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7. Sitzung Seite 136 D Zeile 12 statt „Haase [Kellinghusen] " : Haase [Kassel].
Anlage 1
Liste der beurlaubten Abgeordneten
Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich
a) Beurlaubungen
Dr. Achenbach 2. 12.
Dr. Arndt (Berlin/Köln) 2. 12.
Frau Berger-Heise 18. 2. 1966
Dr. Birrenbach 2. 12.
Borm 2. 12.
Damm 2. 12.
Deringer 2. 12.
Dr. Dittrich 2. 12.
Gewandt 2. 12.
Dr. h. c. Güde 2. 12.
Hilbert 2. 12.
Hirsch 2. 12.
Illerhaus* 2. 12.
Jaschke 2. 12.
Klein 2. 12.
Koenen (Lippstadt) 31. 12.
Kriedemann 31. 12.
Kubitza 2. 12.
Lemmrich 2. 12.
Marquardt 2. 12.
Dr. von Merkatz 2. 12.
Merten* 2. 12.
Ramms 2. 12.
Rawe 8. 12.
Frau Schanzenbach 31. 12.
Frau Schimschok 31. 12.
Schmidt (Würgendorf) 2. 12.
Dr. Schmidt-Burgk 2. 12.
Schultz 2. 12.
Seifriz* 2. 12.
Seuffert 2. 12.
Spillecke 2. 12.
Spitzmüller 2. 12.
Stein 2. 12.
Frau Strobel* 2. 12.
Unertl 2. 12.
Varelmann 2. 12.
Dr. Wahl* 2. 12.
Wienand 2. 12.
Dr. Wörner 3. 12.
Wolf 10. 12.
Zerbe 2. 12.
Zink 2. 12.
b) Urlaubsanträge
Blachstein 31. 12.
Schmidt (Hamburg) 10. 12.
* Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Europäischen Parlaments
Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2
Schriftliche Ausführungen
der Abgeordneten Frau Dr. Maxsein zu der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung.
Ein verhältnismäßig kurzer Abschnitt der Regierungserklärung befaßt sich mit der auswärtigen Kulturpolitik. In diesen wenigen Zeilen konnte natürlich nur eine allgemeinste Übersicht über die Absichten der Regierung auf diesem Gebiet gegeben werden. Dabei könnte der Eindruck entstehen, daß die Kürze der gegebenen Darlegung in irgendeiner Beziehung zu der unbestrittenen Priorität des Gebiets steht. Das trifft nicht zu,
Ich möchte nicht nur von der Kulturpolitik sprechen, sondern auch etwas über die Wissenschaftspolitik im engeren Sinne sagen. Es sind viele Stellen, nicht nur anderwärts, sondern auch hier im Hause, die sich seit Jahren mit großer Intensität und in außerordentlicher Bemühung mit Fragen der auswärtigen Kulturpolitik befassen. Diese Arbeit vollzieht sich jedoch mehr in der Stille, weithin unbeachtet und damit leider auch nicht so gewertet, wie es ihrer Bedeutung entspräche.
Der Herr Bundeskanzler hat in seiner vorletzten Regierungserklärung bereits gesagt, der Wissenschafts- und Kulturpolitik komme der Rang zu, den die Sozialpolitik im 19. Jahrhundert besessen habe. Ich möchte mit ausdrücklicher Genugtuung feststellen, daß dieser Satz in letzter Zeit eine Verwirklichung in praxi gefunden hat. Sie alle wissen, daß die für die Wissenschaft vorgesehenen Mittel bisher bei der Tätigkeit der Sparkommission, des sogenannten Streichquartetts, ausgespart wurden. Sollte letztlich dennoch bei diesem Etat der Rotstift angesetzt werden, so würde ich die Absicht bedauern und ihr mit Nachdruck widersprechen. Nun könnten Gruppen in der pluralistischen Gesellschaft auftreten und sich bitter darüber beklagen, daß die Wissenschaftspolitik bevorzugt würde. Ihnen wäre zu antworten, daß die Wissenschaftspolitik das Kernstück der Verwirklichung unserer politischen und gesellschaftspolitischen Vorstellungen ist. Es ist keineswegs Ausdruck einer naiven Wissenschaftsgläubigkeit, wenn ich hervorhebe, daß die herkömmlichen Grenzen der Nationen und Völker heutzutage dank der Leistungen der Wissenschaft in atemberaubender Geschwindigkeit überrannt werden.
Ein ausdrückliches Wort der Anerkennung und des Dankes möchte ich der Bundesregierung sagen für die in den letzten Jahren getriebene Wissenschafts- und Kulturpolitik. Ich denke dabei besonders an den Bundesbericht Forschung I. Es ist durchaus von Interesse, daß der Schweizer Professor Reverdin, Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates, diesen Bericht erst kürzlich in der großen Kultur- und Wissenschaftsdebatte des Europarates als vorbildlich bezeichnete. Ich selbst hatte dabei Gelegenheit, das System der Kooperation,
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dem der Bericht seine Entstehung verdankt, als Modell einer europäischen Zusammenarbeit hinzustellen. Die mit dem Bundesbericht verbundene Leistung ist in Anbetracht der bekannten verfassungsmäßigen Schranken, die einer Tätigkeit des Bundes auf dem Gebiet der Kultur und Wissenschaft gesetzt sind, um so höher zu veranschlagen.
Ich habe gerade vom Europarat gesprochen und möchte in diesem Zusammenhang nicht versäumen, ein weiteres kulturpolitisches Problem anzusprechen, von dem in der Regierungserklärung die Rede ist, das Problem der Geltung der deutschen Sprache im internationalen Verkehr. Alle, die seit Jahren in den europäischen Gremien arbeiten, wissen, daß hier noch viele Wünsche offen sind. Wir verkennen nicht die historischen Gegebenheiten, die den heutigen unbefriedigenden Zustand herbeigeführt haben. Aber die Situation des Jahres 1949 läßt sich nun einmal nicht mehr mit der des Jahres 1965 vergleichen. Eine zweckentsprechende Lösung dieses Sprachenproblems würde übrigens auch zu einer Aufwertung unserer internationalen Position in einigen europäischen Gremien führen. Der internationale Kurswert der geistigen Münze, die unsere „Sprache" darstellt, würde auf jeden Fall steigen. Immerhin ist die deutsche Sprache auch heute noch die in Europa am meisten gesprochene Sprache. Wir wollen nicht verhehlen, daß sich die Regierung in letzter Zeit bemüht hat, diesen unbefriedigenden Zustand zu ändern, und diese Bemühung verdient Anerkennung. Trotzdem möchte ich aber vor diesem Hohen Hause
die Frage nochmals anschneiden. Wir wissen ja, daß es lange recht still um sie war. Angesichts dieser neu eingeleiteten Bemühungen können wir nichts tun, als der Bundesregierung einen guten Fortgang dieser Bemühungen zu wünschen und auf keinen Fall in der Intensität nachzulassen. Wir möchten eher darum bitten, diese Bemühungen noch zu forcieren.
Ein zweites Wort zu unserer Arbeit in den europäischen Parlamenten. Ich möchte jetzt nicht die Frage der Arbeit hier im Bundestag und dort in ihrer ganzen Breite ansprechen. Nur soviel: wie die Dinge vom rein Institutionellen her gesehen zur Zeit stehen, wird auf die Klammerfunktion nicht verzichtet werden können, die sich aus der Tätigkeit derselben Abgeordneten, die also in Personalunion im nationalen und internationalen Bereich zugleich arbeiten, ergibt. Solange wir nicht direkt gewählt werden, muß diese Klausel bestehenbleiben. Der vom Wähler dem Abgeordneten gegebene Auftrag, das Mandat, ist gerade bei dieser Arbeit ganz und gar unentbehrlich. Die administrative, technologische oder bürokratische Funktion allein ist ohne den mit dem Mandat gegebenen politischen Auftrag in Gefahr, zum Selbstzweck zu werden. Das uferlose Weiterwuchernlassen des Bürokratismus kann nur verhindert werden, wenn sich ein entschiedener politischer Wille gegen die bürokratische Funktion stemmt oder sie zumindest steuert.
Ich verrate kein Geheimnis — und diese Tatsache ist bedauerlich — wenn ich sage, daß die praktische Würdigung der europäischen Arbeit gerade dort im argen liegt, wo man noch am ehesten eine
entsprechende Würdigung erwarten könnte: bei un- ( seren politischen Parteien — ohne Ausnahme — und auch bei der Presse. Ich plaudere nichts aus, wenn ich hier einmal feststelle, daß die europäischen Mandatsträger stets in akuter Gefahr leben, für diese ihre internationale Arbeit mit dem Entzug des nationalen Mandats bedroht zu werden. Dies mag ein wenig überspitzt formuliert sein. Alle meine Kollegen in den europäischen Parlamenten werden aber bestätigen können, daß diese Gefahr mit den Jahren nicht geringer geworden ist.
Die Arbeit gerade auf dem Gebiet der internationalen Kultur- und Wissenschaftspolitik vollzieht sich, wie schon erwähnt, meist in der Abgeschiedenheit von Ausschußzimmern. Sie macht keine Schlagzeilen. Damit ist über ihren überragenden Rang nicht das geringste gesagt. Es wäre ungerecht, wenn man nun behaupten wollte, daß die Presse unsere Arbeit in Straßburg und anderswo totschweigt. Es gibt eine Reihe von Journalisten, die mit großer Sachkenntnis und unermüdlich seit Jahr und Tag das Zusammenwachsen Europas auch publizistisch fördern. Aber es muß leider als absolut singuläres Ereignis betrachtet werden, wenn einmal, wie es anläßlich der WEU-Tagung in Paris in der vorletzten Woche geschah, eine große überregionale Tageszeitung an führender Stelle über ein Ereignis im europäischen Raum berichtet.
