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    Deutscher Bundestag 123. Sitzung Bonn, den 16. April 1964 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/2139) Frage des Abg. Hammersen: Ausfuhr von Gebrauchtwagen Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 5827 B Hammersen (FDP) 5827 C Fragen des Abg. Arendt (Wattenscheid) : Übergangsprotokoll zur Änderung des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl . . . 5827 D Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Verteuerung auf dem Baumarkt . . . 5827 D Frage des Abg. Dr. Jungmann: Änderung der Bundespflegesatz-Verordnung Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 5828 A Frage des Abg. Riegel (Göppingen) : Maßnahmen gegen die Tollwut . . . 5828 B Frage des Abg. Müller (Erbendorf) : Bundesgesetz zur Bekämpfung von Bienenkrankheiten Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 5828 D Müller (Erbendorf) (SPD) 5828 D Frage des Abg. Reichmann: Richtlinien für die Aussiedlung, Aufstockung und Althofsanierung Hüttebräuker, Staatssekretär . . . 5829 B Reichmann (FDP) . . . . . . . . 5829 C Frage des Abg. Varelmann: Subventionierung des Verkehrs von schweren Lastzügen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5829 C Varelmann (CDU/CSU) . . . . . 5829 D Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 5830 C Frau Haas (CDU/CSU) 5831 A Maier (Mannheim) (CDU/CSU) . . 5831 C Frage des Abg. Varelmann: Nachteilige Auswirkungen der Verkehrsentwicklung in Landgebieten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 5831 D Varelmann (CDU/CSU) 5832 B Frage des Abg. Varelmann: Auswirkung des Lastwagenverkehrs auf den Eisenbahnverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 5832 C Rademacher (FDP) 5832 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Frage des Abg. Kreitmeyer: Ausbau des Alandhafens bei Schnackenburg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5833 A Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 5833 B Dr. Huys (CDU/CSU) . . . . . . 5833 D Frage des Abg. Haage (München) : Namensschilder von Straßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5834 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 5834 B Haage (München) (SPD) . . . . . 5834 D Frage des Abg. Lemmrich: Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken in Bayern Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5835 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Planung der Autobahn Heilbronn-Walldorf Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5835 C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 5835 D Frage des Abg. Unertl: Schmutzfänger an Personenwagen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5836 B Unertl (CDU/CSU) . . . . . . . 5836 C Dröscher (SPD) . . . . . . . 5836 D Hammersen (FDP) 5837 B Börner (SPD) . . . . . . . . 5837 C Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . 5837 D Wellmann (SPD) 5838 A Frage des Abg. Rademacher: Luftverbindung zwischen Hamburg und München Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 5838 B Rademacher (FDP) 5838 C Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 5838 D Unertl (CDU/CSU) 5838 D Fragen des Abg. Bausch: Lärmbelästigung durch den Ausbau der Bundesstraße 29 zwischen Waiblingen und Großheppach Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 5839 B Dr. Roesch (SPD) 5840 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Jahr 1964 (Haushaltsgesetz 1964) (Drucksache IV/1700) ; Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten und dritten Beratung — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache IV/2057) Seuffert (SPD) 5840 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 5843 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5846 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/2058) Kurlbaum (SPD) 5847 D Schmücker, Bundesminister . . . 5850 C Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . 5857 A Gewandt (CDU/CSU) 5858 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache IV/2059, zu IV/2059, Nachtrag zu IV/2059) Saxowski (SPD) 5859 D Marquardt (SPD) 5860 B Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 5861 A Dr. Conring (CDU/CSU) 5862 B Frau Krappe (SPD) 5862 C Bauknecht (CDU/CSU) 5863 A Neumann (Berlin) (SPD) 5864 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen (Drucksache IV/2064) Frau Krappe (SPD) 5865 B Frau Dr. Hubert (SPD) 5865 B Dr. Jungmann (CDU/CSU) . . . 5867 C Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . 5869 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/2061, zu IV/2061) Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . . 5870 C Eisenmann (FDP) . . . . . . . . 5872 B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 5875 B Drachsler (CDU/CSU) 5878 D Lemmrich (CDU/CSU) . . . . . 5880 C Adorno (CDU/CSU) . . . . . . 5881 C Rademacher (FDP) . . . . . . 5882 B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 5882 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 5882 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 III Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache IV/2062) Cramer (SPD) . . . . . . . . . 5890 A Dr. Besold (CDU/CSU) . . . . . 5892 B Eisenmann (FDP) 5894 B Stücklen, Bundesminister . . . . 5895 B Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen IV/2067, zu IV/ 2067) 5896 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen (Drucksache IV/2071) Hermsdorf (SPD) . . . . . . . . 5896 C Dr. Mende, Bundesminister . . . 5897 B Neumann (Berlin) (SPD) 5897 D Dr. Conring (CDU/CSU) 5898 C Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend (Drucksache IV/2073) Frau Schanzenbach (SPD) 5899 A Liehr (SPD) 5899 B Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5899 D Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung (Drucksache IV/2075) Dr. Frede (SPD) . . . . . . . . 5900 B Dr. Bechert (SPD) 5901 C Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 5902 A Dr. Hellige (FDP) . . . . . . 5903 B Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache IV/2076) 5904 B Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache IV/2080) Schütz, Senator des Landes Berlin . . 5904 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 5905 B Leicht (CDU/CSU) . . . . . . 5905 D Haushaltsgesetz 1964 (Drucksache IV/ 2081) 5906 B Schoettle (SPD) 5906 C Dr. Conring (CDU/CSU) . . . . 5916 B Dr. Emde (FDP) 5923 C Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 5928 D Erler (SPD) 5932 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5932 A Nächste Sitzung 5932 D Anlagen 5934 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5827 12 3. Sitzung Bonn, den 16. April 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 122. Sitzung Seite 5804: In Spalte 3 ist unter „Nein" hinter Matthöfer einzufügen: FDP Dr. Kohut Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Adenauer 12. 5. Dr. Arndt (Berlin) 30. 6. Dr. Atzenroth 17. 4. Dr. Dr. h. c. Baade 17. 4. Dr.-Ing. Balke 25. 4. Dr. Birrenbach 17. 4. Dr. von Brentano 4. 7. Deringer * 16. 4. Dr. Dörinkel 17. 4. Dr. Effertz 17. 4. Ertl 18. 4. Frehsee 20. 4. Gaßmann 17. 4. Hahn (Bielefeld) * 17. 4. Dr. von Haniel-Niethammer 17. 4. Hansing 17. 4. Dr. Harm (Hamburg) 1. 6. Illerhaus * 17. 4. Dr. h. c. Jaksch 22. 4. Kalbitzer 17. 4. Kemmer 17. 4. Dr. Kreyssig * 24. 4. Frau Dr. Kuchtner 4. 7. Freiherr von Kühlmann-Stumm 17. 4. Kulawig * 16. 4. Kühn 17. 4. Lenz (Bremerhaven) 30. 4. Dr. Löbe 24. 4. Frau Lösche 17. 4. Lücker (München) * 17. 4. Mengelkamp 17. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 4. Merten 18. 4. Mertes 17. 4. Metter 30. 5. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 17. 4. Müller (Remscheid) 20. 5. Opitz 16. 4. Peters (Norden) 30. 4. Dr.-Ing. Philipp * 16. 4. Rasner 6. 5. Richarts * 17. 4. Riedel (Frankfurt) 27. 4. Riegel (Göppingen) 24. 4. Ritzel 20. 4. Dr. Seffrin 17. 4. Spitzmüller 17. 4. Dr. Starke 17. 4. Stiller 20. 4. Storch * 16. 4. Frau Strobel * 16. 4. Weber (Georgenau) 17. 4. Wehking 10. 5. Wienand 18. 4. *Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Wullenhaupt 17. 4. Dr. Zimmermann (München) 6. 5. b) Urlaubsanträge Gscheidle 29. 5. Anlage 2 Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Müller (Ravensburg) zum Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksache IV/2058). Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf in der Fassung der Drucksache IV/1700 schließt in Einnahmen mit 19 289 700 DM und in Ausgaben mit 702 722 900 DM ab. Gegenüber dem Haushalt 1963 mit Einnahmen von 19 447 500 DM und Ausgaben von 164 786 300 DM ist die Erhöhung der Ausgaben um 537 936 600 DM recht beachtlich. Im wesentlichen ist dieser ungewöhnliche Zuwachs an Ausgaben darauf zurückzuführen, daß aus dem Haushalt des Finanzministeriums - Einzelplan 60 - Titel für die Energiepolitik auf den Einzelplan 09 - Wirtschaftsministerium - übertragen und neue Maßnahmen aufgenommen wurden. Übertragen wurden: in Millionen DM Tit. 02 963 Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenberg bau mit 67,0 Tit. 02 965 Frachthilfe für Steinkohle mit 92,0 Tit. 02 966 Energiepolitische Maßnahmen, die dem Kohleabsatz dienen mit 14,8 Übertragen sind also: 173,8 Neu aufgenommen ist: Tit. 02 967 Beihilfe an den deutschen NE-Metallerzbergbau mit 8,0 Tit. 02 968 Anpassungsbeihilfen für Unternehmen der deutschen Erdölgewinnungsindustrie mit 310,0 und Tit. 02 617 Förderung der Luftfahrttechnik mit 21,5 Als neu geplante Förderungsmittel sind somit veranschlagt: 339,5 Neben diesen Beträgen sind die Ausgabeerhöhungen für die drei technisch-wissenschaftlichen Anstalten - die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig, die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin und die Bundesanstalt für 5934 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Bodenforschung in Hannover — mit insgesamt 13,7 Mill. DM recht bescheiden. Noch bescheidener sind die Ausgabeerhöhungen um 4,4 Millionen DM, die durch Beschlüsse des Haushaltsausschusses hinzugefügt wurden. Diese verteilen sich auf in Millionen DM Tit. 02 601 Maßnahmen zur Förderung des Handwerks mit 1,6 Tit. 02 605 Förderung der auf technisch-wirtschaftliche Zwecke gerichteten Forschung mit 2,5 und Tit. 02 610 Maßnahmen zur Förderung des Handels und des Gaststättengewerbes mit 0,3 Neben Einnahmeerhöhungen von 827 500 DM hat der Haushaltsausschuß beachtliche Kürzungen der Ausgaben vorgenommen, so daß als Endergebnis gegenüber der Regierungsvorlage eine Verbesserung dieses Haushalts von 48 584 200 DM festgestellt wurde. Einzelheiten der Beratung enthält die Drucksache IV/2058. Anlage 3 Umdruck 412 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964 hier: Einzelplan 09 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2058). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 09 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 615 b) — Vergleichende Warenprüfungen — (Drucksache IV/ 1700 Anlage S. 32) wird ein Betrag von 500 000 DM eingesetzt. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 433 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2059). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 03 — Marktordnung — In Tit. 622 — Ausgleichsbeträge für Getreide zur Preisverbilligung (Drucksache IV/2059 S. 8) wird der Ansatz von 56 050 000 DM um 75 000 000 DM auf 131 050 000 DM erhöht. Bonn, den 16. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 5 Umdruck 413 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2059). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 03 — Marktordnung — Es wird folgender Tit. 625 eingefügt: „Tit. 625 — Verbilligung von ausländischem Brotgetreide für Berlin (West) 1 650 000 DM." Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 6 Umdruck 426 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2059) . Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bei der Vergabe der Mittel aus Kap. 10 02 Tit. 573 — Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe sowie besondere agrarstrukturelle Maßnahmen („Grüner Plan 1964") — in a) und b) 1. den Begriff des bäuerlichen Familienbetriebes elastisch zu handhaben und dabei der agrarpolitischen Entwicklung Rechnung zutragen. Bonn, den 15. April 1964 Dr. Barzel und Fraktion Schultz und Fraktion Anlage 7 Umdruck 427 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2059). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Zu Kap. 1002 — Allgemeine Bewilligungen — In den Erläuterungen zu Tit. 573 — Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe sowie agrarstrukturelle Maßnahmen („Grüner Plan 1964") — ist in a) und b) 1. folgender fünfter Absatz einzufügen: „Angesichts der derzeitigen Ertragslage der Landwirtschaft kann bei bäuerlichen Familienbetrieben, deren Inhaber ihren Haupterwerb aus Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5935 der Landwirtschaft ziehen, grundsätzlich unterstellt werden, daß ohne Inanspruchnahme dieser Förderungsmittel der hiermit angestrebte agrarstrukturelle und betriebswirtschaftliche Erfolg nicht erzielt werden kann. Näheres regeln die Richtlinien." 2. Zu Kap. 10 03 — Marktordnung — In Tit. 626 — Erstattungen und Beihilfen bei der Erzeugung von Kartoffelstärke und von Kartoffeln zur Stärkeherstellung — sind in den Erläuterungen die beiden letzten Sätze durch folgenden Satz zu ersetzen: „Bis zum Erlaß von Bestimmungen über Höhe von Verfahren der Erstattungen und Beihilfen sind die Mittel gesperrt." Bonn, den 15. April 1964 Dr. Barzel und Fraktion Schultz und Fraktion Anlage 8 Schriftliche Ausführungen der Abgeordneten Frau Krappe zum Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen Betr.: Druckfehlerberichtigung im Mündlichen Bericht zum Einzelplan 15 (Drucksache IV/2064) Bei Kapitel 15 01 Titel 101 sind bei Besoldungsgruppe A 13 nur 12 — nicht 13 — Planstellen für Regierungsräte usw. bewilligt worden. Bei Besoldungsgruppe A 11 sind nur 12 — nicht 13 — Planstellen für Regierungsamtmänner usw. bewilligt worden. Bei Kapitel 15 03 Titel 101 ist bei Besoldungsgruppe A 16 bei den sieben Stellen für leitende Direktoren und Professoren beim Bundesgesundheitsamt anzufügen: ", davon eine ku in Besoldungsgruppe A 15." Bei Besoldungsgruppe A 15 bei den drei Stellen für Direktoren und Professoren beim Bundesgesundheitsamt ist anzufügen: „davon zwei ku in Besoldungsgruppe A 14." Bei Besoldungsgruppe A 9 lautet der Vermerk: „1 kw am 31. Dezember 1967". Anlage 9 Umdruck 437 Entschließungsantrag der Abgeordneten Adorno, Bauknecht, Maucher und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2061). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Trassierung für die nach dem Gesetz über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen vom 27. Juli 1957 vorgesehene Fernschnellstraße Ulm—Lindau baldmöglichst festzulegen und die hierfür erforderlichen Mittel im kommenden Haushaltsplan einzustellen. Bonn, den 16. April 1964 Adorno Bauknecht Maucher Dr. Artzinger Becker Berberich Maier (Mannheim) Mick Neumann (Allensbach) Oetzel Rauhaus Dr. Reinhard Ruf Dr. Schwörer Dr. Wahl Anlage 10 Umdruck 435 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich .des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2061). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die Bestimmungen der Verkehrsnovellen von 1961 genau einzuhalten. In diesen Novellen wurde den Verkehrsträgern Tarifautonomie eingeräumt. Es steht nach den Gesetzesnovellen den Verkehrsträgern frei, Fest- oder Margentarife zu wählen. Bei einer Einigung zwischen den Verkehrsträgern und den Verladerkommissionen soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Bundesverkehrsminister im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister nur noch Tarife ablehnen, wenn sie gegen das Allgemeinwohl und gegen den lauteren Wettbewerb verstoßen. Bonn, den 16. April 1964 Mischnick und Fraktion Anlage i i Umdruck 428 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 13 — Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/ 2062). Der Bundestag wolle beschließen: Die Deutsche Bundespost muß in der Lage sein, die ihr durch das Grundgesetz und das Postverwaltungsgesetz übertragenen Aufgaben erfüllen zu können. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit, daß 5936 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 eine Erhöhung der Gebühren auf die Dauer nicht ausreicht, die hierfür erforderlichen Finanzmittel sicherzustellen, erwartet der Bundestag von der Bundesregierung, daß sie eine Kommission, die sich aus höchstens sieben Sachverständigen zusammensetzt, beauftragt zu untersuchen, wie die Deutsche Bundespost ihre Aufgaben auf die Dauer in optimaler Weise ohne Defizit erfüllen kann. Die Kommission soll insbesondere prüfen, 1. wie eine grundlegende Verbesserung der Kapitalstruktur bei der Deutschen Bundespost zu erreichen ist; 2. welche betriebswirtschaftlichen Maßnahmen notwendig sind, um einen Ausgleich der Betriebsrechnung herbeizuführen; 3. wie die erforderlichen Investitionen finanziert werden können; 4. wie die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen der Deutschen Bundespost den veränderten Verhältnissen angepaßt werden sollen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bericht dem Bundestag so schnell wie möglich vorzuleigen. Bonn, den 15. April 1964 Dr. Barzel und Fraktion Schultz und Fraktion Anlage 12 Umdruck 414 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 27 — Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2071) Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 27 07 — Einmalige Bewilligungen — In Tit. 711 — Errichtung eines Jugendgästehauses in Berlin — (Drucksache IV/2071 S. 3) wird ein Betrag von 222 000 DM eingesetzt. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 13 Umdruck 415 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 29 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2073). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 29 01 — Bundesministerium für Familie und Jugend In Tit. 571 a) — Allgemeiner Bundesjugendplan — (Drucksache IV/2073 S. 2) wird der Ansatz von 56 700 000 DM um 1 000 000 DM auf 57 700 000 DM erhöht. In den Erläuterungen zu Tit. 571 a) (Drucksache IV/1700 Anlage S. 12) wird entsprechend bei „C. Jugendgemeinschaftsleben und Jugendbildung II. Maßnahmen außerhalb der zentralen Jugendverbände 2. Internationale Jugendbegegnung (Internationale Jugendbegegnungen, Internationale Jugendgemeinschaftsdienste, Betreuung von Kriegsgräbern im Ausland durch Jugendgruppen)" der Ansatz von 2 700 000 DM um 1 000 000 DM auf 3 700 000 DM erhöht. Bonn, den 14. April 1964 Liehr Erler und Fraktion Anlage 14 Schriftliche Ausführungen der Abgeordneten Frau Schanzenbach zum Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend (Drucksache IV/2073). Im Vorwort zum Einzelplan 29 heißt es: Das Bundesministerium für Familie und Jugend hat die Aufgabe, den Lebensnotwendigkeiten der Familie und Jugend in der modernen Gesellschafts- und Staatsordnung Geltung zu verschaffen. Es ist an der Durchführung des Art. 3 Abs. 2 und des Art. 6 des Grundgesetzes maßgeblich beteiligt. Das heißt, das Ministerium hat Initiativen zu entwickeln und die familienpolitischen Belange zu koordinieren. Wenn man die Gesetzgebung der vergangenen Jahre betrachtet, dann ist festzustellen, daß die Regierung und das Ministerium weder die Einsicht noch den Willen zu einer modernen Familienpolitik hat. Familienpolitik bedeutet mehr als wirtschaftliche Hilfe für kinderreiche Familien. Gewiß ist das ein wichtiger Punkt; denn die kinderreichen Familien gehören zu den ärmsten in unserem Lande. Aber in einer Familienpolitik, die unserer Zeit gerecht werden will, muß auch den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen werden. Die Regierung hat es bisher versäumt, bereits vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse politisch zu verwerten und gesellschaftliche Erscheinungen, die für das Zusammenleben unseres Volkes von großer Bedeutung sind, erforschen und klären zu lassen. Die Regierung tut so, als ob in der Familie Maßnahmen und Auffassungen, die vor Jahrzehnten Gültigkeit hatten, auch heute noch zu vertreten wären. Wenn der Herr Bundeskanzler in einer kürzlich gehaltenen Rede im Zusammenhang mit der Gewährung von Kindergeld von einer Enthumanisierung der Sozialpolitik spricht, so zeigt das und zeigen andere Ausführungen von ihm deutlich, daß Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5937 der Bundeskanzler die familienpolitischen Probleme in der modernen Industriegesellschaft noch nicht begriffen hat und von gesellschaftspolitischen Vorstellungen ausgeht, die der Vergangenheit angehören. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die den Unterschied zwischen der Großfamilie in der vorindustriellen Gesellschaft — in der eine Einheit von Arbeits- und Lebenswelt gegeben war — und der heutigen Kleinfamilie, die in ihren Funktionen ausgehöhlt worden ist, nachweisen. Aber in der Politik der Regierung ist die notwendige Anpassung bisher nicht vollzogen worden. Der entscheidende Wandel von der Groß- zur Kleinfamilie ist vollzogen worden durch die Folgen der Industrialisierung, den Wandel von der Produktionsgemeinschaft zur Konsumgemeinschaft, durch die Emanzipation der Frau, durch den Verlust der Gemeinsamkeit in Sippe, Dorf, Brauchtum, durch die Völkerwanderung vom Land in die industriellen Ballungsgebiete und durch die Auflösung noch bestehender Gemeinsamkeiten durch die große Völkerwanderung der beiden Weltkriege. Professor Wurzbacher schreibt in seinem Buch „Leitbilder gegenwärtigen deutschen Familienlebens": Der Strukturwandel hat die Familie schweren Belastungen ausgesetzt, besonders durch die Schwächung der wirtschaftlichen Kraft und durch die Trennung von Lebens- und Arbeitsstätte. Dadurch ist auch die erzieherische Leistung der Familie wesentlich vermindert worden, während die Anforderungen, die die Schule und der Beruf stellen, erheblich gestiegen sind. Das Rad der Entwicklung kann nicht mehr zurückgedreht werden. Wir müssen uns mit dieser Entwicklung abfinden, die heutige Situation erkennen und die richtige Form für eine moderne Familienpolitik finden. Obwohl sich die Bundesregierung seit 1953 ein Familienministerium zugelegt hat, das die Regierung in familienpolitischen Fragen beraten und auf die Gesetzgebung Einfluß nehmen soll, ist von da her ein Tätigwerden im Sinne einer modernen Familienpolitik kaum spürbar geworden. Herr Dr. Wuermeling gab sich Mühe, den kinderreichen Familien zu helfen, aber er hat sich — selbst in der Legislaturperiode, in der die CDU/CSU die absolute Mehrheit hatte — nicht durchgesetzt. Und wenn er nun in der letzten Zeit in der Fragestunde den FDP-Finanzminister attackiert, dann scheint mir das nicht die richtige Adresse zu sein; denn die Richtlinien der Politik bestimmt der Kanzler, und die Mehrheit im Kabinett hat die CDU/CSU. Der neue Familienminister hat weder im Parlament noch im zuständigen Ausschuß vorgetragen, wie er die Familienpolitik weiterentwickeln will. Die Beschäftigung mit dem deutsch-französischen Jugendwerk ist kein Ersatz für eine vernünftige, aufgeschlossene Familienpolitik. Wie wenig Bedeutung diesem Ministerium beigemessen wird, zeigt schon die Ausstattung des Etats. Wenn die Familie in der modernen Industriegesellschaft ihre Aufgabe als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft erfüllen soll, dann müssen ihr mehr Hilfen gegeben werden als bisher, ohne die Eigenverantwortlichkeit der Eltern zu untergraben. Wir sind der Meinung, daß die geordnete Familie die beste Grundlage für eine gesunde körperliche, sittliche und geistige Entwicklung des Kindes ist und daß die mütterliche Liebe und Sorge für die Entfaltung des Kleinkindes unentbehrlich ist. Mittelpunkt aller familienpolitischen Maßnahmen sollte sein, daß keine Mutter, die kleine Kinder hat, aus wirtschaftlicher Not gezwungen ist, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Den erwerbstätigen Frauen wird immer wieder der Vorwurf gemacht, daß sie arbeiten, um sich Luxus leisten zu können. Wie wenig lebensnah solche Vorwürfe sind, beweist eine Denkschrift des Bundesfamilienministers, aus der hervorgeht, daß das Bruttoeinkommen von Mehrkinderfamilien in der Bundesrepublik so aussieht, daß von allen Lohnsteuerpflichtigen etwa 20 bis 25 % bis zu 400 DM, mehr als 30 % unter 450 DM, etwa 50 % unter 500 DM verdienen. Es ist bedauerlich, daß etwa ein Viertel aller Mehrkinderfamilien am Rande. des Existenzminimums leben müssen. Nach einer Erhebung vom Juni/Juli 1959 tragen erwerbstätige Mütter zum Familieneinkommen bei: 3 % der erwerbstätigen Mütter etwa 25 % 72 % der erwerbstätigen Mütter etwa 25 bis 50 % 23 % der erwerbstätigen Mütter etwa 50 bis 75 % 2 % der erwerbstätigen Mütter über 75 %. Eine Repräsentativ-Erhebung, die das Deutsche Industrie-Institut durchführte, hat ergeben, daß von den verheirateten kinderlosen Frauen 30 % erwerbstätig sind. Von den verheirateten Frauen mit Kindern waren es ebenfalls 30 %. Von den Witwen und geschiedenen Frauen mit Kindern waren 33 % erwerbstätig. Die Zahl der verheirateten Frauen aller sozialen Schichten auf dem Arbeitsmarkt nimmt von Jahr zu Jahr mehr zu. In allen Industrieländern ist diese Tatsache zu verzeichnen, sie kommt gewissermaßen einer stillen Revolution gleich. 1950 hatten 51,8%, 1957 hatten 62 % der verheirateten weiblichen Erwerbstätigen Kinder. In den europäischen Ländern liegt der Anteil der verheirateten Frauen an der Zahl der weiblichen Arbeitskräfte zwischen 38 und 42 %. Der prozentuale Anteil der erwerbstätigen Mütter steigt stärker als der der verheirateten Frauen. Daraus müssen sich für die Gesellschaft Konsequenzen ergeben. Denn Praxis und Statistik beweisen, daß die meisten Mütter arbeiten, weil das Einkommen des Familienvaters nicht ausreicht. In die Familienprobleme einbezogen sind neben den kinderreichen Familien die Halbfamilien, die alleinstehenden Frauen und die älteren Mitbürger. Sie alle sind angesprochen, wenn es um Familienfragen geht. Wo aber hat die Regierung oder das Ministerium sich der Probleme der mehr als 2 Millionen alleinstehender Frauen angenommen? Selbst die 1,2 Millionen Kriegerwitwen wurden fast ein Jahrzehnt. nur mit einer recht kärglichen Rente versorgt, von 5938 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 ihrer gesellschaftlichen Situation ist kaum Kenntnis genommen worden. Wir hoffen, daß uns die von der SPD geforderte Untersuchung über Stellung der Frau in Beruf, Familie und Gesellschaft Klarheit bringt über die Verhältnisse, unter denen in unserer Zeit die Familien, aber auch die alleinstehenden Frauen leben müssen. Wie hart dieses Leben ist, beweist die Tatsache der hohen Zahl von zu früh invalide gewordenen erwerbstätigen Frauen. Auch die Berichte des Müttergenesungswerks reden eine nicht zu überhörende Sprache über den schlechten Gesundheitszustand vieler Mütter. Dort heißt es z. B.: Die Zahl dieser Frauen, die während der Schwangerschaft erkranken, die schon vor der Geburt ihres Kindes am Ende ihrer Kräfte sind, die sich nachher nicht mehr erholen können, nimmt erschreckend zu. Obwohl dies der Regierung und dem Gesundheitsministerium bekannt sein muß und sie auch wissen, daß unser Land eine viel zu hohe Mütter- und Säuglingssterblichkeit hat, sind keine gesetzgeberischen Maßnahmen durchgeführt worden, die hier Abhilfe schaffen. Noch nicht einmal die von der SPD 1962 eingebrachte Novelle zum Mütterschutzgesetz ist verabschiedet worden. Selbst die im diesjährigen Etat vorgesehene. Erhöhung zur Verbesserung der Mutterschaftshilfe auf 340 Millionen DM ist auf 155 Millionen DM reduziert worden. Das heißt, daß in diesem Jahr keine Verbesserung der Mutterschaftshilfe durchgeführt wird. Wir sind nach dem Grundgesetz verpflichtet, den Familien zu helfen. Was bisher von der Regierung und den sie tragenden Parteien auf der Bundesebene erfolgt ist, kommt diesem Auftrag viel zu wenig nach. Durch die mangelnde Familienpolitik ist in unserer Gesellschaft ein fast familienfeindliches Klima entstanden. So haben es Familien mit Kindern besonders schwer bei der Suche nach einer Wohnung. Fast niemand will Kinder im Hause haben. Auch sonst erfahren es Eltern immer wieder, daß Kinder in der Öffentlichkeit als Last empfunden werden. Die Einstellung zu Kindern ist in unserem Land bei weitem nicht so freundlich wie in Nachbarländern. Die Politik der Bundesregierung war eben nicht dazu angetan, ein familienfreundliches Klima zu schaffen. Gelegentliche Reden eines Familienministers reichen dazu nicht aus. Wenn die Familie ihre Aufgabe erfüllen soll, dann braucht sie sozialpolitische und familienergänzende Hilfen. Entscheidend ist ein besseres Kindergeld. Daß wir die unzureichendsten Kindergeldgesetze in der EWG haben, ist hier bekannt. Wenn wir den jungen Familien eine entscheidende Hilfe geben wollen, muß Kindergeld für alle Kinder angestrebt werden. Wir wissen, daß das nicht auf einmal zu erreichen ist. Aber diese Lösung müßte zielstrebig angegangen werden. Die Bedürftigkeitsprüfung, die in der Festlegung der Einkommensgrenze liegt, ist für d ie Familien mit den 1,3 Millionen Zweitkindern entwürdigend und bringt wirtschaftliche Unsicherheit in diese Familien. Familienpolitik darf nicht in den Bereich der Fürsorge verwiesen werden. Familienpolitik ist Gesellschaftspolitik, und darum müssen bei der Gewährung von wirtschaftlichen Hilfen Einkommensgrenzen und Bedürftigkeitsprüfungen verschwinden. Neben der Gewährung des Kindergeldes sind Ausbildungsbeihilfen für Kinder erforderlich. Schon lange warten wir auf eine Gesetzesvorlage der Bundesregierung. Bis jetzt liegt nichts Entsprechendes vor, obwohl die bisher vom Bund gewährten Mittel für Ausbildungsbeihilfen z. B. im Bundesversorgungsgesetz sowie im Lastenausgleichs- und Heimkehrergesetz erheblich zurückgehen, weil die Anspruchsberechtigten aus diesen Gesetzen herauswachsen. Der von der SPD vor zwei Jahren eingebrachte Entwurf über Ausbildungsförderung ist bisher im zuständigen Ausschuß noch nicht behandelt worden. Wie wenig familienfreundlich unsere Wohnungspolitik ist, das müssen kinderreiche und minderbemittelte Familien immer wieder erfahren. Sie den Spielregeln der freien Marktwirtschaft zu überlassen, bedeutet eine Benachteiligung. Die Gesetzgebung über die Mietbeihilfen reicht für diese Familien nicht aus. Die kinderreichen Familien werden in besonders hohem Maße von Mietkündigungen betroffen. Wenn auch der Bund für die Schaffung von Erziehungseinrichtungen nicht zuständig ist, so möchte ich doch erwähnen, daß auch von hier aus Länder und Gemeinden ermuntert werden sollten, mehr Kindergärten, Kindertagesheime und Kinderspielplätze zu schaffen. Bei der großen Frauenerwerbsarbeit ist die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze viel zu gering. Es gehört zu den vordringlichen Aufgaben — auch wenn sie kostspielig sind —, Einrichtungen zu schaffen, die in Ergänzung zur Familie den Kindern und Jugendlichen als gute pädagogische Stätten dienen. Dazu gehören aber auch Maßnahmen, die dazu führen, daß mehr pädagogische und pflegerische Kräfte zur Verfügung stehen; denn es ist bekannt, daß es überall an Pflege- und Erziehungspersonal fehlt. Das Gesetz über das freiwillige soziale Jahr wird keine spürbare Hilfe bringen. Wir brauchen gut ausgebildete Fachkräfte. Um die nicht besetzten Stellen aufzufüllen, müssen große Anstrengungen gemacht und außergewöhnliche Mittel eingesetzt werden. Der Regierung hat aber bisher jede Vorstellung gefehlt, wie sie ihren Teil zur Behebung der Notlage beitragen kann. In der Gesundheitspolitik hat die Regierung zum Teil eine geradezu familienfeindliche Haltung entwickelt. Denn eine Beteiligung an den Kosten für Arzt, Arznei und Krankenhaus bedeutet eine Verminderung des Einkommens, die in den Familien mit Kindern deutlich spürbar würde. Es besteht die Gefahr, daß diese Beteiligung sich nachteilig auf den Gesundheitszustand der Kinder und Mütter auswirken würde. Wir halten die Förderung von Familienferienstätten für eine gute Sache. Um so mehr bedauern wir, daß der früher im Etat vorgesehene Betrag gekürzt worden ist. Über die Lebenssituation der älteren Mitbürger ist erst kürzlich in diesem Hause gesprochen wor- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5939 den. Auch hierzu kann man zusammenfassend sagen, daß die Regierung sich um dieses Problem zuwenig bemüht hat. Wir können nur hoffen, daß auf den Antrag der SPD hin die notwendigen Untersuchungen angestellt werden, die in der Auswertung zu den dringendsten gesetzgeberischen Maßnahmen führen. Wir stellen in dieser Etatberatung fest, daß die Regierung ihre Aufgabe den Familien gegenüber völlig unzureichend erfüllt hat. Auch dem zuständigen Minister ist es nicht gelungen, den Lebensnotwendigkeiten der Familie in der modernen Gesellschaft und Staatsordnung Geltung zu verschaffen. Wir werden uns bei der Abstimmung über Einzelplan 29 der Stimme enthalten. Anlage 15 Umdruck 416 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung (Drucksachen IV/1700 Anlage , IV/2075) Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 31 02 — Bewilligungen für die allgemeine wissenschaftliche Forschung 1. In Tit. 600 — Zusätzliche Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft - (Drucksache IV/1700 Anlage S. 21) wird der Ansatz von 250 000 000 DM um 27 818 000 DM auf 277 818 000 DM erhöht. In Absatz 5 der Erläuterungen wird der Ansatz von 50 000 000 DM um 35 085 000 DM auf 85 085 000 DM erhöht. In den Erläuterungen werden folgende Absätze gestrichen: „Außerdem ist vorgesehen, daß der Bund sich an der Errichtung der geplanten neuen wissenschaftlichen Hochschulen in Bremen und Regensburg nach Richtlinien beteiligt, die der Billigung des Haushaltsausschusses bedürfen." „Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen Verpflichtungen bis zur Höhe von 20 000 000 DM für künftige Rechnungsjahre einzugehen." 