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    Deutscher Bundestag 9. Sitzung Bonn, den 1. Dezember 1965 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Bundesministers Dr. Krone 231 A Begrüßung des Gouverneurs des Staates Oregon 253 A Fragestunde (Drucksache V/38) 267 D Frage des Abg. Tönjes: Einnahmeverluste der DB durch Erhöhung der LKW-Kontingente und Senkung der Beförderungsteuer für den Werkfernverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 267 D Frage des Abg. Haar (Stuttgart) : Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für das Straßenwesen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 268 A Haar (Stuttgart) (SPD) 268 B Frage des Abg. Haar (Stuttgart) : Kosten für die Verbeserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 268 C Haar (Stuttgart) (SPD) 268 D Fragen des Abg. Faller: Kapitaldienst der Deutschen Bundesbahn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 269 A Faller (SPD) 269 B Frage des Abg. Seibert: Mehrbelastung der Kraftfahrer durch Erhöhung der Mineralölsteuer in Verbindung mit angeblich hoffnungsloser Verschuldung der DB Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 270 C Frage des Abg. Seibert: Fehlbeträge in den Jahresabschlüssen der DB infolge der Auswirkungen nicht kostendeckender Tarife Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 270 D Seibert (SPD) 270 D Fragen des Abg. Wendt: Berufs-, Schüler- und Sozialverkehr der DB Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 271 B Wendt (SPD) . . . . . . . . 271 D Cramer (SPD) 271 D Seibert (SPD) 272 B Brück (Köln) (CDU/CSU) . . . 272 D Frage des Abg. Dr. Tamblé: Aufhebung von Bahnsteigsperren Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 272 D Dr. Tamblé (SPD) 273 A Strohmayr (SPD) 273 B Fellermaier (SPD) 273 C Felder (SPD) . . . . . . . . 273 D II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 Frage des Abg. Ramms: Parkscheiben — Parkuhren — Erhöhung der Parkzeit-Gebühren Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 274 A Ollesch (FDP) 274 B Flämig (SPD) 274 C Jacobi (Köln) (SPD) 274 D Frage des Abg. Rawe: Aufwendungen des Bundes für Ausbau und Unterhaltung der Binnenwasserstraßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 275 A Wendt (SPD) 275 B Fragen des Abg. Rawe: Sicherung des Investitionsprogramms der DB Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 275 C Seibert (SPD) 276 A Schoettle, Vizepräsident 276 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Erhebung von Autobahngebühren von Ausländern beim Grenzübertritt Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 276 D Frage des Abg. Dr. Müller (München) : Abwanderung leitender Techniker und Wissenschaftler der Deutschen Forschungsanstalt für Luftfahrt in Braunschweig Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 277 B Dr. Müller (München) (SPD) . . . . 277 C Berkhan (SPD) ........277 D Fragen des Abg. Ramms: Spikes-Winterreifen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 278 B Haage (München) (SPD) . . . . . 278 C Frage des Abg. Felder: Brücke bei der Raststätte Feucht Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 279 A Felder (SPD) 279 A Fragen des Abg. Flämig: Vorrichtung zur Beseitigung schädlicher Abgase an Kraftfahrzeugen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 279 B Flämig (SPD) 279 D Dr. Schmidt (Offenbach) (SPD) . . 280 B Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs (Haushaltssicherungsgesetz) (Drucksache V/58). Erste Beratung — Dr. Emde (FDP) . . . . . . . . 231 A Dr. Gradl, Bundesminister . . . . 234 D Dr. Schiller (SPD) 237 C Schmücker, Bundesminister . . . 247 B Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 252 A Dr. Luda (CDU/CSU) . . . . . . 254 B Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . . 262 B Schmitt-Vockenhausen (SPD), Erklärung nach § 36 GO 267 A Picard (CDU/CSU), Erklärung nach § 36 GO 280 C Benda (CDU/CSU) . . . . . . 281 A Busse (Herford) (FDP) . . . . . 290 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 291 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 295 A Dr. Stoltenberg, Bundesminister . . 302 A Dr. Martin (CDU/CSU) 304 C Moersch (FDP) 307 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 310 A Illerhaus (CDU/CSU) 310 A Dr. Schellenberg (SPD) 313 A Katzer, Bundesminister 318 A Osswald, Minister des Landes Hessen 324 D Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 328 D Seifriz (SPD), Erklärung nach § 36 GO 333 B Dr. Luda (CDU/CSU), Erklärung nach § 36 GO 333 C Dr. Mommer (SPD) 334 A Dr. Barzel (CDU/CSU), Erklärung nach § 36 GO 334 B Erler (SPD) zur GO 334 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 334 C Nächste Sitzung 334 D Anlagen 335 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 231 9. Sitzung Bonn, den 1. Dezember 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 335 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin/Köln) 2.12. Frau Berger-Heise 18.2. 1966 Dr. Birrenbach 2. 12. Blachstein 2. 12. Borm 2. 12. Damm 2. 12. Dr. h. c. Güde 2. 12. Hilbert 2. 12. Jaschke 2. 12. Dr. Kliesing (Honnef) 1. 12. Koenen (Lippstadt) 31. 12. Kriedemann 31. 12. Kubitza 2. 12. Lemmrich 2. 12. Marquardt 2. 12. Rawe 8. 12. Frau Schanzenbach 31. 12. Frau Schimschok 31. 12. Schmidt (Würgendorf) 2. 12. Dr. Schmidt-Burgk 2.12. Schultz 2. 12. Seuffert 2. 12. Spillecke 2. 12. Spitzmüller 2. 12. Wahl* 3.12. Wienand 2. 12. Dr. Wörner 3. 12. Wolf 10. 12. Zerbe 2. 12. *Für die Teilnahme an einer Ausschußsitzung des Europarats Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Wuermeling zur Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung. Gestatten Sie mir als einem der Mitglieder dieses Hauses, das „von Anlang an", also seit 1949, „dabei war", einige Worte jenseits aller parteipolitischen Erwägungen. Es ist mir ein echtes Anliegen, hier einmal einige grundsätzliche Bemerkungen zu machen, die von der Sorge um die Erhaltung des Vertrauens in unsere parlamentarische Demokratie bestimmt sind. Ich bitte, sie weder als Polemik nach der einen noch als solche nach der anderen Seite dieses Hauses aufzufassen, weil es um ein Anliegen geht, das uns allen gemeinsam ist. Es ist mir ausschließlich darum zu tun, daß wir alle uns einmal selbst fragen, ob das Gesetzgebungsjahr 1965 des Deutschen Bundestages das Vertrauen in unsere Anlagen zum Stenographischen Bericht parlamentarische Demokratie zu stärken oder zu gefährden geeignet ist. Die gesetzgebenden Körperschaften haben in der ersten Hälfte dieses Jahres als Träger der höchsten staatlichen Souveränität zahlreiche Gesetze beschlossen, die vom Herrn Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet worden sind. Durch diese Gesetze sind Rechtsverpflichtungen des Bundes übernommen worden, deren Übernahme wir als Gesetzgeber in Ausübung unseres Mandats als gewählte Vertreter unseres Volkes - sehr oft einmütig — sachlich für geboten hielten. Sehen wir jetzt einmal, ohne dieses oder jenes Gesetz als einzelnes oder die dadurch Begünstigten im Auge zu haben, nur die grundsätzliche Tatsache, daß die höchsten Träger unserer staatlichen Souveränität alle diese Verpflichtungen in der feierlichsten Form, nämlich der des Gesetzes, im Namen von Volk und Staat übernommen haben. Unsere Staatsbürger vertrauen selbstverständlich auf die Einhaltung dieser Rechtsverpflichtungen, weil unser Staat sie in gesetzlicher — also höchstverbindlicher - Form übernommen hat. Nun ergeben sich wenige Monate nach Erlaß dieser Gesetze, ohne daß etwa eine plötzliche Wende in unserer wirtschaftlichen Entwicklung eingetreten wäre, Schwierigkeiten bei der Bereitstellung der Haushaltsmittel, die zur Einhaltung der in feierlicher Gesetzesform übernommenen Verpflichtungen erforderlich sind. Von jedem Staatsbürger verlangen wir ganz selbstverständlich, daß er, wenn er durch übernommene Verpflichtungen in Bedrängnis kommt, alle, aber auch alle seine Existenz nicht bedrohenden Anstrengungen macht, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Wir verlangen von ihm insbesondere, daß er erforderlichenfalls durch Einschränkungen in seiner Lebenshaltung oder durch andere eigene wirtschaftliche Opfer die Erfüllung seiner Verpflichtungen ermöglicht, auch wenn es ihm schwer fällt. Wir verlangen das als ein Gebot der Rechtssicherheit und auch der Honorigkeit und der Fairneß und erzwingen das sogar notfalls durch unsere Gerichte. Mich bewegt schon seit langen Wochen immer wieder die Frage, ob - und gegebenenfalls warum — hier für den Staat andere Maßstäbe gelten oder gelten dürfen. Gewiß, der