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    Deutscher Bundestag 121. Sitzung Bonn, den 19. März 1964 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dr. Deist . . . . . 5605 A Abg. Herberts tritt als Nachfolger des Abg. Dr. Deist in den Bundestag ein . . . . 5605 D Anteilnahme an dem Tod von König Paul von Griechenland . . . . . . . . . 5605 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Arndt und Frau Döhring . . . 5605 D Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 5605 D Fragestunde (Drucksache IV/2035) Frage des Abg. Ritzel: Deutsche Kraftfahrzeuge in Frankreich Lahr, Staatssekretär 5608 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Kulturelle Beziehungen zu der UdSSR Lahr, Staatssekretär 5608 C Kahn-Ackermann (SPD) 5608 D Sänger (SPD) 5609 A Frage des Abg. Kaffka: Fremdenlegionär Eugen Reinig Lahr, Staatssekretär . . . . . . 5609 B Kaffka (SPD) . . . . .. . . . . 5609 B Fragen der Abg. Müller (Aachen-Land) und Baier (Mosbach) : Film „Das Schweigen" Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 5609 C Müller (Aachen-Land) (CDU/CSU) . 5609 C Dr. Imle (FDP) . . . . . . . . 5610 B Höcherl, Bundesminister . . . . . 5610 C Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 5611 B Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . 5611 C Zoglmann (FDP) 5611 D Dr. Besold (CDU/CSU) . . . . 5612 A Schwabe (SPD) . . . . . . . 5612 C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 5612 D Unertl (CDU/CSU) . . . . . . 5613 A Bausch (CDU/CSU) . . . . . . 5613 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5614 C Frage des Abg. Mertes: Milchpreisverordnung, Rückvergütung bei Milch Schwarz, Bundesminister . . . 5614 D Mertes (FDP) 5615 A Frage des Abg. Dr. Jungmann: Krankenpflegegesetz, Neufassung . . 5615 A Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Einkommen der freiberuflichen Hebammen Bargatzky, Staatssekretär . . . . 5615 B Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 5615 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 Fragen des Abg. Dr. Supf: Unzureichende Unterbringung von Luftschutz-Löschgerät Höcherl, Bundesminister . . . . 5615 D Liehr (SPD) 5616 A Frage des Abg. Kreitmeyer: Schulsystem, Versetzungen von Bundesbediensteten Höcherl, Bundesminister 5616 B Kreitmeyer (FDP) 5616 C Frage des Abg. Kreitmeyer: Novelle zum Gesetz nach Art. 131, Ehemalige Berufsunteroffiziere Höcherl, Bundesminister 5616 C Kreitmeyer (FDP) 5616 D Hammersen (FDP) 5617 A Fragen des Abg. Varelmann: Betriebsprüfungen, Lohnsteuer, Einkommensteuer Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 5617 B Varelmann (CDU/CSU) 5618 A Fragen des Abg. Dr. Kohut: Lohnsteuerjahresausgleich Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 5618 D Dr. Kohut (FDP) 5619 B Seuffert (SPD) 5619 D Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5620 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/2018) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksachen IV/2039, zu IV/2039) — Zweite und dritte Beratung — 5620 B Antrag betr. Vorlage eines Berichts über die Lebensverhältnisse der älteren Mitbürger (SPD) (Drucksache IV/1922) ; in Verbindung mit Große Anfrage betr. die Situation der alten Menschen (CDU/CSU) (Drucksache IV/1955) Frau Korspeter (SPD) 5620 C Frau Schroeder (Detmold) (CDU/CSU) 5622 C Höcherl, Bundesminister . . . . . 5625 D Meyer (Wanne-Eickel) (SPD) . . . 5630 C Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 5631 D Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 5635 D Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 5636 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Definition von Butter (Drucksachen IV/2022, IV/2036) . . . . 5639 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Festsetzung der Grenzen der Richtpreise der Erzeugermitgliedstaaten für Reis usw. für den am 1. Juli 1964 beginnenden Zeitraum (Drucksachen IV/2023, IV/2037) 5639 B Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen aus Lebens-und Rentenversicherungen (Drucksache IV/1671); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/2016) — Zweite und dritte Beratung — . . . 5639 B Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der bundeseigenen Grundstücke in Köln, Bonner Wall 108-120 und Vorgebirgsstraße 49 (Drucksachen IV/1830, IV/2086) . . . . 5639 C Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen Heeresstandortverwaltung in Stuttgart, Rosensteinstraße 31/33 (Drucksachen IV/1956, IV/2087) . . . . . . . . . 5639 D Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehemaligen Wehrmachtkommandantur in Kassel, Obere Königstraße 37 (Drucksachen IV/1859, IV/2088) . . . . . . . . . 5640 A Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes LinterEschhofen Kr. Limburg (Lahn) (Drucksachen IV/1869, IV/2089) 5640 A Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 III Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von Teilflächen der ehemaligen Wehrkreisreit- und Fahrschule in Aalen (Drucksachen IV/1988, IV/2090) 5640 B Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Fünfundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 (Drucksachen IV/2033, IV/2083) 5640 D Große Anfrage betr. EWG-Agrarpolitik (FDP, CDU/CSU) (Drucksache IV/1903); in Verbindung mit Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für Verordnungen betr. Getreidepreise in der Gemeinschaft, Ausgleichsmaßnahmen und Aufstellung von Gemeinschaftsplänen sowie Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (Drucksachen IV/1705, IV/1971, zu IV/1971) Dr. Effertz (FDP) 5640 C Schwarz, Bundesminister . 5644 D, 5681 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler . 5646 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 5647 B Bauknecht (CDU/CSU) . . . . . . 5655 D Mauk (FDP) . . . . . . . . . 5660 B Bauer (Wasserburg) (CDU/CSU) . . 5662 D Frau Strobel (SPD) . . . . . . . 5666 C Dr. Starke (FDP) 5673 A Dröscher (SPD) . . . . . . . 5683 B Nächste Sitzung 5684 C Anlagen 5685 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 5605 121. Sitzung Bonn, den 19. März 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 13.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aschoff 19. 3. Dr.-Ing. Balke 19.3. Balkenhol 19. 3. Bartsch 19. 3. Bazille 19. 3. Behrendt 21. 3. Dr. Birrenbach 21. 3. Fürst von Bismarck 21. 3. Dr. Bleiß 21.3. Dr. h. c. Brauer 21. 3. Dr. von Brentano 21. 3. Deringer 21. 3. Drachsler 19. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 21. 3. Dr. Furler 19. 3. Gehring 20. 3. Dr. Gerlich 21. 3. Freiherr zu Guttenberg 19. 3. Frau Haas 19. 3. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 19. 3. Hansing 17. 4. Dr. Dr. Heinemann 19. 3. Hesemann 21.3. Höhne 21.3. Hoogen 21.3. Frau Dr. Hubert 19. 3. Kalbitzer 19. 3. Frau Kalinke 19. 3. Kemmer 19. 3. Frau Dr. Kiep-Altenloh 19. 3. Dr. Kopf 19. 3. Dr. Krümmer 19. 3. Freiherr von Kühlmann-Stumm 23. 3. Frau Dr. Kuchtner 4. 7. Dr. Löhr 20. 3. Maier (Mannheim) 21. 3. Majonica 21.3. Dr. Martin 19. 3. Frau Dr. Maxsein 21. 3. Memmel 19. 3. Mengelkamp 19.3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 19. 3. Dr. Meyer (Frankfurt) 20. 3. Dr. Miessner 21. 3. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 20. 3. Müller (Berlin) 21. 3. Müller (Remscheid) 21.3. Murr 22.3. Dr. Pflaumbaum 22. 3. Porten 21. 3. Rademacher 19. 3. Ravens 21.3. Dr. Rieger (Köln) 4. 4. Saxowski 22. 3. Scheppmann 21. 3. Schlick 21.3. Dr. Schmid (Frankfurt) 21. 3. Schmidt (Kempten) 21. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Schneider (Hamburg) 19. 3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 22. 3. Schultz 19. 3. Stephan 21. 3. Dr. Stoltenberg 20. 3. Theis 19. 3. Dr. Wahl 21. 3. Frau Welter (Aachen) 21. 3. Werner 19. 3. Dr. Wuermeling 19. 3. Urlaubsanträge Dr. Aigner* 25. 3. Arendt (Wattenscheid)* 25.3. Arndgen 10. 4. Dr. Arndt (Berlin) 30. 6. Dr. Dr. h. c. Baade 17. 4. Bergmann* 25. 3. Birkelbach* 25. 3. Dr. Burgbacher* 25. 3. Dr. Dichgans* 25. 3. Frau Döhring 11. 4. Frau Dr. Elsner* 25. 3. Dr. Emde 24.3. Erler 28. 3. Faller* 25. 3. Figgen 11. 4. Dr. Dr. h. c. Friedensburg* 25. 3. Gerlach 8. 4. Hahn (Bielefeld)* 25. 3. Dr. Harm (Hamburg) 1. 6. Hauffe 31.3. Illerhaus* 25. 3. Klinker* 25. 3. Dr. Kreyssig* 25. 3. Kriedemann* 25. 3. Kulawig* 25. 3. Lenz (Bremerhaven) 30.4. Lenz (Brühl)* 25.3. Dr. Löbe 24. 4. Lücker (München)* 25.3. Margulies* 25. 3. Mauk* 25. 3. Metzger* 25. 3. Dr. Mommer 24. 3. Dr. Müller-Hermann* 25. 3. Dr.-Ing. Philipp 15. 4. Frau Dr. Probst* 25. 3. Richarts* 25. 3. Rohde* 25. 3. Ruland 11.4. Seifriz* 25. 3. Dr. Starke* 25. 3. Storch* 25.3. Frau Strobel* 25. 3. Dr. Süsterhenn 11. 4. Verhoeven 11.4. Dr. Weber (Koblenz) 9. 4. Weinkamm* 25. 3. Wischnewski* 25. 3. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments. 5686 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 Anlage 2 Begründung des Bewertungsausschusses der Filmbewertungsstelle Wiesbaden für das Prädikat Besonders wertvoll Im Falle eines so außergewöhnlichen Filmes pflegt die Begründung für die Erteilung des höchsten Prädikates meist mit dem sachlichen Hinweis auf eine ausgedehnte Diskussion im Bewertungsausschuß zu beginnen. Diesmal jedoch war der Eindruck des Films so stark, daß zunächst eine längere Pause eingelegt werden mußte, da die Beisitzer sich erst aus der unmittelbaren Umklammerung durch den Film lösen mußten. Auch nach der längeren Pause bestand nur geringe Neigung zu einer ausgedehnten Diskussion, zumal die Beisitzer sich über den außergewöhnlich künstlerischen Rang dieses Films einig waren. So wurde denn das höchste Prädikat nahezu im Verfahren des Zurufes einstimmig erteilt. Es schien dem Ausschuß angemessen zu sein, in seiner Begründung auf diesen seltsamen Vorgang ausdrücklich hinzuweisen, zumal damit die fast unglaubliche optische Intensität und Faszination des Films Das Schweigen annähernd schon charakterisiert wird. Ingmar Bergman hat sich diesmal, im Gegensatz zu einigen seiner früheren Filme, ausschließlich auf die optische Aussagekraft des Films verlassen. Die Bildfolgen sind bis in das beiläufigste Requisit dermaßen dicht gestaltet, daß man ihnen schlechterdings nicht zu entrinnen vermag. Dabei bleibt die Kamera durchweg sehr ruhig; sie erstarrt geradezu vor der Leere, vor der Einsamkeit und der seelischen Qual einer Menschenwelt unter dem Schweigen Gottes. Ingmar Bergman erlaubt sich keine Kniffe und Gags. Sein Film ist in der Kameraarbeit denkbar unmodern. Die Großaufnahme des menschlichen Gesichts hat einen neuen künstlerischen Rang erreicht. Es gibt in dem ganzen Film kein zufälliges Beiwerk. Jedes Eisenbahnabteil, jedes Hotelzimmer, jede Straße und jedes Café ist eine ureigene Erfindung, eine filmische Erfindung von Ingmar Bergman. Der Betrachter wird umstellt mit lauter symbolischen Gegenständen, die nun freilich nicht in der gewohnten Art symbolisch wirken, sondern in ihrem optischen Zusammenhang eine Welt imagieren, die sich in der alltäglichen Realität nicht vorfindet. Das ganze Drama ist schon ausgespielt während der einleitenden Fahrt im Eisenbahnabteil. Die schier endlose Dehnung dieser Exposition gehört zu den frappierenden künstlerischen Mitteln dieses Films. Man ist in eine hoffnungslose Welt hineingerissen, ehe noch die beiden Schwestern mit dem kleinen Sohn der jüngeren Schwester das fast leere Hotel in einem fingierten Land betreten. Die große Sprachlosigkeit gehört zu den unterströmigen Themen des Films, der daher auch nur spärliche, im buchstäblichen Sinne notdürftige Dialoge kennt. Für die Einwohner jenes fingierten Landes hat Ingmar Bergman eine eigene, nirgends anklingende Sprache erfunden, die niemand versteht. In der Schlußsequenz des Films sieht man den kleinen Jungen in einem Eisenbahnabteil, während er von einem Blatt Papier einige dürftige Worte in jener imaginären Sprache zu buchstabieren versucht, ohne den Sinn dieser Worte zu erfassen. So liest er die, letzte Botschaft seiner Tante, die im Sterben liegt, eine unentzifferbare Botschaft, Buchstaben des Schweigens. Es gibt keine Sprache zwischen den Menschen, wenn Gott schweigt, nicht einmal die simpelste Sprache einer elenden Bettszene, nachdem die jüngere Schwester sich irgendeinen beliebigen Kellner aus dem Café ins Hotel geholt hat. Die einzige Sprache spricht hier das Kettengeklirr ihrer Armbänder, die sie abstreift. Die Sprachlosigkeit des Films wird durch .die stark akzentuierten Geräusche oder durch