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    Deutscher Bundestag 135. Sitzung Bonn, den 29. Juli 1964 Inhalt: Zur Tagesordnung Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6663 A Dr. Schäfer (SPD) 6663 B Dürr (FDP) 6663 B Nachruf auf den Abg. Lermer Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . . 6663 C Glückwünsche zu ,den Geburtstagen der Abg. Dr. Gossel und Dr. Dr. Heinemann . 6665 B Antrag betr. Postgebührenerhöhúng (SPD) (Drucksache IV/2479) ; in Verbindung mit Antrag betr. Deutsche Bundespost (CDU/ CSU) (Drucksache IV/2491 [neu]); Antrag betr. Deutsche Bundespost (Abg. Gscheidle, Cramer und Fraktion der SPD) (Drucksache IV/2420) und Antrag betr. Gebührenerhöhung bei der Deutschen Bundespost (FDP) (IV/2492) Erler (SPD) 6665 C Stücklen, Bundesminister 6671 D Dr Dahlgrün, Bundesminister . . . 6678 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6682 A Zoglmann (FDP) . . . . . . . . 6688 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 6690 B Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 6696 A Eisenmann (FDP) 6699 D Dr. Besold (CDU/CSU) 6702 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 6704 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6709 C Anlagen 6713 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 6663 135. Sitzung Bonn, den 29. Juli 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 132. Sitzung Seite 6458 A Zeile 7 statt „Auftrag" : Antrag; 133. Sitzung Seite I rechte Spalte statt „Falle" : Faller; Seite III rechte Spalte Zeile 6 von unten statt „6579 A" : 6597 A; Seite 6589 D Zeile 18 statt „vor": von. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Althammer 29. 7. Dr. Arndt (Berlin) 29.7. Bading 29.7. Dr.-Ing. Balke 29. 7. Balkenhol 29. 7. Bals 29. 7. Bauer (Würzburg) 29. 7. Bäumer 29. 7. Fürst von Bismarck 29. 7. Dr. Böhm (Frankfurt) 29. 7. Brand 29. 7. Dr. von Brentano 29. 7. Burckardt 29.7. Dr. Burgbacher 29. 7. Burgemeister 29. 7. Büttner 29. 7. Dr. Czaja 29.7. Dr. Dehler 29. 7. Deringer 29. 7. Dr. Eckhardt 29. 7. Dr. Even (Düsseldorf) 29. 7. Franke 29. 7. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 29. 7. Dr. Furler 29. 7. Gehring 29. 7. Dr. Gerlich 29. 7. Gewandt 29. 7. Glüsing (Dithmarschen) 29. 7. Dr. Gossel 29.7. Dr. Götz 29. 7. Freiherr zu Guttenberg 29. 7. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 29. 7. Hammersen 29. 7. Hansing 29. 7. Dr. Hellige 29. 7. Höhne 29. 7. Hufnagel 29.7. Dr. Imle 29. 7. Jacobi (Köln) 29. 7. Frau Jacobi (Marl) 29. 7. Jahn 29.7. Dr. h. c. Jaksch 29. 7. Kahn-Ackermann 29. 7. Frau Klee 29. 7. Klinker 29. 7. Dr. Koch 29. 7. Dr. Kopf 29. 7. Frau Krappe 29. 7. Kraus 29.7. Krug 29. 7. Dr. Krümmer 29. 7. Frau Dr. Kuchtner 29. 7. Kulawig 29. 7. Leicht 29. 7. Dr. Löhr 29. 7. Menke 29. 7. Dr. Meyer (Frankfurt) 29.7. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Freiherr von Mühlen 29. 7. Müller (Erbendorf) 29. 7. Müller (Worms) 29. 7. Dr. Müller-Emmert 29. 7. Dr. Müller-Hermann 29. 7. Müser 29. 7. Neumann (Allensbach) 29. 7. Nieberg 29. 7. Dr. Nissen 29. 7. Dr. Dr. Oberländer 29. 7. Oetzel 29. 7. Opitz 29. 7. Frau Pitz-Savelsberg 29. 7. Dr. Ramminger 29. 7. Riegel (Göppingen) 29. 7. Ritzel 29. 7. Saxowski 29. 7. Dr. Schellenberg 29. 7. Schlee 29.7. Schlick 29.7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 29. 7. Schoettle 29. 7. Dr. Starke 29. 7. Steinhoff 29. 7. Stingl 29. 7. Frau Strobel 29. 7. Struve 29. 7. Theis 29.7. Unertl 29. 7. Urban 29.7. Wegener 29. 7. Wehner 29. 7. Welke 29. 7. Werner 29. 7. Dr. Wilhelmi 29. 7. Dr. Wuermeling 29. 7. Ziegler 29. 7. b) Urlaubsanträge Dr. Harm (Hamburg) 31. 10. Anlage 2 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, den 26. Juni 1964 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 271. Sitzung am 26. Juni 1964 beschlossen hat, dem vom Deutschen Bundestag am 4. Juni 1964 verabschiedeten Siebzehnten Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (17. ÄndG LAG) 6714 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 gemäß Artikel 84 Abs. 1, 85 Abs. 1, 105 Abs. 3 und 120 a Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Im übrigen hat der Bundesrat die anliegende Entschließung angenommen. 1 Anlage Dr. Diederichs Bonn, den 26. Juni 1964 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 12. Juni 1964 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Diederichs Anlage zum Schreiben des Präsidenten des Bundesrates vom 26. Juni 1964 an den Bundeskanzler Entschließung des Bundesrates zum Siebzehnten Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (17. ÄndG LAG) Entgegen den ursprünglichen Erwartungen des Gesetzgebers, die in § 323 Abs. 1 LAG in seiner bisherigen Fassung ihren Niederschlag gefunden haben, ist die wohnungsmäßige Eingliederung der Geschädigten ebenso wie ihre berufliche Eingliederung in die Landwirtschaft sowie in die gewerbliche Wirtschaft und die freien Berufe bisher noch nicht abgeschlossen. Es besteht noch ein erheblicher Bedarf an Mitteln für Aufbaudarlehen, insbesondere für den Wohnungsbau und für die Landwirtschaft. Dieser Entwicklung wird die in § 323 Abs. 1 LAG in der bisherigen Fassung als Auslaufregelung angelegte scharfe Degression der Mittel nicht gerecht. Die vorgesehene zusätzliche Bereitstellung von 200 Mio DM für Aufbaudarlehen im Rechnungsjahr 1965 wird daher begrüßt. Sie entspricht einem dringenden Bedürfnis. Anlage 3 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, den 10. Juli 1964 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 272. Sitzung am 10. Juli 1964 beschlossen hat, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestag am 24. Juni 1964 verabschiedeten Ersten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat weiterhin folgende Entschließung gefaßt: „Der Bundesrat ist der Auffassung, daß die geltenden Vorschriften über die Abfindungs- und Ergänzungsansprüche der weichenden Erben dringend einer Neuregelung bedürfen, da sie zu immer unbefriedigenderen Ergebnissen führen. Eine alsbaldige Verabschiedung auch dieses Teils des Gesetzentwurfs erscheint deshalb notwendig." Dr. Diederichs Bonn, den 10. Juli 1964 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 26. Juni 1964 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Diederichs Anlage 4 Der Präsident des Bundesrates Abschrift Bonn, den 10. Juli 1964 An den Herrn Bundeskanzler Bonn Bundeskanzleramt Ich beehre mich mitzuteilen, daß der Bundesrat in seiner 272. Sitzung am 10. Juli 1964 beschlossen hat, hinsichtlich des vom Deutschen Bundestag am 26. Juni 1964 verabschiedeten Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1964 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1964) einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Ferner hat der Bundesrat die nachstehende Entschließung gefaßt: „Der Bundesrat bittet die Bundesregierung erneut, den Rationalisierungsbedürfnissen in bedrohten