Manching vorgebracht. Das Straßenbauamt Ingolstadt untersucht zur Zeit, ob sich diese Änderungswünsche verwirklichen lassen. Es wird mir versichert, daß eine nennenswerte Verzögerung des Baubeginns dadurch nicht auftreten wird. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller (München) (Drucksache V/251 Frage XII/ 31) : Billigt die Bundesregierung die Tatsache, daß nicht alle Maschinen der Lufthansa mit Flugdatenschreiber ausgerüstet sind? Flugdatenschreiber werden heute serienmäßig in alle Strahlverkehrsflugzeuge eingebaut. Bei Kolben- und Turbopropflugzeugen sind sie serienmäßig nicht eingebaut worden. Da diese ab 1967 in rascher Folge aus dem Verkehr gezogen werden, wird ein Einbau nicht mehr vorgeschrieben, weil er einen erheblichen Aufwand erfordert, der schwerlich verantwortet werden kann. Die im kommenden Jahr herauskommende Neufassung der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät schreibt Flugdatenschreiber für alle Strahl-Flugzeuge über 14 t Gewicht vor, die im gewerblichen Verkehr fliegen. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Brück (Holz) (Drucksache V/251 Frage XII/ 33) : Kann die Bundesregierung ihre Behauptung, daß die Verschmutzung der Rossel und somit auch der Saar und der Mosel durch den Schlamm der französischen Kohlengruben im wesentlichen beseitigt sein soll, durch die Ergebnisse von Analysen des Rosselwassers belegen? Leider mußte die Beantwortung Ihrer letzten Anfrage wegen der sehr knappen Zeit zwischen Zuweisung der Frage und Antwortstermin sehr kurzfristig vorbereitet werden, so daß es nicht mehr rechtzeitig möglich war, weitere Rückfragen zu den Anagben im Protokoll der Internationalen Kommission zum Schutze der Saar gegen Verunreinigung zu stellen, in dem am 7. April 1964 der französischen Delegation offiziell gedankt worden war, „daß auf deren Initiative die Verschmutzung der Rossel durch entsprechende Maßnahmen der französischen Montanindustrie bis zum Ende des Jahres 1965 im wesentlichen beseitigt sein werde." Dabei hatten jedoch die Franzosen nur die Zurückhaltung des Schlammes aus der Kohlenwäsche als ersten Schritt zur Sanierung zugesagt; der Anteil der von offizieller französischer Seite bis Ende 1965 versprochenen Maßnahmen bedeutet nach französischer Darstellung die Zurückhaltung von über 50 Prozent, nach deutscher Schätzung aber nur von etwa 30 bis 40 Prozent der Schlammführung der Rossel, die außer aus der Kohlenwäsche aus den Rückflüssen des Spülversatzes und durch Abwaschen alter Halden bei Niederschlägen besteht. Die französische Seite hat zugesagt, weitere Maßnahmen in dieser Richtung durchzuführen und insbesondere auch das Problem der Verunreinigung durch Teere und Phenole anzupacken. Ich habe veranlaßt, daß wegen der Analysen weitere Rückfragen gehalten werden. Die wegen der 900 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 Unregelmäßigkeit der Rosselbelastung nicht einfachen Analysen werden von einer Dienststelle des Saarlandes durchgeführt, die ihren Bericht für die nächste Delegiertensitzung der Saarkommission vorbereitet, die am 16. März stattfindet. Sobald mir konkrete Ergebnisse zugänglich sind, werde ich Sie schriftlich weiter darüber unterrichten. Das von mir inzwischen über das jüngste Analysenergebnis an der Rossel befragte Hygieneinstitut des Saarlandes konnte mir noch keinerlei Aussagen machen. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Brück (Holz) (Drucksache V/251 Frage XII/ 34) : Hält die Bundesregierung die Verdoppelung der Fahrpreise für Sammelfahrten erholungsbedürftiger Kinder durch die Deutsche Bundesbahn für gerechtfertigt? Ja, die Bundesregierung hält es für gerechtfertigt, daß die Ermäßigung, die bei der Beförderung erholungsbedürftiger Kinder von der Deutschen Bundesbahn gewährt wird und die sich bislang auf 75 bzw. 87,5% belief, künftig auf 50 % bzw. (bei Kindern bis zu 10 Jahren) auf 75 % neu festgesetzt wird. Die Kostendeckung betrug in diesem Verkehrszweig bislang nur 16%; künftig soll sie etwa 32 % erreichen. Die Finanzierung dieser Transporte ist Angelegenheit der Länder. Von der Bundesbahn kann nicht erwartet werden, daß sie die Fahrten der erholungsbedürftigen Kinder auch künftig in dem bisherigen Umfange subventioniert. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Bornemann vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Porzner, Dorn und Dr. Müller-Emmert (Drucksache V/251 Frage XIII /3 bis XIII/ 7) : Wird die Bundesregierung etwas unternehmen, um den freien Verkauf und die Benutzung von Abhörgeräten zu verhindern? Wie denkt die Bundesregierung, dem Gesetz über Fernmeldeanlagen vom 14. Januar 1928 Geltung zu verschaffen, nach dem der Vertrieb und die Errichtung von Mikro-Abhöranlagen ohne Genehmigung der Deutschen Bundespost ein rechtswidriges Eindringen in die Intimsphäre anderer Personen darstellt und nach den gesetzlichen Bestimmungen als Anstiftung bzw. Beihilfe mit Geldstrafe oder Gefängnis zu ahnden ist? Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen bzw. gedenkt sie gegen die Verbreitung rechtswidriger Werbeanzeigen für Mikro-Abhöranlagen zu unternehmen, die letzte Woche im „Bayern-Kurier” der Süddeutschen Zeitung" und dem „Münchner Merkur" mit folgendem Text erschienen: KleinstSpion, Abhörgerät, Würfelzuckergröße, Wiedergabe auf 150 Meter über normales Radiogerät, selbst Flüstertöne durch dickste Wände. Einfachste Bedienung. Mit Garantiekarte nur 980,— DM. Per Nachnahme, diskreter Versand . . ." ? