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    Deutscher Bundestag 118. Sitzung Bonn, den 4. März 1964 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Arndgen und Bühler . . . . . . 5403 A Fragestunde (Drucksache IV/1993) Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Gesetzentwurf betr. freiwillige Sterilisation und Kastration Dr. Bucher, Bundesminister . 5404 A, B, C Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 5404 B Frage des Abg. Seifriz: Schutzeinrichtungen gegen Überfälle auf Banken Dr. Neef, Staatssekretär 5404 C, D, 5405 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 5404 D Frage des Abg. Seifriz: Versicherungsschutz bei Bankeinbruch Dr. Neef, Staatssekretär 5405 A Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Feldversuch zur Bekämpfung der Bilharziose Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . 5405 B, C, D Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . 5405 C, D Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) : Vortrag des Professors Golo Mann in Rom Lahr, Staatssekretär 5405 D, 5406 B, C, D, 5407 A, B, C Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) . . 5406 A, B Dr. Czaja (CDU/CSU) 5406 C, D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 5406 D Porzner (SPD) . . . . . . . 5407 A, B Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 5407 B, C Dr. Mommer (SPD) 5407 C Fragen des Abg. Vogt: Verleihung der Goethe-Medaille Lahr, Staatssekretär . . 5407 D, 5408 A Vogt (CDU/CSU) 5408 A Frage des Abg. Vogt: Deutsche Schulen in Polen und in den besetzten Ostgebieten Lahr, Staatssekretär . . . 5408 A, C, D Vogt (CDU/CSU) 5408 C, D Frage des Abg. Dr. Mommer: Denkschrift der Bundesregierung zur Deutschland- und Berlin-Frage Lahr, Staatssekretär . . . 5409 A, B, C Dr. Mommer (SPD) 5409 B Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) . . 5409 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 Fragen des Abg. Reichmann: Verwendung von Heizöl als Dieselkraftstoff Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 5409 C, D, 5410 A, B Reichmann (FDP) 5410 A Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . 5410 B Frage des Abg. Maier (Mannheim) : Anrechnung einer Rentenerhöhung aus der Sozialversicherung Dr. Dahlgrün, Bundesminister . 5410 B, C, D Maier (Mannheim) (CDU/CSU) . 5410 C Jahn (SPD) 5410 D Frage des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : Gesetz über den Zollgrenzdienst Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . 5411 A, B Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 5411 B Frage des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : Abgabe von Zollgrenzdienstbeamten an andere Verwaltungen Dr. Dahlgrün, Bundesminister 5411 B, C, D, 54112 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 5411 C, D, 5412 A Frage des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : Gesundheitszustand der Beamten des Außendienstes Dr. Dahlgrün, Bundesminister 5412 A, B, C, 5413 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 5412 B, C Fritsch (SPD) 5412 D Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) : Doppelbesteuerungsabkommen mit Belgien Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 5413 A, B, C, D, 5414 A Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5413 C, 5414 A Fragen des Abg. Günther: Todesfall durch Schußwaffengebrauch eines Zollbeamten Dr. Dahlgrün, Bundesminister . 5414 A, D, 5415 A, C, D Günther (CDU/CSU) 5414 C, D Dr. Hölzl, Staatssekretär . . . 5415 B, C, 5416 A, B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 5415 C, D, 5416 A Brück (CDU/CSU) 5416 A Sammelübersicht 28- des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache IV/1977) 5416 B Entwurf eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksache IV/818); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache IV/1961) — Zweite Beratung —Frau Dr. Heuser (FDP) 5416 C Blank, Bundesminister . 5417 B, 5422 C, 5425 D, 5427 A Gerlach (SPD) . . . . 5417 D, 5428 B Dr. Schellenberg (SPD) . 5422 C, 5424 C, 5426 C, 5427 C, 5428 A, B, 5429 A, D, 5430 B Müller (Berlin) (CDU/CSU) 5423 A, 5429 B Spitzmüller (FDP) . . . 5423 D, 5433 C Franzen (CDU/CSU) 5430 B Mischnick (FDP) . . . . . . . 5432 A Rasner (CDU/CSU) . . . 5433 C, D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (SPD) (Drucksache IV/1897) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache IV/1953) -- Zweite und dritte Beratung — Seuffert (SPD) . . . . . . . 5434 B Schlee (CDU/CSU) 5435 A Dr. Aschoff (FDP) 5435 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (Drucksache IV/1788); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache IV/1982) — Zweite und dritte Beratung — Metzger (SPD) . . . . . . . . 5436 D Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse (Drucksache IV/1792); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen IV/1983, zu IV/1983) — Zweite und dritte Beratung — 5439 A Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung (Abg. Meis, Etzel, Freiherr von Kühlmann-Stumm u. Gen.) (Drucksache IV/1395); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache IV/1929) — Zweite und dritte Beratung — 5439 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Aufgaben der Bildungsplanung (Drucksache IV/1829) Dr. Lohmar (SPD) . . . 5439 C, 5467 A Lenz, Bundesminister . . 5445 C, 5490 C Dr. Mikat, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 5453 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . 5458 D Dr. Schütte, Minister des Landes Hessen . . . . . . . . . . 5463 C Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 5463 D Strauß (CDU/CSU) . . . . . . . 5467 D Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 5476 B Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . . 5478 B Deneke (FDP) . . . . . . . . 5483 B Dr. Frede (SPD) . . . . . . . . 5484 C Dr. Dichgans (CDU/CSU) . . . . . 5486 D Entwurf eines Abzahlungsgesetzes (Abg. Frau Blohm, Dr. Elbrächter, Frau Dr. Kiep-Altenloh, Mertes u. Gen. und Fraktionen der CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 1894 [neu]) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über Teilzahlungsverträge (Teilzahlungsgesetz) (SPD) (Drucksache IV/1895) — Erste Beratung — Dr. Elbrächter (CDU/CSU) . . . . 5492 A Frau Beyer (Frankfurt) (SPD) . . 5493 A Mertes (FDP) 5494 B Dr. Bülow, Staatssekretär . . . 5495 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Mai 1962 mit dem Spanischen Staat über Kriegsopferversorgung (Drucksache IV/718) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Notenwechsel vom 16. Mai 1963 zwischen dem Auswärtigen Amt und der Spanischen Botschaft in Bonn über die Anwendung des Vertrages vom 29. Mai 1962 (Drucksache IV/1433) — Erste Beratung — . . 5495 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Abg. Meis, Dr. Stecker, Dr. Imle u. Gen.) (Drucksache IV/1854) — Erste Beratung — . . . . 5496 A Entwurf eines Ingenieurgesetzes (Abg. Wieninger, Dr. Huys, Lemmrich, Burgemeister, Seidl [München], Dorn, Ollesch, Busse,. Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Opitz u. Gen.) (Drucksache IV/1964) — Erste Beratung — 5496 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 1963 mit der Regierung von Indien über den Fluglinienverkehr (Drucksache IV/1939) — Erste Beratung — 5496 B Entwurf eines Gesetzes zum Ratsbeschluß der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom 18. Dezember 1962 über die Annahme von Grundnormen für den Strahlenschutz (Drucksache IV/1938) — Erste Beratung — 5496 B Antrag betr. Errichtung einer D-Zug-Station im Raum Bingen—Bingerbrück (Abg. Dröscher, Dr. Süsterhenn, Dr. Danz, Kulawig, Holkenbrink, Dr. Schneider [Saarbrücken] u. Gen.) (Drucksache IV/1914) . . . . 5496 C Antrag betr. Statistik über Arbeitsunfälle von Kindern und Jugendlichen in der Landwirtschaft (SPD) (Drucksache IV./ 1950) 5496 C Antrag betr. Eintragung der niedergelassenen Ärzte in den Amtlichen Fernsprechbüchern (Abg. Dr. Tamblé, Frau Dr. Heuser, Dr. Jungmann u. Gen.) (Drucksache IV/1969) 5496 D Erster Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG an . den Rat für Richtlinien, Entscheidungen und Verordnungen betr. Verkehrswesen (Drucksachen IV/1313, IV/1960) 5496 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die Anwendung der Qualitätsnormen auf Obst und Gemüse (Drucksachen IV/1877, IV/1972) . . . . 5497 A IV Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats betr. Abänderung von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 23 (Drucksachen IV/1878, IV/1973) 5497 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Festsetzung der Untergrenzen und Obergrenzen der Orientierungspreise für Rindfleisch für das am 1. April 1964 beginnende Wirtschaftsjahr (Drucksachen IV/1913, IV/1979) 5497 B Schriftlicher Bericht des Gesundheitsausschusses über die Vorschläge der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Regelung gesundheitlicher und lebensmittelrechtlicher Fragen beim Handelsverkehr mit Fleischerzeugnissen und eine Richtlinie des Rates zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch (Drucksachen IV/1808, IV/1963) . . . . 5497B Schriftlicher Bericht des Gesundheitsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Kakaos und der Schokolade (Drucksachen IV/1453, IV/1962) . . . . 5497 C Übersicht 20 des Rechtsausschusses über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/1946) 5497 D Mündlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines Teils der ehem. Artillerie-Kaserne in Göttingen-Weende (Drucksachen IV/1773, IV/1968) 5497 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der ehem. Heeresstandortverwaltung in Stuttgart (Drucksache IV/1956) 5497 D Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von Teilflächen der ehem. Wehrkreisreit- und Fahrschule in Aalen (Drucksache IV/1988) . . . . 5498 A Nächste Sitzung 5498 A Anlagen 5499 118. Sitzung Bonn, den 4. März 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach 6. 3. Dr. Atzenroth 4. 3. Bading 6. 3. Dr.-Ing. Balke 6. 3. Bergmann 6. 3. Dr. Bieringer 6. 3. Birkelbach 6. 3. Dr. Birrenbach 4. 3. Blachstein 6. 3. Dr. Bleiß 21. 3. Dr. h. c. Brauer 6. 3. Dr. von Brentano 21. 3. Corterier 6. 3. Frau Döhring 6. 3. Drachsler 6. 3. Frau Dr. Elsner 6. 3. Erler 6. 3. Gaßmann 4. 3. Gehring 6. 3. Giencke 4. 3. Freiherr zu Guttenberg 6. 3. Hahn (Bielefeld) 6. 3. Dr. Harm (Hamburg) 26. 3. Hauffe 15. 3. Hesemann 6. 3. Höhne 21. 3. Hoogen 6. 3. Kemmer 6. 3. Frau Dr. Kiep-Altenloh 6. 3. Frau Kipp-Kaule 4. 3. Klinker 6. 3. Koenen (Lippstadt) 5. 3. Dr. Kopf 6. 3. Dr. Kreyssig 6. 3. Leber 4. 3. Lenz (Bremerhaven) 15. 3. Lenz (Brühl) 6. 3. Liehr 6. 3. Dr. Löhr 20. 3. Lücker (München) * 6. 3. Frau Dr. Maxsein 6. 3. Memmel 6. 3. Michels 6. 3. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 3. Nellen 6. 3. Neumann (Allensbach) 4. 3. Paul 6. 3. Dr.-Ing. Phillipp 6. 3. Rademacher 6. 3. Richarts 26. 3. Ruland 21. 3. Schlick 6. 3. Dr. Schmid (Frankfurt) 4. 3. Schneider (Hamburg) 6. 3. Dr. Seffrin 6. 3. Dr. Serres 6. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Storch 6. 3. Unertl 4. 3. Weinkamm* 6. 3. Dr. Zimmer 6. 3. Zoglmann 4. 3. b) Urlaubsanträge Fürst von Bismarck 15. 3. Dr. Deist 31. 3. Dopatka 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 21. 3. Glüsing (Dithmarschen) 17. 3. Hansing 17. 4. Kriedemann 17. 3. Frau Kuchtner 4. 7. Dr. Meyer (Frankfurt) 20. 3. Dr. Miessner 21. 3. Murr 22. 3. Dr. Pflaumbaum 22. 3. Frau Dr. Probst 17. 3. Saxowski 22. 3. Dr. Süsterhenn 14. 3. Frau Welter (Aachen) 21. 3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Umdruck 401 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Heuser zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 1 wird wie folgt geändert: a) Es wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt: „ (2) Erfüllt der männliche Elternteil der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 genannten Personen die Anspruchsvoraussetzungen allein, so wird das Kindergeld dem weiblichen Elternteil des genannten Personenkreises gewährt." b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3. 2. § 3 Abs. 3 erhält folgende Fassung: „(3) Erfüllen für ein Kind Mutter und Vater die Anspruchsvoraussetzungen, so wird das Kindergeld der Mutter gewährt; es wird jedoch dem Vater gewährt, wenn ihm die Sorge für die Person des Kindes allein zusteht." Bonn, den 4. März 1964 Frau Dr. Heuser Anlage 3 Umdruck 400 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 3 Abs. 5 werden die Worte „weil ihr Jahreseinkommen im Berechnungsjahr die Einkommensgrenze des § 4 Abs. 1 überstiegen hat oder" gestrichen. 2. § 4 wird gestrichen. Für den Fall der Ablehnung des Antrages unter Nr. 2. 3. In § 4 Abs. 1 werden die Worte „7200 Deutsche Mark" durch „9000 Deutsche Mark" ersetzt. 4. § 5 wird gestrichen. 5. § 17 wird gestrichen. 6. In § 18 Abs. 2 wird Satz 2 gestrichen. 7. In § 28 Abs. 1 wird Nummer 1 gestrichen. 8. In § 29 Satz 1 werden die Worte „1 oder" gestrichen. 9. In § 41 a Nr. 2 werden in Absatz 2 Satz 2 die Worte „114 Millionen Deutsche Mark" durch die Worte „15 Millionen Deutsche Mark" ersetzt. Für den Fall der Ablehnung des Antrages unter Nr. 2. 10. In § 41 a Nr. 2 werden in Absatz 2 Satz 1 die Worte „vom 1. April 1964" durch die Worte „vom 1. Mai 1964" ersetzt. Bonn, den 3. März 1964 Erler und Fraktion Anlage 4 Umdruck 398 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) (Drucksachen IV/818, IV/1961). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 32 Abs. 4 Satz 1 werden die Worte „zum 31. März 1964" durch die Worte „zum 30. Juni 1964" und die Zahl „125" durch die Zahl „150" ersetzt. 2. In § 34 werden folgende Nummern 2 a und 2 b eingefügt: ,2a. dem § 1262 Abs. 3 wird folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird der Kinderzuschuß auch für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt." 2 b. Dem § 1267 Abs. 1 wird folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehroder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird die Waisenrente für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt."' 3. § 35 erhält folgende Fassung: , § 35 Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes Das Angestelltenversicherungsgesetz wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. In § 39 erhält Absatz 2 Nr. 7 folgende Fassung: „7. (unverändert wie Drucksache IV/1961)" 2. In § 39 wird dem Absatz 2 folgende Nummer 8 angefügt: „8. (unverändert wie Drucksache IV/1961)" 3. In § 39 wird dem Absatz 3 folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird der Kinderzuschuß auch für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt. 4. In § 44 wird dem Absatz 1 folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird die Waisenrente für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt."' 4. § 36 erhält folgende Fassung: ,§ 36 Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes Das Reichsknappschaftsgesetz wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. In § 60 Abs. 2 erhält die Nummer 7 folgende Fassung: „7. (unverändert wie Drucksache IV/1961)" 2. In § 60 wird dem Absatz 2 folgende Nummer 8 angefügt: „8. (unverändert wie Drucksache IV/1961)" Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 5501 3. In § 60 wird dem Absatz 3 folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird der Kinderzuschuß auch für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt." 4. In § 67 wird dem Absatz 1 folgender Satz 3 angefügt: „Im Falle der Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung der gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstpflicht des Kindes wird die Waisenrente für einen der Zeit dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt." 5. § 41 a Nr. 1 erhält folgende Fassung: 1. § 4 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Das Kindergeld beträgt für das dritte und jedes weitere Kind je 50 Deutsche Mark monatlich. Das Kindergeld erhöht sich für April 1964 für ,das dritte und jedes weitere Kind zusätzlich um je 30 Deutsche Mark."' 6. In § 41 a Nr. 2 werden. in Absatz 2 Satz 1 die Worte „1. April 1964 bis zum Ablauf des dritten Monats nach .dem Monat der Verkündung des Bundeskindergeldgesetzes" durch die Worte „1. Januar bis zum 30. Juni 1964" ersetzt. 