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    Deutscher Bundestag 170. Sitzung Bonn, den 10. März 1965 Inhalt: Nachruf auf den Präsidenten der Bundesre- publik Osterreich Dr. Adolf Schärf . . 8503 A Erweiterung der Tagesordnung 8504 A Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Busch 8516 B Fragestunde (Drucksachen IV/3152, IV/3160) Frage des Abg. Dr. Kohut: Entscheidungen der Bundesregierung ohne Anhörung des Parlaments . . . 8504 B Frage des Abg. Fritsch: Förderungswürdiges Gebiet Dr. Langer, Staatssekretär . . . 8504 C Fritsch (SPD) 8504 C Dr. Dittrich (CDU/CSU) 8504 C Frage des Abg. Fritsch: Ausländisches Zellstoffwerk im bayerischen Grenzland Dr. Langer, Staatssekretär . . . 8504 D Fritsch (SPD) 8505 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 8505 C Frage des Abg. Regling: Befreiung von Altenheimen usw. von Ton- und Fernsehrundfunkgebühren Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 8505 C Regling (SPD) ... . . . . . . . 8505 D Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Inbetriebnahme von Fernsehfrequenzumsetzern Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . 8506 A Dröscher (SPD) 8506 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Hilfe für junge Familien Dr. Heck, Bundesminister . . . . 8506 C Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Ferienverschickungsaktion Dr. Schröder, Bundesminister . . . 8506 C Kahn-Ackermann (SPD) . . . . . 8507 A Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Lehrer an deutschen Schulen in Argentinien Dr. Schröder, Bundesminister . . . 8507 B Kahn-Ackermann (SPD) 8507 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Begrüßung Ulbrichts durch Schiffe der Bundesrepublik im Hafen von Alexandria Dr. Schröder, Bundesminister . . . 8507 D Dr. Mommer (SPD) 8507 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 Frage des Abg. Dr. Kohut: Hallstein-Doktrin Dr. Schröder, Bundesminister . . . 8508 A Dr. Kohut (FDP) 8508 B Vogt (CDU/CSU) 8508 C Frage des Abg. Dr. Kohut: Anspruch der Bundesregierung auf Alleinvertretung des deutschen Volkes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 8508 D Dr. Kohut (FDP) 8509 A Frage des Abg. Unertl: Eigene Fahrpraxis von Richtern in Verkehrsstrafsachen Dr. Bucher, Bundesminister . . . 8509 B Unertl (CDU/CSU) 8509 C Frage des Abg. Kaffka: Feststellungsgesetz Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 8509 D Kaffka (SPD) . . . . . . . . . 8510 A Frage des Abg. Dr. Wahl: Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 8510 A Fragen des Abg. Langebeck: Gefährdung des Waldbestandes und des Wasserhaushalts im Gebiet um Schweinfurt Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 8510 B Langebeck (SPD) . . . . . . . 8510 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Wahlmöglichkeit von steuerpflichtigen Vertriebenen bei der Wiederbeschaffung von Hausrat Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 8511 A Frage des Abg. Schultz: Prämienberechtigte Bausparverträge Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 8511 B Schultz (FDP) 8511 D Dröscher (SPD) . . . . . . . 8512 A Strohmayr (SPD) 8512 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Einheitliche . Bewertung halbfertiger Bauten Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 8512 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) . 8512 C Frage des Abg. Unertl: Zollbehandlung privater Warensendungen Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 8513 A Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 8513 B Fragen des Abg. Glüsing (Dithmarschen) : Erweiterung der dänischen Hoheitsgewässer — Regelung für Krabbenfischer Schwarz, Bundesminister . . . . . 8513 D Frage des Abg. Varelmann: Arzthonorare und Krankenhauspflegesätze 8514 A Frage des Abg. Folger: Arbeitskräftepolitik als Mittel zur Förderung des Wirtschaftswachstums . . 8514 B Frage des Abg. Fritsch: Einmalige Sonderzuwendungen an über 90 Jahre alte Rentenempfänger Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 8514 C Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 8514 C Fragen des Abg. Dr. Hauser: Bekämpfung der Raubüberfälle auf Kreditinstitute 8514 D Frage des Abg. Dröscher: Verzögerung bei der Neuberechnung der Berufsschadensrente Dr, Claussen, Staatssekretär . . . 8514 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 8515 A Frage des Abg. Kaffka: Zunahme der Berufsdermatozoen in der metallverarbeitenden Industrie Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 8515 B Kaffka (SPD) . . . . . . . . . 8515 C Fragen des Abg. Deneke: Förderung der beruflichen Fortbildung der Angehörigen freier Berufe Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 8516 A Bericht des Bundesministers der Justiz über die Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten (Drucksache IV/3124) ; in Verbindung mit Entwurf eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes (Abg. Benda, Dr. Wilhelmi, Stingl u. Gen. (Drucksache IV/2965 [neu]) — Erste Beratung —; mit Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 III Entwurf eines Gesetzes zur Einfügung eines Artikels 102 a in das Grundgesetz (SPD) (Drucksache IV/3161) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes (SPD) (Drucksache IV/3162) — Erste Beratung — Dr. Bucher, Bundesminister . . . 8516 C Benda (CDU/CSU) 8519 B Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 8523 D Hirsch (SPD) . . . . . . . . 8526 D Dr. Barzel (CDU/CSU) 8530 C Jahn (SPD) . . . . . . . . . 8537 C Dr. Dehler (FDP) . . . . . . 8541 C Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . . 8545 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . 8547 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 8553 B Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 8553 C Metzger (SPD) . . . . . . . 8556 A Memmel (CDU/CSU) . . . . . 8558 B Busse (FDP) . . . . . . . . 8562 C Dr. von Merkatz (CDU/CSU) . . 8564 C Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 8566 B Erler (SPD) . . . . . . . . 8568 D Antrag betr. Bildung eines Sonderausschusses „Parteiengesetz" (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/3164) Wagner (CDU/CSU) . . . . . . 8571 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . • . 8572 A Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/2853) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) (SPD) (Drucksache IV/3112) — Erste Beratung — Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 8572 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8578 B Schoettle, Vizepräsident 8583 C Dr. Zimmermann (München) (CDU/ CSU) 8583 D Dr. Lohmar (SPD) . . . . . . 