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß nur ein generelles Vertriebs- und Benutzungsverbot von Mikro-Abhöranlagen den dem Bundesbürger vom Grundgesetz verbürgten Persönlichkeitsschutz wirklich sicherstellen kann und das Gesetz über Fernmeldeanlagen vom 14. Januar 1928 dementsprechend ergänzt werden muß? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um des ständig zunehmenden Vertriebes und Gebrauches von MikroAbhöranlagen, mit denen ein rechtswidriges Eindringen in die Privatsphäre ermöglicht wird, Herr zu werden? Es steht fest, daß es sich bei diesen Anlagen um Fernmeldeanlagen im Sinne des Gesetzes über Fernmeldeanlagen vom 14. 1. 1928 handelt. Das Errichten und Betreiben dieser Anlagen bedarf somit nach § 2 Fernmeldeanlagengesetz einer fernmelderechtlichen Genehmigung durch die Deutsche Bundespost, die jedoch nicht erteilt wird, da die erwähnten Abhörgeräte dazu bestimmt sind, unter Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in die Intimsphäre fremder Personen einzudringen. Personen, die ungeachtet dessen Anlagen dieser Art ohne Genehmigung errichten und betreiben, können gemäß § 15 Fernmeldeanlagengesetz mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft werden, wobei bereits der Versuch strafbar ist. Händler, die derartige Geräte vertreiben, müssen damit rechnen, wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einem Vergehen des § 15 Fernmeldeanlagengesetz strafrechtlich belangt zu werden. Über die Sachlage ist die Öffentlichkeit in den letzten Tagen des Monats Januar durch eine Presseveröffentlichung des BPM eingehend unterrichtet worden. Darüber hinaus sind diejenigen Händler, deren Anschriften aus Anzeigen in der Presse ermittelt werden konnten, noch unmittelbar angeschrieben und über .die Rechtsfolgen informiert worden. Weitere Möglichkeiten sind seitens der Deutschen Bundespost nicht gegeben. Insbesondere kann ein 'bloßer Verkauf der erwähnten Geräte mangels einer entsprechenden Rechtsnorm nicht verhindert werden. Eine Ergänzung des Fernmeldeanlagengesetzes wird weder für notwendig noch für zweckmäßig gehalten. Ein Benutzungsverbot für die Mikro-AbhörAnlagen besteht bereits, da sie nach dem Fernmeldeanlagengesetz genehmigungspflichtig sind und die Genehmigung nicht erteilt wird. Ein Verbot des Verkaufs der Geräte durch Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in das Fernmeldeanlagengesetz würde eine Ausdehnung der Fernmeldehoheit in den Bereich des Handelsverkehrs !bedeuten, den zu regeln nicht Aufgabe des Fernmeldeanlagengesetzes ist. Ein umfassender strafrechtlicher Schutz der Intimsphäre des einzelnen Staatsbürgers wird erst dann gewährleistet sein, wenn § 183 des erneut beim Bundestag eingebrachten Entwurfs eines Strafgesetzbuchs (Drucksache V/32 der 5. Wahlperiode) Gesetz wird. Der Abs. 2 des § 183 sieht Gefängnis Ibis zu einem Jahr, Strafhaft oder Geldstrafe vor, wenn jemand das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 15. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fellermaier (Drucksache V/251 Frage XIII/ 8) : Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 901 Teilt der Bundespostminister die Auffassung der Oberpostdirektion Nürnberg, daß wegen der angespannten Personallage bei der Deutschen Bundespost während der Ferien Schüler als Zusteller eingesetzt werden sollten? Die Deutsche Bundespost stellt Minderjährige, also auch Schüler, nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten ein. Sofern die Schüler das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten für sie die Schutzbestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Diese sehen im wesentlichen vor, daß Jugendliche bis zu 18 Lebensjahren weder in der Zeit von 20 bis 6 Uhr, noch in Samstagen nach 14 Uhr und an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen beschäftigt werden dürfen. Auch darf die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten. Für Jugendliche unter 16 Jahren beträgt das Wochenleistungsmaß nur 40 Stunden. Im übrigen tut die Deutsche Bundespost alles, um eine Überbelastung der Jugendlichen zu vermeiden. Der erhebliche Personalmangel bei der Deutschen Bundespost, der sich hauptsächlich in den wirtschaftlichen Ballungsräumen — so auch in Nürnberg — empfindlich bemerkbar macht, zwingt gerade in den Haupturlaubsmonaten dazu, alle Möglichkeiten für eine aushilfsweise Beschäftigung von Kräften auszuschöpfen. Aus der Verpflichtung zur Fürsorge für den arbeitenden Menschen heraus, kann dem während der übrigen Zeit ohnehin schon vielfach überbeanspruchten Personal keine Verschleppung in der Urlaubsabwicklung zugemutet werden. Eine ordnungsgemäße Zustellung in den Haupturlaubsmonaten wäre dabei ohne den Einsatz von Aushilfskräften, die auf dem normalen Arbeitsmarkt kaum mehr zu gewinnen sind, nicht mehr gewährleistet. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Bundesministers Stücklen vom 15. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rollmann (Drucksache V/ 251 Frage XIII/ 10) : Beabsichtigt die Deutsche Bundespost, Käthe Kollwitz zu ihrem 100. Geburtstag durch eine Sondermarke zu ehren? Die Deutsche Bundespost hat Käthe Kollwitz bereits 1954 im Rahmen der Wohlfahrtsmarken-Serie „Helfer der Menschheit" durch die Wiedergabe ihres Porträts auf dem Wert 7+3 Pf ehrend hervorgehoben. Aus betrieblichen Gründen muß die Deutsche Bundespost die Ausgabe neuer Briefmarken einschränken. Es ist deshalb nicht möglich, generell 100. Geburtstage hervorragender Persönlichkeiten zum Anlaß der Ausgabe von Gedenkmarken zu wählen. Zum 100. Geburtstag von Käthe Kollwitz ist deshalb keine weitere Sondermarke geplant. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Hörmann (Freiburg) (Drucksache V/251 Fragen XVIII/ 1, XVIII/ 2 und XVIII/ 3) : Trifft es zu, daß das Unfallrettungswesen in den Ländern der Bundesrepublik keinen einheitlichen rechtlichen Status hat? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung von einer möglichst einheitlichen Regelung des Unfallrettungswesens? Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, daß die Länder bzw. der Bund sich mit einem geringfügigen Teil des Aufkommens an Kfz- und Mineralölsteuer an dem Ausbau des Unfallrettungsdienstes beteiligen, damit z. B. ein großer Teil der Krankentransportfahrzeuge in Unfall-Rettungswagen umgewandelt werden können? Zu Frage 1.: Das Unfallrettungswesen ist Länderangelegenheit. Rechtsgrundlagen auf Bundesebene bestehen nur hinsichtlich der Verhütung von Unfällen und der Kennzeichnung bzw. der Verwendung von Martinshorn und Blaulicht bei Rettungsfahrzeugen. Meldesystem, Ausrüstung und Personalfragen, Einsatz und Bereitschaft im Unfallrettungswesen obliegen entweder den Kommunen oder den Ländern (Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser), sofern sie nicht an die Hilfsorganisationen (Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter- Unfallhilfe, Malteser-Hilfsdienst, Arbeiter-Samariter-Bund) oder die Verkehrswacht delegiert sind. Zu Frage 2.: Die Bundesregierung hat ihre Vorstellungen von einer möglichst einheitlichen Regelung des Unfallrettungswesens in der Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 12. Februar 1965 unter dem 17. Mai 1965 (Drucksache IV/ 3430) dargestellt. Ich darf auf sie verweisen. Ich hebe daraus hervor, daß einheitliche Regelungen vordringlich sind über die Erste-HilfeLeistung am Unfallort, über das Melde- und Benachrichtigungssystem, den Unfalltransport und die Behandlungsbereitschaft der Krankenhäuser, desgleichen über personelle Voraussetzungen, ohne die eine Modernisierung des Unfallrettungswesens nicht denkbar sind. Zu Frage 3.: Ich halte es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht für angebracht, in weitergehendem Maße als bisher eine Zweckbindung für bestimmte Steuereinnahmen vorzunehmen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 11. Februar 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Geiger (Drucksache V/251, Frage XVIII/ 6) : Kann die Sporthilfe Württemberg e. V. für den Bau des geplanten „Krankenhauses für Sportverletzte" in Stuttgart-Bad Cannstatt mit einem Bundeszuschuß rechnen, nachdem die Finanzierung durch Eigenleistungen der Sportverbände sowie durch Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg und. der Stadt Stuttgart weitgehend gesichert und der Baubeginn für das Frühjahr 1966 vorgesehen ist? Die Errichtung des „Krankenhauses für Sportverletzte" in Stuttgart-Bad Cannstatt wird von meinem Hause grundsätzlich als förderungswürdig angesehen. 902 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Februar 1966 Leider ist eine finanzielle Beteiligung im Haushaltsjahr 1966 nicht möglich, da Mittel für dieses Projekt wegen der angespannten Haushaltslage nicht vorgesehen werden konnten. Ich beabsichtige, Mittel für dieses Rehabilitationszentrum für das Rechnungsjahr 1967 zu beantragen. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Dr. Schwarzhaupt vom 11. Februar 1966 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Felder (Drucksache V/251, Fragen XVIII/ 10, XVIII/ 11 und XVIII/ 12): Bedeuten die Äußerungen der Bundesgesundheitsministerin, Frau Dr. Schwarzhaupt, nach ihrer Rückkehr von einer Studienreise in die USA, dort sei man „bezüglich der Entgiftung der Autoabgase der Bundesrepublik weit voraus", daß die vom Bundesverkehrsminister in den Fragestunden des Bundestages vom 30. November und 1. Dezember 1965 zum gleichen Problem angekündigten amtlichen Richtlinien verschärft werden müssen? Ist die Bundesgesundheitsministerin bereit, ihre entsprechend Frage XVIII/ 10 in den USA getroffenen Feststellungen mit der neugebildeten Prüfstelle für die Abgase von Kraftfahrzeugen beim Technischen Überwachungsverein in Essen zu erörtern? Ist der Bundesgesundheitsministerin bekannt, ob die in den USA gesetzlich verankerten Maßnahmen zur Entgiftung von Autoabgasen eine Erhöhung der dortigen Autopreise zur Folge hatten? Zu Frage 10: Es trifft zu, daß die USA bei dem Bemühen, die Schadstoffe in den Auspuffgasen von Ottomotoren zu verringern, weiter vorangeschritten sind als wir. Die Bundesregierung wird jedoch in Anknüpfung an die in den USA bereits vorliegenden Erfahrungen im Wege einer Verordnung Grenzwerte für den Auswurf von Schadstoffen festsetzen. Zu Frage 11: Selbstverständlich werden die neuen Erkenntnisse auch mit den Experten des Technischen Überwachungsvereins in Essen, vor allem aber mit den Praktikern der Kraftfahrzeugindustrie selbst, erörtert werden. Zu Frage 12: Es ist mir bekannt, daß Kraftfahrzeuge, die in den USA mit anerkannten Einrichtungen zur Abgasentgiftung ausgerüstet sind, je nach dem angewendeten Verfahren 25-50 US-$ mehr kosten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Dichgans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt zunächst an der Feststellung, daß es mir völlig fernlag, hier die Präsidenten zu kritisieren. Ich weiß, daß sie sich immer die größte Mühe gegeben haben, die Rechte der Abgeordneten zu wahren.
    Was meinen Antrag angeht, so hat er in den Fraktionen, jedenfalls bei den Experten offenbar Furcht und Schrecken verbreitet.

    (Lachen und Zurufe.)

    Ich möchte ihnen Gelegenheit geben, sich von diesem Schrecken zu erholen.