Staat ist Träger der Souveränität und kann, soweit er nicht direkt gegen das Grundgesetz verstößt, gerichtlich nicht gezwungen werden, seine Gesetze aufrechtzuerhalten. Aber gelten für ihn hier deshalb grundsätzlich andere Regeln? Ist Rechtssicherheit, Fairneß, Honorigkeit und Vertrauenswürdigkeit aller staatlichen Organe nicht etwas, mit dem der Staat seinen Bürgern ein Beispiel geben soll und muß? Unter diesem Aspekt sollten wir nicht zuletzt die im Haushaltssicherungsgesetz für die verschiedensten Bereiche geplanten Maßnahmen sehen, nicht die Einzelmaßnahme oder das jeweils gegebene Gruppeninteresse, sondern nur die Tatsache, daß hier vor wenigen Monaten feierlich in Gesetzesform übernommene Rechtsverpflichtungen des Staates, 336 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 sei es durch Abstriche, sei es durch Hinausschiebung, nicht eingehalten werden sollen. Ich gebe ohne weiteres zu: Wenn jetzt plötzlich eine unerwartete Änderung der Verhältnisse — etwa eine Wirtschaftskrise — eingetreten wäre und einen nicht voraussehbaren Notstand ausgelöst hätte, dann könnte der Staat — etwa wie seine Bürger in einem Vergleichsverfahren — nach Ausschöpfung aller anderen Mittel zu solchen Maßnahmen greifen. Aber doch erst nach Ausschöpfung aller ohne Gefährdung seiner Existenz möglichen anderen Mittel, ehe er zur Kürzung eben übernommener Rechtsverpflichtungen schreitet. Sind hier nun wirklich alle anderen ohne Gefährdung unserer staatlichen Existenz möglichen Mittel ausgeschöpft? Oder will man hier nur unseren Bürgern — denn sie sind ja der Staat — etwa leicht mögliche Einschränkungen nicht zumuten? Oder würde die Erfüllung dieser Rechtsverpflichtungen etwa die Existenz des Staates und damit aller Bürger gefährden? Letzteres wäre sicher der Fall, wenn die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen 'bedenkliche Auswirkungen auf die Kaufkraft unserer Währung hätte. In diesem Falle besteht gewiß ein so hohes Gemeininteresse, nämlich die Erhaltung der Kaufkraft der Währung für alle Bürger, daß auch radikale Maßnahmen gerechtfertigt wären und auch verstanden würden. Aber müssen nicht erst einmal alle währungs- und wirtschaftsneutralen Anstrengungen gemacht werden, um zu den übernommenen Verpflichtungen zu stehen? Und gibt es solche? Es gibt sie, wenn man sich dazu zu entschließen bereit ist. Wenn keine zusätzliche Kaufkraft geschaffen wird, kann von Gefährdung der Währung keine Rede sein. Kaufkraftverlagerung z. B. ist währungsneutral. Nun haben wir im letzten Jahr — ich nehme die niedrigste, von der Opposition genannte Zahl — eine reale Einkommenserhöhung um jedenfalls rund 5 % gehabt. Ist es wirklich unvertretbar, daß man, wenn andere Wege nicht möglich sind, davon einen kleinen Bruchteil in Form von Genußmittelsteuern zusätzlich erhebt, um die gesetzlich geschaffenen Rechtsverpflichtungen zu erfüllen? Muß der Staat, d. h. die Gesamtheit seiner Bürger, nicht wirklich alle, aber auch alle zumutbaren Anstrengungen machen, um nicht als wortbrüchig — und zwar wortbrüchig in den Handlungen der höchsten staatlichen Organe — zu erscheinen? Es geht hier jetzt nicht darum, die sachliche Angemessenheit der beschlossenen Gesetze zu diskutieren. Diese steht mindestens dann nicht zur Diskussion, wenn dieselbe Mehrheit, die sie beschlossen, und dieselbe Regierung, die sie dem Herrn Bundespräsidenten zur Verkündung vorgelegt hat, heute weiter regiert. Die sachliche Angemessenheit stünde aber auch dann jetzt nicht zur Diskussion, wenn etwa die Opposition, die den Gesetzen zugestimmt und durch ihren „Schattenfinanzminister" für die 5. Wahlperiode noch viel höhere Mehrausgaben, nämlich 76 Milliarden DM, angekündigt hat, heute die Regierung stellte, Denn weder Koalition noch Opposition können heute plötzlich sachlich anderer Meinung sein, als vor wenigen Monaten, wenn sich keine neuen sachlichen Argumente eingestellt haben. Mir sind solche neuen sachlichen Argumente gegen den Inhalt der vor einigen Monaten beschlossenen Gesetze in keinem Falle bekanntgeworden. Nur die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen macht einige Schwierigkeiten. Aber können sie nicht ohne Gefährdung des Gemeinwohls behoben werden? Dürfen wir uns bei solcher Sachlage der Erfüllung unserer Verpflichtungen entziehen, weil etwa eine leichte Erhöhung etwa auch der Tabaksteuer keine sehr populäre Maßnahme ist? Steht nicht wirklich etwas mehr auf dem Spiel als der Unwille der — sicher nicht der meisten — Raucher, von denen doch nicht einer ernsten Schaden leiden kann, wenn z. B. mit einem zusätzlichen Pfennig auf die Zigarette über 900 Millionen DM zur Erfüllung feierlich übernommener Rechtsverpflichtungen unseres Staates aufgebracht werden? Solche innere Kaufkraftverlagerung ist doch wohl durchaus „währungsneutral". Ich habe diese Forderung in meinen Wahlversammlungen häufig vertreten und erinnere mich nicht, hier auch nur 'einmal auf echten Widerspruch gestoßen zu sein. Unsere Bürger haben schon ein Gefühl für Treu und Glauben auch im öffentlichen Leben und wünschen sich in der großen Mehrheit einen Staat, auf dessen Umgangsformen sie stolz sein können. Dürfen wir diese unsere staatsbewußten Bürger enttäuschen, indem wir ihnen etwas vormachen, was wir schärfstens beanstanden müßten, wenn sie es als einzelne täten? Wir alle hören jetzt im Lande draußen Formulierungen, die uns früher nur aus dem Munde von Gegnern unseres demokratischen Staates zu Ohren kamen: „Die machen da oben ja doch, was sie wollen" oder noch hiel härtere Worte, die ich hier nicht wiederholen möchte. Ist es nicht unser aller Aufgabe, solche Formulierungen Lügen zu strafen, und nicht dazu Anstoß zu geben? Darüber sollten wir bei der Beratung des Haushaltssicherungsgesetzes sehr gründlich nachdenken. Ich möchte meine persönliche Meinung hier klar dahin zum Ausdruck bringen dürfen, daß der kleine Ärger über eine gar nicht erhebliche Erhöhung von Genußmittelsteuern, mit der die Bundesregierung ja schon einen — allerdings sehr schüchternen — Ansatz gemacht hat, eine Kleinigkeit ist gegenüber dem Verlust an Vertrauen in unsere parlamentarisch-demokratische Ordnung, den ein Bruch feierlich übernommener gesetzlicher Verpflichtungen zur Folge haben müßte und nachweislich als Versuch schon hat. Mir lag daran, alle Mitglieder dieses Hauses zu bitten, diese Erwägungen einmal sehr gründlich zu überdenken und sich in aller Ruhe die Frage zu beantworten, ob unsere junge Demokratie solchen Vertrauensverlust überhaupt wieder aufholen kann. Es geht hier im letzten nicht um Gruppeninteressen dieses oder jenes von den Gesetzen betroffenen Bereiches, es geht erst recht nicht um Parteipolitik, es geht hier um etwas ganz Grundsätzliches und Entscheidendes, ohne das weder Koalition noch Opposition auf die Dauer unsere demokratische Ordnung werden erhalten können: um das Vertrauen des Bürgers, vor allem unserer jungen Generation, in ihren und unseren Staat. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 337 Anlage 3 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Stein (Honrath) zur Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung. Ich darf ein Problem behandeln, das mir und meiner Fraktion besonders am Herzen liegt, das ist der Arbeitsmarkt, sozusagen die Südtangente im magischen Dreieck der Vollbeschäftigung, Preisstabilität und Zahlungsbilanz. Ich warne vor der Illusion, daß durch Rationalisierung und Automation der Arbeitskräftemangel in den nächsten Jahren abnimmt. Er wird selbst dann bestehenbleiben, wenn keine Restriktionspolitik die Rationalisierungsmöglichkeiten hemmen würde. Hier ist der entscheidende Engpaß, der die Produktionskraft der Wirtschaft spürbar einschränkt. Was ist zu tun? Der innerdeutsche Arbeitsmarkt ist fast ausgeschöpft. Das gilt nicht nur für die Männer-, sondern auch für die Frauenarbeit. Der Anteil der Frauenbeschäftigung ist mit 35% heute in der Bundesrepublik höher als in jedem anderen europäischen Land. Vielleicht stecken noch kleine Reserven in der Halbtagsarbeit. Vielleicht sind auch noch einige in der Landwirtschaft vorhanden. Im ganzen ist keine Erleichterung zu erwarten. Das Statistische Bundesamt schätzt bis 1972 noch eine weitere Abnahme von Erwerbstätigen um 600 000. Vielleicht kann noch manches getan werden, um den Anreiz für Arbeiter, Angestellte und Beamte, die über das Pensionsalter hinaus noch arbeiten wollen, zu erhöhen. Aber sie kennen die Probleme, die hier aus der Differenz zwischen Gehalt und Pension, aus der Besteuerung und aus wielen Einzelheiten, nicht zuletzt aus der