8585 D Dorn (FDP) 8588 D Nächste Sitzung 8592 Anlagen 8593 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 8503 170. Sitzung Bonn, den 10. März 1965 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 169. Sitzung Seite 8474 A Zeile 1 statt „würden": können; Zeile 3 statt „Es empfiehlt" : Ich empfehle. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 8593 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Bading * 12. 3. Bazille 12. 3. Berlin 19. 3. Berkhan 12. 3. Blachstein 10. 4. Biechele 15. 3. Dr. Bieringer 12. 3. Dr. Birrenbach 10. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 15. 3. Felder 12. 3. Dr. Franz 12. 3. Gaßmann 12. 3. Gräfin vom Hagen 12. 3. Hammersen 12. 3. Dr. Kempfler 13. 3. Dr. Kliesing (Honnef) * 12. 3. Klinker * 11. 3. Kriedemann * 12. 3. Dr. Krümmer 12. 3. Krug 10. 3. Kulawig 15. 4. Kuntscher 12. 3. Lenz (Bremerhaven) 29. 3. Leukert 12. 3. Dr. Löhr * 11.3. Lücker (München) * 10. 3. Dr. Löbe 12. 3. Maier (Mannheim) 12. 3. Mauk * 12. 3. Mick 12. 3. Müller (Worms) 12. 3. Dr. Preiß 10. 3. Sander 10. 3. Seidl (München) ' 11. 3. Schlick 12. 3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 3. Dr. Schwörer 12. 3. Dr. Starke 12. 3. Strauß 12. 3. Weber (Georgenau) 10. 3. Wehner 20. 3. Weinkamm 13. 3. Wienand 12. 3. b) Urlaubsanträge Dr.-Ing. Balke 31. 3. Bäumer 3. 4. Dr. Dr. Heinemann 26. 3. Marx 26. 3. Ritzel 23. 3. Spitzmüller 27. 3. Dr. Stoltenberg 15. 3. Wilhelm 10. 4. t) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlamentes Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift 53 Bonn a. Rh., 5. März 1965 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 279. Sitzung am 5. März 1965 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 10. Februar 1965 verabschiedeten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundeskindergeldgesetzes gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefaßt: „Der Bundesrat begrüßt, daß die Einkommensgrenze für das Zweitkindergeld in Familien mit mehr als zwei Kindern nach diesem Gesetz entfallen wird. Er hält es jedoch für sozialpolitisch unbefriedigend, daß die Einkommensgrenze für den Bezug von Zweitkindergeld für Familien mit zwei Kindern nur unzureichend angehoben wird. Besonders unbefriedigend erscheinen ihm die in der Novelle gesetzten sozialpolitischen Akzente: Einerseits begnügt sich das Gesetz mit einer unzureichenden Anhebung der Einkommensgrenze auf 7800 DM, während andererseits die Ausbildungszulage von monatlich 40 DM ohne Rücksicht auf Einkommensgrenzen gezahlt werden soll. Die weitere Anhebung der Einkommensgrenze für das Zweitkindergeld ist vor allem auch deshalb als Sofortmaßnahme erforderlich, weil Familien mit einem niedrigen Einkommen in der Regel ihre Kinder nur mit Ausbildungshilfen weiterführende Schulen, Fachschulen oder Hochschulen besuchen lassen können. Für viele dieser Familien bringt die Ausbildungszulage nach § 14 a des Gesetzes keine nennenswerte Verbesserung, weil diese Ausbildungszulage auf die Ausbildungsbeihilfen z. B. nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Lastenausgleichsgesetz oder dem Honnefer Modell angerechnet werden muß. Wirtschaftlich besser gestellten Familien jedoch, die für die Ausbildung ihrer Kinder nicht auf Ausbildungsbeihilfen öffentlich-rechtlicher Träger angewiesen sind, werden nach diesem Gesetz für jedes in Ausbildung befindliche Kind zusätzlich monatlich 40 DM gezahlt. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, das Ausmaß dieser Anrechnungen zu prüfen und in einer Novelle zum Bundeskindergeldgesetz im Rahmen der an anderer Stelle eingesparten Beträge eine weitere Anhebung der Einkommensgrenze für das 8594 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 Zweitkindergeld in Familien mit zwei Kindern einzuleiten." Dr. Lemke Vizepräsident Bonn, den 5. März 1965 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 12. Februar 1965 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Dr. Lemke Vizepräsident Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 4. März 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Rollmann (Drucksache IV/3101, Fragen VI/1 und VI/2) : Welche Staaten haben bisher das Brüsseler Abkommen über blinde Passagiere vom 10. Oktober 1957 ratifiziert? Beabsichtigt die Bundesregierung dem in Frage VI/1 genannten Abkommen beizutreten? Nach Fühlungnahme mit dem Auswärtigen Amt und dem Herrn Bundesminister für Verkehr, Abteilung Seeverkehr, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt: 1. Das internationale Übereinkommen über blinde Passagiere vom 10. Oktober 1957 ist von folgenden Staaten ratifiziert worden: Peru am 23. November 1961, Norwegen am 24. Mai 1962, Schweden am 27. Juni 1962, Italien am 24. Mai 1963, Dänemark am 16. Dezember 1963. Außerdem ist das Königreich Marokko dem Abkommen am 22. Januar 1959 beigetreten. 2. Die Bundesregierung hat ebenso wie eine Reihe anderer Staaten das Abkommen lediglich mit dem Vorbehalt „ad referendum" gezeichnet und damit Bedenken gegen einige Bestimmungen des Abkommens zum Ausdruck gebracht. Zum Inkrafttreten des Abkommens sind 10 Ratifikationen erforderlich. Bislang haben jedoch nur 5 Staaten das Abkommen ratifiziert. Einige der großen Schiffahrt treibenden Nationen haben sich bislang nicht zur Ratifikation entschlossen. Bei dieser Sachlage halte ich es nicht für angebracht, z. Z. dem Bundestag ein Zustimmungsgesetz zum Abkommen vorzulegen. M. E. sollten zunächst die Entschließungen der Mehrzahl der anderen Signatarstaaten abgewartet werden. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 3. März 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache IV/3101, Frage XI/9) : Ist der Bundesverkehrsminister bereit, mit der Automobil industrie die obligatorische Ausstattung aller neu zu liefernder Personenkraftwagen zu besprechen? Es werden bereits mit der Automobilindustrie Verhandlungen geführt, die darauf abzielen, alle neu zu liefernden Personenkraftwagen mit den Halterungen zum Anbringen von Sicherheitsgurten für alle Sitzplätze auszurüsten. Eine gesetzliche Pflicht zur Benutzung von Sicherheitsgurten in Personenkraftwagen ist nicht vorgesehen. Anlage 5 Schriftliche 'Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 5. März 1965 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Börner (Drucksache IV/3101, Fragen XI/10, XI/11 und XI/12): Kann die Bundesregierung die Vorwürfe entkräften, die in dem Artikel „Ist Fliegen Glücksache?" in der Zeitschrift „Kristall", Heft 4 1965, gegen die Flugsicherung in der Bundesrepublik erhoben worden sind? Sind die in dem in Frage XI/10 erwähnten Artikel gemachten Angaben über die Besetzung der Radarkontrollen Frankfurt (Main), Hannover und München richtig? Was ist unternommen worden, um ähnliche Vorfälle, wie sie am Schluß des in Frage XI/10 erwähnten Artikels im Hinblick auf