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ID0412908900

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Metadaten
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    6. Bundesminister: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 129. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1964 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Furler 6255 A Abg. Dr. Stammberger tritt von der Fraktion der FDP zur Fraktion der SPD über 6255 A Fragestunde (Drucksache 2280) Fragen des Abg. Strohmayr: Gesetzliche Vorschriften gegen den Verpackungsschwindel Dr. Langer, Staatssekretär . 6255 B, C, D, 6256 A, B, C Strohmayr (SPD) . . . 6255 C, D, 6256 A Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 6256 B, C Porzner (SPD) . . . . . . . . . 6256 B Fragen .des Abg. Reichmann: Abfertigung an den Grenzübergängen nach der Schweiz und Frankreich Grund, Staatssekretär . . . . . . 6256 D Fragen des Abg. Seuffert: Tarifmerkmale für Bitumen . . . . . 6257 A Frage des Abg. Sänger: Kontrollstelle Lauenburg am Zonenübergang Grund, Staatssekretär 6257 B, C Sänger (SPD) 6257 C Frage des Abg. Ritzel: Steuerfreiheit für das „Deutsche Kulturwerk europäischen Geistes" Grund, Staatssekretär 6257 D, 6258 A, B, C, D, 6259 B Ritzel (SPD) 6258 A, B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . 6258 C, D, 6259 A Frage des Abg. Ritzel: Auswirkungen der Steuersenkungspläne auf Länder und Gemeinden Grund, Staatssekretär 6259 C, D Ritzel (SPD) 6259 C, D Frage des Abg. Stooß: Bietgenehmigung bei Zwangsversteigerungen landwirtschaftlicher Grundstücke Hüttebräuker, Staatssekretär 6260 A, C, D Stooß (CDU/CSU) 6260 B, C Dröscher (SPD) 6260 D Fragen des Abg. Weigl: Richtlinien für den „Grünen Plan" Hüttebräuker, Staatssekretär . . 6261 A, B Fragen des Abg Dr. Sänger: Preis eines an die Bundespost verkauften Grundstücks in Gülzow Bornemann, Staatssekretär . . . 6261 C, D II Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1964 Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 5. August 1963 über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser (Drucksache IV/ 1682); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen IV/ 2286, zu IV/ 2286) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Gradl (CDU/CSU) 6262 A Wehner (SPD) 6265 B Schultz (FDP) 6269 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 6270 C Dr. Schröder, Bundesminister . . 6271 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 1822); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen IV/ 2235, zu IV/ 2235) — Zweite Beratung — 6273 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Betarübensaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Getreidesaatgut, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln, eine Richtlinie des Rats über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut (Drucksachen IV/ 2030, IV/ 2276) ; in Verbindung mit .dem Schriftlichen Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Änderung der Anlage zur Verordnung Nr. 19 des Rats (Drucksachen IV/ 2272, IV/ 2283) ; dem Schriftlichen Bericht des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Ausnahmeregelungen betr. die Einfuhr von Reis und Bruchreis aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie aus den überseeischen Departements der Französischen Republik (Drucksachen IV/ 2266, IV/ 2291); dem Schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Dritte Richtlinie zur Durchführung des Artikels 67 des Vertrages (Drucksachen IV/ 2187, IV /2282, zu IV/ 2282) ; und dem Schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses über .den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Erste Richtlinie des Rats betr. die Beteiligung der Unternehmer an der Vergabe und Ausführung von Bauvorhaben für Rechnung des Staates usw. (Drucksachen IV/ 2119, IV/ 2292, zu IV/ 2292) 6273 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 6274 C Berichtigungen 6274 Anlage 6275 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 5. Juni 1964 6255 129. Sitzung Bonn, den 5. Juni 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 126. Sitzung Seite 6142 C Zeile 16 statt „Bundesversicherungsanstalt" : Bundesversicherungsamt. 128. Sitzung Seite IV linke Spalte Zeile 4 statt „Fünften" : Zweiten. Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 30. 6. Dr. Aschoff 5. 6. Bading 5. 6. Bäuerle 5. 6. Bazille 12.6. Dr. Birrenbach 5. 6. Fürst von Bismarck 5.6. Frau Blohm 5.6. Frau Brauksiepe 5. 6. Dr. Brenck 5. 6. Dr. von Brentano 4. 7. Brünen 5. 6. Busch 5. 6. ,Diebäcker 5. 6. Drachsler 5.6. Etzel 5. 6. Fielder 10.6. Figgen 5. 6. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 5.6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 5. 6. Frau Funcke (Hagen) 5.6. Frau Geisendörfer 5.6. Dr. h. c. Güde 5. 6. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 16.6. Dr. Harm (Hamburg) 4. 7. ,Häussler 5. 6. Herberts 8. 6. Dr. Hesberg 5. 6. Wöhmann (Hessisch Lichtenau) 27. 6. Horn 5. 6. Frau Dr. Hubert 5.6. Illerhaus 5.6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. h. c. Jaksch 6. 6. Kemmer 5. 6. Kohlberger 5. 6. Frau Dr. Kuchtner 4. 7. Leber 5. 6. Dr. Löbe 5. 6. Dr. Lohmar 5.6. Lücker (München) * 5.6. Maier .(Mannheim) 5.6. Mauk* 5.6. Menke 30. 6. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 5.6. Dr. von Merkatz 5. 6. Dr. h. c. Dr. Ing. E. h. Möller 5. 6. Freiherr von Mühlen 5.6. Neumann (Allensbach) 5.6. Dr.-Ing. Philipp 5. 6. Pöhler 6. 6. Rademacher 5. 6. Richarts* 5. 6. Dr. Rinderspacher 5. 6. Dr. Rutschke 5. 6. Sander 5.6. Schulhoff 5. 6. Dr. Serres 5. 6. Seuffert 5. 6. Stein 5. 6. Stiller 5.6. Dr. Stoltenberg 5.6. Frau Strobel* 5. 6. Wegener 13. 6. Weinkamm* 5. 6. Wieninger 5. 6. Windelen 5.6. Wischnewski 13. 6. Frau Zimmermann (Brackwede) 5.6. b) Urlaubsanträge Strauß 18.6.
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    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich möchte nur wenige Bemerkungen auf Grund der Rede des Herrn Kollegen Wehner machen und die Debatte nicht verlängern.
    Herr Kollege Wehner hat über die gestrige Abstimmung im Haushaltsausschuß betreffend die 16 000 Dollar für das internationale Peace Corps-Sekretariat gesprochen. Ich möchte ihm sagen: Es gibt seit gestern eine Pressemitteilung der Fraktion der CDU/CSU, Pressereferat — sie liegt hier —, daß wie diese Beträge natürlich bewilligen werden; die Sache wurde gestern nur außerhalb der Tagesordnung vorgebracht, die Vorlage fehlte; aus diesem Grunde sahen sich unsere Kollegen im Haushaltsausschuß nicht imstande, sofort zuzustimmen. Wir werden diese Summe bewilligen.