Generationsfrage an sich entstehen. Die steuerliche Schonung von Überstunden gehört ebenfalls in diesen Bereich. Man muß ganz deutlich sehen, daß hier überall Grenzen gesetzt sind. Wir können es uns nicht erlauben, auf diese Mangelerscheinungen in fatalistischer Abstinenz zu blicken — wie das Kaninchen auf die Schlange — und im Nichtstun zu verharren. Dazu gibt uns am wenigsten die Tatsache Veranlassung, daß es besonders schlecht um die Beschäftigung des Bedarfs an Nachwuchskräften bei uns bestellt ist. Die offenen Lehrstellen dieses Jahres konnten bekanntlich nur bis zu 40 % besetzt werden. Wer weiß, daß es uns gerade an ausgebildeten Kräften fehlt, daß alle Automation den qualifizierten Fachmann nicht ersetzen kann, der muß gerade diese Zahl mit Bestürzung registrieren. Sie ragt über den Parteienstreit hinaus und ist sozusagen eine interfraktionelle Zahl. Wir müssen nicht nur mit Ländern konkurrieren, die eine größere Kapitalkraft ins Treffen führen, sondern auch mit Ländern konkurrieren, in denen länger und härter als bei uns gearbeitet wird, wie Japan. Es ist nicht mit dem Schlagwort Niedrigpreisland getan, sondern nur mit der Erkenntnis, wo die Gründe der zutage tretenden Wettbewerbsverzerrungen liegen. Das Beunruhigende der Zahlungsbilanzsituation ist doch, daß sie deutlich macht, daß auch unsere europäischen Nachbarn uns zu überrunden beginnen. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes der letzten 10 Jahre zeigt uns deutlich, daß wir hier in einer echten Strukturkrise stehen, die wir bewältigen müssen. Diese Strukturkrise wird sichtbar an der Beschäftigung unserer ausländischen Arbeitskräfte und den damit auftretenden Problemen. Diese Gastarbeiter sind im Rahmen unserer Wirtschaftsentwicklung mehr als ein Konjunkturpuffer. Wir hatten in der jüngsten Spanne unserer innerdeutschen Wirtschaftsgeschichte mehrfach Konjunkturpausen. Die Stetigkeit des Anwachsens unserer ausländischen Gastarbeiter zeigt eben die strukturelle Grundlage dieses Bedarfs. Mitte 1954 waren es 73 000, am 30. 9. 1965 waren es 1 217 000. Das ist eine siebzehnfache Steigerung am Laufe von 11 Jahren. Natürlich muß man auch hier die Proportionen sehen. Gewiß, die ausländischen Arbeiter füllen gerade jene Lücke, deren Offenbleiben auch die derzeitige Produktion unmöglich gemacht hätte. Aber wir dürfen uns trösten, daß bei uns ihr Anteil an der Beschäftigtenzahl nur 5,5% beträgt. In der Schweiz sind es 30%, in Frankreich 8-10%, und auch in Belgien und Holland liegt der Anteil höher. Das strukturelle Angespanntsein wird dadurch erschwert, daß die Fluktuation der Ausländer sehr groß ist. Gerade wenn der Anteil der ausländischen Arbeiter an der Gesamtzahl der Beschäftigten noch erträglich gering ist, erfordert dies unser Eingreifen zur richtigen Zeit, d. h. sofort. Wirtschaft und Verwaltung stehen hier in einer gemeinsamen Verantwortung. Beide brauchen die gut ausgebildeten und eingewöhnten ausländischen Arbeitskräfte. Die Wirtschaft bemüht sich bereits heute um eine Vorschuleng künftiger Gastarbeiter in ihren Heimatländern. In Spanien und Italien werden z. B. entsprechende Lehrwerkstätten von der deutschen Industrie auch durch die Entsendung von Meistern und Fachkräften unterstützt. Die Zusammenarbeit mit den Behörden des In- und Auslandes funktioniert im allgemeinen gut. Ich möchte an dieser Stelle vor allem der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung unser aller Dank und Anerkennung aussprechen. So ist auch vorbehaltlos anzuerkennen, daß sich in Deutschland Organisationen und Verbände um die Betreuung der Gastarbeiter bemühen, und es muß auch erwähnt werden, daß öffentliche Mittel zur Überwindung der Sprach- und der Unterkunftsschwierigkeiten beitragen. Allerdings wäre besonders für den Wohnungsbau ein stärkeres Arrangement wünschenswert. Ein naheliegendes Problem, das wir lösen müssen, ist nämlich die regelrechte Einwanderung ganzer Familien. Gerade jene Gastarbeiter, die ihre Familie nachkommen lassen wollen, suchen die dauerhafte Beschäftigung in unserem Land. Sie stellen eine wertvolle Anreicherung des deutschen Arbeitskraftpotentials dar. Für sie müssen Wohnungen bereitgestellt werden. Auch die Frage der Beschäftigung der Frauen am gleichen Ort ist zu beantworten. Daß dies möglich und für alle Beteiligten vorteilhaft ist, hat sich besonders in Südwestdeutschland bereits deutlich gezeigt. Das führt uns schließlich noch zu weitergehenden Überlegungen. Manchmal erinnert der heutige Zustrom der Gastarbeiter an die großen Einwanderungswellen des vorigen Jahrhunderts nach Ame- 338 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 rika. Was damals auf gut Glück und unter großen Härten vor sich ging, können wir in der Gegenwart steuern. Wir müssen uns in dieser Legislaturperiode darüber Gedanken machen, solange die Dinge noch zu übersehen sind. Die volle Integration jener Familien, die dies anstreben, sollte erleichtert werden. Reale Gründe, die eine weitsichtige Politik berücksichtigen muß, gibt es genug, vom Produktionserfordernis über den Bedarf der Dienstleistungsgesellschaft bis zur Vermeidung eines Vakuums gegenüber dem Osten. Reale Gründe, die dagegen sprechen, gibt es nicht, auch nicht im soziologischen Bereich. Untersuchungen haben ergeben, daß von der gelegentlich behaupteten höheren Kriminalität keine Rede sein kann. Die volkswirtschaftlichen Kosten schließlich werden, nimmt man alles in allem, bei der Einbürgerung geringer sein als bei der Fluktuation. Wenn wir der strukturellen Teuerung, die sich aus den erhöhten Ansprüchen bei gleichzeitigem Arbeitskräftemangel ergibt, wirksam entgegentreten wollen, müssen wir nicht nur in der Haushaltspolitik, sondern auch auf diesem Gebiet neue Wege beschreiten. Wir haben das Beispiel aus Übersee, wir erleben es auch in unserem eigenen Lande. Die Entwicklung des Ruhrgebietes vollzog sich unter maßgeblicher Beteiligung ausländischer Arbeitskräfte. Sie sind längst integriert, und die Träger ihrer Namen stellen nicht nur prominente Stars der Fußballmannschaften, sondern in allen Bereichen hochqualifizierte Arbeiter, Angestellte und Beamte. Die Einfügung von Ausländern in die deutsche Industriegesellschaft bringt auch staatsrechtliche Probleme mit sich. Italien ist schon heute bereit, einen Teil seiner Auswanderungswilligen nach Deutschland zu lenken, das sind Einwanderer zu uns. Das soll kein Hindernis, sondern Ansporn sein. Wir müssen jetzt Überlegungen zur Herabsetzung der Einbürgerungszeit anstellen, die noch 10 Jahre beträgt. Wir brauchen eben nicht nur Fremde, die höchstens 2-3 Jahre bleiben, unsere Zahlungsbilanz verschlechtern und sich dann mit dem verdienten Geld und den erworbenen Kenntnissen daheim selbständig machen. Diese werden ohnehin immer die Mehrheit der ausländischen Arbeitskräfte bilden. Wir brauchen gerade jene Minderheit, die entschlossen ist, durch ihre Leistung ein Teil unseres Volkes zu werden. Sie ist uns willkommen und sie ist uns wertvoll. Sie bedeutet eine der großen Strukturbereinigungen, vor die uns die Industriegesellschaft stellt. Wir sollten daher alles tun, um diesen Menschen bei uns eine neue Heimat zu geben. Wir sollten es bald tun, sofort damit beginnen. In Entlohnung, Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und jedem Detail des Arbeitsrechts sind sie den Deutschen ohnehin fast völlig gleichgestellt. Sie müssen auch im staatsrechtlichen und gesellschaftlichen Rahmen die selbstverständliche Gleichberechtigung finden. Damit werden wir einen wichtigen Beitrag zu jener Stabilisierung leisten, die uns zur Zeit so sehr beschäftigt. Gesundes Wachstum auf stabiler Grundlage ist keine Utopie. Man muß allerdings etwas dafür tun, heute und morgen und vorausschauend auf lange Frist.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Verehrter Herr Kollege, das ist ein Werturteil, das schwer zu fällen ist; aber ich will es versuchen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Ich fühle mich durch manches, was Günter Grass gesagt hat, persönlich ebenso getadelt, wie Sie sich dadurch getadelt gefühlt haben. Er hat nicht nur harte Dinge über die CDU gesagt; auch über die SPD hat er sie gesagt. Aber ich finde es eine gute Sache — und ich möchte gern, daß sie sich wiederholt —, daß sogenannte Literaten, Intellektuelle, Männer der Kunst, der Literatur sich nicht zu schade sind, auch in den politischen Kämpfen, im Parteienkampf Stellung zu beziehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist das Symptomatische in dem Tun von Günter Grass und nicht so sehr, was er gesagt hat.