Gefährdung von Passagierflugzeugen durch Militärflugzeuge geschildert werden, künftig zu verhindern? Herr Kollege Börner, bevor ich auf die Vorwürfe gegen die Flugsicherung in *dem Artikel „Ist Fliegen Glücksache" in Nr. 4 der Illustrierten „Kristall" eingehe, erscheint mir ein Hinweis auf die Aufmachung der Bildseite vor dem Textteil dieses Artikels wichtig. Sie zeigt unter der Überschrift „Die Flugsicherung ist ihrer Aufgabe nicht gewachsen" drei unbesetzte Radar-Arbeitsplätze der Flugsicherung in Frankfurt und darüber, jedem leeren Radarschirm zugeordnet, eine Phase eines Flugzeugzusammenstoßes. Daß diese Radargeräte im Zeitpunkt der Aufnahme unbesetzt waren, bestreite ich nicht; sie waren nämlich, wie die Abbildung bei näherem Hinsehen zeigt, noch im Aufbau. Diese unsachliche und dazu wahrheitswidrige Montage ist meiner Auffassung nach für den anschließenden Textteil kennzeichnend. Inzwischen habe ich die neue Anflugkontrolle Frankfurt, zu der diese Geräte gehören und die mit den modernsten Einrichtungen ausgestattet ist, am 12. November 1964 dem Betrieb übergeben — und seit dem 2. Dezem- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 170. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. März 1965 8595 ber 1964 sind diese Geräte besetzt. Die Entwicklung der Flugsicherung ist also bereits über die gezeigte Darstellung hinweggegangen. Das gleiche gilt auch für den anschließenden Bericht über das angebliche Chaos am deutschen Himmel. Die einzelnen Vorwürfe gegen die Flugsicherung in dem Artikel „Ist Fliegen Glücksache" sind genau die gleichen wie in dem Artikel „Ist Fliegen bei uns gefährlich", den die „Frankfurter Rundschau" am 21. April 1964 gebracht hat. Ich habe seinerzeit ausführlich im Bulletin der Bundesregierung vom 29. April 1964 dazu Stellung genommen. Auch in meiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 29. April 1964 zu den Behauptungen in dem gleichen Artikel habe ich die Lage der Flugsicherung eingehend dargelegt. Ich darf dazu auf Bundestagsdrucksache IV/2264 verweisen. Schließlich habe ich in der Fragestunde in der 128. Sitzung dieses Hohen Hauses am 4. Juni 1964 Fragen zu Vorwürfen beantwortet, die in dem vorliegenden Artikel wiederholt werden. In dem Artikel werden u. a. auch Differenzen mit der DAG erwähnt. Diese sind in einem vor mir mit Herrn Spaethen am 19. August 1964 geführten Gespräche bereinigt. Der Inhalt des Artikels ist also veraltet. Ich habe auch die Frage der Radar-Besetzungszeiten in der Vergangenheit bereits mehrfach beantwortet. Bei geringem Verkehrsanfall bzw. zur Nachtzeit, wenn nur wenige Luftfahrzeuge das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland überfliegen, das von den drei Bezirkskontrollstellen Frankfurt, Hannover und München kontrolliert wird, ist die Besetzung sämtlicher Radar-Arbeitsplätze betrieblich nicht notwendig. Zu diesen Zeiten geringer Verkehrsdichte ist die erforderliche Flugsicherheit durch Anwendung der herkömmlichen Kontrollverfahren ebenso gewährleistet. Die technische Wartung der Anlagen erfolgt planmäßig in den betriebsschwachen Zeiten. Um den oft gegensätzlichen Forderungen des zivilen und des militärischen Luftverkehrs zu genügen, wurde das Konzept einer gemeinsamen zivil/ militärischen Luftraumnutzung entwickelt, wobei die Verkehrskontrolle bei der Bundesanstalt für Flugsicherung liegt. Heute wird bereits die Anflugkontrolle von mehr als 1/3 der militärischen Flugplätze von der Bundesanstalt für Flugsicherung wahrgenommen. Die Integrierung schreitet in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland planmäßig fort. Sie wird noch in diesem Jahre für den süddeutschen Raum durch Inbetriebnahme einer im Aufbau befindlichen integrierten Anflugkontrolle in München verwirklicht. Die bei der Bundesanstalt für Flugsicherung errichtete Verbindungsstelle der Bundeswehr hat bei der Planung und Durchführung der zivil/militärischen Integrierung erfolgreich mitgewirkt und sich hervorragend bewährt. In der Zwischenzeit ist von allen dazu berufenen Stellen hart gearbeitet worden, um die deutsche Flugsicherung auf allen ihren Teilgebieten fortzuentwickeln und zu verbessern. Die Bundesanstalt für Flugsicherung hat in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr einen 10-Jahresplan für den weiteren Ausbau der Flugsicherung aufgestellt, der von mir in Kürze dem Kabinett vorgelegt werden wird. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ernst vom 5. März 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Drucksache IV/3101, Frage XII/4) : Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, daß trotz des Rundschreibens des Bundeswohnungsbauministeriums vom 28. März 1963 betreffend die Anwendung des § 35 des Bundesbaugesetzes an die zuständigen Länderminister die Bautätigkeit im niederbayerischen Raum durch die häufig zu enge Auslegung des Bundesbaugesetzes erheblich eingeschränkt wird? Dem Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung ist nicht bekannt, daß die Bautätigkeit in Niederbayern auch heute noch durch eine zu enge Auslegung der Vorschrift des § 35 des Bundesbaugesetzes behindert wird. Nach den vorliegenden Berichten sind sowohl durch mein Rundschreiben vom 28. März 1963 als auch durch die von mehreren Ländern, auch von Bayern, veröffentlichten Runderlasse die anfänglich verschiedentlich aufgetretenen Schwierigkeiten immer mehr verringert worden. Das gilt nach Auskunft der Bayerischen Obersten Baubehörde auch für Niederbayern. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 26. Februar 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dorn (Drucksache IV/3101, Frage XIII/4): Wie hoch sind die haushaltsmäßigen Belastungen, die auf den Bund zukommen, wenn alle Forderungen erfüllt werden müssen, die die Stadt Bonn in mittelbarem und unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkauf des Gronau-Stadions für die geplanten Parlamentsneubauten genannt hat? Die Frage kann ich heute noch nicht beantworten. Die vom Bundesschatzministerium im letzten Jahr mit der Stadt Bonn im Zusammenhang mit der Errichtung eines Bürogebäudes für den Deutschen Bundestag in der Gronau geführten Verhandlungen wurden durch die Kommunalwahlen des vergangenen Herbstes und den Wechsel im Amt des Oberstadtdirektors unterbrochen. Sie sollen nunmehr wieder aufgenommen werden. Auf Wunsch des Herrn Oberstadtdirektors Dr. Hesse habe ich den Herrn Bundesminister der Finanzen und den Herrn Bundesminister des Innern zu einem Gespräch eingeladen, bei dem Oberstadtdirektor Dr. Hesse selbst die Bedingungen darlegen will, unter denen die Stadt Bonn zum Verkauf des vom Bund in der Gronau benötigten Baugeländes bereit ist.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Benda