    Dichgans
    Ich werde jetzt also nicht auf einer Abstimmung bestehen. Aber, meine Damen und Herren, wir werden uns mit diesem Problem beschäftigen müssen. Die Tatsache, daß wir seit zehn Jahren keine Lösung gefunden haben, berechtigt uns nicht, das Problem als nicht existent zu behandeln.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Präsident, ich bestehe nicht auf einer Abstimmung heute. Ich werde aber meinen Antrag bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit wiederholen.


Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich werde dafür Sorge tragen, daß Ihre Anregung im Ältestenrat besprochen wird.
Das Wort hat Herr Professor Dr. Burgbacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich meine kurzen Ausführungen — ich will nach Möglichkeit schon etwas dem Geist des Antrags Dichgans Rechnung tragen, dem Geist, nicht der Zeit nach, das geht nicht mehr — mit einem Wort beginne, das man dem vor 100 Jahren verstorbenen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Lincoln, zuschreibt. Er sagte:
    Wenige Dinge sind gänzlich schlecht oder gänzlich gut. Fast jede Sache, besonders in der Staatspolitik, ist eine unteilbare Verbindung von beidem, so daß wir ständig zu beurteilen haben, welches der beiden Elemente gerade überwiegt.
    Ich bin der Meinung, daß bei dem zweiten Jahresgutachten des Sachverständigenrats die guten Elemente weit überwiegen. Das Gutachten hat uns eine vorzügliche wissenschaftliche Analyse geliefert. Dafür müssen wir unseren Dank sagen.
    Das Gutachten ist Hilfsmittel der Politik, aber nicht Politik selbst und kann sie auch nicht ersetzen. Es ist unmöglich, daß eine noch so hervorragende Analyse über dieses Thema alle wichtigen Tatbestände bei Diagnose und Therapie erfaßt.
    Die gelegentlich geäußerte Meinung, die Sachverständigen suchten die Schuld für die Preissteigerungen vorwiegend bei den öffentlichen Haushalten, ist nicht begründet. Die Haushaltspolitik ist eine sehr wichtige Voraussetzung für jede Stabilitätspolitik, genügt aber allein nicht. Die Forderung, Preissteigerungen bei Dienstleistungen und in anderen lohnintensiven Bereichen durch Preissenkungen in Branchen mit überdurchschnittlichen Produktivitätssteigerungen auszugleichen, ist theoretisch richtig, aber in Zeiten der Vollbeschäftigung und der Übernachfrage schwer realisierbar.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Auch ist zu beachten, daß Qualitätsverbesserungen bei gleichen Preisen eine effektive Preissenkung darstellen.
    Mit Recht weist das Gutachten darauf hin, daß das angemessene Verhalten der Sozialpartner nur Sinn hat, wenn es außenwirtschaftlich abgesichert werden kann. Aber wie kann das geschehen? Die Liberalisierung im Geld- und Güterverkehr mit ihren hervorragenden Wirkungen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die festen Wechselkurse, die Konvertibilität der Währungen, der freie Transfer der Kapitalien, die große Höhe von Import und Export, die Römischen und die Pariser Verträge und vieles andere bestimmen den wirtschaftlichen Ablauf in der Bundesrepublik neben den nationalen Maßnahmen. Die deutsche Volkswirtschaft ist im klassischen Sinne keine selbständige Volkswirtschaft mehr, sondern Teil eines immer größer werdenden Marktes, insbesondere der EWG, womit feststeht, daß alle nationalen Maßnahmen positiv oder negativ von dieser Umwelt, von der wir ein Teil sind, beeinflußt werden. Die immer enger werdende Verflechtung der deutschen Volkswirtschaft und der EWG und darüber hinaus der EFTA und der atlantischen Welt wird immer bestimmender auch für den Ablauf der deutschen Wirtschaftspolitik.
    Es ist deshalb sehr notwendig, daß sich z. B. die Länder des Gemeinsamen Marktes auf gewisse Grundsätze einigen, so wie sie Bundeswirtschaftsminister Schmücker schon vor einiger Zeit in der EWG in Brüssel vorgeschlagen hat und wie sie mit Erfolg bei der Malaise in Italien und Frankreich angewandt wurden.
    Bei uns sind 60 bis 70 % aller Investitionen nicht über den Kapitalmarkt finanziert, sondern bei der Wirtschaft über den Preis, sofern nicht Mittel aus aufkommenden Abschreibungen zur Verfügung stehen, oder bei den öffentlichen Händen über die laufenden Steuern. Das ist der Preis für die Leistungen der öffentlichen Hand. Eine höhere Dotierung des Kapitalmarktes — ich muß das immer wiederholen — durch Verstärkung der Sparaktionen würde dieses Problem mildern.
    Die Selbstfinanzierung der Wirtschaft kann kaum noch gesenkt werden. Dagegen ist die Finanzierung der öffentlichen Hand über die laufenden Steuern noch sehr bedeutend. Das Zusammenstreichen der Ressortforderungen, das Haushaltssicherungsgesetz, die weiteren Reduktionen durch die Kabinettsbeschlüsse und die derzeitige Beschränkung des Haushalts auf 69,1 Milliarden DM, die in weiteren Verhandlungen noch weiter gesenkt werden sollen, beweisen das zielstrebige Eingreifen von Bundesregierung und Bundestag.
    Anträge der Opposition aus den letzten Jahren, die die vor uns stehende Haushaltsentwicklung im Sinne der Restriktion geändert hätten, sind mir nicht bekannt. Dagegen gibt es eine Reihe von Anträgen, bei deren Verwirklichung die Lage verschärft worden wäre.
    Die Bundesrepublik hat gegenüber anderen Ländern besondere Belastungen, wie z. B. die Kriegsfolgelasten und die Wiedergutmachung. Wenn dann die notwendigen Investitionen für das Wachstum auf dem Kapitalmarkt nicht gedeckt werden können, dann besteht die Gefahr, daß entweder die notwendigen Investitionen unterbleiben und das Wachstum gefährdet wird oder daß der Haushalt überzogen wird und die Preise gefährdet werden. Deshalb hat



    Dr. Burgbacher
    das interessanterweise und auch für mich erstaunlicherweise gerade heute veröffentlichte Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums darauf verwiesen, daß für den Fall, daß die Finanzierung der notwendigen Investitionen nicht auf dem Kapitalmarkt durch höhere Sparprozesse gedeckt werden kann, sondern über die Haushalte erfolgen muß, Steuererhöhungen unausweichlich sind. Hier ist der Teufelskreis zwischen Investitionen, Wachstum, Kapitalmarkt, Preisstabilität und Steuerfrage.