den kontrastierenden Klang der Kirchenglocken und Bach scher Musik nur noch quälender. Das bloße Ticken einer Taschenuhr zerrt an den Nerven, und wenn sich dann gar der Lärm von Düsenjägern, Panzern und Straßenarbeiten mit dem Keuchen der nackten Wollust mischt, dann findet sich der Betrachter auch akustisch umzingelt und kann in keine Distanz mehr entrinnen. Ingmar Bergmans furchtbare Welt unter dem Schweigen Gottes hat unter der schöpferischen Kraft künstlerischer Gestaltung eine dinglichere Wirklichkeit angenommen als die geläufige Wirklichkeit. In dieser furchtbaren Welt gibt es letzten Endes nur noch rollende Panzer und eine sprachlos entleerte Sexualität, die sich selbst zur Qual wird. Und Zwerge dazu, die einzigen Bewohner jenes Hotels. Wenn die ältere Schwester sich nach einem schrecklichen Anfall ihres Lungenleidens selbst das Laken über das Gesicht zieht wie einem Toten; wenn der kleine Junge in das Zimmer der Zwerge gerät und dort, als Mädchen verkleidet, zum Spaß der Zwerge herhalten muß; wenn die jüngere Schwester über dem Bettrand in ein hoffnungsloses Heulen und Gelächter ausbricht, indessen der Kellner aus dem Café sich noch immer an ihr zu schaffen macht — dann hat der Film Stationen des leeren Leidens erreicht, die Ingmar Bergman mit der starr verweilenden, tief in die Szene sich einbohrenden Kamera wie Höllenvisionen gestaltet. Fast wäre man versucht, Bergmans Regie angesichts solcher Stationen erbarmungslos zu nennen, wenn sie denn nicht ganz unwillkürlich Erbarmen freisetzten als den letzten noch möglichen Laut einer menschlichen Regung. Auch dieses sprachlose Erbarmen hat bei Bergman Gestalt angenommen, und zwar in dem alten, selbst schon fast ohnmächtigen Oberkellner des Hotels, der der älteren Schwester während ihrer Anfälle beisteht. Neben dem zaghaften Hoffnungsschimmer in der Gestalt des kleinen Jungen scheint dieser Oberkellner einen Schimmer von Licht in der Finsternis zu verbreiten. Es ist nun allerdings nicht die Aufgabe des Bewertungsausschusses, von sich aus etwa zur Deutung dieses neuen Bergman-Filmes beizutragen. Er kann sich auf die Feststellung beschränken, daß in einem Film nur sehr selten eine so unausweichliche Identität zwischen dem Inhalt oder der „Aussage" und der filmischen Form erreicht wurde. Es gibt nicht viele Beweise für die Behauptung, daß der Film den Rang einer schöpferischen Kunst erreichen kann. Der Film Das Schweigen ist freilich Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 5687 ein unwiderlegbarer Beweis dafür, zumal Bergman sich der filmischen Form im Sinne der Dichtung bedient. Er schafft sich ein eigenes Abbild der Welt in ihrer Trostlosigkeit und ruft damit zum mindesten das Verlangen nach Trost hervor. Der Ausschuß ist der Überzeugung, daß der Film Das Schweigen in voller Übereinstimmung mit der künstlerischen Gestaltung einen ethischen Wert enthält, und zwar im Kehrbild. Dieses Kehrbild zeigt einige Szenen, die heftige moralische Entrüstungen zur Folge haben werden. Solche Entrüstung kann freilich nur aufkommen, wo man sich der ungeheuer intensiven Wirkung dieses Films widersetzt und ihn daher gar nicht erst als eine künstlerische Schöpfung akzeptiert. Der Ausschuß ist weit davon entfernt, mögliche moralische Bedenken gering zu achten. Es muß solchen Bedenken allerdings entgegengehalten werden, daß gerade die enthüllende Schonungslosigkeit dieser bedenklichen Szenen jeden falschen Anreiz ausschließt. Die Beisitzer jedenfalls, die dem Film ohne Zögern insgesamt den Rang eines Kunstwerkes zubilligten, waren eher von der umgekehrten Frage bewegt, wie es denn möglich sei, daß derart schamlose Szenen im Zusammenhang des gesamten Films gerade keinen Anstoß erregen. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich aus der reinen künstlerischen Gestaltung des Films, der das höchste Prädikat ohne jede Einschränkung unverzüglich zugestanden wurde. Anlage 3 Umdruck 408 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktionen der FDP, CDU/ CSU betreffend EWG-Agrarpolitik (Drucksache IV/ 1903). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bei den Beratungen zur Agrarpolitik im Ministerrat der EWG folgende Beschlüsse und Feststellungen zu berücksichtigen: 1. Die Festsetzung eines gemeinsamen Getreidepreises vor dem Ende der Übergangszeit wird abgelehnt, weil a) ein gemeinsames Preisniveau nicht festgelegt werden kann, bevor die Kosten und andere den Wettbewerb beeinflussende Bedingungen ausreichend angeglichen sind und b) der Zeitpunkt und die Festsetzung eines gemeinsamen Getreidepreises wegen der völlig unterschiedlichen Entwicklung von Preisen, Löhnen und Kosten innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten jetzt noch nicht bestimmt werden kann, c) Einkommenseinbußen durch Preissenkung nicht durch soziale Ausgleichsmaßnahmen ersetzt werden können. 2. Die von der EWG-Kommission vorgeschlagene Senkung des deutschen Getreidepreises wird abgelehnt, weil dadurch weder die Agrarprobleme in der Bundesrepublik und innerhalb der EWG noch die handelspolitischen Probleme mit den Drittländern gelöst werden. Es sollte vielmehr geprüft werden, ob diese Probleme nicht durch Mengenregelungen zweckentsprechender gelöst werden können. 3. Die Senkung des deutschen Getreidepreises nach dem Vorschlag der Kommission führt zwangsläufig zu einer Verminderung des bäuerlichen Einkommens und gefährdet die Existenz zahlreicher bäuerlicher Familienbetriebe, ohne daß der Verbraucher erkennbar entlastet wird. 4. Das mit einer Getreidepreissenkung zwangsläufig eintretende Ausweichen auf verstärkte Veredelungsproduktion schafft keinen Einkommensausgleich der Landwirtschaft und gefährdet darüber hinaus die Existenzgrundlage der auf Veredelungswirtschaft eingestellten klein- und mittelbäuerlichen Familienwirtschaft. Bonn, den 19. März 1964 Struve und Fraktion Zoglmann und Fraktion Anlage 4 Umdruck 407 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kornmission der EWG für eine Verordnung Nr. . . ./63/ EWG des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 19 des Rates im Hinblick auf eine Vereinheitlichung der Getreidepreise in der Gemeinschaft Verordnung Nr. . . ./63/ EWG des Rates über die Festsetzung der Getreidepreise für das Wirtschaftsjahr 1964/65 und die Bestimmung der Handelsplätze Verordnung Nr. . . ./EWG des Rates betr. Ausgleichsmaßnahmen und Aufstellung von Gemeinschaftsplänen zur Verbesserung der Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung Verordnung Nr. . . ./63/ EWG des Rates vom . . . . betr. Ergänzung der in Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 25 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik enthaltenen Bestimmungen ,(Drucksachen IV/ 1705, IV/ 1971, zu IV/ 1971). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag sieht die Vorschläge der Kommission der EWG unter allgemein wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten als eine Diskussionsgrundlage für die Herstellung eines gemeinsamen Getreidepreisniveaus an. Die alsbaldige Vereinheitlichung der Getreidepreise in der Gemeinschaft ist eine Voraussetzung für die gemeinsame Agrarpolitik. Darüber hinaus erscheint 5688 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 dem Bundestag die Fixierung eines einheitlichen Getreidepreises im Hinblick auf den erfolgreichen Abschluß der bevorstehenden GATT-Verhandlungen dringend geboten. Der Bundestag billigt die Überlegungen der Bundesregierung, wonach der Vorschlag der Kommission für das Getreidewirtschaftsjahr 1964/65 noch nicht durchgeführt werden soll. Die weiteren Verhandlungen im Rat sollten jedoch so geführt werden, daß die Vereinheitlichung bald beschlossen, aber erst zu einem späteren, jetzt schon festzulegenden Zeitpunkt durchgeführt wird. Dies hätte den Vorteil, daß die der Bundesregierung nach dem 1. Januar 1966 drohende Majorisierung vermieden und eine angemessene Ausgleichszahlung erreicht wird. Darüber hinaus würde eine solche Regelung die von der Landwirtschaft mit Recht erwartete Klarheit über die künftige Agrarpolitik der Bundesregierung bringen. Im übrigen ist der Bundestag der Auffassung, daß bei der noch vorzunehmenden Festlegung des einheitlichen Getreidepreisniveaus die Interessen der gesamten Wirtschaft der Bundesrepublik berücksichtigt werden müssen. 2. Der EWG-Vorschlag — Drucksache IV/ 1705 — trägt der Forderung einer angemessenen Ausgleichszahlung nicht in genügender Weise Rechnung. Es müssen ausreichende europäische Mittel bereitgestellt werden, damit die Einkommenseinbußen voll ausgeglichen werden können. Der Abbau der Ausgleichszahlungen kann nur in dem Maße erfolgen, wie die Einkommen der landwirtschaftlichen Betriebe sich entsprechend gebessert haben. Gleichzeitig mit der Entwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik muß die Harmonisierung der unterschiedlich beeinflußbaren Kosten und Lasten so rechtzeitig erfolgen, daß am Ende der Übergangszeit gleiche Startbedingungen in der EWG gegeben sind. Der EWG-Verordnungsentwurf über die Preiskriterien ist vom Ministerrat baldigst zu verabschieden. Dabei sind geeignete Maßstäbe für die zukünftige Festsetzung der Preise zu entwickeln. Die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen, die durch offene oder versteckte Subventionen aller Art in den verschiedenen Mitgliedstaaten hervorgerufen werden, muß tatkräftig in Angriff genommen werden. Die EWG-Kommission ist zu veranlassen, darüber mit besonderer Aufmerksamkeit zu wachen, daß die Verordnung Nr. 19 (Getreide) auch tatsächlich in allen Teilen der Gemeinschaft durchgeführt wird. Die EWG-Kommission und der Ministerrat sind gehalten, gleichzeitig die preispolitischen Vorstellungen bei den anderen landwirtschaftlichen Grundprodukten bekanntzugeben. Die angekündigten Gemeinschaftspläne zur Verbesserung der Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung sind schnellstens auszuarbeiten und mit der Angleichung der Getreidepreise in Gang zu setzen. Im Ministerrat ist dafür Sorge zu tragen, daß Wege zu einer einheitlichen Währungspolitik gefunden werden, um die Entwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik nicht durch eigenständige währungspolitische Maßnahmen der Partnerländer zu gefährden. Den nationalen Parlamenten werden immer mehr politische Entscheidungen entzogen, ohne daß das Europäische Parlament diese Rechte übertragen bekommt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine entsprechende Erweiterung der Befugnisse der demokratischen europäischen Volksvertretung herbeizuführen. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, diese Vorbehalte auf dem Verhandlungswege auszuräumen, gegebenenfalls Alternativvorschläge zu entwickeln. Bonn, den 18. März 1964 Erler und Fraktion Anlage 5 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Schwarz vom 4. März 1964 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Kurlbaum zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Saxowski*). Die Zusatzfrage Sind Sie bereit, die Rechtsfrage, ob ein solcher Aufdruck (,Unverbindlicher Richtpreis ... DM') möglich ist, genau zu klären und dem Hause eine endgültige Stellungnahme zuzuleiten?" beantworte ich nach Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft wie folgt: Schon bei früheren Auslagerungen von EVStFleischkonserven war geprüft worden, ob ein Etikettaufdruck „Unverbindlicher Richtpreis ... DM kartellrechtlich zulässig sei. Eine derartige den Verbraucher erreichende Preisempfehlung ist jedoch nach § 15 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unzulässig. Eine unverbindliche Preisempfehlung kann nur für Markenartikel angemeldet werden; die im Auftrage der Einfuhr- und Vorratsstelle für Schlachtvieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse in verschiedenen Verarbeitungsbetrieben angefertigten Rindfleischkonserven können jedoch nicht als Markenartikel im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen angesehen werden. Es kann aber mit Befriedigung festgestellt werden, daß die zur Zeit von der Einfuhr- und Vor *) Siehe 112./113. Sitzung Seite 5154 B Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 5689 ratsstelle abgegebenen Rindfleischkonserven im Einzelhandel zu Preisen zwischen 1,38 DM und 1,58 DM abgegeben werden, wobei die überwiegende Menge der Konserven zu einem Preise von rd. 1,50 DM angeboten wird. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Hopf vom 6. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigel (Drucksache IV/ 1993 Frage VIII/ 5) : Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, Truppenfahrten, die sich als Dienstfahrten aus dem Fehlen eines Hallenbades am Garnisonsort ergeben — also z. B. die Durchführung des für die Ausbildung der Truppe eminent wichtigen Schwimmsports der in Weiden (Oberpfalz) stationierten Panzergrenadierbrigade 10 im Hallenschwimmbad Amberg gewährleisten —, generell von den verfügten Treibstoffeinsparungen auszunehmen? Die im Haushaltsjahr 1964 zur Verfügung stehenden Mittel für Kraftstoff werden gegenüber dem. Vorjahr geringer sein. Die Kraftstoffzuweisungen sind den Korps zur eigenen Bewirtschaftung bekanntgegeben. Die Truppe hat mit den zugewiesenen Betriebsstoffmengen ihre Ausbildungsvorhaben durchzuführen; sie hat mit ihrem Betriebsstoffkontingent so zu disponieren, daß im Rahmen der Ausbildung auch die Fahrten zum Schwimmen möglich sind. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Stücklen vom 9. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dr. Friedensburg (Drucksache IV/ 1993, Frage X/1*): Hält es die Bundesregierung für vereinbar mit den praktischen Bedürfnissen und dem moralischen Ansehen eines großen Landes, wenn zahlreiche Staatsbürger und Unternehmen auf einen so elementar wichtigen Gegenstand des persönlichen und wirtschaftlichen Bedarfs, wie es der Telefonanschluß darstellt, 2 bis 3 Jahre warten müssen? Wenn Sie damit einverstanden wären, daß ich das Wörtchen moralischen ausklammere, so könnte ich mit einem klaren Nein antworten. Die Bundespost hat in den vergangenen Jahren im Rahmen ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten alles in ihrer Macht stehende getan, um mit der stürmischen Entwicklung Schritt halten zu können: Von 1959 bis 1963 wurden die Investitionen für die Erweiterung und Erneuerung der Fernmeldeanlagen verdoppelt und die Zahl der neueingerichteten Hauptanschlüsse wesentlich gesteigert. 1958 waren es 191 400, 1963 330 000 neue Hauptanschlüsse, 1964 werden es rd. 350 000 sein. Trotz dieser großen Zuwachsrate stieg die Warteliste von 1958 mit 53 612 auf heute 1964 rd. 350 000 *) Siehe 120. Sitzung Seite 5581 B Antragsteller, die im Durchschnitt 9 Monate warten müssen, ein Teil sogar mehrere Jahre. Die Bundespost ist bestrebt, den Ausbau des Fernsprechwesens weiter voranzutreiben. Die entscheidende Frage ist dabei, ob es der Bundespost gelingt, die Mittel für die notwendigen und von keiner Seite bestrittenen Investitionen aufzubringen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl vom 11. März 1964 auf die Mündliche Anfrage ides Abgeordneten Dr. Mommer (Drucksache IV/ 1997 Frage II) : Erhält ein Minister das in § 14 des Bundesministergesetzes vom 17. Juni 1953 vorgesehene Übergangsgeld für mindestens sechs Monate auch dann, wenn er bei der Ernennung zum Minister den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Bundespräsidenten über relevante Punkte seiner politischen Vergangenheit im Unklaren gelassen hat? Nach § 14 des Bundesministergesetzes hat grundsätzlich jeder Bundesminister, der aus dem Amt ausscheidet, Anspruch auf Übergangsgeld. Die Voraussetzungen, die nach § 13 des Bundesministergesetzes in entsprechender Anwendung des § 162 des Bundesbeamtengesetzes zu einem 'Erlöschen des Anspruchs auf Übergangsgeld führen können, liegen bei idem von Ihnen dargestellten Sachverhalt nicht vor. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Stücklen vom 16. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Cramer ('Drucksache IV /1997 Frage IV): Ist die Bundesregierung bereit, die Freiwilligen Feuerwehren von der Gebühr für die Benutzung von Funksprechgeräten zu befreien? So verständlich das Bestreben der Freiwilligen Feuerwehren ist, muß ich die Frage doch leider mit nein beantworten. Mögen die Anmelder von Fernmeldeanlagen auch noch so gemeinnützig sein, es ist nicht Aufgabe der Bundespost, durch Gebührenbefreiung Beihilfen für sie zu leisten. Die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Einrichtungen ist Sache ihrer öffentlichrechtlichen Träger. Die Leistungen und damit die Aufwendungen der Post stehen in keinem Zusammenhang mit der Art und den Aufgaben eines Anmelders. Auf 'der .anderen Seite ist die Bundespost nach dem Postverwaltungsgesetz verpflichtet, ihre Ausgaben aus ihren Einnahmen 'zu bestreiten. Die derzeitige Finanzlage der Bundespost gestattet es nicht, irgendwelche Gebührenbefreiungen neu einzuführen. 5690 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 Anlage 10 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministerfis Dr. Dollinger vom 11. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weber (Georgenau) (Drucksache IV/ 1997 Frage V) : Teilt die Bundesregierung im Grundsatz die Auffassung, daß ehemaliges Wehrmachtsgelände (Flugplatz) vorrangig an die früheren Eigentümer zur landwirtschaftlichen Nutzung zurückzugeben ist, vor allem deshalb, weil der Grundstücksverkauf zur damaligen Zeit in der Regel unter Druck zustande kam? Die Bundesregierung teilt im Grundsatz die Auffassung, daß ehem. Wehrmachtgelände vorrangig an die früheren Eigentümer zur landwirtschaftlichen Nutzung zurückzugeben sind. So ist auch in der Vergangenheit entsprechend verfahren gemäß dem Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 116. Sitzung am 20. Mai 1960 (Drucksache 1804), der wie folgt lautet: „Die Bundesregierung wird ersucht, Grundstücke, die auf Grund des Gesetzes über die Landbeschaffung für Zwecke ,der Wehrmacht vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 467) und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen enteignet und heute Eigentum des Bundes sind, auf Wunsch, den früheren ,Eigentümern zurückzuübereignen. Soweit diese Grundstücke für öffentliche Zwecke, insbesondere auch für die Ansiedlung oder Ansetzung von Vertriebenen, Flüchtlingen und anderen Kriegsgeschädigten, benutzt oder benötigt werden, entfällt eine Rückübereignung. Die Bundesregierung ist darüber hinaus der Ansicht, daß nicht nur solche Grundstücke bei Entbehrlichkeit rückübertragen werden sollen, die auf Grund des Landbeschaffungsgesetzes von 1935 enteignet wurden, sondern auch Grundstücke, die seinerzeit von den Eigentümern an das Deutsche Reich verkauft wurden, um eine Enteignung zu vermeiden. Der Rückverkauf der Grundstücke an die früheren Eigentümer sollte grundsätzlich auch Vorrang vor dem Vorkaufsrecht der Siedlungsgesellschafrten haben. Es können sich allerdings Fälle ergeben, in denen es sinnvoll sein wird, im Interesse der agrarstrukturellen Verbesserung eines Gebietes und zur Beschleunigung und Erleichterung eines Flurbereinigungsverfahrens eine bundeseigene Liegenschaft geschlossen an ein Siedlungsunternehmen zu veräußern, das die Grundstücke dann seinerseits den ortsansässigen Landwirten in rationeller Strukturierung übertragen wird. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Sänger (Drucksache IV/ 2035 Fragen X/2, X/3 und X/4) : Ist die Bundesregierung in der Lage, zu sagen, wann mit dem in Aussicht genommenen Bau der zweiten Schleusenkammer an der Schleuse in Geesthacht begonnen werden kann? In welcher Höhe sind Mittel vorgesehen, um den Bau der dringend erforderlichen zweiten Schleusenkammer an der Schleuse in Geesthacht zu ermöglichen? Besteht noch Aussicht, daß die zweite Schleusenkammer an der Schleuse in Geesthacht, wie ursprünglich beabsichtigt, bis 1966 fertiggestellt sein kann? Es ist heute noch nicht' zu übersehen, wann mit dem Bau der zweiten Schleusenkammer Geesthacht begonnen werden muß. Jetzt reicht die erste Kammer für den bestehenden Schiffsverkehr auf der Elbe aus. Bei der augenblicklichen Haushaltslage können nur die allerwichtigsten Bauten an den Bundeswasserstraßen durchgeführt werden. Hierzu gehört die zweite Schleusenkammer so lange nicht, bis der Verkehr — etwa durch den Bau des NordSüd-Kanals — eine wesentliche Ausweitung erfährt. Die Kasten für die zweite Schleusenkammer betragen noch 10 Mio DM; bekanntlich wurden beim Bau der Schleuse Geesthacht schon einige Baumaßnahmen vorzeitig ausgeführt, die der zweiten Schleusenkammer dienen (Mittelmauer, beide Schleusenhäupter, Vorhäfen). Für 1964 sind im Haushaltsplan keine Mittel vorgesehen. Auch 1965 wird sich voraussichtlich keine Möglichkeit ergeben. Ihre dritte Frage (X/4) beantworte ich mit Nein, denn für die Durchführung der Arbeiten sind etwa 2 Jahre zu veranschlagen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache IV/ 2035 Fragen X/6 und X/7): Ist die Bundesregierung bereit, dafür einzutreten, daß der Ausbau der Mittelrheinstrecke Mannheim—St. Goar in einer angemessenen Frist, also in den nachsten sechs bis sieben Jahren, vorgenommen wird? Ist die Bundesregierung bereit, der Anregung der Vereinigung der Handelskammern des Rheingebietes näherzutreten, die Finanzierung des Ausbaus der Mittelrheinstrecke Mannheim—St.Goar auf internationaler Basis sicherzustellen? Die Bundesregierung ist sich der großen Bedeutung des Mittelrheinausbaues für den deutschen und den internationalen Verkehr bewußt. Sie hat in sorgfältiger Vorarbeit die Voraussetzungen zur Aufnahme der Arbeiten geschaffen. Sie ist daher bereit, für einen möglichst baldigen Ausbau einzutreten. Die Gesamtbauzeit ist aus technischen Gründen zu acht Jahren veranschlagt. Die Bauarbeiten beginnen in diesem Jahr an einer Teilmaßnahme in der Gebirgsstrecke mit Bundesmitteln in Höhe von 1 Mio. DM. Die Gesamtkosten der in 18 Teilstrecken durchzuführenden Bauarbeiten sind zu 110 Mio. DM, die Bauzeit ist zu 8 Jahren veranschlagt. Zur Finanzierung des Vorhabens hat die Vereinigung der Handelskammern des Rheingebietes der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt den Vorschlag gemacht, daß eine internationale Anleihe aufgenommen und aus Staatsmitteln der Rheinschifffahrtsländer zurückgezahlt werden solle. Die Zentralkommission wird diesen Vorschlag auf ihrer Frühjahrssitzung im April erörtern. Die deutsche Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 5691 verladende Wirtschaft hat ebenfalls ihre Mithilfe bei der Finanzierung angeboten. Die Bundesregierung wird die Vorschläge prüfen und außerdem versuchen, eine Beteiligung anderer Rheinschiffahrtsländer mit Staatsbeiträgen zu den Baukosten zu erreichen. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Ab- geordneten Ritzel (Drucksache IV/ 2035, Frage X/8) : Was beabsichtigt der Herr Bundesverkehrsminister zu tun, um den überteuerten Preisen in den Speisewagen der Deutschen Bundesbahn zu begegnen? Der Speisewagenbetrieb der DSG ist nach Lage der Dinge mit wesentlich höheren Kosten belastet als der Betrieb von Gaststätten üblicher Prägung. Für die Beschaffung eines Speisewagens sind je nach Bauart 500 000 bis 800 000 DM aufzuwenden. Diese Fahrzeuge müssen nicht nur instand gehalten, sondern aus Sicherheitsgründen auch laufend amtlich untersucht werden. An zahlreichen Stellen des Bundesgebietes sind Versorgungs- und Betriebsstellen vorzuhalten. Die Verluste durch Bruchschäden bei Glas, Porzellan usw. und der Geräteverschleiß liegen weit höher als im üblichen Gastwirtschaftsbetrieb. Vor allem aber erreichen die Personalkosten wegen der Eigenarten dieses Gewerbezweiges 39 % des Umsatzes, während sonst nur mit 24-27 % gerechnet wird. Wenn man unter Berücksichtigung dieser Erschwernisse die Preise der DSG mit denjenigen entsprechender Restaurants in Vergleich setzt, wird man im allgemeinen nicht sagen können, daß die Preise der DSG überteuert seien. Das kann allenfalls bei einer gesonderten Betrachtung der Preise in den Luxuszügen wie TEE usw. gesagt werden. Tatsächlich erleidet die DSG in diesem Betriebszweig laufend finanzielle Verluste. Diese treten vor allem durch den Betrieb in den Interzonenzügen ein. Man wird deshalb von ihr eine allgemeine Reduzierung der Preise nicht erwarten können. Eine andere Frage ist es, ob nicht die Deutsche Bundesbahn, die schon aus Gründen des Wettbewerbs gegenüber dem Flugzeug und anderen Verkehrsmitteln an preiswerten Leistungen der DSG in ihren Speisewagen interessiert sein muß, durch Verzicht auf Abgaben oder auf andere Weise zur Senkung der Speisewagenpreise beitragen könnte. Über diese Frage will ich mich, sehr geehrter Herr Kollege, gern wieder einmal mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn unterhalten, um so mehr, als die DSG sich ja allein im Besitz der Deutschen Bundesbahn befindet. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. -Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Müller (Worms) (Drucksache IV/ 2035 Fragen X/9 und X/10): Ist dem Herrn Bundesverkehrsminister bekannt, daß auf der B 47 von Bensheim bis Bürstadt Radfahrwege vorhanden sind, von der Gemeinde Rosengarten jedoch bis nach Bürstadt die Radfahrwege fehlen? Hält der Herr Bundesverkehrsminister es nicht für zweckmäßig in Anbetracht der Tatsache, daß der Odenwald Naturschutzpark ist und infolgedessen auch von der Wormser Bevölkerung gern aufgesucht wird, Radfahrwege von Rosengarten bis Bürstadt bauen zu lassen, damit übers Wochenende auch diejenigen Naturliebhaber im Odenwald Erholung finden können, die nicht motorisiert sind? Ich weiß, daß auf dem Abschnitt RosengartenBürstadt keine Radfahrwege vorhanden sind. Die Anlage von Radfahrwegen auf diesem Abschnitt ist notwendig. Die Straßenbauverwaltung beabsichtigt daher, noch in diesem Jahre Radfahrwege in der gleichen Ausführung zwischen Bürstadt und Rosengarten zu schaffen, wie sie auf dem Abschnitt Bensheim—Bürstadt der B 47 bereits vorhanden sind. Die Anlage zusätzlicher Radwege in der bestehenden Ortsdurchfahrt Bürstadt ist wegen des geringen zur Verfügung stehenden Verkehrsraumes zwischen der beiderseitigen Bebauung nicht möglich. Eine wirksame Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und damit eine größere Sicherheit für den Zweiradverkehr kann nur durch den Bau der Umgehungsstraße und die damit verbundene Herausnahme des Durchgangsverkehrs geschaffen werden. Die alte Ortsdurchfahrt bleibt dann dem örtlichen Verkehr und den Radfahrern vorbehalten. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache IV/ 2035 Frage X/11): Treffen Pressemeldungen zu, nach denen die Deutsche Bundesbahn eine Einschränkung des Personenverkehrs auf der Strecke 195 e Limburg—Diez—Bad Schwalbach plant? Wie mir die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu Ihrer Frage mitteilt, ist ab Sommerfahrplan 1964 vorgesehen, die außerordentlich schwach besetzten Früh- und Spätzüge der Strecke Limburg—Diez—Bad Schwalbach—Wiesbaden durch Straßenbusse zu ersetzen. Die Deutsche Bundesbahn müßte eine derartige Teilverkraftung nicht in Erwägung ziehen, wenn das Platzangebot in den Zügen besser ausgenutzt würde. Durch diese Rationalisierungsmaßnahme erzielt die Deutsche Bundesbahn einen beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg, während eine Verschlechterung der Verkehrsbedienung in keiner Weise eintritt. Der Bundesminister für Verkehr hat keine Zuständigkeit, in derartige Betriebsumstellungen der Deutschen Bundesbahn mit Weisungen einzugreifen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Freiherr von Mühlen (Drucksache IV/ 2035 Frage X/12) : 5692 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 Welche Erfahrungen sind bisher von der Bundesregierung in bezug auf Verkehrssicherheit und Verkehrsfluß auf dem ersten beleuchteten Autobahnabschnitt Köln-Mülheim—Leverkusener Kreuz gemacht worden? Die Feststellungen des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen haben folgendes ergeben: Die Strecke Köln-Mülheim-Leverkusen hat eine Belastung bis zu 60 000 Kraftfahrzeugen in 24 Stunden. Der relative Gefahrengrad bei 100 Millionen Kraftfahrzeugkilometern ist auf dieser Strecke um 20 bis 30 % niedriger als auf vergleichbaren Autobahnstrecken mit einer Belastung bis zu 40 000 auf je zwei Fahrstreifen in beiden Richtungen. Ob jedoch dieser höhere Sicherheitsgrad auf der Beleuchtung beruht oder auf der Geschwindigkeitsbeschränkung oder auf der Verteilung des Verkehrs auf 3 Fahrstreifen oder auf der Anlage von zusätzlichen Standspuren, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Ich glaube, daß hier alle diese verschiedenen Maßnahmen gemeinsam zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beigetragen haben. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. -Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Strohmayr (Drucksache IV/ 2035 Frage X/13): Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag der Bundesärztekammer, für die in Großstädten praktizierenden Ärzte eine Parkraum-Reservierung einzuführen, damit durch Kennzeichnung und ständige Sicherung der Parkfläche der Arzt zur schnellen Hilfeleistung in der Lage ist? Ich habe bereits im Jahre 1959 in Zusammenarbeit mit den zuständigen obersten Landesbehörden Grundsätze über die Gewährung von Ausnahmegenehmigungen an Ärzteempfohlen, um diesem Personenkreis wichtige Hausbesuche zu ermöglichen. Diese Empfehlungen wurden von den meisten Bundesländern als Richtlinien für ihre Verwaltungstätigkeit übernommen. Nach § 46 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung ist es möglich, Ausnahmegenehmigungen an Einzelpersonen zu erteilen. Ob überwiegende Erfordernisse der Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs Ausnahmen vom Parkverbot für Ärzte im Einzelfall örtlich unmöglich machen, muß der pflichtgemäßen 'Entscheidung der nach Landesrecht zuständigen Behörde überlassen werden, da das Grundgesetz die Ausführung ides Verkehrsrechtes den Ländern zugewiesen hat. Ich 'bitte um Verständnis dafür, daß generelle Ausnahmen von den Parkverboten für einen bestimmten Personenkreis nicht zugelassen werden können. Allgemein erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß die Rechtsordnung die unabweisbare ärztliche Forderung nach ausreichendem Schutz für menschliches Leben und. menschliche Gesundheit durchaus berücksichtigt. Ein Arzt, der vor die Wahl gestellt ist, entweder die Abwendung einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit zu unterlassen oder in nicht zu verantwortender Weise zu verzögern oder anderseits ein Verkehrsverbot zu übertreten, macht sich nicht strafbar, wenn er sich für die Überschreitung entscheidet. Der übergesetzliche Notstand entschuldigt solche Verstöße jedenfalls dann, wenn nicht der Verstoß selbst gleichschwere Gefahren herbeiführt. Bei Verstößen gegen Park- -und Halteverbote in geschlossenen Ortslagen dürfte eine solche Gefährdung in der Regel ausscheiden. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. -Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Faller (Drucksache IV/ 2035 Frage X/14): In welcher Weise soll die sog. Strategische Bahn (WeizenZollhaus—Blumberg) wieder befahren werden, nachdem diese von der Deutschen Bundesbahn stillgelegte Strecke mit Unterstützungen des Bundes wieder in einen verkehrssicheren Zustand gebracht worden ist? Die Deutsche Bundesbahn teilt mir mit, daß sie nicht beabsichtige, den durchgehenden Verkehr auf der Strecke Waldshut-Immendingen und den öffentlichen Betrieb auf dem Abschnitt Weizen-ZollhausBlumberg nach dessen Instandsetzung wieder aufzunehmen. Eine solche Maßnahme ist nach ihrer Auffassung wirtschaftlich nicht zu vertreten,weil den hohen Betriebskosten keine entsprechenden Einnahmen 'gegenüberstehen. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19 März 1964 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Meermann (Drucksache IV/ 1035 Frage X/15) : Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, sich dafür einzusetzen, daß die württembergische Kreisstadt Tuttlingen an die Bundesautobahn Stuttgart—westlicher Bodensee über Tuningen statt über Geisingen angeschlossen wird? Die Voruntersuchungen für die Trassierung der Autobahn Stuttgart — westl. Bodensee, die vom Innenministerium Baden-Württemberg in Stuttgart als zuständige oberste Straßenbaubehörde nach Artikel 90 des Grundgesetzes durchgeführt werden, liegen noch nicht vor, da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Stadt Tuttlingen wird in bester Weise an die geplante Autobahn angeschlossen. Es kann wohl damit gerechnet werden, daß sowohl bei Geisingen als auch im Raume Tuningen Anschlußstellen angelegt werden, von denen aus Tuttlingen angefahren werden kann. Außerdem kann von Tuttlingen aus über die B 14 nach Norden der Anschluß an diese Autobahn erreicht werden. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 121. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1964 5693 Anlage 20 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Drucksache IV/ 2035 Frage X/16) : Wann ist mit der Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke München—Eisenstein zu rechnen? Die Eisenbahnverbindung München—Bayerisch Eisenstein kann auf Grund ihrer Bedeutung und ihrer Bauart nicht als eine durchgehende Strecke bezeichnet werden. Sie zerfällt in die bereits elektrifizierte zweigleisige Hauptbahn München—Landshut, die eingleisige Haupthahn Landshut—Plattling, das an der ebenfalls elektrifizierten Strecke Passau—Regensburg liegt, und der eingleisigen Hauptbahn Plattling—Deggendorf—Bayerisch Eisenstein an der Landesgrenze zur Tschechoslowakei. Wie bereits ausgeführt, ist der 76 km lange Abschnitt München—Landshut bereits seit Jahren elektrifiziert. Wegen der Elektrifizierung der Strecke LandshutPlattling sind zwischen der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn und dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Verhandlungen eingeleitet. Diese Aufgabe gilt es zunächst zu lösen. Eine Elektrifizierung der Strecke Plattling—Deggendorf—Bayerisch Eisenstein dürfte erst später zur Erörterung anstehen. I Anlage 21 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) (Drucksache IV /2035 Frage X/17) : Ist es richtig, daß von den 363 Tankwagenunfällen, die sich 1963 in Nordrhein-Westfalen ereigneten, allein 217 auf fehlerhaftes Verhalten der Fahrer, insbesondere auf die zu große Geschwindigkeit, zurückzuführen waren? Der Herr Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat mir mitgeteilt, daß sich im Jahre 1963 in Nordrhein-Westfalen 353 (nicht 363) Tankwagenunfälle ereignet haben. Davon beruhten 217 auf fehlerhaftem Verhalten der Tankwagenfahrer, wobei 26 durch Fehler anderer Verkehrsteilnehmer mitverursacht wurden. In 98 Fällen war zu schnelles Fahren die Ursache, in 23 weiteren Fällen zu dichtes Auffahren. Soweit die Geschwindigkeit zu hoch war, soll es sich jedoch nicht um die Überschreitung der durch Rechtsvorschrift oder Verkehrszeichen vorgesehenen zahlenmäßigen Geschwindigkeitsgrenzen handeln, sondern um eine Geschwindigkeit, die im Hinblick auf die besonderen Verkehrsverhältnisse örtlich nicht zu verantworten war. Im übrigen kann allgemein nicht festgestellt werden, daß Tankwagen mehr Unfälle aufzuweisen haben als andere schwere Lastkraftwagen. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. -Ing. Seebohm vom 19. März 1964 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) (Drucksache IV/ 2035 Frage X/18) : Ist es zweckmäßig — wie für die Fahrer von Autobussen —, für Tankwagenfahrer einen besonderen Führerschein und eine Höchstgeschwindigkeit für Tankwagen vorzuschreiben? Ich halte eine Prüfung der Frage für nötig, ob leine besondere Fahrerlaubnis für Tankwagenfahrer eingeführt werden soll. Wegen der Schwierigkeiten, die sich aus der besonderen Schwerpunktlage der Tankwagen und aus der Druckverlagerung der beförderten Flüssigkeiten bei Kurvenfahrten ergeben, ist eine zusätzliche Ausbildung der Tankwagenfahrer ;zweckmäßig. Auch die Herabsetzung der zahlenmäßigen Geschwindigkeitsgrenzen für Tankwagen außerhalb geschlossener Ortschaften muß erneut geprüft werden. Sie könnte die Anzahl der Fälle mindern, in denen sich Unfälle wegen einer nach der Verkehrslage zu hohen Geschwindigkeit ereignen. Andererseits könnte sie den Verkehrsfluß behindern, die Anzahl .der Überholvorgänge vermehren und dadurch zusätzliche Gefahren schaffen, die bei der Abwägung der Vorteile und der Nachteile berücksichtigt werden missen. Seit einem Jahre sammeln die Länder auf meine Veranlassung Unterlagen dafür, ob und welche neuen Vorschriften über den Tankwagenverkehr nötig sind. Mitte April 1964 soll das bisherige Ergebnis auf einer Länderreferententagung geprüft werden. Dabei werden die Fragen der besonderen Fahrerlaubnis und ,der Geschwindigkeitsregelung besonders beachtet werden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hedi Flitz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Namens der Fraktion der Freien Demokratischen Partei darf ich wie folgt Stellung nehmen zu dem uns vorliegenden Antrag Drucksache IV/1922 und der Großen Anfrage Drucksache IV/1955, diesich mit der Situation der älteren Menschen befassen. Um den angeforderten Bericht gut zu erstellen, ware eine



    Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven)

    möglichst breite Untersuchung wünschenswert, da er die Grundlage für .Maßnahmen auf lange Sicht bilden soll. Trotzdem nsind wir der Meinung, daß man nicht alle Fragen neu untersuchen, sondern zunächst einmal das vorliegende Material 'sichten sollte. Es ist ja auch für uns als Politiker und für unsere Entscheidungen wichtig zu wissen, wo schon etwas existiert.
    Es ist erfreulich, daß ,das Kuratorium „Deutsche Altershilfe" unter dem Vorsitz von Frau Wilhelmine Lübke neben den Mitteln für die praktischen Einrichtungen der Altenpflege lerhebliche Mittel auch für die Altersforschung zur Verfügung stellt, die nun sicher dem Begehren der Antragsteller dienen wird.
    Das 20. Jahrhundert, so hatte man einmal angenommen, werde das Jahrhundert des Kindes werden. Zwei Weltkriege, zwei Geldentwertungen und die Weltwirtschaftskrise haben diese Illusion zerstört. Es ist ein Jahrhundert der alternden Menschen geworden. Aber unabhängig von den politischen Faktoren muß festgestelltwerden, daß überall in der sich immer mehr technisierenden Welt die durchschnittliche Kinderzahl ,absinkt und die Lebenserwartung der älteren Menschen steigt. Auch eine weitere Erscheinung, das frühere Ausscheiden aus dem Arbeitsprozeß infolge Frühinvalidität, führt nicht, wie man zunächst einmal vermuten konnte, zu einem generellen Sinken der Lebenserwartung. Die Lebenserwartung der jetzt 65jährigen hat sich seit 1945 um zwei Jahre verlängert. In der Tat entwickelt sich die Industriegesellschaft von der Dreigenerationengesellschaft zur Viergenerationengesellschaft. Trotzdem würde es einen falschen Eindruck erwecken, spräche man von einer Überalterung, weil diese Altersstruktur charakteristisch ist für die industrielle .Gesellschaft. Internationale Vergleiche beweisen das.
    Der „Ausschuß für Bevölkerungs- und Flüchtlingsfragen" im Europarat hat kürzlich einen Bericht .abgegeben über 'die demographische Entwicklung, in dem die demographischen Aussichten in der Welt, besonders in Europa, gekennzeichnet und behandelt werden. Danach zeigt die gegenwärtige Entwicklung überall eine allgemein höhere Lebenserwartung und gleichzeitig eine Verminderung der werktätigen Bevölkerung. Wegen der 'Bedeutung dieser Tatsache wurde die Empfehlung gegeben, das Jahr 1966 zu einem Europäischen Demographischen Jahr zu erklären und die ,entsprechenden Vorbereitungen zu treffen.
    Nur wenige Zahlen zu unserer gegenwärtigen Situation in Deutschland: Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt zur Zeit bei den Frauen um 73 Jahre, bei den Männern um 71 Jahre. Nach der „Zeitschrift für Sozialhilfe" vom März 1963 waren im Jahre 1963 in der Bundesrepublik 10,8 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt. Im Jahre 1975 werden nach den Vorausberechnungen ,schätzungsweise etwa 14,5 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Dabei wird sich — und das ist interessant — der Anteil der Frauen stärker erhöhen als der der Männer. Das Statistische Bundesamt rechnet damit, daß im Jahre 1970 3,3 Millionen Männer und 5,2
    Millionen Frauen über 65 Jahre alt sein werden, d. h. daß in dieser Altersgruppe auf drei Männer fünf Frauen kommen werden. Das bedeutet eine besondere Sorge insofern, als die Einkommensverhältnisse 'der Frauen im Durchschnitt sehr viel schlechter sind 'als die der Männer.
    Nach den wechselvollen Schicksalen unserer Generation ist es verständlich, daß die Sorge um die wirtschaftliche Sicherung des Lebensabends den Menschen begleitet. Welch eine hervorragende Rolle die Altersversorgung im Bewußtsein der Offentlichkeit spielt, beweist die Tatsache, daß heute die Berufswahl nicht selten von der Versorgung her beeinflußt wird, sei es nun als Folge des Schicksals der Eltern, die eine Währungsreform und andere Schicksale erlebt haben, sei es durch die Änderung der Wirtschaftsstruktur, weil bestimmte Berufe eben eine Sicherheit versprechen. So bedeutet es in der augenblicklichen Situation des Arbeitskräftemangels noch immer eine gewisse Anziehung, wenn man mit sozialen Leistungen für bestimmte Lebenssituationen, insbesondere natürlich für das Alter, wirbt. 40 % der freiwilligen betrieblichen Sozialleistungen deuten in diese Richtung. Wir kennen auch die Werbeslogans, wie z. B. einen der Bundesbahn: „Wähle Sicherheit! Werde Eisenbahner!" Daß durch das Sicherheitsbedürfnis unter Umständen eine gewisse Steuerung hinsichtlich der Berufswahl und ausübung stattfindet, ist gewiß nicht unbedingt erfreulich. Denn es sollte doch nicht nur auf die Sicherheit im Alter, sondern mehr noch auf die Lebenserfüllung im Beruf ankommen.
    Allerdings müssen wir auch erkennen, daß durch die ungleiche Bewertung von gesetzlicher Altersversorgung und privater Altersvorsorge Tatbestände geschaffen worden sind, die bei vielen eine nicht zu beseitigende Verbitterung geschaffen haben und die einer Korrektur bedürfen, wenn man nicht einen Trend verstärken will, der gesellschaftspolitisch nur als bedenklich bezeichnet werden kann. Hier liegt sicherlich auch eine der Ursachen dafür, daß heute in vielen Fällen von einer Rentenpsychose gesprochen wird. Die Untersuchung, die angestellt werden soll, kann vielleicht in dieser Hinsicht wertvolle Aufschlüsse dahin gehend geben, daß es nicht der Idealzustand ist, im Alter eine bestimmten Prozentsatz seines letzten oder durchschnittlichen Arbeitseinkommens zu erhalten. Wenn ein Rentner oder ein Pensionär sich im Alter an seine Rente oder an seine Pension als alleinige Säule der Versorgung zu halten hat, wird er das Ausgeschiedensein aus dem Arbeitsprozeß und damit aus einem sehr wesentlichen Teil seines bisherigen gesellschaftlichen Daseins vielleicht doch härter empfinden, als wenn ihm noch bestimmte Funktionen, vielleicht in einem Eigenheim oder auf Grund eines sonstigen Besitzes, bleiben.
    Wir müssen uns aber die Frage vorlegen, ob nicht durch die sichtbare oder unsichtbare fortschreitende Sozialisierung der Löhne und Gehälter der von allen angestrebten Eigentumspolitik ein wenig der Boden entzogen wird. Wir werden zwangsweise prüfen müssen, ob das jetzige System nicht dahin geändert werden sollte, daß nach Erreichung eines



    Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven)

    gewissen Existenzminimums dem einzelnen wieder die Freiheit gegeben wird, selbst zu entscheiden, welche Form der Vorsorge er treffen will. Der Versuch der totalen Versorgung über Institutionen führt zu einer Kollektivierung, die wir alle nicht wollen, und die Sicherheit, die sie verspricht, hat sie im Grunde noch niemals gebracht.
    Angesichts des Wandels unserer Wirtschaftsstruktur müssen wir erkennen, daß bestimmte Berufe, die Generationen eine Existenzsicherung gewährt haben, diese Sicherung heute infolge der technischen Entwicklung und der Änderung der Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr bieten und daß deshalb in irgendeiner anderen Form als bisher eine gewisse Sicherung für das Alter eingeleitet werden muß. Es ist selbstverständlich, daß wir bei allen unseren Überlegungen immer wieder davon ausgehen müssen, daß man menschliche Schicksale nicht eliminieren kann. Sie gehören nun einmal zur Reifung der Persönlichkeit.
    Der Wert der Ergebnisse und die Auswertung der Untersuchung wird nicht entscheidend davon abhängen, ob. gewisse Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen und Lebenssituation der alten Menschen getroffen werden, sondern davon, ob die alten Menschen diese Maßnahmen als gerecht und sinnvoll empfinden. Wenn ich bei meiner Tätigkeit im Petitionsausschuß die Anliegen betrachte, die einen wesentlichen Anteil darstellen — die meisten Notrufe betreffen soziale Fragen, auch die der Alterssicherung —, dann kann ich nur sagen, daß das Parlament und die entscheidenden Gremien Fragen gegenüberstehen, die nicht zu lösen sind. So ist es zum Beispiel einfach unmöglich, in der Bevölkerung Verständnis dafür zu finden, daß bestimmte soziale Leistungen nur dann gewährt werden, wenn andere Einkommen nicht vorhanden sind. Die Ersatzfunktion von Ausgleichsrenten der Kriegsopferversorgung und bestimmter Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz wird niemals gesehen, wenn sie einmal gewährt werden. Jede Kürzung beim Steigen anderer Einkommen wird als ein ungerechter Eingriff in ein erworbenes Recht angesehen. Gerade weil hier ein bestimmtes Einkommensniveau gehalten wird, während in anderen Bereichen eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse festzustellen ist, wird den Rentnern die Besonderheit ihres Status bewußt. Wegen dieser negativen psychologischen Momente sollten alle Maßnahmen unterstützt werden, die dahin führen, daß der Mensch im Alter nicht unverschuldet in die Abhängigkeit von einem solchen Leistungsrecht gerät.
    Man weiß draußen sehr wohl, daß wir im Jahre 1964 7,5 Milliarden DM als Zuschuß an die drei Rentenversicherungsträger zahlen. Angesichts der nach dem geltenden Rentenrecht noch immer möglichen Kleinstrenten ist es für viele einfach unverständlich, daß sich solch hohe Zuschüsse nicht stärker bemerkbar machen. Aus der Sicht der Betroffenen handelt es sich hier nicht um eine Frage des Rentensystems, sondern um eine soziale oder unsoziale Lösung. Gerade an uns weibliche Abgeordnete wird immer wieder von Witwen geschrieben, die es nicht verstehen können, daß ihre zum Teil minimalen Renten — ob es nun ihre eigenen oder ob es Hinterbliebenenrenten sind — prozentual genauso angehoben werden wie die schon höheren anderen Renten.
    Die Arbeit im Petitionsausschuß gewährt hier immer wieder Einblick in Tatbestände, die als Notstände empfunden werden. Ich möchte hier noch auf ein anderes, immer wiederkehrendes Beispiel eingehen. Es gibt Fälle, wo Familiensinn und Familienverantwortung von Kindern ihren Eltern gegenüber durch jahre- und jahrzehntelange Betreuung bewiesen werden. Will es das Schicksal, dann stirbt zum Beispiel die unverheiratete Tochter, die ihre Eltern oder einen Elternteil versorgt hatte, vor diesen. Obwohl bei einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit jahrelang Pflichtversicherungsbeiträge geleistet wurden, stehen die hinterbliebenen Alten nicht selten unversorgt da und können es dann einfach nicht verstehen, daß diese Beiträge dem Versicherungsträger zugeflossen sind, ohne daß dieser später Verpflichtungen hat.
    Es wird von Interesse sein, aus dem Bericht zu erfahren, wo noch gewisse typische Notstände herrschen. Wir alle wissen: es ist nicht so, daß dort, wo am lautesten gerufen wird, nun die größte Armut herrscht. Man muß feststellen, ob die Optik der sozialen Notstände auch mit den Tatsachen übereinstimmt oder ob in Projekten Verzerrungen vorhanden sind. — Soviel zur finanziellen Versorgung der alten Mitbürger.
    Der angeforderte Bericht wird ohne Zweifel bestätigen, daß die Wohnverhältnisse unserer alten Mitbürger noch wenig befriedigend sind. Ich verweise unter anderem auf die sehr interessanten Erhebungen des Statistischen Bundesamtes von 1960 über die Wohnverhältnisse der Rentner.
    Die Fraktion der CDU stellt in ihrer Anfrage fest, daß die Sorge für die alte Generation in erster Linie Aufgabe der Familie ist. Wir sind sicher einig, daß alle Maßnahmen gefördert werden sollen, die diese Aufgabe erleichtern.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ein Großelternteil in der Familie hat in vieler Hinsicht einen segensreichen Einfluß.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es wäre aber sicher falsch, aus dem Zusammenleben der Generationen ein Dogma zu machen. Wohnbedingungen und Veranlagung und Gewohnheiten der einzelnen Familienmitglieder sichern nicht immer die notwendige Harmonie; das ist durchaus menschlich, besonders in unserer hektischen Zeit. Neuere Umfragen beweisen ja auch, daß die älteren Menschen ihr privates Leben noch führen wollen, solange es geht. Sie nehmen dabei. gern am Leben der Jungen teil, aber doch bei gleichzeitiger Wahrung der Distanz und der wirtschaftlichen und wohnungsmäßigen Selbständigkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Selbständigkeit wird ihnen geboten in Alterswohnhäusern, in Stiften und Heimen, in denen sie im Gegensatz zu ihren Altersgenossen, die in ihren Wohnungen verblieben sind, eine ge-



    Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven)

    wisse Betreuung finden. Alle diese Wohntypen mit ihren Vorteilen und Nachteilen stehen in der Sozialpolitik seit Jahren zur Diskussion.
    Die Altersheime, seien die Träger nun die Kommunen oder die freien Wohlfahrtsverbände oder andere Stiftungen, nehmen zwar viele Sorgen, aber sie engen auch den Spielraum und die Entscheidungsfreiheit des einzelnen ein; und für viele Altere ist doch immer noch das Sorgendürfen wichtiger als das Umsorgtsein. Der alte Mensch braucht seine Bestätigung.
    Als neuere Wohnform sind Altenwohnungen für alte Ehepaare oder einzelne entwickelt worden; das heißt, eine größere Zahl von Wohneinheiten in einem Gebäude mit einer Wohnung möglichst für ein Hausmeisterehepaar und auch eine Fürsorgerin. Viele Städte bieten gute Beispiele. Aber die Erfahrung hat doch gezeigt, daß auch diese Lösung nichts Ideales ist. Die mitmenschlichen Beziehungen innerhalb des Gebäudes mit den Nachbarn werden nur sehr wenig gepflegt. Es müßte mindestens ein Gemeinschaftsraum oder eine Art Klubhaus in der Nähe existieren. Es wird auch festgestellt, daß gerade die Bewohner der Altenwohnungen den notwendigen Kontakt mit der Außenwelt verstärkt verlieren. Diese Altenwohnungen werden, wie vorhin schon einmal angedeutet worden ist, immer mehr zu Gettos. Man ist deshalb schon einen anderen Weg gegangen: man versucht Altenwohnungen und Kinderheime in einem Areal zu kombinieren.
    Dem natürlichen Zusammenleben der Generationen entspräche wohl am besten eine möglichst vermehrte Streuung von Altenwohnungen in Familiensiedlungen; das heißt, mehr als bisher sollte man in neuen Wohnbauvorhaben größere und kleinere Wohnungen mischen, um den Alleinstehenden, eben auch den älteren Menschen, das Gefühl der Vereinsamung zu nehmen. Ich freue mich, daß der Herr Bundesminister diese Form so warm befürwortet hat.
    In dieser engen Berührung kann sich sogar eine Nachbarschaftshilfe auf Gegenseitigkeit entwickeln; Kinder und junge Menschen können den Alten helfen, und vielleicht gewinnen die Alten auch Freude daran, einmal Kinder zu hüten und dadurch die überbeanspruchte oder eventuell kranke Mutter zu entlasten.
    Es scheint deshalb wichtig, daß spezielle Maßnahmen der Wohnungsversorgung für alte Leute in die Wohnungsbauprogramme aufgenommen werden. Nach Beseitigung der ärgsten Not auf dem Wohnungssektor müssen die Wünsche dieser Kreise nun endlich als dringlich angesehen werden.
    Ich sprach schon von der erhöhten Lebenserwartung der alten Menschen. Sie bedeutet, daß der biologische Abbauprozeß sich verlangsamt, mit allen Anfälligkeiten und ihren Auswirkungen auf das gesundheitliche Befinden. Eine Altersmedizin hat es von jeher gegeben. Heute scheint es wichtig, die Vorsorgehilfe, die vorbeugende Hilfe, auch bei den Alten zu verstärken. Ich denke unter anderem an eine verstärkte Ernährungsberatung. Für Krankheitsfälle müssen mehr als bisher Hauspflegerinnen in der Stadt zur Verfügung stehen. Es ist erfreulich, daß die Hauspflege in den Entwurf des Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes mit aufgenommen wurde, und sicher hat sich als eine Notwendigkeit der Beruf der Altenpflegerin herausgebildet, der einen neuen Frauenberuf darstellt. Denn zur Ausübung der Tätigkeit bei alten Menschen gehören Kenntnisse über die Besonderheiten dieser Entwicklungsphase, die ja durchaus unterschiedlich verlaufen kann; denn den alten Menschen gibt es nicht, jeder ist letzten Endes geprägt von seinem einmaligen Lebensablauf.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Für chronisch Kranke und Sieche müssen mehr Pflegeheime zur Verfügung stehen — auch das ist ja von Frau Kollegin Schroeder schon erwähnt worden —, die die Krankenhäuser mit ihrer beschränkten Bettenzahl und übrigens auch die Krankenschwestern entlasten; denn in solchen Heimen gibt es sicherlich Möglichkeiten für den Einsatz der zukünftigen Krankenpflegehelferin.
    Pflegeabteilungen sollten aber auch den Altersheimen angegliedert werden; denn ein Milieuwechsel ist für alte Menschen nicht gerade günstig. So behalten sie den Kontakt mit den Heiminsassen, mit denen sie bisher zusammen waren.
    Als einen Teil der Altershilfe sollte man vielleicht doch die Altenerholung noch etwas stärker fördern. Ich denke an Urlaubsreisen, eventuell in Kur- und Badeorte, außerhalb der Saison. Für viele wäre es sicherlich zum erstenmal eine Urlaubsreise.