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Versuch unternehmen, das, was ich in dieser Frage für die Antragsteller zu sagen habe, in sehr einfacher Form zu sagen. Ich werde weniger das Für und Wider in Reaktion auf die in der Öffentlichkeit von allen möglichen Seiten in dieser Frage auf uns zukommenden Stimmen hier zu diskutieren als viel-
    mehr die Motive darzulegen haben, die die Antragsteller 'bewegt haben.
    Von verschiedenen, sehr achtbaren Seiten sind wir insgesamt aufgefordert worden, über diese Frage ohne Emotion zu diskutieren. Ich schließe mich dem an. Ich bin der Meinung, daß eine Form der Emotion in dieser Frage, sofern sie uns das klare Nachdenken über das, was notwendig ist, vernebeln sollte, schädlich wäre.

    (Sehr richtig! 'bei der SPD.)

    Ich sehe mich allerdings nicht in der Lage — und ich bekenne das offen —, in dieser Sache ohne Leidenschaft zu diskutieren.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Ich meine, daß das eben angeführte Wort Leidenschaft in seinem eigentlichen Wortsinn gebraucht werden muß: wir leiden! Wir leiden unter dieser Frage, meine Damen und Herren, und mit uns leidet das ganze deutsche Volk.

    (Zustimmung links und teilweise in der Mitte.)

    Wir müssen versuchen, unter Einsatz dieser Leidenschaft zu der richtigen Lösung zu kommen.
    Die Drucksache IV/2965 (neu) ist, wie ich annehme, heute morgen verteilt worden. Ich darf zunächst kurz einige Worte zur Erläuterung sagen. Die Antragsteller haben gestern mittag in einer Sitzung 'beschlossen, den ursprünglichen Antrag, der auf der Drucksache 2965 enthalten war, zu ändern. Der ursprüngliche Entwurf eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes hatte vorgesehen, in § 67 des Strafgesetzesbuches die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung mit lebenslangem Zuchthaus bedrohter Verbrechen von 'bisher 20 auf 30 Jahre zu verlängern. Nach unserem jetzigen Vorschlag soll der § 67 dahin geändert werden, daß für die Strafverfolgung der mit lebenslangem Zuchthaus 'bedrohten Verbrechen eine Verjährung überhaupt nicht mehr eintritt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Ich darf bemerken, daß der jetzige Antrag auf Drucksache 2965 (neu) nicht die 50 Unterschriften des ursprünglichen Antrags enthält. Ich bitte zu verstehen, daß das technische und keine anderen als technische Gründe hat. Ein Teil der Antragsteller konnte in den späten Abendstunden, als wir die Unterschriften gesammelt haben, nicht mehr erreicht werden. Wir hielten es für richtig, den Antrag trotzdem einzureichen. Ich darf wohl unterstellen — ich habe, glaube ich, mit fast jedem der Kollegen gesprochen, die den ursprünglichen Antrag unterzeichnet haben —, daß die ursprünglichen Antragsteller — vielleicht mit ganz wenigen Ausnahmen — diese Neufassung genauso tragen, wie sie die alte Fassung getragen haben.
    Der ursprüngliche Antrag war bereits im Herbst des vorigen Jahres angekündigt worden, genauer gesagt, im November 1964. Das frühe Datum der Initiative ersehen Sie daraus, daß einer derjenigen,



    Benda
    die als erste mit unterschrieben haben — ich lege Wert darauf, das zu sagen, weil die Unterschrift dieses Kollegen nicht mehr unter dem jetzigen Antrag stehen kann, da er nicht mehr Mitglied des Hauses ist —, unser früherer Kollege Hoogen war, der jetzt Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages ist. Dieser Antrag hat wie ich meine, mitgeholfen, eine Diskussion wieder zu eröffnen, die zunächst einmal beinahe schon abgeschlossen schien. Es gab eine Entscheidung des Bundeskabinetts, die Sie kennen. Der Herr Bundesjustizminister hat sich eben darauf bezogen. In der Zwischenzeit gibt es einen neuen Beschluß des Bundeskabinetts. Ich habe gehört, was Herr Minister Bucher eben dazu gesagt hat. Ich verstehe, Herr Bundeskanzler, die Entscheidung des Bundeskabinetts vom 24. Februar 1965 als ein klares Votum für eine Verlängerung der Verjährungsfrist, und ich begrüße diese Entscheidung.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU. — Widerspruch bei der FDP.)