    Die Haushalte der öffentlichen Hand sind sowohl Bremse wie Motor, je nach der Zeit. Sie sind Motor in Zeiten der Stagnation oder in Zeiten wie der hinter uns liegenden Aufbauperiode. Nachdem diese Aufbauzeit abgeschlossen ist, sollten sie sich ihrer zweiten Natur bewußt werden, Bremse zu sein, und zwar Bremse zur Milderung der Konjunkturüberhitzung. Motor müßten sie wieder sein, sobald Erscheinungen einer Stagnation auftreten sollten.
    Nebenbei sei bemerkt: Der Haushalt der Bundesrepublik hat mit dem Haushalt des alten Königreichs Preußen nur wenig mehr gemeinsam als die Überschrift. Er müßte vielmehr seiner völlig verschiedenen Natur nach aufgegliedert sein. Der Bund ist Unternehmer, und zwar der größte in der Bundesrepublik, der Bund ist Sozialpolitiker, und der Bund ist Hoheitsträger mit seiner Verwaltung. Das wirtschaftliche Gewicht auch gleicher Zahlen für die drei Sektoren ist völlig verschieden.
    Wir kommen in Zukunft mit Haushaltsplänen, die nur für ein Jahr aufgestellt sind, nicht mehr aus; die Vorschau auf drei bis fünf Jahre muß versucht werden. Ob dies ohne eine gesamtwirtschaftliche Vorschau möglich ist, ist eine Frage. Auch müßten solche Vorschauen jährlich auf Grund der inzwischen eingetretenen Entwicklung ihre Korrektur erfahren. Hinter jeder Haushaltsposition sollte nach Möglichkeit der geschätzte Betrag für jedes der nächsten drei, vier oder fünf Jahre stehen.
    Der einzige Bemessungsmaßstab für die Kaufkraft der Deutschen Mark ist der Index für den Haushalt der vierköpfigen Normalfamilie. Er ist stark bestimmt durch Dienstleistungen und lohnschwere Produkte, deren Preise wiederum von der Entwicklung des Stundenlohns abhängen, aber auch bestimmt durch die Veränderung der Qualitätsansprüche der Verbraucher auf Grund der Entwicklung des Lebensstandards.
    Diese Ansprüche auf Qualitätssteigerung infolge steigenden Lebensstandards werden in den statistischen Daten, die das Statistische Bundesamt mit außerordentlicher Mühe und Akribie erarbeitet, schwer erfaßt werden können. Das ist immer zu beachten.
    Interessant ist aber ein Rückblick auf die sogenannte gute alte Zeit. In der Zeit von 1895 bis 1913 sind die Großhandelspreise im Durchschnitt jährlich 2 % gestiegen, die Ernährungsgüter ebenfalls um 2 %. Das allgemeine deutsche Preisniveau nach Berechnungen von Professor Spiethoff war 1913 um 40 % höher als 1896. Sinkende Preise gab es bei schrumpfender Wirtschaft und schrumpfender Beschäftigung.
    Seit 1950 sind die Ausagben eines Vier-PersonenArbeitnehmerhaushalts für Ernährung von einem Anteil von rund 46 % auf rund 34 % gefallen. Mit den steigenden Einkommen hat sich, wie man im „Volkswirt" lesen konnte, die Demokratisierung der Ansprüche entwickelt. Sie ist die Ursache dafür, daß das Luxusgut von gestern mit solcher Vehemenz in das Massenkonsumgut von heute verwandelt ist und verwandelt werden konnte.
    Stabilisierungsmaßnahmen dürfen maßvolles Wachstum nicht hindern. Man rechnet für 1966 mit einer Wachstumsrate von 4 %; neuerdings hält man es sogar für möglich, daß sie etwas niedriger sein könnte. Zu dem im Gutachten enthaltenen Hinweis, daß die Privatinvestitionen nicht höher steigen dürfen als die vorgesehene Wachstumsrate von 4 °/o, wenn nicht der Kapitalmarkt durch Sparprozesse mehr hergibt, muß man fragen, ob bei einer solchen Begrenzung der Privatinvestitionen das vorgesehene, vorgeschaltete Wachstum von 4 % sichergestellt ist oder gefährdet ist.
    Die Aufgabe der Politik ist es — und durch ihre Verhaltensweise haben alle zur Erreichung dieses Zieles beizutragen —, bei der Fortsetzung einer maßvollen Wachstumspolitik die Stabilität zu erreichen. Stabilität mit Wachstum! Dabei sind Investitionen weiter zwingend notwendig, bei stagnierenden oder rückläufigen Branchen zur Rationalisierung und bei Wachstumsbranchen zur Expansion. Die Investitionsquote betrug in der EWG im Jahre 1965 im Durchschnitt 23 % des Bruttosozialprodukts. In der Bundesrepublik war sie am höchsten mit 26,7 %. Die EWG-Kommission befürchtet, daß ein zu geringer Anstieg der unmittelbar produktiven Investitionen schwerwiegende Folgen für das längerfristige Wachstum haben müsse.
    Der Bundesbank ist Dank zu sagen für ihren Kampf um die Stabilität der Währung, und diesen Dank sollen wir auch heute hier aussprechen. Die gewünschte Wirkung der Maßnahmen der Bundesbank bei festen Wechselkursen und freier Konvertibilität zu erreichen ist schwierig. Höhere Zinsen sind für Investitionen, die hohe Lohnkosten sparen, oder für Investitionen, die überdurchschnittliche Produktivitätssteigerungen zu verzeichnen haben, kein Hindernis, wohl aber für diejenigen, die auf der Schattenseite der Konjunktur leben.
