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ID0413923300

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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 139. Sitzung Bonn, den 21. Oktober 1964 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Ehren und Schoettle 6913 A Der Abg. Kurtz tritt in den Bundestag ein 6913 B Wahl des Abg. Dürr als stellvertretendes Mitglied des Wahlprüfungsausschusses . 6913 B Fragestunde (Drucksachen IV/2621, IV/2635 [neu]) Fragen des Abg. Ertl: Behandlung deutscher Urlauber durch italienische Polizeikräfte in Südtirol . 6913 C Frage der Abg. Frau Rudoll: Umsetzer im Ortsteil Essen-Werden für Zweites Fernsehen Stücklen, Bundesminister 6914 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Pauschale für Ummeldung bzw. Neuanschluß von Fernsprechanschlüssen Stücklen, Bundesminister . . 6914 B, C, D Schmidt (Kempten) (FDP) 6914 C Gscheidle (SPD) 6914 D Fragen des Abg. Wagner: Überprüfung der regionalen Einteilung der Oberpostdirektionsbezirke Stücklen, Bundesminister 6915 A, B, C, D, 6916 A, B, C, D Wagner (CDU/CSU) . . . . . . 6915 B Dr. Schäfer (SPD) . 6915 C, D, 6916A, B Cramer (SPD) . . . . . . . . . 6916 B Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 6916 C Gscheidle (SPD) . . . . . . . . 6916 D Fragen der Abg. Frau Döhring: Fernsehsender Stuttgart-Frauenkopf — Empfang des Zweiten Programms im UHF-Bereich Stücklen, Bundesminister . . . . . 6916 D, 6917 B, C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . 6917 C, D Frage des Abg. Biechele: Bau eines Fernsehsenders auf dem Bodanrück Stücklen, Bundesminister . 6918 A, B, C, D Biechele (CDU/CSU) 6918 B Brück (CDU/CSU) . . . . . . 6918 C Ertl (FDP) 6918 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Oktober 1964 Frage des Abg. Strohmayr: Gebühren für Vertrieb und Zustellung von Zweimonatszeitschriften Stücklen, Bundesminister . 6918 D, 6919 B Strohmayr (SPD) 6919 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Einnahmen der Deutschen Bundespost aus dem Telefonverkehr im September 1964 Stücklen, Bundesminister . . . . 6919 C, D, 6920 A, B, C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 6919 D Cramer (SPD) 6920 A Frehsee (SPD) 6920 B Dröscher (SPD) . . . . . . . 6920 C Fragen des Abg. Dr. Martin: Bildungsmöglichkeiten für die Bewohner der Zonenrandgebiete Dr. Mende, Bundesminister . . . 6920 C, D, 6921 A, B, C, D, 6922 A, B, C, D, 6923 A, B Dr. Martin (CDU/CSU) . 6921 A, 6922 C Moersch (FDP) . . . . . . . . 6921 B Junghans (SPD) . . . . . . . 6921 B, C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 6921 D Dr. Frede (SPD) . . . . . . . 6921 D Fritsch (SPD) 6922 A Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 6922 B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 6922 C Dr. Supf (FDP) 6922 D Bühler (CDU/CSU) . . . 6922 D, 6923 A Frau Eilers (SPD) . . . . . . . 6923 A Frage des Abg. Jahn: Urteil des Amtsgerichts Herford vom 10. April 1964 Dr. Bucher, Bundesminister . . . 6923 B Jahn (SPD) 6923 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 6923 D Dr. Ernst, Staatssekretär 6924 A Fragen des Abg. Fritsch: Wirkungen des Bundesbaugesetzes Dr. Ernst, Staatssekretär 6924 A Fritsch (SPD) 6924 B Ertl (FDP) 6925 C Strohmayr (SPD) 6925 B Unertl (CDU/CSU) . . . . . . 6925 A Dröscher (SPD) 6925 D Dr. Stecker (CDU/CSU) . . . . 6926 B Dr. Kohut (FDP) 6926 C Frage des Abg. Fritsch: 4. Novelle zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz Lemmer, Bundesminister . . . . . 6926 D Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 6926 D Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Zweiten Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs (Drucksache IV/2605) Jahn (SPD) 6927 B Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung von Wertgrenzen und Kostenvorschriften in der Zivilgerichtsbarkeit (Drucksache IV/2606) Hoogen (CDU/CSU) 6928 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 (Haushaltsgesetz 1965) (Drucksache IV/2500) ; in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1965 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1965) (Drucksache IV/2622) — Erste Beratung — Dr. Conring (CDU/CSU) . . . . 6928 C Schoettle (SPD) 6935 C Dr. Emde (FDP) 6946 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 6953 C Dr. Dollinger, Bundesminister . . 6961 A von Hassel, Bundesminister . . . 6962 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 6965 C Dr. Bleiß (SPD) 6972 C Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 6975 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 6976 A Dr. Starke (FDP) 6980 B Heiland (SPD) . . . . . . . . 6984 B Hermsdorf (SPD) 6986 D Dr. Schellenberg (SPD) . . . . 6987 D Blank, Bundesminister . . . . 6991 C Frau Dr. Hubert (SPD) 6996 C Spitzmüller (FDP) 6998 A Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 7000 C Dr. Krümmer (FDP) 7001 A Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Oktober 1964 III Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt (Drucksache IV/2549) — Erste Beratung — 7001 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes (Bundesrat) (Drucksache IV/2600) — Erste Beratung — . . . . 7001 D Antrag betr. zentrale Auszahlung der Qualitätsprämie für Milch durch den Bund (Abg. Logemann, Wächter, Sander, Dr. Effertz u. Gen.) (Drucksache IV/2614) 7001 D Verordnung über die Senkung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von geschlachteten Gänsen (Drucksache IV/2578) 7001 D Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Festsetzung der Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für Presseberufe (Drucksachen IV/2468, IV/2615) . . . . . . . . . 7002 A Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine vom Rat der EWG zu erlassende Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Umsatzsteuern (Drucksachen IV/2454, IV/2580) 7002 C Nächste Sitzung 7002 C Anlage 7003 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 139. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Oktober 1964 6913 139. Sitzung Bonn, den 21. Oktober 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
    2. folderAnlagen
      Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 23. 10. Dr. Aigner * 23. 10. Arendt (Wattenscheid) * 23. 10. Dr. Arnold 23. 10. Dr. Dr. h. c. Baade 24. 10. Bading * 23. 10. Dr.-Ing. Balke 23. 10. Bergmann * 23. 10. Berkhan 23. 10. Börner 23. 10. Dr. h. c. Brauer 21. 10. Dr. von Brentano 15. 11. Dr. Burgbacher * 23. 10. Deringer * 23. 10. Dr. Dichgans * 23. 10. Ehren 14. 11. Frau Dr. Elsner * 23. 10. Faller * 23. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 23. 10. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 23. 10. Dr. Furler* 23. 10. Gehring 23. 10. Frau Geisendörfer 23. 10. Dr. h. c. Güde 23. 10. Gräfin vom Hagen 31. 10. Hahn (Bielefeld) 24. 10. Hamacher 21. 10. Heix 23. 10. Frau Dr. Heuser 21. 10. Holkenbrink 23. 10. Illerhaus * 23. 10. Dr. Jungmann 23. 10. Kahn-Ackermann 20. 11. Klinker * 23. 10. Koenen (Lippstadt) 24. 10. Kraus 31. 10. Dr. Kreyssig * 23. 10. Kriedemann * 23. 10. * Für die Teilnahme an (einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kubitza 31. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 4. 11. Kulawig * 23. 10. Leber 23. 10. Lenz (Brühl) * 23. 10. Liehr 31. 10. Dr. Lohmar 23. 10. Dr. Löhr * 23. 10. Lücker (München) * 23. 10. Dr. Mälzig 21. 10. Mauk * 23. 10. Memmel 31. 10. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 21. 10. Dr. von Merkatz 23. 10. Metzger * 23. 10. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 18. 11. Müller (Erbendorf) 23. 10. Dr. Müller-Hermann * 23. 10. Peters (Norden) 31. 10. Dr.-Ing. Philipp * 23. 10. Frau Dr. Probst * 23. 10. Rademacher * 23. 10. Rauhaus 23. 10. Reichhardt 31. 10. Richarts * 23. 10. Ritzel 21. 10. Rohde * 23. 10. Rollmann 31. 10. Schlee 23. 10. Dr. Schmid (Frankfurt) 23. 10. Schultz 21. 10. Schwabe 21. 10. Seidel (Fürth) 24. 10. Dr. Starke * 23. 10. Steinhoff 23. 10. Storch* 23. 10. Frau Strobel * 23. 10. Wehking 23. 10. Weinkamm * 23. 10. Wienand 23. 10. Dr. Willeke 23. 10. Wischnewski 23. 10. Wullenhaupt 23. 10. b) Urlaubsanträge Peters (Poppenbüll) 30. 11.
    • insert_commentVorherige Rede als Kontext
      Rede von Dr. Hermann Conring