    Mir scheint auch, daß sich in diesem Hause ein Meinungswandel vollzogen hat. In dem Zeitpunkt, in 'dem unser Antrag vorbereitet und eingebracht wurde, 'sah es vielleicht so .aus, als ob es 'eine Minderheit sein würde, die eine solche Initiative ergreifen würde. Inzwischen scheint mir festzustehen, daß in 'dieser uns bewegenden Frage Über das Ob die Entscheidung bereits gefallen ist und daß es eigentlich nur noch — „nur noch" sage ich; es ist eine sehr schwierige Frage! — um den juristisch und politisch einwandfreiesten und besten Weg geht.
    Ich habe in diesen Tagen in einer angesehenen Zeitung 'den Satz gelesen, ,daß das — so heißt es in dem Leitartikel —, 'was freiwillig und rechtzeitig als ein moralischer Akt hätte geschehen sollen, jetzt unter dem Druck der Weltmeinung 'als ein mit Opportunisimus belasteter politischer Akt geschehe. Meine Damen und Herren, ich sage ganz offen: Ich halte diese Meinung für ganz falsch. Sie ist auch von anderer Stelle geäußert worden.
    Die Antragsteller — soweit ich für meine 49 Kollegen und für mich selber sprechen darf — haben in dieser Frage unter einem Druck gestanden und stehen heute noch unter einem Druck: keinem Druck des Auslands, sondern dem Druck der eigenen Überzeugung, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Ich möchte das erweitern, und ich sage das auch für diejenigen, die vielleicht auf der anderen Seite dieser Diskussion stehen. Wer von uns in dieser Frage überhaupt jemals in den letzten Tagen rechtliche, Gerechtigkeits- und politische Erwägungen angestellt hat — und wer von uns hätte nicht? –, der steht bei dieser Frage unter einem solchen Druck seiner Überzeugung — ich sage: seines Gewissens —, daß das, was ,an Demonstrationen, Resolutionen, Eingaben oder was immer — achtbare Dinge, nebenbei gesagt —auf unis zukommen kann, weit zurücktritt gegenüber 'dem Druck dessen, was in jedem einzelnen von uns vorgeht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und bei der SPD.)

    Wenn die Entscheidung in diesem Hause gefallen sein wird, dann wird sie nicht, wie manche meinen — irrigerweise meinen, ich wiederhole es —, der Sieg eines Druckes von außerhalb des Parlaments oder gar aus dem Ausland sein. Meine Damen und Herren, sie wird nach meiner Überzeugung — und das ist in dieser manchmal bitteren Debatte eine tiefe Genugtuung auch für mich — der Sieg des parlamentarischen Prinzips sein, sie wird der Sieg des Prinzips sein, wie es der ,amerikanische Richter Holmes gesagt hat, die Wahrheit zu finden auf dem "marketplace of truth", auf dem Marktplatz der Wahrheit, dm freien, fairen Austausch von Ideen miteinander und, wenn es sein muß, gegeneinander in der Zuversicht, daß das Richtige, das Beste sich dann durchsetzen könnte. Nicht immer setzt es sich dann durch — wir wissen das —, aber wir handeln doch aus der Zuversicht, daß es möglich ist. In dieser Sache — davon bin ich überzeugt — kann es sich und wird es sich durchsetzen. Das bereitet mir —ich wiederhole es — bei manch bitterer Erfahrung in dieser Sache eine tiefe Genugtuung.
    Das sage ich heute schon, meine Damen und Herren: Das ist heute und in der zweiten und dritten Lesung die Stunde des Parlaments, das frei von allem äußeren Druck, aber zugleich in tiefem Bewußtsein der Bürde seiner inneren Verantwortung diese Entscheidung zu treffen hat und treffen wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Wir brauchen uns, meine Kollegen, nicht gegenseitig die Ehrenhaftigkeit zu versichern; das ist selbstverständlich. Ich weiß sehr wohl — und ich sage es hier ausdrücklich —: Es gibt auf beiden Seiten dieser Argumentation, dieses politischen und dieses juristischen Streites respektable und achtbare Motive und repektable und achtbare Männer. Ich unterstelle keinem hier, der in ,der Sache anderer Meinung ist, daß er dies aus Erwägungen täte, die ich nicht für achtbar hielte.
    Der Deutsche Bundestag hat bei vielen Gelegenheiten — ich brauche die Daten nicht in die Erinnerung zurückzurufen — in einer so eindeutigen Weise und im ganzen Haus übereinstimmend seinen Abscheu vor den Verbrechen des Nationalsozialismus und seinen Willen zur Wiedergutmachung und zur Ablehnung jedes Nationalismus oder jedes Neonazismus in unserem Volke bekundet, daß ich meine — und das ist meine tiefe Überzeugung —: Dieses Parlament vertritt ein deutsches Volk — und es vertritt das ganze deutsche Volk, auch jenseits der Zonengrenze —, ein Volk, in dem der 'Nationalsozialismus, die Irrlehre des Nationalsozialismus überwunden Ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es geht daher in dieser Frage — es wäre töricht, etwas 'anderes anzunehmen — nicht um einen Streit zwischen dem, der etwa Verbrechen bagatellisieren, geschweige denn billigen wollte, und dem, der sie ablehnt, genauso wenig, wie es gehen darf und geht um einen Streit etwa zwischen denen, Herr Bundesjustizminister, die für, und denen, die gegen den Rechtsstaat sind. Auch das sind selbstverständliche Grundlagen, von denen wir gemeinsam ausgehen,



    Benda
    gleichgültig, welche Meinung wir in dieser Sachfrage hier vertreten.
    Die sowjetisch besetze Zone — der Herr Bundesjustizminister hat es soeben gesagt, und wir sind ihm dankbar dafür — hat nicht die Beringte Legitimation, die Bundesrepublik als Nachfolger oder wiederaufgelebten Nazistaat zu verleumden. Meine Damen und Herren, dort herrscht ja doch die Fortsetzung des Unrechtsregimes.

    (Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen.)

    Ich lese aus den Verhandlungen der sogenannten Volkskammer der sowjetisch besetzten Zone einen heuchlerischen Appell, dafür zu sorgen, daß alle heute noch in der Bundesrepublik lebenden, auf freiem Fuß befindlichen Nazi- und Kriegsverbrecher ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Ich möchte daran eine etwas konkretere Bemerkung anschließen und kann dazu noch ein paar Einzelheiten sagen. Zu denjenigen, die dieser Entschließung wohl zugestimmt haben werden, gehört vermutlich auch der „Volkskammer"-Abgeordnete des Kreises Kottbus, Herr Stephan Roick. Vor zwei Jahren, meine Damen und Herren, hat der Leiter der jüdischen Dokumentenzentrale in Wien, Herr Wiesenthal, den Machthabern in der sowjetisch besetzten Zone mitgeteilt, daß dieser Mann als SS-Unterscharführer in einer SS-Einheit an der Liquidierung des Gettos in Lublin persönlich beteiligt war. Vor zwei Jahren, meine Damen und Herren! Nichts ist geschehen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Das — als ein Beispiel — entlarvt, wie ich meine,
    den heuchlerischen Appell an uns und die interessante örtliche Begrenzung: ihr, nicht wir, nur ihr.
    Umgekehrt, meine Damen und Herren, gilt aber natürlich auch, daß das Unrecht des Nationalsozialismus nicht deswegen geringer wird, weil sich diejenigen darauf berufen, die zu dieser Berufung am wenigsten legimitiert sind. Auch in diesem Zusammenhang gilt, daß es eine Aufrechnung von Verbrechen gegen Verbrechen nicht gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD.)