7. In § 41 a Nr. 2 erhält Absatz 2 Satz 2 und 3 folgende Fassung: „Die Zuschüsse betragen 22 Millionen Deutsche Mark monatlich. Sie werden für die ersten vier Monate des Jahres 1964 am 25. April 1964, für die späteren Monate jeweils am zehnten Tage des Monats, für den sie bestimmt sind, fällig." 8. § 41 b erhält folgende Fassung: „§ 41 b Nachzahlungen durch die Bundesanstalt Personen, die im Jahre 1964 für einen der ersten drei Monate Kindergeld für ein drittes Kind oder für einen der ersten sechs Monate Kindergeld für ein viertes oder weiteres Kind bezogen haben, wird von der Bundesanstalt der Betrag nachgezahlt, um den das bezogene Kindergeld niedriger ist als das Kindergeld, das sie erhalten hätten, wenn bereits die in § 10 Abs. 1 genannten Kindergeldsätze maßgebend gewesen wären. Der nachzuzahlende Betrag vermindert sich um den Betrag, den dieselbe Person für das Kind nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ,des Kindergeldgesetzes in der Fassung des § 41 a Nr. 1 dieses Gesetzes erhalten hat. Die Nachzahlung ist bis zum 31. Oktober 1964 zu beantragen; die in den Sätzen 1 und 2 genannten Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen." 9. In § 43 Satz 2 werden die Worte „am ersten Tage nach Ablauf des auf den Monat der Verkündung folgenden dritten Monats" durch die Worte „am 1. Juli 1964" ersetzt. Bonn, den 3. März 1964 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 5 Umdruck 397 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksachen IV/1897, IV/1953) Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 1 und 2 werden die Worte „1. Juli 1964" ersetzt durch die Worte „1. Januar 1964".*) Bonn, den 3. März 1964 Erler und Fraktion Anlage 6 Umdruck 396 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Aufgaben der Bildungsplanung (Drucksache IV/1829). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Minister für wissenschaftliche Forschung die ungeteilte Zuständigkeit für alle Fragen im Bereich der Förderung wissenschaftlicher Forschung, der Ausbildungsförderung und der Bildungsplanung zu übertragen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, 1. einen Bericht über den Stand und den Zusammenhang aller Maßnahmen des Bundes und der Länder auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung, der Ausbildungs- und Studentenförderung und der Bildungsplanung dem Bundestag bis zum 1. Oktober 1964 vorzuliegen; 2. darauf hinzuwirken, daß der Wissenschaftsrat sich in seinen Vorschlägen zur Finanzierung der bestehenden, auch der neuen Universitäten und Hochschulen ausschließlich an den sachlichen Erfordernissen orientieren kann; 3. dafür zu sorgen, daß ein langfristiger Plan für den Ausbau bzw. Neubau unserer Hochschulen und Universitäten, der Forschungseinrichtungen s) Siehe Seite 5434 B. 5502 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 außerhalb der Hochschulen und der erforderlichen Maßnahmen auf dem Gebiet der Ausbildungs- und Studentenförderung unverzüglich erarbeitet wird; 4. sich in ihrer Planung davon leiten zu lassen, daß der Bedarf an wissenschaftlich ausgebildeten Menschen in vielen Bereichen ständig wächst und daß der Zugang zu einer wissenschaftlichen Ausbildung lediglich von Begabung und Leistung abhängen darf; 5. den inneren Zusammenhang. der Maßnahmen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik einerseits und der Wissenschafts- und Bildungspolitik andererseits zu wahren; 6. mit den Bundesländern Maßnahmen zu erörtern, wie ein bestehendes Bildungsgefälle in den einzelnen Bundesländern überwunden werden kann; 7. in Verwaltungsabkommen mit den Bundesländern gemeinsame Aufgaben in der Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Ausbildungs- und Studentenförderung und der Bildungsplanung zu umreißen und gemeinsame Anstrengungen zur Bewältigung dieser Aufgaben zu vereinbaren. Bonn, den 3. März 1964 Erler und Fraktion Anlage 7 Umdruck 399 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Aufgaben der Bildungsplanung (Drucksache IV/1829). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ist gewillt, im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Kompetenzen alles zu tun, um dem deutschen Volk und seiner Jugend einen auf der Höhe der Zeit stehenden, seiner Kulturtradition angemessenen Bildungs- und Leistungsstand zu gewährleisten. Er ist darum bereit, mit steigenden Mitteln an der Erreichung dieses Zieles zu arbeiten. 2. Der Bundestag appelliert im Blick auf nicht zu bestreitende Mängel und Gefahren an die Bundesregierung und an die Länderregierungen, in enger Zusammenarbeit durch gemeinsame Planung und aufeinander abgestimmte gesetzliche und finanzielle Maßnahmen zeit- und sachgerechte Lösungen sowohl im Bereich der Schule wie der Hochschulen auf allen Stufen und in allen Ländern herbeizuführen. 3. Der Bundestag bekennt sich zu seiner Mitverantwortung für die Entwicklung und Zukunft der deutschen Kultur. In ihrer Pflege über die Grenzen der Bundesländer und der Zone hinweg sieht er zugleich ein entscheidendes Mittel zur Behauptung der nationalen Einheit der Deutschen. Bonn, den 3. März 1964 Dr. Barzel und Fraktion Anlage 8 Umdruck 4021 Antrag der Abgeordneten Dr. Dichgans und Genossen zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Aufgaben der Bildungsplanung (Drucksache IV/1829). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag begrüßt es, daß die Konferenz der Kultusminister die Dauer der Ausbildung für akademische Berufe abkürzen will. Er hält es für wünschenswert, Stoff und Ausbildungsleistung der Schulen, der Hochschulen und des Vorbereitungsdienstes so zu gestalten, daß bei normalem Studiengang das letzte Examen, das zur vollen Berufsreife führt, auch bei Ableistung ,des Wehrdienstes spätestens mit 26 Jahren abgelegt werden kann. Bonn, den 4. März 1964 Dr. Dichgans Balkenhol Bauknecht Bausch Becker Frau Brauksiepe Dr. Burgbacher Dr. Deringer Eichelbaum Dr. Dr. h. c. Friedensburg Dr. Furler Günther Illerhaus Frau Jacobi (Marl) Dr. Kanka Leonhard Maier (Mannheim) Mick Dr.-Ing. Philipp Frau Pitz-Savelsberg Rauhaus Riedel (Frankfurt) Scheppmann Dr. Schmidt (Wuppertal) Frau Schroeder (Detmold) Dr. Sinn Varelmann Dr. Wahl Wieninger Dr. Willeke Winkelheide Dr. Wuermeling Anlage 9 Umdruck 403 Antrag der Fraktion der FPD zur Großen Anfrage der SPD betreffend Förderung der wissenschaftlichen Forschung und Aufgaben der Bildungsplanung (Drucksache IV/1829). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag anerkennt erneut die Förderung von Wissenschaft und Forschung als Gemeinschaftsaufgabe des Bundes und der Länder. Er fordert deshalb die Länder auf, alsbald dem „Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern zur Förderung kulturpolitischer Aufgaben" beizutreten. 2. Der Bundestag schlägt vor, ein Wissenschaftskabinett unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers und unter Beteiligung der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, des Innern, der Verteidigung, der Wirtschaft und der Finanzen, zu gründen. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 5503 3. Der Bundestag schlägt vor, das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung organisatorisch und personell in den Stand zu setzen, die wichtigen Aufgaben der Forschungsplanung zu erfüllen. Dabei hat es die Einheit von Forschung und Bildung zu berücksichtigen. Eine in die Zukunft weisende Forschungspolitik ist nur möglich, wenn der Bund sich ständig einen Überblick verschafft über die Wechselwirkung von Forschung und Bildung, der Wirtschaft und der Gesellschaft. Bonn, den 4. März 1964 Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 10 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Meis zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache IV/1854). Mit dem Antrag auf Drucksache IV/1854 soll erreicht werden, daß eine durch das „BerlinhilfeGesetz" (BHG) vom 26. 7. 1962 hervorgerufene ernsthafte Benachteiligung der westdeutschen Konsumspirituosenindustrie beseitigt wird. Die Antragsteller sind der Ansicht, daß ein Teil der im BHG enthaltenen Präferenzen, nämlich die Umsatzsteuerpräferenzen, soweit sie für nach Westdeutschland verbrachte Spirituosen gewährt werden, nicht mehr in voller Höhe vertretbar erscheinen. Bekanntlich verfolgt das BHG die Absicht, West-Berliner Firmen wirtschaftlich und steuerlich zu begünstigen und darüber hinaus westdeutschen Unternehmen den Anreiz zu geben, nach West-Berlin zu gehen, dort Niederlassungen zu errichten und dort die Produktion aufzunehmen. Die gewährten Vergünstigungen sind so mannigfacher Art, daß es zunächst richtig sein dürfte, darzustellen, wie sie im einzelnen aussehen. Der Katalog der Vergünstigungen sieht wie folgt aus: 1. Lohn- und Einkommensteuern sind um 30 % niedriger als im Bundesgebiet. 2. Erhebliche Steuerersparnisse ergaben sich bei Investitionen, da diese im ersten Jahr mit 75 % abgeschrieben werden können. Die zusätzliche Gewährung von Investitionsprämien bis zu 10 % der Investitionssumme ist ebenfalls bedeutsam. 3. Werden Investitionen durch Darlehen in West-Berlin finanziert, so vermindern sich die Steuerverpflichtungen um 10 % - 20 % des Darlehnsbetrages. 4. Die Lagerhaltung in West-Berlin wird durch gewinnmindernde Rücklagen begünstigt. 5. Die Beförderungssteuer beim Werkfernverkehr ist um 50 % ermäßigt. 6. West-Berliner Lieferungen nach dem Bundesgebiet sind grundsätzlich von der 4 %igen Umsatzsteuer befreit. 7. Der Bezieher von West-Berliner Erzeugnissen in der Bundesrepublik erhält eine Umsatzsteuerrückvergütung in Höhe von 4 %. Nun wirken sich die Umsatzsteuervergünstigungen bei Spirituosen zwangsläufig anders aus als bei anderen Produkten, und das hat folgende Gründe. Die Umsatzsteuervergünstigungen beschränken sich bei fast allen Branchen auf die unternehmerische Leistung, was auch richtig sein muß. Bei den Spirituosen dagegen erstreckt sich die Umsatzsteuervergünstigung auch auf den Teil der Gestehungskosten, der nichts mit der unternehmerischen Leistung zu tun gehabt hat, nämlich auf den staatlich festgesetzten Monopolspritpreis. Man könnte diese Tatsache sicher dann unberücksichtigt lassen, wenn der Monopolspritpreis niedrig wäre. Bei den Selbstkosten einer einfachen Spirituose aber beträgt allein der Anteil des Monopolsprits rund 80 %. Wenn man die Berechtigung der Gewährung der Umsatzsteuervergünstigung auf einen Gegenstand wie die Spirituose prüft, muß man sich mit § 6 des BHG beschäftigen. In § 6 BHG sind die Gegenstände aufgeführt, die keinerlei Umsatzsteuervorteile haben, für die also die 2 mal 4 % Umsatzsteuervergünstigung nicht in Frage kommen. Es sind die Edelsteine und Schmucksteine (Halbedelsteine) sowie synthetische Edelsteine und Edelsteine und Schmuck in Verbindung mit diesen Steinen, Perlen, Zuchtperlen, Edelmetalle, Edelmetallegierungen, Fertigwaren aus Edelmetallen oder EdelmetallLegierungen, Quecksilber, Wismut und Kadmium sowie Legierungen aus diesen. Bei Wismut und Kadmium werden von der Umsatzsteuerbegünstigung Legierungen ausgenommen, die mehr als 3 % Anteil dieser beiden Elemente enthalten. Bei diesen Gegenständen handelt es sich also um Erzeugnisse, die einen außerordentlich hohen Rohstoffpreis haben und einen im Verhältnis dazu geringen Bearbeitungsaufwand aufweisen. Die losen Spirituosen werden in § 6 BHG bereits von den Umsatzsteuervergünstigungen ausgenommen, da man hierfür schon im Jahre 1962 das unrichtige Verhältnis zwischen hohem, für alle einheitlich staatlich festgesetztem Branntweinpreis und im Verhältnis dazu außerordentlich niedrigem Bearbeitungsanteil anerkannt hat. Nur hat hierbei der Gesetzgeber vielleicht nicht bedacht, daß schon im Umsatzsteuerrecht das Abfüllen von Spirituosen als geringfügiger Bearbeitungsvorgang und somit als nicht umsatzsteuerschädlich anerkannt wird. Während also das Abfüllen von Wein und Spirituosen sich wegen Geringfügigkeit nicht umsatzsteuerschädlich auswirkt, stellt der gleiche Vorgang in West-Berlin einen maßgeblichen Bearbeitungsvorgang dar und wird mit 2 mal 4 % Umsatzsteuerbegünstigung honoriert. Hier liegt offensichtlich ein steuersystematischer Widerspruch vor, ein Widerspruch, der in der Praxis zu einer erheblichen Benachteiligung der westdeutschen Konsumspirituose geführt hat. 5504 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 Nun könnte man mir entgegenhalten, daß der Gesetzgeber in § 14 BHG die Möglichkeit vorgesehen hat, auftretende Mißstände durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung zu beseitigen. Warum sollte also der Gesetzgeber hier tätig werden? Dazu ist aber folgendes zu sagen. Aus der Systematik des BHG, besonders seines § 6, ergibt sich, daß der Sonderfall, der bei der Spirituose vorliegt, zweckmäßigerweise durch eine Änderung des § 6, der ja schon ähnliche Sonderfälle regelt, gelöst wird. Zudem ist höchste Eile geboten. Die Vielzahl der westdeutschen Spirituosenhersteller wird von Woche zu Woche notleidender. Der Konsumspirituosenabsatz in Westdeutschland geht nach uns gemachten Angaben stark zurück, da sich die in Einkaufsverbänden organisierten Handelsorganisationen Westdeutschlands das billigste Angebot — und das sind wegen der erheblichen Steuervorteile die West-Berliner — heraussuchen. Die westdeutsche Spirituosenindustrie könnte sich nicht damit abfinden, daß erst die Mehrzahl ihrer Unternehmen in Konkurs gegangen sein muß, ehe die Verwaltung das Ausmaß der Schädigung einer gesamten Sparte überblickt hat. Im Konkurrenzkampf aktive westdeutsche Firmen können die durch die billigen Berliner Angebote eingetretenen bedrohlichen Absatzrückgänge der letzten 11/2 Jahre nachweisen und sind hierzu bereit. Umsatzrückgänge von mehr als 50% werden in Westdeutschland erkennbar. Auch das Bundesfinanzministerium ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen, im Wege einer Verordnung rechtzeitig und wirksam Hilfe zu geben, nicht vorliegen oder zumindest doch zweifelhaft sind. Das Bundesfinanzministerium hält deswegen die Änderung des Gesetzes für richtig und zweckmäßig. Bei der Prüfung des Antrages im Finanzausschuß wäre im einzelnen noch zu untersuchen, wer geschädigt wird, wenn die Umsatzsteuervergünstigungen wegfallen. Hierbei bleibt auch die Frage zu prüfen, ob nicht die gesamte Umsatzsteuervergünstigung von 2 mal 4 zu beseitigen ist, wie es auch eine Anzahl von Kollegen, die den Ihnen vorliegenden Antrag unterschrieben hat, für richtig hält. Die großen kapitalstarken, vornehmlich westdeutschen Unternehmen, die das BHG als einzige voll ausnutzen können, werden mit Sicherheit in West-Berlin bleiben. Die übrigen Vorteile des BHG sichern diesen Betrieben immer noch einen beachtlichen Wettbewerbsvorsprung gegenüber ihren westdeutschen Kollegen. Aber auch die kleinen und mittleren — meist alteingesessenen — Berliner Herstellerfirmen werden keine Schädigung durch den Wegfall der Umsatzsteuerpräferenz erfahren. Sie leiden oft ebenso unter dem Preisdruck der großen, meist westdeutschen Unternehmen in Berlin. Auch sie werden ihre Geschäfte in Zukunft machen, besonders wenn ihre Erzeugnisse, wie das ja der Fall ist, einen guten Ruf und Namen haben. Die noch verbleibenden Vorteile sichern auch diesen Betrieben einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber ihren westdeutschen Kollegen. Bei Wegfall der Umsatzsteuervergünstigungen kann nach den mir vorliegenden Informationen mit einem Verlust von vielleicht 100 bis 130 Beschäftigten in der Spirituosenbranche in West-Berlin gerechnet werden. Wie wenig nachhaltig die Westberliner Wirtschaft von der Spirituosenindustrie unterstützt wird, ergibt sich aus einer Untersuchung, über die in der Zeitschrift „Die