    Die Subventionen für Güter, Leistungen und Dienstleistungen — kurz gesagt: alles, was aus der Zeit des Aufbaus, und damals mit Recht, irgendwie subventioniert worden ist — müssen daraufhin überprüft werden, wie weit sie bei der inzwischen eingetretenen Entwicklung dem Grunde oder der Höhe nach noch ihre Berechtigung haben. Dabei müssen in der Regel die Leistungen — z. B. von Post und Bahn, nachdem sie durch Abbau des unwirtschaftlichen Leistungsangebots und Stillegung unrentabler Strecken vermeidbare Kosten reduziert haben — den Kostenpreisen angepaßt werden.



    Dr. Burgbacher
    Wenn ich von Rationalisierung bei der Bundesbahn spreche, dann möchte ich mich nicht der Pflicht entziehen, allen Mitarbeitern der Bundesbahn für ihren opfervollen, pünktlichen und der Welt bekannten zuverlässigen Dienst unseren Dank zu sagen. Mit der persönlichen Leistung hat die Notwendigkeit der Rationalisierung der Bundesbahn nichts zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn so der Kostenpreis marktfähig gemacht ist, dann sollte er d e r Preis sein. Das ist eine bitter schmeckende, aber hilfreiche Arznei. Den sozialpolitischen Notwendigkeiten bei diesen Leistungen soll in der Regel nicht mehr durch soziale Preise Rechnung getragen werden, sondern durch gezielte Maßnahmen der Sozialpolitik auf den Teilgebieten, auf denen noch etwas sozialpolitisch zu tun ist.
    Alle müssen dem jetzt vordringlichen Ziel der Sicherung der Stabilität ein Opfer bringen, auch wenn es sich um Dinge handelt, die dem eigenen Herzen besonders nahe stehen. Das gilt nicht nur für die Durchforstung der Subventionen einschließlich der Zinssubventionen, sondern das gilt auch für die Sparförderungsmaßnahmen, die für größere Einkommen gestrichen und nach Möglichkeit für kleinere Einkommen verbessert werden sollten. Die Frage der Sparfähigkeit soll das entscheidende Element sein.
    Die Berichtigung bisher gewährter Preisvorteile darf aber nicht zu einer Lohnwelle führen, sondern sie muß — das möchte ich ganz klar sagen — als Opfer für die Stabilität der Währung von dem in Kauf genommen werden, den es angeht. Dieses Opfer der Korrektur der Subventionen und der Preise ist leichter zu ertragen als die dauernd quälende Sorge um die Kaufkraft der Währung, da sich aus deren Psychologie eine ständige Unsicherheit ergibt, die teurer für uns alle wird als der Mut zu einem Besinnungsjahr. In der Rede zur Regierungserklärung habe ich bereits zu einer Pause, zu maßvollem Verhalten bei Löhnen und Preisen im Jahre 1986 aufgefordert. Ich wiederhole es, weil es eine schöpferische Pause werden soll besonders bei dem Verzicht auf Arbeitszeitverkürzung.
    Der deutschen Gewerkschaft gebührt der Dank für ihr diszipliniertes Verhalten in der Vergangenheit, insbesondere während der Aufbauzeit. Ohne dieses Verhalten der Gewerkschaften wäre der Aufbau dem Umfang nach und dem Tempo nach nicht möglich gewesen. Es wäre kein Bruch in der Politik der Gewerkschaften, sondern die Fortsetzung dieser Politik in Anpassung an eine geänderte Situation, wenn man sich zu einer Pause entschließen könnte, also einen Beitrag zur Stabilität leisten würde, so wie man in der Aufbauzeit den Beitrag zum Aufbau geleistet hat, der sich in der Folge auch zum Vorteil der gesamten Arbeitnehmerschaft nachhaltig ausgewirkt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Natürlich ist der Appell zur Pause auch an die Wirtschaft gerichtet. Dabei muß aber festgestellt werden, daß bei befriedigender Umsatzentwicklung die Ertragsentwicklung im Schnitt nicht Schritt gehalten hat. Es gibt wenige Wachstumsbranchen, in denen die Erträge entsprechend der Umsatzentwicklung oder sogar noch mehr gestiegen sind. Bei vielen stagnieren die Erträge trotz steigender Umsätze, oder sie fallen sogar, und einige Branchen sind in einer Art Not.
    In der Gestaltung der Preispolitik sind wir nicht souverän, sondern auch von dem Verhalten unserer Wirtschaftspartner in der Welt abhängig. Bis jetzt ist es gelungen, die Wettbewerbsfähigkeit für den deutschen Export zu erhalten. Das muß weiter unser Ziel sein. Es handelt sich also schließlich um die Disziplin aller, um eine Disziplin, die der Schutzpatron, und zwar der einzige, für die Freiheit ist. Wir sollten sie deshalb alle zusammen aus freien Stücken der Freiheit wegen auch üben. Die Parlamente von Bund, Ländern und Gemeinden und die Regierungen sowie die Sozialpartner und alle, die es angeht, sind aufgerufen, mindestens für dieses Jahr ein Jahr der Selbstbeherrschung und der Disziplin sich aufzuerlegen, damit das langfristig Notwendige getan und über das kurzfristig Angenehme gestellt wird.
    Insbesondere — ich wiederhole das — sollte von der Verkürzung der Arbeitszeit abgesehen werden; denn von daher kann dann der Druck auf die notwendigen Investitionen noch erhöht werden. Denn wenn man bei sinkender Arbeitszeit die Produktion halten oder gar steigern will, dann ist im allgemeinen damit eine Steigerung des Investitionsbedarfs verbunden, dessen Finanzierung, wie ich vorhin ausführte, uns ohnehin diese problematischen Schwierigkeiten macht.