    Nach dem Bericht der Bundesregierung — der Herr Minister hat ihn soeben noch einmal zitiert — ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß nach dem 8 Mai 1965 neue Straftaten bekanntwerden, die Anlaß zu weiteren Ermittlungen geben müßten. Der Bericht, den der Berliner Senat dem Berliner Abgeordnetenhaus vor kurzer Zeit gegeben hat, kommt für seinen begrenzten, aber für die Verfolgung von Verbrechen sehr wichtigen Bereich zu dem gleichen oder zu einem ähnlichen Ergebnis. Danach scheint mir die Folgerung, daß eine Verlängerung oder gar Aufhebung der Verjährung notwendig ist, für jeden zwingend zu sein, der sich nicht damit abfinden will, daß solche schwersten Verbrechen ungesühnt bleiben müssen.
    Das ist ja auch die Meinung der Bundesregierung gewesen; denn sie hat mit unserer Zustimmung und in unserem Auftrag — wir haben ihr auch einen weiteren Auftrag gegeben, dessen Ergebnis dieser Bericht ist — den Aufruf an die Weltöffentlichkeit

    (i zuständigen deutschen Behörden mitzuteilen. Wer — wie man es in der Diskussion vielfach hört — angesichts des zunehmenden Zeitablaufs Bedenken wegen der sich daraus ergebenden Beweisschwierigkeiten — die wir natürlich sehen — oder wegen der Problematik der gerechten Würdigung so lange zurückliegender Taten hat, mußte sich eigentlich auch gegen diesen Aufruf wenden; denn dieser versucht doch, ohne eine gesetzliche Änderung oder eventuell sogar grundgesetzliche Änderung, jedenfalls ohne eine Maßnahme dieses Hauses, zu demselben Ergebnis zu kommen und dann zu verfolgen. Er mußte sich auch gegen die im geltenden Strafrecht seit dem Jahre 1871 bestehende Möglichkeit wenden, durch eine richterliche Handlung die Verjährung zu unterbrechen, unter Umständen mehrfach zu unterbrechen, und dadurch eine Strafverfolgung von Mordtaten über 20, 40, 60 oder noch mehr Jahre zu ermöglichen. Ich meine daher, daß der Vorschlag auf Verlängerung — wie immer er im einzelnen gedacht ist — nicht nur dem Votum der Großen Strafrechtskommission — soweit es sich um die einfache Verlängerung handelt — folgt, sondern daß er dem System des geltenden Rechts folgt, das ja die Sühne nach 20 Jahren keineswegs ausschließt, sondern mit der — jedenfalls in Mordsachen — normalerweise stets vorhandenen Unterbrechungsmöglichkeit die an den Zeitablauf geknüpften Rechtsfolgen praktisch nie oder doch fast nie eintreten lassen will. Die verfassungsrechtliche Problematik dieser Frage ist mir wohl bewußt. Ich verzichte darauf — und ich bitte dafür um Ihr Einverständnis —, meine Auffassung hier im einzelnen darzulegen. Ich habe mich in einer verhältnismäßig breiten Form dazu schriftlich geäußert und habe mir erlaubt, Ihnen das zugänglich zu machen. Ich darf mich einfach darauf beziehen. Überhaupt meine ich, ohne daß ich das Gewicht der verfassungsrechtlichen Problematik bagatellisieren, geschweige denn verkennen wollte, daß der Kern der Problematik woanders liegt. Natürlich ist die verfassungsrechtliche Frage eine entscheidende Vorfrage. Ich respektiere die Meinung eines jeden von uns, der glaubt, aus verfassungsrechtlichen Erwägungen und auf Grund seiner fundierten verfassungsrechtlichen Überzeugung eine Gesetzesoder Grundgesetzänderung nicht mitmachen zu können. Wer dieser Meinung ist, der muß nicht, der darf sogar nicht Vorschlägen zustimmen, wie wir sie hier unterbreiten. Niemand von uns darf sich anmaßen, vorsätzlich oder auch nur fahrlässig gegen das geltende Verfassungsrecht verstoßen zu wollen; das ist eine bare Selbstverständlichkeit. Die Frage ist dann einfach, zu welcher Auffassung man kommt. Ich komme zu dem Ergebnis — ich habe es im einzelnen vorgetragen —, daß verfassungsrechtliche Schwierigkeiten einer Verlängerung der Verjährungsfrist, und zwar durch einfaches Gesetz, nicht entgegenstehen, und ich verwahre mich gegen die Unterstellung, daß wir oder irgend jemand — wie es an einer Stelle heißt — Benda das geltende Recht zu politischen Zwecken zurechtbiegen wollten. Das ist einfach nicht wahr. Das sage ich hier für die Antragsteller. Wir wollen das nicht und wir machen das auch nicht. Im Kern des juristischen Streits — um nur ein Stichwort zu geben — steht die Frage nach dem Verständnis des Rechtsstaats heute. Ist das, was insbesondere Herr Minister Bucher, Herr Präsident Dehler, Herr Kollege Arndt und andere Herren sagen, Verständnis des Rechtsstaats? Ist das der Rechtsstaat so, wie wir ihn heute verstehen? Oder ist es 'ein anderer, ein gewandelter, wie ich meine — ich beziehe mich wieder auf meine Ausführungen an anderer Stelle —, ein materieller Rechtsstaatsbegriff, der etwas anderes beinhaltet? Der Rechtsstaat heute muß auch die Gerechtigkeit anstreben, wobei er natürlich das wichtige Rechtsgut der Rechtssicherheit weder vergessen noch auch nur vernachlässigen kann. Er muß, wie es das Bundesverfassungsgericht sagt, diese nicht einfache Abwägung im Einzelfall vornehmen; er muß sich dabei entscheiden, die Gerechtigkeit zu verwirklichen. Damit sind wir ja auch aus der juristischen Diskussion heraus. Was ist denn das, was wir in diesem Hause, was wir in der Politik tun? Wir in diesem Hause, auf der Ebene der Gemeinde oder wo immer? Es ist doch egal, ob wir hier als Juristen oder als Angehörige anderer Berufe in unserem Privatleben stehen: wir versuchen doch — so unvollkommen das im Ergebnis auch sein mag —, die Gerechtigkeit zu unserem Teil und zu unserer Zeit, ich sage nicht 'zu verwirklichen — das ist ein fernes Ideal —, sondern anzustreben, der Gerechtigkeit etwas näherzukommen. Das ist zugleich das Kernanliegen des Rechtsstaats, und darin trifft sich die juristische Frage mit der politischen Frage. Deswegen meine ich, daß die Diskussion darüber, ob es sich hier um eine Frage des Rechts oder eine politische Frage handelt, ein ganz müßiger Streit ist. Es ist doch beides. Die „juristischen Handwerker" in diesem Haus, zu denen ich mich zähle, versuchen, dies im Wege der „juristischen Feinmechanik" in die juristische Form zu bringen. An der Gerechtigkeitsfindung sind wir aber alle beteiligt. Das ist doch nicht die Spezialarbeit der Juristen; das ist unser aller Arbeit. Herr Minister Bucher hat wie andere mit ihm nachdrücklich behauptet, daß eine Verlängerung der Verjährungsfrist gegen Artikel 103 und gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstieße. Ich wiederhole, daß ich diese Auffassung respektiere, wiederhole aber auch, daß ich sie für irrig halte. Ich möchte mich doch dagegen verwahren, daß das Vortragen dieser Meinung in einer Form, die beinahe jeden Widerspruch auszuschließen schien, in der Öffentlichkeit den Eindruck hervorrufen wollte und auch hervorgerufen hat, als ob die Befürworter der Verjährung die Verfassung manipulieren wollten. Ich merke die Reaktion sehr deutlich in der bei mir eingehenden Post. Die Juristen, die mir schreiben — es sind sehr viele —, sagen nicht, daß das verfassungswidrig sei. Das schreiben die Nichtjuristen; ihre Briefe fangen gewöhnlich mit dem Satz an: „Sie als Jurist müßten doch eigentlich wissen... ". Das ist in unserem manchmal noch etwas autoritätsfreudigen Land das Ergebnis. Wenn der Justizminister sagt, das sei so, dann meinen die Leute: „Es wird schon so sein." (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)


