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ID0412023100

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    Deutscher Bundestag 120. Sitzung Bonn, den 6. März 1964 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen IV/1993, IV/1999, IV/1997) Fragen des Abg. Biechele: Pressemeldungen über Ausweisung aller christlichen Missionare aus dem Sudan Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5573 D, 5534 A, B, C, 5575 A, B, C Biechele (CDU/CSU) . 5573 D, 5574 A, D, 5575 A Dr. Czaja (CDU/CSU) . . 5574 B, 5575 B Fragen des Abg. Unertl: Bericht der italienischen Zeitung „L'Europeo" über angebliche Ausbildung von Terroristen in Niederbayern Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5575 D, 5576 A, B, C, D Unertl (CDU/CSU) . . 5575 D, 5576 B, C Ertl (FDP) 5576 A, D Frage des Abg. Dr. Fritz (Ludwigshafen) : Gestaltung des Städtebildes an Bahnstrecken Dr. Seiermann, Staatssekretär . 5577 A, B, C Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 5577 B, C Frage des Abg. Josten: Autohöfe Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 5577 D Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 5578 A Fragen des Abg. Fritsch: Ausbau der Bundesfernstraßen in Niederbayern — Autobahn RegensburgPassau Dr. Seiermann, Staatssekretär 5578 B, C, D, 5579 B Fritsch (SPD) 5578 B, C, 5579 A Unertl (CDU/CSU) . . 5578 C, D, 5579 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Anerkennung von in der Sowjetzone abgelegten Fahrlehrerprüfungen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 5579 C, D, 5580 A, B, C, D Dr. Mommer (SPD) . . . 5579 D, 5580 A Dr. Kohut (FDP) . . . . . . 5580 A, B Wehner (SPD) 5580 B, C Dürr (FDP) 5580 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. März 1964 Frage des Abg. Peiter: Buslinie zwischen Diez und Burgschwalbach Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 5580 D, 5581 A, B Peiter (SPD) . . . . 5580 D, 5581 A, B Fragen des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg und des Abg. Strohmayr: Wartezeiten bei der Herstellung eines Telefonanschlusses Stücklen, Bundesminister . . . . 5581 C, D, 5582 A, B, C, D, 5583 A, B, C, 5584 A Strohmayr (SPD) . . . . 5581 D, 5583 B Cramer (SPD) 5582 A Börner (SPD) 5582 B, C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 5582 D Dürr (FDP) . . . . . . . . 5583 C, D Frage des Abg. Haase (Kellinghusen) : Straße zur Truppenunterkunft in Kellinghusen Hopf, Staatssekretär . . . . . 5584 A, B Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . . 5584 B Fragen des Abg. Dr. Knorr: Strahlenschutz bei Panzern und Kriegsschiffen Hopf, Staatssekretär . . • 5584 B, C, D Dr. Bechert (SPD) 5584 D Frage des Abg. Seifriz: Raketenzerstörer Hopf, Staatssekretär . . . 5585 A, B, C Seifriz (SPD) 5585 A, B Berkhan (SPD) 5585 B, C Haase (Kellinghusen) (SPD) . . . 5585 C Fragen des Abg. Weigl: Hallenbadprojekt in Weiden Hopf, Staatssekretär . . 5585 D, 5586 A Weigl (CDU/CSU) 5585 D Müller (Erbendorf) (SPD) . . . 5586 A Besetzung eines Sitzes im Postverwaltungsrat 5586 B Entwurf eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksache IV/818) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache IV/1961) — Dritte Beratung — Gerlach (SPD) . . . . . . . . 5586 C, D Scheppmann (CDU/CSU) . 5587 B, 5591 C Spitzmüller (FDP) . . . 5587 C, 5593 C Dr. Schellenberg (SPD) . 5588 C, 5590 D, 5591 B Stingl (CDU/CSU) . . . . . . 5589 D Behrendt (SPD) 5592 B Blank, Bundesminister . . . . . 5594 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/2018) — Erste Beratung — 5595 A Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Diätengesetz 1964) (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/1893); Berichte des Haushaltsausschusses und des Vorstandes (Drucksachen IV/2015, IV/1941) — Zweite und dritte Beratung — Ruf (CDU/CSU) . . . . 5595 B, 5597 B van Delden (CDU/CSU) . . . . . 5596 C Frehsee (SPD) . . . . . . . . 5600 A Dorn (FDP) 5601 D Antrag betr. Kindergeld (Abg. Dr. Dichgans, Wagner, Brück u. Gen.) (Drucksache IV/ 2000) 5602 B Antrag betr. Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden (Abg. Lemmrich, Dr. Müller-Hermann, Drachsler, Eisenmann u. Gen.) (Drucksache IV/1987) ; in Verbindung mit dem Antrag betr. Änderung der vorläufigen Richtlinien für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden (Abg. Müller [Nordenham], Könen [Düsseldorf], Figgen, Beuster u. Gen. und Fraktion der SPD) (Drucksache IV/2005) 5602 C Nächste Sitzung 5602 D Berichtigungen 5602 Anlagen 5603 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. März 1964 5573 120. Sitzung Bonn, den 6. März 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigungen Es ist zu lesen: 109. Sitzung Seite 5017 D Zeile 20 statt „1642": 1842; 112. und 113. Sitzung Seite III statt „5173 B": 5185 B; Seite 5169 D Zeile 7 von unten statt „1880": 1888; 117. Sitzung Seite 5317 B Zeile 2 statt „bejahten": bejahen; Seite 5317 B Zeile 10 statt „wurde wenig": wurde ein wenig; 118. Sitzung Seite 5494 C Zeile 1 statt „erfreuliche": unerfreuliche. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 6. 3. Dr. Aigner* 6. 3. Dr. Arnold 6. 3. Dr. Atzenroth 6. 3. Bading 6. 3. Dr.-Ing. Balke 6. 3. Bergmann 6. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 6. 3. Birkelbach 6. 3. Fürst von Bismarck 15. 3. Blachstein 6. 3. Dr. Bleiß 21. 3. Dr. h. c. Brauer 6. 3. Dr. von Brentano 21. 3. Dr. Burgbacher 6. 3. Corterier 6. 3. Dr. Deist 31. 3. Deringer* 6. 3. Dr. Dichgans* 6. 3. Frau Döhring 6. 3. Dopatka 15. 3. Drachsler 6. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 21. 3. Frau Dr. Elsner 6. 3. Erler 6. 3. Dr. Dr. h. c. Friedensburg* 6. 3. Dr. Furler 6. 3. Gehring 6. 3. Glüsing (Dithmarschen) 17. 3. Freiherr zu Guttenberg 6. 3. Haage (München) 6. 3. Hahn (Bielefeld) 6. 3. Hansing 17. 4. Dr. Harm (Hamburg) 26. 3. Hauffe 15. 3. Herold 6. 3. Hesemann 6. 3. Höhne 21. 3. Hoogen 6. 3. Dr. Hoven 6. 3. Illerhaus* 6. 3. Kemmer 6. 3. Frau Dr. Kiep-Altenloh 6. 3. Killat 6. 3. Klinker 6. 3. Dr. Kopf 6. 3. Dr. Kreyssig 6. 3. Kriedemann 17. 3. Kubitza 6. 3. Frau Dr. Kuchtner 4. 7. Lenz (Bremerhaven) 15. 3. Lenz (Brühl) 6. 3. Liehr 6. 3. Dr. Löhr 20. 3. Lücker (München)* 6. 3. Dr. Mälzig 6. 3. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Mattick 6. 3. Frau Dr. Maxsein 6. 3. Memmel 6. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 6. 3. Dr. Meyer (Frankfurt) 20. 3. Michels 6. 3. Dr. Miessner 21. 3. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 3. Murr 22. 3. Nellen 6. 3. Paul 6. 3. Dr. Pflaumbaum 22. 3. Dr.-Ing. Philipp 6. 3. Frau Dr. Probst 17. 3. Rademacher 6. 3. Frau Dr. Rehling 6. 3. Richarts 6. 3. Ruland 21. 3. Saxowski 22. 3. Frau Schanzenbach 6. 3. Schlick 6. 3. Dr. Schmid (Frankfurt) 6. 3. Schneider (Hamburg) 6. 3. Dr. Seffrin 6. 3. Dr. Serres 6. 3. Seuffert 6. 3. Steinhoff 6. 3. Storch 6. 3. Dr. Süsterhenn 14. 3. Walter 6. 3. Weinkamm* 6. 3. .Frau Welter (Aachen) 21. 3. Werner 6. 3. Dr. Winter 6. 3. Dr. Zimmer 6. 3. Zoglmann 6. 3. b) Urlaubsanträge Dr. Rieger (Köln) 4. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 404 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961, IV/2009). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 41a Nr. 2 werden in Absatz 2 Satz 1 die Worte „1. Januar" durch die Worte „I.. April" ersetzt. 2. In § 41 a Nr. 2 wird in Absatz 2 Satz 2 die Zahl „114 Millionen" durch die Zahl „103 Millionen" ersetzt. Bonn, den 4. März 1964 Erler und Fraktion 5604 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 120. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. März 1964 Anlage 3 Umdruck 406 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961, IV/2009). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 32 Abs. 4 Satz 1 werden die Worte „zum 31. März 1964" durch die Worte „zum 30. Juni 1964" und die Zahl „125" durch die Zahl „150" ersetzt. 2. In § 41 a Nr. 2 erhalten in § 9 Abs. 2 die Sätze 2 und 3 folgende Fassung: „Die Zuschüsse betragen 22 Millionen Deutsche Mark monatlich. Sie werden für die ersten vier Monate des Jahres 1964 am 25. April 1964, für die späteren Monate jeweils am zehnten Tage des Monats, für den sie bestimmt sind, fällig." Bonn, den 5. März 1964 Dr. Barzel und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 4 Umdruck 405 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961, IV/2009). Der Bundestag wolle beschließen: In § 32 Abs. 4 werden die Worte „bis zum 31. März 1964 betragen 125 vom Hundert" ersetzt durch die Worte „bis zum Außerkrafttreten des Kindergeldgesetzes betragen 135 vom Hundert". Bonn, den 5. März 1964 Erler und Fraktion
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    Rede von Thomas Ruf