Die auswärtige Kulturpolitik, meine Damen und Herren, hat ja innerhalb der auswärtigen Politik, um diesen Satz in der Regierungserklärung noch einmal zu wiederholen, „kaum hoch genug zu veranschlagende Bedeutung". Man braucht sich, wenn es eines Beweises für diesen Satz bedürfte, ja nur die festgefahrene weltpolitische Situation vor Augen zu führen, deren harte Wirklichkeit uns in der Bundesrepublik schmerzhaft bewußt ist. Die Kulturpolitik offenbart, daß Europa noch eine geistige Einheit ist. Eine zielbewußte und von einheitlichem politischen Willen getragene auswärtige Kulturpolitik wirkt in Zonen hinein, zu denen uns politisch der Zugang hermetisch verschlossen ist.
Als Berlinerin darf ich in diesem Zusammenhang jenen seinerzeit von Professor Kogon gemachten Vorschlag erwähnen, Berlin zum wissenschaftlichen Planungszentrum der Welt zu machen. Der Vorschlag scheint anspruchsvoll und beinahe etwas utopisch zu sein. Was ist heute noch utopisch? Was alles würde aber bei einer Realisierung eines solchen Plans in Bewegung geraten! Die politischen Möglichkeiten kann ich nur als elektrisierend bezeichnen. Die Auswirkungen einer solchen zielbewußten auswärtigen Kulturpolitik für den ganzen Bereich der Ost-West-Beziehungen wären einer ausführlicheren Erwägung wert, als mir hier möglich ist. Zumindest wird uns an diesem Beispiel klar, in welchem Maße die Kulturpolitik ein machtvolles Instrument der Außenpolitik ist. Der Vorschlag Kogons ist zweifellos registriert worden, und sicherlich wurde er als geistvoller Beitrag zur Zeitgeschichte gewürdigt. Aber wo ist eigentlich die Stelle, die einen solchen Vorschlag aufgreift, ihn überdenkt, ihn auswertet, die untersucht, wie er zu verwirklichen ist? Sie sehen, was fehlt, ist eine solche Stelle, wo die Brücke
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zwischen Parlament und Wissenschaft geschlagen wird. Diese Stelle gehört hierher, ins Parlament, in den Bundestag, wenn wir den Auftrag, die wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Gesellschaftspolitik in der Gesetzgebung auszuwerten, wahrnehmen und ernst nehmen wollen.
Solche Gedankengänge werden übrigens heute bei allen europäischen Völkern angestellt. Aus der deutschen Wissenschaftstradition heraus hätten wir die Aufgabe, hier sehr initiativ zu werden.
Ich komme zum Schluß. Es ist paradox, daß wir in unserer sogenannten Wohlstandsgesellschaft auf Gedeih und Verderb von der Intensität der geistigen Bemühungen abhängen. Eine einfach „technische" Planung auf unserem Gebiet, ein Steckenbleiben in einer in alten Gleisen laufenden Gesetzgebungsroutine genügt nicht mehr. Die Funktion des Gesetzes als Ordnungsinstrument wird in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts anders als im 19. Jahrhundert aussehen. Die Parlament und Wissenschaft gestellten Aufgaben werden in Zukunft in einer Weise miteinander verknüpft werden müssen, der man nur die höchste Dringlichkeitsstufe zuerkennen kann. Denken Sie an die im Bundesbericht aufgestellte Behauptung, daß die Wissenschaft die eigentliche Großmacht unserer Zeit geworden ist. Sie stellt die Politik vor Probleme, die unsere bisherigen Vorstellungen vom Menschen überhaupt in Frage stellen. Eine völlig neue Anthropologie entsteht. Der Menschmuß lernen, mit den in ungeahnten Dimensionen auf ihn einstürmenden Kräften fertig zu werden. Nur die engste Kooperation von Wissenschaft und Politik kann hier schöpferisch werden und Unheil verhindern.
Das sind Vorstellungen, die unsere Regierungspolitik auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Kulturpolitik in den kommenden Jahren inspirieren sollten. Dann wird es gelingen, dem Bild Deutschlands die „Züge des Geistes und der menschlichen Gesittung" zu verleihen, von denen in der Regierungserklärung die Rede ist. Von einer solchen umgreifenden Vorstellung aus erhalten auch die Einzelbereiche eine echte Funktion und verarmen nicht in technokratischer Isolierung. Das heißt, die Wissenschaftspolitik ist Kernstück jeglicher Politik überhaupt. Sie wird in der Zukunft mehr und mehr der Ausgangspunkt unserer politischen Überlegungen sein, ob es sich um Wirtschafts-, Verteidigungs- oder Sozialpolitik handelt, von der Kulturpolitik im engeren Sinn gar nicht zu sprechen.
Es lohnt sich, dieses Ziel vor Augen gemeinsam an die Arbeit zu gehen.
Anlage 3
Schriftliche Ausführungen
des Abgeordneten Schulhoff zu der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung.
Ich erkenne durchaus an, daß es richtig ist, die Beratungen über die Reform der Umsatzsteuer nicht auf die lange Bank zu schieben, damit die Reform
in dieser Wahlperiode durchgeführt werden kann. Meines Erachtens wäre es aber zweckmäßig gewesen, daß die Bundesregierung den in der vergangenen Wahlperiode gescheiterten Entwurf so schnell wie möglich gründlich überarbeitet und als neuen Regierungsentwurf eines Umsatzsteuergesetzes den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet hätte.
Die Planung für ein so umfassendes Gesetzgebungswerk, das ich eingebettet in das noch größere Gesetzgebungswerk der Finanzreform sehen möchte, gehört nun einmal zunächst in die Hand der Bundesregierung. Die Reform der Umsatzsteuer, die fast ein Viertel des Steueraufkommens aller Gebietskörperschaften in der Bundesrepublik und mehr als 40 v. H. des Steueraufkommens des Bundes erbringt, ist nur als Teil der großen Finanzreform sinnvoll. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß von maßgebenden Experten bereits die Einbeziehung der ganzen Gewerbesteuer oder von Teilen der Gewerbesteuer in die künftige Umsatzsteuer erwogen wird. Das aber würde bedeuten, daß von den Beratungen über die Umsatzsteuerreform mehr als ein Drittel des Steueraufkommens in der Bundesrepublik betroffen würde. Berücksichtigt man weiter, daß die Pläne für die Finanzreform von der hierfür eingesetzen Kommission in Kürze vorgelegt werden sollen, so wäre es in der Tat sinnvoller gewesen, die Gesamtplanung für die Finanzreform einschließlich der Umsatzsteuerreform zunächst der Bundesregierung zu überlassen. Wir hätten dann wenigstens die Chance gehabt, eine Finanzreform aus einem Guß zu bekommen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ein überstürztes, nicht in vollem Umfang mit anderen Gegebenheiten abgestimmtes Vorgehen in der Sache Umsatzsteuer zu keinem befriedigenden Ergebnis führen wird.
In meinen in der Bundestagssitzung vom 5. 2. 1964 zu Protokoll gegebenen Ausführungen habe ich mich eingehend mit den Auswirkungen der Umsatzsteuerreform auf die künftige Preisentwicklung, insbesondere das künftige Preisgefüge, befaßt. Wörtlich habe ich hierbei ausgeführt:
Es wäre an der Zeit, daß die Bundesregierung der gewerblichen Wirtschaft einmal klipp und klar sagt, wo und in welchem Umfange Mehrbelastungen bei Einführung der Mehrwertsteuer eintreten werden. Wenn das nicht geschieht, braucht man sich nicht zu wundern, daß weite Kreise der Wirtschaft, auch solche, die der Umsatzsteuerreform an sich positiv gegenüberstehen, wie z. B. das Handwerk, über die bei der Umstellung auf die Mehrwertsteuer eintretenden Auswirkungen beunruhigt sind.
Was ist nun in der Sache in der Zwischenzeit geschehen? Sind amtlicherseits Untersuchungen über die zu erwartenden Belastungsverschiebungen bei der Umstellung auf das neue Umsatzsteuersystem angestellt worden? Oder ist man immer noch der Auffassung, daß es wegen der angeblich unbekannten jetzigen Umsatzsteuerbelastung der Waren und Dienstleistungen nicht möglich ist, diese Vorgänge
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in den Griff zu bekommen? Ich verkenne keineswegs, daß es schwierig ist, genaue Angaben über die zu erwartenden Belastungsverschiebungen zu bekommen. Für unsere Urteilsfindung sind aber annähernd richtige, ja selbst Schätzwerte über die Belastungsverschiebungen immer noch besser als überhaupt keine Werte. Ich bin daher dem Zentralverband des Deutschen Handwerks sehr dankbar, daß er die Zentralfachverbände des Handwerks aufgefordert hat, Ermittlungen darüber anzustellen, welche Belastungsverschiebungen bei den von den Unternehmern in ihrem jeweiligen Bereich hergestellten Erzeugnissen und erbrachten Leistungen eintreten werden. Ich verrate hier kein Geheimnis, wenn ich erkläre, daß in erster Linie diejenigen Zentralfachverbände, die mit erheblichen Mehrbelastungen rechnen, eingehende Untersuchungen angestellt und die Höhe der Mehrbelastungen nachgewiesen haben.
Mit der Frage der Mehrbelastung müssen wir uns befassen, und zwar nicht etwa nur im Interesse der Unternehmen, sondern vor allem auch im Interesse der Verbraucher; denn die Mehrbelastungen führen nun einmal zu Preissteigerungen in der gleichen Höhe, jedenfalls dann, wenn es den Unternehmen gelingen sollte, Mehrbelastungen in voller Höhe weiterzugeben.
