Rede von
Dr.
Berthold
Martin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre abwegig, wenn wir jetzt eine Kulturdebatte über die Einzelfragen beginnen wollten, die uns hier beschäftigen. Das können wir nicht. Ich habe mich deshalb zum Wort gemeldet, weil bei den gezielten und detaillierten Fragen, die Herr Ritzel diskutiert hat, die Gefahr besteht, daß das Bild unserer auswärtigen Kulturpolitik verzerrt wird. Dieses Bild wird auch noch dadurch verzerrt, daß Herr Kahn-Ackermann unzulässige Vergleiche mit anderen Staaten angestellt hat.
Wir haben in den letzten Tagen einen unverdächtigen Zeugen für die deutsche Kulturpolitik bekommen. Philipp Comes, der beste Kenner der Kulturpolitik aller Länder, hat sich in einem Buch mit dem Titel „Kultur — die vierte Dimension der Außenpolitik" geäußert. Darin gibt es einen lesenswerten Abschnitt über die deutsche Kulturpolitik im Ausland. Die Essenz dieses Abschnittes ist, daß von 1955 bis 1964 eine für das Ausland erstaunliche Entwicklung dieses Gebietes der deutschen Außenpolitik stattgefunden hat. Das muß man hier auch einmal sagen, wenn man im einzelnen kritisiert.
Ich kenne die Zahlenreihen, die Herr Conring angeführt hat, und es wäre leicht, hier darzulegen, daß auch in diesem Jahre erhebliche Aufwendungen gemacht werden. Meine Damen und Herren, jeder der meine Meinung in dieser Sache kennt, kann sicher sein, daß ich die Problematik durchaus empfinde, die hier spielt, weil wir zwischen Stabilität und Effizienz stehen und uns so oder so entscheiden müssen.
Wir müssen in der nächsten Woche dieses ganze Thema ausführlich erörtern. Ich möchte heute für Neugierige noch folgendes sagen. Wir werden es zum ersten Male erleben, daß es zu einem Bereich der Bundesregierung und ihrer Arbeit einen einhelligen, würdigenden Beschluß des Auswärtigen Ausschusses gibt. Der Auswärtige Ausschuß hat gesagt — er hat das schriftlich niedergelegt und einstimmig beschlossen, mit den Stimmen der Opposition —, daß die Arbeit der Abteilung VI des Auswärtigen Amtes, im Rahmen dessen, was überhaupt möglich war, gut und richtig gewesen ist. Ich halte diesen Beschluß deshalb für so gut, weil die Beamten der Abteilung VI, die unter schweren Lasten seufzen, und die Menschen draußen diese Ermutigung seitens des Deutschen Bundestages einmal nötig haben.
Dieser Bericht, den ich vorwegnehmen will, sagt freilich auch — und das ist auch meine Meinung —, daß wir jetzt über eine Schwelle zu gehen haben, eine neue Phase der auswärtigen Kulturpolitik beginnen müssen, weil sich die Situation unseres Landes enorm verändert hat. Wir alle wissen, daß auf diesem Gebiet noch sehr viel mehr getan werden muß. Denn, meine Damen und Herren, der Titel des Buches, den ich zitiert habe, lautet, „Kultur — die vierte Dimension der Außenpolitik", und die These geht dahin, daß die Aufwendungen für Politik, Verteidigung usw. in der Außenpolitik nur dann wirksam werden, wenn sie durch kulturpolitische Maßnahmen ergänzt werden. Das muß der Deutsche Bundestag zur Kenntnis nehmen, und er muß sich in seinen kommenden Beratungen danach richten.
Ich möchte noch ,ein Zweites sagen. Ich glaube, man idarf unterstellen, daß die ,Haushaltsleute, die die Sorge für die Stabilität in unserem Lande haben, sich darüber klar sind, daß im Laufe dieses Jahres auf diesem Gebiet Forderungen auftreten können, die unabweisbar werden können. Wenn wir beispielsweise in die Lage versetzt würden, daß wir eine Schule in London ,aus finanziellen Gründen nicht bauen könnten, und die SBZ versuchen würde, dort eine Schule zu errichten, dann darf es keine Haushaltsbestimmung geben, die uns daran hindern würde zu handeln. Ich glaube, das müßte auch für viele andere Dinge gelten. Ich meine, daß wir das Problem ruhig ansehen und vor allen Dingen die Einzeldiskussion auf dem Hintergrund der Leistungen, die bis jetzt schon erbracht worden sind, führen müssen.