    (Zustimmung in der Mitte und links.)


    (Zuruf von der FDP: Schlechtes System!)





    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD.)


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD.)


    (Heiterkeit.)

    Herr Minister, damit wir uns da richtig verstehen: ich kämpfe hier um meine Position, und ich mache Ihnen nicht zum Vorwurf, daß Sie Ihre bestehende taktische Position ausnützen. Aber ich muß einmal klarstellen, wie das in Wirklichkeit ist, und demgegenüber darf man sich dann ja wohl in diesem Hause darauf berufen, daß es nun einen Appell von nicht weniger als 76 Professoren des Straf- und Staatsrechts gibt. Ich habe gar nicht gewußt, daß es so viele bei uns gibt;

    (Heiterkeit)

    aber es scheinen tatsächlich soviel zu sein.
    Ich habe die Erklärung hier. Sie ist mir heute morgen zugegangen, leider erst heute morgen, zusammen mit einem Schreiben von Herrn Professor Bachof, aus dem ich dann noch — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten — eine Passage vorlesen darf. Da vielleicht nicht alle von uns diese Erklärung schon haben, zitiere ich einmal die entscheidenden Sätze:
    Nach unserer wissenschaftlichen Überzeugung — nicht: politischen Überzeugung —
    stehen einer allgemeinen Verlängerung der laufenden Verjährung für die Verfolgung von Mordtaten keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Der Gesetzgeber kann die Frist verlängern.
    Dann wird zugleich gesagt, daß aus Erwägungen der Gerechtigkeit eine Verlängerung oder Aufhebung der Verjährung unerläßlich sei.
    Professor Bachof schreibt mir in dem Brief, der mich heute morgen erreicht hat — und das ist vielleicht für die Beurteilung dieses Briefes, vor allem derjenigen Namen, die nicht darunter stehen, wichtig —, daß die Aufforderung zur Zustimmung erst am 28. Februar versandt worden sei. Weiter heißt es in dem Brief:
    Obwohl ein Teil der Hochschullehrer wegen des zu Ende gehenden Semesters nicht erreicht werden konnte, haben innerhalb von nur vier Tagen 76 Staatsrechtslehrer oder Strafrechtslehrer ihre Zustimmung erklärt. Nachträglich haben noch die Professoren Wilhelm Grewe (Freiburg/Paris), Landtagsvizepräsident Professor Wilhelm Hoegner (München) und Hellmuth Mayer (Kiel) gebeten, ihre Unterschrift beizufügen. Etliche weitere Hochschullehrer haben in der Sache ihre volle Zustimmung erklärt, aber gemeint, von einer Mitunterzeichnung absehen zu sollen, weil sie sich bereits an anderer Stelle in gleichem



    Benda
    Sinne geäußert hatten oder weil sie sich wegen ihrer Stellung als Richter usw. an einer öffentlichen Erklärung gehindert sahen.
    Meine Damen und Herren, das scheint mir die Meinung der deutschen Rechtswissenschaft in dieser Frage eindeutig klarzustellen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Natürlich ist das auch im Kreise der Herren Professoren, vor denen ich allen Respekt habe, keine Frage, die mit Mehrheitsabstimmung entschieden wird. Natürlich können auch die Professoren alle Unrecht haben. Es könnten die sehr achtbaren Stimmen auf der Gegenseite recht haben. Das ist möglich.

    (Zuruf rechts: Na also!)

    Aber man sollte sich doch wohl wehren — und das sagt Gustav Boehmer, der nebst Erich Kaufmann einer der ältesten deutschen Rechtslehrer ist, wie er selber in seinem Leserbrief an die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt; ein Herr, der beinahe 84 Jahre alt ist — gegen den „apodiktischen Doktrinarismus", mit dem behauptet wird, daß eine Verlängerung der Verjährung gegen die Verfassung verstoße.

    (Beifall.)