Es wird nun oft eingewendet, daß man nicht so sehr die einzelnen Erzeugnisse und Leistungen im Auge haben dürfe, sondern die Gesamtheit der in der Bundesrepublik gelieferten Erzeugnisse und erbrachten Leistungen sehen müsse. Eine globale Betrachtung mag zwar im Hinblick auf solche Kategorien wie Steueraufkommen und Preisniveau richtig oder gerade noch angängig sein; sie reicht aber für eine kritische Gesamtschau der anstehenden Probleme nicht aus. Die Unternehmen und die Verbraucher müssen und sollen meines Erachtens auch wissen, welche Belastungsverschiebungen eintreten werden, wie sich diese wahrscheinlich auf die Stellung der Unternehmen im Markt — Wettbewerbsbedingungen — und die Preise der einzelnen Erzeugnisse und Leistungen und damit auf das gesamte Preisgefüge auswirken werden.
Erst dann, wenn hier im Parlament, aber auch in der breiten Öffentlichkeit, volle Klarheit über das besteht, was bei der Durchführung der Umsatzsteuerreform mit Sicherheit oder höchstwahrscheinlich eintreten wird, ist eine sachliche — von Befürchtungen, aber auch von Wunschvorstellungen freie — Aussprache über die künftige Umsatzsteuer möglich.
Ich könnte Ihnen hier aufzeigen, mit welchen Mehrbelastungen bzw. Preissteigerungen bei Anwendung eines allgemeinen Steuersatzes von
10 v. H bei bestimmten Erzeugnissen und Leistungen zu rechnen ist. An dieser Stelle begnüge ich mich damit, darauf hinzuweisen, daß die von den Fachverbänden im Bereich des Handwerks ermittelten Mehrbelastungen 'bzw. Preissteigerungen sich zwischen 2 und 6,5 v. H. bewegen würden; so würden sich z. B. die ohnehin schon hohen Aufwendungen für den Wohnungsbau um 2,5 bis 3,1 v. H. erhöhen. Ich bin in der Lage, auf Grund des von den
Fachverbänden erarbeiteten einwandfreien Materials diese Auswirkungen der Belastungs- und Preisverschiebungen zu belegen.
Nun dürfte der Steuersatz von 10 v. H. nicht das letzte Wort gewesen sein. Realistischer ist es, mit einem Steuersatz von 11 bis 12 v. H. — jedenfalls, wenn man an den Sofortabzug der Vorsteuern, die auf den Investitionen liegen, denkt — oder sogar mit einem noch höheren allgemeinen Steuersatz' — 'bei Einbeziehung der Gewerbesteuer in die Umsatzsteuer mit 15 his 17 v. H. — zu rechnen. Ich überlasse es Ihrer Phantasie, sich auszumalen, mit welchen Mehrbelastungen und Preissteigerungen bei bestimmten Erzeugnissen und Dienstleistungen gerechnet werden muß, falls man sich nicht doch noch dazu entschließen sollte, die Steuerbelastung durch Anwendung mehrerer Sätze — ähnlich wie in Frankreich — zu differenzieren.
Was meine Person anbetrifft, so bin ich jederzeit gern bereit, Vorschläge für die Gestaltung der künftigen Steuer unter Berücksichtigung meiner früheren Vorschläge zu unterbreiten. Diese werden vornehmlich betreffen:
1. die Anwendung ermäßigter Steuersätze bei Erzeugnissen, bei denen 'bereits im Falle der Anwendung eines Steuersatzes von 10 v. H. mit einer erheblichen Mehrbelastung zu rechnen ist,
2. die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes für gewerbliche Dienstleistungen,
3. die Besteuerung der kleinen Unternehmen (Anwendung einer Umsatzfreigrenze, Anwendung von Steuerfreibeträgen und Anwendung von Pauschalregelungen).
Ich wünsche und hoffe, daß trotz des nunmehr gewählten Verfahrens, gegen das ich Bedenken erhoben habe, in den anschließenden eingehenden Beratungen in den Ausschüssen die hier von mir geltend gemachten Gesichtspunkte respektiert werden und ein befriedigendes Gesamtergebnis erreicht wird.
Anlage 4
Schriftliche Ausführungen
des Abgeordneten Ertl für die Fraktion der FDP zu der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung.
Während der Debatte in den letzten Tagen wurde wiederholt auf die wichtigen Fragen der Fortentwicklung der europäischen Politik eingegangen. Ein zentrales Problem stellt dabei die Weiterentwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dar. Die deutsche Landwirtschaft steht heute vor drei wichtigen Problemen:
1. Integration in einen größeren europäischen Markt mit einem angemessenen Anteil an diesem Markt. Auf Grund der bisher gemachten Vorleistungen haben sich schon und werden sich wohl auch in Zukunft manche Schwierigkeiten ergeben. Diese
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Schwierigkeiten wirken sich jetzt belastend aus, weil Ausgleichszahlungen weitgehend begrenzt sind durch die prekäre Haushaltslage.
2. Der Strukturwandel, dem die Landwirtschaft zwangsläufig unterworfen ist und die damit zusammenhängende Eingliederung in die Industriegesellschaft.
3. Anpassung der agrarischen Erzeugung an die modernen Erfordernisse insbesondere bezüglich Qualitätserzeugung, Absatz und Vermarktung.
Bald wird es ein Jahr, daß die berühmten Brüsseler Beschlüsse verabschiedet wurden. Damals standen große Hoffnungen im Raum. Es fiel das Wort: Europa braucht einen neuen Frühling. Die Freien Demokraten — und sie mußten sich manche Kritik deshalb gefallen lassen— haben mit einer großen Skepsis von den sogenannten Brüsseler Beschlüssen Kenntnis genommen. Leider müssen wir heute feststellen, haben in diesem Fall nicht die Optimisten, sondern die Skeptiker recht gehabt. Es kam nicht der europäische Frühling, sondern ein sehr kühler EWG-Sommer. Sollte das nicht Grund sein, endlich einmal frei von Illusionen die Situation kritisch zu durchleuchten und auf Grund dieser Analyse auch die europäische Agrarpolitik einer Überprüfung zu unterziehen. Dabei sind wir verpflichtet, auch über die Grenzen der kleineuropäischen EWG hinauszuschauen. In diesen Tagen bekamen die Mitglieder des Ernährungsausschusses einen Brief des schwedischen Landwirtschaftsattachés, worin ihm mitgeteilt wurde, warum Schweden sich heuer- weder an der Anuga beteiligt hat noch im kommenden Jahr an der Grünen Woche als Aussteller teilnehmen wird. Schweden führt heftige Klage, weil sich wegen der EWG die Absatzchancen für schwedische Agrarprodukte immer mehr verringert haben. Sehr leicht könnte das nächste Land Dänemark sein und andere Drittländer. Nun wird sicherlich sofort die Erklärung kommen, ja, man muß eben auch mit den Drittländern einen offenen Handel treiben. Aber wie verträgt sich das mit dem Präferenzsystem der EWG; soll vielleicht gar die deutsche Landwirtschaft aus dem heimischen Markt ganz verdrängt werden? Ich wollte nur einmal auf die schwerwiegende Problematik der bisherigen Entwicklung hinweisen, und nachdem zumindest Anzeichen einer Verhandlungsbereitschaft zwischen EWG und EFTA-Ländern vorhanden sind, meine ich, daß es sinnvoll wäre, solche Verhandlungen so zu führen, daß die deutsche Landwirtschaft dabei keinen Schaden nimmt.
Bei den Brüsseler Abmachungen des Dezember 1964 war ein wichtiger Bestandteil die sogenannte Revisionsklausel für die Getreidepreise. Die Freien Demokraten sind der Auffassung, daß bei den kommenden Verhandlungen diese Frage vorrangig mitbehandelt werden sollte. Es hat sich offensichtlich herausgestellt, daß der Weg zur politischen Union trotz forcierter Agrarmarktharmonisierung noch sehr weit ist. Wäre es angesichts dieser Tatsache nicht sinnvoll, die endgültige Preisharmonisierung auf das ursprünglich vorgesehene Datum, 31. 12. 1969, wieder hinauszuschieben und gleichzeitig anzustreben, daß die Agrarmarktharmonisierung nicht isoliert vor allen anderen wichtigen Problemen des
gemeinsamen europäischen Marktes gemacht wird. Die Bundesregierung sollte hier unverzüglich Gespräche beginnen, vielleicht auch auf bilateraler Basis. Sie muß es schon deshalb, weil sie bereits jetzt wegen des Haushalts in einer schwierigen Situation ist bezüglich der Durchführung des EWG-Anpassungsgesetzes. Auch in diesem Punkt haben sich die Befürchtungen der Freien Demokraten als mehr als berechtigt erwiesen. Wir bestehen im Grundsatz auf der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen und bedauern, daß die Haushaltslage ein Hinausschieben der Zusagen bedingen könnte.
Aber die Situation würde sich ja noch viel mehr verschlechtern, wenn eine Einigung bei der Agrarfinanzierung zustande kommt. Nach den mir vorliegenden Unterlagen würde die Verwirklichung der Kommissionsvorschläge zu einer untragbaren Belastung der Bundesrepublik führen. Der finanzielle Anteil der Bundesrepublik wird von ursprünglich 28% auf 31,4% steigen, wenn die Abschöpfungen voll an die Gemeinschaftskasse abgeführt werden, und rund 39 % erreichen, wenn auch die Zölle der Gemeinschaft zufließen. Demgegenüber werden sich die französischen Leistungen entsprechend bis auf 20 % verringern. Dadurch wird die gegenwärtig noch verhältnismäßig ausgewogene Belastung zuungunsten der . Bundesrepublik verschoben. Man kann dazu wohl noch einmal in aller Eindeutigkeit feststellen: Wer soll das bezahlen!