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege van Delden hat soeben die Anregung gegeben, die Aufwandsentschädigung der Bundestagsabgeordneten steuerpflichtig zu machen. Ich darf zunächst einmal darauf hinweisen, daß wir uns hier und heute nicht mit der Aufwandsentschädigung zu befassen haben. Über die Besteuerung der Aufwandsentschädigung der Abgeordneten ist natürlich in diesem Haus schon sehr oft gesprochen worden. Wir haben uns häufig darüber den Kopf zerbrochen. Wir waren uns bisher darin einig, daß damit die eigentliche Problematik, um die es geht, nicht gelöst werden kann. Aber, meine Damen und Herren, Herr Kollege van Delden, wir werden diese Frage noch einmal erörtern müssen, wenn wir uns über den Gesamtkomplex der Abgeordnetenbezüge, der Aufwandsentschädigung und des Unkostenersatzes, unterhalten. Eine solche Unterhaltung ist unerläßlich. Wir kommen nicht darum herum. Wir müssen uns zu gegebener Zeit interfraktionell mit dem Problem der Gesamtbezüge der Abgeordneten, nicht ihrer Erhöhung, sondern ihrer Struktur, ihrer Zusammensetzung, beschäftigen. Aber das ist nicht die Sorge von heute, sondern von morgen. So hat es Kollege van Delden sicherlich auch gemeint.
    Heute haben wir es mit der Vorlage Drucksache IV/1941 zu tun. Im Namen der CDU/CSU-Fraktion erkläre ich, daß die CDU/CSU-Fraktion zu der Vorlage, wie sie von allen Fraktionen eingebracht worden ist, steht und daß sie auch die Änderungsvorschläge bzw. Ergänzungen, die der Vorstand vorgenommen hat und jetzt vorschlägt, billigt. Daß wir uns in unserer Fraktion über das Diätengesetz auseinandergesetzt haben, ist der Öffentlichkeit ja nicht verborgen geblieben. Das soll auch nicht verborgen werden. Denn schließlich leben wir Gott sei Dank in einer freien, offenen Gesellschaft, wo eben auch diese Dinge frei und offen behandelt werden.
    Was übrigens die Bezüge der Abgeordneten angeht, so gibt es nichts zu verheimlichen und gibt es nichts zu verbergen. Hier gibt keine Geheimniskrämerei, wie uns ab und zu schon vorgeworfen worden ist. Alles steht ja im Gesetz, ist im Gesetz nachzulesen. Daß wir dieses Gesetz selber machen müssen, ist nicht gerade angenehm, aber es ist nicht zu ändern. Wir machen schließlich die Gesetze, und wir ,stehen auch dazu.
    Nun lassen Sie mich Ihnen eines sagen. Als Abgeordneter, der wie viele, viele andere in diesem Hause aus allen Fraktionen seine ganze Kraft und seine ganze Zeit für diese parlamentarische Arbeit einsetzt, der wie viele andere Kollegen auf sein Privatleben nahezu verzichtet, der gezwungen ist, seinen Beruf zu vernachlässigen, und der trotzdem stolz darauf ist, bisher seine Unabhängigkeit bewahrt zu haben, als solcher Abgeordneter spreche ich weder hier noch draußen über die Berechtigung unserer Bezüge, zumal diese Bezüge zum großen Teil für die meisten Abgeordneten überwiegend die Unkosten decken.
    Friedrich Sieburg hat vor Jahren einmal in einem Artikel in der FAZ geschrieben — ich kann Ihnen leider nicht sagen, wann; aber das kommt eben davon, wenn man jede Kleinigkeit selber machen muß; das Papier ist vergilbt; es liegt also vielleicht ein Jahr zurück —:
    Um so dringlicher ist es, die Kenntnisse des Abgeordneten, seine Fähigkeiten und Erfahrungen, die oft nicht gering sind, rationell zu nutzen und ihn von den Sorgen um das tägliche Brot zu befreien. Der Abgeordnete muß das haben, was jedem Manager selbstverständlich ist. Seine Betriebskosten, Büro und Transport,