Ernährungswirtschaft" (Heft 12, Dezember 1963) über die Entwicklung der Westberliner Ernährungsindustrie in 1962 berichtet wird: Den höchsten Umsatzwert erreichte mit 290,8 Millionen DM die Spirituosenindustrie in West-Berlin. Sie hatte eine Zunahme von 73,6 Millionen DM oder 34 %. Dieses außergewöhnliche Ergebnis ist um so erstaunlicher, als die Beschäftigtenzahl mit 2337 nur um 102 Arbeitskräfte größer war als im Vorjahr. Ursache dieser Entwicklung ist die starke Belebung des Absatzes in das Bundesgebiet, vor allem in preiswerter Konsumware, die zumeist in hochmechanisierter Produktion hergestellt wird. Es ist zu vermuten, daß sich im Jahre 1963 die Verhältnisse ganz erheblich zuungunsten der westdeutschen Spirituosenindustrie und zugunsten der Westberliner Spirituosenindustrie verschoben haben. Bei den Beratungen im Finanzausschuß müssen wir die neuesten Ergebnisse zur Verfügung haben, um die Lage richtig beurteilen zu können. Bei der Kritik in der Öffentlichkeit ist die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die Preispolitik der großen, vornehmlich westdeutschen Unternehmen in West-Berlin auf die Vernichtung der kleinen und mittleren Unternehmen in der Bundesrepublik hinausläuft und damit einigen kapitalstarken Firmen eine zukünftige Marktbeherrschung oder Monopolstellung in Westdeutschland sichert — das bleibt noch genau zu prüfen. Zu berücksichtigen ist weiter die Tatsache, daß auch eine Anzahl mittlerer und kleiner Berliner Firmen ihre Befürchtung geäußert hat, daß sie ebenfalls bei der jetzigen Entwicklung ihre Existenz verlieren oder Umsatzeinbußen hinnehmen muß. Alle diese Umstände sollten wir bei der Beratung nicht außer acht lassen, denn die Befürchtung, die auf die Eingaben der westdeutschen Spirituosenhersteller erhoben werden, gehen dahin, es werde bei der Beseitigung der Umsatzsteuerpräferenzen der Westberliner Wirtschaft und den Westberliner Spirituosenherstellern geschadet. Nicht unterlassen soll der Hinweis sein, daß — wie uns mitgeteilt wird — lt. Angabe der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein im Oktober, November und Dezember 1963 von der Bundesmonopolverwaltung 60 % mehr Branntwein an die Monopolverwaltung Berlin geliefert wurde als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Hinzu kommen noch große Mengen an Korn- und Weindestillaten, die nach West-Berlin verbracht werden, um dort nach geringfügiger Bearbeitung mit den Berliner Vergünstigungen versehen als Fertigprodukte nach hier zu gelangen. Im Oktober, November und Dezember 1963 setzte die Bundesmonopolverwaltung in Westdeutschland Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 5505 dagegen 3,5 % weniger Trinksprit ab als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Diese Zahlen — ich beschränke mich bei meinen Ausführungen bewußt auf die Zahlen des Monopols — und die sich daraus ergebende unverhältnismäßig hohe Verlagerung der Spirituosenproduktion nach West-Berlin sollte uns zu denken geben. Eine durch das BHG verursachte Entwicklung, die dahin geht, wenige Großunternehmen zu begünstigen, die Masse der mittleren und kleineren Betriebe dagegen ernsthaft zu benachteiligen, würde auf jeden Fall der von meiner Fraktion und — ich glaube sagen zu dürfen — auch von der FDP-Fraktion vertretenen Mittelstandspolitik widersprechen. Unser heutiger Wirtschaftsminister Schmücker hat sich wiederholt hierzu geäußert. Hierzu aus der Zeitschrift ,,Der Mittelstand und die Berliner Wirtschaft" einige Sätze: Aufgabe der Mittelstandspolitik ist es, eine möglichst breite, gesellschaftlich stabile und wirtschaftlich gesunde Schicht von mittleren und kleineren Existenzen in möglichst vielen Berufen und Wirtschaftsbereichen zu erhalten. Dieser politischen Aufgabe hat schon meine besondere Aufmerksamkeit als Bundestagsabgeordneter gegolten. Als Bundeswirtschaftsminister werde ich sie mit Nachdruck fortführen. Die beste Mittelstandspolitik bleibt die konsequente Durchsetzung der sozialen Marktwirtschaft. Dazu gehört, daß alle Wettbewerbsverfälschungen, die vom Staat beeinflußbar sind, abgebaut werden. Man sollte uns auch nicht entgegenhalten, daß es im normalen Ablauf der Wirtschaftsentwicklung liegt, daß die Zahl der kleinen und mittleren Betriebe immer stärker zugunsten der Großunternehmen zurückgeht. Sicherlich, auch in der Spirituosenbranche fordert der fortschreitende Konzentrationsprozeß seine Opfer. Dieser Prozeß spielte sich aber bisher in einem erträglichen Rahmen ab. Während z. B. im Jahre 1956/57 (lt. Angabe der Monopolverwaltung) 5669 Spritbezieher in Westdeutschland vorhanden waren, waren es 1961/62 noch 4792. Das ist in 5 Jahren ein Rückgang von 877 Betrieben oder rd 2,5 % im Jahr. Eine natürliche Entwicklung. Durch die nach meiner Ansicht nicht vertretbare Begünstigung der Westberliner — vornehmlich Großunternehmen — erfährt nunmehr dieser normal verlaufende Strukturwandel in Westdeutschland eine gefahrvolle Beschleunigung. Zum Schluß darf ich an Hand eines Zahlenbeispiels zu erkennen geben, wie die Auswirkungen der Vergünstigung sind, um zu beweisen, daß wir nicht etwa dem Begehren von Interessentenvereinigungen zum Opfer gefallen sind, sondern nur das Ziel verfolgen, den mittelständischen Betrieben in der Bundesrepublik in konsequenter Verfolgung unserer bisherigen Politik ihre Existenz zu erhalten. Eine Westberliner Firma bietet laut mir vorliegender Offerte Doppel-Wacholder, also 38%ige Ware, zum Preis von 3,96 DM pro 1/1 Flasche 0,7 Liter an. Auf diesen Preis bekommt der Großabnehmer laut Offerte 1 % Mengenrabatt und 4 % Umsatzsteuervergütung durch sein Finanzamt. Es verbleibt also ein Nettopreis von 3.76 DM für den Abnehmer in Westdeutschland. Die für den westdeutschen wie für den Westberliner Hersteller gleichen Preise für Monopolsprit und für Flasche, Verpackung, Verschluß und Etikett betragen für das genannte Produkt insgesamt 3,70 DM. Der westdeutsche Hersteller müßte nun, um konkurrenzfähig zu sein, mit den verbleibenden 6 Pfennigen (Differenz von 3,70 zu 3,76 DM) abdecken: die 4 % Umsatzsteuer, die Fracht, die Aromatisierungskosten, die Verwaltungs-, Vertriebs- und Herstellungskosten wie den Gewinn. Ein aussichtsloses Beginnen. Wie kann es zu einem solchen Preise kommen? Der West-Berliner Hersteller braucht die 4 % Umsatzsteuer nicht zu zahlen, sein westdeuscher Kunde bekommt außerdem 4 % Umsatzsteuerrückvergütung beim Finanzamt. Die zurückvergüteten 4 % machen in diesem unserem Falle allein 0,16 DM je Flasche aus. Diese und ähnliche Angebote beweisen u. E., daß der West-Berliner Hersteller außerdem Umsatzsteuervorteil noch weitere, nicht unerhebliche im BHG begründete Vergünstigungen hat, da er sonst einen Preis, wie z. B. von 3,76 DM, nicht einräumen könnte. Man kann demgegenüber nicht behaupten, der westdeutsche Spirituosenfabrikant habe bestimmte Vorteile, die der West-Berliner Hersteller nicht besitze. Wenn hier z. B. gedacht sein sollte an die sog. Vertriebsgesellschaft, die eine gewisse Umsatzsteuereinsparung ermöglicht, so kann gesagt werden, daß der BdF den Entwurf einer Änderung der Branntweinverwertungsordnung vorgelegt hat, die diese Vertriebsgesellschaft gegenstandslos macht. Wenn hier weiter gedacht sein sollte an die immer wieder behauptete Besserstellung größerer Brennereien in Westdeutschland den Monopolspritbeziehern gegenüber, dann ist zu sagen, daß der BdF den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Branntweinmonopolgesetzes fertiggestellt und auch schon dem Bundesrat zugeleitet hat. Es wird darin eine höhere Besteuerung größerer Brennereien vorgesehen. Es bleibt damit bei der Tatsache, daß infolge des BHG eine Wettbewerbsverzerrung zwischen WestBerliner und westdeutscher Spirituosen vorliegt, um deren Beseitigung wir uns bemühen sollten. Ich bitte, den Antrag dem Finanzausschuß zu überweisen. Anlage 11 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Braun zur Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Statistik über Arbeitsunfälle von Kindern und Jugendlichen in der Landwirtschaft (Drucksache IV/1950). Nach den zur Zeit geltenden Vorschriften für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die 5506 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 118. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. März 1964 Statistik weisen die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften nur statistische Angaben nach a) über angezeigte Unfälle insgesamt, ohne jede Unterteilung nach Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und b) über die im Geschäftsjahr erstmals entschädigten Unfälle, getrennt nach Erwachsenen einerseits und Jugendlichen unter 18 Jahren andererseits, ohne Unterteilung nach Kindern unter 14 Jahren. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat in Durchführung eines Beschlusses des Ausschusses für Arbeit, .die Anzahl der Arbeitsunfälle von Kindern in .der Landwirtschaft festzustellen, über den Berufsverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ermittelt, daß nur eine der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften über die bestehenden Vorschriften hinaus unfallverletzte Kinder statistisch erfaßt hat. Diese Erfassung ergab, wenn ihr repräsentativer Charakter untenstellt werden würde, bei einer Umrechnung auf die Gesamtzahlen, daß in der Zeit vom 1. 1. 1951 bis zum 31. 12. 1960 etwa 2800 unfallverletzte Kinder unter 14 Jahren eine erstmalige Entschädigung erhalten haben. Aus dieser unter Vorbehalt gegebenen Zahl wurde errechnet, daß im Verhältnis der Gesamtzahl der gemeldeten Unfälle zur Gesamtzahl ,der erstmals entschädigten Unfälle etwa 18 000 bis 19 000 Arbeitsunfälle von Kindern unter 14 Jahren im genannten Zeitraum eingetreten sind. Unter Zugrundelegung dieser Zahlen hat der Bundesverband weiter errechnet, ,daß sich im ,genannten Zeitraum der Anteil ,an der Gesamtzahl von 2 917 400 gemeldeten Unfällen in der Landwirtschaft a) bei Jugendlichen unter 18 Jahren, einschl. der Kinder unter 14 Jahren, auf rd. 5 % und b) der Kinder unter 14 Jahren auf etwa 0,7 % beläuft. Der Anteil an der Gesamtzahl von 425 500 der erstmaligen Entschädigungen im gleichen Zeitraum beträgt nach dieser Rechnung a) bei Jugendlichen unter 18 Jahren einschl. der Kinder unter 14 Jahren 3,3 % und b) bei Kindern unter 14 Jahren 0,65 %. Diese Errechnung der prozentualen Anteile unfallverletzter Kinder sowohl an der Gesamtzahl der gemeldeten als auch der erstmalig entschädigten Unfälle kann jedoch keine wirkliche Übersicht vermitteln, weil die Anzahl der in der Landwirtschaft tätigen Jugendlichen und der zeitweilig tätigen oder vorübergehend mithelfenden Kinder unter 14 Jahren nicht bekannt ist und darum nicht in ein Verhältnis zur Gesamtzahl der in der Landwirtschaft Tätigen gesetzt werden kann. Sie ist darum von untergeordneter Bedeutung. Auch ein Hinweis auf die sinkende Anzahl der Arbeitsunfälle in der Landwirtschaft, auch der von Jugendlichen und Kindern, kann nicht beruhigen, weil sich auch die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten laufend verringert. Die Anzahl der in der Landwirtschaft zeitweilig tätigen oder vorübergehend mithelfenden Kinder unter 14 Jahren dürfte dagegen konstant sein. Von Bedeutung ist die effektive Zahl der von Arbeitsunfällen betroffenen Jugendlichen und Kindern unter 14 Jahren. Diese jungen Menschen stehen entweder am Anfang ihres Berufslebens oder haben es noch nicht begonnen. Schwerwiegend ist für sie die vollkommene oder teilweise Vernichtung ihrer Arbeitskraft und die mehr oder weniger starke Beeinträchtigung ihrer Lebensfreude. Auch der Volkswirtschaft entstehen durch diese Arbeitsunfälle Verluste, die in ihrer Auswirkung kaum meßbar sind. Diese Auswrikungen der Arbeitsunfälle von Jugendlichen und von Kindern unter 14 Jahren veranlassen die Fraktion der SPD, den Antrag auf Drucksache IV/1950 zu stellen. Durch ihn soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine genaue Übersicht über die gemeldeten Arbeitsunfälle sowohl der Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren und der Kinder unter 14 Jahren getrennt voneinander, als auch der erstmalig entschädigten verletzten Jugendlichen von 14 bis 18 Jahren und der Kinder unter 14 Jahren, ebenfalls voneinander getrennt zu erhalten. Sie soll auch bei Kindern die Art des Unfalles und das Alter des unfallverletzten Kindes ersichtlich machen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Hüttebräuker vom 27. Februar 1964 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Kohut *). Ihre Zusatzfrage vom 12. 2. 1964 Herr Bundesminister, „Können Sie dem Hause sagen, wie sich die Handelsspannen bei Eiern im letzten halben Jahrzehnt entwickelt haben?" beantworte ich wie folgt: Eine Aufgliederung der Spannen zwischen den Erzeugerpreisen für inländische Eier in der Schale bzw. den Einfuhrpreisen frei Grenze (einschließlich Zoll/Abschöpfungen und Umsatzausgleichsteuer) für ausländische Eier einerseits und den Verbraucherpreisen andererseits für die einzelnen Handelsstufen ist nicht möglich. Die inländischen Eier werden in der Regel geliefert: vom Erzeuger an die Eiererfassungsstelle, die eine Durchleuchtung, Sortierung und Verpackung vornimmt, *) Siehe 114. Sitzung Seite 5196 D. von der Erfassungsstelle an den Großhandel, vom Großhandel an den Einzelhandel, vom Einzelhandel an Verbraucher. Die vorstehende Lieferreihe ändert sich in vielen Fällen durch Ausschaltung oder Zwischenschaltung (Großhandel-Großhandel) von Handelsstufen. Die Erzeuger liefern einen hohen Prozentsatz ihrer Eier z. B. an Krankenhäuser oder direkt an den Einzelhandel und die Verbraucher; in diesen Fällen sind die Erzeugerpreise wohl stets höher als für Lieferungen an Erfassungsstellen, und die Spannen zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen sind entsprechend kleiner. Die ausländischen Eier werden von dem Importeur entweder an den Großhandel oder - in seiner zusätzlichen Eigenschaft als Großhändler. - direkt an den Einzelhandel geliefert. Bei Auslandseiern entfällt die Tätigkeit der Erfassungsstellen für Inlandseier (Durchleuchtung, Sortierung und Verpackung), weshalb die Handelsspannen im Durchschnitt bei ausländischen Eiern niedriger liegen als bei Inlandseiern. Aus Vorstehendem wollen Sie bitte entnehmen, daß die Spannen - besonders bei Inlandseiern - je nachdem, wie viele Handelsstufen eingeschaltet sind, in ihrer Höhe unterschiedlich sind. Die in der Anlage aufgeführten Spannen für die Jahre 1959-4963 ergeben sich aus den von dem Statistischen Bundesamt Wiesbaden ermittelten Erzeuger- bzw. Einfuhrpreisen (einschließlich Zoll/ Abschöpfungen und Umsatzausgleichsteuer) einerseits und den Verbraucherpreisen andererseits. Es handelt sich demnach nur um Durchschnittswerte. Anlage Entwicklung der Handelsspannen bei Eiern in der Schale in den Jahren 1959-1963 für deutsche Eier: Spanne zwischen Erzeugerpreis (unsortiert) und Verbraucherpreis (Klasse B) fürausländische Eier: Spanne zwischen Einfuhrpreis für holländische Eier (zuzüglich Zoll und Umsatzausgleichsteuer bzw. Abschöpfungsbeträge (ab 1. 8. 1962) und Verbraucherpreis für (ausländische Eier Klasse B in Pf je Stück Inlandseier 1959 1960 Auslandseier Inlandseier 1961 Inlandseier 1962 Inlandseier 1963 Auslandseier Inlandseier Auslandseier Auslandseier Auslandseier Januar 8,2 6,8 7,8 6,7 7,6 5,8 7,0 7,1 5,4 2,9 Februar 7,1 5,3 6,1 4,5 7,5 5,8 7,9 5,9 6,6 4,0 März 6,0 4,4 6,3 4,1 7,2 5,1 6,9 3,6 6,6 5,0 April 6,2 5,1 5,4 3,1 6,3 3,5 5,8 2,8 6,7 7,2 Mai 5,7 3,5 6,2 2,5 6,6 3,0 7,3 4,2 6,2 5,7 Juni 6,1 4,3 5,6 3,2 6,2 4,0 6,5 3,9 5,0 4,3 Juli 5,2 1,7 5,2 1,4 6,3 2,9 6,6 4,2 5,6 5,4 August 6,5 3,3 6,0 3,4 6,6 3,3 4,7 4,0 5,0 3,3 September 6,2 4,0 6,4 3,2 8,3 7,8 5,0 4,3 5,9 3,1 Oktober 5,5 4,1 5,9 3,9 6,9 5,0 4,0 3,2 5,7 5,3 November 5,6 3,7 5,9 4,4 6,7 6,4 4,4 1,9 5,7 6,8 Dezember 7,6 7,1 6,7 6,4 7,3 6,6 5,3 2,9 6,6 7,2
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ulrich Lohmar