Wirtschaftsbereichen gesteigerte Aufmerksamkeit zu schenken, insbesondere im Hinblick auf den ERP-Wirtschaftsplan 1965 Maßnahmen zur Förderung dieses Anliegens zu treffen. Bei der in Aussicht stehenden Überarbeitung der Richtlinien über die Anwendung der Maßnahmen Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 6715 zur Anpassung und Umstellung sollten die Länder beteiligt werden." Dr. Diederichs Bonn, den 10. Juli 1964 An den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages Bonn Bundeshaus Vorstehende Abschrift wird mit Bezug auf das dortige Schreiben vom 26. Juni 1964 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Diederichs Anlage 5 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Bargatzky vom 26 .Juni 1964 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Schwabe zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Biegler *). Tetanusantitoxin, das zur Serumbehandlung eines Krankheitsverdächtigen oder Erkrankten verwendet wird, ist bereits optimal gestreut. In den meisten Apotheken und Krankenhäusern und auch bei vielen Ärzten wird es auf Vorrat gehalten. Nötigenfalls kann es in kürzester Zeit über den Arzneimittelgroßhandel bezogen werden. Abgesehen hiervon läßt sich die Zahl der Erkrankungen und damit auch die der Todesfälle, wie bereits mündlich ausgeführt, dagegen weitgehend durch die Tetanusschutzimpfung verringern. Tetanusschutzimpfungen können sowohl in öffentlichen Impfterminen der Gesundheitsämter als auch in den Praxen der Ärzteschaft durchgeführt werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Lenz vom 2. Juli 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Kempfler (Drucksache IV/2386 Fragen Ill und I/2): Hält der Herr Bundesinnenminister das Gesetz über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 985), das keinerlei Voraussetzungen statuiert, unter denen die Genehmigung zur Führung eines akademischen Grades einer ausländischen Hochschule erteilt werden muß, noch für vereinbar mit dem Grundgesetz oder hält er eine .baldige Novellierung für angebracht? Das Gesetz über die Führung akademischer Grade gilt nach Ansicht der Länder und nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1960 als Landesrecht fort. Für den hier interessierenden § 2 des Gesetzes ist dies auch die Auffassung der Bundesregierung. Soweit ich übersehen kann, ist bisher die Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 1 des Gesetzes nicht angezweifelt worden. Ihre Bedenken 1 Siehe 130. Sitzung Seite 6285 B nehme ich zum Anlaß, die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung mit den beteiligten Bundesressorts und den Kultusministern der Länder zu prüfen. Vom Ergebnis dieser Prüfung wird es abhängen, ob eine Novellierung des Gesetzes erforderlich ist. Ich werde Sie vom Ergebnis der Untersuchungen unterrichten. Hält es der Herr Bundesinnenminister angesichts der zunehmenden internationalen .Verflechtung auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet nicht ,für zweckmäßig, in Anwendung von § 2 Abs. 2 des in Frage I/1 genannten Gesetzes wenigstens für bestimmte ausländische Hochschulen (beispielsweise für solche europäischer Staaten oder der USA) eine Genehmigung hinsichtlich der akademischen Grade allgemein zu erteilen? Für die Erteilung einer allgemeinen Genehmigung sind die Kultusminister der Länder zuständig. Soweit ich informiert bin, haben diese bisher noch keine allgemeine Genehmigung zur Führung eines akademischen Grades erteilt. Ich teile Ihre Auffassung, daß angesichts der zunehmenden internationalen Verflechtung der Wissenschaft die Beantwortung der Frage, ob solche allgemeine Genehmigungen für bestimmte Hochschulen ausgesprochen werden sollten, einer sehr sorgfältigen Prüfung bedarf. Ich werde mich auch in dieser Angelegenheit mit den Kultusministern der Länder in Verbindung setzen, insbesondere auch wegen der Frage, inwieweit § 2 Abs. 2 des Gesetzes bei der Durchführung des Europäischen Abkommens über die Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen, dem die Länder noch nicht zugestimmt haben, eine Rolle spielt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Scheel vom 29. Juni 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bühler (Drucksache IV/2386 Frage II) : Hat der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit den Versuch unternommen, im Kabinett eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, daß begründete Forderungen von deutschen Bundesbürgern gegenüber ausländischen diplomatischen Vertretungen bei Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit berücksichtigt werden, nachdem er vor einem Jahr an Hand des Falles Kolbach/Korea die Notwendigkeit einer derartigen Regelung erkannt und bejaht hatte? Vorweg darf ich bemerken, daß es sich bei der Fragenstellung offensichtlich um ein Mißverständnis handeln dürfte. Bei unserer persönlichen Unterredung am 3. 7. 1963 über den Fall der Eheleute Kollbach habe ich eingehend meine Bedenken gegen eine Verquickung privatrechtlicher Ansprüche einzelner deutscher Staatsbürger mit den Entwicklungshilfeleistungen der BRD dargelegt. Ich habe insbesondere die Möglichkeit einer Aufrechnung der Ansprüche des Ehepaares Kollbach gegen die von der BRD an Korea zugesagte Kapitalhilfe bereits aus rechtlichen Gründen verneinen müssen. Ich habe aber zugesagt, mich wegen einer gütlichen Bereinigung des Falles bei dem für diese Angelegenheit zuständigen Bundesminister des Auswärtigen zu verwenden. In diesem Zusammenhang hatten sie um Prüfung gebeten, ob nicht in derartigen Fällen die Entwicklungshilfe an das betreffende Entwicklungsland eingestellt werden sollte. 6716 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 Vereinbarungsgemäß habe ich mich mit Schreiben vom 9. 7. 1963, das ich Ihnen abschriftlich übersandt habe, bei dieser Prüfung auch an den Herrn Bundesminister des Auswärtigen gewandt. Die Stellungnahme des Herrn Bundesministers des Auswärtigen hat der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit Ihnen mit Schreiben vom 9. 8. 1963 mitgeteilt. In einem Schreiben vom 16. 10. 1963 an Sie hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen auch nochmals zu der Frage einer Berücksichtigung privatrechtlicher Ansprüche einzelner deutscher Staatsbürger bei den Entwicklungshilfeleistungen der BRD Stellung genommen. Diese Stellungnahme deckt sich mit meiner Auffassung. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl vom 16. Juli 1964 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Freyh (Frankfurt) (Drucksache IV/2386 Frage IV/8 und IV/9) : Welche Stellung nimmt die 'Bundesregierung zu Zeitungsmeldungen ein, nach denen die Zahl der Kindesmißhandlungen ansteigt? Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, Kindesmißhandlungen zu begegnen, indem sie beispielsweise die Bevölkerung darauf hinweist, in solchen Fällen Anzeige zu erstatten? Nachdem sich inzwischen auch die Länder Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auf meine Anfragegeäußert 'haben, ob die Zahl der Kindesmißhandlungen in ihrem Bereich angestiegen ist, (Frage IV/8) darf ich Ihnen nachstehend die Antworten mitteilen. Berlin: Die Zahl der Fälle von Kindesmißhandlungen zeigt eine steigende Tendenz. Das Land Berlin führt die zahlenmäßige Zunahme jedoch nicht auf eine Steigerung dieser Kriminalität, sondern auf die verstärkte Einschaltung ,der Kriminalpolizei durch die Fürsorgebehörden und auf die dadurch bewirkte Verminderung der Dunkelziffer bei diesen Straftaten zurück (unter Dunkelziffer versteht man 'diejenigen Fälle, die Iden Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt werden). Nordrhein-Westfalen: Exakte oder annähernde statistische Werte über Fälle von Kindesmißhandlung liegen bei den Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vor. Die „polizeiliche Kriminalstatistik" erfaßt diese Kriminalität nicht besonders. Örtliche spezielle Statistiken hierüber werden in Nordrhein-Westfalen nicht geführt. Die .einzelnen Ermittlungsverfahren bei den Polizeibehörden vermitteln kein vollständiges Bild über die zahlenmäßigen Bewegungen der Kindesmißhandlung der letzten Jahre in den einzelnen nordrhein-westfälischen Großstädten. Dementsprechend sind auch Zeitungsmeldungen über einzelne Ermittlungs- oder durchgeführte Strafverfahren kaum eine geeignete Grundlage für eine •entsprechende Beurteilung. Niedersachsen: Laut Mitteilung ides Niedersächsischen Kultusministers ist nach den in den letzten drei Jahren den Polizeidienststellen in Niedersachsen bekannt gewordenen Fällen von Kindesmißhandlungen ein Ansteigen nicht festzustellen. Zu beobachten Ist allerdings, daß die Tageszeitungen häufiger über diese Delikte berichten. In Verwirklichung meiner Absicht, den Ländern und dem Deutschen Kinderschutzbund zu empfehlen, die Bevölkerung in geeigneter Weise auf die Notwendigkeit der Anzeigeerstattung bei Kindesmißhandlungen hinzuweisen (Frage IV/9), habe ich folgendes Schreiben an die Herren Innenminister (-senatoren) der Länder gerichtet und den Deutschen Kinderschutzbund in gleichem Sinne informiert: „Frau Bundestagsabgeordnete Brigitte Freyh hat im Zusammenhang mit einer Anfrage über das Ansteigen der Zahl der Kindesmißhandlungen in einer Fragestunde um Auskunft gebeten, ob die Bundesregierung Möglichkeiten sehe, Kindesmißhandlungen zu begegnen, indem sie beispielsweise die Bevölkerung darauf hinweist, in solchen Fällen Anzeige zu erstatten. Ich habe die Anfrage wie 'folgt beantwortet: „Die Bundesregierung sieht solche Möglichkeiten vor allem darin, den Ländern und dem Deutschen Kinderschutzbund zu empfehlen, die Bevölkerung in geeigneter Weise auf die Notwendigkeit der Anzeigeerstattung bei Kindesmißhandlungen hinzuweisen. Das ist das einzige Mittel, über das der Bund verfügt." Ich wäre dankbar, wenn Sie dieser Empfehlung in geeigneter Weise entsprechen würden." Ich darf annehmen, daß damit Ihrem Anliegen entsprochen worden ist. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl vom 25. Juni 1964 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Dr. Hubert (Drucksache IV/2386 Fragen IV/13 und IV/14) : Welche Erkenntnisse hat der 6tägige Bunkertest mit einer ausgewählten Personengruppe gegenüber den im letzten Weltkrieg gemachten Erfahrungen an Gesunden und Kranken, die zum Teil weit länger in Bunkern zugebracht haben, ergeben? Das Ergebnis der Erkenntnisse aus dem sechstägigen Bunkertest in Dortmund kann nach Mitteilung des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz erst nach 2-3 Monaten vorgelegt werden. Diese Frist ist notwendig, um alle Ergebnisse der Beobachtungen und Untersuchungen, die vom Personal des Bun- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 6717 desamtes für zivilen Bevölkerungsschutz und von besonderen für diesen Test geworbenen freien Wissenschaftlern gesammelt und gewonnen wurden, wissenschaftlich und statistisch zu verarbeiten und auszuwerten. Die Bundesregierung ist bereit, Mitgliedern des Bundestages ein Exemplar des Abschlußberichtes zur Verfügung zu stellen. In welcher Weise hat die Bundesregierung sich bisher die im letzten Weltkrieg gemachten Erfahrungen über die Verhaltensweise und die körperlichen Reaktionen der Menschen auf den langen Bunker-Aufenthalt zunutze gemacht? In dem vorbezeichneten Abschlußbericht werden auch Erfahrungen über Verhaltensweise und körperliche Reaktion von Menschen während langer Bunkeraufenthalte aus dem Zweiten Weltkrieg berücksichtigt werden, soweit wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Bemerkt sei, daß die vorliegenden amerikanischen Erkenntnisse zu dieser Frage bei der Aufstellung des Programms für den Bunkertest in Dortmund berücksichtigt worden sind. Anlage 10 Schriftliche Antwort der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 6. Juli 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Offenbach) (Drucksache IV/2386 Frage XIV/4) : In welcher Form wird die Bundesregierung im Entwurf der Bestallungsordnung für Ärzte die Bedeutung der Arbeitsmedizin für die Ausbildung der Medizinstudenten berücksichtigen? Der Referentenentwurf der Bestallungsordnung für Ärzte sieht vor, daß der Kandidat der Medizin bei der Meldung zur ärztlichen Prüfung nachzuweisen hat, daß er eine Pflichtvorlesung über Arbeitsmedizin gehört hat. Diese Regelung entspricht der Vorschrift in der schon jetzt geltenden Bestallungsordnung. Im Rahmen der Prüfung des Faches Hygiene soll die Arbeitsmedizin jedoch nicht nur mündlich — wie bisher —, sondern auch schriftlich geprüft werden. Die Prüfung in Arbeitsmedizin soll sich auf das gesamte Gebiet der Arbeitsmedizin unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitshygiene und der Berufskrankheiten erstrecken. Anlage 11 Schriftliche Antwort der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 6. Juli 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache IV/2386 Fragen XIV/5, XIV/6 und XIV/7) : Welche Gründe haben die Bundesregierung bisher davon abgehalten, die nach dem bereits im Jahre 1952 verkündeten Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde zu erlassende Gebührenordnung für Zahnärzte vorzulegen? Hält die Bundesregierung es für vertretbar, den durch die einstimmige Verabschiedung des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde zum Ausdruck gebrachten Willen des Parlaments, die völlig veraltete durch eine den Erfordernissen der modernen Zahnheilkunde entsprechende neue Gebührenordnung zu ersetzen, fast 12 Jahre zu ignorieren? Wann gedenkt die Bundesregierung die in Frage XIV/5 genannte Gebührenordnung nunmehr vorzulegen? Eine völlig neue Gebührenordnung für Zahnärzte mit Hunderten von Positionen, die dem wissenschaftlichen Stand der Zahnheilkunde entsprechen und zugleich den berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung tragen