Rede von
Ludwig
Metzger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Ich habe mich ganz besonders darüber gefreut, daß Herr Kollege Burgbacher die Unteilbarkeit der Objekte in der Verordnung, die von der Kommission vorgelegt worden ist, noch einmal ausdrücklich betont und erklärt hat, die sei unabdingbar. In der Tat, das muß so sein. Es kann nur eigene Mittel der EWG geben, wenn zu gleicher Zeit die Kompetenzen des Parlaments erweitert werden. Das eine ist ohne das ) andere nicht denkbar.
Das hat allerdings Konsequenzen, darauf will ich aufmerksam machen. Denn wenn etwa der Ministerrat sich entschließen sollte, sei es aus eigenem Entschluß, sei es unter Druck Frankreichs, gewisse Dinge voranzubringen, etwa in bezug auf die Eigenmittel, aber in bezug auf die Zuständigkeit des Parlaments nichts zu tun, dann würde das bedeuten, daß dieses Parlament — nämlich die drei Fraktionen insgesamt, die sich ja in der Frage einig sind — den Vertrag, der zu ratifizieren wäre, nicht ratifizieren könnte. Wir müssen uns über diese Konsequenzen klar sein. Ich glaube, es ist auch gut, wenn sich die Regierung über diese Konsequenzen im klaren ist. Denn das bedeutet erstens einmal, daß sie im Ministerrat gewisse Dinge nicht tun kann, und das bedeutet zweitens, daß sie im Ministerrat durch das Parlament eine Rückenstärkung hat. Das scheint mir die positive Seite der Sache zu sein, und die Regierung sollte das durchaus überlegen und benutzen.
Was die Wahlen zum Parlament anlangt, so hat der Herr Kollege Burgbacher sich ein Argument zu eigen gemacht, das wir deutschen Sozialdemokraten im Europäischen Parlament vorgetragen haben, als damals die Wahlordnung zur Abstimmung stand. Ich weiß nicht, ob Sie damals schon im Parlament waren, Herr Burgbacher,
— dann werden Sie sich erinnern. Damals haben wir deutschen Sozialdemokraten den Standpunkt vertreten: wir können für die Wahlordnung nicht stimmen, weil das Parlament, solange es keine Zuständigkeiten hat, damit den Wähler notwendigerweise enttäuschen muß oder betrügen muß, und beides wollen wir nicht. Dieses Argument können Sie aber heute nicht bringen, weil Sie — die Christlich-Demokratische Fraktion — im Europäischen Parlament dieses Argument zurückgewiesen haben. Sie waren damals anderer Meinung.
Wenn wir heute dieses Argument nicht mehr benutzen, so einfach deswegen, Herr Kollege Burgbacher, weil inzwischen eine politische Entwicklung vor sich gegangen ist, die damals keineswegs vorhanden war. Damals hat noch keiner vorausgesehen, welchen Standpunkt de Gaulle gegenüber der EWG einnehmen wird und wie sehr er alle Maßnahmen unterstützt, die zur Unterhöhlung der EWG führen. Deswegen haben wir• aus politischen Gründen alle Veranlassung, alles zu tun, was der Stärkung der EWG dient, auch das, was notwendig ist, um unsere Bevölkerung für die Idee zu erwärmen und unsere Bevölkerung zu veranlassen, für die EWG zu stimmen, etwa auch in diesen Wahlen.
Von daher gesehen, sind diese Wahlen von allergrößter Bedeutung und von daher gesehen, Herr Kollege Friedensburg, kann man nicht sagen, daß diese Wahl für die Wähler nicht zumutbar sei. Denn die Wähler werden sich in diesem Augenblick zu diesem Europa bekennen, das de Gaulle jedenfalls in dieser Weise als integriertes Europa bekämpft.
Herrn Kollegen Effertz möchte ich auch noch etwas sagen. Er hat sehr eindringlich und in einer sehr erfreulichen Weise gesagt, wir sollten nicht immer nur de Gaulle die Möglichkeit geben, die Vorteile aus der EWG zu ziehen, während wir selber immer nur die Nachgaben machen. Sehr einverstanden. Aber, Herr Effertz, soviel ich weiß, sind Ihre Leute in der Regierung, und ich stelle an Sie die Frage: warum haben Ihre Leute in der Regierung in der Richtung nichts getan? Ich habe bis jetzt nichts davon gehört.