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja, das tut er, mit der Einschränkung, Herr Kollege Stoltenberg, daß der Bund den Haushalt sehr viel später beschließt als der Wissenschaftsrat seine Empfehlungen vorlegt, während es zeitlich nach dem Text des Abkommens —wie Sie genau wissen — eigentlich umgekehrt sein müßte. Außerdem geht es in der Sache nicht darum, sondern um die Frage, ob man an den Wissenschaftsrat das Ansinnen richten soll, in seinen Vorlagen an das Parlament von dem auszugehen, was der Wissenschaftsrat selber sachlich für geboten hält, oder von dem, was der Bundesfinanzminister sachlich für ausreichend hält. Das ist der Unterschied, um den es sich handelt. Wir meinen, es geht nicht an, den Wissenschaftsrat zu einem ,Exekutivorgan des Haushaltsreferenten des Herrn Bundesfinanzministers machen zu wollen.

    (Zuruf von der Mitte.)

    Eine solche Praxis muß um so mehr zum Widerspruch herausfordern, als z. B. für die Zweckforschung im Bereich der Verteidigung beinahe die dreifache Summe wie für den gesamten Ausbau unserer wissenschaftlichen Hochschulen bereitstehen soll.
    Dieses Mißverhältnis deutet auf eine fatale Verkennung der möglichen Leistungen hin, die eine wissenschaftliche Ausbildung — und dafür ist der rasche Ausbau der Universitäten notwendig — für eine freie Gesellschaft erbringen kann. Wir benötigen für die Wissenschaftsfinanzierung einen über mehrere Jahre sich erstreckenden Finanzierungsplan, weil wir sachgerechte, neue Schwerpunkte in der Haushaltspolitik des Bundes nur dann herausbilden können, wenn wir wissen, was in den kommenden Jahren im ganzen notwendig werden wird.
    Lassen Sie mich zusammenfassen. Selbst durchgreifende Sofortmaßnahmen in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik würden, wenn sie in nächster Zeit ergriffen würden, um Jahre zu spät kommen. Wir müßten — um nur ein Beispiel zu nennen — zwei Drittel ,aller unserer Abiturienten für den Lehrerberuf gewinnen, wenn wir den hier immer spürbarer werdenden Engpaß überwinden wollen.