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Freiherr von Kühlmann-Stumm, hat bereits darauf hingewiesen, daß die Freien Demokraten an dem Junktim zwischen einer befriedigenden Regelung bei der EWG-Milchmarktordnung, Regionalklausel bei der Zukkermarktordnung einerseits und der Agrarfinanzierung andererseits festhalten. Wir erwarten von der Bundesregierung, daß sie das Parlament laufend über die Verhandlungen in der EWG unterrichtet. Gleichzeitig hoffen wir, daß es zu einem Höchstmaß an bestmöglicher Zusammenarbeit zwischen den Ressorts im Rahmen der Politik der Bundesregierung gegenüber der EWG kommt. Es muß endlich Schluß damit sein, daß die Ressorts nach unterschiedlichen Gesichtspunkten eigene Standpunkte vertreten und in Brüssel mit verschiedenen Zungen sprechen.
Für uns Freie Demokraten war die Zusage im Dezember 1964 ein Höchstmaß an Opferbereitschaft. Wir bestehen darauf, daß keine weiteren Vorleistungen gemacht werden, und auch auf der Verpflichtung des Einkommensausgleichs. Die Agrarpolitik der kommenden vier Jahre muß schwerpunktmäßig-langfristig gestaltet werden. Dabei sind folgende Grundsätze zu berücksichtigen:
1. Auch im Industriestaat ist eine leistungsfähige bäuerliche Landwirtschaft aus gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig;
2. die Landwirtschaft hat ein Anrecht auf gleichberechtigte Behandlung im Rahmen der allgemeinen Fortentwicklung des Lebensstandards. Der Preispolitik kommt dabei eine entscheidende Funktion zu. Für eine im Gesamtrahmen der Wirtschaft angemessene Einkommensentwicklung ist eine den
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Kosten entsprechende Preispolitik besser als Subventionen;
3. ein langfristiges Strukturprogramm;
4. eine Investitionshilfe für den Umstellungsprozeß;
5. die Verbesserung der Marktstruktur einschließlich des Agrarexports, der Agrarwerbung und Verbraucheraufklärung;
6. Sicherung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft;
7. Ergänzung der ländlichen Sozialmaßnahmen durch Einbeziehung der in der Landwirtschaft tätigen Personen in die Krankenversicherung.
Einige Bemerkungen zur Preissituation. Wiederholt wurde in den letzten Tagen auf die steigenden Preise in allén Bereichen unserer Wirtschaft hingewiesen. Dabei ist es geradezu üblich geworden, ganz besonders und immer wieder die Landwirtschaft zum Prügelknaben zu machen. Wer die Preisstatistik im letzten Jahrzehnt verfolgt hat, kann dabei feststellen, daß
1. die Erzeugerpreise der Landwirtschaft in vielen Bereichen fast ein Jahrzehnt lang weitgehend gleich geblieben sind, beispielsweise der Getreidepreis (der in der EWG sogar noch gesenkt werden soll),
2. trotz relativ stabiler Erzeugerpreise die Verbraucherpreise ständig gestiegen sind.
Woher kommt das? Der Grüne Bericht gibt darüber genaue Aufklärung. Einerseits ist der verarbeitende Bereich der Ernährungswirtschaft ständig den steigenden Lohnkosten und Belastungen beispielsweise durch Sozialabgaben und Arbeitszeitverkürzung unterworfen. Diese Kosten werden abgewälzt. Andererseits steigen die Verbraucherwünsche im Hinblick auf Verarbeitung und Verpackung und auch im Hinblick auf hochwertige Qualitätsnahrungsmittel ununterbrochen. So haben wir eine Situation, daß die Landwirtschaft heute beim Einkauf der Produktionsmittel zwar die Belastungen aus der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung hinnehmen soll, von ihr aber Bescheidenheit verlangt wird bei ihren Erzeugerpreisen aus sozialen, sogar allgemeinpolitischen Gründen im Hinblick auf den europäischen Agrarmarkt. Es wäre dazu noch vieles zu sagen. Eines aber, glaube ich, kann wohl festgestellt werden: daß die deutsche Landwirtschaft bezüglich Preispolitik und auch Arbeitszeit sich im Höchstmaß diszipliniert verhalten hat. Das sollte man auch anerkennen.
Der Strukturwandel wird sicherlich noch Jahrzehnte fortgesetzt werden. Er läßt sich auf lange Sicht nur erfolgreich gestalten, wenn er abgestimmt wird mit einem langfristigen Raumplanungsprogramm. Nur dadurch läßt sich eine gesunde Infrastruktur auf dem Lande auf die Dauer sichern. Das Leitbild der Agrarpolitik ist der bäuerliche Familienbetrieb. Ihn zu sichern und zu stärken ist sicherlich vorrangig. Gleich notwendig ist aber die Erhaltung einer Vielzahl von ländlichen Wohn- und Grundeigentümern in der Form als Nebenerwerbs- und
Kleinbauern; ihnen muß die Chance gegeben werden, sich zu Vollbetrieben zu entwickeln oder zusätzlichen Erwerb in der Nähe ihres Wohnortes zu finden.
Nur so lassen sich auf lange Sicht die negativen Erscheinungen in den Ballungszentren vermeiden. In einem Artikel der „Welt" vom 29. 11. über die Aufgaben des Bundesinnenministers wurde ganz besonders auf diese unerfreuliche Entwicklung in Ballungszonen hingewiesen. Ich zitiere: „Schwindelnde Bodenpreise als Folge der Raumknappheit machen den Traum vom eigenen Land- und Hausbesitz illusorisch. Ballungszonen sind eigentumsfeindlich." Ich unterstreiche diese Feststellung vollinhaltlich. Überhaupt sind die Bodenpreise mit eines unserer größten Sorgenkinder, insbesondere auch in den sogenannten landschaftlich schönen Feriengebieten. In meinem Landkreis wurde erst in den jüngsten Tagen ein bäuerlicher Familienbetrieb mit ca. 20 ha, wie ich hörte, für 800 000 DM an einen Nichtlandwirt verkauft. Solche Verkäufe bringen die Bodenpreise total in Unordnung. Bei solchen Bodenpreisen ist weder die Aufstockung noch die Seßhaftmachung nachgeborener Bauernkinder möglich. Es ist höchste Zeit, daß die Bundesregierung diesem Problem größere Beachtung schenkt. Dabei dürften vorrangig sein 1. ausreichende und planvolle Finanzierung der Maßnahmen für die Raumordnung und Infrastruktur, 2. eine weitgehende Koordinierung und Abstimmung zwischen den einzelnen Verwaltungen, die sich mit dieser Aufgabe befassen, sowie auch entsprechende Bestimmungen.
Müssen wir doch immer wieder feststellen, wie es einerseits möglich ist, daß Bauernhöfe in den sogenannten Erholungsgebieten zu ausgesprochenen inflationistischen Preisen aufgekauft werden, andererseits wiederum es Kindern vom Bauern wegen des Bundesbaugesetzes nicht möglich ist, im Zuge der Erbteilung ein Einfamilienhaus zu bauen. Es wäre an der Zeit, wirklich einmal das Grundstücksgesetz wie auch das Bundesbaugesetz im Hinblick auf die Erfordernisse der Infrastruktur und auch des Strukturwandels in der Landwirtschaft in dem Sinn zu überprüfen, ob diese Regelungen den Bedürfnissen vollauf gerecht werden. Hier handelt es sich nicht nur um ein Anliegen der Landwirtschaft, sondern hier handelt es sich im wesentlichen auch um das Problem der Erhaltung einer Erholungslandschaft, die wir so notwendig für die städtische Bevölkerung brauchen. Erholung in unserer Zeit darf kein Privileg sein für jene, die mit viel Geld ganze Landschaften aufkaufen können, sondern die Landschaft muß als ländlichbäuerliche Landschaft für alle, gleich welches Einkommen sie haben, erhalten bleiben.
Zusammenfassend darf ich noch einmal feststellen: es geht darum, der Landwirtschaft einen gerechten Anteil am Sozialprodukt zu sichern, sie nicht einseitigen Belastungen auf Grund politischer Zusagen auszusetzen und sie in den Stand zu setzen, den modernen Erfordernissen zu entsprechen. Eine leistungsfähige bäuerliche Landwirtschaft nutzt uns allen.
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Anlage 5
Schriftliche Ausführungen
des Abgeordneten Struve zu der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung.
Daß Politik und Wirtschaft sich gegenseitig bedingen, ist zwar keine Entdeckung unserer Tage. Aber noch keine Regierungserklärung und keine Debatte darüber zuvor hat es in diesem Hohen Hause so überzeugend zum Ausdruck gebracht, daß die intakten wirtschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik eine ausschlaggebende Voraussetzung für unsere politische Geltung sind. Der Bundeskanzler ist entschlossen, daraus die Folgerungen zu ziehen. Ich meine, wir haben allen Anlaß, ihn dabei nach Kräften zu unterstützen.
Es gibt mahnende Anzeichen genug dafür, daß es dem wirtschaftlichen und sozialen Gleichgewicht schlecht bekommt, wenn egoistische Interessen sich zum Maß aller Dinge machen. Trotzdem erscheint es mir. unangebracht, die in unserer Zeit so viel bescholtenen Vertreter der Gruppeninteressen in Bausch und Bogen zu verdammen. Insbesondere wird ihnen vorgeworfen, sie hätten einen zu großen Einfluß auf das politische Geschehen. Wir Abgeordneten erweisen uns selbst einen sehr schlechten Dienst, wenn wir dieser allmählich landläufig gewordenen Auffassung zustimmen. Daß die Funktionäre ihren Einfluß in diesem Sinne geltend machen, kann nicht bestritten werden. Es ist auch sogar von ihrem Auftrag her ihr gutes Recht. Aber ebenso ist es unsere Pflicht, diese Ansprüche an den Maßstäben des gemeinsamen Interesses zu messen. Allein wir Abgeordneten haben es in der Hand, wieweit im politischen Raume die Wirksamkeit der Verbände reicht. Auf ihre sachliche Mitarbeit wird keiner von uns verzichten wollen und können.