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

      Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haushaltsrede des Herrn Bundesfinanzministers hat in einer ausgezeichneten Weise eine Gesamtübersicht über das Zahlenwerk des Haushaltsplans und über die sich in ihm spiegelnden Leistungen der Bundesregierung gegeben. Namens meiner Freunde möchte ich dafür dem Herrn Bundesfinanzminister und seinen Mitarbeitern ausdrücklich unseren Dank sagen.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Die erhebliche Steigerung der Ausgaben für wichtige Bereiche der Bundesaufgaben während dieser Legislaturperiode spricht eine deutliche Sprache für die Interessierten, für die Öffentlichkeit, auch für diejenigen, die sich immer darin gefallen, den Haushaltsplan des Bundes als ein „Buch mit sieben Siegeln" zu bezeichnen. Nun, das angeblich versiegelte Buch ist aufgeschlagen und durch die Haushaltsrede des Herrn Bundesfinanzministers ausführlich kommentiert worden. Jeder, der sich die Zeit nimmt, diese kommentierte Ausgabe zu lesen, kann sich ein eigenes Urteil über die einzelnen Ausgabenbereiche, ihre Größenordnung und ihre Entwicklung bilden. Über die gesamten öffentlichen Haushalte — Bund, Länder und Gemeinden — kann man sich im Finanzbericht 1965 orientieren.
      Wir sind erfreut darüber, daß aus der wachsenden Wirtschaftskraft der Bundesrepublik, welche ebensosehr der Tüchtigkeit des ganzen deutschen Volkes wie auch der Politik der Bundesregierung zu verdanken ist, die Aufwendungen für die Wohlfahrt, die Sicherheit und die Freiheit unseres Volkes haben erweitert werden können.
      Es ist für 1965 erstmalig gelungen, den Haushaltsplan noch vor den Sommerferien dem Bundesrat zuzuleiten, so daß er jetzt Mitte Oktober dem Bundestag vorliegt und dem Haushaltsausschuß überwiesen werden kann. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung erfüllt, den Haushaltsplan, wenn auch nicht vor Beginn des neuen Rechnungsjahres, so doch sehr bald nach diesem Beginn verabschieden zu können.
      Dieser Zeitgewinn ist bedeutend; er ist es insonderheit deshalb, weil er sich nach der Änderung der Etatperiode abspielt, die sich heute mit dem Kalenderjahr deckt. Die Erfahrungen haben gezeigt, daß es bei der alten Etatperiode, die vom 1. April bis zum 31. März lief, in der Nachkriegszeit leider nicht möglich gewesen ist, einen Haushaltsplan rechtzeitig, das heißt vor Beginn des neuen Etatjahres, zu verabschieden. In allen Jahren ist es so gewesen, daß der Haushaltsplan erst im Laufe des neuen Etatjahres — frühestens zwei Monate nach dessen Beginn — verabschiedet werden konnte. Angesichts dieser Erfahrungen scheint es uns notwendig zu sein, Vorschläge zu machen, wie ein noch früheres Einbringen des Etats mit dem Ziele herbeizuführen



      Dr. Conring
      ist, ihn vor Beginn des Etatjahres zu verabschieden. Ob dazu die Verlegung der Sommerferien des Parlaments erforderlich ist oder ob man den Haushaltsplan — auch ohne diese Verlegung — noch vor den Sommerferien in erster Lesung im Bundes t a g behandeln kann, das ist die Frage, um die es eigentlich geht. Ich glaube, der Wunsch, dorthin zu kommen, ist weder unerfüllbar noch in der Sache ungerechtfertigt. Dabei könnte uns auch, Herr Finanzminister, der Vorschlag Ihres Hauses etwas helfen, künftig den Haushaltsplan in einen zweijährigen Haushaltsplan für die Verwaltungsaufgaben und in einen einjährigen Investitionsplan zu teilen. Wenn das geschähe, würde wahrscheinlich ein zeitlicher Gewinn herauskommen, der es erlauben würde, den Haushaltsplan noch vor den Sommerferien dem Bundestag vorzulegen.
      Wir freuen uns auch darüber, daß die im vorigen Jahr begonnene Haushaltspolitik der Bundesregierung im Haushaltsjahr 1965 fortgesetzt wird und daß wir auch in diesem Jahr wieder eine feste Verbindung herstellen zwischen dem realen Zuwachs des Bruttosozialproduktes auf der einen Seite und dem Zuwachs der Ausgaben des Bundeshaushaltsplanes auf der anderen Seite. Auch der Nachtragshaushalt der Bundesregierung, den der Herr Bundesfinanzminister hier angekündigt hat, wird die für das jetzt laufende Haushaltsjahr 1964 gezogene Ausgabengrenze von 60,3 Milliarden DM respektieren und durch die Abdeckung des Fehlbetrags von 1963 mit rund 512 Millionen DM und mit der Abdeckung der Nachkriegshilfeschulden bei der Bundesbank mit rund 400 Millionen DM die Ausrichtung des Haushalts nach konjunkturellen Gesichtspunkten fortsetzen. Es ist nur folgerichtig, daß Mehraufwendungen, die sich zwangsläufig im Laufe des Haushaltsjahres ergeben und die im Nachtragshaushalt ihren Niederschlag finden werden, ihre Dekkung durch Kürzungen der bisher veranschlagten Ausgaben des Haushaltsplans 1964 finden. Sie wissen, daß bei Einbringung des Haushaltsplans 1964 viel darüber gesprochen wurde, wie es wohl mit dem Nachtragshaushalt werden könne und wie man sich bei diesem konjunkturgerecht verhalten würde.
      Die Bundesregierung hat erfreulicherweise gezeigt, daß sie nicht nur bei der Einbringung des Haushaltsplanes 1964, sondern auch beim Nachtragshaushalt 1964 und beim Haushaltsplan 1965 diese ihre konjunkturgerechte Haltung beibehalten hat.

      (Beifall bei den Regierungsparteien.)

      Wir treten im übrigen der Auffassung der Bundesregierung bei, daß der Zuwachs des Bruttosozialprodukts mit 6 v. H. angenommen werden muß und daß deshalb die Ausgaben des Bundeshaushalts auf 63,9 Milliarden DM begrenzt werden müssen. Wir alle wissen, daß rein rechnerisch ein Zuwachs von 6 % angenommen wird, daß sich aber abgesehen von Ausgaben, die auf die Binnenkonjunktur nicht einwirken, der Zuwachs auf 5'°/o beläuft und daß wir uns damit im Rahmen der Empfehlung der EWG bewegen.
      Wir werden diese Grenze im Laufe der Haushaltsberatungen unter allen Umständen wahren und in keinem Falle Mehrausgaben zulassen, die zur Überschreitung dieser Grenze führen können,

      (Beifall bei den Regierungsparteien)

      denn so nützlich oder dringend Mehraufwendungen für diese oder jene Zwecke sein mögen, so sind doch — in der gegenwärtigen Wirtschaftssituation — in jedem Falle die Abwehr einer Verschlechterung der Kaufkraft und die Erhaltung der Währungsstabilität dringlicher.

      (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

      Das haben auch die Vertreter der Länder im Bundesrat gesehen. Sie haben deshalb von irgendwelchen ausweitenden Ausgaben abgesehen.
      Noch ein Wunsch hat in diesem Jahr seine Erfüllung gefunden: der ERP-Haushalt 1965 ist gleichzeitig dem Parlament vorgelegt worden, so daß nun beide Haushaltspläne gleichzeitig im Parlament beraten werden können.
      Allerdings hat der erfreuliche zeitliche Gewinn bei der Einbringung des Haushaltsplanes auch etwas mit sich gebracht, was meine Freunde von der CDU/CSU mit mir nicht besonders gut finden. Wir hätten nämlich gewünscht — das haben wir auch bei der dritten Lesung des Haushaltsplans 1964 an dieser Stelle zum Ausdruck gebracht —, daß vor der Einbringung des neuen Haushaltsplans eine gründliche Durchforstung des Gesamthaushaltsplans vorgenommen worden wäre, damit sich nicht manche Etatpositionen wie eine ewige Krankheit in den Einzelplänen forterben; diese Krankheit ist ja erfreulicherweise heilbar. In der Zeitbedrängnis, in der sich die Bundesregierung zur Zeit der Verabschiedung des Haushaltsplans im Kabinett befand, konnte dieser Wunsch in diesem Jahr vor Verabschiedung des Haushaltsplanes 1965 noch nicht erfüllt werden. Wir haben dafür Verständnis. Aber es bleibt doch unser Verlangen, daß dieser Wunsch nicht vergessen werde.
      Es war wohl auch die arge Zeitbedrängnis, die die Bundesregierung veranlaßt hat, in 12 Einzelplänen Minderausgaben in Höhe von 651 Millionen DM vorzusehen und diese globale Summe unter den nicht näher konkretisierten Titeln „Minderausgaben" in die Einzelpläne einzufügen. Im Augenblick der abschließenden Beratung des Bundeskabinetts mag angesichts der — im Hinblick auf den Bundesrat — zu wahrenden Fristen eine solche Entscheidung unvermeidbar gewesen sein. Es wäre kaum Zeit geblieben, diese 651 Millionen DM „Minderausgaben" durch Ressortverhandlungen in Einzelkürzungen umzuwandeln. Gleichwohl muß hier deutlich gesagt werden, daß uns dieser Weg zur Deckung des Haushalts nicht wiederholbar erscheint, Herr Minister!