    Wirtschaftspolitik ist keine Mathematik. Die Mathematik ist zwar ein sehr guter Diener der Wirtschaftspolitik, aber ein miserabler Herr. Die weitverbreitete Rechnung mit dem Prozentsatz der durchschnittlichen Steigerung des Bruttosozialprodukts für die Vorgänge verschiedenster Art ist höchst problematisch. Wenn wir 1966 einen Bruttosozialprodukt-Zuwachs von 4 % haben, so ist das das gewogene Mittel von etwa minus 10 und plus 40 % — um Zahlen zu nennen, auf die Sie mich nicht festlegen dürfen — je nach den Branchen. Die Lohn- und Gehaltspolitik kann aber in der Vollbeschäftigung nicht in dem Maße differenziert sein — sie ist differenziert, aber sie kann nicht in dem Maße differenziert sein —, wie es die verschiedenen Ertragslagen der Branchen eigentlich von der Wirtschaftskraft her bedeuten müßten. Richtet sich die Lohnpolitik nach dem Durchschnitt, so ergibt sich für alle Wirtschaftszweige, die unter dem Durchschnitt liegen, die berühmte Alternative, entweder durch Rationalisierung den höheren Lohn auszugleichen — und das ist eine wünschenswerte Sache — oder die Produktion einzustellen — das kann wünschenswert und kann falsch sein — oder die Preise zu erhöhen, wenn es sich um Güter handelt, die der Markt zu höheren Preisen abnimmt oder abnehmen muß, was in der Regel in unserer Zeit der Fall ist.
    Von den Zahlen des Monats September 1965, die die Sachverständigen als letzte Zahlen benutzen mußten, kann man sagen, daß sie sich zum Teil weiterentwickelt und auch verbessert haben. Ich nenne die Zahlungsbilanzentwicklung und ich nenne die Exportentwicklung.



    Dr. Burgbacher
    Am Rande sei bemerkt, daß die sensationell niedrigen Preise in den diesjährigen Saisonschlußverkäufen doch beweisen, daß zumindest auf all diesen Gebieten der Nachfrage ein genügend starkes Güterangebot gegenübersteht.
    Alle Probleme, mit denen sich das Sachverständigengutachten und jetzt wir befassen — das darf nicht vergessen werden —, sind Folgen einer im übrigen außergewöhnlich erfolgreichen Politik, Folgen der reichen Wachstumspolitik und der erheblichen Steigerung des allgemeinen sozialen Standings.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb kann man an die Bekämpfung dieser Mängel — und die ist notwendig — aus der Position des Optimismus herangehen und nicht der des Pessimismus.
    Unsere Lage wird bestimmt von der Hochkonjunktur, von der Voll- bzw. Überbeschäftigung, von der nicht genügend differenzierten Lohnpolitik, von der Oberziehung der Haushalte in Bund, Ländern und Gemeinden, von den festen Wechselkursen, die aber trotzdem besser sind als flexible — in der Politik kann man in den seltensten Fällen zwischen gut und schlecht unterscheiden, sondern meistens zwischen weniger schlecht und schlecht oder zwischen weniger gut und gut; siehe Lincoln am Eingang meiner kurzen Ausführungen —, von der Interdependenz der deutschen Volkswirtschaft mit der EWG, der EFTA und der atlantischen Welt — Stichwort Kennedy-Runde —, schließlich von der Gefährdung eigener kreditpolitischer Maßnahmen durch die Liberalisierung des Kapital- und Geldverkehrs, durch die ständige Steigerung der Qualitätsansprüche zur Deckung des täglichen Bedarfs und durch die Umschaltung, die damit — erfreulicherweise, aber beachtenswerterweise — verbunden ist: von bisher körperlicher Arbeit auf technische Einrichtungen in den Haushalten und in der Zubereitung der Ernährung.
    Andererseits besteht die Tatsache, daß für alle Güter und Leistungen, in Arbeitsminuten gerechnet, weniger Arbeitszeit aufzuwenden ist als vor Jahren, was natürlich wiederum im Ergebnis eine bedeutende Steigerung der Nachfrage bedeutet.
    Der Bundeskanzler hat gesagt, daß die Aufbauzeit sozusagen abgeschlossen sei. Diese im wesentlichen richtige Feststellung bedeutet aber auch, daß alle die für den Aufbau — ich wiederhole das — richtigen Maßnahmen nunmehr darauf überprüft werden müssen, wieweit sie noch richtig sind für den neuen Abschnitt des natürlichen Wachstums, — wie bei den Volkswirtschaften, die keine Aufbauzeit in unserem Sinne notwendig haben.
    Dabei ergibt sich zwingend, daß vieles, was in der Aufbauzeit sehr richtig war, heute falsch sein kann und revidiert werden muß. Die letzten Grundsätze sind immer dieselben, nämlich das Wohl aller. Die vorletzten sind schon nicht mehr immer dieselben, wenn sie richtig sein sollen.
    Die Anregungen des Gutachtens, nämlich die flexible Regelung der Abschreibung, die Frage positiver oder negativer Investitionsabgaben, die Frage der Unkündbarkeit von Anleihen mit hohem Zins und die des Verbots aller Preisgleitklauseln sind wichtige Anregungen, die in den nun folgenden Beratungen des Sachverständigengutachtens und des Haushaltsplanes sowohl von der Regierung als auch von uns in den Ausschüssen gründlich zu prüfen sein werden. Auf jeden Fall ist es notwendig, die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden der Bruttosozialproduktsentwicklung anzupassen.
    Die Anregung des Bundeswirtschaftsausschusses der CDU auf Erlaß eines Konjunkturrahmengesetzes sollte ernstlich geprüft werden. Es soll die Grundlage eines breiten, differenzierbaren und beweglichen konjunkturpolitischen Instrumentariums sein, das ausreichende Ermächtigungen zur anpassungsfähigen Regelung durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates —und natürlich Widerrufsrecht des Bundestages — enthalten muß.