soll, bedarf umfangreicher Erhebungen und gründlicher Beratungen mit allen Beteiligten. Der von der Zahnärzteschaft erarbeitete Vorschlag für eine neue zahnärztliche Gebührenordnung ist im Jahre 1958 dem Bundesminister des Innern vorgelegt worden. Nach Verhandlungen mit den beteiligten Ressorts und den Stellungnahmen von Krankenkassenverbänden ergab sich die Notwendigkeit, genauere statistische Unterlagen zu gewinnen. In den Jahren 1961 und 1962 wurde der inzwischen überarbeitete Entwurf von einem durch das Bundesministerium für Gesundheitswesen einberufenen Sachverständigenausschuß aus den Kreisen der Zahnärzte, der Sozialversicherung und der Sozialhilfe in allen Einzelheiten beraten. Das Ergebnis dieser Beratungen machte weitere Verhandlungen mit der Zahnärzteschaft erforderlich, die erst im April 1964 vorläufig abgeschlossen werden konnten. Der Referentenentwurf ist nunmehr fertiggestellt. Er wird in Kürze mit den beteiligten Stellen abschließend beraten werden, und ich habe die Hoffnung, daß ich ihn nach der Sommerpause dem Bundesrat zuleiten kann. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. Schröder vom 26. Juni 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lang (München) (Drucksache IV/2399 Frage I) : Ist es richtig, daß die Dokumentation über die jugoslawischen Kriegsverbrechen an deutschen Kriegsgefangenen nur in den Fachbibliotheken eingesehen werden kann und nicht in Buchhandlungen käuflich ist? Das Dokumentationswerk zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen in Jugoslawien 1941-1949 wird in Kürze auch in Buchhandlungen erhältlich sein. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Langer vom 26. Juni 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache IV/2399 Frage III) : Welche Stellen der Bundesregierung beobachten den Fortschritt der Automation in der Industrie und die mit ihr zusammenhängende, unvermeidliche drastische Veränderung der wirtschaftlichen und sozialen Struktur unserer Volkswirtschaft mit dem Ziel, ein Frühwarnsystem für drohende Wandlungen in der Gesellschaft zu schaffen, die eine Vielzahl von berufstätigen Menschen um ihren Arbeitsplatz bringen können? Die bisherige Entwicklung in der Bundesrepublik erlaubt es nach Auffassung der Bundesregierung 6718 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 nicht, von einer „drastischen Veränderung" der wirtschaftlichen und sozialen Struktur der Volkswirtschaft als Folge der Automation zu sprechen. Die vermehrte Automatisierung von Produktions-, Verteilungs- und Verwaltungsabläufen ist nur eine der zahlreichen Formen des technischen Fortschritts, die zur Rationalisierung des Arbeitsprozesses nutzbar gemacht werden. Angesichts des kräftigen wirtschaftlichen Wachstums ergeben sich hieraus z. Z. keine besonderen wirtschaftspolitischen Probleme. Wegen der Knappheit an Arbeitskräften ist eine verstärkte Automation sogar erwünscht. Gleichwohl hält es die Bundesregierung für nützlich, die sich aus der Automation ergebenden tatsächlichen und möglichen wirtschaftlichen und sozialen Folgen zu klären. Ein im Bundeswirtschaftsministerium bestehender Arbeitskreis beschäftigt sich mit den möglichen Auswirkungen der Automation auf die wirtschaftliche und soziale Struktur, den Konjunkturverlauf, die Beschäftigungslage und die sich daraus ergebenden neuen Erfordernisse beruflicher Aus- und Fortbildung. Dabei wird auch geprüft, wie der Stand und die weitere Entwicklung der Automation besser festgestellt werden können. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Blank vom 14. Juli 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Matthöfer (Drucksache IV/2399 Fragen V/1, V/2 und V/3) : Welchen Beschränkungen unterliegen türkische Arbeiter nach den geltenden Verträgen und Vorschriften, wenn sie in Nordrhein-Westfalen ihren Arbeitsplatz wechseln? Türkische Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik Deutschland eine unselbständige Beschäftigung ausüben wollen, benötigen — wie alle nichtdeutschen Arbeitnehmer — eine Arbeitserlaubnis des zuständigen Arbeitsamtes. Sie wird zur Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb längstens für die Dauer eines Jahres erteilt. Ausländische Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz wechseln wollen, bedürfen einer neuen Arbeitserlaubnis für einen neuen Arbeitgeber. Diese wird ihnen bei der derzeitigen Lage des Arbeitsmarktes in der Regel erteilt, wenn sie ihr Arbeitsverhältnis im Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber gelöst oder unter Einhaltung der nach ihrem Arbeitsvertrag vorgesehenen Frist gekündigt haben oder wenn ein von vornherein befristeter Arbeitsvertrag ausgelaufen ist. Ausländische Arbeitnehmer, die unter Bruch ihres Arbeitsvertrages ihren Arbeitsplatz aufgeben, erhalten keine Arbeitserlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen Betrieb. Zur fristlosen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses ist der ausländische Arbeitnehmer nur berechtigt, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheiden im Streitfall die Arbeitsgerichte. Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer zwei Jahre in derselben Berufsgruppe erlaubt beschäftigt gewesen ist, erhält er eine Arbeitserlaubnis ohne Beschränkung auf einen bestimmten Betrieb. Ein Ausländer, dem eine solche Arbeitserlaubnis erteilt worden ist, kann innerhalb ihrer Geltungsdauer ohne Zustimmung des Arbeitsamtes eine gleichartige Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen. Nach 5jähriger ununterbrochener Beschäftigung im Bundesgebiet erwirbt ein Ausländer einen Rechtsanspruch auf eine Arbeitserlaubnis mit einer 3jährigen Geltungsdauer für eine Tätigkeit nach seiner Wahl. Das gleiche gilt, wenn sich ein ausländischer Arbeitnehmer mindestens acht Jahre ohne Unterbrechung rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Aus der deutsch-türkischen Artwerbevereinbarung und dem dieser Vereinbarung beigefügten Musterarbeitsvertrag ergibt sich keine abweichende Regelung. Wie hoch sind die zusätzlichen finanziellen Belastungen eines Arbeitgebers in Nordrhein-Westfalen, der statt deutschen Arbeitern türkische beschäftigt (für Anfahrt, Dolmetscher, Unterbringung, Anlernzeit usw.) ? Bei der Anwerbung türkischer Arbeitnehmer durch die Verbindungsstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der Türkei entstehen dem Arbeitgeber Kosten in Höhe von 150 DM je Arbeitskraft, die er bei Einreichung des Vermittlungsauftrages an das zuständige Arbeitsamt entrichten muß. Dieser Betrag dient hauptsächlich zur Deckung der Reisekosten und der Reiseverpflegung. Türkischen Arbeitnehmern, die ohne Inanspruchnahme der Verbindungsstelle der Bundesanstalt ins Bundesgebiet einreisen, um eine Arbeit aufzunehmen, erstatten ihre Arbeitgeber die Reisekosten vielfach freiwillig oder auf Grund besonderer Vereinbarung. Bei der Anwerbung türkischer Arbeitnehmer