Rede von
Rudolf-Ernst
Heiland
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich glaube nicht, daß es peinlicher wird. Ich wollte nur gesagt haben: Das Ahlener Programm ist mindestens auch geschichtliche Tatsache. Ich habe vom Godesberger Programm nichts abzustreichen.
Und nun möchte ich mich mit den Dingen beschäftigen deretwegen ich mich eigentlich zu Wort gemeldet habe.
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister und auch Herr Dr. Conring haben mit erhobenem Zeigefinger die Gemeinden und ihre Investitionspolitik angesprochen. Ich glaube, hierzu muß man einmal mit Zahlen Stellung nehmen. Ich habe mir die Zahlen sehr genau angesehen. Von 1948 bis 1962 sind auf dem gemeindlichen Sektor 50 Milliarden DM investiert worden, davon für Schulen 10 Milliarden DM gleich 20 %, für öffentliche Aufgaben, d. h. Straßenbeleuchtung, Kanalisation, Müllabfuhr, Müllverbrennung usw., 10 Milliarden DM gleich noch einmal 20 %, für den Straßenbau 15 Milliarden DM gleich 30 %, und jetzt kommt der Punkt, der immer so gern in die Kritik genommen wird: für Kulturbauten, bei denen die Gemeinden angeblich so verschwenderisch sind, 0,7 Milliarden DM gleich 1,5 %.
— Auf diesen Zwischenruf habe ich gewartet. Ich kann noch etwas dazu sagen. — Für Verwaltungsbauten sind 1,3 Milliarden DM gleich 2,5 %, für den Wohnungsbau 2,4 Milliarden DM gleich 4,8 % aus Steuermitteln der Gemeinden ausgegeben worden, für Gesundheit, Sport und Jugendpflege schließlich 7 %. Darin ist die Beseitigung der Kriegsschäden enthalten.
Wenn man die Dämpfung der Konjunktur von diesem Sektor aus erreichen will, dann müßte man auch sagen, was aus diesem Sektor gestrichen werden soll. Und wenn man schon von Eigentumsbildung spricht, dann möchte ich doch einmal auf das Schulwesen zu sprechen kommen. Ich bin der Meinung, daß das Schulwesen in unserem Lande heute noch notleidend ist, und wenn wir an das neunte und zehnte Schuljahr herangehen, dann werden wir noch erhebliche Investitionen in Schulbauten vornehmen müssen. Die beste Eigentumsbildung für einen Arbeiterjungen ist doch, daß man ihm eine gute Ausbildung mitgibt; denn dieses Eigentum kann ihm keiner mehr nehmen.
Sie müssen uns dann schon sagen, wo die Gemeinden so fürchterlich gesündigt haben. Im Straßenbau ist doch mittlerweile die Situation so geworden, daß relativ gute Straßen an die Gemeinden herangeführt sind — auf diesem Gebiet ist in den letzten Jahren durch Bund und Länder wirklich einiges getan worden, das soll gar nicht bestritten werden — und daß jetzt in den Gemeinden die Engpässe, die Flaschenhälse sind, wo der Verkehr erstickt, beseitigt werden, wofür die Gemeinden noch größere Anstrengungen machen müssen, als sie sie bisher gemacht haben. Das sind aber allein 30 % der Aufwendungen.
6986 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 139. Sitzung: Bonn, Mittwoch, den 21. Oktober 1964