    Dr. Lohmar
    Unser Volk hat jetzt dafür 'zu bezahlen — und das wird es in den nächsten Jahren noch teurer zu stehen kommen —, .daß in unserem Lande noch vor wenigen Jahren ein Wahlkampf mit dem törichten Slogan „Keine Experimente" geführt und gewonnen werden konnte.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Dieser Wahlspruch, Herr Kollege Huys, entsprach genau einer Denkart, die ,die Macht um jeden Preis behalten, sie aber nicht für vernünftige Zwecke einsetzen will.

    (Beifall bei der SPD.)

    Auch der neue Bundeskanzler hat offenbar keine hinreichend präzisen Vorstellungen von den Errungenschaften, Bedürfnissen und Notwendigkeiten unserer Zeit.

    (Abg. Dr. Huys: Das ist perfide!)

    Seine Lieblingsidee, den privaten Wohlstand und die öffentliche Armut für der politischen Weisheit letzten Schluß zu halten, mag denjenigen einleuchten, die nur den materiellen Gewinn der Stunde sehen. Aber eine große Industrienation wird ihre Zukunft nur dann sichern können, wenn sie in einer gemeinsamen Anstrengung die wesentlichen Gemeinschaftsaufgaben der Gegenwart anpackt.

    (Abg. Dr. Huys: Wir sind doch nicht auf einer Wahlversammlung! — Abg. Dr. Martin: Sie wollen den Wahlkampf eröffnen!)

    Wenn man an das etwas mißverständliche Wort, die Aufgaben in der Bildung und in der Wissenschaft müßten heute — —

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel)

    — Lassen Sie mich doch zu Ende sprechen, Herr Barzel! Sie haben hier so manche „freundliche" Rede an die Opposition gehalten. Sie beschweren sich im übrigen darüber, daß Sie im Bundestag nie mehr eine Oppositionsrede zu hören bekämen. Freuen Sie sich also doch über diese Gelegenheit!

    (Beifall bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wenn man an die Bemerkung, den Fragen der Bildung und der Wissenschaft müsse heute der gleiche Rang zukommen wie der sozialen Frage im 19. Jahrhundert — eine mißverständliche Formulierung, wie ich sagen muß —, anknüpfen will, dann läßt sich leider nur registrieren, daß die Wissenschafts- und Bildungspolitik der Bundesregierung offenbar noch im Zeitalter des Frühkapitalismus steckt.
    Ich will nicht mit einer polemischen Bemerkung schließen, so angebracht sie ist. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist der Auffasung, daß wir gemeinsam überlegen müssen, wie der Bildungsnotstand in unserem Land so rasch wie möglich überwunden werden kann. Dazu brauchen wir sachliche Voraussetzungen für die politische Entscheidung. Dazu bedarf es der gemeinsamen Überlegung und Entschlossenheit von Bund und Ländern, Deutschland nicht zu einer unterentwickelten Provinz werden zu lassen. Dazu brauchen wir den Rat und die Hilfe sachkundiger Wissenschaftler. Wir sollten, meine Damen und Herren, den Herrn Bundespräsidenten bitten, eine Kommission zu berufen, in der Repräsentanten der Bundesländer, der Bundesregierung und des Bundestages mit Wissenschaftlern zusammenwirken, um unverzüglich ein Sofortprogramm zur Behebung des Bildungsnotstandes in der Bundesrepublik vorzulegen. Gute Vorarbeiten dazu sind vom Deutschen Ausschuß, von den Kultusministern der Länder, vom Wissenschaftsrat und von einzelnen Wissenschaftlern geleistet worden. Sie müssen zusammengefaßt, ergänzt und zu einem großzügigen Entwurf für eine zeitgerechte Bildungs- und Wissenschaftspolitik verdichtet werden. Mit dieser Arbeit können und müssen wir heute, nicht erst morgen und übermorgen, beginnen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sie haben die Begründung der Großen Anfrage gehört. Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung Lenz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Namens der Bundesregierung möchte ich die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Wissenschaftsförderung, Drucksache IV/1829, beantworten. Ich begrüße es, daß Vertreter des Bundesrates an der Debatte teilnehmen.
    Zur Frage 1: Der Forderung in der Regierungserklärung vom Oktober 1963: „Eis muß dem deutschen Volke bewußt sein, daß die Aufgaben der Bildung und Forschung für unser Geschlecht den gleichen Rang besitzen wie die soziale Frage für das 19. Jahrhundert" kommt, wie in der öffentlichen Debatte damals sofort erkannt worden ist, einmalige Bedeutung zu. Zum ersten Male wurde in einer Regierungserklärung der Stellenwert von Bildung und Forschung in dieser Weise hervorgehoben, nachdem schon bei der Regierungsumbildung im Dezember 1962 ein eigenes Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung geschaffen worden war. Während frühere Regierungserklärungen sich mit Einzelmaßnahmen auf diesem Gebiet beschäftigt hatten,

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    z. B. dem Ausbau der Hochschulen, der Studentenförderung, der Erwachsenenbildung usw., bringt die Erklärung vom Oktober 1963 eine Grundsatzerklärung, die den ganzen Bildungsbereich zum Schwerpunkt macht. Bildung und Forschung werden damit in die vorderste Reihe der Prioritäten gerückt.
    Diese Feststellung drückt eine Überzeugung aus, die der Herr Bundeskanzler schon mehrfach geäußert hat, nämlich daß unsere Wirtschaft und damit unser Wohlstand und unsere soziale Sicherheit nicht nur abhängen von der Tüchtigkeit unserer Unternehmer, vom Fleiß und Können unserer Arbeiter, sondern ebenso von dem, was Wissenschaft, Forschung und Schulen zur Bereicherung unseres Lebens und für den deutschen Rang in der Welt beizutragen vermögen. Von diesen Faktoren hängt es
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    Bundesminister Lenz
    praktisch ab, ob in 10 oder 20 Jahren Deutschland seinen Platz als Industrieland behauptet. Jedes Zukunftsprojekt wirtschaftlicher oder sozialer Art muß seinen Ausgangspunkt in unseren Schulen und Hochschulen haben.
    Über die Bedeutung von Bildung und Forschung hat der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung an einer bestimmten Stelle gesprochen, nämlich bei der Erörterung des Bund-Länder-Verhältnisses. Er sagte: „Das Bund-Länder-Verhältnis wird zu einer Lebensfrage, wenn es sich um die Zuständigkeit und Verantwortung für das Schul- und Bildungswesen oder um das weite Gebiet der Forschung handelt." Daraus erhellt, daß die Förderung der Forschung oder gar des Bildungswesens nicht als eine Aufgabe des Bundes angesprochen wurde, sondern als ein für unsere Zukunft entscheidendes nationales Problem und Programm. Es sollte zugleich ein Appell an die Länder sein, in diesen weittragenden und schwerwiegenden Fragen mit dem Bund zum Wohle des Ganzen zusammenzuwirken, weil es nur so möglich sein werde, das Bildungswesen den modernen Erfordernissen unserer Zeit anzupassen.
    Als die SPD-Fraktion, die übrigens der Grundsatzerklärung der Regierung durchaus zustimmte, am 14. Januar 1964 ihre Große Anfrage einbrachte, waren seit der Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 noch keine drei Monate vergangen; das ist eine Zeit, die zu kurz ist, als daß vielleicht schon entscheidende Fortschritte hätten erwartet werden können. Es muß berücksichtigt werden, daß im Oktober 1963 der Bundeshaushalt für 1964 im wesentlichen fixiert war; auch war damals der sogenannte Steuerstreit zwischen Bund und Ländern noch nicht bereinigt; erst im Januar 1964 ist dies gelungen.
    Ich darf zu den Fragen 1 und 2 kommen. Die SPD-Fraktion fragt unter Ziffer 1 nach den Folgerungen, die die Bundesregierung aus der zitierten Regierungserklärung gezogen habe, und in Ziffer 2 nach dem Inhalt der Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Bundesregierung. Da die Folgerungen, zu denen sich die Bundesregierung entschlossen hat, mit der Politik der Regierung übereinstimmen, erscheint es zweckmäßig, daß die Ziffern 1 und 2 im Zusammenhang behandelt werden.
    Erstens. Eine nationale Bildungs- und Wissenschaftspolitik muß sich zunächst auf die gesellschaftliche Funktion und die wirtschaftliche Bedeutung von Wissenschaft und Bildung in unserer Zeit besinnen und wird dabei von folgender Lage ausgehen müssen.
    Wissenschaft und Bildung haben heute für alle Bereiche des menschlichen Lebens, insbesondere für Gesellschaft und Wirtschaft, eine überragende Bedeutung gewonnen, wie sie auch umgekehrt von der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung wesentlich beeinflußt werden. Bildung ist heute nicht nur der Gewinn eines Wissens oder einer geistigen Form, die allein den Einzelmenschen angeht; der Bildungsstand jedes einzelnen ist wichtig für die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft, diese wiederum bietet die materielle Voraussetzung zu einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung und für den Schutz der Persönlichkeit des Einzelmenschen. Diese wechselseitige Bedingtheit und Abhängigkeit zu erkennen und ihr bei der politischen Gestaltung Rechnung zu tragen, gehört zu den Grundforderungen einer zeitgerechten Bildungspolitik, zu der sich die Bundesregierung bekennt. Sie wird aber dabei beachten, daß Wissenschaft und Bildung auch einen Eigenwert besitzen und die Eigengesetzlichkeit dieser Kulturbereiche nicht verkannt werden darf.
    Mehr denn je zuvor entscheiden heute Bildung und Ausbildung über den Status des einzelnen in der Gesellschaft. Die beiden Weltkriege und ihre inflationären Folgezeiten haben deutlich gemacht, daß Bildung und Wissen dauerhaftere Werte sind als etwa Vermögen und Besitz. In einer demokratischen Gesellschaftsordnung, die dem einzelnen „das Recht zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit" — Art. .2 des Grundgesetzes — gewährleistet, und in einer entsprechenden Wirtschaftsordnung, die die freie wirtschaftliche Betätigung des einzelnen und die Honorierung nach dem Leistungsprinzip in den Mittelpunkt stellt, haben Bildung und Ausbildung eine gegenüber früher unvergleichliche Bedeutung. Wissen und Fähigkeiten sind die Grundlagen einer Leistungsgesellschaft, die dem Tüchtigen die Chance zum sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg gibt. Bildungspolitik ist heute — verkürzt ausgedrückt — ein wichtiges Stück Gesellschaftspolitik. Bildung und Ausbildung haben damit andere gesellschaftliche Differenzierungskriterien, wie Standeszugehörigkeit und Vermögen, sehr zurückgedrängt. So sind Bildung und Ausbildung nicht mehr einzelnen Schichten vorbehalten, sondern grundsätzlich jedem zugängig gemacht, der dazu die entsprechenden Fähigkeiten, Neigungen und Einsatzbereitschaft mitbringt.
    Wissenschaft und Bildungswesen sind sehr eng miteinander verflochten. Die Wissenschaft muß gleichsam die Pyramidenspitze auf dem Fundament eines breiten und soliden Bildungswesens sein, das wiederum seine Vollendung in der Wissenschaft findet. Wie ein hoher Stand des Bildungswesens nur möglich ist bei einem hohen Stand der Wissenschaft, so setzt dieser wiederum ein hochwertiges Bildungswesen voraus. Die Bedeutung der Wissenschaft für die Entwicklung der Gesellschaft besteht aber nicht nur in dieser Beziehung zum Bildungswesen allgemein, sondern vor allem in den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung selbst. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse bereichern und — es soll keineswegs verkannt werden — gefährden auch teilweise das Leben des einzelnen und der Gesellschaft. Das gilt offensichtlich besonders von den Naturwissenschaften und den Gesellschaftswissenschaften, obwohl sie wesentliche Voraussetzungen für den sozialen Fortschritt schaffen.
    Aber auch die wirtschaftliche Entwicklung wird zunehmend beeinflußt von den Erkenntnissen in Wissenschaft und Technik. Ihr Fortschritt ist vor allem nach Abschluß der Phase des Wiederaufbaues der kriegszerstörten Produktionskapazitäten und nach der weitgehenden Ausschöpfung der Arbeitskraftreserven einer der entscheidenden Faktoren für das weitere Wirtschaftswachstum geworden.