In dieser fruchtbaren Verbindung zwischen Verbänden und Parteien kam 1955 das Landwirtschaftsgesetz zustande als der erste und bisher leider auch einzige Versuch, die Anerkennung eines Gruppeninteresses zu binden an die einwandfrei ermittelten objektiven Tatsachen. Ich meine, es ist nötig, gerade in diesem Augenblick wieder einmal daran zu erinnern. Das Beispiel des Landwirtschaftsgesetzes ist der zwingende Beweis dafür, daß es möglich ist, unbestreitbare wirtschaftliche Interessen in Übereinstimmung mit den politischen und gesellschaftlichen Notwendigkeiten zu bringen. Bedauerlicherweise wird diese Tatsache weithin mißachtet. Die Hilfen für die Landwirtschaft werden in der Öffentlichkeit oft noch bewertet als das Ergebnis einer zum mindesten strittigen Rücksichtnahme auf berufständische Forderugen. Aber in Wahrheit können wir Abgeordneten im Bereiche der Landwirtschaft gar nichts beschließen, was nicht durch die Ergebnisse des alljährlichen Grünen Berichts gerechtfertigt ist.
Wenn man z. B. die heutigen Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte mancherorts so kritisch diskutiert, dann ist das nur möglich, weil man die Feststellungen der Grünen Berichte übersieht. Ihnen ist nämlich zu entnehmen, daß die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise selbst in diesen Tagen keineswegs so stark wie behauptet aus dem Durchschnitt der vergangenen Jahre herausragen.
Im Hinblick auf die besonders heftig kritisierten Schweinepreise ist eine andere Feststellung sogar ausgesprochen falsch. Sie ist auch nur möglich, wenn man die fortlaufenden amtlichen Preisvergleiche unbeachtet läßt. Aus ihnen ergibt sich nämlich, daß sich der Trend dieser Preise im Durchschnitt der Nachkriegsjahre nur ganz unwesentlich veränderte. Setzen wir beispielsweise die Durchschnittspreise des Jahres 1961/62 gleich 100, dann ergibt sich, daß seit dem Jahre 1950/51 die Durchschnittspreise für Schweine nur in dem Wirtschaftjahr 1963/64 mit einem Index von 110 um 10 Prozent darüber hinausgehen. Die Schwankungen aller übrigen Jahre waren wesentlich geringer. Im vorigen Jahr um diese Zeit lag der Index sogar nur bei 99,6. Es ist deshalb irreführend, wenn man die Erzeugerpreise von einem oder zwei Monaten im Jahre 1965 mit dem Vorjahr vergleicht. Im übrigen zeigt gerade der Markt der letzten Wochen, daß die. Erzeugerpreise bereits erheblich gefallen sind. Die Entwicklung der Verbraucherpreise aber liegt völlig anders. Hier ergibt sich durch die ganzen Jahre hindurch eine etwa gleichmäßige Steigerung der Preise. Die Verbraucherpreise haben sich völlig selbständig gemacht, weil nur auf diese Weise das verarbeitende Gewerbe und der Handel die Lohnerhöhungen der letzten Jahre verkraften konnten. Nur die Landwirtschaft hat in diesen Jahren die auch in ihrem Bereich stark ins Gewicht fallenden gestiegenen Produktionskosten nicht über höhere Erzeugerpreise auffangen können. Schon aus dieser Erfahrung ist es abwegig, zu erwarten, daß eine in diesen Tagen in Brüssel diskutierte Senkung der Abschöpfung den Verbrauchern zugute kommen wird. Übrigens widerspricht die konjunkturpolitische Handhabung der Abschöpfung dem Sinn des EWG-Vertrages. Der Art. 46 dieses Vertrages legt eindeutig fest, daß die Abschöpfung nur dazu dienen soll, Beeinträchtigungen in der Wettbewerbslage auszugleichen.
Auch die umstrittene Zinsverbilligung kann für den Bereich der Landwirtschaft nicht in Frage gestellt werden, wenn man die landwirtschaftlichen Rentabilitätsrechnungen der Nachkriegsjahre zugrunde legt. Den Aussagen des Grünen Berichts darüber ist zu entnehmen, daß der Kreditbedarf der Landwirtschaft im Vergleich zu den Gesamtumsätzen des Kapitalmarktes viel zu gering ist, um ernsthaft als eine Begründung der gegenwärtigen Misere in der Kapitalversorgung angeführt werden zu können. Man erkennt aber auch, daß der landwirtschaftliche Zinsaufwand für die einzelnen Betriebe ein Kostenfaktor ist, der die normale Ertragslage übersteigt. Das gilt sowohl für die Zinsverbilligung im Bereich der allgemeinen Hofkredite wie auch für die Zinsverbilligung im Bereich der Strukturkredite.
In jedem Falle würde die Ertragsrechnung spürbar getroffen und unser agrarpolitisches Ziel, die Familienbetriebe zu erhalten, ernsthaft gefährdet. Nicht vergessen werden darf in dieser Diskussion um die
400 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Dezember 1965
Zinsverbilligung, daß die ungewöhnlich großen landwirtschaftlichen Investitionen, die nur auf diese Weise möglich wurden, der ganzen ländlichen Wirtschaft unmittelbar zugute gekommen sind und weiter kommen müssen. Ein Verzicht oder auch nur eine Beschränkung der landwirtschaftlichen Zinsverbilligung wäre das Gegenteil einer konstruktiven Mittelstandspolitik. Eine ganz andere Frage wäre allerdings, ob es nicht angebracht ist, statt der Zinsverbilligung in manchen landwirtschaftlichen Investitionsbereichen verstärkt Zuschüsse des Bundes zu geben. Auch dafür liefert der Grüne Bericht Material mit seinen Angaben über die Aufwendungen für die Wasserwirtschaft, für den Wegebau und andere allgemeine Erschließungsaufgaben. In den Bereichen der städtischen Gemeinden sieht man in diesen Notwendigkeiten längst eine öffentliche Verpflichtung. In kaum einem städtischen Etat fehlt der Etatposten „Erschließungskosten für Industriegelände". Es ist an der Zeit, diese Grundsätze auch auf die ländlichen Gemeinden anzuwenden. Ihre Durchführung scheitert bei vorhandenem guten Willen leider immer wieder an der mangelnden Finanzkraft unserer Landgemeinden. Auch die Notwendigkeit der Raumordnung legt solche Überlegungen nahe. Die Wichtigkeit dieser Aufgabe ist heute nicht mehr umstritten. Die Verabschiedung des Bundesraumordnungsgesetzes beweist das ebenso wie die mannigfachen intensiven Bemühungen um diesen Problemkreis in den Ländern.
Auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat im Rahmen ihrer Strukturpolitik den absoluten Vorrang der regionalen Förderung anerkannt. Die Konsequenzen der industriewirtschaftlichen Entwicklung erfordern eben überall eine ordnende Hand, wenn nicht bedenkliche gesellschaftliche Unterschiede das große europäische Ziel gefährden sollen. Dabei wird man allerdings nicht übersehen dürfen, daß es nicht nur in Süditalien oder in Südfrankreich in dieser Beziehung schwierige Verhältnisse gibt. Auch in der Bundesrepublik fordern diese Probleme unsere ganze Aufmerkamkeit. Dabei braucht man nicht nur an das Zonenrandgebiet zu denken, dessen große Schwierigkeiten uns allen in besonderem Maße am Herzen liegen müssen. Auch andere ländliche Räume sind in zunehmendem Maße der Konkurrenz der Ballungsgebiete ausgesetzt zum Nachteil des notwendigen Gleichgewichts in der Bevölkerungsdichte.
Die Versicherung des Herrn Bundeskanzlers in der Regierungserklärung, daß die Bundesregierung ihre regionalen Förderungsprogramme ausbauen werde, muß deshalb ohne Einschränkung begrüßt werden. Ich meine, daß eine Kürzung der Bundesmittel für diese Zwecke geradezu sinnwidrig wäre. Es dürften sogar viele gute Gründe dafür sprechen, daß selbst die gegenwärtigen finanziellen Schwierigkeiten uns nicht von der Notwendigkeit entbinden, eher mehr Mittel für diese Aufgaben bereitzustellen. Zwar sind mannigfache erfreuliche Initiativen für eine in die Zukunft weisende Struktur- und Raumordnungspolitik erkennbar. Ihre Verwirklichung in manchen Bundesländern muß aber unzureichend bleiben, weil die Finanzkraft dieser Länder nicht ausreicht. Leider glaube ich hinzufügen zu müssen, daß die Finanzkraft derjenigen Länder am schwächsten ist, die den
größten Aufgaben in dieser Beziehung gegenüberstehen.
Wenn ich es richtig sehe, zwingt in einer solchen Lage sogar ein verfassungsmäßiger Auftrag den Bund dazu, aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs zu gewähren. Es kann wohl kein Zweifel daran geben, daß eine wohlverstandene Strukturpolitik eine ausschlaggebende Voraussetzung ist für eine wirtschaftliche Ausgeglichenheit, die kein Gebiet in der Bundesrepublik vom allgemeinen Wohlstand ausschließt.
Diese Grundsätze gelten auch für die Eingliederung der deutschen Wirtschaft, insbesondere aber unserer Landwirtschaft, in den Gemeinsamen Markt der EWG. Auch auf diesem Gebiete stehen noch große ungelöste Aufgaben vor uns. Das EWG-Anpassungsgesetz war ein wichtiger Schritt zu ihrer Lösung. Es sichert die notwendigen staatlichen Hilfen für diesen tiefgreifenden Strukturwandel, der sich in einem unwahrscheinlichen kurzen Zeitraum vollziehen wird. Das hat auch grundlegende Auswirkungen auf dem Bereich der Marktstruktur.