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Das Parlament, das neben dieser Globalkürzung von 651 Millionen DM die weitere 5%ige Globalkürzung in den übrigen Haushalten in Höhe von 592 Millionen DM, also insgesamt Globalkürzungen in Höhe von 1,2 Milliarden DM, in die Hand der Exekutive legen soll, wird sich eine Wiederholung in dieser Form kaum gefallen lassen, und zwar trotz der Begründung, Herr Minister, die Sie für die Einführung



      Dr. Conring
      des Begriffs „Minderausgaben" in die Haushaltswirtschaft bei Ihrer Haushaltsrede gegeben haben. Wir werden während der Haushaltsberatungen im Ausschuß bemüht sein, diese Minderausgaben, soweit es möglich ist, in konkrete Einzelkürzungen zu verwandeln und dort ganz zu streichen, wo sie unerträglich sind. Ich weise dabei auf den größten Posten dieser Art hin, nämlich auf jene 250 Millionen DM, die im Landwirtschaftsetat als Minderausgaben genannt worden sind, die wir aber in dieser Form nicht akzeptieren können.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Auch würden wir uns glücklich schätzen, wenn wir im Haushaltsplan von der 5%igen Globalkürzung der übrigen Haushalte wenigstens einen Teil in konkrete Kürzungen umwandeln könnten. Wir werden uns in der Richtung bemühen.
      Vor sechs Monaten, am 15. und 16. April, wurde der Haushaltsplan des Jahres 1964 in diesem Hause in dritter Lesung verabschiedet. Damals haben wir von seiten der CDU/CSU das Schwergewicht unserer Ausführungen auf die Ausrichtung des Haushaltsplanes 1964 nach Konjunkturgesichtspunkten gelegt, zumal wir in diesem Frühjahr eine Konjunktur auf uns zukommen sahen, die wir für begrüßenswert hielten, die uns aber doch unter den Gesichtspunkten der Währungsstabilität einige Sorgen bereitete und die unsere besondere Aufmerksamkeit verdiente. Unsere damaligen Bemerkungen, daß man diese Konjunkturentwicklung vom Standpunkt des Haushalts aus mit Ruhe und Sorgfalt beobachten I sollte, daß man aber gleichzeitig gesetzliche Handhaben in das Haushaltsgesetz einbauen und auch für den Vollzug des Haushalts vorsehen müsse, um einer etwaigen Überhitzung entgegentreten zu können, haben sich als richtig erwiesen. Es ist sicher nötig, alle diese Bemühungen weiterhin aufrechtzuerhalten, wie das wiederum im Haushaltsgesetz 1965 geschieht, um von der Haushaltseite her die Voraussetzungen für die Kaufkraftstabilität auch weiterhin zu sichern. Aber wir können doch ein halbes Jahr später mit Befriedigung feststellen, daß dank der eingeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung und der Bundesbank inzwischen eine Entspannung der außenwirtschaftlichen Lage eingetreten ist.
      Nun täte man nach meinem Dafürhalten eigentlich besser daran, von dem übermäßig oft gebrauchten Wort „Inflation" weniger Gebrauch zu machen. Wir haben zweimal in einer Generation eine totale Geld- und Währungsvernichtung erlebt, und für uns alle hat das Wort „Inflation" einen bösen Beigeschmack. Es ist nicht gut, wenn die Verschlechterung der Kaufkraft in den letzten anderthalb Jahrzehnten immer wieder mit dem Wort „Inflation" bedacht wird. Es verdient unterstrichen zu werden, was der Herr Bundeskanzler in der Vorwoche hier sagte, daß nämlich bei einem internationalen Vergleich der Verbraucherpreise seit 1950 die Bundesrepublik für die zurückliegenden 14 Jahre zu den Ländern des freien Westens gehört, die etwa auf der gleichen Höhe wie die USA, die Schweiz, Belgien und Kanada liegen und den geringsten Preisanstieg zu verzeichnen haben. In diesen Ländern betrug die Erhöhung, wenn man 1950 — 100 setzt, etwa 30 % bis 35 %, während vergleichsweise der Index auf der gleichen Basis für die nordischen Länder und für andere Länder bei etwa 70 % bis 80 % lag. Andere vergleichbare Länder gehen mit den Sätzen noch darüber hinaus. Der Bundeskanzler konnte daher mit Recht feststellen, daß sich die Bundesrepublik nicht nur als eine Insel wirtschaftlicher Stabilität erwiesen, sondern durch Ihr Verhalten zugleich einen stabilisierenden Einfluß auf die übrigen europäischen Länder ausgeübt habe. Darauf hat auch Herr Kollege Strauß hingewiesen, der auf einen Vergleich aufmerksam machte, den eine bedeutende New Yorker Bank angestellt hat über die Verhältnisse in 42 Ländern in der Zeit von 1953 bis 1963, also in einer Zehnjahresperiode, und die zu dem gleichen Ergebnis kommt.
      Meine Damen und Herren, auch uns gefallen natürlich manche Preisveränderungen nicht. Aber eis bleibt doch festzuhalten, daß der Anstieg der Verbraucherpreise von Januar bis August 1964 mit 1,4 % niedriger lag als in den gleichen Monaten des Vorjahres mit 1,6 %. Man macht es sich etwas zu einfach und es scheint mir auch nicht ganz fair, wenn man diese Fragen in der deutschen Öffentlichkeit behandelt, ohne gleichzeitig auf die von mir eben wieder genannten eindrucksvollen Zahlen über die Verhältnisse im Ausland zu sprechen 'zu kommen, zumal die Preisbewegung bei uns ja auch noch durch einige andere volkswirtschaftliche Vorgänge beeinflußt wird, die mit der Erhöhung der Qualität und mit der Heraufsetzung des Dienstleistungslohnes und anderen Dingen zusammenhängen.
      Wir erkennen gerne an, daß sich die Bundesregierung um die Stabilisierung der Preisverhältnisse im europäischen Raum besonders bemüht hat und daß ihre Anregungen erfreulicherweise auf guten Boden gefallen sind, zumal ja die Schwankungen in der Kaufkraft in den einzelnen 'europäischen Ländern die wirtschaftliche Integration Europas noch zusätzlich über die sonstigen Schwierigkeiten hinaus erschweren müssen. Die Anerkennung der bisher erfolgreichen Bemühungen der Bundesregierung durch den Vizepräsidenten der EWG-Kommission Marjolin am 23. September 1964 im Europäischen Parlament in Straßburg verdient in diesem Zusammenhang der Erwähnung. Er führte dort in einem ersten zusammenfassenden Bericht über die Verwirklichung der Empfehlungen des EWG-Ministerrats zur Wiederherstellung des inneren und äußeren Gleichgewichts in der Gemeinschaft aus, daß die Lage weithin n u r in der Bundesrepublik zufriedenstellend sei. Die Konjunkturpolitik weise in der Bundesrepublik zahlreiche positive Aspekte auf. Der Anstieg der Verbraucherpreise vollziehe sich in mäßigem Umfang. Es ist nützlich, sich diese ausländische Stimme einmal vor Augen zu halten oder, sprachlich besser, in sein Ohr aufzunehmen, um deutlich werden zu lassen, daß die konjunkturpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung auch von dieser Seite her ihre Anerkennung finden.
      Es erscheint uns deshalb nicht notwendig, die Konjunkturdebatte, die vor einem Vierteljahr in diesem Hause stattgefunden hat, jetzt bei der ersten Lesung des Haushaltsplans 1965 etwa zu wieder-