entstehen den Arbeitgebern vielfach Aufwendungen durch Reisen von Firmenbeauftragten in die Türkei. Nach der Arbeitsaufnahme der türkischen Arbeitnehmer verursacht ihre Betreuung und Beratung (z. B. im Verkehr mit den Behörden) laufende Kosten, deren Höhe sich kaum beziffern läßt. Hierzu gehören auch die Aufwendungen für die Bereitstellung von Dolmetschern, die etwa 10 DM monatlich je Arbeitnehmer betragen, wenn man auf 100 türkische Arbeitnehmer einen Dolmetscher rechnet. Allgemeingültige Unterlagen über die Kosten der Einarbeitung am Arbeitsplatz liegen nicht vor. Nach Angaben eines in Nordrhein-Westfalen ansässigen Betriebes, der eine große Zahl türkischer Arbeitnehmer beschäftigt, betragen sie je nach Art der Arbeit 200-1000 DM für jeden Arbeitnehmer. Ferner entstehen den Betrieben zusätzliche Belastungen bei der Unterbringung der türkischen Arbeitnehmer in Werksheimen. Sie betragen nach den Erfahrungen des erwähnten Betriebes etwa 30 DM monatlich mehr als bei deutschen Betriebsangehörigen. Wie oft wechseln türkische Arbeiter den Arbeitsplatz? Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat über den Arbeitsplatzwechsel ausländischer Arbeitnehmer in der Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 29. Juli 1964 6719 Bundesrepublik eine besondere Erhebung angestellt. Danach haben in der Zeit vom 1. Februar 1963 bis 31. Januar 1964 von rd. 48 800 .beschäftigten türkischen Arbeitern etwas mehr als 20 % ihren Arbeitsplatz gewechselt, und zwar 67 % hiervon einmal, 22 % zweimal und 11 % dreimal und häufiger. Mit diesen rd. 20 % Arbeitsplatzwechslern liegen die türkischen Arbeitnehmer um etwa 4,5 % unter dem durchschnittlichen Fluktuationsgrad der Ausländer, die aus den Anwerbeländern Italien, Griechenland und Spanien stammen. Anlage 15 Schriftliche Antwort der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 6. Juli 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Pohlenz (Drucksache IV/2399 Fragen VII/1, VII/2 und VII/3): War die Aufstellung von zwei neuen Kupolöfen bei der Fa. WESMAG, Eisengießerei, Wesel, im Herbst vergangenen Jahres genehmigungspflichtig und ist diese .Genehmigung erteilt worden? Nach einer Auskunft des Arbeits- und Sozialministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen sind bei der Firma WESMAG, Eisengießerei in Wesel, im Herbst vergangenen Jahres keine neuen Kupolöfen aufgestellt worden. Ein genehmigungspflichtiger Tatbestand hat deshalb nicht vorgelegen. Ist es nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen erlaubt, daß gesundheitsschädliche Abgase aus Kaminen abgeleitet werden, die nur die Höhe normaler Wohnhäuser haben? Nach der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft", der vom Bundesrat am 26. Juni 1964 mit einigen Änderungen zugestimmt wurde, werden für Anlagen, bei denen ein Schornstein zur Verteilung der Emission erforderlich ist, Schornsteinmindesthöhen festgelegt. Die Höhe der Schornsteine richtet sich nach den Immissionsverhältnissen im einzelnen Fall. Welche wirksamen Maßnahmen sind von dem ,Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt der Stadt Duisburg seit Oktober 1963 getroffen worden, um die Anwohnerschaft der Fa. WESMAG gesundheitlich vor den giftigen Abgasen zu schützen? Das Gewerbeaufsichtsamt in Duisburg hat im Rahmen eines vom Land Nordrhein-Westfalen für Eisengießereien aufgestellten Verbesserungsprogramms der Firma WESMAG zur Auflage gemacht, die vorhandenen Entstaubungseinrichtungen zu verbessern, bzw. durch Einbau von Filtern die Emission zu verringern. Das hierfür erforderliche Genehmigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Anlage 16 Schriftliche Antwort der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 6. Juli 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache IV/2399 Frage VII/4) : Was tut die Bundesregierung, um den Unfallrettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes auf den öffentlichen Straßen in einen den heutigen technischen Möglichkeiten entsprechenden Stand zu versetzen? Ich darf Bezug nehmen auf die 100. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 6. Dezember 1963, in der mein Kollege, Herr Dr. Seebohm, zur Aufgabe und Organisation der Unfallhilfsstellen Stellung genommen hat. Die Bundesregierung fördert zahlreiche Maßnahmen des DRK. Unter anderem wird aus diesen Mitteln die Einrichtung und Unterhaltung von stationären Unfallhilfsstellen ermöglicht. Neben der Aufgabe, Unfallmeldungen anzunehmen und an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, müssen diese zu einer wirksamen Leistung Erster Hilfe befähigt sein. Um die heutigen technischen Möglichkeiten zu berücksichtigen, wird die Ergänzung durch Beatmungs-, Absaugegeräte und Blutersatzmittel, den jeweiligen finanziellen Mitteln entsprechend, angestrebt. Außer diesen sogenannten stationären Unfallhilfsstellen bemühen sich die Organisationen (neben dem DRK auch der Johanniter-, Malteser- und Arbeitssamariterdienst sowie die Feuerwehr und der Luftschutzhilfsdienst) den Krankentransport-Unfallrettungsdienst auf den neuesten Stand zu bringen. Dazu gehört die Verwirklichung der Mindestanforderungen in bezug auf die Größe und Ausstattung der Kraftwagen und auf die medizinischen Einrichtungen der Transportwagen, sowie deren Ausstattung mit Funkgeräten. Seit mehreren Jahren sind Arzteinsatzwagen in der Erprobung, so im Raum Heidelberg unter Leitung von Prof. K. H. Bauer; dieser Wagen konnte aus Mitteln der Berufsgenossenschaft zur Verfügung gestellt werden. In Köln wurde ein Arzteinsatzwagen aus Mitteln eines Autowerkes beschafft und unter der Leitung von Prof. Hofmann erprobt. In Zusammenarbeit zwischen dem Bundesverkehrsministerium, dem Deutschen Roten Kreuz und dem HUK-Verband sollen weitere Wagen in Murnau, Essen, Freiburg und Göttingen eingesetzt werden. Eine besondere Initiative hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gezeigt. Dort laufen zur Zeit 6 Arzteinsatzwagen zur Erprobung. Außerdem stehen zwei große Arzteinsatzwagen abrufbereit; einer beim DRK in Bonn, und einer beim DRK Landesverband in Düsseldorf. Die Aufgabe der Arzteinsatzwagen ist, den Verletzten erste Hilfe zu geben, sie transportfähig zu machen und für die Operation im Krankenhaus vorzubereiten. Die bisher gewonnenen Erfahrungen sind gut. Viele Todesfälle konnten durch den Einsatz dieser Wagen vermieden werden. Nach dem Grundgesetz sind die Länder für den Rettungsdienst zuständig. Der Bund muß sich darauf beschränken, neben der Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes und der karitativen Verbände auf Grund der gewonnenen Erfahrungen Empfehlungen über die Mindestausstattungen auszusprechen. Die Antwort ergeht im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Verkehr.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Abgeordneter Dr. Stoltenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Sanger?