Wir werden uns deshalb im Parlament mit der Verabschiedung eines Marktstrukturfondsgesetzes vorrangig befassen müssen. Ich meine, dieses Gesetzeswerk kann auf eine bedeutungsvolle Weise demonstrieren, wie sich die allgemeinen Interessen mit der persönlichen unternehmerischen Initiative vereinbaren lassen. Daß wir uns dabei über die bestmögliche Form mit den beteiligten Wirtschaftskreisen verständigen müssen, wird nicht bestritten werden können.
Täuschen wir uns aber nicht über eines: allein mit einer Preisangleichung funktioniert der Gemeinsame Markt nicht, weder für die Erzeuger noch für die Verbraucher. Gleiche Marktchancen sind eine ebenso zwingende Voraussetzung. Das Wachstum in der Wirtschaft in der Bundesrepublik hat ein Stadium erreicht, das uns dazu zwingt, die bisher geltenden Voraussetzungen der Entwicklung zu überdenken. Auch zu dieser Problematik traf der Herr Bundeskanzler Feststellungen, die nicht ernst genug genommen werden können. Trotzdem ist die Kritik sehr groß. Insbesondere seine Äußerungen über die Arbeitszeit haben zum Teil heftigsten Anstoß erregt, aber die Diskussion darüber droht das Problem, um das es im Grunde geht, zu überdecken. Selbstverständlich wäre es besser, wenn die eine Stunde in der Woche, von der der Herr Bundeskanzler sprach, mehr gearbeitet würde. Das würde nicht nur dem Güterangebot zugute kommen, sondern es würde auch alle diejenigen befrieden, die als selbständige Menschen oder auch als verantwortliche Menschen in abhängiger Stellung immer nur mehr arbeiten müssen, um mit ihren Aufgaben fertig zu werden. In diesem Widerspruch sehe ich eine menschlich sehr ernst zu nehmende Belastung in unserer Zeit. Aber das Problem, das der Herr Bundeskanzler mit dieser Mahnung ansprechen wollte, reicht im Grunde doch wohl sehr viel weiter. Professor Burgbacher hat sich wie andere Kollegen der CDU/CSU dazu geäußert. Es geht dem Kanzler — und ich meine, es muß uns allen darum gehen —
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um die richtige Einschätzung der Leistungskraft unserer Wirtschaft. Die Zeichen sind doch mehr als deutlich.
Wir haben in den letzten Jahren den Bogen zum Nachteil unserer Wettbewerbsfähigkeit überspannt. Die Löhne mit ihren zwangsläufigen Auswirkungen auf die immer größer werdenden Bereiche der Dienstleistung haben eine Entwicklung herbeigeführt, die nicht mehr länger sich selbst überlassen bleiben kann. Der Herr Bundeskanzler spricht seit Jahren davon, daß Maßhalten besser wäre. Er hat oft Hohn und Spott dafür geerntet. Aber die Entwicklung hat ihm recht gegeben. Die gegenwärtige problematische Situation wäre mit Sicherheit nicht entstanden, wenn vor allem die Sozialpartner auf beiden Seiten größere Einsicht an den Tag gelegt hätten. Aber sie verkannten die außerordentlich differenzierten Verdienstmöglichkeiten der Wirtschaft und scherten die ganze Lohnentwicklung über einen Kamm. Statt auf die dringlichen Ermahnungen des Herrn Bundeskanzlers zu hören, forderte man eine bessere Wirtschaftspolitik. Aber die Frage ist erlaubt, wie diese denn hätte aussehen sollen. Die öffentliche Hand solle bescheidener werden, ist dann die häufigste Antwort. Und die Finanzpolitik des Bundes steht dabei vor allem im Mittelpunkt der Kritik. Es sind zwar auch Beschlüsse im Hohen Hause gefaßt worden, deren finanzielle Auswirkungen unterschätzt wurden. Aber ein großer Teil der finanziellen Schwierigkeiten rührt doch wohl auch daher, daß die Gehälter und Löhne im öffentlichen Dienst dem Diktat der Sozialpartner ausgeliefert waren. Sie mußten nachziehen, wenn nicht eine nur allzu berechtigte Unzufriedenheit heraufbeschworen werden sollte. Ein Lohngefälle zum Nachteil derer, die sich dem Dienst im Staate verschreiben, wäre das letzte, was wir gebrauchen können.
Darum kann man auch nur hoffen, daß die Sozialpartner wenigstens jetzt zur größeren Einsicht kommen. Angesichts der gegenwärtigen Situation kann es ihnen eigentlich doch nicht schwerfallen, zu begreifen, wie groß und wie folgenschwer ihre Verantwortung ist. Das Gefühl dafür, daß es so nicht weitergeht, reicht jedenfalls weit hinein in diejenigen Kreise, auf die man sich zu berufen pflegt, wenn neue Lohnforderungen gestellt werden. Ich bitte Sie, mich nicht mißzuverstehen. Selbstverständlich braucht die moderne Industriegesellschaft die wachsende Kaufkraft. Alle profitieren davon. Höhere Löhne sind darum durchaus möglich. Aber die müssen verdient werden. Wenn Lohnerhöhungen nur über Preiserhöhungen finanziert werden können, werden sie zu einem grandiosen Fall der Subventionspolitik. Der einzige Unterschied gegenüber der landläufigen Vorstellung von dem Wesen der Subvention ist nur der, daß diese Subventionen nicht vom Staat, sondern vom Verbraucher gezahlt werden. Ich glaube nicht, daß der Bundestag es sich erlauben kann, dieser Entwicklung tatenlos gegenüberzustehen. Sie bleibt über die Aussprache der Regierungserklärung hinaus auf der Tagesordnung.
Ich meine, es besteht aller Anlaß, dem Herrn Bundeskanzler dafür zu danken, daß er das Parlament der freien Deutschen dazu gezwungen hat, dieser Frage nicht mehr aus dem Wege zu gehen.
Anlage 6
Persönliche Bemerkung
des Abgeordneten Dr. Pohle gemäß § 35 der Geschäftsordnung
Der Herr Kollege Heinemann hat mich gestern in diesem Hohen Hause persönlich angesprochen. Dazu bemerke ich:
1. Es ist bisher in diesem Hohen Hause nicht üblich gewesen, Kollegen, die hier nur Ihrem Gewissen verantwortlich sind, die Ausübung einer ehrenwerten Tätigkeit im Privatberuf vorzuhalten.
2. Meine Firma ist an dem Deutschen Gemeinschaftswerk weder mittelbar noch unmittelbar beteiligt. Insofern muß ich den Kollegen Heinemann enttäuschen.
3. Meine Firma hat andere, volkswirtschaftlich nicht unwichtige Aufgaben zu erfüllen, nämlich der Produktion und Verteilung von Gütern zu dienen.
4. Daß diese Funktion der Aufmerksamkeit des Herrn Kollegen Heinemann entgangen sein sollte, glaube ich nicht, da er über profunde Kenntnisse dieser Funktion als langjähriges Vorstandsmitglied eines der größten deutschen Montan-Konzerne verfügt.
Anlage 7
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Corterier (Drucksache V/57 Frage VI/1):
Ist die Bundesregierung bereit, im Sinne der Empfehlung 427 der Beratenden Versammlung des Europarates ein von der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz und dem Europarat gemeinsam einzuberufendes Symposium über die Zusammenarbeit zwischen der Luftfahrtindustrie und den Luftfahrtgesellschaften zu unterstützen?
Die Bundesregierung ist bereit, der Empfehlung 427 der Beratenden Versammlung des Europarats zu folgen und die Durchführung eines Symposiums z unterstützen, das einen Meinungsaustausch zwischen den europäischen Luftfahrtindustrien, Luftfahrtunternehmen, Regierungen und anderen interessierten Kreisen über die Möglichkeiten einer engeren europäischen Zusammenarbeit beim Bau von Luftfahrzeugen zum Gegenstand hat.
Anlage 8
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 2. Dezember 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Rollmann (Drucksache V/57 Fragen VII/1, VII/2 und VII/3) :
Entspricht eine Meldung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 19. November 1965 den Tatsachen, wonach dei 25jährige Ungar Pal Feher, der in einem Zug versteckt am 20. September in die Bundesrepublik geflüchtet war, bereits
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zehn Tage später von deutschen Behörden wieder nach Ungarn abgeschoben und von den dortigen Gerichten wegen Landesflucht zu zehn Monaten Haft verurteilt worden ist?
Warum ist Pal Feher wieder nach Ungarn abgeschoben worden?
Wie viele sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge" aus den Satellitenstaaten sind in diesem Jahre wieder in ihre Heimatländer abgeschoben und dort zu Gefängnis- und Zuchthausstrafen verurteilt worden?
Zu Frage VII/1:
Nach der Zuständigkeitsordnung der Bundesrepublik sind das Bundesministerium des Innern und die seiner Aufsicht unterstehenden Bundesbehörden für Abschiebungen nicht zuständig. Das Bundesministerium des Innern ist auch nicht befugt, ausländerrechtliche Maßnahmen der Landesbehörden zu kontrollieren. Das Bundesministerium des Innern besitzt daher keine eigenen Unterlagen über den Fall, den Sie im Auge haben. Der genannte ungarische Staatsangehörige ist auch beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das für die Prüfung von Asylanträgen zuständig ist, nicht in Erscheinung getreten. Die Abschiebung ist aber vom Bayerischen Staatsministerium des Innern bestätigt worden.
Was die Verurteilung des Ungarn betrifft, so ist uns nicht mehr darüber bekannt, als was in der Presse stand, nämlich, daß er zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist.