    Bundesminister Lenz
    Es ist daher verständlich und begrüßenswert, wenn die Wirtschaft und die Wirtschaftspolitik der Entwicklung der Wissenschaft in jüngster Zeit immer mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Wenn auch die Wissenschaft und damit die Wissenschaftspolitik aus allgemein kulturpolitischen Erwägungen auf keinen Fall ausschließlich nach den ökonomischen Bedürfnissen ausgerichtet werden dürfen, so ist doch wegen der wechselseitigen Abhängigkeit eine Koordinierung zwischen Wissenschafts- und Wirtschaftpolitik notwendig. Denn wie die wirtschaftliche Entwicklung zu einem großen Teil von der Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnis abhängt, so sind auch die materiellen und personellen Voraussetzungen für die Wissenschaft von den Ergebnissen der Wirtschaft abhängig. Nur eine kraftvolle Wirtschaft kann auf lange Sicht hin den gewaltig zunehmenden Aufwand für Wissenschaft und Forschung bereitstellen. Sie muß es jedoch tun, wenn sie ihre Position im internationalen Wettbewerb behalten will. Aber gemessen an den wirtschaftlichen Produktionsergebnissen der Bundesrepublik schneidet der Aufwand der deutschen Wirtschaft und des Staates für Wissenschaft und Forschung im internationalen Vergleich nicht besonders gut ab. Das Defizit in der Lizenzbilanz ist ein alarmierendes Zeichen, auf das die Bundesregierung mit Nachdruck hinweist.
    Ebenso wie Wissenschaft und Forschung sind auch Bildung, Ausbildung und Fortbildung wesentliche Faktoren für die wirtschaftliche Entwicklung. Die fortschreitende Komplizierung und Technisierung des wirtschaftlichen Prozesses stellen wachsende Anforderungen an den Bildungsgrad, das Ausbildungsniveau und die Anpassungsfähigkeit der in der Wirtschaft tätigen Menschen. Die schnellwechselnde Struktur der Wirtschaft wird künftig stärker als bisher eine Umstellung der Arbeitskräfte auf neue Tätigkeiten und Berufe erfordern. Deshalb ist eine gute und breite Grundbildung und Ausbildung für den jungen Menschen von besonderer Bedeutung. In diesem Zusammenhang kommt darum der beruflichen Fortbildung sowie der Umschulung bereits Berufstätiger eine große Bedeutung zu.
    Zweitens. Diese Lage erfordert nach Auffassung der Bundesregierung — ohne Rücksicht darauf, ob Bund oder Länder zuständig sind — folgende in sich geschlossene Bildungs- und Wissenschaftspolitik:
    1. Das gesamte Schul- und Hochschulwesen muß in außerordentlicher Breite ausgebaut werden, so daß jeder ohne Schwierigkeiten eine seinen Anlagen entsprechende Bildungsmöglichkeit finden kann. Dazu gehört auch eine innere Umgestaltung der Bildungswege, die Eigenverantwortung und Selbständigkeit des einzelnen noch mehr anregen müssen als bisher.
    2. Eine angemessene Ausbildungsförderung auf allen Bildungsstufen muß gesichert werden, so daß niemand durch wirtschaftliche Not gezwungen wird, auf die höchstmögliche Ausbildung seiner Fähigkeiten zu verzichten.
    3. Für Erwachsenenbildung und berufliche Fortbildung müssen umfangreiche individuelle und institutionelle Hilfen ausgebaut werden.
    4. Die wissenschaftliche Forschung und die technische Entwicklung müssen so verstärkt werden, daß sie ihre höchste Leistungsfähigkeit erreichen, insbesondere den Anschluß an den wissenschaftlichen Stand vergleichbarer hochentwickelter Industrienationen finden. Schwerpunkt wird dabei der Ausbau der bestehenden Hochschulen und die Gründung neuer Hochschulen sein müssen: daneben darf die Förderung der hochschulfreien Forschung z. B. in der Max-Planck-Gesellschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Industrieforschung und der Ressortforschung nicht zurückbleiben. Beim Ausbau und Neubau der Hochschulen ist dafür Sorge zu tragen, daß die Hochschulen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ ausgebaut werden.
    Alle diese Maßnahmen aber können nur dann erfolgreich durchgeführt werden, wenn ihre enge Verflechtung mit Wirtschaft und Sozialordnung beachtet wird und die notwendigen Vorhaben im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern ausgeführt werden.
    Übrigens hat sich auch der Wissenschaftsrat völlig zu Recht genötigt gesehen, die Fragen in den Kreis seiner Überlegungen einzubeziehen, die der eigentlichen Wissenschaftspflege unmittelbar vorausgehen, für sie aber von wesentlicher Bedeutung sind, nämlich die Fragen des Ausbaues der höheren Schulen, der Abiturientenzahlen und der Lehrerbildung.
    Ich darf drittens zur Bildungspolitik im einzelnen folgendes sagen. Es ist zu bedauern, daß wegen der im Grundgesetz geregelten Kompetenzverteilung im Bereich des Bildungswesens noch nicht der Grad der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erreicht werden konnte wie bei der Wissenschaftsförderung, obschon wegen der bereits geschilderten Interdependenz von Wissenschaft, Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft es dem Bunde nicht gleichgültig ist und gleichgültig sein darf, in welchem Zustand sich das Bildungswesen in den Ländern der Bundesrepublik befindet. Aus der schmalen Wirkungsmöglichkeit der Bundesregierung im Bildungsbereich will ich nur zwei Einzelpunkte, nämlich die Erwachsenenbildung und die Studienförderung, hervorheben und mich dann ausführlicher dem Deutschen Ausschuß und damit dem Problem der Bildungsplanung zuwenden.
    1. Der Bund fördert die Erwachsenenbildung, soweit sie von überregionaler Bedeutung ist, so die Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes und die Arbeitsstelle für das Büchereiwesen, deren Träger der Deutsche Büchereiverband ist. Er will diese Förderung fortsetzen.
    2. Als eine besonders wirkungsvolle gemeinsame Maßnahme von Bund und Ländern auf dem Gebiete der Bildungspolitik im weiten Sinne ist das Honnefer Modell hervorzuheben, das der hochschulgerechten Förderung von Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen durch Stipendien und Darlehen dient. Es eröffnet erstmalig in breitem Ausmaß jedem begabten Abituierenten die Möglichkeit einer



    Bundesminister Lenz
    wissenschaftlichen Ausbildung ohne wirtschaftliche Not. Es zielt damit gleichzeitig auf die Förderung der wissenschaftlichen Forschung, indem es für die Heranbildung eines akademischen Nachwuchses sorgt, um dessen Spitzenkräfte sich die Studienstiftung des deutschen Volkes und entsprechende Förderungseinrichtungen bemühen, denen ihre Förderungsarbeit nur durch erhebliche Bundeszuschüsse möglich ist. Schwierigkeiten, die im Augenblick einer angemessenen Verbesserung entgegenstehen, sollten nicht überbewertet werden. Da die Förderung auf keinen Fall Schaden nehmen darf, sie im Gegenteil ab 1. April dieses Jahres auf nachdrückliches Drängen des Bundesministeriums des Innern wieder verbessert werden soll, sollte es den gemeinsamen Anstrengungen des Bundes und der Länder gelingen, die erforderlichen Mittel hierfür aufzubringen.
    3. Im Jahre 1953 wurde auf Anregung des Deutschen Bundestages gemeinsam vom Bundesministerium des Innern und dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz der Deutsche Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen ins Leben gerufen. Es wird dankbar anerkannt, was dieser unabhängige Kreis von 20 ehrenamtlich tätigen Frauen und Männern in den zehn Jahren seines Bestehens geleistet hat. Seine Empfehlungen und Gutachten haben eine fruchtbare Diskussion hervorgerufen, die nicht nur Fachkreise, sondern eine breite Öffentlichkeit erfaßt hat. Mehr als gemeinhin angenommen wird, ist aus diesen Empfehlungen manches als praktische Verbesserung in das Schul- und Bildungswesen von seiten der Kultusministerien übernommen worden. Trotz dieser dankenswerten Beiträge konnte es dem Deutschen Ausschuß nach seiner Konstruktion nicht gelingen, den konkreten Ausbau des Schul- und Bildungswesens so voranzutreiben wie es dem Wissenschaftsrat für den Bereich der Wissenschaft gelang.
    Immer unabweisbarer wurde in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit, auch das Schulwesen über lange Jahre hinaus zu planen und zwischen den Bundesländern abzustimmen, um einen unterschiedlichen Ausbau innerhalb der Bundesrepublik und ein Bildungsgefälle gegenüber dem Ausland zu vermeiden. Ich verzichte hier darauf, Ihnen die schon bekannten Zahlen vorzutragen; ich gehe zu Frage 3 noch darauf ein. Zwar sind im Hinblick auf eine Koordinierung für eine langfristige Planung gewisse Teilerfolge in den letzten Jahren erzielt worden. Von besonderer Bedeutung ist die Bestands- und Bedarfsfeststellung für das Bildungswesen bis zum Jahre 1970, die die Kultusministerkonferenz im Frühjahr 1963 vorlegen konnte. Diese Bedarfsfeststellung hat keine Lenkungsabsicht, sondern stellt lediglich einen ersten Versuch dar, die. künftige Nachfrage nach Bildungsmöglichkeiten zu schätzen und dementsprechend Hinweise zu geben für den Ausbau des Bildungswesens und die Größenordnung des dafür erforderlichen Finanzaufwandes.
    Auch konnte die Kultusministerkonferenz in mühevoller Kleinarbeit eine Fülle von Differenzen ausgleichen und auf manchen Gebieten des Schulwesens zu einer angemessenen Vereinheitlichung gelangen. Das jüngste Abkommen über die Vereinheitlichung des Ingenieurschulwesens sei hier als Beispiel genannt. Auf der anderen Seite ist es immer noch nicht gelungen, einen einheitlichen Beginn des Schuljahres in der Bundesrepublik zu erreichen.
    Die Max-Planck-Gesellschaft konnte ein Institut für Bildungsforschung einrichten. Es ist zu erwarten, daß hier viele Fragen eine wissenschaftlich begründete Antwort finden, bei denen bisher persönliche oder Gruppenmeinungen aufeinanderprallten. Es ist auch zu hoffen, daß hier ein wesentlicher Beitrag für eine Versachlichung und Entideologisierung der Bildungspolitik geleistet wird.
    Dennoch fehlt — das soll offen zugestanden werden — eine koordinierende Institution, in der die Gesamtplanung für den Bereich der Bundesrepublik abgesprochen würde, und zwar unter Berücksichtigung der gegenseitigen Abhängigkeit von Bildungswesen, Wirtschaft und Sozialordnung; eine solche Institution würde auch die Voraussetzung für eine wirkungsvollere Repräsentation gegenüber dem Ausland schaffen, die bei der zunehmenden internationalen Verflechtung notwendig ist.
    Nachdem in Vertretung des Präsidenten des Bundesrates Herr Ministerpräsident Goppel in der Kulturdebatte vom Februar 1963 im Bundestag die Errichtung eines Bildungsrates nicht für erforderlich gehalten hat und die Beratungen zu diesem Punkt im Kulturpolitischen Ausschuß des Deutschen Bundestages bisher keine Meinungsklärung erbrachten, hofft die Bundesregierung, durch den Abschluß des Bund-Länder-Abkommens zur Förderung kulturpolitischer Aufgaben die Voraussetzungen für ein Einvernehmen mit den Ländern zu schaffen. Sie hofft insbesondere, in der Ständigen Kommission, die in diesem Abkommen vorgesehen ist, ein Instrument zu finden, das zu koordinierenden Absprachen dienen könnte. Die Länder haben, wie Sie wissen, dem Vertragsentwurf vorläufig noch nicht zugestimmt.
    Die Bundesregierung ist jedoch — mehr denn je — von der Notwendigkeit einer umfassenden Bildungspolitik überzeugt. Sie wird daher nicht müde werden in dem Versuch, mit den Ländern zu einer Vereinbarung darüber zu gelangen, die den Erfordernissen des Grundgesetzes, aber auch den praktischen Gegebenheiten in gleicher Weise gerecht wird. Sie erwartet, daß die Vorschläge der Finanzexpertenkommission, des sogenannten Tröger-Ausschusses, zu Lösungen führen, die die bisherigen Spannungen zwischen Bund und Ländern bei der Finanzierung kulturpolitischer Aufgaben endgültig ausräumen und so den Föderalismus funktionsfähig machen; sie hofft, daß die Länder dann eher zu einer Koordinierung bereit sind, wenn sie sich überzeugt haben, daß damit keine Gefährdung der föderalistischen Ordnung unseres Staates verbunden ist.
    Die Bundesregierung begrüßt es sehr, daß der Wissenschaftsrat sich entschlossen hat, sich auch