    (Abg. Könen [Düsseldorf]:: Warum außerhalb der Saison?)

    — Schöner wäre es natürlich auch in der Saison. — Ich denke an Tageserholung, wie sie einige Städte für alte Leute schon in bestimmten Einrichtungen am Stadtrand geschaffen haben. Ich denke auch an die Gewährung von gewissen Freifahrten an Alte in städtischen Verkehrsmitteln, damit auch sie einmal Freude an der Natur draußen vor der Stadt haben.
    Alle Faktoren, die in der Lage sind, die Daseinsfreude der älteren Menschen zu beeinträchtigen, haben letztlich ihre Auswirkungen im gesundheitlichen Bereich. Das heißt, die Lebensbedingungen insgesamt üben einen maßgeblichen Einfluß auf das objektive Kranksein bzw. das subjektive Sich-krankFühlen aus. Damit berühren wir vielleicht den wichtigsten Punkt: das Altersproblem ist nicht nur ein Greisenproblem, sondern es ist ein Lebensproblem, das Problem des Überlebens. Man muß den alternden Menschen helfen, mit ihrer seelischen Situation fertig zu werden. Dies ist eine Aufgabe, die sich nicht nur dem Staat, den Ländern und Kommunen sowie den Organisationen stellt, sondern letzten Endes ist jeder einzelne von uns dazu aufgerufen. Ein unversorgter kranker Alter und, wie wir leider gelegentlich lesen müssen, ein bereits einsam in der Dachkammer eines Wohnblocks Verstorbener sind doch im Grunde genommen eine Anklage gegen unsere Gesellschaft, und ich finde es fast beschämend, daß eine Aktion „Silberfisch" — Sie wissen, was sie



    Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven)

    bedeutet: die Alten sollen einen Silberfisch an das Fenster oder an die Tür hängen, wenn sie Hilfe brauchen — überhaupt nötig wurde.
    Altwerden ist für viele eine beunruhigende seelische Sorge geworden; denn die innere Reifung des heutigen Menschen ist vielfach noch nicht so weit fortgeschritten, um zu der Einsicht zu führen, daß auch diese Lebensphase Werte zu schenken hat, denn das Alter bedeutet ja nicht nur Abbau. Wir brauchen vielleicht — auch das ist schon angedeutet worden — eine Erziehung zum Altwerden. Hier könnte die Gemeinschaftskunde vielleicht schon tätig werden. Aber ich denke noch mehr an die Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die lehren könnten, zeitig in ein inneres Verhältnis zum Altern zu kommen, also sein Alter sozusagen zu planen. Denn eine echte Ausreifung der Persönlichkeit geschieht ja nicht mühelos und ganz selbstverständlich.
    Dabei haben es unsere heutigen alten Menschen nicht leicht. Die Nachwirkungen des „Dritten Reiches", das wie jedes totalitäre System die Jugend verherrlichte, haben dazu beigetragen, daß Autoritäten abgebaut werden. Auch im Wirtschaftsprozeß — das wissen wir ja — wird der jüngere Bewerber wesentlich bevorzugt. Wie oft lesen wir: „Höchstalter 35 Jahre, mit langjähriger Erfahrung"! Im Grunde genommen wird die wirkliche Lebenserfahrung kaum mehr gewertet.
    Alter bedeutet neben dem biologischen eben doch auch ein soziales Schicksal, das An-den-Rand-Gedrängtwerden. Wir müssen deshalb in erster Linie den alten Menschen helfen, mit ihrer Freizeit fertig zu werden, damit sie eben nicht auf der Bank im Park Zaungäste des gesellschaftlichen Lebens werden.
    In diesem Zusammenhang wirft die zwangsweise Ausschaltung von Menschen an der sogenannten Altersgrenze ein Problem auf, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Ich erinnere daran, daß Herr Bundeskanzler Erhard in seiner Regierungserklärung ausdrücklich gesagt hat, daß es nicht in der Absicht der Bundesregierung liegt, das Pensionsalter der Beamten oder die Altersgrenze der Arbeiter und Angestellten nach oben zu rücken. Aber man sollte denjenigen, die freiwillig bereit sind, die Chance geben, auch später ihr Können und Wissen nicht ungenützt zu lassen, auch schließlich zu ihrem persönlichen Nutzen. Mit Erreichung der gesetzlichen Altersgrenze wird der Mensch sozusagen in eine Altersgarage abgestellt. Können wir uns im Grunde genommen diesen Luxus leisten, erfahrene, reife, wertvolle Menschenkräfte zu vergeuden? Hinzu kommt, daß das Ausscheiden aus dem Arbeitprozeß von heute auf morgen häufig wie ein Schock wirkt und zu Depressionen führt. Unsere Rentenversicherung entspringt einer Sozialpolitik auf dem Grundsatz einer die Generationen verbindenden Solidarität. Alte Menschen können keine dauerhafte Beserung ihrer Lage erwarten, wenn der erwerbstätige Bevölkerungsanteil im Rückgang ist, und dies ist, wie wir wissen, der Fall.
    Wir sollten langfristig prüfen, ob Beispiele aus anderen Ländern, wie etwa aus den Vereinigten
    Staaten und aus Schweden, nicht auch für uns wirksam gemacht werden können. In den Vereinigten Staaten gibt es zum Beispiel die stufenweise Pensionierung der Bundesbediensteten mit einer Beschäftigung, die von einer immer leichteren Art wird, oder man regelt die Frage durch Arbeitszeitverkürzung. In Schweden gibt es eine schwebende Rentengrenze mit dem Anreiz, daß bei einer größeren Zahl von Arbeitsjahren auch die Rente steigt.
    Die Initiative in der Altenhilfe ist in weiten Kreisen unseres Volkes in erfreulichem Maße gestiegen. Es sind schon erwähnt worden die Altenklubs, in denen man die älteren Bürger zusammenfaßt, damit sie Kontakt finden, aber auch den Kontakt zum kulturellen Leben behalten. Die Träger sind die freien Wohlfahrtsverbände, daneben die in Kassel gegründete Lebensabend-Bewegung; es ist das Soziale Hilfswerk, das sich ganz besonders der geistig Schaffenden annimmt, und es sind die Ortsringe des Deutschen Frauenringes. Es wäre nur wünschenswert, wenn die Initiativen auch dieser privaten Verbände mehr als bisher von den Kommunen unterstützt würden.
    Noch ein letztes Wort zur Generationenfrage. Unsere Lebensordnung verlangt ein Zusammenwirken der Generationen. Im Leben eines Volkes ist jede Altersstufe notwendig und auch auf die andere angewiesen. Deshalb erscheint es mir als ein guter Weg, daß man junge Menschen in die Betreuung der alten einschaltet. Als ein Beispiel darf ich eine Aktion der „Offenen Tür", Altenhilfe in Bonn, erwähnen. Hier verteilt man adressierte Postkarten an alte Menschen, mit denen diese — nach Konfessionen getrennt — die Hilfe von jungen Menschen erbitten können.
    Das geistige, kulturelle, soziale und politische Leben eines Volkes hat der Erfahrungsfülle und den schöpferischen Kräften des Alters viel zu verdanken, und es ist deshalb nicht mehr als eine selbstverständliche Pflicht, sich ihrer Sorgen und Nöte anzunehmen.
    Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei begrüßt es — wie schon eingangs gesagt wurde —, wenn diese Untersuchungen der Lebensverhältnisse der alten Menschen durchgeführt werden und eine Auswertung erfahren, die den politisch entscheidenden Gremien die Möglichkeit gibt, die entsprechenden Folgerungen daraus zu ziehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Kühn (Hildesheim).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Kühn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wegen der Kürze der Zeit will ich mich auf einige wenige Anmerkungen beschränken. Lassen Sie mich damit beginnen, daß ich zunächst einmal dem Personenkreis, über dessen Schicksal und über dessen Wohlergehen wir uns heute unterhalten und dem wir alle so sehr viel verdanken, unseren herzlichen Dank ausspreche. Ich glaube, das ist die Situation, von der allein aus wir auch die fachlichen Probleme,



    Kühn (Hildesheim)

    um die es hier im einzelnen geht, richtig behandeln können. Wir sollten der älteren Generation dankbar sein und wissen, daß wir ihr für das, was sie zu ihrer Zeit geleistet hat, Dank schuldig sind.
    Von daher gesehen möchte ich ein Wort an uns alle richten. Es ist ja mehrfach — von der verehrten Frau Kollegin Dr. Flitz wie auch von Frau Schroeder und Herrn Meyer — angedeutet worden, daß das Problem der Versorgung der älter gewordenen Menschen zunächst ein Problem der Familie ist; das ist ganz selbstverständlich. Wir sollten nach draußen hin bekunden, daß wir der Familie wieder Mut dazu machen möchten, die älter Gewordenen im Kreise der Familie zu behalten;

    (Beifall)

    denn, meine Damen und Herren, welchen Segen der Großvater und die Großmutter in der Familie bedeuten, weiß nur der zu schätzen, der sie zu früh verloren hat oder bei der Erziehung seiner Kinder überhaupt vermissen mußte.

    (Erneuter Beifall.)