Zu Frage VII/2:
Nach Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde, nämlich des Landratsamtes in Fürth, war der ungarische Staatsangehörige illegal in die Bundesrepublik eingereist. Einen Asylantrag hat er nicht gestellt. Bei der Ausländerbehörde hatte er auf Befragen erklärt, er sei in Ungarn nicht politisch verfolgt worden, vielmehr sei er in die Bundesrepublik gekommen, weil er in Ungarn als Schlosser nur einen sehr kleinen Verdienst gehabt habe und in Deutschland arbeiten wolle. Die Ausländerbehörde hat den ungarischen Staatsangehörigen auf Grund dieser Erklärung nicht als Asylbewerber angesehen. Aufenthaltsverbot und Abschiebung erfolgten nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern deshalb, weil er ohne die erforderliche deutsche Erlaubnis in die Bundesrepublik eingereist war.
Zu Frage. VII/3:
Hierüber besitzt das Bundesministerium des Innern aus den Gründen, die ich schon in meiner ersten Antwort genannt habe, keine Unterlagen, abgesehen von einzelnen Fällen, über die es von den Innenministerien der Länder oder durch andere Stellen jeweils nachträglich unterrichtet worden ist. Die Gesamtzahl der Abschiebungen innerhalb der einzelnen Länder würde nur von den Innenministerien der Länder auf Grund von Berichten der Ausländerbehörden festzustellen sein. In welcher
Zahl Angehörige von Ostblockstaaten nach ihrer Abschiebung von Gerichten ihrer Heimatländer verurteilt worden sind, und mit welcher Begründung, kann von deutscher Seite nicht zuverlässig festgestellt werden.
Anlage 9
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 2. Dezember
1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten
Schmitt-Vockenhausen (Drucksache V/57 Frage VII/4) :
Welche Möglichkeiten sieht der Bundesinnenminister, zur Fortführung der guten Bildungsarbeit des Bundesgrenzschutzes die Besoldung der Lehrkräfte an den Fachschulen des Bundesgrenzschutzes entsprechend den Änderungen in den Ländern angemessen zu verbessern?
Sie erkennen in Ihrer Frage die gute Bildungsarbeit des Bundesgrenzschutzes an. Dies möchte ich dankbar feststellen. Was die Besoldung der Lehrkräfte an den Fachschulen des Bundesgrenzschutzes betrifft,, so könnte sie in gewissem Umfang durch eine Verbesserung der Stellenpläne aufgebessert werden. Möglichkeiten hierzu werden z. Z. gemeinsam mit dem hierfür federführenden Bundesministerium der Finanzen geprüft. Eine angemessene Verbesserung, die auch der Entwicklung in den Ländern Rechnung trägt, erfordert aber Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes. Derartige Änderungen waren schon in dem Regierungsentwurf eines Vierten Beamtenrechts- und Besoldungsänderungsgesetzes enthalten. Ein entsprechendes Gesetz ist aber in der vorigen Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet worden.
Ein neuer Gesetzentwurf wird z. Z. entsprechend dem Ersuchen des Hohen Hauses vorbereitet. Es ist zu hoffen, daß er möglichst bald eingebracht werden kann.
Anlage 10
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 2. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/57 Frage VII/6) :
Werden die Gemeinden, die eine Anhebung im Ortsklassenverzeichnis erwarten, zum 1. Januar 1966 mit der Durchführung der neuen Richtlinien rechnen können?
Die Höherstufung von Orten im Ortsklassenverzeichnis erfordert den Erlaß einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach der Ermächtigung in § 13 des Bundesbesoldungsgesetzes kommt eine derartige Änderung ab 1. Januar 1966 in Betracht.
Das Bundesministerium des Innern hat die Vorbereitungen hierfür in Zusammenarbeit mit den Ländern unter Zugrundelegung der neugefaßten Ortsklassenrichtlinien vom Juni dieses Jahres zeitge-
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recht in die Wege geleitet. Auf Grund dieser Richtlinien sind — unter Einbeziehung von sog. Härtefällen — 514 Orte zur Höherstufung in die Ortsklasse S vorgeschlagen worden. Die Durchführung dieser sehr umfangreichen Anhebungen stellt an die Haushalte des Bundes, der Länder und Gemeinden erhebliche Mehranforderungen. Es hat sich daher die Schwierigkeit ergeben, daß angesichts der derzeitigen allgemeinen Haushaltslage zur Zeit ein Weg zur Deckung dieses Mehrbedarfs nicht gefunden werden kann.
Daher wird weiter geprüft, ob vorerst die Höherstufung einer enger begrenzten Zahl von Orten in Kraft gesetzt werden soll. Diese Prüfung erfordert allerdings eine gewisse Zeit, so daß mit einer Änderungsverordnung zum 1. Januar 1966 schon aus diesem Grunde nicht gerechnet werden kann.
Anlage 11
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 2. Dezember 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jahn (Marburg) (Drucksache V/57 Fragen VII/7 und VII/8) :
Wann wird der Bundesinnenminister die in § 51 Ausländergesetz vom 28. April 1965 (BGBl. I S. 353) vorgesehenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz erlassen?
Wird die Bundesregierung in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz sicherstellen, daß asylsuchende Ausländer unverzüglich an das für die Entscheidung über Asylbegehren zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge weitergeleitet werden, ohne daß zuvor die für den Asylantrag unzuständigen Ausländerbehörden eine Vorabentscheidung über die Asylberechtigung treffen können?
Zu Frage VII/7:
Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Ein Entwurf dazu ist vom Bundesministerium des Innern zusammen mit den Innenministerien der Länder ausgearbeitet worden. Er bedarf im einzelnen noch weiterer Überarbeitung und der Abstimmung mit den zuständigen Bundes- und Landesressorts. Jedoch wenden die Ausländerbehörden der Länder schon jetzt einstweilen den Entwurf der Verwaltungsvorschriften an, nachdem dié Innenminister der Länder dies durch Erlasse angeordnet haben.
Den genauen Zeitpunkt, zu dem die Verwaltungsvorschriften endgültig in Kraft gesetzt werden können, kann ich im Augenblick noch nicht mitteilen.
Zu Frage VII/8:
In dem Entwurf der Verwaltungsvorschriften ist jetzt schon vorgesehen, daß Asylsuchende unverzüglich dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zugeführt werden. Wesentlich ist allerdings, was unter einem „Asylsuchenden" zu verstehen ist. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften, nämlich Artikel 16 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951, sehen die Gewährung von Asyl nur für solche Ausländer vor, die in ihrem Heimatland von Verfolgung aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen bedroht sind. Ausländern, die ohne einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein, ihr Heimatland verlassen, z. B. weil sie sich hier oder anderswo ein besseres wirtchaftliches Fortkommen versprechen, kann nach den genannten Rechtsvorschriften Asyl nicht gewährt werden. Wer also selbst erklärt, daß er in seinem Heimatland nicht von politischer Verfolgung bedroht sei, ist nicht als Asylsuchender anzusehen, sondern als Einwanderer ohne den besonderen Schutz der Asylbestimmungen. Ob ihm gleichwohl eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, ist eine Frage, die die zuständige Ausländerbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden hat. Nach dem Gesetz und den Verwaltungsvorschriften sind Ausländer auch dann dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zuzuleiten, wenn die Ausländerbehörde Zweifel daran hat, ob eine politische Verfolgung wirklich vorgelegen hat. Von einer „Vorabentscheidung" der Ausländerbehörde über die Asylberechtigung kann danach keine Rede sein.
Anlage 12
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 1. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen (Drucksache V/57 Frage XIII/1):
Ist der Bundesfinanzminister bereit, die seit Jahren schwebende Frage einer Ersatzzahlung für das Wasserwerk der Gemeinde Nordenstadt auf dem Flugplatz Wiesbaden/Erbenheim zu klären, damit die Gemeinde Nordenstadt baldmöglichst an die Riedwasserversorgung der Strecke Hochheim—Wiesbaden angeschlossen werden kann?
Wegen der Überbauung der Hauptversorgungsleitung vom Wasserwerk zur Gemeinde Nordenstadt durch die Start- und Landebahn des Flugplatzes Wiesbaden-Erbenheim wollte sich die Gemeinde Nordenstadt ursprünglich an das Wasserwerk Wiesbaden anschließen. Später hat die Gemeinde den Anschluß an den Wasserverband Main-Taunus-West gewünscht. Das Land Hessen hat beantragt, die der Gemeinde hierdurch entstehenden Kosten auf den Bundeshaushalt zu übernehmen.
Die hiermit im Zusammenhang stehenden rechtlichen und baufachlichen Prüfungen durch die zuständigen Bundesressorts sind noch nicht abgeschlossen. Sobald das Ergebnis der Untersuchung vorliegt, darf ich mir erlauben, Sie weiter zu unterrichten.
Anlage 13
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 1. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/57 Frage VIII/3) :
Ist die Bundesregierung bereit, bei den Ländern darauf hinzuwirken, daß um der Gleichheit der Lebensbedingungen im Bundesgebiet willen im Wege des kommunalen Finanzausgleichs
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oder auf anderem Wege Landgemeinden mit minderer Steuerkraft in der Größe bis zu 2000 Einwohnern die Einrichtung und Unterhaltung von Kindergärten möglich gemacht wird?
Die Einrichtung und Unterhaltung von Kindergärten gehört zu den Aufgaben der Gemeinden, die im Rahmen der Gemeindeselbstverwaltung über die Erfüllung ihrer Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich entscheiden. Soweit die eigenen Einnahmen der Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht ausreichen, ist die Ergänzung der Finanzausstattung Sache des kommunalen Finanzausgleichs, der nach der Finanzverfassung des Grundgesetzes allein Aufgabe der Länder ist.