2. Es wird ein Leertitel 601 — Zusätzliche Förderung für den Neubau wissenschaftlicher Hochschulen — eingefügt. Die Erläuterungen werden wie folgt gefaßt: „Zu Tit. 601 Der Bund beteiligt sich an der Errichtung neuer wissenschaftlicher Hochschulen nach Richtlinien, die der Bewilligung des Haushaltsausschusses bedürfen. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen Verpflichtungen bis zur Höhe von 20 000 000 DM für künftige Rechnungsjahre einzugehen." Zu Kap. 31 03 — Bewilligungen für die Atomkernenergieforschung und -nutzung 3. In Tit. 600 — Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung im Bereich der Kernforschung — (Drucksache IV/1700 Anlage S. 36) wird der Ansatz von 2 500 000 DM um 1 000 000 DM auf 3 500 000 DM erhöht. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 16 0 Umdruck 423 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: kw- und ku-Vermerke bei Personaltiteln in den Einzelplänen des Bundeshaushaltsplans 1964. Der Bundestag wolle beschließen: „kw- und ku-Vermerke bei Personaltiteln, die nach dem Bundeshaushaltsplan 1963 mit Ablauf des Rechnungsjahres 1963 wirksam werden, für die im Regierungsentwurf des Bundeshaushaltsplans 1964 jedoch eine Verlängerung über den 31. Dezember 1963 hinaus vorgesehen ist, werden erst am 31. Dezember 1964 wirksam. Die Befugnisse des Haushaltsausschusses gemäß § 13 HG 1964 bleiben hiervon unberührt." Bonn, den 14. April 1964 Dr. Vogel Mischnick und Fraktion Dr. Barzel und Fraktion Schoettle Dr. Emde Erler und Fraktion Anlage 17 Umdruck 423 (neu) Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Sämtliche Einzelpläne. Der Bundestag wolle zu den Titeln 101 und 104 aller Einzelpläne beschließen: Bei kw- und ku-Vermerken, die mit dem Ablauf des Jahres 1963 wirksam werden, für die im Regierungsentwurf des Bundeshaushaltsplans 1964 jedoch eine Verlängerung über den 31. Dezember 1964 hinaus vorgesehen ist, ist anstelle der Jahreszahl 1963 zu setzen die Jahreszahl 1964. Bonn, den 15. April 1964 Dr. Conring Mischnick und Fraktion Dr. Barzel und Fraktion Schoettle Dr. Emde Erler und Fraktion 5940 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Anlage 18 Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Schoettle zum Haushaltsgesetz 1964 (Drucksache IV/2081). Betr.: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964; hier: Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage (Drucksache IV/1700) durch Beschlüsse des Haushaltsausschusses. Zu § 1 Die Gesamtabschlußsumme ist mit 60 345 900 000 DM gegenüber dem Regierungsentwurf gleich geblieben. Die Beschlüsse des Haushaltsausschusses haben jedoch zu einer Verschiebung der Abschlußzahlen des ordentlichen und des außerordentlichen Haushalts geführt. Der ordentliche Haushalt schließt nunmehr ab mit 58 094 397 500 DM (Regierungsentwurf 58 194 625 000 DM). Der außerordentliche Haushalt schließt nunmehr ab mit 2 251 502 500 DM (Regierungsentwurf 2 151 275 000 DM). Zu §5 Der bisher verwendete Begriff „Verwaltungsakte" hat bei Anwendung des § 45 b RHO zu Auslegungsschwierigkeiten geführt. Es ist deshalb eine Klarstellung durch künftige Verwendung des Begriffs „Handlungen der Verwaltung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts" erforderlich. Zu §§ 8 und 9 a Der Haushaltsausgleich 1964 kann nur durch Veranschlagung einer globalen Minderausgabe im ordentlichen Haushalt erreicht werden. Infolge der einschneidenden gezielten Kürzungen — namentlich im Zusammenhang mit der Kriegsopferversorgung — ist kaum damit zu rechnen, daß die globale Minderausgabe allein durch Bewirtschaftungsmaßnahmen erzielt werden kann. Es muß deshalb durch globale Kürzung im Haushaltsgesetz sichergestellt werden, daß die Minderausgabe auch tatsächlich erreicht wird. Dazu sind vorgesehen eine teilweise Umwandlung der aus konjunkturpolitischen Gründen im Regierungsentwurf vorgesehenen 20 v. H.-Bausperre in eine Kürzung sowie eine allgemeine Kürzung der übrigen nicht auf Rechtsverpflichtungen beruhenden Ansätze des ordentlichen Haushalts. Bei den Bauausgaben erscheint im Rahmen der 20 v. H.-Sperre eine Kürzung in Höhe von 10 v. H. vertretbar, zumal dies auch den konjunkturpolitischen Notwendigkeiten Rechnung trägt. Bei den übrigen, nicht durch Rechtsverpflichtungen gebundenen Ansätzen dürfte eine Kürzung um 5 v. H. ausreichen. Bei Durchführung dieser Maßnahmen und bei Annahme eines begrenzten Minderbedarfs im Personalbereich ist zu erwarten, daß die veranschlagte Minderausgabe erreicht wird. Zu § 11 Die Änderungen bei den Bestimmungen über gegenseitige und einseitige Deckungsfähigkeiten beruhen auf Beschlüssen des Haushaltsausschusses zu verschiedenen Einzelplänen. Zu § 13 In der Regierungsvorlage ist die Ermächtigung des Haushaltsausschusses dahin beschränkt, Planstellen nur auf Grund neuer Aufgaben zu schaffen oder umzuwandeln. Im Interesse einer beschleunigten Verabschiedung des Haushalts ist vorgesehen, die Personalanforderungen des Haushaltsentwurfs 1964 erst im Anschluß an die dritte Lesung zu beraten. Deshalb ist eine entsprechende Erweiterung der Ermächtigung notwendig. Zu § 22 Abs. 2 Zum Ausgleich der restlichen Deckungslücke, die durch die Festsetzung der Bundesanteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf 39 v. H. entstanden ist, mußte u. a. auch eine erhöhte Kreditaufnahme vorgesehen werden. Dadurch ändern sich zwangsläufig die im Regierungsentwurf vorgesehenen Ermächtigungsbeträge. Zu § 23 Abs. 1 Nr. 5 Die Ergänzung des § 23 Abs. 1 durch die Nr. 5 entspricht einem Vorschlag des Ausschusses für Entwicklungshilfe. Diese Garantiemöglichkeit soll die Finanzierung der Kapitalhilfe an Entwicklungsländer erleichtern. Der Haushaltsausschuß hat die vorgeschlagene Bestimmung dahingehend ergänzt, daß die aufgenommenen Mittel nur für die Finanzierung solcher Vorhaben Verwendung finden dürfen, für die auf Grund der Bindungsermächtigungen des Haushaltsplanes Finanzierungszusagen erteilt sind. Zu § 30 Abs. 1 In Abs. 1 des Regierungsentwurfs ist die Ermächtigung vorgesehen, eine Stelle außerhalb der Bundesverwaltung vertraglich mit der Finanzierung von Verpflichtungen zur Förderung der Entwicklungsländer zu beauftragen. Nach dem mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau abzuschließenden Generalvertrag über die Finanzierung der Entwicklungshilfe war zunächst in Aussicht genommen, die Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5941 Annuitäten (Tilgung und Zinsen) für die von der Kreditanstalt aufzunehmenden Mittel dem Bund in voller Höhe in Rechnung zu stellen. Bei diesem Verfahren hätte die Beschaffung der Mittel durch die Kreditanstalt als mittelbare Kreditaufnahme des Bundes angesehen werden können. Deshalb enthält § 30 Abs. 1 des Regierungsentwurfs vorsorglich eine Kreditaufnahmeermächtigung. Nach der nunmehr vorgesehenen Regelung soll die Kreditanstalt die Annuitäten für die von ihr beschafften Mittel in erster Linie aus den Tilgungs- und Zinsrückflüssen der von ihr gewährten Darlehen aufbringen, während der Bund im wesentlichen nur Zinszuschüsse zahlt. Tilgungsbeträge kommen nur vorübergehend in Betracht, soweit dies wegen unterschiedlicher Laufzeit bei den aufgenommenen und bei den als Darlehen wieder herausgegebenen Mitteln zum Saldenausgleich erforderlich wird. Dafür ist eine Kreditaufnahmeermächtigung im Haushaltsgesetz nicht erforderlich. Abs. 1 kann daher entfallen. Zu § 31 a Im Nachtragshaushaltsgesetz 1963 ist eine Ermächtigung vorgesehen, zur Erfüllung des Devisenhilfeabkommens mit Großbritannien Leistungen vor Empfang der Gegenleistung zu erbringen und mangels ausreichender Leistungsverpflichtungen notfalls Geldbeträge in Großbritannien anzulegen (z. B. durch Ankauf von Schatzwechseln). Von dieser Möglichkeit muß unter Umständen auch im Rechnungsjahr 1964 Gebrauch gemacht werden. Deshalb ist die Ermächtigung auch in das Haushaltsgesetz 1964 aufzunehmen. Die Verpflichtungen, die dem Bund im Rahmen des Devisenhilfeabkommens auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe erwachsen können, werden möglicherweise eine Erweiterung der bei Kap. A 23 02 Tit. 570 ausgebrachten Kreditermächtigung für bilaterale Kapitalhilfe — bis zu 115 Millionen DM — erforderlich machen. Es ist deshalb eine entsprechende Ermächtigung vorzusehen. Anlage 19 Umdruck 418 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Haushaltsgesetz 1964 (Drucksachen IV/1700, IV/2081). Der Bundestag wolle beschließen: In § 8 Abs. 1 werden in Satz 2 nach den Worten „Steigerung der Wirtschaftskraft (Kapitel 60 02 Titel 571)" die Worte „Baumaßnahmen für Schulbauten im Zonengrenzgebiet" eingefügt. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 20 Umdruck 434 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2055). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 — Allgemeine Bewilligungen 1. In Tit. 612 — Sondermittel für die Ausgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes — (Drucksache IV/2055 S. 5) wird der Ansatz von 38 000 000 DM um 18 000 000 DM auf 20 000 000 DM gesenkt. Für den Fall der Ablehnung des Antrags unter Nr. 1 2. In Tit. 612 (Drucksache IV/1700 Anlage S. 30) wird der Haushaltsvermerk wie folgt ergänzt: „Von den Mitteln werden 18 000 000 DM qualifiziert gesperrt; die Aufhebung des Sperrvermerks kann erst nach Verabschiedung eines Parteiengesetzes mit Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages erfolgen." Bonn, den 16. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 21 Umdruck 436 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2055). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 — Allgemeine Bewilligungen In den Erläuterungen zu Tit. 612 — Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes — wird in Absatz 1 nach den Sätzen 2 und 3 folgender Satz angefügt: „Der Antrag kann nur gestellt werden, wenn. die Partei einen Rechenschaftsbericht über die Aufbringung und Verwendung ihrer Mittel im abgeschlossenen Rechnungsjahr veröffentlicht hat. Spenden sind darin namentlich aufzuführen, soweit der Einzelbetrag 1000 DM übersteigt." Bonn, den 16. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 22 Umdruck 419 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 04 — Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2053). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, ein Abrüstungsamt zu errichten. 5942 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Das Amt hat die Aufgabe, die vielfältigen Probleme, die sich aus den Zusammenhängen zwischen militärischer Sicherheit, außenpolitischen Fragen, Wirtschaftsproblemen und technologischer Entwicklung und den verschiedenen Möglichkeiten der Abrüstung, der Rüstungsbegrenzung und der Rüstungskontrolle ergeben, laufend zu untersuchen. Es soll der Bundesregierung die Beurteilung der Vorschläge anderer Länder auf dem Gebiet der Abrüstung und der Rüstungskontrolle erleichtern und deutsche Vorschläge auf dem genannten Gebiet entwickeln. Das Amt bedient sich zur Durchführung seiner Aufgaben der Einrichtungen der Bundesregierung und der vorhandenen oder zu diesem Zweck auch neu zu schaffenden unabhängigen Forschungseinrichtungen. Es untersteht der Verantwortung der Bundesregierung. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 23 Umdruck 420 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2055). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages sobald wie möglich eine Neufassung der Richtlinien für Stipendien und Darlehen nach dem Honnefer Modell vorzulegen, die folgende Änderungen vorsieht: 1. Der Förderungsmeßbetrag wird auf 350 DM im Monat angehoben. 2. Die Förderung wird während der ersten drei Fachsemester auch in der vorlesungsfreien Zeit gewährt. 3. Für Studenten, die über den zweiten Bildungsweg die Hochschulreife erlangt haben, wird auf einen Beitrag der Unterhaltspflichtigen zur Dekkung des Förderungsbedarfs verzichtet. 4. Die Darlehensförderung wird entsprechend den bis zum 31. März 1964 geltenden Richtlinien wieder in die Endsemester gelegt. Bonn, den 14. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 24 Umdruck 431 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 06 — Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen IV/1700 Anlage, Drucksache IV/2055). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. bei allen Gesetzen, die sich mit dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Notstandsplanung befassen, die bisherigen Begriffe durch die Bezeichnungen „Zivilverteidigungsmaßnahmen" und „Zivilschutz" zu ersetzen, 2. das Bundesamt für den zivilen Bevölkerungsschutz und den Bundesluftschutzverband entsprechend umzubenennen. Bonn, den 15. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 25 Umdruck 421 Entschließungsantrag der Abgeordneten Drachsler, Dr. Starke, Dr. Stecker, Schlee und Genossen zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 35 — Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2078). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, im Einzelplan 35 Kap. 35 11 a den Tit. 960 alsbald wieder in der Höhe anzusetzen, daß das nach Artikel 57 Abs. 4 Buchstabe b des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut vereinbarte Militärstraßennetz voll ausgebaut wird. Die Kürzung im Haushaltsjahr 1964 beeinträchtigt den Ausbau dieses in den Randgebieten der Übungsplätze dem schweren Verkehr der Militärfahrzeuge dienenden Straßennetzes empfindlich. Die Bundesregierung möge in Zusammenarbeit mit den Ländern die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die zur Verfügung gestellten Gelder rechtzeitig an die Baulastträger verteilt und dadurch planmäßig verbaut werden können. Bonn, den 14. April 1964 Drachsler Dr. Stecker Schlee Bauer (Wasserburg) Dr. Besold Brese Ehnes Dr. Götz Dr. Knorr Lang (München) Lemmrich Lermer Maucher Dr. Ramminger Stooss Sühler Unertl Wagner Weinzierl Wendelborn Wieninger Dr. Winter Ziegler Dr. Starke Kreitmeyer Anlage 26 Umdruck 432 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Einzelplan 36 — Zivile Not- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5943 standsplanung (Drucksachen IV/1700 Anlage, IV/2079) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. eine unabhängige Sachverständigenkommission für ,die Untersuchung der Aufgaben und Möglichkeiten der Zivilverteidigung einzusetzen; 2. eine zeitliche Planung für den Bau von öffentlichen und privaten Schutzräumen vorzulegen; 3. eine Überprüfung der Kostenaufstellung und der Vorschläge für die Finanzierung für die baulichen Zivilschutzmaßnahmen und den Selbstschutz vorzunehmen. Bonn, den 15. April 1964 Erler und Fraktion Anlage 26 Umdruck 422 Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Beyer (Frankfurt), Frau Strobel, Junghans, Kurlbaum, Lange (Essen), Porzner und Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1964, hier: Haushaltsgesetz 1964 (Drucksachen IV/1700, IV/2081). Der Bundestag wolle beschließen: Die 'Bundesregierung wird aufgefordert, ) dem Bundestag eine Ubersicht über alle Haushaltsmittel des Bundes vorzulegen, die im Haushaltsplan 1964 für Zwecke der Verbraucheraufklärung und Verbraucherförderung bereitgestellt sind. Bonn, den 14. April 1964 Frau 'Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Junghans Kurlbaum Lange (Essen) Porzner Erler und Fraktion Anlage 28 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Müller (Aachen-Land) zu dem Entschließungsantrag Umdruck 421 In Einzelplan 35 hat der Haushaltsausschuß 12 Millionen DM insgesamt gekürzt; davon entfielen 5 Millionen DM auf Tit. 960 in Kap. 11 a. Speziell diese Kürzung war nötig zur Deckung der 381 Millionen DM 'für die Kriegsopferversorgung. Wir wissen, der Einsatz dieser Mittel konzentriert sich weitgehend auf bestimmte Bezirke der Bundesrepublik, besonders in Süddeutschland. Wir haben daher in Vorjahren erlebt, wie unser Haushaltsausschußkollege Dr. Aigner mit viel Energie, Ausdauer und Geschick den Ansatz von ursprünglich 5 Millionen DM auf die — immerhin stattliche — Höhe von 35 Millionen DM hinaufgeboxt hat mit dem Erfolg, daß wir mit dem Ausbau des Straßennetzes für den schweren Verkehr der ausländischen Streitkräfte ein gutes Stück weitergekommen sind. Bei der zweiten Beratung hat unser Kollege Aigner mit seinem Änderungsantrag auf Umdruck 409 versucht, den alten Mittelansatz wielder zu erreichen. Der Antrag wurde abgelehnt. Eine gewisse Abhilfe in kommenden Haushaltsjahren soll durch den vorliegenden Entschließungsantrag erfolgen. Als Berichterstatter für Iden 'Einzelplan 35 bitte ich um Überweisung an den Verteidigungsausschuß — federführend — und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. Anlage 29 Schriftliche Begründung des Abgeorneten Drachsler zu dem Entschließungsantrag Umdruck 421. Mit Umdruck 421 lege ich einen Entschließungsantrag zu dem Einzelplan 35 vor, der eigentlich seinem Charakter nach dem Haushalt der Verteidigung gleichzusetzen ist. Über diesen Einzelplan wurde bei Haushaltsberatungen nie debattiert. Ich würde auch heute nicht dazu sprechen, wenn es nicht notwendig wäre, auf die schädlichen Folgen der Behandlung der Tit. 960 und 322 hinzuweisen. Die empfindlichen Kürzungen wirken sich für die Abwicklung der notwendigen Schadensregulierungen und Straßenbauten sehr verhängnisvoll aus. Bei dem Tit. 960 handelt es sich um jene Finanzmittel, die für den verstärkten Ausbau von Wegen, Straßen und Brükken in den Randgebieten der Übungsplätze vorgesehen sind. Durch die Technisierung der übenden Truppen in den Randgebieten dieser Übungsplätze werden die Manöverschäden namentlich bei schlechtem Wetter immer größer, so daß aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Bau eines Straßennetzes be grüßt werden kann. Nach Art. 57 Abs. 4 b des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut wurde zwischen der 'Bundesregierung und den Entsenderstaaten der Bau eines solchen Straßennetzes für den Verkehr von schweren Militärfahrzeugen vereinbart. Dadurch werden die laufenden Manöverschäden an dem Straßennetz dieser Gebiete durch den verstärkten Ausbau aufgefangen. Es ist dankbar anzuerkennen, daß die Bundesregierung sowohl in den vergangenen Jahren als auch jetzt bemüht ist, in den Randgebieten der Übungsplätze das Notwendige zu veranlassen. Die Bevölkerung im Gebiete der Übungsplätze Soltau-Lüneburg — Sennelager — Münsterlager — Münsingen — Willflecken — Heuberg — Grafenwöhr und Hohenfels weiß es zu danken, daß die Bundesregierung ihr durch ihre Maßnahmen, die im Einzelplan 35 vorgesehen sind, große materielle und psychologische Lasten abnimmt. Oft müssen die Abgeordneten dieser Gebiete bittere Klagen darüber hören, daß die Manöverschäden kaum mehr zu ertragen sind. Manche Bauern tragen sich in der Tat mit dem Gedanken, aus diesen Gebieten abzuwandern, weil sie sich oft fragen, ob es sich überhaupt noch lohne, die Felder zu bestellen, wenn bei Manövern oft ohne Rück- 5944 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Sicht auf die Saaten und Fruchtäcker Schäden verursacht werden, die durch eine langjährige Schadensregelung mit Geld allein nicht abgegolten werden können. Was hilft es einem Landwirt, wenn er für seinen Klee oder andere Grünfutteräcker vielleicht nach einem Jahr eine Entschädigung erhält, wenn er inzwischen keine Möglichkeit hat, für sein Vieh Futterersatz zu besorgen? Wer versteht nicht die Verbitterung einer Bäuerin, deren Mann dadurch ums Leben kommt, daß durch einen sehr tieffliegenden Hubschrauber die Pferde scheuen und er dadurch tödlich verunglückt! Die hinterbliebene Witwe erhielt die Kosten für das Begräbnis, jede weitere Schadensregelung wurde abgelehnt. Das sind nur einige Fälle, aus denen hervorgeht, mit welcher Geduld die Bevölkerung dieser Gebiete stellvertretend für das ganze deutsche Volk große Verteidigungslasten trägt. Bis zu dem Jahre 1961 ist unter dem Tit. 960 für diesen verstärkten Straßenbau sehr vieles geleistet worden. Erst als in den Jahren 1961/62 aus unerfindlichen Gründen ein sogenanntes Schlußprogramm aufgestellt wurde, kam der bisher gut funktionierende systematische Ausbau ins Wanken. Von seiten der Gemeinden und Kreise wurde gegen ein solches Schlußprogramm protestiert, da ein solches nicht akzeptabel ist, solange es in der Manövertätigkeit kein Ende gibt. Man hat sich dann auf ein Ausbauprogramm geeinigt. Dieses wurde nach jahrelangen zeitraubenden Vorarbeiten mit den US-Stellen in Heidelberg beraten, die ihrerseits wiederum nicht jede in der Planung schon fertiggestellte Straße anerkannten. Als nun diese anfänglichen Schwierigkeiten und die Kinderkrankheiten eines solchen umfassenden Programms überwunden waren, sollte der systematische Ausbau der Straßen einsetzen. Nun aber kam die Kürzung im Zuge des Haushalts 1964, so daß wiederum eine bedauerliche Unterbrechung eintritt. Der Sinn meines Antrages ist es, die Bundesregierung darauf aufmerksam zu machen, daß diese Kürzungen für die kommenden Jahre nicht „versteinern" dürfen, sondern daß dieser Tit. 960 wieder in jener Höhe angesetzt werden muß, der den Ausbau des Militärstraßennetzes garantiert. Neben der Zurverfügungstellung der Gelder aber ist es auch nötig, daß das Verfahren der Mittelzuweisung reformiert wird. In dem Getriebe zwischen Bund, Ländern und Bezirksregierungen ist sehr viel Sand, der eine Abwicklung in der Kürze eines Haushaltsjahres fast unmöglich macht. Die Bundesregierung sollte daher die Länder auffordern, für eine raschere und unbürokratischere Verkraftung dieser Gelder zu sorgen. In einigen Fällen haben sich bei der Durchführung der Bauten verständlicherweise Kostenüberschreitungen ergeben. Dafür muß das Bundesfinanzministerium nachträglich Mittel genehmigen. Solange diese Mittel nicht genehmigt sind, können wiederum Haushaltsmittel nicht verausgabt werden. Dadurch sind namentlich im Landkreis Amberg und Neumarkt mehrere Maßnahmen im Jahre 1963 nicht zur Durchführung gekommen. Der vorliegende Entschließungsantrag ersucht die Bundesregierung, in Zukunft der Bedeutung dieses Haushaltstitels mehr Aufmerksamkeit zu widmen, um auch dieses Aufgabengebiet unserer bundesdeutschen Verteidigung zu erfüllen. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Langer vom 16. April 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Arendt (Wattenscheid) (Drucksache IV/2139 Fragen V/2, V/3 und V/4) *): Zu welchem Ergebnis hat das von der Bundesregierung am 7. Oktober 1963 im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl eingebrachte sogenannte Übergangsprotokoll zur Änderung des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl geführt? Beabsichtigt die Bundesregierung, die in dem in Frage V/2 genannten Übergangsprotokoll gemachten Änderungsvorschläge aufrechtzuerhalten und ihre diesbezüglichen Pläne weiterzuverfolgen? Welche Gründe waren für die Bundesregierung maßgebend, ein Übergangsprotokoll zur Änderung des Montanvertrages vorzulegen, anstatt das von der Hohen Behörde vorgelegte Protokoll zur Grundlage einer Diskussion im Ministerrat zu machen? Ihre Fragen beantworte ich wie folgt: Zur Frage 1: Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Übergangsprotokolls zum Montanunionvertrag sollte einen Weg aufzeigen, den bei der Anwendung des Vertrages wegen der veränderten Situation des Energiemarktes aufgetretenen Schwierigkeiten zu begegnen. Der Entwurf ist am 7. Oktober 1963 im Ministerrat in Luxemburg diskutiert und dem Koordinierungsausschuß, der die Ministerratssitzungen vorbereitet, zur weiteren Bearbeitung überwiesen worden. Zu einer erneuten Erörterung im Ministerrat ist es noch nicht gekommen, weil abgewartet werden sollte, ob die Bemühungen um die Herbeiführung einer gemeinsamen Energiepolitik im Rahmen der europäischen Gemeinschaften zu einem Erfolg führen würde, der dann ohnehin Änderungen des Vertrages hätte notwendig machen können. Zur Frage 2: Die Schwierigkeiten, die zur Vorlage des Entwurfs des Übergangsprotokolls geführt haben, bestehen nach wie vor. Schon bei seiner Vorlage in Luxemburg hat die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, daß es ihr primär nicht darum gehe, die Schwierigkeiten unbedingt in der Form des Übergangsprotokolls behoben zu sehen, sondern daß es in erster Linie darauf ankomme, die Schwierigkeiten überhaupt zu beseitigen. Sie sei bereit, jeden Weg zu diskutieren, der einen Ansatzpunkt hierfür biete. An dieser Auffassung wird nach wie vor festgehalten. Zur Frage 3: Die Hohe Behörde hat im April 1963 ein Dokument vorgelegt, das als Entwurf eines Zusatzabkommens zum Montanvertrag bezeichnet war. Dieses Dokument hat die Hohe Behörde jedoch nicht als eigenen selbständigen Vorschlag eingebracht; sie wollte damit vielmehr lediglich die rechtlichen Konsequenzen demonstrieren, die sich für den Montanvertrag ergeben würden, falls eine Vereinbarung über die materiellen Vorschläge der drei europäischen Exekutiven zur gemeinsamen Energiepolitik *) ,Siehe 123. Sitzung Seite 5827 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5945 zustande käme. Da sich zwischen den Sechs Einigkeit über diese materiellen Vorschläge bislang nicht erzielen ließ, war auch kein Raum für eine Diskussion im Ministerrat über die etwaigen rechtlichen Konsequenzen einer derartigen Vereinbarung. Es handelt sich bei den in Ihrer Frage angesprochenen Papieren also um zwei verschiedene Dinge: Der deutsche Entwurf wollte in der Form eines konkreten Vorschlages einen Weg zur Überbrückung der aktuell aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Vertrages aufzeigen; die Hohe Behörde wollte demgegenüber lediglich die rechtlichen Konsequenzen demonstrieren, die sich bei Zustandekommen eines materiellen Beschlusses zur gemeinsamen Energiepolitik ergeben würden. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Langer vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg (Drucksache IV/2139 Frage V/5) *) : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung gegen die neuerliche Verteuerung auf dem Baumarkt zu ergreifen, insbesondere gegen die Forderung der Bauhandwerker, die an Stelle des ausgehandelten Tariflohnes ein Vielfaches an Garantielöhnen verlangen und damit die Baupreise auf eine für viele wichtige und ernsthafte Vorhaben unerträgliche Höhe treiben? Die Bundesregierung hat sich zur Entspannung des Baumarktes und zur Stabilisierung der Baupreise im Wirtschaftsbericht 1964 klar geäußert. Sie ist entschlossen, die an dieser Stelle herausgestellten Maßnahmen zur Vermehrung des Angebots an Bauleistungen und zur Einschränkung der Nachfrage nach Bauleistungen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes hat sich der Baupreisindex für Wohngebäude für das Bundesgebiet (ohne Berlin) im Februar 1964 gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres 1963 um 4,3 v. H. und gegenüber dem November 1963 um 0,4 v. H. erhöht. Der Rückgang beim Zuwachs des Baupreisindex ergibt sich aus einem Vergleich der entsprechenden Zahlen des Vorjahres. Zwischen Februar 1963 und Februar 1962 stieg der Index um 7,5 v. H. und zwischen Februar 1963 und November 1962 um 0,7 v. H. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Allerdings ergeben sich jetzt zusätzliche Kosten insbesondere durch die am 1. April in Kraft getretene Lohnerhöhung um 9,2 v. H. (einschließlich des Lohnausgleichs in Höhe von 2,4 v. H. für Arbeitszeitverkürzung) . Garantielöhne, so wie sie gewöhnlich erörtert werden, sind in der tarifpolitischen Praxis der Bundesrepublik nicht bekannt. Es gibt sie in den Vereinigten Staaten etwa in der Automobilindustrie, wo den Arbeitnehmern ein Mindestjahresverdienst garantiert wird. Ich nehme an, daß Sie in erster Linie an die Effektivlöhne gedacht haben, die vielfach auf Grund persönlicher Absprache zwischen *) Siehe 123. Sitzung Seite 5827 Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Tariflöhnen liegen. Die Bundesregierung kann nur geringen Einfluß auf diese Entwicklung nehmen; diese ist weitgehend Ausdruck der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Angesichts der bereits eingetretenen starken Tariflohnerhöhungen ist es wirtschaftspolitisch sehr erwünscht, wenn nicht noch darüber hinausgehende Effektivlohnerhöhungen von den Betrieben vorgenommen bzw. gewährt würden. Die Bundesregierung würde es darüber hinaus sehr begrüßen, wenn die zum 1. Oktober 1964 vorgesehene Arbeitszeitverkürzung in der Bauwirtschaft von 42 auf 41 Stunden, die wiederum eine Lohnerhöhung von 21/2 bedeuten wird, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden könnte, um einer Verringerung des Angebots an Bauleistungen entgegen zu wirken. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache IV/2139 Frage IX/13): Beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn, die Eisenbahnstrecke Mainz (bzw. Bingerbrück/Bingen) — Bad Kreuznach — Kaiserslautern, die für die Fernverbindungen von Bonn, Frankfurt und Mainz nach Saarbrücken, Metz und Paris von wesentlicher Bedeutung ist, zu elektrifizieren? Wie mir die Deutsche Bundesbahn zu dieser Frage mitteilt, beabsichtigt sie in nächster Zeit nicht, die Eisenbahnstrecke Mainz bzw. Bingerbrück/Bingen — Bad Kreuznach — Kaiserlautern, die sogenannte Alsenzbahn, auf elektrischen Zugbetrieb umzustellen, weil nach ihren Untersuchungen die derzeitige Streckenbelastung eine derartige Investition nicht rechtfertigt. Der Hauptvorteil einer elektrischen Zugförderung, nämlich hohe Streckengeschwindigkeiten, kann bei dieser Strecke deshalb nicht zum Tragen kommen, da die Linienführung der genannten Strecke nur Höchstgeschwindigkeiten bis zu 80 km/h zuläßt. Die Deutsche Bundesbahn prüft dagegen, ob durch den Einsatz von Diesellokomotiven der Baureihe V 200 zwischen Frankfurt/Main bzw. Bingerbrück und Kaiserslautern für die vier auf dieser Strecke liegenden Schnellzugpaare gegenüber dem derzeitigen Dampfbetrieb eine Fahrzeitverkürzung erreichbar ist. Bei positivem Ergebnis will sie ab Sommerfahrplan 1965 diese Züge in den genannten Relationen auf Dieseltraktion umstellen. Für den übrigen Eisenbahnverkehr ist ein Ersatz der Dampflokomotiven durch Diesellokomotiven erst später möglich. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lautenschlager (Drucksache IV/2139 Frage IX/14) : 5946 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Was hat das Bundesverkehrsministerium veranlaßt, die bereits zugesagten Mittel für die Verbreiterung der beiden Straßenbrücken im Zuge der B 20 im Ortsteil Janahof im Süden der Stadt Cham (Opf.) nicht zu bewilligen? Die beiden Straßenbrücken im Zuge der B 20 im Ortsteil Janahof im Süden der Stadt Cham in der Oberpfalz, die sich in schlechtem Bauzustand befinden, sollen instandgesetzt werden. Die Bundeswehr hat gefordert, die Brücken aus diesem Anlaß so zu verstärken, daß sie auch für militärische Schwerfahrzeuge tragfähig sind. Beide Brücken liegen in einem Abschnitt, der nach Fertigstellung der geplanten Umgehungsstraße im Zuge der B 20/ B 85 aus dem Netz der Bundesfernstraßen ausgeschieden wird. Da voraussichtlich aber die Verwirklichung dieses Bauvorhabens dieser Umgehungsstraße erst im Rahmen des 3. Vierjahresplanes (1967-1970) erfolgen kann, ist eine Verstärkung der Brücken für den allgemeinen Verkehr notwendig. Es kommt daher auf eine Kostenteilung heraus, über die noch verhandelt wird. Der von der Straßenbauverwaltung des Freistaates Bayern aufgestellte Bauentwurf enthält dazu einen Vorschlag für die Aufteilung der Baukosten zwischen den Einzelplänen 12 und 14 des Bundeshaushalts. Der Vorschlag hat aber leider nicht die Zustimmung des Herrn Bundesministers der Verteidigung gefunden, weil er nach seiner Auffassung der Interessenlage des zivilen und militärischen Verkehrs nicht gerecht wird. Die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern ist deshalb erneut beauftragt worden, die Kostenteilung unter gebührender Berücksichtigung der zivilen und militärischen Verkehrsbedürfnisse zu überprüfen und einen neuen Vorschlag für die Aufteilung der Kosten zu machen. Sobald der Bericht hierüber vorliegt und die Kostenteilung von den beteiligten Bundesressorts anerkannt ist, werden die Haushaltsmittel im Straßenbauhaushalt für die Baudurchführung bewilligt werden können. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lautenschlager (Drucksache IV/2139 Frage IX/15) : Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, dem Land Bayern für die unvorhergesehene Kostenbeteiligung an dem Brückenbau über die Warme Pastritz an der deutsch-tschechischen Grenze bei Furth (im Wald) am Ende der Bundesstraße 20 Sondermittel in Höhe von voraussichtlich 500 000 DM zuzuweisen? Für die Finanzierung der in die Straßenbaulast des Bundes fallenden Ausbaumaßnahmen am künftigen Grenzübergang im Zuge der Bundesstraße 20 bei Furth im Wald sind bereits in erforderlicher Höhe Haushaltsmittel bereitgestellt worden, und es steht zu erwarten, daß die weiteren Vorbereitungen und der Bau selbst einen raschen Fortgang nehmen werden. Eine Finanzierung durch Bayern war von Anfang an nicht vorgesehen. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache IV/2139 Frage IX/16) : Welcher Auffassung ist die Bundesregierung in der Frage, für alle Personenkraftwagen generell die Mitnahme von Feuerlöschern anzuordnen, damit bei Verkehrsunfällen, die zu Bränden führen, unmittelbare Hilfe durch andere Verkehrsteilnehmer möglich ist? Es wurde wiederholt geprüft, ob das Mitführen von Feuerlöschern in allen Kraftfahrzeugen vorgeschrieben werden soll. Sicherlich kann das Risiko von Brandschäden durch Ausstattung aller Fahrzeuge mit Feuerlöschern verringert werden. Es ist aber leider zweifelhaft, ob die gesetzliche Ermächtigung in § 6 Straßenverkehrsgesetz dem Bundesminister für Verkehr die Befugnis gibt, vorzuschreiben, daß alle Kraftfahrzeuge mit Feuerlöschern ausgerüstet sein müssen. Für gewisse Arten von Kraftfahrzeugen, insbesondere für Omnibusse und für Kraftfahrzeuge mit leicht entzündlichen Ladungen, trifft das zu; für diese Fahrzeuge besteht auch lange die Verpflichtung, Feuerlöscher mitzuführen. Ich glaube, daß — falls die gesetzliche Grundlage geschaffen werden kann — die Sicherheit des Straßenverkehrs es rechtfertigen würde, für alle Personenkraftwagen die Verpflichtung zum Mitführen von Feuerlöschern vorzuschreiben. Allerdings kann das nur für inländische Fahrzeuge geschehen. Dazu würde natürlich bei dem derzeitigen Stand der Technik der Zwang zu einer regelmäßigen Überprüfung und Nachfüllung der Feuerlöscher, die nur von besonders ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden kann, in Fristen von etwa 1 bis 11/2 Jahren gehören. Persönlich halte ich diese zusätzliche Belastung der Besitzer von Personenkraftwagen bei der Zunahme von Kraftfahrzeugbränden nach. Zusammenstößen aller Art zur Vermeidung von Todesfällen und schweren gesundheitlichen Schäden für durchaus vertretbar. Dieses Problem scheint mir von noch größerer Bedeutung als die Frage des Vorschreibens von Schmutzfängern. Die Entscheidung, ob eine solche gesetzliche Regelung vorbereitet werden soll, liegt bei den Bundesministern für Arbeit und für Verkehr. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache IV/2139 Frage IX/17): Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu treffen mit dem Ziel, daß die durch den wachsenden Betrieb bzw. durch die Signalanlagen der Schiffe immer größer werdende Lärmbelästigung für die an den Rheinufern wohnende Bevölkerung, insbesondere an den Sonn- und Feiertagen, auf ein erträgliches Maß zurückgeführt wird? Ab 1. Juli 1957 ist auf meine Veranlassung in allen Rheinuferstaaten und Belgien durch Rechtsverordnung die höchstzulässige Lautstärke der Fahrgeräusche der Rheinschiffe auf 82 Phon, gemessen Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5947 in einem seitlichen Abstand von 25 m von der Bordwand, festgesetzt worden. Die Einhaltung dieses Wertes wird bei der regelmäßigen Untersuchung der Fahrzeuge durch die Schiffsuntersuchungskommissionen überprüft. Die Untersuchung der ausländischen Fahrzeuge liegt bei den Schiffahrtsbehörden der Heimatländer dieser Schiffe. Die laufende Überwachung der fahrenden — somit auch der ausländischen — Schiffe wird darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen Länderministerien von der Wasserschutzpolizei auf dem Rhein durchgeführt. Beanstandungen der ausländischen Schiffe werden den Regierungen der Heimatländer mitgeteilt. Auf Grund dieser Maßnahmen zur Lärmbekämpfung in der Rheinschiffahrt sind in den vergangenen Jahren bereits gewisse Erfolge erzielt worden. Im Jahre 1963 haben 98 % der untersuchten deutschen Fahrzeuge den Vorschriften genügt. Schallsignale werden nur in bestimmten Gefahrensituationen abgegeben. Sie sind zur Regelung des Schiffsverkehrs bei Nebel und unsichtigem Wetter unentbehrlich. Die Mindestlautstärke der Schallsignale ist auf 130 Phon in 1 m Entfernung vom Gerät festgelegt. Die Höhe dieses Schallpegels erklärt sich aus der Notwendigkeit, die im Steuerstand der Schiffe gemessenen Lautstärken von 10 bis 100 Phon zu übertönen. Es ist der Bundesregierung ein besonderes Anliegen, alle Möglichkeiten zur Dämpfung der Geräusche der Binnenschiffe auszuschöpfen. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache IV/2139 Frage IX/18) : Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, die Bemühungen der Wirtschaft und der kommunalen Verwaltungen aus dem unteren Naheraum zu unterstützen, die eine Elektrifizierung der Bundesbahnlinie durch das Alsenztal mit dem Ziel anstreben, eine Verbesserung der Verbindung zum pfälzischen Wirtschaftsraum zu erreichen? Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat festgestellt, daß die Bahnstrecke Bingen/Bingerbrück—Bad Kreuznach—Kaiserslautern, die sogenannte Alsenzbahn, eine Streckenbelastung aufweist, die es zur Zeit nicht rechtfertigen würde, die hohen Kosten zu investieren, die eine Elektrifizierung verursachen würden. Zudem könnte der Hauptvorteil des elektrischen Zugbetriebs, nämlich hohe Streckengeschwindigkeiten, wegen der Linienführung nicht ausgenutzt werden, da diese nur eine Geschwindigkeit bis zu 80 km/h erlaubt. Ich schließe mich dieser Meinung an und bin weiterhin der Ansicht, daß eine Verbesserung der Eisenbahnverbindungen im unteren Nahetal nicht allein durch eine Elektrifizierung, sondern auch durch eine Verdieselung erreicht werden kann. Die Deutsche Bundesbahn prüft z. Z., ob die vier auf dieser Strecke liegenden Schnellzugpaare durch Bespannung mit Diesellokomotiven der Baureihe V 200 beschleunigt werden können. Bei positivem Ergebnis würden diese Züge ab Sommerfahrplan 1965 mit V 200 befördert werden. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm vom 15. April 1964 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Haas (Drucksache IV/2139 Frage IX/19) Hat die Bundesregierung Überlegungen angestellt, ob nicht durch Einbau von stärkeren Motoren in langsam fahrende Kraftwagen deren Fahrgeschwindigkeit erhöht und damit die Unfallgefahr beim Überholen verringert werden könnte? Ihrer Anregung ist bereits entsprochen. Anläßlich der Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung durch die Verordnung vom 21. März 1956 wurde in § 35 für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse, für Sattelkraftfahrzeuge zur Güter- und Personenbeförderung sowie für Lastkraftwagen- und Kraftomnibuszügen eine Motorleistung von mindestens 6 PS je Tonne des zulässigen Gesamtgewichts des Kraftfahrzeugs und der jeweiligen Anhängelast vorgeschrieben. Auch bei den derzeitigen internationalen Beratungen wird von mir eine einheitliche europäische Regelung, die ebenfalls 6 PS/t vorschreibt, angestrebt. Leider weicht die Auffassung der anderen EWG-Staaten von der unsrigen ab, offenbar weil die dortige Industrie und die Benutzer von Lkw die Mehrkosten scheuen. Die Motorleistung von 6 PS je t läßt bei einer Steigung von 4% eine Geschwindigkeit der Lastzüge von etwa 21,6 km/h zu. Bei 7 PS je t könnte bei 4 % Steigung die Geschwindigkeit 25 km/h erreichen. Daraus folgt, daß natürlich trotz weiterer Steigung der PS-Zahl je t des zulässigen Gesamtgewichts die auf Autobahnen auch bei Steigungen gewünschte Mindestgeschwindigkeit von 40 km/h für schwere Lastzüge und Sattelschlepper wirtschaftlich unerreichbar ist. Das war für uns die Veranlassung bei Steigungen an den Autobahnen Kriechspuren für Lkw anzubauen. Das Netz der Kriechspuren soll in den kommenden Jahren — auch für steilere Gefällstrecken — weiter ausgebaut werden. Dazu kommen die Überholverbote für Lkw in Steigungen, die allerdings seitens der Länder örtlich anzuordnen sind. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 16. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kreitmeyer (Drucksache IV/2139 Frage IX/20) : Ich frage die Bundesregierung, ob sie bereit ist, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wiederbelebung des Schienenverkehrs zwischen Dannenberg—Lüchow und LüchowLübbow dahingehend auf die Bundesbahndirektion einzuwirken, daß die obengenannten Strecken der Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn GmbH — hinter der die Osthannoversche Eisenbahn steht — zur Betriebsführung im Güter- und Personenverkehr übergeben werden. 5948 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 Ich habe mich bereits vor 3 Jahren aufgrund verschiedener Anregungen mit der von Ihnen angeschnittenen Frage beschäftigt, die ich jetzt nochmals überprüft habe. Aber die damals festgestellten Gegebenheiten liegen nach der eingeholten Auskunft der Deutschen Bundesbahn auch heute noch vor. Nichtbundeseigene Eisenbahnen unterstehen nach dem Grundgesetz bekanntlich der Zuständigkeit der Länder. Der Betrieb der nichtbundeseigenen Nebenbahn Lüchow–Schmarsau wird von der nichtbundeseigenen Osthannoverschen Eisenbahn AG. geführt. Deren Personalbestand und Betriebsmittel lassen die zusätzliche Betriebsübernahme auf der Bundesbahnstrecke Dannenberg–Lüchow–Lübbow leider nicht zu. Erhebliche zusätzliche Investitionen sind ferner deshalb notwendig, weil die Gleise für den Reiseverkehr wieder hergerichtet werden müssen. Zur Übernahme dieser hohen Kosten ist weder die Deutsche Bundesbahn noch die Privatbahn bereit. Meine Einwirkung auf die beiden Eisenbahnen haben deshalb keinen Erfolg gehabt. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesminister Lücke vom 9. April 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Spies (Drucksache IV/2139 Fragen XI/1 und XI/2) : Ist die Bundesregierung bereit, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß jede Kündigung eines Hauptmietverhältnisses gleichzeitig schriftlich der unteren Verwaltungsbehörde angezeigt werden muß und daß von dieser Anzeige die Rechtswirksamkeit der Kündigung abhängig gemacht wird? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß mit einer Rechtsverordnung nach Frage XI/1 reale Zahlen über erfolgte Kündigungen zustande kämen und die Gemeinden rechtzeitig wüßten, was hinsichtlich der Unterbringung auf sie zukommt, und sich mancher Vermieter eine Kündigung besser überlegen würde? Ich darf im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz folgendes erwidern: Zunächst muß beachtet werden, daß bisher eine Ermächtigung fehlt, die der Bundesregierung die Möglichkeit gibt, die Gültigkeit der Kündigung von der Anzeige an eine Verwaltungsbehörde abhängig zu machen. Wenn die Bundesregierung mithin eine Rechtsverordnung mit dem hier angesprochenen Inhalt erlassen wollte, müßten vorher die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden. Die Frage, ob eine entsprechende Ermächtigung erbeten werden sollte, erfordert eine sorgfältige Abwägung des Für und Wider. Die Frage 2 gibt dazu einige Anhaltspunkte. Ich darf daher ihre Beantwortung vorwegnehmen. Zu 2: Die Anordnung einer schriftlichen Anzeige für jede Kündigung eines Hauptmietverhältnisses würde sicherlich die Möglichkeit geben, zuverlässige Zahlen über erfolgte Kündigungen zu gewinnen. Im Augenblick wird das Fehlen solcher Zahlen als Mangel empfunden, weil das Bedürfnis besteht, die Auswirkungen richtig zu beurteilen, die sich aus dem stufenweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft ergeben. Ich bin überzeugt, daß zuverlässige Zahlen, wenn sie mir jetzt zur Verfügung stünden, zur allgemeinen Beruhigung beitragen könnten. Indessen wird sich ein derartiger Vorschlag nicht kurzfristig verwirklichen lassen. Nicht nur die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens (Erteilung der Ermächtigung und Veröffentlichung einer Rechtsverordnung) ist in Rechnung zu stellen, sondern auch das Einspielen der Maßnahme. Erfahrungsgemäß vergeht eine beträchtliche Zeit, bis die Verpflichtungen allgemein bekannt sind und befolgt werden und bis die Zahlen aufgearbeitet und verwertet sind. Die Zahlen werden somit in der wichtigen Übergangszeit nicht mehr zur Verfügung stehen und, da die Anzeigepflicht erst nach dem Inkrafttreten der Vorschrift wirksam werden kann, auch die in der kritischsten Periode erfolgten Kündigungen nicht erfassen. Das dürfte ihren Wert erheblich beeinträchtigen. Es ist außerdem zu bedenken, daß die Zahl der Kündigungen nichts über einen echten Wohnungsbedarf besagt. Nicht alle Kündigungen führen tatsächlich zur Beendigung des Mietverhältnisses. Ich darf an die Fälle erinnern, in denen Kündigungen lediglich mit dem Ziel ausgesprochen werden, Vertragsänderungen, insbesondere Mieterhöhungen zu erreichen, oder in denen der Mieter der Kündigung nach § 556 a BGB widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses erreicht. Die Kündigung besagt zudem nichts darüber, ob der Vermieter einen Mieterwechsel anstrebt oder die Wohnung anderweitig verwenden will. Für eine zutreffende Beurteilung des Wohnungsbedarfs wären die Zahlen mithin nur sehr beschränkt verwertbar. Eine laufende statistische Feststellung der Zahl der Kündigungen auch nach Ablauf der Übergangszeit bringt daher keinen wesentlichen Nutzen. Auch bei den Gemeinden wird man aus der bloßen Zahl der Kündigungen aus den bereits erwähnten Gründen keine zuverlässigen Schlüsse darüber ziehen können, wie groß der Unterbringungsbedarf ist. Es ist naturgemäß in erster Linie Sache der betroffenen Mieter, sofern sie nicht in der Lage sind, sich selbst eine neue Wohnung zu beschaffen, von sich aus rechtzeitig an die zuständigen Stellen der Gemeinden heranzutreten. Die Gemeinden werden in der Regel hierfür geeignete Stellen bestimmen. Zum Beispiel hat der Minister für Landesplanung, Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten des Landes Nordrhein-Westfalen in einem Erlaß vom 9. 10. 1963 (Min.Bl. Nordrh.Westf. S. 1752) die Gemeinden ausdrücklich auf ihre Aufgaben hingewiesen, die sich auf diesem Gebiet ergeben. Den Gemeinden werden durch freiwillige Meldungen der Mieter bessere Grundlagen für die zu treffenden Maßnahmen zur Verfügung stehen als durch globale Feststellung aller Kündigungen. Das gilt vor allem dann, wenn die Übergangsschwierigkeiten überwunden sind und sich ein funktionierender Wohnungsmarkt herangebildet hat. Ob manche Vermieter sich die Kündigung besser überlegen würden, scheint mir zweifelhaft. Wenn der Vermieter Anlaß zu einer Kündigung sieht, wird er sich in der Regel durch die bloße Anzeigepflicht nicht hindern lassen. Ich glaube insbesondere kaum, daß diejenigen Vermieter, die nicht bereit sind, Rücksicht auf die Verhältnisse ihrer Mieter zu nehmen — bei denen also eine Einwirkung wünschens- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 5949 wert wäre, die sie zur Mäßigung veranlaßt —, sich dadurch in ihren Entscheidungen beeinflussen lassen. Zu 1: Auf Grund dieser Erwägungen komme ich daher zu der folgenden sachlichen Beantwortung Ihrer Frage 1: Dem erwarteten Nutzen, der danach nicht hoch veranschlagt werden kann, muß der Verwaltungsaufwand gegenübergestellt werden, der erforderlich ist, um solche Anzeigen entgegenzunehmen und auszuwerten. Besonderen Bedenken würde es zudem begegnen, wenn die Rechtswirksamkeit der Kündigung von der Anzeige abhängig gemacht werden sollte. Der Mieter könnte in diesem Fall nicht erkennen, ob die Kündigung, die er erhalten hat, wirksam geworden ist. Er müßte sich erst bei der für die Anzeigen zuständigen Stelle erkundigen. Durch die Beantwortung solcher Anfragen würde weiterer Verwaltungsaufwand bei diesen Stellen entstehen. Auch rechtstechnisch wäre eine solche Maßnahme nicht bedenkenfrei. Die den Nachteilen gegenüberzustellenden Vorteile erscheinen mir nicht groß genug, so daß ich es für besser halte, auf eine Anzeigepflicht für Kündigungen zu verzichten. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Herrn Ministerialdirektors Dr. Schornstein vom 14. April 1964 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Haas (Drucksache IV/2139 Fragen XI/3 und XI/4) : Ich frage die Bundesregierung, ob der soziale Wohnungsbau nicht dadurch wirksamer gestaltet werden könnte, daß junge Familien, deren Ernährer einen gesicherten Arbeitsplatz haben, die gleichen Vergünstigungen aus öffentlichen Mitteln bekommen wie gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, insbesondere die „Neue Heimat". Im Rahmen des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaues stehen die Vergünstigungen für förderungsfähige Bauvorhaben allen Bauherren in gleicher Weise zu, insbesondere wird nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz kein Unterschied gemacht, ob es sich um private Bauherren oder Wohnungsunternehmen — sei es gemeinnützige oder freie Wohnungsunternehmen — handelt. Für die Einhaltung der Förderungsvorränge ist dies in § 26 des II. WoBauG ausdrücklich bestimmt. Für junge Familien, die selbst bauen wollen, werden öffentliche Mittel bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen also unter den gleichen Bedingungen gewährt wie für Wohnungsunternehmen. Der Bau von Familienheimen genießt dabei den Vorrang vor dem Bau von Mietwohnungen; die Durchschnittssätze für öffentliche Baudarlehen zum Bau von Familienheimen sind um mindestens 10 v. H. höher zu bemessen als die Durchschnittssätze zum Bau von Mietwohnungen. Im Rahmen der beabsichtigten Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, die eine verstärkte Förderung der Eigentumsbildung zum Ziele hat, sollen die Vergünstigungen für Eigentumsmaßnahmen, in erster Linie also für Einzelbauherren noch verbessert werden. Ferner besteht im Rahmen der vom Bundeswohnungsminister eingeleiteten Aktion „Junge Familie" die Möglichkeit, jungen Familien zur Förderung der Eigentumsbildung durch Wohnungsbau Zinszuschüsse zu gewähren, um Darlehen bis zum Betrage von 4000,— DM, die sie am Kapitalmarkt aufnehmen, zu verbilligen. Auch werden Darlehen an die Länder zur Förderung der Wohnungsbeschaffung für junge Ehepaare gewährt, die diesen nach Maßgabe der Erläuterungen zu Titel 545 des Haushaltsplans des Bundeswohnungsministers u. a. dann gewährt werden können, wenn diese zur Erlangung einer Wohnung einen Finanzierungsbeitrag leisten müssen. Die Durchführung des sozialen Wohnungsbaues ist jedoch Sache der Länder. Der Bund hat auf die Bewilligung öffentlicher Mittel für den sozialen Wohnungsbau im Einzelfalle keinen Einfluß. Hält es die Bundesregierung für angebracht, daß in der bevorstehenden Novelle zum Wohnungsbaugesetz die Bestimmungen über die Anerkennung von Eigenheimen alleinstehender Personen als Familienheime dahingehend geändert werden, daß auch die Personen, für die ein Alleinstehender sorgt oder auf die er angewiesen ist, als Familienmitglieder gezählt werden? Antwort: Die Förderung des Baues von Familienheimen dient, wie schon der Name sagt, der Befriedigung der Wohnbedürfnisse der Familie. Nach dem II. Wohnungsbaugesetz sind Familienheime solche Eigenheime oder Kleinsiedlungen, die nach Grundriß und Größe dazu bestimmt sind, dem Eigentümer und seiner Familie als Heim zu dienen. Der Begriff „Familie" setzt dabei wenigstens zwei Personen voraus, die in einem Verwandtschafts- bzw. Angehörigenverhältnis zueinander stehen. Die für die Förderung von Familienheimen vorgesehenen Vergünstigungen kommen daher allen Personen zugute, zu deren Haushalt im Zeitpunkt der Fertigstellung des Bauvorhabens 'wenigstens ein Angehöriger gehört. Eine spätere Verminderung der Personenzahl bis auf eine Person hat dabei grundsätzlich keine nachteiligen Folgen. Damit bleibt die Familienheimeigenschaft insbesondere in allen Fällen bestehen, in denen das Familienheim etwa nach Tod des Ehegatten oder nach Verheiratung oder Wégzug der Kinder nur noch von einem Familienmitglied bewohnt wird. Soweit es sich um den Bau von Eigenheimen durch alleinstehende Personen handelt, erscheint eine Ausdehnung auf solche Fälle, in denen ein Alleinstehender in der Haushaltsführung von einer anderen Person betreut wird — z. B. der Junggeselle mit Haushälterin — nicht gerechtfertigt. Die Einbeziehung solcher Betreuungs- und Pflegepersonen würde auch dem Familienbegriff in seinem natürlichen Gehalt widersprechen. Alleinstehende Personen sind jedoch vom Bau eines Eigenheimes und den dafür bestehenden Förderungsmöglichkeiten (Gewährung öffentlicher Mittel, Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen usw.) nicht ausgeschlossen. Sie können beim Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen auch diese Vergünstigun- 5950 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 123. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. April 1964 gen in Anspruch nehmen. Im Rahmen der vorgesehenen Novellierung des II. Wohnungsbaugesetzes ist im übrigen beabsichtigt, die bisher nur für Familienheime bestehende Möglichkeit der Ablösung öffentlicher Mittel mit einem Schuldnachlaß auch auf Eigenheime, die nicht Familienheime sind, auszudehnen. Insofern wird also eine gewisse Gleichstellung hinsichtlich dieser Vergünstigungen erreicht. Anlage 42 Schriftliche Antwort der Frau Bundesminister Dr. Schwarzhaupt vom 8. April 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Riegel (Göppingen) (Drucksache IV/2139 Fragen XIII/1 und XIII/2) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei Impfungen gegen die Tollwut 6 Injektionen erforderlich sind, welche für die Betroffenen vielfach eine große gesundheitliche Belastung darstellen? Die Tollwutimpfung für Menschen ist keine übliche vorbeugende Schutzimpfung, sondern die einzig wirksame Behandlung von Personen, die von tollwutverdächtigen Tieren gebissen worden sind. Das im Impfstoff enthaltene inaktivierte Tollwutvirus bewirkt die Bildung von spezifischen Antikörpern. Diese Wirkung wird durch mehrere einzelne Injektionen, die an aufeinanderfolgenden Tagen gegeben werden, gesteigert. Das in Deutschland benutzte und wegen seine guten Verträglichkeit bewährte Hempt-Verfahren besteht aus 6 Einzelimpfungen und einer wichtigen Auffrischungsinjektion nach 4 Wochen. Die in USA üblichen Impfstoffe werden in 14 Injektionen verabfolgt. Mit inaktiviertem. Impfstoff ist mittels einer Gabe keine ausreichende Immunität zu erzielen. „Lebend"-Impfstoffe, wie sie im Ausland zur Tollwutvorbeugung bei Hunden mit einer einzigen Injektion angewendet werden, sind für den Menschen ungeeignet, da die Möglichkeit besteht, daß sich statt des Impfschutzes eine tödliche Krankheit entwickelt. Ist die Bundesregierung bereit, einem Forschungsinstitut finanzielle Unterstützung zu gewähren, damit dort ein Serum entwickelt werden kann, durch das nur eine Injektion gegen Tollwut notwendig wird? Nach Anhörung des Bundesgesundheitsamtes sind z. Z. die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Serums, mit dem bei nur einer Injektion ein Schutz gegen den Ausbruch der Tollwut bei Personen, die von tollwutverdächtigen Tieren gebissen worden oder mit ihnen in Berührung gekommen sind, mit ausreichender Sicherheit verhindert werden kann, nicht gegeben. Die Bundesregierung sieht daher keine Veranlassung, einem Forschungsinstitut einen Auftrag zur Entwicklung eines solchen Serums und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Wenn in Zukunft die wissenschaftlich begründete Möglichkeit zur Entwicklung eines solchen Serums nachgewiesen werden sollte, wäre die Bundesregierung bereit, sie finanziell zu fördern.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Conring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr vielen Dingen, die der verehrte Vorsitzende unseres Haushaltsausschusses, Herr Schoettle, soeben dargelegt hat, kann ich vom Standpunkt eines auch schon älter gewordenen Mitgliedes des Haushaltsausschusses zustimmen. Wir freuen uns darüber, daß er aus seiner reichen Erfahrung Vorschläge gemacht hat, die uns beachtlich erscheinen und denen man wirklich Gehör schenken sollte. Dazu gehört der Vorschlag, daß man ,während eines laufenden ,Etatjahres durch die Gesetzgebung nicht immer wieder neue finanzielle Veränderungen herbeiführen sollte. Welcher Weg zu wählen ist, um diesen Mißstand abzustellen, das bedarf einer ernsten und gewissenhaften Prüfung. Aber es sind auch noch manche andere Punkte, Herr Schoettle, bei denen wir Ihnen zustimmen, ohne daß ich jetzt nur hier diese haushaltsrechtliche Seite sogleich in den Vordergrund schieben möchte.
    Lassen Sie mich zunächst mehr wirtschaftliche Überlegungen zum Ausdruck bringen. Die moderne Finanzpolitik kreist ja eigentlich um das sogenannte „Magische Dreieck", das auch Herr Schoettle zitiert hat: die stabile Währung, eine ausgeglichene Zahlungsbilanz und eine Beschäftigung für alle Menschen, die arbeitswillig und arbeitsfähig sind, zu guten Bedingungen.
    An diesen Grundforderungen der Wirtschaftspolitik hat die öffentliche Finanzwirtschaft einen ganz erheblichen Anteil, weil Bund, Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden und der Lastenausgleichsfonds allein 30% der volkswirtschaftlichen BruttoAnlage-Investitionen ausmachen. Oder, von einer anderen Seite .gesehen: bei einem Sozialprodukt von 376,4 Milliarden DM gingen im letzten Jahr 111,2 Milliarden DM — das ist ein Betrag, der zwischen einem Viertel und einem Drittel des Bruttosozialprodukts liegt — in die öffentliche Verwaltung hinein und erscheinen damit letzten Endes von dort her als Nachfrage in dem Güteraustausch unserer Volkswirtschaft.
    Während es früher mehr die Aufgabe der Haushalts- und Finanzpolitik war, den Haushalt auszugleichen und die Steuern auszugestalten, ist heute die wichtigste Aufgabe der Haushalts- und Finanzpolitik der Beitrag geworden, den sie zu einer glücklichen Lösung des „Magischen Dreiecks" leisten kann. Die Finanzwirtschaft ist immer mehr zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Instrument geworden, welches nach seiner Größenordnung und nach seinen Auswirkungen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung wesentlich beeinflußt.
    Wir möchten deshalb 'der Bundesregierung, vor allen Dingen dem Herrn Bundeskanzler, unsere volle Zustimmung geben, wenn er erstmalig beim Bundeshaushaltsplan 1964 die Forderung erhoben hat, eine feste Verbindung zwischen dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts auf der einen Seite und dem Zuwachs der Ausgaben des Bundeshaushaltsplans auf der anderen Seite herzustellen. Diese Relation beruht, wie Sie wissen, auf der Grundlage eines realen Zuwachses des Bruttosozialprodukts von 4,5% und eines nominellen Zuwachses von 6,4 %.
    Ihnen ist bekannt, daß in den Vorjahren die Ausgaben der öffentlichen Gebietskörperschaften stärker gewachsen sind als das Sozialprodukt, und zwar mit all den Folgen, die wir kennen und die wir nicht in jeder Beziehung für gut halten. Um so mehr begrüßen wir es, daß jetzt der Versuch gemacht wird, beide Zuwachsraten in Einklang zu bringen, was sicher der Stabilisierung der Verhältnisse dienen wird. Der Herr Bundeskanzler hat bei der Behandlung dieser Fragen deutlich werden lassen, daß er die Zuwachsrate des Bundeshaushalts lieber an den realen Zuwachs des Bruttosozialprodukts gebunben sehen möchte. Wenn auch natürlich der — größere — nominelle Zuwachs des Bruttosozialprodukts in die öffentlichen Kassen fließt, so sollte gleichwohl der Ausgabenwirtschaft des Bundeshaushalts doch nur der reale Zuwachs zugrunde gelegt werden, während der übersteigende Betrag des nominellen Zuwachses volkswirtschaftlich sterilisiert werden sollte. Das sollte in der Weise geschehen, daß dieser Differenzbetrag etwa zur Verringerung der Auslandsschulden verwendet oder — was ja gerade in der Konjunkturpolitik naheliegt — zur Beseitigung der Haushalts-Fehlbeträge benutzt wird, die sich im Bundeshaushalt in den beiden letzten Jahren leider — wenn auch nur in geringem Umfang — gezeigt haben, oder aber auch zur Rücklagenbildung. In jedem Fall aber sollte der nominelle Zuwachs künftig nicht wieder in den innnerdeutschen Güteraustausch einströmen.
    Wir sind der Meinung, daß die Entscheidung darüber, ob der reale Zuwachs des Bruttosozialprodukts und der Zuwachs des Bundeshaushaltsplans fest miteinander verbunden werden sollen, in die nächste Haushaltsvorbereitung für 1965 hineingehört. Aber wir sind auch der Meinung, daß auch schon in diesem Haushaltsjahr 1964 eine Konsequenz aus dieser Überlegung gezogen werden könnte und sollte.