    (Zuruf des Abg. Blachstein.)

    — Ja, das ist seit gestern klar, Herr Blachstein. Hier ist die Presseerklärung von gestern. Das hätte jeder wissen können, der sich hier zur Debatte meldet.
    Das zweite. In beiden Reden der anderen Fraktionen ist von Zypern und einmal von Südvietnam gesrpochen worden. Das veranlaßt uns zu dem Zusatz, daß auch wir die Bedrohung weltweit begreifen und daß das z. B. in unserer Handelspolitik gegenüber Kuba seine Konsequenz findet. Im übrigen hoffe ich, daß wir alle einig bleiben, daß die Bundeswehr nur im Rahmen der Nato tätig werden kann.
    Das dritte war die Frage der deutschen Initiative. Die Debatte ist hier im Hinblick auf den Besuch des Herrn Bundeskanzlers in der nächsten Woche ein bißchen ausgeweitet worden. Es ist davon gesprochen worden, man solle sie nicht „anwaltlich" und nicht um ihrer selbst willen betreiben. Ich stimme dem zu, und ich hoffe, daß niemand hier im Hause ist, der das anders interpretiert, als ich es verstanden habe, nämlich: daß sich keiner in der deutschen Frage etwa nur verbal äußert und nicht auch meint, was er sagt, wenn er von Initiative spricht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)






Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch ein paar Worte in dieser Debatte vor der Abstimmung sagen, weil der Gegenstand doch zu wichtig ist, als daß er ohne ein weiteres Wort der Regierung einfach so über die Bühne gehen dürfte.
    Zunächst möchte ich — dabei greife ich ein bißchen voraus — schon einen Dank an das Hohe Haus richten für die große Einmütigkeit, mit der es gleich dieser Gesetzesvorlage zustimmen wird.
    Ich darf ein paar Informationen hinzufügen.
    Von den 108 Unterzeichnerstaaten haben bisher 32 den Vertrag ratifiziert und die Ratifikationsurkunden hinterlegt. Inzwischen ist außerdem die Südafrikanische Union dem Vertrag beigetreten.
    Die Frage, die hier gestellt worden ist, ist die — und das ist eine Frage, die natürlich jedermann vor sich haben wird —, ob die seit der Unterzeichnung des Vertrages vergangenen zehn Monate schon Auswirkungen feststellen lassen und ob man schon irgendwelche Urteile abgeben könne.
    Nun, wir sind uns darüber klar, daß das sicher zu früh wäre. Trotzdem ist eine Aussage heute absolut gerechtfertigt.
    Zunächst einmal: Die Kernwaffentests, die die Atmosphäre verseuchten, sind eingestellt worden; die Radioaktivität der Luft, die im April 1963 nach den Messungen der Münchner Station des Deutschen Wetterdienstes ihren Höhepunkt erreicht hatte, ist auf ein erträgliches Maß reduziert worden. Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn man ein bißchen von dem weiß, was in den Köpfen und Herzen von vielen hundert Millionen Menschen auf der Welt ist, wird man diesen Punkt nicht gering achten.

    (Beifall.)

    Ich habe, wie hier freundlicherweise wieder erwähnt worden ist, damals in meiner Einbringungsrede schon darauf hingewiesen.
    Ein weiterer Punkt. Der Vertrag hat bisher die westliche Sicherheit nicht gefährdet, wie zunächst einige amerikanische militärische Sachverständige befürchtet hatten. Man hatte nämlich geglaubt, daß es der Sowjetunion gelingen könnte, durch unterirdisches Testen den amerikanischen Vorsprung auf dem Gebiete der nuklearen Gefechtsfeldwaffen mit niedrigen Detonationswerten aufzuholen, während die Vereinigten Staaten den sowjetischen Vorsprung bei der Erprobung der Superbomben im hohen Megatonnenbereich hinnehmen müßten. Diese Befürchtungen haben sich wenigstens bis heute nicht bestätigt. Während die Amerikaner ihre unterirdischen Versuche fortsetzen konnten, haben die Sowjets — soweit festgestellt wurde — nur einen unterirdischen Versuch durchgeführt, der für den gegenwärtigen Rüstungsstand unwesentlich ist.
    Schließlich noch ein anderer Hinweis. Vor wenigen Tagen ist ein Bericht veröffentlicht worden, den der amerikanische Verteidigungsminister McNamara und der Vorsitzende der Atomenergie-Kommission, Seaborg, dem Präsidenten Johnson erstattet haben. In dem Bericht wird die Durchführung von eingehenden Sicherungsvorkehrungen dargelegt, welche die amerikanische Regierung in Verbindung mit dem begrenzten Teststopp-Vertrag für notwendig erachtet hat. Neben der Fortsetzung der unterirdischen Versuche, so heißt es in dem Bericht, würden alle Voraussetzungen dafür geschaffen, sofort auch die oberirdischen Versuche wieder aufzunehmen, wenn der Vertrag von einer anderen Seite verletzt werden würde. Man habe zu diesem Zweck auch die Methoden und Einrichtungen weiter verbessert, um von anderen Ländern heimlich durchgeführte atmosphärische Versuche ermitteln zu können.
    Man ist also in der amerikanischen Regierung nach eingehender Prüfung der von den Kritikern vorgebrachten Bedenken nach wie vor davon überzeugt, daß sich der Teststopp-Vertrag zugunsten aller Beteiligten auswirkt und daß weder die Sicherheit der Vereinigten Staaten noch die ihrer Verbündeten in irgendeiner Weise gefährdet wird.
    Meine Damen und Herren, ich sage das gerade deswegen und in diesem Augenblick, weil es wirklich gut ist, sich angesichts einer langen, unübersichtlichen Entwicklung darüber klar zu sein, daß hier nicht etwa ein sich dem Schlafe hingebender Westen einer weiter aktiven kommunistischen Welt gegenübersteht, sondern daß man die Gefahren, die es hier zu beachten gilt, durchaus lebendig und für die Praxis vor sich hat.
    Ich habe in den vergangenen Wochen gelegentlich darüber nachgedacht, warum eigentlich bei uns in der Behandlung dieses Themas das fehlt, was man leidenschaftliche Erregung nennen könnte. Ein bißchen davon, ein klein wenig davon hat es vielleicht im August des vergangenen Jahres unmittelbar nach dem Abschluß dieses Teststoppvertrages gegeben. Die Gründe lassen sich nicht ganz leicht ermitteln, und dennoch würde es von hohem Interesse sein, sie zu kennen. Einer der Gründe mag darin liegen, daß wir keiner der drei ursprünglichen Unterzeichner und Schöpfer dieses Vertragswerks sind. Wenn man sich 'einem Vermag anderer anschließt, fehlt es manchmal an dem genügenden ,Gefühl unmittelbarer Beteiligung, an dem Gefühl dafür, (daß es dabei auch um unsere Sache geht. Das mag das eine sein.
    Das andere — und das ist ein ziemlich ähnliches Argument — ist dieses, daß die Bundesrepublik keine Atommacht ist und ihr — und das ist ein Punkt, über den man sehr nachdenken muß, weil er ein wichtiger Punkt ist — aus dieser Tatsache vielleicht ein bißchen das Gefühl für das Maß von Verantwortung fehlt, die diejenigen empfinden werden, die sich im Besitz atomarer Vernichtungskraft befinden. Man kann die weiteren Vorgänge auf der Weltszenerie wirklich nur begreifen, wenn man davon ausgeht, daß eine Situation geschaffen ist, in der es wirklich unvorstellbar große Vernichtungsmacht in den Händen weniger verantwortlicher Staatsmänner gibt. Das ist eine Tatsache, die höchst .geeignet ist, die damit unmittelbar Befaßten um den