    Ruf
    müssen ebenso ausreichend bemessen sein wie die Kasten für seine Lebensführung.
    Natürlich, meine Damen und Herren — das muß auch der Öffentlichkeit gesagt werden —, gibt es Gott sei Dank unter uns Kollegen, für ,die diese Bezüge nach ,dem Diätengesetz wenig, nur ein Taschengeld bedeuten. Aber die Diätenregelung kann nicht danach ausgerichtet sein, ob der eine oder andere begütert ist oder nicht, ob er auf die Bezüge angewiesen ist oder nicht. Die Diätenregelung ist auf das Mandat gezielt. Sie hat die Ausübung des Mandats zu sichern und dafür zu sorgen, daß sich nicht nur Beamte, nicht nur Verbandsfunktionäre und nicht nur Firmenangestellte mit hohen Pensionszusagen

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses)

    um ein Abgeordnetenmandat bemühen. Wir brauchen in jeder Beziehung freie Abgeordnete, die es sich leisten können, das eine Mal mit dieser Gruppe, das andere Mal, wenn es notwendig ist, wenn sie es für richtig halten, auch einmal mit der anderen Gruppe zu stimmen und die Dinge so zu entscheiden, wie sie es sachlich für richtig halten. Wir brauchen auch Abgeordnete — auch das muß gesagt werden —, die in der Lage sind und in die Lage gesetzt werden, auch ihren eigenen Wählern — in diese Lage kommen wir sehr oft — einmal das zu sagen, was sie nicht gern hören, was aber gesagt werden muß.

    (Abg. Dr. Schäfer: Sehr richtig!)

    Dazu ist es eben notwendig, daß die wirtschaftliche Freiheit der Abgeordneten dieses Parlaments gesichert wird. Das und nur das wollte der Herr Bundestagspräsident Gerstenmaier mit seinem Hinweis auf idas Grundgesetz bei der ersten Lesung sagen.
    Herr Alfred Rapp, den Sie ja alle kennen und der unsere Arbeit schon seit Jahren aus nächster Nähe beobachtet, hat einmal in seiner Zeitung geschrieben:
    In einem Deutschland, in dem jedermann Spesen und Diäten in allen möglichen Fällen für Selbstverständlichkeiten hält, spielen die Abgeordneten beinahe die Rolle des Angeklagten, wenn ihre Diäten zur Sprache kommen.
    Nun meine Damen und Herren, ich fühle mich nicht als Angeklagter

    (Beifall 'auf allen Seiten des Hauses)

    und mit mir sicherlich mit Recht viele, viele Kollegen aus allen Fraktioinen dieses Hauses. Es mag sein, daß das, was die Abgeordneten erhalten, nicht für alle gleichermaßen angemessen ist. Herr Kollege Erler hat das freimütig vor kurzem in einer Rundfunkansprache gesagt. Die Leistung, die Beanspruchung der Parlamentsmitglieder ist selbstverständlich nicht bei allen Mitgliedern des Hauses dieselbe, und nicht alle sind so eingespannt wie etwa ein Kollege Barzel oder ein Kollege Erler oder ein Kollege Kühlmann-Stumm, um nur unsere geplagten Fraktionsvorsitzenden zu nennen. Aber auch anderswo, bei allen Organisationen und bei allen Betrieben soll es Leute geben, die sich nicht gerade nach
    der Arbeit drängen und reißen und lieber andere arbeiten lassen. Warum soll es bei uns im Bundestag anders sein? Das soll keine Entschuldigung sein, das entspricht der Erfahrung des menschlichen Lebens.
    Im übrigen, auch das muß einmal gesagt werden: Wer schickt uns denn eigentlich in dieses Parlament? Wer stellt denn die Abgeordneten auf? Wer sich über die Qualität von Abgeordneten, sei es im Gemeindeparlament, im Kreistag, im Landtag, im Bundestag aufregt, soll sich doch einmal fragen, ob er selber bereit wäre, diese unsere Arbeit zu übernehmen und sich aufstellen zu lassen, oder ob er wenigstens bereit wäre, in irgendeine Partei einzutreten, damit er mitreden und mitentscheiden kann, wenn Abgeordnete ausgewählt, aufgestellt und nominiert werden.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Für die CDU/CSU-Fraktion darf ich sagen, daß wir ein offenes Ohr für die Kritik haben, die in den letzten Wochen aus der Öffentlichkeit gekommen ist. Diese Kritik richtete sich meines Erachtens nicht in erster Linie gegen diese Änderung des Diätengesetzes. Ich bin sogar davon überzeugt, daß bei den meisten unserer Mitbürger mehr Verständnis und Einsicht vorhanden ist, als in manchen Zuschriften und Kommentaren und Äußerungen einzelner zum Ausdruck kommt. Die Kritik der Öffentlichkeit trifft vor allen Dingen uns. Sie trifft unsere Arbeit, unsere Zusammenarbeit, das Funktionieren unseres Parlaments. Das geht uns an, und damit haben wir uns zu beschäftigen. Wir dürfen uns dieser Kritik der Offentlichkeit nicht verschließen. Nicht jede Unzufriedenheit, die da zum Ausdruck gebracht worden ist, ist unberechtigt. Das sollten wir ruhig zugeben. Mit dieser Kritik sollten wir uns auseinandersetzen und gemeinsam — ich sage: gemeinsam — und jeder einzelne für sich die notwendigen Konsequenzen ziehen.
    Ist es denn unbedingt notwendig, daß in unserer Tretmühle soviel Sand ist und soviel Leerlauf? Läßt sich da nicht manches vermeiden? Es läge wahrhaftig im Interesse des Ganzen, im Interesse unserer Arbeit, im Interesse der Gesetzgebung, auch in unserem eigenen Interesse, im Interesse unserer Gesundheit, wenn hier manches reduziert würde. Läßt sich denn unsere Arbeit nicht noch besser rationalisieren, läßt sie sich nicht wesentlich verbessern? Ich meine, ja. Ist es denn notwendig, daß wir uns in den 'Ausschüssen bei der Gesetzesberatung um jedes Komma, um jeden Punkt kümmern? Wir sollten uns mehr auf die großen politischen Entscheidungen beschränken, auch in unseren Ausschüssen.
    Es ist uns entgegenhalten worden, der Bundestag sei müde geworden, er habe 'gegenüber den ersten Legislaturperioden an Fleiß nachgelassen. Meine Damen und Herren, wir sollten auch diese Kritik ernst nehmen und prüfen, inwieweit sie berechtigt ist. Manchmal scheint sie mir doch berechtigt zu sein. Auf der anderen Seite möchte ich aber zweierlei sagen: Der Bundestag darf nicht in er-



