Rede von
Gerhard
Jahn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das kann man sicherlich nicht da-durch, Herr Kollege Barzel, daß man neue Mißverständnisse in diese Debatte hineinbringt.
Mir liegt nur daran, zu verhindern, daß diese Mißverständnisse etwa vertieft werden könnten. Deswegen bin ich Ihnen für diese von Ihnen selber gegebene Klarstellung durchaus dankbar.
Eine der Bemerkungen des Herrn Kollegen Barzel hat mich besonders beeindruckt. Er hat gesagt, es gehe darum, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Aber auch hier müßten wir uns, glaube ich, doch noch einmal über einige Fragen etwas genauer unterhalten. Gewiß, in der Tendenz und in dem Anliegen werden wir uns vielleicht sehr bald einigen können; aber an dieser Stelle ist dann doch wohl einmal die Frage notwendig: Haben wir, hat denn insbesondere unsere Bundesregierung in all den Jahren immer das Notwendige getan, um gerade in dieser Frage Schaden vom deutschen Volk abzuwenden?
Meine Damen und Herren, vor fünf Jahren haben wir doch schon einmal eine Debatte über die Frage der Verjährung geführt, und da war es die Mehrheit dieses Hauses, ,die eine andere Entscheidung für richtig gehalten hat. Seit fünf Jahren debattieren wir in diesem Hause und in seinen Ausschüssen über die Frage, was denn eigentlich geschieht, um das
Material, das Dokumentenmaterial, von dem wir wissen, daß es in übergroßer Menge in ,den osteuropäischen Ländern, aber auch sonst, vorhanden ist, herbeizuschaffen, auszuwerten und für die Aufgaben der strafrechtlichen Ermittlungen nutzbar zu machen. Ist es denn nicht so gewesen, Herr Kollege Barzel, daß es diese Bundesregierung und ihre Vorgängerinnen waren, die uns immer wieder und immer wieder gesagt haben, sie würden zwar prüfen, aber fünf Jahre hindurch geprüft haben, und daß die Bundesregierung erst unter dem Druck der Zeit und des von Ihnen und uns gemeinsam eingebrachten Antrages vom 9. Dezember des vergangenen Jahres bereit gewesen ist, ihren Widerstand gegen Dinge aufzugeben, den sie jahrelang gepflegt hat,
sogar noch gepflegt hat, als es notwendig war, die nötigen Unterlagen für die Ermittlungen im Auschwitz-Prozeß zu beschaffen. Herr Kollege Dr. Barzel, vielleicht sind Sie so freundlich und hören einmal zu. Was Ihren Einwand hinsichtlich der Kompetenz betrifft, so ist es immer die Bundesregierung gewesen, die mit guten Gründen unter Berufung auf ihre Kompetenz für außenpolitische Dinge hier ein entscheidendes Wort mitzureden hatte. Wegen des Widerstandes der Bundesregierung war es notwendig, hessische Staatsanwälte auf Urlaubsreisen nach Polen zu schicken, damit sie in Auschwitz an Ort und Stelle die Feststellungen treffen konnten, die erforderlich waren, um für den Auschwitz-Prozeß die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.