    Bundesminister Dr. Schröder
    Schlaf zu bringen, bzw. wenn sie nicht um den Schlaf gebracht werden, dazu zu veranlassen, das Äußerste anzustreben, damit es niemals zur Auslösung dieser Vernichtungskraft kommt.
    Aber gleichgültig, ob dieses Thema bei uns leidenschaftliche Erregung auslöst oder nicht, soviel ist sicher: daß es sich bei der Ratifizierung dieses Abkommens um .einen politischen Akt unid um .ein politisches Ereignis von allergrößter Tragweite handelt. Das möchte ich in diesem Augenblick doch noch einmal ganz nachdrücklich unterstrichen haben.
    In der Debatte, die sich hier abwickelte, kam ein paarmal das Wort pheripher vor. Manchmal ist es gut, sich in der internationalen Diskussion in Ausdrücken zu bewegen, von denen jeder den Eindruck hat, daß er sie verstehe und daß sie in besonders guter Weise einen Tatbestand bezeichneten; dabei denkt man dann nicht lange darüber nach, was eigentlich peripher ist. Peripher ist eben etwas, was nur im Zusammenhang mit einem bestimmten Mittelpunkt betrachtet werden kann. Wenn man zufällig auf der Peripherie liegt, dann werden einem alle die Betrachtungen, die andere über peripher anstellen, keineswegs relevante Betrachtungen sein. Insoweit ergibt sich sehr leicht, daß man aneinander vorbei redet. Ist Südvietnam peripher, ist Kuba peripher? Nun also, was Kuba angeht: von den Vereinigten Staaten aus ist das ganz sicher kein peripheres Ereignis, sondern ein Ereignis vor ihrer Haustüre. Ist Zypern peripher? Wenn wir es im Verhältnis zu Südvietnam sehen, so wird das bei
    uns vielleicht von den geographischen Tatsachen her verschiedene Gedankenverbindungen auslösen. Aber wir sind uns darüber klar und es ist hier auch schon gesagt worden: es gibt nicht eine Betrachtung sowohl des deutschen Problems wie des Kommunismus, die man von uns aus als Mittelpunkt anstellen könnte, um sich dann zu erlauben, irgendwo die Linien zu ziehen, von denen man glaubt, daß sie noch oder nicht mehr relevant sind. So sehr wir für deutsches Selbstbestimmungsrecht, für deutsche Selbsterhaltung, für unser Alleinvertretungsrecht weltweit zu kämpfen haben — leider ist das eine Tatsache —, so sehr bedeuten alle diese anderen Ereignisse für uns keine peripheren Probleme, sondern Probleme, die unmittelbar mit unseren Lebensfragen verbunden sind. Dieses Gefühl muß man behalten, und man darf es sich durch einen solchen Ausdruck auch nicht nehmen lassen.
    Nun gibt es einen zweiten Begriff, der immer wieder in solchen Diskussionen auftaucht. Natürlich muß ich .mich selber schuldig bekennen, daß ich solche Ausdrücke auch in den Mund nehme; man kommt nicht gut darum herum, wenn man sich an einer Diskussion beteiligt. Ich meine das ungeheuer schillernde Wort von der Initiative. Dieses Wort löst, wenn man es gebraucht, zunächst eine tiefe Befriedigung aus. Man hat das Gefühl: wenn man es zunächst überhaupt nur schon gebraucht habe, dann sei beinahe schon etwas geschehen. Davor kann man nur nachdrücklich warnen, daß man in diese Form von Verbalismus gerät und nun wirklich großartige Deklarationen mit Taten verwechselt. Das wäre sicherlich ganz falsch und schlecht. Trotzdem ist auch noch wieder etwas an den Deklarationen dran. Der Herr Kollege Barzel hat gerade gesagt, niemand solle auf die Idee kommen, daß wir nur für verbale Initiativen seien. — Ganz sicherlich nicht! Trotzdem liegt aber gleichzeitig auch etwas Tatsächliches in Akten, die man vielleicht zunächst mehr oder weniger als verbal empfinden kann.