    Ruf
    ster Linie nach der Zahl der Gesetze, die er produziert, beurteilt werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Im Gegenteil, wenn wir weniger Gesetze machen und wenn die Gesetze dafür besser werden, dann ist es kein Schade.

    (Beifall in der Mitte.)

    Und dann das zweite, was ich zu dem Wort vom müde gewordenen Parlament sagen möchte: Große Teile dieses Parlaments sind einfach überbelastet und überbeansprucht durch ihre Tätigkeit drinnen und draußen.

    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Anton Böhm hat in der „Politischen Meinung" schon im Jahre 1958 folgendes gesagt — ich darf es, weil wir uns darauf besinnen sollten, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten vorlesen —:
    Die ständige Überbelastung des Parlaments beansprucht die Energien gerade der fähigen Parlamentarier über Gebühr, bis zum unbarmherzigen Verbrauch ihrer Kräfte. Sie unterdrückt dadurch das schöpferische Vermögen. Sie läßt ganz einfach keine Zeit zur Besinnung, die für große Konzeptionen gebraucht wird. Schließlich schwächt der unablässige Andrang der großen Aufgaben, den immer die Besten auszuhalten haben — vielleicht sogar nur sie, aber auf sie kommt es an —, das Vermögen zur Unterscheidung des Wichtigen vom Unwichtigen. Von einer Rangordnung der Aufgaben ist kaum mehr etwas zu merken, dafür aber von einer unheilvollen Neigung, die weniger schwierigen Aufgaben zeitlich zu bevorzugen, die anderen, die an Denken und Kraft größere Anforderungen stellen, zu verschieben.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was im Jahre 1958 von Herrn Böhm geschrieben wurde, hat heute, im Jahre 1964, noch genauso seine Gültigkeit. Ich meine, das sollte auch von unseren Wählern und Mitbürgern draußen berücksichtigt werden. Auch die Öffentlichkeit sollte sich einmal sagen lassen, daß sie die Abgeordneten nicht immer wieder überfordern darf, indem sie von uns verlangt, daß wir uns ständig und überall zeigen, daß wir am Wochenende, an den Sonntagen — und da machen die kirchlichen Organisationen leider keine Ausnahme — überall aufkreuzen. Wir tun es gern, dafür sind wir gewählt worden, selbstverständlich. Der Kontakt zu unseren Wählern ist uns wichtig und gehört vielleicht — ich kann es wenigstens für mich sagen — zum schönsten Teil der Aufgaben, die wir haben. Aber alles hat seine Grenzen, und auf diese Grenzen möchte ich verweisen.
    Sagen wir doch draußen — auch in den Wahlkreisen —: Laßt uns einmal Zeit, damit wir wieder einen freien Kopf bekommen. Kein Mensch kann immer nur geben, wenn er sich nicht verausgaben, wenn er nicht leer werden will. Auch wir Abgeordneten müssen Gelegenheit haben, 'uns immer wieder einmal zu sammeln. Wir können und dürfen nicht nur gejagt und gehetzt wenden. Mögen doch bitte unsere Mitbürger draußen das beherzigen.
    Mögen unsere Wahlkreise daran denken — auch das darf ich freimütig sagen —, daß wir in erster Linie dazu gewählt worden sind, um hier in Bonn an der Gesetzgebung mitzuwirken, und daß unsere Pflichten hier in Bonn allen anderen vorgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist ganz selbstverständlich. Ich meine, das sollte man sagen.
    Nun, meine Damen und Herren, wird sehr häufig der leere Plenarsaal kritisiert. Auch diese Kritik ist sicherlich nicht unberechtigt. Wir werden uns darüber ,Gedanken machen; wir .tun es bereits. Es lassen sich eine ganze Reihe von Gründen zur Rechtfertigung anführen; aber immerhin müssen wir auch in dieser Frage an unsere Brust schlagen und uns Gedanken darüber machen, wie wir das ändern können.
    Ich möchte Ihnen aber im übrigen doch eine diesbezügliche Äußerung des alten, erfahrenen Churchill, die ich in ,der „Allgemeinen Staatslehre" von Hippel gefunden habe, nicht vorenthalten. Sie wissen, das britische Unterhaus ist im Jahre 1941 von einer Bombe zerstört worden. Das britische Unterhaus hat 620 Mitglieder; es sind aber nur für 437 Abgeordnete Plätze vorgesehen. Dazu hat Herr Winston Churchill — ich hätte bald gesagt: Kollege Churchill —, als er im Oktober 1943 über den vorgesehenen Neubau berichtete, erklärt, die Kammer dürfe nicht groß genug sein, um alle ihre Mitglieder zugleich ohne Überfüllung aufzunehmen. Es komme nicht in Frage, daß jedes Mitglied einen eigenen, ihm vorbehaltenen Platz habe. Wenn das Haus groß genug sei, so würden neun Zehntel seiner Debatten in der bedrückenden Stimmung eines fast leeren oder doch halbleeren Hauses vor sich gehen. Erforderlich sei der Stil des Gesprächs. Dieser aber verlange einen recht kleinen Raum. Dagegen solle bei großen Gelegenheiten ein Gefühl von Andrang und Dringlichkeit herrschen. — Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das für die Mutter aller Parlamente gilt, dann können auch wir in etwa beruhigt sein.