    Dr. Conring
    Herr Schoettle hat soeben in bezug auf die neueren Schätzungen des Bruttosozialproduktes durch die wissenschaftlichen Forschungsinstitute gesagt, er sei der Meinung, daß die Bundesregierung sich mit diesen Instituten geeinigt habe, was ich allerdings nicht weiß. Wenn aber der reale Zuwachs des Bruttosozialprodukts größer sein sollte als der Zuwachs, den wir dem Bundeshaushaltsplan 1964 zugrunde gelegt haben, so ergibt sich daraus, daß der reale Mehrzuwachs über das hinaus, was dem Bundeshaushalt zugrunde gelegt wird, für die Ausgaben 1964 zur Verfügung stehen muß, um die im Laufe des Etatsjahres 1964 etwa neu auftretenden Ausgaben leisten zu können, während man das Mehr an nominellem Zuwachs jetzt sogleich antizyklisch für die Tilgung von Schulden — etwa bei der Bundesbank, Herr Finanzminister, oder bei den Auslandsschulden — verwenden sollte. Wir bitten die Bundesregierung, sich diese Auffassung zu eigen zu machen.
    Meine Damen und Herren, in den Haushaltsberatungen, die jetzt hinter uns liegen, haben wir sehr ernstlich darauf geachtet, daß die Grenze von 60,3 Milliarden DM nicht überschritten wurde. Wir haben dafür schließlich sogar auch Verständnis bei der Opposition gefunden, als dieser klar wurde, daß wir von dieser unserer grundsätzlichen Auffassung nicht abgehen würden. Herr Kollege Stoltenberg hat ja gestern die Widersprüchlichkeit in der Auffassung der Opposition auf diesem Gebiet deutlich werden lassen, so daß ich darauf verzichten kann, das hier noch einmal vorzutragen. Wir wissen natürlich auch wie Sie, daß die Bindung beider Zuwachsraten, des Bruttosozialprodukts und des öffentlichen Haushalts, die erstmals 1964 verwirklicht werden soll, uns diesmal noch nicht in vollem Umfange gelungen ist. Die Kritik, die sich gerade unter diesem Gesichtspunkt bei der ersten Lesung seitens der Opposition, aber auch sonst in der Öffentlichkeit erhoben hat, haben wir aufmerksam zur Kenntnis genommen. Sie ist nach unserem Dafürhalten vom Standpunkt des formalen Haushaltsrechts weniger berechtigt. Aber unter dem Gesichtspunkt der viel wichtigeren wirtschaftlichen Bedeutung des Budgets ist dazu folgendes zu sagen.
    Zunächst einmal wird dadurch, daß die Zahlungen an die Sozialversicherungsträger — die bekannten 500 Millionen DM — nicht in bar, sondern in Form eines Schuldscheindarlehens gezahlt werden, konjunkturmäßig eher eine kontraktive Wirkung ausübt, als wenn diese Zahlungen in Barleistungen über die Sozialversicherungsträger dann doch wahrscheinlich recht bald an den Kapitalmarkt gingen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ich meine, gerade die SPD hätte uns eine solche Kritik nicht vorhalten sollen; denn sie war ja der Auffassung, daß man diesen Weg, den Sozialversicherungsträgern Schuldscheindarlehen zu geben, noch im vermehrten Umfange gehen sollte. Wir haben uns auf 500 Millionen DM beschränkt und glauben, damit konjunkturmäßig richtig zu liegen.
    Bei der anderen Zahl, die in diesem Zusammenhang auch genannt wird, handelt es sich um die Finanzierung von Entwicklungsvorhaben, und zwar um die bekannten 200 Millionen DM, von denen es in dem Entwurf der Regierung hieß, daß sie durch eine Gesellschaft außerhalb des Haushalts finanziert werden sollten. Diese 200 Millionen kann man aber nicht mehr anführen; denn der Haushaltsausschuß hat gerade die diesbezügliche Bestimmung des Haushaltsgesetzes, § 30 Abs. 1, gestrichen, und damit ist die beanstandete mittelbare Kreditaufnahme des Bundes praktisch in Fortfall gekommen. — Die Inanspruchnahme von Krediten über die Öffa — jene 350 Millionen, von denen man auch in der Öffentlichkeit gesprochen hat — zeigt sehr deutlich, wie eng das Volumen des Bundeshaushalts geworden ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das muß man klar und deutlich sehen, und man muß nicht gleich den drohenden Zeigefinger erheben; denn die Öffa ist ja nicht ein Finanzierungsinstitut, das etwa zu diesem Zweck gegründet wurde, sondern die Öffa besteht, glaube ich, 40 Jahre und hat diese und ähnliche Funktionen in den vergangenen Jahrzehnten immer glücklich ausgeübt.
    Über die Rückzahlung der Schulden an die Bundesbank habe ich vorhin im Zusammenhang mit dem etwaigen weiteren Zuwachs des Bruttosozialprodukts gesprochen. Man sollte aber bei den Schulden an die Bundesbank aus der Nachkriegshilfe in der öffentlichen Kritik nicht unerwähnt lassen, daß die Bundesregierung eine erste Rate dieser Schulden zwei Jahre vor ihrer Fälligkeit bezahlt und damit deutlich bewiesen hat, daß sie bereit ist, dann etwas zu zahlen, wenn es ihr wirtschaftlich möglich ist.
    Meine Damen und Herren! Man sollte schließlich bei allem auch eins sehen. Alle die Hinweise auf Zahlungen, die neben dem Bundeshaushalt einhergingen, von denen wir in der ersten Lesung und in der öffentlichen Diskussion gehört haben, gehen davon aus, daß wir uns antizyklisch nicht richtig verhielten. Aber die Kritiker sollten einmal zur Kenntnis nehmen, daß im Bundeshaushalt 1964 rund 1 Milliarde DM mehr als im Vorjahr an Geldbeträgen vorhanden ist, die aus dem Bundeshaushalt ins Ausland fließen und deshalb einen guten antizyklischen Beitrag leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen, bei denen ich mich sehr kurz gefaßt habe, scheint mir die Kritik der Opposition in der ersten Lesung und auch in der Öffentlichkeit recht erheblich an Gewicht und an Bedeutung zu verlieren.
    Natürlich, beim ersten Anlauf im Jahre 1964 ist uns das, was wir vorhatten und was die Bundesregierung vorhatte, nicht voll gelungen. Jedenfalls ist aber deutlich geworden die Dokumentation des Willens der Bundesregierung und der hinter ihr stehenden Parteien, nun künftig bei der Ausgabenbewirtschaftung diese feste Bindung an den Zuwachs des Bruttosozialproduktes als die oberste Grenze vorzunehmen, um damit vom öffentlichen Haushalt her das Mögliche zu tun, inflationäre Tendenzen abzuwehren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Dr. Conring
    Als die Parteien dieses Hohen Hauses übereinstimmend die Auffassung vertraten, daß für die Kriegsopfer zu den im Bundeshaushaltsplan ursprünglich vorgesehenen 650 Millionen DM weitere 380 Millionen DM bereitgestellt werden müßten, haben wir in den Beratungen des Ausschusses dafür gesorgt, daß diese 380 Millionen DM unter Wahrung der Grenze, von der ich soeben gesprochen habe, nämlich der 60,3 Milliarden DM des Bundeshaushalts, auch tatsächlich bereitgestellt werden konnten. Meine Damen und Herren von der Opposition, es war nicht so, wie Sie meinten, daß „genügend Luft" im Haushalt gewesen wäre. Sie haben ja dem Herrn Bundeskanzler immer vorgeworfen, es wäre genügend Luft im Haushalt und man könne einfach in den Haushalt hineingreifen, dann habe man die 380 Millionen DM.
    Meine Damen und Herren, so ist es nicht gewesen, sondern diese 380 Millionen DM, die nun einmal notwendig waren, sind aus 86 verschiedenen Stellen des Bundeshaushalts zusammengesucht worden, und die Geldausgaben an diesen Stellen, die sicher auch nützlichen und empfehlenswerten Zwecken gewidmet waren, haben eben zurückstehen müssen hinter der vorrangigen Finanzierung der Kriegsopferversorgung. Es war eben nicht „Luft" da, sondern es hat sich erwiesen, daß man diese Mehrforderungen nur durch Kürzung und Streichung bei anderen Titeln hat erfüllen können. Dabei ergab sich allerdings, daß die Opposition zwar Mehrforderungen in erheblichem Umfang stellte, aber ihrerseits selbst keinen Weg zeigen konnte, wie die Mehrforderung von 380 Millionen DM gedeckt werden sollte. Mehrforderungen zu stellen ist leicht. Verantwortliche Vorschläge für die Deckung zu machen ist schon etwas schwieriger.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Wir können nun — nach Abschluß der Ausschußberatungen — dem Hohen Hause sagen, daß wir voll bei diesen Streichungen haben bleiben können, daß wir das aber, was wir von vornherein zugesagt hatten, ebenfalls verwirklicht haben, daß wir nämlich die vorgeschlagenen Abstriche in den einzelnen Ressorts überprüfen würden und daß wir die nun einmal nicht zu vermeidenden Abstriche möglichst im Einvernehmen mit den Ressorts nur dort vornehmen würden, wo sie am wenigsten weh täten.
    Die Einordnung der Mehrausgaben für die Kriegsopferversorgung hat über den speziellen Fall hinaus aber noch eine weitergehende Bedeutung, und darauf darf ich auch aufmerksam machen. Sie hat bei der Begrenzung der Gesamtetatsumme allen denen, die meinen, Mehrforderungen für irgendwelche noch so guten Zwecke stellen zu müssen, deutlich werden lassen, daß die Realisierung derartiger Wünsche nur noch möglich ist, wenn andere Wünsche zurückstehen und wenn Geldbeträge, die für die Erfüllung anderer Wünsche zur Verfügung gestellt waren, eben gestrichen werden. Das sollte vielleicht auch denen ins Bewußtsein treten, die heute in der Öffentlichkeit erhebliche Mehrforderungen an den Bundeshaushalt stellen, ohne sich Rechenschaft darüber abzulegen, daß man nicht einfach das Ausgabevolumen des Bundeshaushalts vermehren kann. Sie sollten die Grenze kennen und berücksichtigen, die im Zuwachs des Bruttosozialprodukts liegt, von der ich eingangs gesprochen habe. Daraus ergibt sich konsequenterweise, daß dann, wenn eine Vermehrung und Ausweitung der Ausgaben über diese Grenze hinaus nun eben aus übergeordneten Gründen der Währung nicht möglich ist, eben gestrichen werden muß, wenn man glaubt, für irgendwelche Zwecke Mehranforderungen durchsetzen zu müssen.
    Ich habe kürzlich in einer Wochenzeitschrift gelesen, daß es bei der Dringlichkeit der Wissenschaftsförderung durch den Bund, von der Herr Schoettle soeben gesprochen hat und von der wir alle überzeugt sind, eigentlich völlig selbstverständlich sei, daß man die rund 2 Milliarden DM, die dafür im Bundeshaushalt 1964 stehen, verdoppeln müsse. Nun schön, das kann man natürlich machen. Aber dann muß man sich darüber klar sein, daß man an eine Grenze stößt, nämlich an die Grenze des Gesamtetats, die einzuhalten notwendig ist, um die Stabilisierung der Verhältnisse und alles das, was damit zusammenhängt, wovon ich gesprochen habe, zu erreichen. Dann müssen eben diese 2 Milliarden DM dadurch aufgebracht werden, daß andere 2 Milliarden DM Ausgaben gestrichen werden. Das ist eine ganz heilsame Erkenntnis für manche Menschen, manche Verbände, manche Interessenten. Es scheint mir so, als ob diese Erkenntnis noch nicht ganz in das Bewußtsein der Beteiligten getreten wäre.
    Wir kommen konjunkturmäßig vom Haushaltsjahr 1963 her, aus einem wirtschaftlich beruhigten und ausgewogenen Jahr. Die wirtschaftliche Prognose für 1964 deutet auf größere Bewegungen mit gewissen Gefahren hin, die sich für das „magische Dreieck" von unseren Nachbarländern her ergeben könnten. Sechs Milliarden DM Außenhandelsüberschüsse, zu denen noch ein Geld- und Kapitalzustrom aus dem Ausland von netto 2,4 Milliarden DM hinzutritt, bedeuten ja nicht nur beim Umtausch der Devisen eine mögliche Vergrößerung des Geldvolumens, sondern sie bedeuten gleichzeitig auch eine Verringerung des Güterangebots im Inlande. Bis zu einem gewissen Grade könnten wir angesichts der Elastizität unseres Produktionsapparates, der immerhin noch eine erweiterte Kapazitätsausnutzung gestatten mag, mit dem Problem auf der Güterseite einigermaßen fertig werden, — könnten!, ich möchte es wünschen. Aber sicher ist doch wohl, daß in dieser wirtschaftlichen Situation die Brennpunkte etwaiger wirtschaftlicher Schwierigkeiten, der Baumarkt und der Arbeitsmarkt, die ganz besondere Aufmerksamkeit der öffentlichen Stellen beanspruchen müssen.
    Wir haben deshalb bei den Haushaltsberatungen, um die Nachfrage auf dem Bausektor von vornherein einzuschränken, Neubauten gestrichen, wo es sich — bei aller Berechtigung und Würdigung der Ressortwünsche — aus den übergeordneten Gesichtspunkten der Stabilisierung und der Konjunkturdämpfung als notwendig erwies. Ob die jetzt im Haushaltsgesetz vorgesehene 10 %ige Kürzung der Bauausgaben und die weitere 10 %ige Sperre der Baumittel ein genügender Beitrag zur Nachfragedämpfung sein wird, kann einigermaßen zweifelhaft sein, zumal eine ganze Reihe von Ausnah-