Angesichts dieser Rechtslage kann die Bundesregierung bei den Ländern auf eine Verstärkung der Zuweisungen oder auf andere Hilfe für die Einrichtung und Unterhaltung von Kindergärten in finanzschwächeren Gemeinden nicht hinwirken.
Anlage 14
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Lemper (Drucksache V/57 Fragen XIII/1, XIII/2 und XIII/3) :
Wann ist mit dem Ausbau des Fußgängerweges in der Ortsdurchfahrt Derkum—Ottenheim (B 51) zu rechnen, nachdem die Planungen für dieses Bauvorhaben seit langer Zeit laufen?
Ist die Bundesregierung bereit, die Kosten für die Teilumgehung Bergheim (B 55), die im Rahmen des sogenannten Generalverkehrsplans der Stadt Bergheim vorgesehen ist, zu übernehmen?
Ist — bei Bejahung der Frage XIII/2 — der Bundesregierung bekannt, daß die kleine Umgehung (Aachener Tor) mit weitaus geringeren Mitteln zu erstellen ist, zumal schon jetzt eine spürbare Entlastung des Verkehrs durch das Teilstück der Erfttalstraße zu verzeichnen ist und in einigen Jahren eine weitere Umgehung (B 477) fest eingeplant wurde?
Zu 1.
Zur Durchführung kleinerer Um- und Ausbaumaßnahmen an Bundesfernstraßen, wozu erforderlichenfalls auch die Anlage von Gehwegen entlang von Außenstrecken gehört, weise ich den Auftragsverwaltungen der Länder zu Beginn eines jeden Rechnungsjahres Globalmittel zum eigenverantwortlichen Einsatz zu. Nach einer Rückfrage beim Minister für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten des Landes Nordrhein-Westfalen soll der 1,5 km lange Gehweg zwischen Derkum und Ottenheim mit Beginn der Bausaisson 1966 angelegt werden.
Zu 2. und 3.
Der Bundesregierung liegen keine Entwürfe zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Bereich des Aachener Tores in Bergheim im Zuge der B 55 vor. Nach einer bei der Auftragsverwaltung Nordrhein-Westfalen gehaltenen Rückfrage werden z. Z. bei der Stadt Bergheim Voruntersuchungen über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten angestellt, in die u. a. auch eine Teilverlegung der B 55 und eine kurze Umfahrung des Aachener Tores einbezogen
sind. Bislang ist es bei der Stadt Bergheim leider noch zu keiner abschließenden Meinungsbildung oder Abstimmung gekommen. Bei dem Stand der Angelegenheit vermag ich daher noch nicht zu beurteilen, welche Lösung sich für eine Weiterverfolgung herauskristallisieren wird und ob bzw. inwieweit der Bund die Kosten hierfür als Baulastträger für die Ortsdurchfahrt der B 55 übernehmen wird.
Anlage 15
Schriftliche Antwort
des Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ollesch (Drucksache V/57 Fragen XIII/4 und XIII/5) :
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß es wirtschaftlich vertretbar ist, den noch nicht vollendeten Bau der Bahnstrecke Buer-Nord—Haltern fortzuführen?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die in Frage XIII/4 genannte sicherlich defizitär werdende neue Strecke in eine Schnellstraße Gelsenkirchen—Haltern umzuwandeln?
Die Bundesbahn prüft auf Grund unserer wiederholten Rückfragen in den letzten Monaten und auf Grund neuerer örtlicher Untersuchungen im Benehmen mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, ob es nach den örtlichen strukturellen Änderungen in der Wirtschaft dieses Raumes heute noch wirtschaftlich vertretbar ist, den 1956 von Vorstand und Verwaltungsrat beschlossenen, jedoch aus finanziellen Gründen und wegen der sich ändernden Wünsche und Einsprüche örtlicher Stellen auch jetzt noch nicht vollendeten Bau der Bahnstrecke BuerNord—Marl—Haltern zu Ende zu führen.
Seine ursprüngliche Bedeutung hat das Projekt insbesondere durch den Strukturwandel im Kohlebergbau verloren. Es kommt darauf an, ob genügend neue zusätzliche Aufgaben für das Verkehrsband entstanden sind oder entstehen. Diese könnten sich im Schienenverkehr aus der Entflechtung des Verkehrs im Verdichtungsraum Ruhrgebiet ergeben. Dies können nur die für die zukünftige Raumordnung zuständigen Stellen entscheiden. Der Gedanke, das Verkehrsband als Straße zu verwenden, liegt an sich nahe. Jedoch sieht, wie sie mir auf Anfrage berichtete, die Straßenbauverwaltung des Landes und der zuständige Landschaftsverband Westfalen-Lippe keine Möglichkeit, das dafür zu schmale Verkehrsband für das Straßenverkehrsnetz zu verwenden.
Verbaut sind bisher rund 40% der insgesamt erforderlichen Kosten.
Anlage 16
Schriftliche Antwort
des Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Sänger (Drucksache. V/57 Frage XIII/6) :
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Dezember 1965 405
Wann ist damit zu rechnen, daß die Bahnstrecke LüneburgBüchen—Lübeck zweigleisig ausgebaut und damit den Wünschen der Wirtschaft in Lübeck, im Kreise Herzogtum Lauenburg (Zonenrandkreis) und dem ständig zunehmenden Transitverkehr aus dem Bundesgebiet und zurück Rechnung getragen wird?
Für die Deutsche Bundesbahn besteht bei dem bestehenden Verkehrsaufkommen keine betriebliche Notwendigkeit, den zweigleisigen Ausbau der Strecke Lüneburg—Büchen—Lübeck in Erwägung zu ziehen. Dies um so weniger, als die Strecke auch für absehbare Zeit eine ausreichende Leistungsfähigkeit aufweist. Durch die technische Entwicklung — ich erinnere an die Verbesserungen im Signalwesen und an die Indusi-Zugsicherung — sind heute elektrifizierte oder verdieselte eingleisige Strecken ebenso leistungsfähig wie früher eine mit Dampfloks befahrene zweigleisige Strecke. Hinzu kommt, daß bei einem zweigleisigen Ausbau auch die Lauenburger Elbbrücke für zweigleisigen Betrieb aufgebaut werden muß. Damit würde der Straßenverkehr auf dieser Brücke keinen Platz mehr haben und ein außerordentlich wichtiges Straßenverkehrsband im Zonenrandgebiet unterbrochen sein.
Anlage 17
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Sänger (Drucksache V/57 Frage XIII/7):
Ist die Bundesregierung bereit, die Deutsche Bundesbahn darauf hinzuweisen, daß die Verkehrslage und auch die besondere Aufgabe des an der Zonengrenze liegenden Bahnhofs Bächen es dringend erforderlich machen, diesen Bahnhof auszubauen und ihn endlich den Anforderungen anzupassen, denen er seit langem nicht mehr gerecht werden kann?
Die gegenwärtigen Schwierigkeiten in Büchen sind der Deutschen Bundesbahn bekannt. Sie beruhen auf der einseitigen Aufkündigung des gemeinschaftlichen Bundesbahn/Reichsbahn-Tarifes durch die Behörden in der SBZ zum 1. Juli 1965. Diese Maßnahme zwingt dazu, die Güter an der Demarkationslinie jeweils neu aufzugeben. Bis dahin genügte der derzeitige Zustand für die Abwicklung des Betriebes. Wir hoffen, daß der derzeitige unnatürliche Zustand nur von vorübergehender Dauer sein wird. Ein Ausbau der Gleisanlagen zwingt zur Überbrükkung des Elbe-Trave-Kanals und ist daher unverhältnismäßig teuer, so daß die Bahn bei ihrer Finanzlage davor zurückschreckt. Soweit vorübergehend aus den von der SBZ veranlaßten Maßnahmen Zoll und Bahn mehr Personal in Büchen einsetzen müssen seit dem 1. Juli, soll durch Aufstellen von Baracken und Ausbau der Diensträume das Nötige geschehen, um Mißhelligkeiten abzustellen.
Anlage 18
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/57 Frage XIII/8) :
Ist der Bundesverkehrsminister bereit, die bisher vergeblichen Bemühungen der Gemeinde Fischbach-Altenfurt um den Neubau eines Bahntunnels beim Fischbacher Bahnhof nunmehr initiativ zu unterstützen, da die Verkehrsverhältnisse an der bezeichneten Stelle unerträglich geworden sind?
Im Falle des Neubaues der Straßenunterführung im Bahnhof Fischbach ist es nicht Sache der Bundesregierung, sondern allein Sache der Gemeinde als Baulastträger, die Initiative zu ergreifen. Bereits im letzten Jahr wurde unserem damaligen Kollegen Dr. Supf, der sich ebenfalls eingeschaltet hatte, aufgezeigt, welche Möglichkeiten die Gemeinde hat, das Vorhaben zu fördern.
Anlage 19
Schriftliche Antwort
des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 2. Dezember 1965 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann (Druckache V/57 Frage XIII/9) :
Ist die Bundesregierung entschlossen, ihre Zusage zu einer Teilprivatisierung der Deutschen Lufthansa termingerecht einzuhalten?
Ja. Nach dem Beschluß der Hauptversammlung der Deutschen Lufthansa AG, den ich in dieser Hinsicht bedauere, werden die Zeichnungserklärungen auf das um 150 Millionen DM zu erhöhende Aktienkapital unwirksam, wenn die Kapitalerhöhung nicht bis zum 31. Dezember 1965 in das Handelsregister eingetragen ist. Die Bundesregierung ist bemüht, ihre Entscheidungen hinsichtlich der Beteiligung des Bundes am Kapital des Unternehmens zeitgerecht zu treffen. Ich habe durchaus Grund zu der Annahme, daß dies auch gelingen wird.