    (Lebhafte Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Ich komme zum Schluß. Lassen Sie mich noch eine kurze Bemerkung machen! Auch ein Parlament bedarf einer gewissen Öffentlichkeitsarbeit, besonders ein junges Parlament in einer jungen Demokratie. Hier haben wir alle miteinander offensichtlich noch einiges nachzuholen. Ich hatte in dieser Woche Besuch von schwäbischen Handwerkern aus Stuttgart. Handwerker sind kritisch. Sie wissen, zur Zeit stehen an: Sozialpaket und Lohnfortzahlung. Und schwäbische Handwerker sind noch kritischer. Sie kamen geladen hierher, wollten mal etwas loswerden, wollten schimpfen. Als sie gestern nach Hause fuhren, haben sie gesagt: Ja, so haben wir es uns doch nicht vorgestellt; es ist ja ganz anders, als es uns bisher geschildert worden ist; hier wird ja gearbeitet, hier wird gerungen; es braucht zwar seine Zeit, aber die Leute tun wirklich etwas! Keiner ist unzufrieden nach Hause gefahren.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten auf diesem Gebiet noch viel mehr tun, um



    Ruf
    unsere Arbeit in diesem Parlament der Bevölkerung nahezubringen. Dann wird — davon bin ich fest überzeugt — das Verständnis für vieles, auch für die Bezüge der Abgeordneten, steigen.