    Dr. Conring
    men diese Sperrung und Kürzung in ihren Wirkungen beschränkt. Der Überhang aus dem Vorjahr auf dem Bausektor ist, auch wenn sich die Baukonjunktur am Ende des Vorjahres etwas beruhigt hatte, mit der sich jetzt neu belebenden Baukonjunktur ein volkswirtschaftlicher Gefahrenherd, den man deutlich sehen muß. Ob es einem gefällt oder nicht, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Aber geringere Investitionen der öffentlichen Hand auf diesem Gebiet wären sicher ein guter Beitrag zur Stabilisierung.

    (Beifall in der Mitte.)

    Ob es uns genügen kann, lediglich diesen Appell immer wieder laut werden zu lassen, mag dahingestellt sein. Wir müssen ihn trotzdem erheben. Denn, Herr Schoettle, so schön es gerade aus Gründen der Konjunkturbeeinflussung wäre, wenn wir — was Ihnen vorschwebt — durchgreifende Möglichkeiten bis hin zur Gemeinde hätten: im Augenblick haben wir sie jedenfalls nicht, und in naher Zukunft werden wir sie vielleicht auch noch nicht haben. Aber wir brauchten sie gerade jetzt. Deshalb bleibt uns nur übrig, den Appell eben auch an die Länder und an die Gemeinden zu richten. Denn sie sind und bleiben nun einmal die öffentlichen Hauptinvestoren. Ich will gar nicht sagen, daß sie den Appell nicht hören. Aber sie, diese Hauptinvestoren, müssen sich dessen noch mehr bewußt sein, daß sie diese Eigenschaft haben, und sie müssen sich bis zur kleinen Gemeinde hin dessen bewußt sein, welche praktische Bedeutung sie im Rahmen der Bemühungen um die Dämpfung der Konjunktur haben.
    Der andere Gefahrenherd, der Arbeitsmarkt, sollte uns jedenfalls nahelegen, nicht davon zu sprechen, daß weitere ausländische Arbeitnehmer hereingenommen wenden sollten, wie man hier und da hört.
    Der Herr Bundeskanzler hat schon recht, wenn er bei der ersten Lesung an dieser Stelle ausführte, es gebe aus der jüngsten Zeit mannigfaltige Beispiele dafür, daß ein Volk nicht nur über seine Verhältnisse leben, sondern auch über seine Verhältnisse investieren könne, und indem er erklärte, daß er nicht zu den Wachstumsfanatikern gehöre, die dazu beitrügen, in .der Welt inflationäre Entwicklungen weiter voranzutreiben, daß ihm jedenfalls ein geringeres Wachstum bei innerer Stabilität von Wirtschaft und Währung sehr viel sympathischer wäre als große Wachstumsziffern. Wir sollten mehr an einem optimalen als an einem maximalen Wachstum interessiert sein.
    Ob sich unter den jetzigen Verhältnissen und angesichts der möglichen Gefahren eine weitere Einschränkung der Arbeitszeit im .Gesamtinteresse des Volkes vertreten läßt, ist hier schon öfter erörtert worden. Man muß diese Frage immer wieder stellen. Denn wenn wir uns bemühen, von der Haushaltsseite her mögliche inflationäre Tendenzen, soweit wir es können, abzuwehren, dann darf wohl erwartet werden, daß diejenigen Stellen, die in bedeutendem Umfang Einfluß ,auf die wirtschaftliche Entwicklung und damit die schleichende Inflation haben, ihre gleichartigen Bemühungen kräftig fortsetzen, wie sie es im vorigen Jahr erfreulicherweise getan haben.
    Das Übermaß von Auslandsaufträgen, mit denen wir vielleicht zu rechnen haben, könnte, von allen anderen volkswirtschaftlichen Folgen abgesehen, auch dazu verleiten, die schwierige Wahl :zwischen wirtschaftlicher Expansion auf der einen Seite und wirtschaftlicher Konsolidierung auf der anderen mehr unter dem Gesichtspunkt des Augenblicks als dem der Dauer zu sehen.
    Ein Exportboom verleitet natürlich zu Investitionen. Ein Übermaß von Investitionen ist aber gerade nicht dazu angetan, die Eigenkapitalbildung bei uns günstig zu beeinflussen. Ich habe den Eindruck, daß die Eigenkapitalbildung bei uns noch unzulänglich ist, daß sie aber bei den ständig schwieriger werdenden internationalen Wettbewerb eine immer größere Bedeutung erlangt. Wir sind deshalb dem Bundeswirtschaftsminister Schmücker dankbar, daß er bei der Eröffnung der Frankfurter Frühjahrsmesse auf diese Dinge ausdrücklich hingewiesen hat. Wir wollten sie bei dieser Gelegenheit von hier aus noch einmal in die Erinnerung rufen. Eine Eigenfinanzierung ist noch immer eine gute Grundlage, auch für die Aufnahme von Krediten. Man sollte sich durch die Verlockungen eines möglichen Exportbooms nicht davon abbringen lassen, ihr die genügende Aufmerksamkeit zuzuwenden.
    Der Februarbericht des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt überraschende Zahlen. Dort ist nachzulesen, daß die Auslandsorders im Februar 1964 um gut 30% höher waren als im Februar 1963 und daß die Ausweitung des Inlandsgeschäfts gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres bereits um 27 % höher lag. Wir haben deshalb im Haushaltsgesetz dem Finanzminister eine zusätzliche Ermächtigung gegeben, die ihm die Möglichkeit gibt, im Rahmen des Gesamtetats für eine gleichgewichtige volkswirtschaftliche Ausbalancierung zu sorgen, die sich aus der Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschafts-, Finanz- und Konjunkturlage ergibt. Diese Ermächtigung, Herr Finanzminister, ist nicht neu. Wir hatten sie auch im vorigen Jahr. Aber es könnte sehr wohl sein, daß sie in diesem Jahr eine besondere Bedeutung erhält.
    Meine Damen und Herren, die Haushaltsberatungen dieses Jahres — ich darf damit auch kurz auf das Thema eingehen, das Herr Schoettle berührt hat — waren besonders mühevoll, weil uns für die Ausschußarbeit eigentlich nur 8 Arbeitswochen zur Verfügung gestanden haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Wir haben uns in dieser Zeit die allergößte Mühe gegeben, mit den sachlichen Beratungen fertig zu werden, um die zweite und dritte Lesung und damit die Verabschiedung des Haushalts wenigstens im April zu ermöglichen. Wir haben dabei, wie schon hervorgehoben wurde, die Beratungen über die Personaltitel ausgelassen. Aber wir haben nach den Erfahrungen der letzten Jahre wirklich alle Veranlassung, der Bundesregierung dringend nahezulegen, einen Weg su suchen, auf dem eine frühere Einbringung des Haushaltsentwurfs und damit