      Dr. Conring
      holen. Es genügt wohl, darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung sowohl auf dem monetären Gebiet als auch auf dem güterwirtschaftlichen Gebiet bislang erfolgreich operiert hat, um eine volkswirtschaftliche Gleichgewichtsstörung hintanzuhalten. Die Opposition gefällt sich darin zu behaupten, die Bundesregierung tue nichts, sondern rede nur. Die konkreten Bemühungen der Bundesregierung und der Bundesbank sowie die Anerkennung vom Ausland her sprechen aber eine wesentlich andere Sprache! Wir wissen natürlich auch, daß weiterhin Wachsamkeit geboten ist und daß eine Entwarnung auf konjunkturellem Gebiet noch nicht gegeben werden kann.
      Ich möchte daher zu der wirtschaftspolitischen Seite des Bundeshaushaltsplans 1965 an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen machen, zumal uns die bisherige Prognose und das bisherige Verhalten der Bundesregierung im großen und ganzen zutreffend und angemessen zu sein scheinen. Die weiterhin aufwärts gerichtete Konjunkturentwicklung, die bisher erfreulicherweise dank der vorhandenen Kapazität und deren elastischer Ausnutzung zu keiner besonders beunruhigenden Situation geführt hat, wird von uns sorgsam geprüft werden müssen, um zu erreichen, daß auch im weiteren Verlauf dieses Jahres und im nächsten Jahr das Güterangebot, das bislang infolge der Investitionen der Vorjahre und infolge der Importe den Anforderungen annähernd hat genügen können, ausreicht und daß das Verhältnis von Angebot und Nachfrage einigermaßen ausgewogen bleibt.
      Wenn man sich überlegt, von welcher Seite her Spannungen besonders störend auf die Gleichgewichtslage einwirken könnten, so liegt es bei der Haushaltsdebatte natürlich nahe, auf Faktoren hinzuweisen, die vom Haushalt her konjunkturell beeinflußbar sind.
      Bei den Beratungen des Bundeshaushalts im Bundesrat ist die Frage aufgetaucht, ob es überhaupt möglich sei, über die öffentlichen Haushalte einen wirksamen Konjunkturbeitrag zu leisten. Sicherlich ist es richtig, daß die Bemühungen um einen günstigen Verlauf der Konjunktur von verschiedenen Seiten gleichzeitig ausgehen müssen, wenn ein wirksamer Einfluß auf den Konjunkturverlauf genommen werden soll. Aber ebenso sicher dürfte sein, daß von der Haushaltsseite her bei volkswirtschaftlichen Spannungen ein Beitrag wenigstens zur Nachfragedämpfung und zur Preisstabilisierung geleistet werden kann. und muß.
      Das kann generell von der Einnahmeseite her geschehen; das werden wir bei den morgen zur Beratung kommenden Steueränderungsgesetzen deutlich machen. Es kann generell auch von der Ausgabeseite her geschehen, wie wir das durch die Ausgabenbegrenzung deutlich gemacht haben. Dort liegen die hauptsächlichsten Gebiete der generellen Einwirkung. Darüber hinaus sind aber auch noch Einzeleinwirkungen möglich.
      Es bleibt festzuhalten, daß die gesamten öffentlichen Ausgaben inzwischen auf 30,4 % des Bruttosozialprodukts angestiegen sind. Das wären, wenn man den Finanzbericht 1965 zur Hand nimmt und dort ein errechnetes Bruttosozialprodukt von 445 Milliarden DM liest, 130 Milliarden DM. Diese Summe würde also von der Seite der öffentlichen Ausgaben her auf die Güternachfrage einwirken. Es ist keine geringe Summe, wenn man auch sofort hinzufügen muß, daß bei weitem nicht alle öffentlichen Ausgaben einer konjunkturmäßigen Ausrichtung zugänglich sind. Ein Teil beruht auf gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen, die man . nicht ändern kann; ein anderer Teil beruht auf staatspolitischen Notwendigkeiten, denen man so lange wie irgend möglich Rechnung tragen muß. Aber es bleibt ein Rest von Ausgaben und Aufgaben, die den jeweiligen Konjunkturablauf bedeutsam beeinflussen. Dabei ist die — hoffentlich allenthalben bekannte — Tatsache im Auge zu behalten, daß der Bund allein bei seiner Ausgabenwirtschaft an diesen konjunkturell einsetzbaren Ausgabegrößen allerhöchstens mit 500/0 beteiligt ist, während gleich hohe und noch dazu konjunkturell besonders bedeutungsvolle Ausgaben auf der Seite der Haushalte der Länder und Gemeinden liegen. Wir freuen uns darüber, daß die Länder sich nach der Aussprache beim Herrn Bundeskanzler bereit gefunden haben, ihren Haushalten nur den Zuwachs an Ausgaben zugrunde zu legen, der dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts entspricht. Das ist im großen und ganzen bei den Ländern, soweit ich sehen kann, auch geschehen. Es wurde aber damals erklärt, daß man nur eine „periphere Einwirkung" auf die Gemeinden und Gemeindeverbände habe und daß man sich für deren gleichmäßiges Verhalten nicht ohne weiteres verbürgen könne. Nun, meine Damen und Herren, die in der Haushaltsrede des Herrn Finanzministers genannten Zahlen über die Gemeinden, über das Anwachsen der Gemeindeausgaben über den nominalen Anstieg des Sozialprodukts hinaus geben uns zu denken; sie zeigen, daß der Gleichschritt, den wir um des Erfolges willen im Interesse der Allgemeinheit eigentlich halten müßten, noch nicht erreicht ist. Denn sowenig die Investitionen einer einzelnen Gemeinde die Konjunktur im ganzen zu beeinflussen vermögen, so ist doch der Einfluß der Ausgabenwirtschaft in der Gesamtheit der Gemeinden und Gemeindeverbände in Verbindung mit der des Bundes und der Länder von großer Bedeutung. Vielleicht könnte sich, Herr Bundesfinanzminister, der Arbeitskreis, den Sie aus den Haushaltsreferenten der Länder mit den Haushaltsreferenten des Bundesfinanzministeriums gebildet haben, einmal dieser Frage annehmen, damit erreicht wird, daß sich die gesamte öffentliche Haushaltswirtschaft angemessen zum Konjunkturablauf verhält.
      Es ist bei dieser Betrachtung eigentlich selbstverständlich, daß die Ausgaben für Investitionen aus den öffentlichen Haushalten unsere besondere Aufmerksamkeit in einer Haushaltsdebatte verlangen, sowohl die Investitionen dieser öffentlichen Gebietskörperschaften selbst als auch die Darlehen und Zuschüsse, die sie für diese Zwecke an Dritte geben und die dann ihrerseits wieder als Investitionen Dritter erscheinen. Bei der Vielzahl der öffentlichen Haushalte — es handelt sich immerhin um etwa 25 000 öffentliche Gebietskörperschaften — scheint das zunächst etwas schwierig zu sein. Aber in der



      Dr. Conring
      Praxis ist es doch nicht allzu schwierig; denn 68 %, also beinahe 70 % der Investitionsausgaben der gesamten Gebietskörperschaften einschließlich Lastenausgleich entfallen doch nur auf wenige Ausgaben-träger, nämlich den Bund, die Länder, den Lastenausgleichsfonds und eine gewisse Anzahl von Gemeinden. Nimmt man an, daß aber die Großstädte hinzutreten, so verteilt sich der Anteil der öffentlichen Investitionsausgaben auf etwa 60 öffentliche Auftraggeber, deren Investitionsausgaben unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten wirksam koordiniert werden müßten.
      Vor kurzer Zeit hat der Bundeswirtschaftsminister einmal in diesem Hause die Bemerkung gemacht, daß es doch ein merkwürdiger Widerspruch sei, wenn sich der Bund auf der einen Seite, im europäischen Bereich, fortlaufend und auch erfolgreich bemühe, zu einer Koordinierung der Wirtschafts- und Währungspolitik der europäischen Länder zu kommen, daß es aber schwierig sei, eine solche Koordinierung innerhalb des Bundes herbeizuführen.
      Wir meinen, daß eine solche notwendige innerdeutsche Koordinierung praktikabel gemacht werden könnte, wenn ein Koordinierungsausschuß der hauptsächlichsten 60 Investoren auf freiwilliger Grundlage gebildet werden könnte. Wir werden über den einschlägigen Artikel des Grundgesetzes, der eine Trennung der Haushaltswirtschaft von Bund, Ländern und Gemeinden vorsah und der sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit nicht mehr ganz mit der Verfassungswirklichkeit deckt, hinwegkommen müssen.
      Es wäre eigentlich auch recht schön, wenn sich unsere Länder einmal den Art. 104 der Römischen Verträge ansähen. Dort heißt es:
      Jeder Mitgliedstaat betreibt die Wirtschaftspolitik, die erforderlich ist, um unter Wahrung eines hohen Beschäftigungsstands und eines stabilen Preisniveaus das Gleichgewicht seiner Gesamtzahlungsbilanz zu sichern und das Vertrauen in seine Währung aufrechtzuerhalten.
      Es wäre sehr nützlich, wenn sich dies nicht nur im europäischen Raum realisieren ließe. Die Ansätze, die wir in dieser Richtung im letzten Jahr zu verzeichnen haben, etwa bei Frankreich, etwa bei Italien, erfüllen uns mit Freude. Es wäre auch gut, wenn sich — mutatis mutandis — die Länder einmal ein solches Verhalten im Verhältnis zum Bund überlegten.
      Die Bundesbank hat in ihrem Monatsbericht vom August dieses Jahres einen recht lesenswerten Artikel veröffentlicht mit der Überschrift: „Die öffentlichen Investitionen in den Jahren 1959 bis 1963". Danach wurden von den öffentlichen Haushalten in diesem Zeitraum rund 111 Milliarden DM oder in jedem Jahr 24,3 Milliarden DM für Investitionszwecke im Durchschnitt verausgabt. Im Jahre 1963 hat der Bund über 7,6 Milliarden DM für Investitionszwecke bereitgestellt. Das sind 26 % des Gesamtbetrages der Investitionen. Auf die Länder und Gemeinden zusammen entfallen 73 % der Investitionen.
      Es gehört nicht in diesen Zusammenhang, über die Wichtigkeit, über die Dringlichkeit, über die Berechtigung solcher „Sozialinvestitionen", wie sie der Herr Bundeskanzler genannt hat, ein Wort zu sagen.

      (Abg. Heiland: Doch, das gehört dazu; sonst kann man nicht darüber reden!)

      Damit wird man sich bei der Verteilung der Einnahmen und der Verteilung der Aufgaben und damit der Ausgaben, bei der Finanzreform zu beschäftigen haben, von der wir ja hören, daß Teilabschnitte eventuell vorweg erörtert werden könnten. Ich möchte Sie daran erinnern, daß der Herr Bundeskanzler und auch der Herr Kollege Strauß in der vorigen Woche sehr eindeutige Ausführungen über diese Sozialinvestitionen gemacht haben, und zwar in durchaus positivem Sinne.

      (Abg. Schoettle: Das war nur den Mund gespitzt!)