    (Beifall auf allen Seiten.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Frehsee.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei wird dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, nicht weil die Fraktionen sich in der sogenannten Diätenfrage immer einig sind, wie die meisten Zeitungen so liebend gern schreiben, sondern weil es hier um eine notwendige Neuregelung geht. Es ist übrigens keineswegs der Fall, daß eine Diätengesetzänderung immer besonders glatt und immer besonders schnell über diese parlamentarische Bühne geht. Den nicht unmittelbar Beteiligten und auch manchem Mitglied dieses Hohen Hauses bleibt meist verborgen, welch lange und in der Regel langjährige Verhandlungen zwischen den Fraktionen schon der Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Diätengesetzes vorausgehen. Das Parlament tut sich damit schwerer als mit manchem komplizierten sozialpolitischen Gesetz.
    Professor Eschenburg hat völlig recht, wenn er in der „Zeit" darauf hinweist, daß sich die Abgeordneten 1958, als die Aufwandsentschädigung mit den Beamtengehältern gekoppelt wurde, genierten —genierten! —, auch die alten Tagegelder von 1949 den gestiegenen Kosten anzupassen. Wenn wir uns genieren — meiner Überzeugung nach zu Unrecht genieren —, unsere Angelegenheiten so zu ordnen, wie das Gemeinwohl es erfordert, dann liegt das wohl daran, daß wir — mit Luther — dem Volke sehr aufs Maul schauen. Der Politiker soll das tun. Aber er muß es mit der notwendigen Distanz tun. Er muß unterscheiden können, welche Meinungen auf unzureichender Kenntnis der Zusammenhänge beruhen und welche Stimmen andererseits, von Urteilsvermögen und Verantwortung getragen, bei seinen Entscheidungen beachtet werden müssen.
    Die Zeitungen — und nicht nur sie; auch die Zeitungsleser — haben viel über die heute zu beschließende Diätengesetz-Neuregelung geschrieben. Es war Positives, es war Negatives dabei, ätzende Kritik wie volle Bejahung unserer Absichten. Leider schoß die Kritik allzu häufig weit über das Ziel hinaus. Es wurde dabei von der Verdoppelung der Diäten der Bundestagsabgeordneten gesprochen, von einer Erhöhung um 50 % und anderem mehr. Der Berichterstatter hat es schon gesagt. Ich halte es für erforderlich, an dieser Stelle noch einmal ganz ausdrücklich festzustellen, daß weder eine Verdoppelung noch eine Erhöhung der Diäten um 50 % Platz greift, sondern daß ausschließlich das sogenannte Tagegeldpauschale verdoppelt werden soll. Das ist der Betrag, den der Abgeordnete im Monat zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse außerhalb seines Wohnsitzes erhält, in Bonn oder wo immer er sich dienstlich aufhält, in erster Linie für Verpflegung und Unterkunft, aber auch zur Bestreitung von Ausgaben, die ihm naturgemäß aus gesellschaftlichen Verpflichtungen erwachsen.
    Es muß für die Öffentlichkeit heute auch noch einmal deutlich gemacht werden, daß die sogenannten Diäten, die Entschädigung des Abgeordneten, die bis zu einem gewissen Grade mit einem Gehalt verglichen werden könnte, 1360 DM betragen. Alle anderen Bezüge des Abgeordneten sind barer, meist pauschalierter Unkostenersatz, alle anderen Bezüge sind Ersatz barer Auslagen. Sie werden fälschlich den Diäten hinzugerechnet und als Einkommen der Abgeordneten bezeichnet. Das Tagegeldpauschale beträgt seit 1949 500 DM im Monat. Dieser Betrag hat wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten seit langem nicht mehr ausgereicht. Wir haben alle miteinander wohl ausnahmslos , auf unsere Aufwandsentschädigung oder auf andere Einkommensquellen zurückgreifen und einen Teil davon für die Bestreitung unserer Lebenshaltungsausgaben verwenden müssen. Diejenigen unter uns, die keine andere Einkommensquelle haben — und das ist ein erheblicher Teil der Mitglieder des Bundestages —, tun das — was familienpolitisch sicherlich absolut unerwünscht ist — auf Kosten ihrer Angehörigen. Die Aufwandsentschädigung soll nämlich den privaten Einnnahmeausfall ersetzen, der den meisten Abgeordneten durch ihre Abgeordnetentätigkeit entstanden ist.
    So richtig es auf der einen Seite ist, daß auch die Bundestags- wie die Landtagsabgeordneten keine Berufspolitiker sein sollen, so sehr nimmt die meisten von uns die Abgeordnetentätigkeit doch wie ein Beruf in Anspruch, und es ist nichts als ein frommer Wunsch, das Amt des Abgeordneten in diesem Sinne als ein Ehrenamt zu bezeichnen. Diese Aufgabe ist nicht mit 44-Wochen-Stunden eines Arbeitnehmers zu bewerkstelligen. Sie fordert in der Woche häufig 70 bis 80 Arbeits- oder Einsatzstunden.

    (Abg. Scheppmann: Sehr richtig!)

    Ich möchte an dieser Stelle nicht den Versuch unternehmen, die parlamentarische Tätigkeit eines unserer bekannten Kollegen im einzelnen darzustellen, der in jener bewußten Stunde X, über die ein hier in Bonn bekannter Journalist so anschaulich schrieb, auch nicht im Plenarsaal war. Er hat mir für diesen Zweck genaue Aufzeichnungen über seine Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Nun, ich will auch deswegen jetzt auf ihre Verwendung verzichten, weil Sie sie in kurzer Zeit in der Presse wiederfinden werden. Es ist gut, daß die Presse die Öffentlichkeit über die Tätigkeit der Abgeordneten — über die wirkliche Tätigkeit der Abgeordneten — informiert. Wenn die Öffentlichkeit objektiv informiert wird, dann braucht uns um ihr Vertrauen in das Funktionieren des Bundestages, in das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie nicht bange zu sein. Manches allerdings, was in diesen Wochen geschrieben wurde, ließ den einen oder anderen von uns bange werden.
    Ich habe nicht die Absicht, hier ein Plädoyer für uns Abgeordnete zu halten. Wir tun unsere Pflicht. Wir zerbrechen uns die Köpfe. Wir bemühen uns



    Frehsee
    ununterbrochen, die Verhältnisse in unserem Lande zu verbessern. Aber vielleicht sollte ich ein Wort für die parlamentarische Demokratie sagen. Es bezieht sich auf die so häufig gerügte schlechte Besetzung des Plenums und auf die dann und wann eingetretene Beschlußunfähigkeit des Bundestages. Nun, das Parlament ist keine Schulklasse, in der die Abgeordneten mit gefalteten Händen dasitzen und andächtig auf den Lehrer schauen. So etwas gibt es auch in Parlamenten, aber in solchen Parlamenten, die nichts zu sagen haben.