    Dr. Conring
    seine gründlichere Beratung möglich ist, um dadurch unter anderem auch eine so harte, unbarmherzige Anstrengung der Ausschußmitglieder zu vermeiden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie wissen, daß die Umstellung des Etatjahres auf das Kalenderjahr jüngeren Datums ist. Aber schon vor dieser Umstellung — als das Etatjahr noch am 31. März endete und am 1. April begann — war die Unsitte eingerissen, daß der Haushaltsplan nicht vor Beginn des neuen Haushaltsjahres, sondern erst im ersten Vierteljahr des neuen Haushaltsjahres verabschiedet werden konnte. Eine wenig schöne Tatsache! Die Lage hat sich zumindest nicht verbessert, sondern, man kann beinahe sagen, sogar verschlechtert, nachdem das Kalenderjahr zum Haushaltsjahr gemacht worden ist. Wir möchten die Bundesregierung bitten, die Vorarbeiten zum neuen Haushaltsplan, die Beschlußfassung im Kabinett und die Zuleitung des Bundeshaushaltsplanes an die gesetzgebenden Körperschaften künftig so einzurichten, daß der Haushaltsplan noch vor der Sommerpause im Parlament eingebracht wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist die allererste Voraussetzung, um einen Haushaltsplan rechtzeitig verabschieden zu können. Ich teile die Auffassung, die Herr Schoettle hier vorgetragen hat, und ich bin überzeugt, daß sämtliche Mitglieder des Haushaltsausschusses, von welcher Seite des Hauses sie auch kommen mögen, diese Auffassung ebenfalls teilen. Aber diese Konsequenz muß jetzt gezogen werden. Ob es noch andere und bessere Wege gibt, zu diesem Ziel zu kommen, mag dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall muß erreicht werden, daß die Etatberatungen im Parlamentsausschuß sofort nach Ablauf der Sommerpause beginnen.
    Wir sind erfreut darüber, daß der lange Streit zwischen Bund und Ländern über die Anteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ein Ende gefunden hat, wenigstens bis zum Jahre 1966, auch wenn wir mit dem Endergebnis dieses Streites nicht ganz zufrieden sind und das Endergebnis als für den Bund nicht ganz befriedigend ansehen. Die Sachverständigen, die inzwischen benannt sind, haben unsere besten Wünsche für die Vorschläge, die sie hinsichtlich der Frage zu machen haben werden, ob man- die Aufgaben und damit -die Ausgaben zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Ländern und Gemeinden auf der anderen Seite sauberer als bisher trennen kann oder ob ein Verbundsystem sowohl auf der Einnahmeseite als auch auf der Ausgabeseite den Vorzug verdient. Wir würden es begrüßen, wenn die Ergebnisse dieser Sachverständigenberatungen — je eher, je besser — zur Diskussion gestellt werden würden.
    Wir sind etwas, ein klein wenig, beunruhigt über das, was wir beispielsweise über die Finanzierung der neuen Universitäten gehört haben. So begrüßenswert es sicher ist, daß sich die Länder große Mühe geben, im Rahmen ihrer Kulturhoheit neue Universitäten zu gründen, so erscheint uns doch der vorgeschlagene Weg nicht ganz glücklich. Nach dem Sinn und Geist des Grundgesetzes sind die übergreifenden Aufgaben für alle Länder durch den Bund im Zusammenwirken mit den Ländern zu erfüllen. Die dritte Ebene, auf der man gleichzeitig einen Bundesstaat und einen Staatenbund praktizieren möchte, ist, glaube ich, weder verfassungsrechtlich noch verfassungspolitisch wünschenswert oder vertretbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Schließlich wäre auch keinem der Beteiligten gedient, wenn etwa eine rechtliche Klärung darüber erfolgen müßte. Ich glaube, die Freude über das Fernsehurteil, die wir hier und da beobachten konnten, und über das Urteil über die Reinhaltung der Bundeswasserstraßen ist jetzt doch einer etwas bekümmerten Stimmung gewichen. Für einen innerdeutschen Überföderalismus in den doch erhofften Vereinigten Staaten Europas ist wohl kaum Raum, zumal wenn man dabei die deutsche Neigung berücksichtigt, alle Fragen ins Extrem zu drücken und nach ihrer grundsätzlichen Seite hin zu übertreiben. Ich will das Kapitel abschließen. Es stehen große Aufgaben auf ganz verschiedenen Gebieten vor uns. Ich denke an das allgemeine Bildungswesen, an das Verkehrswesen, an die Notstandsgesetzgebung, an die Städte- und Dorfsanierung, an die Landwirtschaft und noch manches andere mehr. Solche ungeheuer weitgreifenden Probleme und deren Finanzierung werden wahrscheinlich nur durch gemeinsame Anstrengungen, d. h. durch ein Verbundsystem gemeistert werden können. Wir haben nicht den Wunsch, den Sachverständigen vorzugreifen, aber wir meinen, doch gut daran zu tun, diese Gesichtspunkte hier einmal anzudeuten.
    Ein anderes Kapitel, von dem mein Herr Vorredner, den ich nicht mehr im Saal sehe, auch gesprochen hat! Die Opposition hat uns schon bei der ersten Lesung den Vorwurf gemacht, daß das Haushaltsgesetz zuviel Ermächtigungen enthalte, so daß man beinahe, wie einer der Redner sagte, von einem Ermächtigungsgesetz sprechen könne. Ich persönlich hätte es vorgezogen, wenn man die trübe Erinnerung an Ermächtigungsgesetze mit ihren weitreichenden negativen Folgen für uns alle nicht aufgefrischt hätte; denn dazu besteht in der Tat überhaupt kein Anlaß. Die Rechte des Parlaments sind durchaus nicht in dem Umfang eingeschränkt, wie die Opposition hier meint vortragen zu müssen. Wenn die Opposition etwa die §§ 7 und 8 des Haushaltsgesetzes, von denen ich gesprochen habe und die dem Finanzminister Ermächtigungen in bezug auf die Einwirkung auf die Konjunktur geben, meinen sollte, so möchte ich unsererseits deutlich werden lassen, daß wir gerade in diesen Vorschriften, die wir begrüßen, eine Fortentwicklung des Haushaltsrechts sehen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    der man bei der steigenden Bedeutung der öffentlichen Finanzwirtschaft für die Konjunktur- und Währungsverhältnisse nicht einfach deshalb seine Zustimmung versagen sollte, weil solche Vollmachten zur Zeit der Entstehung der Reichshaushaltsordnung weder vorhanden noch nötig waren. Denn auch die Opposition weiß ja so gut wie wir, daß der Gang der Gesetzgebung manchmal langwierig ist, eine Reihe von Monaten beansprucht und



    Dr. Conring
    daß es Zeiten gibt, in denen das Parlament gar nicht versammelt ist, in denen aber dringend nötige, rasche Entscheidungen getroffen werden müssen. Deshalb sehen wir in dieser Ermächtigung keine Entmachtung des Parlaments, sondern eine zeitgemäße Fortentwicklung des Haushaltsrechts, einen Teil jenes Instrumentariums zur Behandlung der Konjunktur, von dem die Bundesregierung sagt, daß sie es uns bekanntgeben wolle.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Einfach ein notwendiges Instrument!)

    Die Notwendigkeit sollte man wirklich nicht in Zweifel ziehen, und man sollte nicht sagen, daß das eine Entmachtung des Parlaments sei.
    Wenn ich mir die übrigen Ermächtigungen ansehe, so muß ich schon sagen, daß wir sie der Exekutive zur Durchführung des vom Parlament festgesetzten Haushalts geben.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Gerade Herr Schoettle war es ja eben, der hervorgehoben hat, daß wir die Grenzen zwischen Exekutive und Legislative nicht verwischen sollten. Wenn wir als Gesetzgeber der Exekutive Vollmachten geben, so wünschen wir sie ihr zu geben, damit sie sie in unserem Sinne ausübt. Darin eine Entmachtung des Parlaments zu sehen, ist — das muß ich allerdings sagen — bei der Abgrenzung der beiderseitigen notwendigen Aufgaben nicht am Platze.
    Schließlich hat Herr Schoettle gesagt, daß der Haushalt ein „Torso" sei, weil die Personalangelegenheiten noch nicht ihre Erledigung gefunden hätten. Meine Damen und Herren, ich glaube, unser verehrter Vorsitzender hat in dieser Beziehung doch wohl einiges übersehen; denn die Personaltitel sind ja in der Hauptsache Rechtsverpflichtungen. Das sind die Beamten-, Angestellten- und Arbeitergehälter. Darüber ist vom Parlament nicht 'viel zu beschließen. Darauf haben die Beteiligten einen gesetzlichen Anspruch. Wo eine Vergrößerung dieser Gehälter eintreten könnte, müßte es sich um die Schaffung neuer Stellen oder um die Hebung von Stellen handeln. Ich glaube, es führt uns doch ein wenig in die Irre, wenn man sagt: Das ist ein großer Betrag — Herr Schoettle sprach von 7,5 Milliarden DM —, darüber fehlt noch die Beschlußfassung 'des Parlaments, und deshalb ist der Bundeshaushaltsplan ein „Torso".
    Ich kann nicht recht einsehen, daß die Ermächtigung, die das Parlament uns vielleicht geben will, diese unangenehme Aufgabe im Haushaltsausschuß zu erledigen, nun gerade eine Entmachtung des Parlaments sein könnte; denn das Plenum des Parlaments hat sich erfreulicherweise mit dieser diffizilen Aufgabe, Stellenpläne festzusetzen, noch niemals im einzelnen beschäftigt, und ich wünschte es ihm auch für alle Zukunft nicht nach den Erfahrungen, die ich in zehn Jahren im Haushaltsausschuß in dieser Beziehung gesammelt habe. Dazu eignet sich das Plenum nicht. Wenn wir ihm aber diese Aufgabe abnehmen können und wegen der Schwierigkeit der Materie abnehmen müssen, so kann ich darin nur formalrechtlich eine „Entmachtung" des Parlaments sehen, aber der Sache nach, real kann auch in dieser
    Einschränkung der Beschlußfassung doch wirklich keine Entmachtung gesehen werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war auch nicht so bös gemeint, glaube ich!)

    —Es war vielleicht nicht so bös gemeint. Aber die Gesamtzahl von 7,5 Milliarden DM hat mich doch etwas in Wallung gebracht, weil hier der Eindruck hervorgerufen wurde, als würde über Milliardenbeträge nicht das Parlament selbst, sondern „unberechtigterweise" ein Ausschuß entscheiden. Ich glaube im ganzen überhaupt, daß Ihre Klage, meine Damen und Herren von der Opposition, über die Ermächtigungen, die wir der Regierung geben, nicht nur stark übertrieben ist, sondern daß ,es Ihnen mehr um eine gute Gelegenheit geht, der Regierung einmal eins auszuwischen.
    Ich komme zu einem anderen Thema und nähere mich dem Schluß meiner Ausführungen. Über die Preisentwicklung ist heute schon genügend gesprochen worden. Der Wirtschaftsbericht der Bundesregierung vom 11. Dezember 1963 ist bei der ersten Lesung wortwörtlich unter Angabe der Seiten und von Zitaten hier angeführt worden. Ich finde, man hat einen wesentlichen Passus nicht erwähnt. Man hat nicht die Stelle genannt, an der in einer etwas schwer zu lesenden Formulierung steht, daß nicht aus der Kaufkraftverlagerung, die der Gesetzgeber wünsche, weitere neue Preisforderungen hergeleitet werden könnten. Beispiel: Mieten; Beispiel: Althausbesitz. Ich meine die Mietpreiserhöhungen, die sich bei dem Abbau der Miet- und Wohnungszwangsbewirtschaftung ergeben und die den wahrhaft lange genug wirtschaftlich eingeengten Althausbesitz wieder gesunden lassen sollen, wobei sich der Mieter nun einmal damit abfinden muß, einen etwas größeren, aber wirtschaftlich gerechtfertigten Anteil seines Einkommens für Mietzahlung aufwenden zu müssen. Diese vom Gesetzgeber angeordneten Kaufkraftverlagerungen können aber kaum den Ausgangspunkt für neue Preisforderungen bilden. So ist es auch bei den Ernährungsgütern. Das ist eine Weisheit, die hier schon häufig erörtert worden ist. Ich finde, der Herr Vizepräsident der Bundesbank, Dr. Troeger, müßte eigentlich auch die Opposition von der Richtigkeit der Grundsätze überzeugen können, die ich hier wiedergegeben habe. Er selbst hat dazu recht beachtliche Ausführungen gemacht, die ich der Opposition zum Studium empfehlen möchte.
    Nun zu den Verbraucherpreisen! Wir haben aus dem letzten Wirtschaftsbericht des Bundeswirtschaftsministers vom Februar 1964 ersehen, daß der Anstieg des allgemeinen Preisniveaus im Februar 1964 erfreulicherweise langsamer geworden ist. Bei den Verbraucherpreisen schwächte sich, wie es dort heißt, der in den vorangegangenen Monaten spürbare Anstieg der Preise, von dem Herr Kurlbaum vorhin gesprochen hat, ab. Der Preisindex für die Lebenshaltung überstieg den Stand vom Februar 1963 um 1,5 %. Jedenfalls schließe ich auch diesen letzten mir zugänglichen Zahlen des Wirtschaftsberichts der Bundesregierung, daß für eine Dramatisierung dieser Preisverhältnisse kein besonderer Anlaß besteht.