    Ich habe in einer Gewerkschaftszeitung gelesen, das sei das neue Ermächtigungsgesetz.. Ich möchte doch alle bitten, folgendes zu bedenken: natürlich kann man daran kritisieren, und natürlich bedeutet die Übergabe einer Vollmacht eines Parlaments an die Regierung immer einen wichtigen und sehr zu prüfenden Schritt, aber ebenso klar ist es, daß eine griffige, sichere Konjunkturpolitik nicht möglich ist mit Maßnahmen, die vorher monatelang auf dem Markte diskutiert worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Außerordentlich wichtig wäre — ich wiederhole es — die Steigerung der Sparprozesse zur Verbesserung des Kapitalmarktes und zur Entlastung der Investitionsfinanzierung über laufende Steuern. Bei öffentlichen und privaten Investionen sollte zurückgestellt werden, was nicht im Sinne der Volkswirtschaft produktiv ist. Das ist für ein Jahr zumutbar. Dabei ist aber davor zu warnen, daß man den betriebswirtschaftlichen Begriff der Produktivität z. B. bei allen Bildungseinrichtungen auf diese überträgt. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß zu den förderungswürdigen Aufwendungen alle gehören, die in die Zukunft wirken und die zukünftige Produktivität zu steigern geeignet sind. Darunter fallen alle Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen ebenso wie Wissenschaft und Forschung. Bei der Abhängigkeit der Produktivität einer modernen Volkswirtschaft von Wissen und Können auf allen Ebenen des sozialen Lebens wäre es eine wahrhaft kurzsichtige Politik, es anders zu machen. Sie würde langfristig in eine Stagnation führen müssen, und keiner wird von einer weitsichtigen Politik erwarten, daß sie des Tages wegen die Zukunft gefährdet.
    Die Politik der Kreditrestriktion muß fortgesetzt werden. Ich bin aber der Meinung, daß wir die Bitte äußern dürfen, eine langsame Milderung vor allem für die eintreten zu lassen, von denen ich sagte, daß sie auf der Schattenseite der Konjunktur leben. Ich weiß, wie schwierig das Problem ist, wenn man vom Allgemeinen aufs Besondere geht; aber ich habe es für meine Pflicht gehalten, auf dieses Problem hinzuweisen.



    Dr. Burgbacher
    Wir sollten im Bundestag auch kein Gesetz, das Ausgaben zur Folge hat, beschließen, ohne dabei die Deckungsfrage beweiskräftig mit zu behandeln. Die restriktive Haushaltspolitik in unserer Zeit ist die Voraussetzung für die Sicherung der Sozialpolitik in der Zukunft.
    Das Gutachten empfiehlt, die notwendigen Maßnahmen gleichzeitig, gleichmäßig und allmählich durchzuführen. Die Bundesregierung sollte deshalb eine gesamtwirtschaftliche Vorschau für die nächsten Jahre vorlegen, in der nicht nur eine Vorschau auf die entsprechenden Haushaltsziffern, sondern auch die vermutete Produktivitätssteigerung und andere wichtige Daten enthalten sein sollten. Dabei müssen auch unvermeidbare strukturpolitische Änderungen gesehen und gewürdigt werden. Durch geeignete Anpassungsmaßnahmen sollten bruchartige Entwicklungen — ich betone: bruchartige — nach Möglichkeit vermieden werden; dagegen sollten die Entwicklungen als solche nicht beeinträchtigt werden.
    Wirtschaft ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Sie hat dem Menschen zu dienen. Wir wünschen die Fortführung der Wachstumspolitik mit Stabilität. Das ist nicht einfach und wird ein dauerndes Ringen bedeuten. Das Ringen um die Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung ist eine ewige Auseinandersetzung. Es kann zu bestimmten Zeiten revolutionär oder evolutionär zugehen. Das evolutionäre soziale Ringen wird im Sinne der Verbesserung des sozialen Standings und auch der Verbesserung der Vermögens-, der Eigentumsstruktur nur bei einer Wachstumspolitik erfolgreich sein können. Unsere demokratische freiheitliche Ordnung, verbunden mit dem wirtschaftlichen Wachstum, garantiert erst diese Evolution. Die Freiheit, die Rechte und Pflichten der Sozialpartner einerseits und der jährliche Zuwachs des Bruttosozialprodukts andererseits bringen die Möglichkeit, die Lage der Bürger ständig zu verbessern, ohne die demokratische Ordnung zu gefährden. Also: Stabilität mit Wachstum.
    Nun, Herr Präsident, bitte ich um die Erlaubnis, gewissermaßen zu Ehren eines in den letzten Tagen verstorbenen großen Mannes, Wilhelm Röpkes, etwas vorlesen zu dürfen, was zu unserem Thema im weiteren Sinne in engster Beziehung steht. Die „Frankfurter Allgemeine" hat in den letzten Tagen aus dem Buch von Wilhelm Röpke „Jenseits von Angebot und Nachfrage" dankenswerterweise einen Abschnitt abgedruckt. Ich zitiere:
    Die Gesellschaft als Ganzes kann nicht auf dem Gesetz von Angebot und Nachfrage aufgebaut werden, wie es ja auch seit Burke immer beste konservative Überzeugung gewesen ist, daß der Staat mehr ist als eine Art von Aktiengesellschaft. Menschen, die auf dem Markte sich miteinander im Wettbewerb messen und dort auf ihren Vorteil ausgehen, müssen um so stärker durch die sozialen und moralischen Bande der Gemeinschaft verbunden sein, anderenfalls auch der Wettbewerb aufs schwerste entartet. Mit anderen Worten: Die Marktwirtschaft ist nicht alles. Sie muß in einen höheren Gesamtzusammenhang eingebettet sein, der nicht auf Angebot und Nachfrage, freien Preisen und Wettbewerb beruhen kann. Sie muß vom festen Rahmen einer Gesamtordnung gehalten sein, die nicht nur die Unvollkommenheit und Härten der Wirtschaftsfreiheit durch Gesetze korrigiert, sondern auch dem Menschen die seiner Natur gemäße Existenz nicht verweigert. Der Mensch aber kann nur dann volle Erfüllung seiner Natur finden, wenn er sich willig einer Gemeinschaft einfügen und sich ihr solidarisch verbunden fühlen kann.
    Diese Solidarität ist auch die Voraussetzung für unsere Politik: Stabilität mit Wachstum.