    (Zuruf von CDU/CSU: Dann muß er sich auch als Politiker ansprechen lassen!)

    Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, die Ordnungen und Werte, in denen eine Nation sich integriert, selber zu produzieren; der Staat trifft sie an. Aber es stünde nicht gut um unsere Sache, wenn — begründet — der Eindruck entstehen könnte, jene, in denen unser Gemeinwesen sich am sichtbarsten darstellt, hätten dies nicht erkannt oder daraus nicht die rechten Folgerungen gezogen. Das wäre nicht nur schlimm um seiner selbst willen. Es wäre auch schlimm für die Reichweite unserer politischen Möglichkeiten. Es gab einmal eine Zeit, da die Deutschen wußten, daß Taten des Geistes, daß der Stand ihrer Volksbildung — wir standen einmal an der Spitze —, daß wissenschaftliche Leistungen, daß — es gab ihn einmal — der Mut der Deutschen zur Selbsterkenntnis nicht nur gut für diesen oder jenen Nutzen und das Prestige waren, sondern daß diese Tugenden — denn es sind echte Tugenden — den Rang ihrer Nation in der Ordnung der Völker darstellten und damit im letzten Grunde auch ein politisches Potential.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sollten bei allem Wissen um das Anders-Sein der Größenordnungen wieder dahin kommen, — ohne freilich zu vernachlässigen, was uns dieses eiserne Zeitalter an Bewältigung der materiellen Welt abfordert. Aber auch deren Bewältigung kann im Guten nur vom Geiste her und auf den Geist hin geschehen. Das geht uns alle an, und hier gibt es — ich sage das im vollen Bewußtsein dessen, was ich sage — keine partikulären Abschrankungen im Volk, weder nach links, noch nach rechts, noch in der Mitte.
    Nun sagt man aber häufig, Fragen des kulturellen Lebens gingen den Bund, die Bundesrepublik oder — drücken wir es einfacher aus — gingen Bonn nichts an; denn die kulturelle Hoheit sei Sache der Länder. Dazu will ich einiges sagen. Ich
    will damit niemand engagieren. Ich sage meine Auffassung. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Regierung eines Nationalstaates, wie wir einer sind — auch die Regierung eines föderalistisch sein wollenden Staatswesens — nicht als Vornehmstes die Pflicht hätte — nachdem für die Notdurft Sorge getragen ist —, um den Bildungsstand und die Bildungseinrichtungen ihres Volkes bemüht zu sein.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Ich sage: 'bemüht zu sein. Ich sage nicht: sie zu verwalten. Die kulturelle Hoheit liegt bei den Ländern, und das ist gut. Aber versteht es sich denn nicht von selbst, auch ohne ausdrückliches Verfassungsgebot, daß ein Regiment — und unter Regiment verstehe ich Regierung, Parlament, Bundesrat, alle diejenigen, die in den öffentlichen Dingen verbindlich zu sprechen und zu handeln haben — die Pflicht hat, in Verantwortung für die ganze Nation zu tun, was notwendig und geeignet ist, die geistigen Potenzen unseres Volkes entbinden und auf den rech ten Gebrauch hinlenken zu helfen, — zu helfen? Kann es dem Bund gleichgültig sein, ob die bisherigen Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten ausreichen oder nicht ausreichen, um die Herausforderungen dieses Jahrhunderts anzunehmen und zu bestehen? Wenn das Grundgesetz dem Bund die Kompetenz gibt, die wissenschaftliche Forschung zu fördern, hat dann der Bund nicht auch in Konsequenz davon die Pflicht, dafür zu sorgen, daß unser Bildungswesen die Gewähr dafür bietet, daß in unserem Lande für die wissenschaftliche Forschung von den Schulen genügend viele, genügend durchgebildete Menschen zur Verfügung 'stehen? Wo eine Kompetenz gegeben ist, muß logischerweise auch die Möglichkeit gegeben sein, die Voraussetzungen für die Verwirklichung dieser Kompetenz zu schaffen. Die Amerikaner nennen das „implied powers".
    Man sagt — alle sagen es —, Bildung, Wissenschaft und Forschung seien das Schicksal der Nation, der ganzen Nation. Haben dann nicht jene, denen das Schicksal der ganzen Nation anvertraut ist, die Pflicht, dabei etwas zu tun, und sei es nur, Initiativen zu ergreifen? Unstreitig liegt die Kulturhoheit 'bei den Ländern; ich sagte es schon. Und ich sage jetzt: Das soll so bleiben, denn dies hat Vorteile, große Vorteile, auch für das Ganze der Nation. Der Föderalismus hat einen guten Sinn. Da geht es um mehr als nur um organisatorische Tricks, um administrative und fiskalische Geschichten. Der Föderalismus hat auch eine anthropologische Funktion, wenn er richtig begriffen wird, und deswegen bin ich Föderalist.
    Ich sage, der Bund hat keine Schulen zu errichten; er hat keine Universitäten zu betreiben; er hat keine Kultverwaltung zu schaffen. Aber er hat auch auf dem Felde der Bildung und der wissenschaftlichen Forschung eine Führungsaufgabe. Er hat sich darum zu bemühen, daß — nun betone ich jedes Wort — im Wege freiwillig geschlossener Vereinbarungen, im Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden, im Rahmen der jeweiligen legislativen und administrativen Zuständigkeiten ins Leben gerufen werden kann, was unser Volk 'braucht, um sich mit dem, was in ihm an geistigem
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965 299
    Dr. Schmid (Frankfurt)