    Bundesminister Lenz
    mit Bildungsfragen zu befassen, und wird diese Initiative nach Kräften fördern.
    Ich darf zur Forschungspolitik im einzelnen folgendes ausführen. Bei den Maßnahmen zur Förderung der Forschung ist die Bundesregierung von der Überlegung ausgegangen, daß eine wirksame Förderung der Forschung zwei Voraussetzungen hat: 1. ausreichende Mittel, 2. eine geeignete Organisation. Diese beiden Gesichtspunkte hat die Bundesregierung an allen Stellen ins Spiel gebracht, wo sich die Notwendigkeit dazu ergab. Daraus ist eine Forschungspolitik der Regierung entwickelt worden, die folgende Schwerpunkte hat.
    Zur Frage der Mittel! Ein beträchtlicher Teil der Forschung wird in Deutschland an den Hochschulen durchgeführt. Infolgedessen wird entscheidender Wert darauf gelegt, den Ausbau der bestehenden Hochschulen nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates voranzutreiben. Die Beteiligung des Bundes an dieser Maßnahme, die in der Hand der Länder liegt, betrug 1963 220 Millionen DM und soll im Jahre 1964 auf 250 Millionen DM steigen — vorausgesetzt daß bei diesen nicht auf Rechtsverbindlichkeiten beruhenden Zahlungen allgemeine Haushaltskürzungen und Bausperren vermieden werden können.
    Für Hochschulneugründungen sind im Haushalt 1964 noch keine Mittel bereitgestellt. Zwar haben einige Länder bereits Bundeszuschüsse für ihre Neugründungsobjekte beantragt: Bremen für seine Universität, Schleswig-Holstein für eine Medizinische Akademie in Lübeck, Niedersachsen für eine Medizinische Akademie in Hannover. Die Verhandlungen mit diesen Ländern sind jedoch seit der Saarbrükkener Konferenz der Ministerpräsidenten vom Juni 1963 ins Stocken geraten. Bekanntlich haben die Ministerpräsidenten die Neugründung wissenschaftlicher Hochschulen als Aufgabe der Länder bezeichnet und damit offengelassen, ob sich der Bund finanziell beteiligen soll.
    Die Bundesregierung ist in dieser Frage einer Meinung mit dem Wissenschaftsrat, der in einem Beschluß vom Juli 1963 betont hat, daß Bund und Länder auch bei der Neugründung wissenschaftlicher Hochschulen zusammenarbeiten müssen. Die Bundesregierung wiederholt ihre Bereitschaft, sich an den Hochschulneugründungen zu beteiligen, und hofft, daß im Interesse der Arbeitsfähigkeit unserer Hochschulen mit den Ländern bald Vereinbarungen getroffen werden können.
    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft! Die Förderung bestehender und neuer Hochschulen muß durch die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ergänzt werden. Die Haushalte der wissenschaftlichen Hochschulen werden bei sachgerechter Bemessung nicht ausreichen, alle innerhalb der Hochschulen betriebenen Forschungsarbeiten voll zu finanzieren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die große zentrale Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft, soll und kann auf Grund ihres Überblickes über die gesamte Forschungstätigkeit in der Bundesrepublik insbesondere auf wichtigen Wissenschaftsgebieten Schwerpunkte bilden und diese unterstützen. Man denke an wissenschaftliche Großgeräte wie elektronische Rechenmaschinen, Teilchenbeschleuniger usw., die nach überregionalen Gesichtspunkten eingesetzt werden müssen. — Der Bund unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft in diesem Rechnungsjahr mit 67 Millionen DM.
    Ein Wort zur Max-Planck-Gesellschaft! Sie ist die überregionale Forschungsorganisation in der Bundesrepublik, deren wissenschaftliche Leistungen heute wieder international anerkannt sind. Der Bund stellt mit seinen Leistungen alljährlich im wesentlichen die einmaligen Kosten der Max-PlanckGesellschaft bereit, nämlich die Mittel für die großen Bauvorhaben, die Beschaffung von Großapparaturen, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Ausland. Für 1964 soll der Bundeszuschuß um rund 7,3 Millionen DM auf 41,1 Millionen DM erhöht werden.
    Mit den für 1964 vorgesehenen Leistungen des Bundes für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft in Höhe von rund 108 Millionen DM stellt der Bund etwa 50 % des Gesamtzuschusses bereit, der diesen beiden Organisationen von der öffentlichen Hand — Bund und Ländergemeinschaft — in Höhe von voraussichtlich 217,3 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden wird. Das entspricht u. a. der im Verwaltungsabkommen mit den Ländern vorgesehenen Regelung.
    Zur Atomforschung! Die Aufwendungen für die Atomkernenergieforschung und -nutzung sind im Entwurf des Bundeshaushaltsplanes 1964 mit ungefähr 345 Millionen DM vorgesehen. Sie liegen damit um ca. 14 Millionen DM, rund 4,3 %, über denen des Vorjahres. Diese Steigerung bleibt nicht unerheblich hinter den Empfehlungen der Deutschen Atomkommission zurück. Die Deutsche Atomkommission hält nach dem von ihr am 4. Mai 1963 gebilligten „Atomprogramm" für die Jahre 1963 bis 1967 eine jährliche Erhöhung der finanziellen Aufwendungen von etwa 20 % für notwendig.
    Die Weltraumforschung! Die Aufwendungen für die Weltraumforschung sollen in den drei Sparten Extraterrestrische Forschung, Raumflugforschung und Raumflugtechnik einschließlich der Beiträge für die europäischen Organisationen auf diesem Gebiet — ESRO und ELDO — nach dem Haushaltsplan 1964 etwa 158 Millionen DM erreichen und so mit etwa 61 Millionen DM — rund 62,9 % — über den entsprechenden Mitteln von 1963 liegen. Von dem Mehr entfallen rund 51 Millionen DM auf den deutschen Beitrag an die europäischen Organisationen für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugträgern — ELDO — und 10 Millionen DM auf die Förderung von Vorhaben der Weltraumforschung.
    Neben dem Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung stehen noch 14 anderen Ministerien Mittel zur Förderung der sogenannten Ressortforschung zur Verfügung. Ich möchte hier nur die fünf Häuser nennen, deren Forschungsbudget die 50-
    Millionen-Grenze überschreitet.
    1. Der größte Anteil soll 1964 auf das Bundesministerium der Verteidigung entfallen. Die 700 Mil-



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    lionen DM, die für dieses Ministerium bereitgestellt werden sollen, sind hauptsächlich für wehrtechnische Entwicklung und Erprobung bestimmt. Hinzu kommen 34 Millionen DM Erstattung an das Bundesministerium für Verkehr für Luftfahrtforschung.
    2. An zweiter Stelle steht das Bundesministerium des Innern, für das 100,1 Millionen DM veranschlagt sind. Diese Mittel sollen der Studentenförderung und der Förderung der wissenschaftlichen Einrichtungen zugute kommen, deren Betreuung dem Bundesministerium des Innern obliegt.
    3. Der Anteil des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten an den Ausgaben für die Ressortforschung ist auf 71,3 Millionen DM festgesetzt. Diese Mittel dienen vorwiegend der Unterhaltung der einschlägigen Bundesforschungsanstalten.
    4. Dem Bundesministerium für Wirtschaft sollen 1964 70 Millionen DM für eine Reihe von Förderungsmaßnahmen unter dem speziellen Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung zur Verfügung stehen. Dazu gehören vor allem die Unterhaltung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, der Bundesanstalt für Materialprüfung und der Bundesanstalt für Bodenforschung, die Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung im Bereich der klein- und mittelständischen Industrie, die Förderung der wirtschafts-wissenschaftlichen Forschung und der Handwerks- und Mittelstandsforschung sowie die Beteiligung bei internationalen Gemeinschaftsprojekten, z. B. denen der OECD.
    In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, daß zur Zeit geprüft wird, ob die Forschung in der Industrie z. B. durch steuerliche Maßnahmen indirekt gefördert werden kann.
    5. Bei der Allgemeinen Finanzverwaltung — Einzelplan 60 — sind 117,6 Millionen DM veranschlagt, die für den Beitrag zum Forschungs- und Investitionshaushalt der Europäischen Atomgemeinschaft und als Zuschuß zum Aufbauplan Berlin — Ausbau von Freier Universität und Technischer Universität — verwendet werden sollen.
    Die Koordinierung der Forschung in den Bundesressorts geschieht über den „Interministeriellen Ausschuß für Forschung", dessen Vorsitz beim Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung liegt.
    Ein Wort zur Frage 2, zur Organisation. Es ist häufig darauf hingewiesen worden, daß die Förderung der Wissenschaft eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern ist. Wenn man einmal bedenkt, daß Forschung in großem Umfang an den Hochschulen betrieben wird und daß alle Hochschulen Einrichtungen der Länder sind, und wenn man sodann berücksichtigt, daß Forschung, besonders die Großforschung in den Naturwissenschaften, sehr aufwendig ist und die Finanzkraft der Länder unterschiedlich groß ist, wird klar, daß hier alles auf ein vernünftiges Zusammenarbeiten von Bund und Ländern ankommt. Dieses Zusammenwirken von Bund und Ländern setzt eine Verabredung beider Seiten darüber voraus, was gefördert wird und wie hoch die Beiträge beider Seiten sein sollen. Ein solches Abkommen ist, wie ich schon mehrfach darlegen konnte, von der Bundesregierung gutgeheißen worden. Nach Beendigung des Steuerstreites habe ich wiederum Verhandlungen mit den Ländern angeregt. Die Antwort der Länder steht noch aus.
    Bund und Länder führen das Verwaltungsabkommen zwar praktisch schon durch. Ich würde jedoch darüber hinaus die schriftliche Fixierung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in einem Verwaltungsabkommen sehr begrüßen. Die Unterzeichnung des förmlichen Abkommens würde nämlich die von Fall zu Fall und von Jahr zu Jahr immer wieder auftretende Unsicherheit beseitigen, ob jede Seite leistet, ob und wieviel sie kürzt usw. Das Verwaltungsabkommen würde die gesamte Zusammenarbeit stabilisieren. Hinzu kommt, daß das Verwaltungsabkommen die schon erwähnte „Ständige Kommission" zwischen Bund und Ländern vorsieht, also eine Einrichtung, die verhindern würde, daß Bund und Länder bei der Förderung der Wissenschaft nach verschiedenen Gesichtspunkten vorgehen. Aufgabe dieser Kommission könnte es außerdem sein, weitere Vereinbarungen über gemeinsame Aufgaben vorzubereiten. Ich denke hier vor allem an ein Abkommen über die Finanzierung neuer Hochschulen.
    Wie gesagt, bin ich der Ansicht, daß wir diese Abkommen brauchen, um eine feste Form zu haben, in der jedem ,der beiden Partner seine Aufgaben zugewiesen sind. Im übrigen haben wir im Wissenschaftsrat eine Plattform, auf der Bund, Länder, Wissenschaft und Wirtschaft sich treffen und zusammenarbeiten. Was an „Forschungsplanung" vorliegt, vor allem in Hinsicht auf den Ausbau der bestehenden und die Gründung neuer Hochschulen, ist der hervorragenden Empfehlungs- und Planungsarbeit des Wissenschaftsrates zu danken, der sich als das entscheidende Instrument hierfür erwiesen hat.
    Darüber hinaus müssen für die Großforschung, die besondes auf den Gebieten der Kernenergie und Weltraumforschung nötig wird, neue Organisationsformen gefunden werden, welche einerseits die Flexibilität der Formen der Privatwirtschaft haben, andererseits sich in den Rahmen der staatlichen Verwaltung einfügen lassen und vor allem der Wissenschaft die erforderliche Freiheit und den nötigen Spielraum gewähren. Auch scheint es nötig, die zum Teil ausgezeichnete Forschungs- und Entwicklungskapazität der Industrie mehr als bisher für die vom Staat geförderte Forschung nutzbar zu machen. Hier müssen Brücken geschlagen und Formen der Zusammenarbeit gefunden werden, wobei die Partnerschaftsverhältnisse, die in anderen Staaten bestehen, auf ihre Anwendbarkeit in Deutschland geprüft werden müßten.
    So wichtig die einzelnen Maßnahmen sind, die der Bund zur Förderung der 'Forschung eingeleitet hat bzw. unterstützt — für eine wirksame Forschungspolitik genügt es nicht, daß die Bundesregierung für die gegenwärtigen Forschungsbedürfnisse die erforderlichen oder doch die verfügbaren Mittel bereitstellt und sich um möglichst effektive Organisationsformen bemüht. Darüber hinaus muß sich die Bundesregierung auf künftige Entwicklungen und Bedürf-