    Ich komme damit auf die Diskussion zurück, die es über das Abschlußkommuniqué der NATO gegeben hat. Meine Damen und Herren, das war ein Kommuniqué, in dem mit einer Klarheit und Entschiedenheit, wie wir sie bisher nicht gehabt haben, zur deutschen Frage Stellung genommen wurde. Da kann man natürlich auch sagen: also, das sind Erklärungen, das sind noch keine Taten. Trotzdem sind es gleichzeitig Taten; denn es bedeutet einen ganz großen Fortschritt, wenn nicht etwa die einzelnen Mächte innerhalb unseres Bündnisses nur isoliert für sich Erklärungen hinsichtlich ihres Standpunktes abgeben, sondern in einer offiziellen Form dieses Bündnis das tut, das das größte und stärkste Bündnis der Welt ist, und sich dadurch für die deutsche Frage — nun gebrauche ich einmal den Ausdruck — exponiert. Meine Damen und Herren, das geht eben über das Verbale hinaus und bedeutet, daß eine Basis geschaffen ist, auf der die deutsche Politik gemeinsam mit dem, was andere tun können, weiter in der Welt operieren kann und wieder operieren kann auf einer besseren und sichtbareren Grundlage, als das vielleicht jüngst manchmal der Fall gewesen sein mag, mindestens dem äußeren Anschein nach.
    So würde ich vorschlagen, daß wir mit solchen Ausdrücken wie „Initiative" und dergleichen doch außerordentlich vorsichtig sind. Das, was wir brauchen, sind nicht irgendwelche Akte, die mehr oder weniger Scheinakte wären, irgendwelche Akte, bei denen jemand zu dem Eindruck kommt: das mußte mal wieder gesagt werden, damit überhaupt etwas oder weil sonst überhaupt nichts geschieht. Das wäre das Schlimmste, würde man in eine solche Mentalität geraten. Das, was wir brauchen, was wir vor allem im Verhältnis zu unserem stärksten Bündnispartner, den Vereinigten Staaten, brauchen, ist eine wirklich aufeinander abgestimmte Politik, eine umfassende Politik, bei der ganz klar ist, daß in diese Politik die deutsche Frage als so wichtig hineingehört, wie sie nicht nur für uns ist, sondern wie sie nach unserer Meinung auch für die anderen ist. Es wird unserer Aufgabe sein, in dieser Form zu einer koordinierten Politik zu kommen.

    (Allgemeiner Beifall.)

    Meine Damen und Herren, ich bin sicher, daß der Bundeskanzler mit den besten Wünschen des Hohen Hauses nach den Vereinigten Staaten gehen wird und — ich hoffe — auch mit dem allgemeinen Gefühl in Deutschland, daß hier nicht ein einziger neuer sensationeller Akt etwa die Szenerie völlig verändern könnte, sondern daß wir das haben, was wir brauchen: eine klare Einsicht in den Stand der Dinge, eine klare Absicht in Richtung auf das uns gemeinsame Ziel und dann den langen Atem, den man benötigt, um nicht an der nächsten Ecke schon



    Bundesminister Dr. Schröder
    wieder kurzatmig zu werden, sondern eine langfristige Politik durchhalten zu können. Das ist das Entscheidende. Dafür brauchen wir die Unterstützung des ganzen Hohen Hauses.

    (Allgemeiner Beifall.)