      Das steht hier heute nicht zur Debatte. Der Hinweis, den ich in diesem Zusammenhang geben möchte und den ich soeben zahlenmäßig unterlegt habe, soll nur dazu beitragen, die Erkenntnis zu verbreitern,, daß eine Kooperation auf dem Gebiet der Investitionen für unsere Finanz- und Haushaltspolitik innerhalb der Bundesrepublik eine zwingende Notwendigkeit ist.
      In diesem Zusammenhang mag auch darauf aufmerksam gemacht werden — und auch das gehört zum Kapitel der öffentlichen Investitionen —, daß es zur Vermeidung einer Überforderung unserer volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit — und diese ist ja die Quelle von Preissteigerungen — nötig ist, darauf zu achten, daß keine Ausweitung des öffentlichen Aufgabenvolumens etwa durch Auflösung der Bankguthaben der Länder bei der Notenbank oder durch erhöhten Absatz von Rentenpapieren erfolgt, sagen wir: auf den Nebengleisen, die im Haushaltsplan nicht so deutlich werden. Es handelt sich hierbei um Größenordnungen, die nicht gering sind. Das Länderguthaben bei der Bundesbank betrug Anfang Oktober 2,8 Milliarden DM, und der Bruttoabsatz von Kommunalobligationen lag in den ersten drei Monaten dieses Jahres bei 1,6 Milliarden DM gegenüber 960 Millionen DM in den gleichen Monaten des Vorjahres. Pfandbriefe und Kommunalobligationen wurden in der Zeit von Januar bis Mai 1964 in Höhe von 4,2 Milliarden DM gegenüber 3,1 Miliarden DM im Vorjahr abgesetzt. Das muß man sehen und beobachten. Man muß sich auch, wenn man eine gute Haushaltspolitik betreiben will, damit beschäftigen, ob nicht etwa Ausgabenreste aus den zurückliegenden Haushaltsjahren des Bundes, der Länder und auf dem Kommunalsektor als Investitionen 1965 eingesetzt werden. Denn der wachsende Anteil der Investitionsausgaben an den gesamten öffentlichen Ausgaben bedarf im Augenblick im Hinblick auf den gegenwärtigen Wirtschafts- und Konjunkturablauf immer noch einer besonders aufmerksamen Beobachtung.
      Meine Damen und Herren, wenn Sie sich die öffentlichen Investitionen, die ja auf dem Markt als Güternachfrage erscheinen, einmal näher ansehen, werden Sie rasch darauf stoßen, daß der