    Vermögen angelegt ist, in eigener geistiger Leistung voll entfalten zu können.
    Wem nützt denn das Gefälle der Bildungseinrichtungen unter unseren elf Bundesländern? Nützt es den Ländern? Nützt es den Menschen in diesen Ländern? Es nützt gar niemandem, und eis schadet allen, und darum muß dagegen etwas getan werden. Es stünde der Bundesregierung, es stünde unserem Wissenschaftsminister wohl an, hier Initiativen zu ergreifen. Führung übernehmen heißt nicht kommandieren wollen; Führung übernehmen heißt, den Versuch zu machen, Wege anzuzeigen, auf die alle sich einigen können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist auf die Dauer nicht zu ertragen, daß wir — im Gegensatz zu allen anderen Nationen — für die Erziehung unserer Jugend noch keinen nationalen Bildungskanon — oder keinen mehr — haben, an dem unsere Kinder erkennen könnten, was es denn heißt und was einem abgefordert wird, wenn man zum Volk der Deutschen gehören will. Ich predige hier keine Gleichmacherei. In Hamburg soll man auf eigene Weise die Jugend lehren, welches der Ort der Deutschheit im Geflecht der Menschheit ist; in Bayern und anderswo auf andere Weise. Aber so oder so sollten doch unsere Kinder und sollten wir alle — denn wir haben es alle nötig — uns auf all unseren verschiedenen Wegen in dem, was uns als Deutsche ausmacht, an einem gemeinsam bestätig- ten Denkbild, das in einem gemeinsamen Bildungsgute wurzelt, orientieren können. Ein Volk, dem ein solches Bewußtsein seiner selbst gegeben ist, geht nicht zugrunde. Es übersteht die Wechselfälle der Geschichte. Es wird patriotisch sein und das Gift des Nationalismus von sich weisen, jenes Nationalismus, der nichts ist, denn andere herabwürdigende Überheblichkeit, die aus dem Gefühle stammt, weniger fest als andere in dem verwurzelt zu sein, was Wert und Sinn des menschlichen Daseins jenseits aller materiellen Zwecksetzungen ausmacht. Dieser schlechte Nationalismus ist ein Symptom für geistige und seelische Heimatlosigkeit.