Rede von Fritz Sänger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Stoltenberg, sind Sie der Auffassung, daß die Einsprüche z. B. auch des Industrie- und Handelstags auf unsere Opposition zurückzuführen sind?

(Lebhafte Zurufe von der Mitte.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege, das ist eine völlig andere Frage als die, über die ich soeben gesprochen habe. Ich möchte im weiteren Verlauf meiner Darlegung deutlich machen, ohne nun die ganze Breite der Sache in dieser späten Stunde zu behandeln, daß wir nicht nur jedem das Recht zur kritischen Stellungnahme zubilligen, sondern daß wir glauben, daß es auch begründete krititische Stellungnahmen gibt. Nur müssen diejenigen, die kritisieren, sich erst fragen lassen, wie sich ihre Freunde in den maßgebenden Gremien verhalten haben, und zweitens, wie ihre Alternative lautet. Und darüber möchte ich gern mit Ihnen diskutieren.

    (Beifall in der Mitte.)

    Gestatten Sie mir, Herr Sanger, daß ich zunächst einmal hier meinen Gedankengang entwickele, und zwar schon im Hinblick auf die späte Stunde. Ich bin gern bereit, später noch einmal auf eine Frage von Ihnen einzugehen.
    Es ist nicht von ungefähr, daß Sie sich hier auf die für mich erstaunliche Position zurückziehen, es sei nicht Ihre Aufgabe, Anträge einzubringen oder Alternativen zu entwickeln. Das ist nicht von ungefähr, meine Damen und Herren. Die Rechnung, die Sie hier mit einigen etwas hingeworfenen Bemerkungen machen, geht nämlich nicht auf. Die Frage ist: Wie wollen Sie, selbst wenn wir die Konzessionsabgabe fallenließen, das verbleibende Defizit decken, das in den nächsten Jahren noch steigen wird? Sie verweisen in einer sehr allgemeinen Formulierung auf den Haushalt. Darüber wird zu reden sein.
    Aber, meine Damen und Herren, zunächst möchte ich doch bemerken, daß die Entscheidung nach geltendem Recht gefallen ist. Daran haben wir die Bundesregierung zunächst zu messen. Ich möchte, ohne sehr viel Zahlen zu wiederholen, darauf verweisen, daß wir eine gewaltige Steigerung der Personalkosten der Post zu verzeichnen haben. Der Personalhaushalt betrug 1950 951 Millionen DM. Er betrug 1963 3,5 Milliarden DM, mit Sozialleistungen etwa 4,5 Milliarden DM. Das ist eine Steigerung von 400 bis 500 %! Die Unkosten pro Arbeitskraft betrugen 1950 3200 DM. Sie liegen jetzt mit Sozialleistungen bei über 11 000 DM.
    Meine Damen und Herren, es ist manchmal gespenstisch, wie die Argumentation in diesem Hause wechselt. Vor wenigen Wochen .haben wir eine Diskussion über die Besoldung im öffentlichen Dienst, im besonderen bei Bahn und Post, geführt. Da haben wir die bitteren Vorwürfe aus Ihren Reihengerade von den von Ihnen zitierten Gewerkschaftsvertretern, Herr Kollege Möller, die auch in Ihren Reihen hier sind, gehört, daß die Besoldung bei der Post völlig unzulänglich ist. Wir haben uns entschlossen, eine erhebliche Verbesserung dieser Besoldung vorzunehmen, die Sie nach wie vor als unzulänglich ansehen. Wir haben bewußt etwas für die Beamten im unteren Dienst getan, und wir wissen, daß wir mehr tun müssen. Wir sehen im Herbst den beträchtlichen gewerkschaftlichen Forderungen auf dem Tarifsektor entgegen. Das alles ist hier wie weggewischt,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    wenn es darum geht, jetzt zu diskutieren, wie diese Rechnung bezahlt wind.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, Sie können in einer ernsthaften politischen Diskussion auch den Hinweis meines Kollegen Dr. Schmidt auf die Situation bei anderen Dienstleistungsbetrieben, bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben, nicht in der etwas lächerlichen oder ironischen Art behandeln, wie das hier teilweise geschehen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir tragen in den kommunalen Verwaltungen, im kommunalen Sektor eine gemeinsame Verantwortung. Es ist kein Geheimnis, daß Sie in den Großstädten zahlenmäßig eine stärkere Verantwortung tragen als wir. Aber ich halte es für völlig sinnlos, daß Sie, wenn wir auf Hamburg, Hannover oder München verweisen, uns „Bonn" zurufen. Natürlich ist das eine allgemeine Problematik. Das wird ja gar nicht bestritten.