    Dr. Conring
    Ich übergehe die Verhältnisse bei der Bundesbahn und Bundespost, weil darüber genügend gesprochen worden ist.
    Ich komme auf einen Vorschlag zurück, den auch Herr Schoettle erörtert hat, nämlich die wirtschaftliche Vorausschau. Die wirtschaftliche und damit finanzpolitische Vorausschau auf das Jahr 1964 weist natürlich, wie jede Vorausschau, gewisse Unsicherheitsfaktoren auf, zumal in diesem Falle schwer zu übersehen ist, wie sich die — wie wir doch wünschen müssen — erfolgreichen Stabilisierungsmaßnahmen unserer Nachbarländer auf unsere Außenhandelsüberschüsse auswirken werden. Schon das ist für das ganze Jahr schwer abzuschätzen. Soll man nun darüber hinaus noch für weitere Jahre finanz-
    und haushaltsmäßige Vorausschätzungen mit all den Unsicherheiten vornehmen, die dann vermehrt vorliegen werden? Man soll es tun, und man tut es auch schon. Denken Sie bitte daran, daß wir Vierjahrespläne für die Bundesstraßen und für die Wasserstraßen haben. Wir sind für beide schon in den zweiten Vierjahresplan eingetreten. Dabei darf ich am Rande bemerken, daß die Vierjahrespläne für die Bundesautobahn und die Bundesfernstraßen in vollem Umfange erfüllt werden. Erfreulicherweise kann man eine Garantie für diese 13 Milliarden DM des zweiten Vierjahresplans übernehmen. Auch im Bereich des Verteidigungsministeriums bestehen seit Jahren Mehrjahrespläne für die Marine, für die Luftwaffe und für die Panzerstreitkräfte. Man kann hinzufügen: ohne diese Mehrjahrespläne könnte wahrscheinlich auf diesem Gebiet gar nicht mehr mit Erfolg gearbeitet werden. Erinnern Sie sich bitte auch an den zweiten Fünfjahresplan für die Eingliederung der geflüchteten und vertriebenen Bauern. Also das, was man jetzt in der Öffentlichkeit stark in den Vordergrund schiebt — und mit Recht in den Vordergrund schiebt —, daß man eine Vorausschau auf mehrere Jahre haben müßte, hat schon seine Berechtigung, wie die bisherige Praxis erwiesen hat.
    Wenn jetzt im Finanzministerium, wie ich höre, Überlegungen angestellt werden, ob man den Unterschied zwischen ordentlichem und außerordentlichem Haushalt fallenlassen und an deren Stelle lieber einen Investitionshaushalt und einen Verwaltungshaushalt treten lassen sollte, dann kann ich, Herr Bundesfinanzminister, nur sagen, daß wir diese Bemühungen begrüßen. Dadurch würde ja auch deutlich werden, daß das eigentliche Gewicht des Haushaltsplans sich von der ursprünglichen fiskalischen Tendierung mehr auf die wirtschaftspolitische Seite verlagert hat, als ein Instrument, das in der Wirtschaftspolitik gar nicht mehr entbehrt werden kann.
    Im übrigen würde eine solche Mehrjahresvorausschau die Übersicht erleichtern für alle, die sich Rechenschaft darüber geben wollen oder geben müssen, welche Teile des Sozialprodukts der nun kommenden Jahre bereits festgelegt, worüber bereits verfügt ist und für welche Zwecke darüber verfügt ist und welcher Spielraum denn eigentlich noch für andere Zwecke verbleibt, die man vielleicht als noch gar nicht erkennbare, aber später als unabweisbare Bedürfnisse bezeichnen könnte. Heute gibt der Haushalt darüber nur ein unvollkommenes Bild.
    In diesem Zusammenhang möchte ich die Aufmerksamkeit des Herrn Bundesfinanzministers auf die Bindungsermächtigungen lenken. Sie betragen jetzt etwa 34,8 Milliarden DM. Es ist nötig, eine zusammenfassende Darstellung dieser Bindungsermächtigungen zu geben und damit auch eine genaue Kontrollmöglichkeit für das Parlament,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    welches ja einen Überblick haben muß, wie sich eigentlich die Verhältnisse nicht nur in bezug auf Schulden — den Überblick bekommen wir — und auf Bürgschaften, sondern auch bezüglich der Bindungsermächtigungen gestalten. Wir hatten ja auch bei den Haushaltsberatungen hier und da den Eindruck, daß Bindungsermächtigungen für Zwecke in Anspruch genommen würden, für die sie eigentlich gar nicht in Frage kommen. Aber das sei hier auch nur am Rande erwähnt.
    Wir hoffen, daß der Bundesfinanzminister und der Bundeswirtschaftsminister in ihren Bemühungen um einen mehrjährigen Haushaltsvoranschlag unterstützt werden durch den Sachverständigenrat, den sogenannten Konjunkturrat.

    (Abg. Dr. Schäfer: Den geteilten!)

    Der Konjunkturrat soll bis zum 15. November erstmalig ein Gutachten vorlegen. Vielleicht wäre es unter den etwas bewegten Verhältnissen in Europa, über die gerade gestern in Brüssel verhandelt worden ist, wünschenswert, daß dieser Konjunkturrat — diesen Namen hat er ja wohl in der Zwischenzeit angenommen — schon vorher ein außerplanmäßiges Gutachten abgibt. Neben ihm bemüht sich, wie wir heute morgen von Herrn Wirtschaftsminister Schmücker wieder hörten, die EWG mit ihrem „Aktionsprogramm" und mit ihrer „Empfehlung an den Rat zur mittelfristigen Wirtschaftspolitik" um denselben Gegenstand, um den sich auch der Wissenschaftliche Beirat im Bundeswirtschaftsministerium bemüht.
    Aber, meine Damen und Herren, wir müssen natürlich bei aller Mühe, etwas weiter in die Zukunft zu sehen, und bei aller Mühe, den Überblick über die kommenden Jahre zu gewinnen, uns darüber klar sein, daß eine verbindliche längerfristige Festlegung nicht in Betracht kommen kann. Es bleibt eine Vorausschau, es bleibt eine etwa mögliche Disposition; vorausgesetzt, daß das volle Maß der Freiheit und Beweglichkeit während der mehrjährigen Planung erhalten bleibt

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und daß nicht etwa die Suggestivwirkung, die solchen mehrjährigen Plänen nach der Erfahrung des Lebens innezuwohnen pflegt, ein Hemmnis bildet für eine Umdisposition, die ebenso notwendig sein oder werden könnte. In dieser Begrenzung würden wir die Bemühungen des Herrn Finanzministers, zu mehrjährigen Haushaltsvorausschauen zu kommen, unterstützen.
    Herr Finanzminister, angesichts der für 1965 sicher nicht leichter werdenden Ausgabenplanungen möchte ich Ihnen noch nahelegen, die Einzelpläne einmal daraufhin durchsehen zu lassen, ob sich nicht etwa



    Dr. Conring
    manche Geldleistungen, die einst mit gutem Grund in den Bundeshaushalt aufgenommen worden sind, unberechtigterweise über weitere Jahre hinaus fortsetzen, obwohl ein echtes, wirtschaflich zwingendes Bedürfnis für diese Fortsetzung heute vielleicht gar nicht mehr vorliegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es erben sich eben auch auf diesem Gebiet Gesetz und Rechte wie eine ew'ge Krankheit fort.
    Meine Herren, ich komme zum Schluß. Das ist an sich bedauerlich; denn es wäre noch viel zu sagen. Aber ich glaube, wir sind es uns gegenseitig schuldig, das Zeitmaß nicht zu überschreiten. Wir von der CDU und von der CSU glauben, daß die Bundesregierung mit dem Etat 1964 einen in der Tendenz: durchaus richtigen Weg eingeschlagen hat. Wir glauben, daß sie durch die Bindung der Ausgaben der Bundeshaushalts an das Sozialprodukt einen Weg eingeschlagen hat, den wir nicht wieder verlassen sollten. Wir werden die Bundesregierung unterstützen, wenn sie diesen Weg weitergeht bei der Ausführung des Etats 1964 und auch bei der Aufstellung des jetzt bereits im Werden begriffenen Haushaltsplans 1965. Der Etat 1964 mit seinen Zahlen und das Haushaltsgesetz mit seinen Ermächtigungen sind darauf abgestellt, daß der große öffentliche Bedarfsträger, der Bund, und, ihm hoffentlich folgend, auch die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände mehr als bisher zu einem konjunkturgerechten Verhalten gelangen mögen. Niemand wird von der Bundesregierung erwarten, daß sie einer Wirtschaftsexpansion in den Arm fällt, solange sich diese in gesunden Bahnen entwickelt. Aber jeder von uns wird hoffen müssen, daß die Bundesregierung, wie sie es auch vorhat, entschlußfreudig genug sein wird, das „magische Dreieck" konsequent im Auge zu behalten und etwaige Gefahren durch eine bewußte Nachfragedämpfung abzuwenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir wissen uns den für die Volkswirtschaft so bedeutsamen Sparern in der Bundesrepublik und in West-Berlin mit ihren 80 Milliarden DM Sparguthaben — ein einziges Prozent Verlust an Kaufkraft der D-Mark bedeutet für sie einen Verlust von 800 Millionen DM — und mit ihnen der deutschen Volkswirtschaft wirtschaftlich und moralisch stark verpflichtet. Denn wir sind davon überzeugt, daß auch eine nur schleichende Inflation kein zukunftsträchtiges Rezept für ein gesundes Wirtschaftswachstum ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der so erfolgreichen Wirtschaftspolitik unserer Bundesregierung, die sicherlich nicht mit der Sozialpolitik identisch, aber die selbstverständliche Voraussetzung für eine gute Sozialpolitik ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    werden wir vom Haushalt her jede Stütze geben, damit die Währung gesund und die gute Konjunktur in der Bundesrepublik und in West-Berlin erhalten bleibt und mit ihr eine ausgeglichene Zahlungsbilanz dafür sorgt, daß es allen Bevölkerungskreisen in Deutschland gut geht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Emde.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Georg Emde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Beratung des Haushalts 1964 hier am 9. Januar 1964 eröffnet wurde, ist ein bemerkenswerter Versuch gemacht worden, der Versuch, eine politische Etatdebatte zu führen. Es haben vor oder nach den Etatexperten des Hauses Fraktionsvorsitzende und stellvertretende Fraktionsvorsitzende gesprochen. Es wurden Passierscheinfragen, das deutsch-russische Verhältnis, die Anerkennung Rotchinas durch Frankreich, Konjunkturprobleme, Fragen der allgemeinen Wirtschaftspolitik unvermittelt und zusammenhanglos neben dem eigentlichen Thema her behandelt, und im Ergebnis haben wir alle aneinander vorbeigeredet. Es darf aber nicht bei diesen allgemeinen kritischen Bemerkungen zum Ablauf der ersten Lesung bleiben; denn die Initiatoren des Verfahrens haben manch berechtigter Kritik an der Methode unserer parlamentarischen Arbeit begegnen wollen. Und hier lohnt es sich tatsächlich, einige Worte über Form und Art unserer Haushaltsberatungen zu sagen.
    Die Etatberatung, die früher einmal die große politische Aussprache des Parlaments war, ist heute zu einem Gespräch der Experten geworden, an dem auf Regierungsbank und im Plenum selbst nur die Fachleute oder die durch den Etat persönlich Betroffenen teilnehmen. Damit fehlt die große Stimmung, der Funke der lebendigen Debatte zündet nicht, und die Wirkung in Presse und Öffentlichkeit ist entsprechend nüchtern. Man mag das kritisieren, man mag das beklagen, ändern kann man diesen Zustand nicht mehr. Denn es hat sich doch mancherlei Grundsätzliches verändert seit jenen Tagen, in denen das Parlament überhaupt nur zu seinen Sitzungen zusammentrat, um den Etat zu beraten. Seit jenen Tagen, in denen die Etatberatung das einzige Recht der Volksvertretung war und nur durch die Gewährung oder Verweigerung von Geldmitteln direkter oder indirekter Einfluß auf die Politik des Souveräns gefunden werden konnte.
    Dagegen haben wir heute die Möglichkeit der ständigen parlamentarischen Aussprache durch Gesetzesberatungen, Große und Kleine Anfragen, Fragestunden, so daß die Etatberatung zumindest die parlamentarische Ausschließlichkeit verloren hat.
    Dazu kommt ein zweiter Vorgang. Ehe der Etat erstmalig in diesem Hause behandelt wird, ist er bereits von Parteien und Presse ausführlich erörtert worden; denn vor seiner Beratung hier an dieser Stelle liegt die Zuleitung und der erste Durchgang im Bundesrat. Damit fehlt die Ursprünglichkeit der Aussprache, und sie ist auch nicht durch eine Anreicherung des Stoffes mit anderen Problemen zu erreichen.
    Und noch ein weiteres! Die Probleme, die in einem Haushalt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts



    Dr. Emde
    liegen, sind um vieles komplizierter und differenzierter als die relativ übersichtlichen Problemstellungen der Vergangenheit. Die industrielle Massengesellschaft ist mit den tiefgreifenden Einflüssen der öffentlichen Haushalte aller Ebenen auf den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens in ihren Funktionen so vielfältig in sich abhängig, daß nur derjenige sie gestalten kann, der wenigstens annähernd abzuschätzen in der Lage ist, wo und wie sich seine Maßnahmen auswirken.
    Gute Auffassungsgabe, gesunder Menschenverstand und rednerisches Talent können daher nicht alleinige Fundamente einer Etatdebatte sein, und ohne Fachwissen und ohne Kenntnis der wirtschaftlichen, finanziellen und soziologischen Zusammenhänge wird die Aussprache immer an der Oberfläche bleiben. Nicht hurtige Wortgeplänkel, sondern Fachdiskussionen prägen das Bild, und 'ich glaube, das ist eine dem Ernst unserer Zeit und den Gewichten der Probleme angemessene Form.
    Dabei bietet ja auch die zweite Lesung eines Etats alle Möglichkeiten der sogenannten politischen Aussprache. Bei jedem Einzelplan hat ein jeder hier in diesem Hause die Gelegenheit, seine politischen Vorstellungen oder die seiner Partei darzutun, er hat auch die Chance, sich selbst darzustellen.
    Nun ist die zweite Lesung des Haushalts 1964 in bemerkenswerter Kürze verlaufen. Nur zwei Tage wurden dazu benötigt, und unmittelbar daran schließt sich die dritte Lesung an, das ist ungewöhnlich. Das Argument, die Fragen der Außenpolitik seien im Januar, die der Verteidigungspolitik im Februar bei der Diskussion des Berichts des Wehrbeauftragten, die Fragen der Landwirtschaft bei der Anfrage der Koalitionsparteien im März ausführlich erörtert worden, ist kaum ausreichend, die zweite Lesung so rasch durchlaufen zu lassen.
    Es scheint so zu sein, daß die Opposition, von der doch in erster Linie die Initiative der Diskussion ausgehen sollte, in weiten Bereichen mit den Maßnahmen der Regierung übereinstimmt, ihnen zumindest keine eigene Initiative entgegenzusetzen beabsichtigt. Das ist keine Kritik am Verhalten der Opposition, das ist die Feststellung einer Entwicklung, die zunehmend deutlicher wird. Einmal liegt diese Entwicklung begründet in der Tatsache, daß die Methode der politischen Meinungs- und Willensbildung im Rahmen der deutschen Verfassungswirklichkeit durch die Arbeit in den Ausschüssen dieses Hauses und die Einwirkung des Bundesrates immer stärker zum Ausgleich auch widerstrebender Absichten führt, und nicht zuletzt in der Tatsache, daß nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der Unionsparteien in diesem Hause niemand allein mehr regieren kann und der politische Ausgleich mindest zweier Parteien zur Mehrheitsbildung erforderlich ist, was der Sache nur dienen kann.
    Durch den zunehmenden Ausgleich unterschiedlicher politischer Absichten entfallen allerdings in großem Umfang die harten parlamentarischen Debatten der vorhergehenden Legislaturperioden. Parlamentarische Feinschmecker mögen dies vielleicht bedauern, die Öffentlichkeit und das deutsche Volk können sich nur glücklich schätzen, daß an Stelle mancher sogenannter „großer Tage" die mehr sachliche Arbeit getreten ist. Es sollte jedoch ernsthaft überlegt werden, ob Teile der Ausschußarbeit nicht der Presse zugänglich gemacht werden könnten. Dann würde sicherlich manche negative Nebenwirkung des neuen Stiles aufgehoben werden.
    Zum anderen aber liegt die Tatsache, daß die Opposition keine besonderen Angriffe gegen die Regierung führt, zumindest was den Bereich der von der FDP gestellten Minister betrifft, darin begründet, daß auch die SPD mit den Maßnahmen der FDP-Minister einverstanden ist. Das freut uns natürlich ganz besonders, weil wir darin eine echte Anerkennung unserer Arbeit als Regierungspartei sehen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Die SPD hat auch zum heutigen Tage keine bemerkenswerten Vorschläge im Bereich des Bundesfinanzministers gemacht. Denn zu den drei Grundproblemen des Haushalts sind bedeutsame Abweichungen der Auffassungen nicht vorgetragen worden. Dabei geht es erstens um das Haushaltsvolumen. Das Haushaltsvolumen von 60,3 Milliarden DM ist von keinem der Fraktionssprecher abgelehnt und an seiner Stelle ein anderer Haushaltsendbetrag gefordert worden. Zweitens geht es um die Einnahmeseite. Der Methode der Aufbringung der 60,3 Milliarden DM ist nicht ernsthaft widersprochen worden. Und drittens geht es um die Ausgabenseite. Auch der Art der Verteilung der 60,3 Milliarden DM ist nur in geringfügigen Einzelbereichen, nicht aber im Grundsätzlichen widersprochen worden.
    So ist nach dem glatten Verlauf der ersten Lesung, der Ausschußberatung und der zweiten Lesung nun diese dritte Lesung der Augenblick, in dem die Parteien ihre politische Grundsatzerklärung zu dem Haushalt als Ganzes abgeben. Nach den wertvollen Ausführungen meiner Kollegen von der CDU/CSU und der SPD möchte ich mich nur auf einige für uns wesentliche Probleme beschränken, die für uns Kernprobleme der Innenpolitik darstellen und bei deren Lösung wir deutlich gemacht haben, wie der moderne Liberalismus entscheidende Fragen der Sozialpolitik, der Finanzpolitik, der Wirtschaftspolitik und des Verhältnisses zwischen Bund, Ländern und Kommunen behandelt zu sehen wünscht.
    Das Gesamtvolumen des Haushalts ist zwischen seiner Einbringung und Verabschiedung nicht verändert worden, trotz aller Schwierigkeiten, die der Durchsetzung dieser finanzpolitischen Absicht entgegenstanden.
    Problem Nr. 1 war es, einen Ausgleich für den Einnahmeausfall von 392 Millionen DM zu finden, der als Folge des Kompromisses im Steuerstreit zwischen Bund und Ländern entstand. Bei aller Würdigung der entstehenden Haushaltsschwierigkeiten hatten wir Freien Demokraten diesem Kompromiß zugestimmt. Denn schon zu lange behinderte dieser Streit die Finanzplanungen aller Beteiligten, und selbst die Reform der Steuergesetzgebung durch das nunmehr vorliegende Steueränderungsgesetz wurde durch den Zeitverlust immer