      Dr. Conring
      wichtigste Teil dieser Investitionen die Aufwendungen für Bauten sind. Sie haben 1963 nach dem Bundesbankbericht 15,2 Milliarden DM betragen, eine Gesamtsumme, die deutlich macht, wie sehr die öffentliche Hand auf die Konjunktur einwirkt, zumal immerhin etwa 60 % des gesamten Bauvolumens durch öffentliche und mit öffentlichen Mitteln geförderte Aufträge bestimmt werden.
      Die Übersicht über die Entwicklung des Bauhauptgewerbes im ersten Halbjahr 1964 weist auf eine gewisse Abschwächung auf dem Gebiet des Tiefbaus hin, während der Hochbau nach wie vor expandiert. Für das erste Halbjahr 1964 weist die Übersicht aus, daß die Beschäftigtenzahl in diesem Bereich gestiegen ist. In dem von der Witterung besonders begünstigten Juni dieses Jahres war sogar die Höchstzahl der beim Bau Beschäftigten überhaupt nachgewiesen. Diese letzte Bemerkung ist nicht tragisch zu nehmen; das schöne Wetter mußte ausgenutzt werden.
      Etwas anderes ist es, wenn man im Finanzbericht 1965 nachliest, wie sich die Baugenehmigungen im Hochbau insgesamt im ersten Vierteljahr 1964 gegenüber dem ersten Vierteljahr 1963 verhalten. Das Ergebnis ist eine Steigerung insgesamt um 9 v. H., beim Wohnungsbau um 3,6 v. H., beim öffentlichen Bau um 15,7 v. H. und beim Wirtschaftsbau um 18,6 %. Diese Steigerungszahlen bei den öffentlichen Baugenehmigungen sollten wir sehen. Wir sollten uns auch die Frage vorlegen, ob dort nicht wieder eine Überhitzung in Erscheinung tritt, zumal der Preisanstieg auf dem Baumarkt — wenn Sie Mai 1963 mit Mai 1964 vergleichen — 5,5 v. H. betrug und damit stärker war als alle übrigen Preisanstiegs-Indexzahlen.
      Wenn man sich den Bundeshaushalt 1965 daraufhin einmal ansieht, dann findet man, daß der Gesamteinsatz des Bundeshaushalts im Hoch- und Tiefbau im Jahre 1964 rund 8,75 Milliarden DM beträgt, während der Einsatz für 1965 9,65 Milliarden DM ausmacht, wobei zu bedenken ist, daß von den nach dem Haushaltsgesetz gesperrten 5 % rund 8 Milliarden DM überhaupt nicht betroffen sind, weil sie ausgenommen sind. Wenn Sie sich demgegenüber die Bauinvestitionen der Länder einschließlich der Stadtstaaten und der Gemeinden ansehen, so finden Sie dort nach den Haushaltsplänen 1963 und 1964 folgendes Bild: Die Bauinvestitionen insgesamt betrugen nach den Haushaltsansätzen 1963 9,2 Milliarden DM und 1964 10,3 Milliarden DM. Ob auch bei den Ländern und Gemeinden irgendwelche Bausperren wie im Bundeshaushalt vorgesehen sind, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Übersichten zeigen aber jedenfalls das Größenverhältnis: Bund 8,75 Milliarden DM bzw. 9,65 Milliarden DM, Länder und Gemeinden 9,2 Milliarden DM bzw. 10,3 Milliarden DM.
      Mir scheint, daß wir Veranlassung hätten, bei den Beratungen des Haushaltsplans 1965 auch darauf unsere besondere Aufmerksamkeit zu lenken, damit von dieser Seite her Spannungen im Gesamtgefüge der Volkswirtschaft abgewehrt werden.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Das wäre auch ein geeigneter Ansatzpunkt für die Koordinierungsarbeit des von dem Herrn Bundesfinanzminister eingesetzten Ausschusses aus den Referenten des Bundesfinanzministeriums und der Länderfinanzministerien. Es kann zweifelhaft sein, Herr Bundesfinanzminister, ob die im Haushaltsgesetz vorgesehene Sperre den auf diesem Gebiet sichtbar werdenden Anforderungen gerecht wird.
      Meine Damen und Herren! Diese Überlegungen zeigen, daß wir uns in einem Teilbereich, nämlich in der öffentlichen Haushaltswirtschaft, bemühen, uns konjunkturell richtig zu verhalten. Wir haben das im Vorjahr getan und tun es in diesem Haushaltsjahr wiederum. Wir begrüßen, daß die Bundesregierung diesen Weg geht. Weil wir das tun und weil w i r uns in dieser Richtung bemühen, darf man wohl den Wunsch aussprechen, daß sich andere in ihren Bereichen der gleichen Anstrengung unterziehen mögen.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (daß eine Lösung dieses Mißverhältnisses darin liegen könnte, daß sich die Lohnerhöhungen in allen Bereichen der Wirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätserhöhung orientieren. Meine Damen und Herren, Sie erlauben wohl, daß bei der Haushaltsdebatte ein solcher Hinweis gebracht wird, weil unsere Einwirkung von der Haushaltsseite gar nicht zum 'Erfolg kommen kann, wenn nicht auch in anderen Bereichen gleiche Bemühungen einsetzen. Es äst so, daß eine große Verantwortungsbereitschaft — beispielsweise auch bei den Arbeitgebern und Arbeitnehmern — in einem freiheitlichen Staat vorausgesetzt wird, der ein freiheitliches Tarifrecht hat, zumal man sicher nicht zuviel sagt, wenn man feststellt. daß die Stabilität der Währung in diesem Augenblick zu einem nicht geDr. Conring ringen Teil auch von dem Verhalten der Sozialpartner abhängen wird. Die Erfahrung zeigt, daß mit einer gewissen Verzögerung einem ExportFund Investitionsaufschwung die Ausweitung des Arbeitseinkommens und eine gewisse Neigung zu Preissteigerungen folgen. Hier kommt es darauf an, das richtige und volkswirtschaftlich vertretbare Maß zu finden. Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein Wort über Investitionen des Bundes auf dem Gebiet der Binnenwasserstraßen sagen. Im Haushaltsplan 1965 sind „Leertitel" für den Nord-Süd-Kanal vorgesehen und für die Fuldakanalisierung zwischen Münden und Kassel. Dem Parlament liegen Anträge vor, die Saar bis zur Mündung in die Mosel schiffbar zu machen, die Lahn zu kanalisieren und ähnliches mehr. Dabei machen sich die Bundesregierung und ebenso der Haushaltsausschuß schon einige Sorge über die laufende Unterhaltung der bestehenden Wasserstraßen und deren Ausbau für das Europaschiff. Darauf hat bei den Beratungen des Bundeshaushaltsplans auch der Bundesrat ausdrücklich aufmerksam gemacht. Erst kürzlich ging die Meldung durch die Zeitungen, daß auf dem Nordostseekanal teilweise eine Geschwindigkeitsbegrenzung wegen des angeblichen Verfalls von Böschungen hätte eingeführt werden müssen. Gleiche oder ähnliche Beobachtungen kann man auf anderen großen Wasserstraßen, etwa dem Mittellandkanal, machen. Ähnliches könnte man vom Küstenkanal sagen. Man könnte hier auch den beinahe nicht länger hinauszuschiebenden Ausbau des Mittelrheins zwischen Mannheim und St. Goar mit einem Bauvolumen von 110 Millionen DM nennen. Man greift sicher nicht zu hoch, wenn man sagt, daß für die laufende Unterhaltung und für den Ausbau dieser wichtigen eben genannten Wasserstraßen ein Betrag von etwa 2 Milliarden DM in naher Zukunft aufgebracht werden müßte. Es bedarf einer sehr sorgfältigen volkswirtschaftlichen Überlegung und Abwägung darüber, ob und wie wir beides — den Neubau noch so wichtiger und noch so gewünschter Kanäle und gleichzeitig den Vollzug der ebenso dringlichen Unterhaltungsund Ausbauarbeiten an den bestehenden wichtigsten Kanälen — finanziell werden verkraften können, so gern wir es immer wollen. Denn wenn wir uns den Aufwand für die Bundeswasserstraßen im Bundeshaushalt von 1950 bis 1960 ansehen, stellen wir fest, daß in diesen elf Jahren neben den normalen Betriebsund Unterhaltungskosten etwa 1,34 Milliarden DM für Investitionen ausgegeben worden sind. Diese Investitionen von im Durchschnitt jährlich 122 Millionen DM haben offensichtlich nicht ausgereicht, den modernen, gesteigerten Anforderungen auch im Bereich der Bundeswasserstraßen zu genügen. Wir stehen vor der Entscheidung, die Investitionen für die vorhandenen Wasserstraßen zu erhöhen und damit möglichst bald zu beginnen, zumal wir den Anschluß an die europäische Entwicklung rechtzeitig finden müssen. Wir freuen uns zu hören, daß angeblich ein Plan für diese Ausgaben neben dem zweiten Vierjahresplan aufgestellt werden soll, vielleicht schon aufgestellt ist. Wir werden uns bei den Beratungen des Haushaltsplans mit dieser Seite des Aufwands für die Wasserstraßen auseinandersetzen müssen. In diesem Zusammenhang ist vielleicht ein Hinweis darauf erlaubt, daß im Jahre 1964 Bund, Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden etwa 9,5 Milliarden für das Straßenwesen aufwenden. Wir haben gehört, daß das Aufwendungen in einer Höhe sind, die unmittelbar nach den Aufwendungen der USA für ähnliche Zwecke rangieren. Diesen 9,5 Milliarden gegenüber wird für 1964 das Aufkommen an Mineralölsteuer, soweit es von den Kraftfahrzeugen aufgebracht wird, auf 4,8 Milliarden und das Aufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer auf 2,4 Milliarden, insgesamt auf 7,2 Milliarden veranschlagt. Man sollte bei der öffentlichen Behandlung dieser Fragen doch auch zur Kenntnis nehmen, daß die gegenwärtigen Finanzaufwendungen der gesamten öffentlichen Hand für das Straßenwesen wesentlich höher sind als das Aufkommen aus dieser speziellen Besteuerung des Kraftverkehrs. Man sollte auch nicht ganz übersehen, daß der Bund bei den Aufwendungen für den Straßenbau nur mit einem Drittel beteiligt ist. Wir haben uns darüber gefreut, daß die erweiterten Aufwendungen dieses Jahres für den Straßenbau im Nachtragshaushalt untergebracht werden konnten, sodaß über das Volumen des Vorjahres hinaus noch rund 183 Millionen zur Verfügung gestellt werden. Zum Schluß möchte ich einen Punkt berühren, der in der Öffentlichkeit im Anschluß an den Artikel „Der Bundeshaushalt und seine Schatten" eine Rolle gespielt hat. Diese Abhandlung wurde vom Leiter der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums, Herrn Ministerialdirektor Korff, im Juli 1964 veröffentlicht. Er verdient unsere Aufmerksamkeit, muß aber auch in Schutz genommen werden gegen unrichtige und übertriebene Auslegungen, die er gefunden hat. Bei der dritten Lesung .des Haushaltsplans 1964 hatte ich mir erlaubt, im Auftrag meiner Freunde darauf aufmerksam zu machen, daß im Bundeshaushaltsplan dem Parlament eine klare Ubersicht über die bestehenden Verpflichtungen jeder Art gegeben werden müsse, beginnend mit den Bindungsermächtigungen und sich fortsetzend mit den Verpflichtungen aus Bürgschaften, Gewährleistungen, Umschuldungen und was alles dazugehört. Es ist nach meinem Dafürhalten nicht nur nötig, den Umfang dieser Verpflichtungen kenntlich zu machen, sondern man wird sich dann auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob und welche Rückstellungen künftig erforderlich werden, um bei einer etwaigen Inanspruchnahme aus diesen Verpflichtungen haushaltsmäßig gesichert zu sein. Zum Ausgleich von Fälligkeiten aus notleidend gewordenen Bürgschaften usw. wurden in den Rechnungsjahren 1962 und 1963 etwa 100 bis 130 Millionen DM gebraucht. Das ist bei den in Frage kommenden Milliardenbeträgen an Bürgschaften und Gewährleistungen eine relativ geringe Summe; eine solche Summe kann im Haushalt verkraftet werden. Wenn aber derartige Bürgschaften und Gewährleistungen im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe fortlaufend höher werden, Dr. Conring dann kommt doch, Herr Bundesfinanzminister, der Zeitpunkt, wo Sie sich mit .der Frage beschäftigen müssen, ob hier nicht Rückstellungen nötig sein werden, da es sich dann um Größenordnungen handeln könnte, die nicht mehr in der herkömmlichen Weise im Haushalt bewältigt werden könnten. Im übrigen hat dieser Artikel des Leiters der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums keineswegs den Zweck, etwa auf absichtlich verdeckte Risiken aufmerksam zu machen. Das ist wohl einmal so in der öffentlichen Diskussion angeklungen. Es ist das aber für jeden, der den Leiter der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums persönlich kennt, sehr unwahrscheinlich, oder richtiger ausgeschlossen. Mir scheint, daß er auf gewisse Dinge hat aufmerksam machen wollen, die gegenwärtig im Bundeshaushalt und wahrscheinlich auch bei den Länderhaushalten mehr als bisher erkennbar gemacht werden müssen. Genau darauf haben wir bei der vorigen Haushaltsberatung hingewiesen. Wir stehen nicht an, Herrn Ministerialdirektor Korff unseren Dank dafür zu sagen, daß er von seiner Seite aus den Finger auf diese Dinge gelegt hat. Es gibt hier nichts zu verschleiern, es gibt hier nur etwas zu verbessern. Natürlich — das braucht man ja nicht immer bei jeder Haushaltsrede zu wiederholen — ist es nötig, das öffentliche Haushaltswesen schnell gut zu verbessern, wie es beim Haushaltsrecht allseitig als notwendig anerkannt ist. Der Herr Finanzminister hat in seiner Haushaltsrede in längeren Passagen auch diese Frage berührt. Inzwischen, meine Damen und Herren, werden wir — wie bisher — das tun, was wir tun können, nämlich dafür sorgen, daß sich das Haushaltsrecht fortentwickelt, wenn auch zunächst nur in den jeweiligen Haushaltsgesetzen, die sich in dieser Form dann immer wiederholen. Wir können die Bundesregierung nur ermuntern, weitere Schritte zu unternehmen, um bald zu einer Reform des Haushaltswesens und des Haushaltsrechts, aber auch des Kassenwesens zu kommen, von der der Herr Finanzminister sprach. Ich komme zum Schluß. Meine Freunde und ich halten die Grundlagen des Haushaltsentwurfs 1965 in der jetzigen Wirtschaftssituation für gut. Sie können und sollen noch verbessert werden. Wir werden in den Haushaltsberatungen dafür eintreten, daß die Beratungen des Nachtragshaushalts, der uns in Kürze vorgelegt werden wird, sowie des Bundeshaushalts 1965 mit der nötigen Intensität durchgeführt werden, damit eine rechtzeitige Verabschiedung zu Beginn des Rechnungsjahres 1965 ermöglicht wird. Wir werden der Ausweitung des Etats über die von der Bundesregierung gesetzte Grenze hinaus widersprechen. Der Realzuwachs des Bruttosozialprodukts und die danach ausgerichtete Ausgabengrenze bilden allein die Grenze für die Größenordnung im Zuwachs des Haushalts. Wir wissen, daß nicht sämtliche — noch so berechtigten und von uns allen voll anerkannten — Wünsche gleichzeitig ihre Erfüllung finden können, so nützlich auch eine solche rasche Erfüllung immer sein mag und so sehr auch wir sie wünschen. Aber abgesehen von den zwingenden Rücksichten auf den gegenwärtigen Konjunkturablauf können sich ja die Bundesaufgaben nur im Rahmen der wachsenden Leistungskraft unserer Volkswirtschaft weiterentwickeln. Bei aller Dringlichkeit unserer Sozialinvestitionen hat in der gegenwärtigen Situation der Haushalts-, Finanzund Wirtschaftspolitik Unser Beitrag zur Erhaltung der Kaufkraft den Vorrang. Es wäre zugleich die unwirtschaftlichste und unsozialste Tat gegenüber dem deutschen Volk, wenn wir der Erfüllung aller noch so berechtigten Einzelwünsche im Bereich des Haushaltsplans das Wort redeten und dabei die Erfüllung des Hauptwunsches aller Deutschen in der Bundesrepublik, nämlich die Stabilerhaltung der Kaufkraft und damit der Preise, darüber vernachlässigten. Meine Damen und Herren, unter diesen Gesichtspunkten treten meine Freunde von der CDU und von der CSU, für die noch unser Kollege Dr. Althammer sprechen wird, in die Beratung des Haushaltsplans 1965 ein. Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit einer kleinen geschichtlichen Erinnerung beginnen. Am 14. November 1947 trat der englische Schatzkanzler Dalton zurück, weil auf Grund einer von ihm zugestandenen Indiskretion einer Londoner Zeitung seine Änderungsvorschläge zur Steuergesetzgebung vor der Bekanntgabe im Unterhaus veröffentlicht wurden. Die Änderungsvorschläge zur Steuergesetzgebung sind bekanntlich das Kernstück der alljährlichen Budgetdebatte im englischen Unterhaus. Warum greife ich diese Erinnerung aus der jüngeren englischen Geschichte auf? — Einfach, um den Unterschied darzutun, der unsere eigene Praxis von dem englischen Verfahren trennt: Dort die Spannung, die bis zum letzten Augenblick, wenn der Schatzkanzler sein Köfferchen öffnet, Parlament und Öffentlichkeit in Atem hält, bei uns die Diskussion des Haushalts in der Öffentlichkeit, lang ehe der Bundestag den Entwurf offiziell zu Gesicht bekommt. Das Parlament, dessen vornehmstes Recht nach der Verfassung das Budgetrecht sein soll, (Abg.: Dr. Conring: Das ist es, Herr Schoettle!)