    (Zurufe von der .SPD.)

    Aber es ist doch auch nicht zu übersehen, daß wir
    dort auf diesem Dienstleistungssektor, dessen so-



    Dr. Stoltenberg
    ziale Bedeutung gerade für Millionen Arbeitnehmer
    und Hausfrauen größer ist ,als die der Telefonfrage,

    (Beifall bei .der CDU/CSU)

    im Verlaufe von sechs, sieben Jahren Kostensteigerungen bis zu 60 % zu verzeichnen haben,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    beschlossen von Ihren verantwortlichen Landes- und Stadtvertretungen, ohne daß man dort bis zum heutigen Tage auf eine Konzessionsabgabe verzichtet hat.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Dieses Messen mit zweierlei Maß, auch wenn es gewissen Schlagzeilen entspricht, können wir nicht akzeptieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das hat mit einer sachlichen, einer korrekten Auseinandersetzung über diese Fragen nichts zu tun, die wir gerade in der heutigen Debatte allerdings schmerzlich bei Ihnen vermißt haben. Meine Damen und Herren, wo bleibt da Ihr Protest? Welche Vorschläge machen Sie? Wie wollen Sie diese Dinge in den Griff bekommen? Das ist ein Thema, das hier in diese Diskussion hineingehört.
    Nun haben Sie auf den Bundeshaushalt verwiesen. Das ist natürlich der bequeme Weg, alles auf den Haushalt zu nehmen; ein mehr als bequemer Weg, bei dem wir — ich sage das ganz offen —, allerdings graduell abgestuft, in diesem Hause allzumal die Tendenz haben, alle miteinander Sünder zu sein. Aber es ist die Frage, wie weit man diesen Weg gehen kann. Ich glaube, daß wir einen verhängnisvollen Weg gehen würden, wenn wir gegen den Text des geltenden Postverwaltungsgesetzes jetzt die Post durch die Tarife zum dauernden Subventionsempfänger des Bundes machten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wie steht es denn mit Ihrer Haltung, meine Damen und Herren? Ich kann nicht umhin, doch einige kurze Bemerkungen zur allgemeinen finanzpolitischen Situation zu machen. Es ist sehr sonderbar: Wir haben über den Grundsatz der Begrenzung des Haushalts gesprochen, der, wie mir scheint, für die Frage der Preise und der Konjunkturstabilität eine wesentlich größere Bedeutung hat als diese Frage — ohne daß ich ihre sachliche und psychologische Bedeutung unterschätze. Herr Mommer, Sie haben im Winter, am 16. Dezember, als es um die Kriegsopfer ging, hier an dieser Stelle erklärt: ,,Sie mögen es immer wieder bezweifeln; wir stehen zu diesem Plafond von 60,3 Milliarden, und wir werden alle Mehraufwendung durch Kürzungen ausgleichen." Herr Erler hat vor wenigen Wochen in einem Interview mit „Christ und Welt" diese Limitierung auf 60,3 Milliarden DM und die nach den gleichen Grundsätzen erfolgte Limitierung für das nächste Jahr als eine Fiktion bezeichnet, eine fragwürdige Idee des Bundeskanzlers, die wir mit sinnlosen Streichungen verwirklicht hätten. Meine Damen und Herren, welche Politik machen Sie in dieser Frage? Das möchten wir von Ihnen hier hören. Was gilt nun eigentlich, die Schwüre des Winters oder die Erklärungen des Sommers?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein zweites, meine Damen und Herren. Natürlich hängt dieses Problem — das ist von Herrn Möller und von Herrn Dr. Schmidt angedeutet worden — mit der Frage der Steuerpolitik zusammen. Aber da scheint mir eigentlich der Widerspruch bei Ihnen noch größer zu sein. Herr Erler hat das eben genannte Interview unter die schöne Überschrift gestellt oder stellen lassen: Weniger Steuern — weniger Bildung. Das mag nicht seine Formulierung sein, aber das gibt den Inhalt dieses Interviews sehr gut wieder. Wir hören die Reden von den vernachlässigten Gemeinschaftsaufgaben, von Bildung, Wissenschaft, Verkehr, Straßenbau usw. Dann reden andere Leute, die jetzt etwas im Hintergrund sitzen, dann nämlich, wenn es darum geht, herauszustellen, daß wir die zusätzlichen Mitteln, die wir überhaupt noch haben, für diese Dinge brauchen und nicht für neue Subventionen. Heute hören wir etwas anderes. Herr Erler sagt: Weniger Steuern — weniger Bildung. Aber — ich habe darauf schon während der Haushaltsdebatte hingewiesen — Ihre Anträge hier im Hause auf Steuersenkung, die Sie bis heute nicht zurückgezogen haben, führen, was den Bund betrifft, zu einem viel stärkeren Ausfall an Steuern als die von Ihnen unter diesem Gesichtspunkt kritisierten Steuersenkungspläne der Bundesregierung.

    (Abg. Seuffert: Und die des Bundesfinanzministers vielleicht nicht?)