    (Abg. Erler: Sehr wahr!)

    Ich habe in der Regierungserplärung einige Sätze vermißt, in denen diese Führungspflicht des Bundes ausgesprochen worden wäre. In der Regierungserklärung von 1963 hieß es noch — ich zitiere —:
    So gewiß die Bundesregierung bereit ist, die Zuständigkeit der Länder in der Kulturpolitik zu respektieren, so gewiß hat doch die Bundesregierung die Pflicht, vorausblickend die Lebensbedingungen eines modernen Staates zu garantieren.
    — Offensichtlich auf dem Gebiet von Bildung, Wissenschaft und Forschung. Nun, diese Absicht hat die Bundesregierung in den letzten zwei Jahren nicht in die Tat umzusetzen vermocht, und heute spricht man in der Regierungserklärung schon nicht mehr davon. Ich will nicht hoffen, daß wir dieses Schweigen als ein böses Symptom auffassen müßten. Aber ich will doch sagen, daß dort, wo die Bundesregierung eine unbestrittene Kompetenz hat — auf dem Gebiete der Förderung der Wissenschaft und Forschung nämlich — nicht all das getan worden ist, was die Forderung des Tages war. Gewiß, man hat Geld gegeben — aber längst nicht so viel, wie nötig gewesen wäre, um unserer Wissenschaft die volle Entfaltung zu ermöglichen. Man hat sparen zu müssen geglaubt, und man hat sich nicht gescheut, z. B. selbst der Max-Planck-Gesellschaft einen Zuschuß zu streichen, was ein aussichtsreiches Forschungsvorhaben unmöglich gemacht hat. Ich hoffe, daß man das in der Zwischenzeit wiedergutgemacht hat.

    (Abg. Dr. Martin: Das ist erledigt!)

    Gut, sehr schön! Aber es war notwendig, die Bundesregierung daran zu erinnern, daß man so nicht sparen kann und sparen darf. Jedermann spricht davon, daß die Wissenschaft unser Schicksal sei. In unserer verwissenschaftlichten Welt gilt dies. Wenn man dies aber einsieht, muß man auch bereit sein, die notwendigen Folgerungen daraus zu ziehen, muß man auch für Forschung und Wissenschaft so viel Mittel zur Verfügung stellen, daß sie den Wettbewerb mit anderen Nationen aufnehmen können; denn es geht dabei auch um unsere Unabhängigkeit!

    (Beifall bei der SPD.)

    Deswegen, meine ich, sollten wir den Ausgaben für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung — ich gehe weiter —, für alles, was den Sektor der Bildung anlangt, eine absolute Priorität geben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das setzt voraus, daß man unter Umständen andere Dinge, die auch gut und nützlich sind, nicht oder noch nicht in Angriff nehmen kann.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Welche?)

    Es hat keinen Sinn, hier um die Dinge herumzusprechen. Sie fragen mich, welche. Nun, darüber werden wir uns — ich habe das gestern dem Herrn Kollegen Strauß gesagt — sehr eingehend unterhalten müssen. Mit Allgemeinheiten kommen wir hier nicht zum Ziel. Da braucht man das Gespräch von Mann zu Mann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    — Nun, Sie klatschen Beifall. Sie wollen damit offenbar ironisch sein