      (Zuruf von der Mitte: Sicher nicht!)





      (Beifall bei den Regierungsparteien.)


      (Beifall bei den Regierungsparteien.)


    Rede von Dr. Thomas Dehler
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Erwin Schoettle


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

      wird dadurch in eine sehr sekundäre Rolle gedrängt.

      (Abg. Dr. Stoltenberg: Die Engländer haben keinen Bundesrat, Herr Schoettle!)

      — Ich weiß, Herr Kollege Stoltenberg, die verfassungsrechtliche Struktur unseres Landes verhindert mancherlei. Ich komme darauf noch mit einem kleinen Nebensatz zu sprechen.
      Bei dem Anwachsen der bereits fixierten und nicht mehr beweglichen Positionen des Haushalts besteht



      Schoettle
      die Gefahr, daß der Bundestag immer mehr zu einer bloßen Bewilligungsmaschine degradiert wird, und das ist sicher kein erwünschter Zustand. Wie er geändert werden könnte, bedürfte einer gründlichen und ernsthaften Überlegung. Die Lage des Parlaments — und da, Herr Kollege Stoltenberg, komme ich auf den Punkt, den Sie eben berührt haben — würde sicher auch nicht verbessert, wenn die Wünsche anerkannt würden, die aus der Richtung des Bundesrates laut geworden sind und die darauf hinauslaufen, die dem Bundesrat bisher nach dem Grundgesetz zustehenden 3-Wochen-Fristen zu Beginn und am Ende der Gesetzgebungsprozedur zu verdoppeln.

      (Abg. Dr. Stoltenberg: Sehr richtig!)

      Das würde das Parlament nicht nur als Herrn des Haushalts, sondern allgemein als Träger der Gesetzgebung entwerten,

      (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

      und es hat wahrhaftig von seiner Bedeutung nicht mehr viel zu vergeben.
      Der Herr Bundesfinanzminister hat in der vergangenen Woche in diesem Haus den Entwurf für den Haushaltsplan 1965 vorgelegt. Daran hat sich nicht, wie früher üblich, eine Aussprache über den Entwurf angeschlossen, sondern eine breite, allgemeine politische Diskussion, die von der Regierungsseite und der sie tragenden Koalition weithin durch Erfolgsmeldungen über die letzten 15 Jahre und durch Polemik gegen die sozialdemokratische Opposition bestritten worden ist. Sowohl das eine als auch das andere diente weniger der Aufgabe, die Problematik des Haushalts 1965 zu durchleuchten, als vielmehr dazu, sie zu überdecken und die Wahlen von 1965 vorzubereiten.

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Man kann es auch so machen, meine Damen und Herren. Ich meinerseits möchte zum Haushalt selbst sprechen und seine politischen und sachlichen Seiten erörtern, ohne dabei die Grenzen einer ersten Beratung zu überschreiten, die verlangen, daß man sich an das Grundsätzliche hält und vom Detail absieht.
      Der öffentliche Haushalt ist in unserer industriellen Welt um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts längst über die Aufgabe hinausgewachsen, nur Mittel für die Bewältigung der eigentlichen Staatsaufgaben bereitzustellen und zu verplanen. Es ist heute allgemein anerkannt, auch von den orthodoxesten Liberalen, daß die Quantitätsfrage, die ein öffentlicher Haushalt von über 130 Milliarden DM im Rechnungsjahr 1965 bei einem zu erwartenden Bruttosozialprodukt von 450 Milliarden DM stellt, zwangsläufig in die Frage nach der Qualität der öffentlichen Aufwendungen umschlägt, d. h. in die Frage, welche Wirkungen der öffentliche Haushalt auf den Wirtschafts- und Konjunkturablauf der gesamten Volkswirtschaft hat.
      Diese Erkenntnis ist längst nicht auf den Raum der Bundesrepublik beschränkt. In den „Empfehlungen des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft an die Mitgliedstaaten zur Wiederherstellung des inneren und äußeren Gleichgewichts der Wirtschaftsentwicklung in der Gemeinschaft" vom April dieses Jahres — es ist auf sie bereits Bezug genommen worden — wird der Finanz- und Haushaltspolitik eine bedeutsame Rolle zur Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität zugewiesen. Es besteht also weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer konjunkturgerechten Haushaltspolitik.
      Offen bleibt aber die Frage nach dem richtigen Einsatz eines Instrumentariums, wie es der Haushalt nur zu einem Teil darstellt. Zwar haben sich die Finanzminister der letzten Jahre — man muß ja von mehreren reden — in Worten dem Thema „konjunkturgerechte Haushaltspolitik" gegenüber ganz aufgeschlossen gezeigt. Auch der jetzige Bundeswirtschaftsminister hat auf der Frankfurter Frühjahrsmesse in seiner Eröffnungsrede Bemerkenswertes zu diesem Thema gesagt, als er ausführte:
      Auch bei uns mangelt es noch an dem notwendigen konjunkturpolitischen Instrumentarium. Wir müssen
      — ich zitiere immer noch —— und darüber sprechen ,wir ja schon einige Zeit —— das kann man wohl sagen —
      vor allen Dingen in der Haushalts- und Steuerpolitik beweglicher werden und einen ausreichenden Spielraum für eine schnelle Anpassung der Einnahmen und Ausgaben an die gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse schaffen.... Ich hoffe,
      — so sagte Herr Schmücker —
      in Kürze die gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün erarbeiteten Vorschläge für eine antizyklische Haushalts- und Steuerpolitik unterbreiten zu können.
      Der Begriff des antizyklischen Haushalts oder der antizyklischen Konjunkturpolitik ist leider Gottes so abgegriffen und so oft strapaziert worden, daß man ihn schon fast gar nicht mehr verwenden mag. Da sind immer große Worte gefallen; aber bis jetzt ist von Taten — trotz des Herrn Conring — nicht sehr viel zu bemerken.

      (Beifall bei der SPD.)

      Der Bundestag jedenfalls hat, abgesehen von der bei den Koalitionsfraktionen nicht begeistert aufgenommenen Regierungsvorlage für die Einführung einer Kuponsteuer, bisher noch keine Gelegenheit bekommen, derartige Vorschläge zu beraten.
      Von der Regierung wird sicher darauf verwiesen — es ist ja schon geschehen —, daß eine wesentliche Maßnahme einer konjunkturpolitisch orientierten Finanzpolitik bereits verwirklicht sei. Gemeint ist damit die Anpassung der jährlichen Steigerungsrate des Bundeshaushalts an das normale oder reale Anwachsen des Bruttosozialproduktes. Diese Formel ist bereits auf den Haushalt des Bundes für das Rechnungsjahr 1964 angewandt worden, und das Haushaltsvolumen ist dementsprechend auf 60,3 Milliarden DM beschränkt worden. Für das Rechnungsjahr 1965, das heute zur Debatte steht, soll nach der gleichen Formel das Haushaltsvolumen auf 63,9 Mil-



      Schoettle
      liarden DM begrenzt werden. Der Ausgabenzuwachs beträgt damit gegenüber dem Vorjahr absolut 3,6 Milliarden DM, d. h. es liegt eine Steigerung von 6 % vor. Für das Sozialprodukt wird eine Zunahme um 8 % nominal und 6 % real vorausgeschätzt.
      Um der EWG-Empfehlung und ihren eigenen Empfehlungen gerecht zu werden, weist die Regierung in ihrer Begründung zum Etat 1965 darauf hin, daß sich, unter Konjunkturgesichtspunkten betrachtet, bei den inlandswirksamen und damit konjunkturwirksamen Ausgaben nur eine Steigerung von 5 % ergebe.
      Wenn man den Regierungsentwurf für den Haushalt 1965 einer genaueren Analyse unterzieht, wird man das Gefühl nicht los, daß das Gesamtvolumen des Haushalts auf eine ziemlich gewaltsame Weise der alles beherrschenden Formel von der Bindung an ,die Steigerung des Sozialproduktes angepaßt worden ist. Ich will nur einige Indizien nennen, die für diesen Eindruck maßgebend sind. Da sind z. B. die Globaleinsparungen von 1,24 Milliarden DM. Ganz abgesehen davon, daß sie, wenn sie durchgeführt würden, der Verwaltung eine weitgehende Manipulierung ihres Haushalts gestatten und die Beschlüsse des Parlaments in vielen Fällen aufheben würden, sind sie auch eine entschiedene Verneinung des Gebots der Haushaltswahrheit. Denn das, was da in einzelnen Titeln im Haushalt erscheint, wird im Grunde genommen durch diese Globalkürzung oder die Minderausgaben wieder aufgehoben, wie sie in einzelnen Haushalten veranschlagt sind.