    (Allgemeiner Beifall.)

    So etwas hatten wir in der Krolloper, die einmal
    der teuerste Gesangverein der Welt genannt wurde,

    (erneuter allgemeiner Beifall)

    und wir haben es jetzt in der Volkskammer der SBZ.

    (Zustimmung.)

    Wer die parlamentarische Demokratie will, der kann das nicht wollen.
    Einer unserer Kollegen hat neulich — und ich glaube, zutreffend — den Teil unserer parlamentarischen Arbeit, der hier in den Plenarsitzungen sichtbar wird, mit der Spitze des Eisberges, mit dem Teil des Eisberges verglichen, der aus dem Wasser ragt. Der weitaus größte Teil unserer Arbeit ist nicht öffentlich sichtbar. Er vollzieht sich in den Fraktionen und in den Ausschüssen, in Arbeitskreisen, Arbeitsgruppen und Kommissionen, in vielen Besprechungen und Gesprächen mit Besuchern und in der Betreuung der vielen, erfreulich vielen Besuchergruppen. Nicht darauf kommt es an, daß die Abgeordneten immer vollzählig im Plenum sitzen, sondern darauf, daß ein im ganzen gutes parlamentarisches Arbeitsergebnis erzielt wird. Es kommt nicht darauf an, daß hier bei der Beratung von Spezialgesetzen, bei der Routinearbeit, bei weniger wichtigen Gesetzen 400 Abgeordnete zehn Stunden lang in den Bänken sitzen, sondern darauf, daß das Parlament funktionsfähig ist.

    (Allgemeiner Beifall.)

    Das kann allerdings nicht bedeuten — ich stimme da mit dem Kollegen Ruf voll überein —, daß man draußen im Lande in den Wahlkreisen ein so weitgehendes Anrecht auf den Bundestagsabgeordneten zu haben meint, als wäre er nicht aus dem Wahlkreis nach Bonn, sondern aus Bonn in den Wahlkreis delegiert worden. So ist das auch wieder nicht. Das muß jenen Leuten gesagt werden, die auf der einen Seite kein Verständnis dafür haben, daß der Bundestag am Freitag um 12.30 Uhr manchmal beschlußunfähig geworden ist, und auf der andern Seite dafür, daß ihnen der Bundestagsabgeordnete am Freitagabend nicht selbstverständlich zur Verfügung gestanden hat.

    (Zustimmung.)

    Die Funktionsfähigkeit des Parlaments erfordert auch ausreichende und angemessene Abreitsbedingungen. Meine politischen Freunde stimmen in dieser Frage mit Herrn Kollegen Professor Böhm und seinen Ausführungen in der ersten Lesung sowie mit dem Bundestagspräsidenten voll überein. Wir
    sind uns dessen bewußt, daß die Erfüllung dieser Forderung noch ungemein unpopulärer sein wird als die jetzt zu beschließende Verdoppelung des Tagegeldpauschale. Denn mit Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfordert neue Bauten, und das bedeutet neue und nicht geringe Kosten. Außerdem: während bei der Erhöhung des Tagegeldpauschale nur finanzielle, gewissermaßen einkommenspolitische Kritik laut wurde, wird es bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen — sprich: beim Neubau des Bundeshauses — nationale Kritik geben. Aber dennoch liegt die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Abgeordneten im Interesse aller Mitbürger und dient ihrem Wohle.

    (Beifall bei der SPD und bei der CDU/CSU.)

    Der Bundestagspräsident und die zuständigen Gremien des Bundestages — der Bundestagsvorstand und die Bau- und Raumkommission — sollten sich in ihrer Zielstrebigkeit nicht -beirren lassen.
    Der jetzt zur Schlußabstimmung anstehende Gesetzentwurf zur Änderung des Diätengesetzes enthält im wesentlichen die Anpassung der Abgeordnetenspesen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Er stellt weder eine optimale noch eine maximale Regelung dar. Die mit dieser Feststellung nicht übereinstimmende Graphik im „Spiegel" war unzutreffend; der Herr Bundestagspräsident hat ihre Berichtigung veranlaßt.
    Dieser Gesetzentwurf behält eine Aufwandsentschädigung für die Abgeordneten bei, die 221/2% des Amtsgehalts eines Bundesministers beträgt. Die Frage, ob das die richtige Relation ist, wurde in diesen Tagen und Wochen oft gestellt. Sie bleibt unbeantwortet. Dieser Gesetzentwurf bringt eine längst überfällige, dringend gewordene Lösung einer Teilfrage. Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei wird ihm zustimmen.

    (Beifall.)