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

    und sagen, ich hätte Allgemeinheiten gesagt. Das war gar nicht allgemein. Ich war gar nicht allgemein — um mit Bert Brecht zu sprechen. Ich war sehr konzis und konkret!
    Noch etwas, an das man auch denken sollte. Denken wir doch an unsere Jugend! Unsere Jugend braucht doch ein Feld, auf dem sich auch heute in dieser, Gott sei Dank, unkriegerisch gewordenen Welt Ruhm erwerben läßt. Und wo läßt sich der erwerben, wenn nicht auf dem Feld der wissenschaftlichen Forschung! Es bedeutet doch etwas Schlimmes für unsere Jugend, daß wir ihrer Lust am Abenteuer der Wissenschaft nicht Genüge tun können. Jedes Jahr gehen 7 bis 8 % der akademisch voll ausgebildeten Natur-
    300 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1. Dezember 1965
    Dr. Schmid (Frankfurt)

    wissenschaftler ins Ausland — und das sind wahrscheinlich nicht die schlechtesten. Sie gehen nicht weg, weil sie hier zu wenig verdienten — sie sind Idealisten, wie es ihre Väter auch gewesen sind —, sie gehen weg, weil sie glauben, daß sie hier nicht die Arbeitsmöglichkeiten und Forschungsmöglichkeiten finden können, die sie brauchen, um ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen zu müssen. Das ist schlimmer, als es manchmal aussehen mag.
    Ich halte es für eine nationale Pflicht ersten Ranges, alles zu tun, alles aufzuwenden, um hier Wandel zu schaffen. Wir müssen unserer Jugend die Forschungsmöglichkeiten anbieten, deren sie bedarf und nach denen sie dürstet. Sonst tritt ein Schaden ein, der über das hinausgehen wird, was der Wissenschaft als solcher an Schaden entstehen könnte.
    Noch etwas! Wäre das, was ich hier empfehle, nicht ein probates Mittel, gerade die Begabtesten unserer Jugend enger an den Staat heranzuziehen? Bei ihnen das Bewußtsein zu wecken, daß Demokratie Freiheit ist, die etwas wagt und ihr Wagnis zu verantworten bereit ist und die Kraft dazu hat?

    (Beifall bei der SPD.)

    Das sehe ich als eine Gemeinschaftsaufgabe der Gemeinschaft an, die hier, in diesem Hause, beisammensitzt. Die Gemeinschaft Bund, Länder und Gemeinden habe ich gemeint, als ich von dieser Gemeinschaftsaufgabe gesprochen habe. Weder der Bund, noch die Länder, noch die Gemeinden können allein das Notwendige tun; nur alle drei Schichten unserer res publica zusammen können es, indem sie zusammengehen.
    In der Regierungserklärung wurde gesagt, daß die wissenschaftliche Forschung nicht von Streichungen betroffen sein solle. Das ist ein gutes Wort. Ich bitte, mir in dieser Debatte, in der fast nur von Streichungen gesprochen wurde, nicht übelzunehmen, wenn ich sage, daß es nicht genügt, es bei dem zu belassen, was man bisher zur Verfügung zu stellen bereit ist. Es isst notwendig, mehr zur Verfügung zu stellen, als bisher zur Verfügung stand, denn das hat nicht genügt, um das, was notwendig war und ist, auch möglich zu machen. Es steht fest, daß ein Maximum wissenschaftlicher Forschung lebensnotwendig für unser Volk ist. Wenn man das glaubt — wohlan, dann tue man das Notwendige!
    Wir müssen sparen, das ist richtig; aber am rechten Ort. Wir dürfen nicht an der falschen Stelle geiz en, denn Idas ist eine kostspielige Angelegenheit, letztlich eine böse Verschwendung von Chancen. Ich gebe dem Kollegen Strauß in seinen Ausführungen von gestern vollkommen recht: wenn wir das tun, ziehen wir die Fundamente weg, auf denen unsere Zukunft ruhen soll und die sie braucht. Mir kommt es manchmal so vor, wenn ich höre, auch da müsse man eben „streichen", daß man wie einer handelt, der auf den Tod krank ist und idem der Arzt einen Kuraufenthalt verschreibt, der aber einwendet: Das ist mir zu teuer, dann kann ich ja das Geld nicht verwenden, um meine Wohnung hübsch einzurichten ... — Gut, er richtet diese ein; aber ein anderer als er wird darin wohnen. Es ist wirklich so, wie in diesem Gleichnis angedeutet: wenn wir hier geizen,
    dann werden wir morgen nichts mehr haben, über das wir uns so wie heute unterhalten können.
    Wann werden wir endlich 'begreifen, daß Ausgaben für Bildung und Wissenschaft nicht Konsumausgaben, sondern rentierende Investitionen sind? Sollte es nicht möglich sein, wenn wir alle zusammen handeln, aus den vielen Töpfen unserer Subventionsmaschinerie die erforderlichen Millionen herauszusuchen? Sollte das nicht möglich sein, wenn man wirklich sparen will, wenn man wirklich im Unterholz aufräumen will?
    Natürlich rede ich dem nicht das Wort, daß man von dem vorhandenen Steueraufkommen mehr abzweigen soll. Aber von dem Aufkommens zuwachs sollte man ein Großteil, vielleicht den größten Teil auf das Gebiet verlegen, von dem ich jetzt gesprochen habe.
    Bei dem Verhältnis des Staates zur Welt des Geistes geht es aber nicht nur um Schule und Wissenschaft; es geht dabei auch um Literatur und Kunst, um jene, die Kunst und Literatur betreiben. Staat und Regierungen können weder Literatur noch Kunst erzeugen. Aber sie können sich zu beiden in ein Verhältnis setzen, das der Literatur und der Kunst Mut zum Staate macht. Sie können das nur tun, indem sie zeigen, daß sie beides ernst nehmen und nicht nur für Randverzierungen unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit halten. Der Künstler soll seine staatsbürgerliche Pflicht tun wie jeder andere, ohne Privileg und ohne Diskriminierung. Als Wähler sind wir alle gleich. Auch wenn wir in einer Versammlung diskutieren, sind wir alle gleichen Rechtes. Keiner hat ein Privileg.
    Ich gehe weiter und sage: Kunst und Literatur sollen sich nicht als Ersatz für Politik gerieren; sie sollen, was im Staate und durch den Staat geschieht, mit ihrem Tun begleiten. Die Sachwalter der Ideen und des Wortes dürfen Staat und Gesellschaft nicht aus dem Bereich, dem sie sich hingeordnet fühlen, ausklammern. Sie müssen sich damit befassen. Sie sollen sagen, was ist, und sie sollen auch sagen, was nicht so ist, wie es sein müßte, und sie sollen auch sagen, wo man im Politischen unter dem Maß des Menschlichen bleibt. Das wird nicht immer bequem, nicht immer genüßlich sein für jene, die politisch handeln müssen. Der Künstler und der Schriftsteller
    — sagen wir auch hier schlicht: die Intellektuellen
    — müssen, wenn sie nicht Verrat an ihrer Berufung üben wollen, das Unbedingte suchen. Das ist ihre Aufgabe. Dabei gelangen sie im Bereich des Politischen gelegentlich ins Utopische und manchmal sogar ins Abstruse. Aber das nimmt ihnen nicht das Recht auf Achtung ihrer Motive und auf Beachtung ihrer Ausgangspunkte und ihrer Zielsetzungen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Politiker aber — das Wort im weitesten Sinne gebraucht — muß immer statt mit der Welt des Absoluten mit der Welt des Bedingten umgehen, und er hat schon recht viel Erfolg, wenn er mit dem, was er vollbringt, wenigstens in die Nähe dessen kommt, was von seinen Grundansprüchen gefordert wird. Deswegen werden die Intellektuellen nur sel-
    Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 1. Dezember 1965 301
    Dr. Schmid (Frankfurt)