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Nicht viel anders verhält es sich mit den in vermehrtem Umfange auftauchenden Leertiteln, bei ,denen wohl mit Sicherheit damit zu rechnen ist, daß sie im Laufe des Haushaltsjahres mit Geldansätzen bedacht werden müssen.
      Eine andere Form der verschleierten Haushaltsausweitung, bei der zu prüfen ist, ob sie nicht in der Praxis einen Verstoß gegen das Konjunkturprogramm der Bundesregierung darstellt, finden wir in der neuerdings aufkommenden Übung, bestimmten Empfängern von Bundesleistungen die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zuzumuten, wogegen der Bundeshaushalt entweder Zinszuschüsse gewährt oder den Schuldendienst übernimmt. Es kann wohl kaum geleugnet werden, daß solche Maßnahmen ebenfalls eine Anstoßwirkung auf den Wirtschaftsablauf haben. Aber offenbar wird diese Übung eingeführt, um wenigstens optisch die magische Obergrenze des Haushaltsplanes einzuhalten.

      (Abg. Dr. Conring: In Bund und Ländern allenthalben wie auch in den Gemeinden!)

      — Ich habe Ihren Zwischenruf nicht verstanden, Herr Kollege Conring; aber Sie werden wohl recht haben.

      (Heiterkeit. — Abg. Dr. Conring: Bund und Länder gemeinsam!)

      In dasselbe Kapitel gehört wohl auch das Anwachsen der Bindungsermächtigungen im Regierungsentwurf von 3,4 Milliarden DM im laufenden Haushaltsjahr auf 5,3 Milliarden DM im nächsten Haushalt. Nach dem Entwurf des Haushaltsgesetzes soll der Finanzminister ermächtigt werden, im Einvernehmen mit dem Verkehrsminister eine Gesellschaft des privaten Rechts bis zur Höhe von 350 Millionen DM vertraglich mit der Finanzierung des Baues von Bundesfernstraßen zu beauftragen. Nichts gegen diese Maßnahme selber. Aber es ist doch wohl nicht zu bestreiten, daß diese 350 Millionen DM, auch wenn sie nicht im Bundeshaushalt erscheinen, ein öffentlicher Aufwand sind und damit das Bemühen, die Bindung des Haushaltsvolumens an die Steigerung des Sozialproduktes aufrechtzuerhalten, fragwürdig machen.
      Ich begnüge mich mit diesem Hinweis auf die Brüchigkeit der Voraussetzungen dieses Haushalts 1965. Aber die Frage muß gestellt werden, ob denn die Formel selbst allein oder überhaupt ausreicht, um ein konjunkturgerechtes Verhalten des öffentlichen Haushalts zu gewährleisten.
      Mir erscheint die Auffassung richtig, daß wichtiger als die Entwicklung des Volumens der öffentlichen Gesamtausgaben die Finanzstruktur, d. h. die Zusammensetzung der öffentlichen Ausgaben ist. Dabei dürfte von besonderer Bedeutung der Anteil der öffentlichen Investitionen sein. Denn diese öffentlichen Investitionen — sie machen zur Zeit rund 45 Milliarden aus — sind doch im Grunde genommen die Manövriermasse, die unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten zur Debatte steht. Da stimme ich durchaus mit denen überein, die sagen, hier müssen eben — wenn man wirklich konjunkturpolitisch agieren will — der Versuch gemacht werden, diese Aufwendungen in einen Zusammenhang zu bringen mit der gesamten konjunkturpolitischen Entwicklung auf allen Ebenen, nicht nur auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Dabei muß ich allerdings, Herr Kollege Conring, sagen: Die Gemeinden zum Sündenbock für einen Verstoß gegen das eherne Gesetz, wie Sie es stipulieren, zu machen, scheint mir doch sehr weit hergeholt zu sein,

      (Abg. Dr. Conring: Analog!)

      angesichts des Umfangs der Aufgaben, die den Gemeinden, die unmittelbar in der Nähe des Volkes stehen, eben tatsächlich gestellt sind und deren Erfüllung von allen Seiten von ihnen gefordert wird.

      (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Conring: Völlig richtig! Es gibt auch da eine Grenze!)

      Ein guter Kenner der Materie, der frühere Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums und jetziges Mitglied der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Professor Dr. Hettlage, den wir alle in diesem Hause kennen, hat sich kürzlich auf der Jahrestagung 1964 der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer zu diesem Thema geäußert, und zwar so:
      Es ist kein ungeschriebenes Gesetz, daß der private und der öffentliche Verbrauch immer im gleichen Verhältnis, d. h. im Verhältnis des Zuwachses des Bruttosozialprodukts weitersteigen dürfen. Es kann sehr wohl Zeiten geben, in denen der öffentliche Verbrauch geringer sein



      Schoettle
      sollte oder auch stärker ansteigen sollte als der private Verbrauch oder auch das Bruttosozialprodukt.
      Besonders das letzte ist, glaube ich, bemerkenswert.

      (Abg. Dr. Conring: Das wird gar nicht bestritten! Es handelt sich um den Haushalt 1965!)

      — Ich polemisiere gar nicht gegen Sie, Herr Kollege Conring! Ich spreche zur Sache. Ich versuche, mir einen Vers zu machen, nicht wahr!

      (Sehr richtig! bei der SPD.)

      Es gibt andere, die in der gleichen Richtung denken und das quasi eherne Gesetz der Bindung des Haushaltsvolumens an die Steigerung des Sozialprodukts nicht akzeptieren, z. B. auch der vorhin von Ihnen, Herr Kollege Conring, zitierte Herr Marjolin, der Vizepräsident der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Er erklärte in einer Diskussion über diese Frage ausdrücklich: Jawohl, für Perioden inflationärer Gefahr ist die Anwendung dieses Grundsatzes richtig, aber er ist kein ehernes Gesetz.

      (Zuruf des Abg. Dr. Conring.)

      — Wogegen ich mich wende, Herr Kollege Conring, ist, daß man ein Gesetz stipuliert, das dann endgültig die Bewegungsfähigkeit des öffentlichen Haushalts verhindert.
      In der konjunkturpolitischen Debatte, die vor einigen Monaten in diesem Hause stattgefunden hat, hat mein Kollege Kurlbaum ebenfalls einiges zu diesem Thema gesagt, was in die gleiche Richtung läuft. Bemerkenswerterweise hat der Herr Kollege Professor Burgbacher ihm in dieser Passage seiner Rede zugestimmt, allerdings mit der Einschränkung, daß er sagte: Wir sündigen dagegen; aber wer ist der Schuldige? — Dieses Haus selber!
      Ich will also folgendes sagen. Auf keinen Fall darf die Formel zum ehernen Gesetz erhoben werden, das die Haushaltspolitik ein für allemal bindet. Das wollte ich mit meinen Überlegungen zu diesem Punkt entschieden festgestellt wissen.
      Um den öffentlichen Haushalt in seiner Funktion als eines der konjunkturpolitischen Instrumente einsetzen zu können, wird es noch anderer Maßnahmen bedürfen. Dazu gehören meiner Meinung nach u. a. eine längerfristige Haushaltsvorausschau und gemeinsame Überlegungen von Bund und Ländern bei der Aufstellung und dem Vollzug ihrer Etats. Bisher haben sich der Bund und die Länder in Gesprächen dahin verständigt, die Haushalte auf eine Zuwachsrate zu begrenzen, die dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts entspricht. Die Verständigung ist nicht in jedem Fall erreicht worden. In der letzten Zeit werden Strömungen erkennbar, die in die Richtung einer weitergehenden, d. h. einer gesetzlichen Regelung zielen, wobei von Art. 73 Nr. 4 des Grundgesetzes ausgegangen wird, der dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis für das Währungs- und Geldwesen zuspricht.
      Die Inanspruchnahme dieses Artikels als Rechtsgrundlage für eine entsprechende konjunkturpolitische Maßnahme des Bundes, die auch die Länder verpflichtet, wirft zweifellos auch verfassungsrechtliche Fragen auf. Es wird sehr sorgfältig zu prüfen sein, wie der Führungsanspruch des Bundes in der Konjunkturpolitik mit der politisch unverzichtbaren Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder in Übereinstimmung gebracht werden kann.
      Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium, hat sich in seinem Gutachten vom Juli 1964 sehr vorsichtig zu diesem Thema geäußert:
      Ein voller Erfolg fiskalischer Maßnahmen ist nur zu erreichen, wenn sämtliche öffentlichen Haushalte einschließlich der Sozialversicherungsträger eine gleichgerichtete Politik verfolgen.

      (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

      — Ja, bitte.