    Nun gibt es — diesen Teil behandle ich sehr kurz — eine Reihe von neuen Vorschlägen. Die Vorschläge der Kollegen der SPD habe ich heute morgen bekommen. Ich will mich dazu gar nicht äußern, weil ich zunächst die Begründung hören möchte. Sie sind ja beinahe noch druckfrisch.
    Aus den Reihen meiner eigenen Fraktion gibt es ebenfalls eine Reihe von Vorschlägen, zu denen sicherlich in diesem oder jenem Punkt während der Diskussion noch etwas gesagt werden wird. Ich will das alles hier im einzelnen gar nicht diskutieren, sondern nur an die Kollegen, die eine Grundgesetzänderung vorschlagen, die Frage richten — ich werfe die Frage hier nur einmal auf —, ob derjenige, der behauptet hat, daß eine Verlängerung durch Gesetz gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoße, auch berücksichtigt hat, daß das rechtsstaatliche Prinzip durch Art. 20 und Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes gegen eine Verfassungsänderung geschützt ist. Wenn jene Argumentation — die ich freilich nicht für richtig halte — aber zutreffend wäre, so würde das den möglichen Streit vor dem Bundesverfassungsgericht nicht beenden, sondern ihn nur eine Etage höher schieben. Dann würden nämlich wir den Streit haben, den Streit — entschuldigen Sie die etwas banale Ausdrucksweise — nicht nur um eine einfache Verletzung des Grundgesetzes — wenn es eine wäre —, sondern um eine Verletzung eines fundamentalen Prinzips der Verfassung. Ich bitte das hier nur zu erwägen und will das jetzt nicht ausdiskutieren; damit wird sich der Ausschuß zu befassen haben.
    Ich darf als Antragsteller zu den verschiedenen Vorschlägen ganz allgemein folgendes sagen. Wir haben unseren eigenen Vorschlag gestern geändert. Ich habe — das darf ich für mich persönlich sagen — das, was gestern unseren Vorschlag ausgemacht hat, immer für die richtige Lösung gehalten. Ich sage
    ganz offen, daß es auch Überlegungen über die damals erreichbare Mehrheit waren, die mich veranlaßt haben, meinem Vorschlag die seinerzeitige Fassung zu geben. Ich halte den jetzigen Vorschlag für besser. Aber unabhängig davon, wie man das beurteilen mag: wir halten nicht an unserem Vorschlag fest, wenn jemand uns überzeugen kann, es gibt bessere Wege. Es kommt also gar nicht darauf an, ob der Antrag Benda und Genossen oder der Antrag der SPD oder der Antrag Dr. Adenauer oder welcher Antrag auch immer angenommen wird. Es kommt darauf an, nicht etwa im Wege eines Kompromisses zu versuchen, eine Lösung zu finden, die im Grunde alle nicht befriedigt, sondern es kommt im Gegenteil darauf an, eine Lösung zu finden, die Aussicht darauf hat — und das ist sehr wichtig in dieser Frage —, eine möglichst breite Zustimmung in diesem Hause zu erhalten.

    (Beifall bei Teilen der CDU/CSU und der SPD.)

    Denn zu der inneren Glaubwürdigkeit dessen, was wir hier vorschlagen, gehört auch, daß eine möglichst große Zahl von Mitgliedern dieses Hauses sich zur Zustimmung entschließen kann.
    Es wird in dieser Frage sicherlich keine einstimmige Entscheidung geben können, und das wäre auch nicht gut. Ich mißtraue allen, die in dieser Frage einstimmige Entscheidungen getroffen haben, allen!

    (Beifall in der Mitte.)

    Ich glaube, in dieser Frage ist es sehr viel achtbarer, wenn man sich uneins ist. Mit den Freunden meiner Fraktion, auch denen, die in der Sache auf der anderen Seite stehen — wir haben manche harten Diskussionen gehabt —, da verstehe ich mich schon. Ich sage sehr gern, daß ich in dieser Frage der Fraktion sehr dankbar bin für die Fairneß, mit der sie sich bereit erklärt hat, zu sagen, daß in dieser Sache jeder seine Überzeugung äußern soll. Natürlich hätte weder formal noch nach meinem eigenen Willen jemand gehindert werden können, das zu tun. Aber ich bin dankbar für die Feststellung, daß eine solche Äußerung der eigenen Überzeugung, die der Meinung der Mehrheit der Fraktion — damals war es wohl eine Mehrheit, heute glaube ich, daß es nicht einmal mehr eine ist — zuwiderläuft, nicht gegen, sondern mit dem Willen der Mehrheit erfolgt. Es gibt auch welche, die sagen, da könnten sie mir gar nicht zustimmen. Ich glaube, in jeder Fraktion gibt es in mehr oder weniger großem Umfang ähnliche Erscheinungen. Wir sollten das nicht bedauern, sondern begrüßen.

    (Ein Abgeorneter meldet sich zu einer Zwischenfrage.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Bei der Begründung durch den Antragsteller ist eine Zwischenfrage nicht möglich.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Benda


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident, ich würde gern eine Zwischenfrage zulassen. Aber abgesehen davon, daß ich das nicht zu entscheiden habe, bitte ich die Kollegen um Verständnis dafür, daß ich hier



    Benda
    für ein Anliegen plädiere. Sie wissen, daß ich mich gern jeder Diskussion stelle. Vielleicht kann die Frage nachher bei anderer Gelegenheit vorgetragen werden. Ich bitte jedenfalls, Verständnis dafür zu haben, daß ich vortragen möchte, was mir am Herzen liegt, und daß ich dabei nicht gestört werden möchte.

    (Beifall in der Mitte und bei der SPD.)

    Für die Antragsteller steht über allen Erwägungen juristischer Art ganz einfach die Erwägung, daß das Rechtsgefühl eines Volkes in unerträglicher Weise korrumpiert werden würde, wenn Morde ungesühnt bleiben müßten, obwohl sie gesühnt werden könnten. Ich habe hier unter vielen Briefen, die ich bekommen habe, den Brief eines — wie in den allermeisten Fällen — mir ganz unbekannten Mannes, eines Sozialinspektors aus Hamburg, der mit Jugendlichen, die gefährdet sind, straffällig zu werden, zusammenarbeitet. Er schreibt, daß ihn die Jungen, die Dummheiten gemacht haben und nun im Jugendgefängnis sitzen — sie streiten ihre Taten nicht ab, sie sagen, daß sie mit Recht im Jugendgefängnis sitzen, weil sie Dummheiten begangen haben —, fragen, wie es mit der Gerechtigkeit sein könne in einem Staat, in dem für Jungenstreiche jemand ins Gefängnis kommt und Leute, die Morde begangen haben, ungestraft herumspazieren.

    (Widerspruch rechts und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, das ist einfach der Kern des Problems.
    E)

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU/CSU. — Unruhe rechts. — Zuruf von der FDP: Bleiben Sie doch bitte sachlich! — Abg. Zoglmann: Ist das die Sachlichkeit?)

    — Es ist hier nur einfach das Gefühl, Herr Kollege Zoglmann, daß jemand, der bestraft werden
    müßte, —

    (Anhaltende Unruhe.)