    ten mit dem zufrieden sein können, was die Politiker tun und erreichen. Das liegt am Geschäfte beider. — Ich nehme an, Sie sind mit mir einig, Herr Martin. — Die Intellektuellen werden oft schon mit den Fragestellungen von uns Politikern nicht zufrieden sein können. Sie werden finden, daß wir dabei oft nicht hoch genug greifen. Damit erweisen sie uns einen Dienst. Sie rufen uns zu den Prinzipien zurück, zu dem, was die Griechen die „Archä" nannten — das, was am Anfang steht als die Summe aller Keime, aus denen sich entwickelt, was mit der Zeit aus uns herausgehen wird. Oft ist schon etwas gewonnen, wenn uns nach einem solchen Zurückruf zu den Anfängen, zu den Prinzipien, das Gewissen schlägt. Wir sollten dankbar dafür sein, daß es Intellektuelle gibt, so oft sie uns auch stören und erbosen mögen.
    Wir sind allzu leicht geneigt zu vergessen, daß unsere Werke, und oft auch schon unsere Vorhaben, nur relativ, bestenfalls bloße Annäherungen an das Gebotene sind. Wir sind allzu leicht geneigt, uns schon damit im Gewissen zu beruhigen; aber das Gewissen verlangt uns mehr ab als nur das, was uns gerade gelingt.
    Darum ist es gut, daß es Leute gibt, die uns von Zeit zu Zeit zurufen, daß, was wir tun, bestenfalls ein Bruchteil dessen ist, was das Ideal postuliert, von dem wir behaupten, wir hätten uns ihm verschrieben. Damit leisten jene Menschen nicht nur einen notwendigen Dienst an der Wahrheit, die es in dieser Welt so schwer hat, sondern auch an uns selber, indem sie es uns schwermachen, uns in der
    Bequemlichkeit anzusiedeln.
    Es ist auch gut, daß es Radikale gibt, auch wenn sie selber nur selten imstande sind zu bauen. Oft sind sie das Salz des Geistes und das Salz der Erde. Freilich verstehe ich unter „radikal", daß sich einer bemüht, zu den Wurzeln vorzudringen, und nicht nur ein Zetern aus einem Überschuß an Magensäure.
    Wir haben in Deutschland solche Menschen, Menschen unterschiedlichen geistigen Ranges. Aber auch die kleineren unter ihnen sollten wir nicht gering achten. Auch die Kärrner sind notwendig, wenn die Könige bauen sollen. Mancher unserer zeitgenössischen Schriftsteller und Künstler hat uns in diesen Jahren Ansehen in der Welt verschafft und uns selber bewußter gemacht, in welcher Welt wir leben und wie wir uns zu dieser Welt stellen. Einige der bedeutenderen unter diesen Menschen sind sogar durch Bundesdienststellen und angeschlossene Organisationen ins Ausland geschickt worden, um in Goethe-Instituten und an anderen Orten davon zu zeugen, daß trotz der geistigen und materiellen Verheerungen der bösen Jahre auch heute in Deutschland der Geist lebt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist gut so! Kein Staat kann heute auf die Dauer auf außenpolitisches Verständnis in der Weltöffentlichkeit rechnen — ich meine nicht die Staatskanzleien —, wenn nicht das Volk dieses Staates der Weltöffentlichkeit als Träger lebendigen Geistes auch in der jeweiligen Gegenwart erscheint.
    Es ist aber eine schlechte Sache, wenn Schriftsteller gescholten werden, weil sie die Regierung, die Politiker und gewisse Praktiken kritisierten und manchmal auch mißdeuteten. Das ist allen Seiten dieses Hauses widerfahren. Wir haben uns offenbar noch nicht von einem schlimmen Hochmut trennen können — Herr Benda sprach von einer gewissen Gouvernantenhaftigkeit; ich will seinen Ausdruck aufnehmen —, im Kritiker nichts anderes sehen zu wollen als Dummheit und Unanständigkeit.
    Es hat mir ein bißchen weh getan, als vorgestern der Herr Bundeskanzler in seiner Replik sagte, er habe die moralischen Maßstäbe der Opposition zurechtrücken müssen. Wollte er denn damit sagen, daß die Opposition keine gültigen moralischen Maßstäbe habe und, wenn sie kritisiere, nicht nach solchen Maßstäben handele?
    Kehren wir zu den Intellektuellen zurück. Wenn diese Leute glauben, uns um der Wahrheit, um unseres Volkes willen kritisieren zu müssen, sollen sie es tun mit den Mitteln, die sie haben. Freilich müssen sie es sich gefallen lassen, daß wir ihnen mit Argumenten antworten oder auch — auch das kann notwendig und richtig sein — durch unser Schweigen zeigen, daß wir, was sie sagten, für wenig gewichtig halten. Auch das ist erlaubt. Was nicht erlaubt ist, ist, sie auszuschelten; denn das ist keine Antwort.

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege Strauß, Sie haben gesagt, ein Schriftsteller, der politisch dummes Zeug sage, der müsse sich gefallen lassen, zurechtgewiesen zu werden wie der kleinste Mann aus dem Volke.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU.) — Doch, das haben Sie sinngemäß gesagt.



Rede von Dr. Franz Josef Strauß
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Darf ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, Herr Kollege Schmid, daß ich nach meiner Erinnerung sinngemäß gesagt habe, daß das politische Urteil eines Dichters, eines Vertreters des literarischen Bereichs — das p o l i t is c h e Urteil — auch nicht mehr wiegt als das Urteil des einfachen Mannes auf der Straße. Das habe ich gesagt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Gut, ich will Ihnen das zugeben. Aber in dem einen wie in dem anderen Falle soll man, wenn man antwortet, mit Argumenten reagieren und nicht mit Schelte.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist es, was ich sagen wollte, denn auch der kleine Mann hat einen Anspruch darauf, daß man ihm mit Argumenten antwortet und nicht mit Scheltworten. — Nun, Herr Martin?