    — Herr Seuffert, ich will Ihnen die Zahlen sagen. Die Bundesregierung hat vorgesehen, die Einkommensteuer zu senken, so daß 1966 ein Steuerausfall für Bund und Länder zusammen von etwa 2,8 Milliarden DM entstehen würde, von denen der Bund etwa eine Milliarde oder etwas über eine Milliarde tragen würde. Ihre Pläne zur Senkung der Einkommensteuer kosten infolge einer Verlagerung weniger. Aber sie kosten immer noch knapp 1,4 Milliarden DM. Davon würde der Bund 600 Millionen DM zu tragen haben. Dazu haben Sie bis zum heutigen Tage Ihre Anträge auf Abschaffung der Verbrauchsteuer auf Kaffee, Tee und Zucker nicht zurückgezogen, die dem Bund allein 1,1 Milliarden .DM kosten,

    (Abg. Seuffert: Aber denken Sie an unsere Deckungsvorschläge!)

    so daß Sie eine Senkung von Bundessteuern in der Größenordnung von 1,9 Milliarden DM gegenüber den von der Bundesregierung vorgesehenen 1,1 Milliarden DM beantragt haben.

    (Abg. Seuffert: Und die Deckungsvorschläge der SPD? — Weiterer Zuruf des Abg. Seuffert.)

    — Die Vermögensteuer ist keine Bundessteuer, wie Sie wissen, Herr Seuffert.

    (Abg. Seuffert: Aber die Abzugsfähigkeit!)

    Wie verhält sich denn das mit „Weniger Steuern
    — weniger Bildung"? Wie verhält sich das mit den Gemeinschaftsaufgaben?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)




    Dr. Stoltenberg
    Wie verhält sich das mit dem Vorschlag, eine Konzessionsabgabe von 520 Millionen DM unbesehen auf den Bundeshaushalt zu übernehmen und das weitergehende Defizit aus Steuermitteln zu decken? Diese Fragen müssen Sie, glaube ich, etwas glaubwürdiger und deutlicher beantworten, als Sie das bisher getan haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Und Sie müssen das korrekter darstellen!)

    — Meine Damen und Herren, Sie können sich nicht darauf zurückziehen, daß Sie erklären: Preiswucher
    — im Sinne der Schlagzeilen einiger Zeitungen, über die Sie sonst viel negativere Urteile abgegeben haben als wir — und daß Sie diese Probleme im Sinne einiger Schlagzeilen behandeln und mit einigen allgemeinen Bemerkungen, man möge dies oder jenes tun. Dabei halte ich den Vorschlag, das zu niedrige Kapital zu verzehren, um es dann später aufzustocken, für den wohl fragwürdigsten Vorschlag überhaupt, der in der Diskussion gebracht wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir haben einen Antrag dazu vorgelegt, ähnlich wie Sie, nicht einen Gesetzesantrag, sondern einen Entschließungsantrag. Wir werden bestimmte Probleme der Post prüfen müssen. Aber ich glaube, der Grundsatz, daß ,die Gebühren der Post die Aufwendungen zu decken haben, wird auch in Zukunft gelten. Das schließt die Notwendigkeit bestimmter struktureller Maßnahmen nicht aus. Ich verweise auf unseren Antrag. Die Frage der Kapitaleinlagen ist zu prüfen, ebenso die der Verbesserung der Finanzstruktur. Es gibt Überlegungen auch bei der Bundesregierung, durch eine einmalige Zuführung von Mitteln bestimmte Belastungen der Post zu verringern. Selbstverständlich muß über Form und Umfang der Abgabe gesprochen werden, aber unter Würdigung der gesamten Problematik. Da ist schließlich der dringende Wunsch, in dem wir uns einig sind, den Investitionsbedarf vor allem auf dem Fernmeldesektor beschleunigt zu verwirklichen, damit die über 350 000 Anträge schnell erfüllt werden können, was sicher auch eine positive Wirkung auf die Einnahmen in diesem Bereich hätte. Das und anderes wird zu prüfen sein.
    Aber das, was an Anträgen vorliegt — und wir beziehen unseren eigenen durchaus ein —, ist nicht so, daß darüber heute entschieden werden kann. Wir müssen diese Dinge in den Ausschüssen behandeln, beschleunigt, gemeinsam mit der Bundesregierung, mit der Sachverständigenkommission. Das ist der einzig mögliche Weg, wenn wir der Sache gerecht werden wollen und nicht nur auf die Propaganda schauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Erler, ich muß ihnen übrigens auch sagen, bevor ich zum Schluß komme, daß Sie meines Erachtens unseren Antrag Umdruck 428 aus der Haushaltsdebatte hier nicht richtig zitiert haben, als Sie zu Beginn diese sehr harten Vorwürfe gegen die Bundesregierung im Zusammenhang damit erhoben haben. Wir von der CDU/CSU und FDP haben gesagt, unter Berücksichtigung der Möglichkeit, daß
    eine Erhöhung der Gebühren auf die Dauer nicht ausreicht, die hierfür erforderlichen Finanzmittel sicherzustellen, erwartet der Bundestag von der Bundesregierung, daß sie eine Kommission einsetzt. Wenn man sagt, daß eine Erhöhung der Gebühren auf die Dauer nicht ausreicht, dann kann man nicht daraus folgern, daß damit die Möglichkeit einer Gebührenerhöhung gleichsam für die nächste Zukunft ausgeschlossen ist. Dann kann man nicht daraus folgern — und wir als Initiatoren dieses Antrags wenden uns gegen Ihre Auslegung —, daß die Bundesregierung unseren Willen mißachtet hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Erler: Die damaligen Reden dazu klangen Aber anders! Da war nicht von einer baldigen Gebührenerhöhung die Rede!)

    — Herr Kollege Erler, ich glaube, man kann nicht sagen, daß ein Abweichen der Bundesregierung von Ausführungen, die hier zu Protokoll gegeben sind, eine Mißachtung des Parlaments darstellt. Dieser Auslegung kann ich nicht folgen. Ich glaube, Sie müssen von idem Entschließungsantrag ausgehen, den dieses Haus verabschiedet hat, und da liegt jedenfalls keine Mißachtung des Parlaments vor.
    Meine Damen und Herren, mit dieser Begründung schlagen wir vor, den Antrag der SPD IV/2479 abzulehnen und die drei anderen vorliegenden Anträge der SPD, FDP und der CDU/CSU dem Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen — federführend —, dem Haushaltsausschuß und dem Finanz- und Steuerausschuß — mitberatend — zu überweisen. Wir hoffen — und ich glaube, in dieser Hoffnung ist sich bei aller Schärfe der Gegensätze das ganze Haus einig —, daß diese Beratungen dazu führen, daß wir schnell Verbesserungen für die Situation der Post finden, die aber auch vor dem Hintergrund einer redlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik tragbar und vertretbar sind.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)