    Dr. Emde
    stärker gefährdet. Aber auch in der Sache halte ich das Ergebnis für richtig, denn wer die kommunale Selbstverwaltung bejaht, kann nicht seine Hand dafür hergeben, ihre Finanzbasis zu zerstören. Ein jeder weiß, daß die Kommunen über den Steuerverbund direkt mitbetroffen sind an der Veränderung der Steuerverteilungsquote. Aber alle Haushaltsschwierigkeiten wogen leichter als die anderen mit dem Kompromiß verbundenen Fragen. Und wir haben auch prompt eine Möglichkeit des Ausgleichs auf der Einnahmeseite gefunden.
    Während der Ausschußberatungen konnten die Verwaltungseinnahmen um 124 Millionen DM erhöht werden. Die Veranschlagungsmethode der Sachbearbeiter in den verschiedenen Ministerien ist bei Einnahmeschätzungen immer zurückhaltend. Die Anpassung dieser pessimistischen Schätzungen an die Realitäten der Einnahmenentwicklung — zwischen Aufstellung des Etats im Sommer 1963 und der Beratung im Februar 1964 lag eine erhebliche Zeitspanne — brachte den Betrag von 124 Millionen DM.
    Ein zweiter Vorgang .auf der Einnahmeseite ist aber bedeutsamer, der der Steuerschätzungen. Hier wurden 167 Millionen DM mehr veranschlagt. Bei der ersten Lesung habe ich für meine ,Fraktion die Erwartung ausgesprochen, daß eine Erhöhung der Steueransätze uni 100 Millionen DM möglich sei. Auf Grund der Informationen der Wirtschaftsinstitute sind es jetzt 167 Millionen DM. Wirtschafts- und Konjunkturprognosen, seien sie niedergelegt in Wirtschaftsberichten der Bundesregierung oder in Analysen der wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute, entstehen durch die Fortsetzung von Zahlenreihen vergangener Jahre in das kommende Jahr, jeweils verändert nach den persönlichen Abschätzungen, die die Gutachter von der kommenden Entwicklung erwarten. Derartige Prognosen können nur Richtwerte ergeben, die der Politiker bei seiner Meinungsbildung in seiner Entscheidung kennen und verwerten muß. Sie können nie an die Stelle seiner Entscheidung treten. Die Zukunft ist nicht planbar, sie ist nicht errechenbar, immer werden nicht erfaßbare Unsicherheitsfaktoren die Prognosen verändern. Nur der beherrscht die Finanzpolitik, der mit den Zahlen auf seinem Schreibtisch und dem persönlichen Erfassen der Entwicklung den politischen Willen verbindet, im Rahmen der Möglichkeiten die Zukunft zu gestalten. Ich glaube, daß wir im Laufe des Jahres 1964 noch über die 167 Millionen DM Steuermehreinnahmen hinausgehen und daß damit die dritte notwendige Maßnahme, die heute vorgesehen ist, nämlich die Erhöhung der Kreditmittel, nicht angewendet zu werden braucht. Aber auf jeden Fall wird der Ausfall, der durch den Kompromiß im Steuerstreit entstanden ist, voll ausgeglichen ohne hauhaltstechnische Kniffe oder Verletzungen der diesem Etat zugrunde liegenden finanzpolitischen Zielsetzung.
    Nun hat unser geschätzter Kollege Dr. Möller in der ersten Lesung unter Einbeziehung aller Reserven als theoretische Obergrenze des Etatvolumens 60,7 Milliarden DM errechnet, ohne allerdings eine Ausweitung des Etatvolumens zu fordern. Er hat vielmehr wörtlich erklärt — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
    Wir beabsichtigen dabei nicht, von uns aus die magische Grenze von 60,3 Milliarden DM zu überschreiten. Inwieweit sie echt ist und bleiben kann, werden die weiteren Beratungen zeigen.
    Und einige Passagen weiter:
    Deshalb fordert die sozialdemokratische Fraktion: Auch innerhalb von willkürlich gesetzten magischen Grenzen muß das realistische Ziel die der öffentlichen Hand :anvertraute Erfüllung lebenswichtiger, für die Existenz des demokratischen Staates unabweisbarer Aufgaben sein.
    Diese Argumentation ist richtig. Ich habe für meine Fraktion ähnlich gesprochen, von der zureichenden Erfüllung der Staatsaufgaben gesprochen, den Begriff des Sparens nach unserer Sicht definiert als sinnvolle Verwendung der Mittel, auf unzureichende Dotierung ,gewisser Aufgaben hingewiesen und eine gewisse Umstrukturierung des Etats gefordert.
    Die vom Kollegen Möller gestellte Frage aber lautete: Wird es möglich sein, die notwendigen zusätzlichen Leistungen aus dem bestehenden Etatvolumen zu finanzieren, und wird sich damit das Etatvolumen als echt erweisen? Ich glaube, diese Frage kann heute eindeutig mit Ja beantwortet werden, denn es ist die Lösung des Problems im Haushalt gelungen, ich meine die Verabschiedung der Neuregelung der Kriegsopferversorgung mit Wirkung vom 1. Januar 1964.
    Durch Beschluß des Plenums vom 24. Januar ist das Kriegsopferneuregelungsgesetz zum 1. Januar 1964 in Kraft gesetzt worden ohne Ausweitung des Etatvolumens. Voraussetzung dieses Beschlusses war die Zustimmung des Haushaltsausschusses, wobei Deckung für die Mehrausgaben angeboten werden mußte. Die von den Koalitionsparteien dem Haushaltsausschuß vorgelegte Liste von Streichungen in allen wesentlichen Einzelplänen, die auch von dem Herrn Bundeskanzler und dem Kabinett anerkannt worden ist, ist dann während der Etatberatungen im Haushaltsausschuß und hier in der zweiten Lesung nahezu unverändert geblieben, ein Beweis dafür, daß die Masse der Streichungen für die Betroffenen tragbar und für die politischen Absichten des Etats nicht schädlich war. Ich möchte für die FDP nochmals unsere Genugtuung darüber ausdrücken, daß erstens die getroffene Regelung als Akt der Gerechtigkeit gegenüber den Kriegsopfern möglich wurde, und zweitens die Kriegsopferversorgung geregelt werden konnte, ohne finanzpolitisch unerwünschte Wirkungen auszulösen. Das politische Ziel der FDP, Kriegsfolgelasten vorrangig zu regeln, ist auf diese Weise voll erreicht worden.
    Nach dieser Verabschiedung der Kriegsopferversorgung konnten wir mit Genugtuung den beiden Teilen der gesellschaftspolitisch so bedeutsamen Neuregelung der Kindergeldgesetzgebung zustimmen, der Erhöhung der Leistungen zugunsten der Berechtigten und der Aufbringung der Beträge über den Bundeshaushalt.
    Die Leistungen mit 470 Millionen DM zugunsten der Berechtigten sind eine echte, bedeutsame gesellschaftspolitische Lösung. Seit Jahren aber gehört es



    Dr. Emde
    zum Wortschatz jedes Parteivertreters, von der Förderung oder Unterstützung des Mittelstandes zu reden. Keine Versammlung, kein Wahlkampf kommt ohne ein möglichst herzliches Bekenntnis zu diesen für unser Volk so bedeutsamen Schichten aus. Wer aber Verbindung zu den Selbständigen in den freien Berufen, im Handwerk, im Gewerbe, in Kleinbetrieben und im Einzelhandel hat, der weiß, daß man dort der vielen Worte überdrüssig war und in noch so gut gemeinten Kreditaktionen keinen Ersatz einer echten Mittelstandspolitik sah. Die Übernahme des Kindergeldes auf den Bundeshaushalt mit einer Entlastung der Betriebe von rund einer Milliarde DM wirkt sich besonders bei den mittleren und kleineren Betriebsgrößen aus. Mag die Lösung noch so umstritten gewesen sein, in einigen Wochen wird sich die Entscheidung des 13. März erstmalig für den Bundeshaushalt, aber auch für die unzähligen Betroffenen in einer erheblichen Erleichterung auswirken.
    In der vollen Übernahme der Aufbringung des Kindergeldes auf den Bundeshaushalt sehen wir eine bedeutsame gesellschaftspolitische Maßnahme.
    Wir Freien Demokraten begrüßen es, daß nunmehr die Fehlkonstruktion des Jahres 1954 beseitigt worden ist. Wir haben jahrelang konsequent die heutige Lösung gefordert. In dem bald erfolgenden Abbau der Familienausgleichskassen und der vollen Übernahme der technischen Leistung durch die Arbeitsamtsverwaltung sehen wir eine beträchtliche Verwaltungsvereinfachung, und wenn parallel dazu eine weitere Straffung der Organisation der Arbeitsamtsverwaltung erfolgt, so sind wir gerne bereit, dem Herrn Bundesarbeitsminister unsere Anerkennung dafür zu bezeugen.
    Neben der Erhöhung der Mittel für die Kriegsopferversorgung sind noch gewisse kleinere, in der politischen Tendenz jedoch bedeutsame Änderungen des Haushaltsgefüges zugunsten ders Verkehrshaushalts und zugunsten des Wissenschaftshaushalts geschehen. Ich möchte die Einzelheiten hier nicht mehr behandeln, nachdem die Kollegen die Dinge in der zweiten Lesung besprochen haben. Aber ich will noch einmal auf den Tatbestand hinweisen, daß wir stets eine verbesserte Infrastruktur der deutschen Wirtschaft gefordert haben; denn ohne eine blühende Wirtschaft wind dieser Staat nicht bestehen können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    An sich wäre ich jetzt bei dem üblichen Stil einer Haushältsrede an der Stelle angelangt, von der aus noch einige Worte über die Zukunft gesagt werden, z. B. über die geplante Steuersenkung des Jahres 1965, von der aus allen Beteiligten für die Arbeit der vergangenen Monate gedankt wird. Dann würde bei der üblichen Form der Sprecher einer Regierungspartei sich befriedigt auf seinen Platz begeben mit dem Gefühl, unter Umgehung aller Schwierigkeiten mit freundlichen Worten für seine Partei mehr oder weniger werbewirksam gewesen zu sein. Meine Damen und Herren, nicht ohne Absicht habe ich im ersten Teil meiner Rede die Problematik der Haushaltsberatungen in unserer Zeit behandelt: nicht ohne Absicht, denn ich bin nicht bereit, die letzte Etatrede vor dem Wahljahr 1965 in freundlicher Routine enden zu lassen. Ich glaube, uns allen steht es besser an, nüchtern zu den drängenden Fragen der Gegenwart Stellung zu nehmen.
    Alles, was ich bis jetzt gesagt habe, war nicht ohne Freude über das in den vergangenen Monaten Erreichte. Alles, was ich jetzt vorzutragen habe, sind wenig erheiternde Wahrheiten.
    1. Der Haushalt war nur auszugleichen durch Veranschlagung einer globalen Minderausgabe, die nunmehr erreicht wird durch eine gesetzliche Kürzung in Höhe von 10 % aller der Sperre unterliegenden Baumittel und eine 5%ige Kürzung aller freien Ausgaben.
    2. Neben dem ordentlichen und außerordentlichen Haushalt zeichnen sich Ausgaben ab, die gekennzeichnet sind durch Hergabe von Schuldbuchforderungen an die Rentenversicherungsträger an Stelle von Bargeld, durch ein Haushaltsdefizit aus dem Jahre 1963, durch Defizite bei Post und Bahn.
    3. Vor uns tauchen aus den Reihen dieses Parlaments Ausgabenwünsche auf, deren Addition Phantasiezahlen ergibt, deren Verwirklichung die Staatsfinanzen ins Chaos stürzen würde.
    Aber beginnen wir bei der, relativ gesprochen, harmlosesten Frage, den Kürzungen und Sperrungen. Im Entwurf des Haushaltsplanes waren eine Sperre von 20 % aller Baumittel und eine globale Minderausgabe von 791 Millionen vorgesehen. Durch die Arbeit des Haushaltsausschusses konnte die Minderausgabe durch Streichungen und Einsparungen bei einigen hundert Etatpositionen auf 528 Millionen verringert werden.
    Der Ausgleich dieser 528 Millionen wird nun nicht dem Ablauf des Haushaltsjahres überlassen oder in einen Nachtragshaushalt verschoben, sondern sofort vorgenommen, und zwar durch die 10%ige Kürzung der der Sperre unterliegenden Baumittel und die 5°%ige Kürzung der freien Ausgaben. Diese in der Vergangenheit immer wieder angewandte Methode sollte aber auf keinen Fall zum weiteren System werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Unsinniger Verwaltungsaufwand durch listenweise Anträge auf überplanmäßige Ausgaben, Verwirrung im Ablauf der Baumaßnahmen, überhöhte Anforderungen von Etatmitteln durch die Fachressorts — die schon bei der Etataufstellung die späteren Kürzungen einkalkulieren —

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien)

    sind die Folge. Eine saubere Finanzpolitik sollte solche Mittel nur im letzten Notfall anwenden, wenn während des Haushaltsjahres die Dinge ins Gleiten zu kommen drohen. Das Finanzministerium sollte schon bei der Etataufstellung, unterstützt von der Autorität des Herrn Bundeskanzlers, gegenüber allen Ressorts die Kürzungen durchsetzen, die der Haushaltsausschuß nachher während der Beratung der Einzelpläne erzwingt und die durch Sperren und globale Kürzungen dann in der zweiten und dritten Lesung nachgeholt werden.



    Dr. Emde
    Notwendig wird ein solch drastisches Vorgehen sein; denn spätestens 1965 wird das, was im Schatten dieses Haushalts heraufzieht, auf unseren Tischen liegen: die Frage der Hergabe von Schuldbuchforderungen an die Rentenversicherungsträger statt Bargeld, die Rückzahlung des Notenbankkredits aus dem Jahre 1961, die Abdeckung des Haushaltsdefizits und die Abdeckung der Difizite von Bahn und Post.
    Es wird in diesem Haushalt von den an die Rentenversicherungsträger zu leistenden Zahlungen von 7,9 Milliarden ein Teil, nämlich 500 Millionen, in Form von Schuldbuchforderungen geleistet. Zwar wird diese Forderung mit jährlich 6 % getilgt, aber es gibt keinen Zweifel daran, daß es sich hier um einen Vorgang verdeckter Geldschöpfung handelt. Aus diesem Grunde haben wir so leidenschaftlich einer Erhöhung dieses Betrages, wie er von mancher Seite gefordert wurde, widersprochen. Es muß ein Vorgang sein, der 1965 nicht wiederholt werden darf.
    1964 war aus dem Abkommen zwischen Bundesbank und Bundesregierung zur Tilgung der von der Bundesbank erworbenen Forderungen aus der Nachkriegswirtschaftshilfe eine Jahrestilgungsrate von 506 Millionen fällig. Nur 106 Millionen werden aber laut Haushaltsplan tatsächlich getilgt; 400 Millionen sollen von der Bundesbank vorläufig gestundet werden. Auch dieses Verfahren kann 1965 nicht fortgesetzt werden; die dann fällige Rate von 557 Millionen muß bedient werden. Durch die Stundung dieses Jahres verzögert sich die Endtilgung sowieso schon bis 1969.
    Das Haushaltsdefizit aus 1963 mit 500 Millionen muß spätestens 1965 abgedeckt werden. Über die Defizite von Bahn und Post aus 1964 haben wir uns noch gar nicht unterhalten. Wenn diese Posten zusammengezählt werden, kommen wir auf eine Haushaltsverschlechterung im Jahre 1965 von 1,5 bis 1,75 Milliarden DM.
    Nun ist bei einer straffen Finanzgebarung eine Abdeckung und Einstellung all dieser Posten möglich. Das heißt aber, meine Damen und Herren, daß Regierung und Parlament in ihren Ausgabevorstellungen bis zum Ende dieser Legislaturperiode äußerste Beschränkung üben müssen.
    Eine solche Erklärung wird fast immer beifällig aufgenommen. Mancher Kollege ist auch überzeugt, daß aus vielen Gründen Beschränkung in den Ausgabewünschen des Parlaments eine gute Sache sei, allerdings mit einer einzigen kleinen Ausnahme, der vorherigen Erfüllung der Wünsche für seine eigene parlamentarische Arbeit.

    (Beifall bei der FDP.)

    Dabei gibt es den Typ der Kollegen, die den Finanzminister und uns Mitglieder des Haushaltsausschusses als eine Art Dukatenmännchen ansehen, etwas störrisch in ihrem Verhalten, geistig nicht ganz geeignet, die persönlich vertretenen Probleme recht zu verstehen, aber doch mit gutem Zureden beeinflußbar. Freundlich schulterklopfend redet man unsereinem zu, daß bei den 60 Milliarden der Betrag doch keine Rolle spiele, und es heißt dann: Wir
    helfen dir ja auch, unsittliche Anträge aller anderen nachher abzulehnen.
    Der andere Typ der Kollegen, befangen im alleinigen Betrachten, des eigenen Sektors, vertritt draußen vor der Öffentlichkeit mit Überzeugung und Leidenschaft eine sicherlich gute Sache. Er argumentiert vor Publikum und Presse, macht sich zum Anwalt berechtigter Forderungen, und dann sind Finanzminister und Haushaltsausschuß die Politiker, die notfalls durch Druck aller Art zu Vernunft und Erkenntnis gebracht werden müssen. Die Kollegen, die so handeln, machen es sich bei Gott leicht. Meint irgend jemand hier in diesem Hause, oder wer sonst diese Rede hören oder lesen mag, daß ich gerne auf überfüllten Straße fahre, daß ich mich freue, wenn meine Kinder Schichtunterricht haben, daß mich Not und Sorgen alter, kranker oder einsamer Menschen nicht auch zutiefst bewegen? Weiß man denn nicht, daß auch wir die Probleme unseres Volkes kennen und unter ihnen leiden? Aber, meine Damen und Herren, Politik machen heißt, die Gesamtheit sehen, alle Nöte, alle Probleme nebeneinander sehen und die Fragen dann so lösen, daß möglichst jede Not gemildert wird, daß jedes Problem einer Lösung zugeführt wird, daß man, wenn nicht alles zur gleichen Zeit geht, die Dinge nacheinander löst, daß dabei die Basis der gesunden Wirtschaft und der stabilen Währung nie gefährdet wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein Weiteres: Ich glaube nicht, daß wir Politiker ein Mandat haben, Belastungen unseres Volkes in eine unübersehbare Zukunft hinein zu beschließen. Ich meine damit eindeutig nicht Darlehensaufnahmen auf dem Kapitalmarkt für vermögenswirksame Ausgaben; ich meine etwas ganz anderes.
    Ein Volk, das in 15 Jahren zur finanziellen, politischen und ethischen Überwindung eines verlorenen Krieges für Kriegsfolgen und Wiedergutmachungsleistungen bis zu diesem Jahr einschließlich 113 Milliarden DM aufgebracht hat, das bis zum Jahre 1970 bereits heute durch Gesetz und Vertrag weitere 60 Milliarden für diese Zwecke aufzubringen hat, dem bekannt ist, daß durch Gesetzesvorlagen der Bundesregierung weitere 8 Milliarden erbracht werden sollen, ist in einem Maße belastet, daß dies bei allen weiteren Initiativen von jedem, der Wünsche vorbringt, ernsthaft berücksichtigt werden muß. Wenn aber aus den Reihen dieses Hauses in diesen Bereichen durch Ergänzungsanträge zu den Regierungsvorlagen annähernd weitere 28 Milliarden gefordert werden, wenn es dazu sogar schon den Ruf nach notfalls einem zweiten Lastenausgleich gibt, dann muß die Frage nach der Grenze der Belastbarkeit unserer Volkswirtschaft klar und deutlich gestellt und auch eindeutig beantwortet werden. Denn, glauben Sie mir, ohne eine blühende Wirtschaft, ohne ständige Zunahme des Sozialproduktes sind schon die heutigen Verpflichtungen nicht einlösbar, weil auch unsere sozialen Lasten, unsere Ausgaben für die äußere Sicherheit, unser Einsatz im Rahmen der Entwicklungshilfe und eine Fülle sonstiger Ausgaben des Staates sich automatisch ohne neue Gesetzesmaßnahmen von Jahr zu Jahr erhöhen werden. Nur derjenige, der sich über alle künftigen Bela-



    Dr. Emde
    stungen aus heutigen Beschlüssen klar ist, hat das Recht, entscheidende Beschlüsse von solcher finanzieller Auswirkung zu fällen.
    Und noch eines. Die SPD hat erklärt: Nun, dann könnten wir 1965 keine Steuersenkung machen. Ich möchte darauf ganz einfach sagen: Diese Steuersenkungspläne sind keine Geschenke an die Wirtschaft zur Verstärkung des Unternehmergewinns, sondern sie sind einmal ein Akt der Steuergerechtigkeit, zum andern einer der Faktoren, die die weitere Zunahme des Sozialprodukts gewährleisten sollen. Soweit die Steuersenkung die Lohnsteuerpflichtigen begünstigt, sind sie nichts weiter als ein Teilausgleich zum Abfangen der durch andere Vorgänge entstehenden Preissteigerungen. Für uns ist die Steuersenkung des Jahres 1965 eine der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Voraussetzungen für die gesunde Weiterentwicklung der deutschen Volkswirtschaft. Und wir werden diese Steuersenkungspläne ebenso energisch verteidigen, wie wir im nächsten Jahr darum kämpfen werden, Möglichkeiten für eine verstärkte Finanzierung im Bereich der Wissenschaft und Forschung zu finden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir sind überzeugt, daß dieser Haushalt bei all den Problemen, die in ihm liegen, im Rahmen der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung geeignet ist, inflationären Entwicklungen entgegenzuwirken.
    Kollege Erler ist der Meinung, die Steuersenkung sei konjunkturanreizend. Genau das Gegenteil ist nach meiner Überzeugung der Fall. In einer Konjunktursituation, wie sie sich zur Zeit abzeichnet, gibt es zwei Möglichkeiten der Dämpfung: einmal die Möglichkeit der Kreditbeschränkungen, die nur die Wirtschaft treffen und damit auf die Investitionsrate drücken; zum andern die Möglichkeit, die Investitionsrate zu beschneiden, indem man die Steuern senkt und damit bei der öffentlichen Hand die Zuwachsrate der Investitionsquote begrenzt. Eine Beibehaltung der hohen Steuern würde zu verstärkten Ausgaben des Staates führen, während die sich daraus ableitende verstärkte Investitionsnotwendigkeit der Wirtschaft auf 'dem Kreditwege im Banksystem finanziert werden könnte, einem Banksystem, dem liquide Mittel aus dem Ausland in reichem Maße zuströmen. Es würde damit die Übernachfragesituation verstärkt und weiterhin die geringe Ausstattung der Betriebe mit Eigenkapital Krisenherd der Wirtschaft bleiben. In der jetzigen Phase bremst also eine Steuersenkung wenigstens an einer Stelle die zunehmenden Investitionsabsichten und stärkt auf der andern Seite die Wirtschaft in der Ausstattung mit Eigenkapital.
    Wir sind überzeugt, daß trotz dieser Steuersenkung die Lösung der Gemeinschaftsaufgaben im notwendigen Umfang möglich ist. Man muß nur von der Illusion abgehen, alle Probleme sofort und zur gleichen Zeit lösen zu können. Das ist noch nie möglich gewesen, in keiner Phase der Geschichte, unter keiner Regierung.
    Mag es nun ein ungeschriebenes Gesetz jeder Opposition sein, von einer Regierung stets mehr zu verlangen, als diese zu erfüllen in der Lage ist, so ist ,es nach einem anderen ungeschriebenen Gesetz Aufgabe der Regierung, der Allgemeinheit klarzumachen, daß die von ihr angewandten Methoden die geeigneten sind, um die von der Allgemeinheit gewünschten Ziele zu erreichen. Wir sind überzeugt, daß diese Regierung sauf dem rechten Weg ist. Natürlich wird es immer Reibungen und Probleme geben. Natürlich wird es immer den Wettstreit um den besten und den schnellsten Weg zum Ziel geben. Insgesamt aber besteht kein Zweifel an der Richtigkeit der Handlungen dieses von uns, der FDP, mitgetragenen Kabinetts.
    Wenn eine Haushaltsdebatte, Herr Kollege Wehner, ein Stück Auseinandersetzung über die Politik der Regierung ist, dann, glauben wir, stellt dieser Haushalt ein gutes Symbol der Absichten der Regierung dar: die Aufgaben unseres Volkes zu erfüllen, die Stabilität von Wirtschaft und Währung zu verteidigen.
    Wir als Koalitionspartner sind entschlossen, die Arbeit dieser Regierung in koalitionsmäßiger Verbundenheit mit unseren Koalitionspartnern von den Unionsparteien weiterzuführen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Schön gesagt!)

    Wir danken dem Bundesfinanzminister und dem Bundeskanzler für die Leitung der Regierung und für die Initiativen.
    Meine Damen und Herren, vielleicht mag diese klare Erklärung zur Koalition den einen oder anderen etwas betroffen machen.

    (Lachen bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Die war notwendig!)

    Es ist das Ziel unserer politischen Arbeit, diese Koalition und diese Regierung zu einem guten und glücklichen Abschluß bis 1965 zu bringen.

    (Abg. Dr. Schäfer: Abschluß! jawohl!)

    Wir werden diesem Haushalt in der dritten Lesung deshalb zustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)