    Bundesminister Lenz
    nisse vorbereiten. Nur wenn die mutmaßlichen Linien der Entwicklung und der damit nötig werdende Finanzbedarf abgeschätzt werden, kann die öffentliche Hand wie ein guter Haushalter vorausschauend planen, sich einrichten und Prioritäten feststellen. Dabei geht es — wohlgemerkt — nicht etwa um eine Planung der Forschung, sondern um eine Planung der Finanzmittel für die Forschung.
    Die Bundesregierung wird — und sie begrüßt die entsprechende Bitte des Bundestages — einen „Bericht über die Lage der Wissenschaft" vorlegen. Dieser Bericht wird voraussichtlich sowohl eine Bestandsaufnahme über den derzeitigen Stand der Forschungsförderung durch den Bund enthalten als auch eine Vorausschätzung für die nächsten fünf Jahre in bezug rauf die Aufwendungen des Bundes für Wissenschaft und Forschung. Dem Zahlenteil soll ein Katalog von zu fördernden Wissenschaftsgebieten (Schwerpunkte) gegenübergestellt werden.
    Voraussichtliches Ergebnis wird sein: Die Anforderungen ran den Bund für die Förderung der Wissenschaft werden sich in den nächsten Jahren verdoppeln, sich teilweise sogar noch stärker vermehren.
    Der kommende Bericht der Bundesregierung muß im Zusammenhang mit der „Bedarfsfeststellung der Länder 1963 bis 1970" gesehen werden. Erst beide Berichte gemeinsam werden die Umrisse einer deutschen Wissenschaftspolitik erkennen lassen, vor allem aber den Bedarf für die Förderung der Forschung 'für die nächste Zukunft. Es wird dann Sache der Finanzminister sowie der Parlamente beim Bund und in den Ländern sein, zu entscheiden, in welchem Umfang der Bedarf von Jahr 211 Jahr — auch im Zusammenhang mit den anderen Staatsaufgaben — gedeckt werden kann.
    Der Bericht der Bundesregierung, der sowohl mit allen Bundesressorts wie mit den Ländern und den Wissenschaftsorganisationen abzustimmen ist, erfordert Zeit. Ich hoffe jedoch, ihn im Sommer 1964 vorlegen zu können.
    Die Wissenschaftspolitik ist eine der vordringlichsten Aufgaben der Bundesregierung. Sie ist aber nicht die einzige, sondern nur eine unter mehreren vordringlichen Regierungsaufgaben. Andere staatliche Aufgaben sind genauso entscheidende Voraussetzungen für den Bestand unseres Lebens und unserer Freiheit, z. B. eine zeitgerechte Sozialpolitik, eine moderne Defensiv-Rüstung, eine zeitgemäße Verkehrspolitik. Es wird immer wieder darauf ankommen, die verschiedenen Staatsaufgaben in ein vernünftiges Gleichgewicht zueinander zu bringen.
    Da unsere öffentlichen Mittel nicht dazu ausreichen, alle Staatsaufgaben im gewünschten Umfang zu fördern, müssen notgedrungen Prioritäten für vordringliche Aufgaben aufgestellt werden. Die Bundesregierung hat für den Haushalt 1964 zum erstenmal solche Prioritäten in einem Katalog zusammengefaßt. Es sind dies die öffentlichen Aufgaben, für die eine Steigerung um mehr als 6 %, also über den Zuwachs des Bruttosozialprodukts hinaus, vorgesehen ist, und zwar die Sozialpolitik mit 2,01 Milliarden DM — das sind 20,1 % der Verkehr mit 574 Millionen DM — das sind 13,4 % — und die Wissenschaft, wobei es nur die Zahlen des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung und nicht die der Ressortforschung sind, mit mehr als 119 Millionen DM — das sind 15,4 % —. Daß die wissenschaftspolitik unter den genannten Prioritäten erscheint, läßt den Rang erkennen, den die Bundesregierung dieser Aufgabe zuerkennt. Diese Priorität für die Wissenschaftspolitik ist eine unmittelbare Auswirkung der zitierten Stelle aus der Regierungserklärung.
    Daß selbst eine bevorzugte Förderung der Wissenschaft nicht dazu ausreicht, alle oder auch nur die wichtigsten Wünsche der Wissenschaft selbst zu erfüllen, liegt an folgendem Dilemma: Einerseits sind die Forschungsthemen der Wissenschaft und damit ihre Geldwünsche praktisch unbeschränkt. Andererseits sind die öffentlichen Mittel naturgemäß begrenzt. Es ist daher unvermeidlich, von Jahr zu Jahr zwischen Wünschen und vorhandenen Mitteln eine erträgliche Lösung zu finden. Dabei fällt dem Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung die Rolle des Mittlers zu, eine notwendige, wenn auch gelegentlich undankbare Aufgabe, da man es bekanntlich keiner Seite ganz recht machen kann.
    Wichtig ist bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Aufwandes für die Wissenschaftspolitik des Bundes nicht nur die absolute Summe der Mittel, sondern auch die Relation zu anderen Größen. Die Wissenschaftsaufwendungen des Bundes (einschließlich der Wehrforschung) betrugen 1963 3,3 % des Gesamthaushalts. Die entsprechenden Aufwendungen von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 1962 machten 0,8 % des Bruttosozialprodukts aus. Es wird darauf ankommen, auch bei wachsender Endsumme des Gesamthaushalts den Anteil der Wissenschaftsaufwendungen konstant zu halten oder sogar zu steigern, wozu internationale Vergleiche nötigen. Wir werden alle Anstrengungen darauf verwenden müssen, die „Wissenschaftsrate" unserer öffentlichen Aufwendungen zu dynamisieren.
    Ich darf noch einmal kurz zusammenfassen. An der Bildungspolitik nimmt die Bundesregierung das allergrößte Interesse, wenn auch das Schwergewicht der Zuständigkeiten bei den Ländern liegt. Für eine Koordinierung von Bund, Ländern, Wissenschaft und Wirtschaft steht der Wissenschaftsrat zur Verfügung und hoffentlich demnächst noch die „Ständige Kommission" nach dem Verwaltungsabkommen als Kontaktstelle zwischen Bund und Ländern.
    Für die Forschungspolitik dient ebenfalls der Wissenschaftsrat als Instrument. Planungsunterlagen sind bei den Ländern die „Bedarfsfeststellung" und demnächst beim Bund der Parlamentsbericht über die Lage der Wissenschaft.
    Zu Frage 3 Ihrer Großen Anfrage. Der Gesetzgeber des Grundgesetzes hat offensichtlich dem Bund nicht die Aufgabe gestellt, allgemein für einheitliche Lebensverhältnisse im Bildungswesen Sorge zu tragen. Denn Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 des Grundgesetzes gibt dem Bund keine Gesetzgebungsoder Verwaltungskompetenz, sondern stellt nur



    Bundesminister Lenz
    eine einschränkende Voraussetzung auf, unter der der Bund die konkurrierende Gesetzgebung nach Art. 74 ausüben kann. Da aber dem Bund auf dem Gebiet des Bildungswesens eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz nicht zusteht, ist auch für die Anwendung des Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 des Grundgesetzes im Bildungswesen kein Raum, während diese Bestimmung für den sozialen Bereich und den Bereich der wissenschaftlichen Forschung volle Geltung hat. Dennoch nimmt die Bundesregierung ein vitales Interesse daran, zu prüfen, ob und wodurch die Einheit der Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik im Bereich des Bildungswesens gefährdet ist und wie die Länder veranlaßt werden könnten, hier für Abhilfe zu sorgen.
    Da, wie schon gesagt, die Lebensverhältnisse eines Menschen, seine Stelle innerhalb der sozialen Ordnung, weitgehend von dem Grade seiner Ausbildung abhängig sind, ist zu prüfen, ob junge Menschen gleichen Begabungsgrades überall die gleichen Möglichkeiten zu einer Ausbildung ihrer Fähigkeiten vorfinden. Hier stimmen nun die von Professor Eddinng und seinen Mitarbeitern durchgeführten Untersuchungen über den relativen Schulbesuch nachdenklich. Er konnte zeigen, daß offensichtlich innerhalb der Länder der Bundesrepublik erhebliche Unterschiede bestehen. Ähnliches ist auch aus der soeben vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Statistik 1956 bis 1961 über das allgemeinbildende Schulwesen zu entnehmen. Demnach schwankte im Jahre 1961 der Anteil der Absolventen der Ausbildungsart Mittelschulen an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung zwischen 1,9% im Saarland und 18,9% in Schleswig-Holstein — Herr Kollege Lohmar, Sie haben die Eckziffern schon genannt —, bei einem Mittelwert im Bundesgebiet einschließlich Berlin-West von 9%. Eine nicht ganz so große Streuung der Werte ist festzustellen bei den Abiturienten des Jahres 1961. Ihr Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung schwankte 1961 zwischen 4,7 % im Saarland und 10,3 % in Berlin bei einem Durchschnittswert im Bundesgebiet einschließlich Berlin von 6,1 %.
    Es geht bei diesen Unterschieden also nicht darum, ob etwa in einem Land die 4-, in den anderen die 5- oder 6jährige Mittelschule üblich ist oder welche Sprachenfolge an den Schulen besteht; es geht vielmehr darum, daß das Netz der Schulen so unterschiedlich dicht ausgebaut ist, daß in einem Land Kinder ohne Schwierigkeiten eine Mittel- oder höhere Schule besuchen, in einem anderen aber nicht.
    Wenn auch für den Bau, die Einrichtung und Verwaltung der Schulen nach dem Grundgesetz die alleinige Zuständigkeit der Länder gegeben ist, so ist für den Bund von größter Wichtigkeit, daß das Bildungswesen der Länder gut ausgebaut ist; denn hiervon ist, wie schon ausführlich gesagt, die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung abhängig. Aus diesem Grunde kann und wird die Bundesregierung nicht müde werden, an die zuständigen Stellen der Länder den Appell zu richten, alle Kräfte einzusetzen, um das unterschiedliche Bildungsangebot nach oben auszugleichen.
    Dabei handelt es sich, wie schon die Bedarfsfeststellung der Kultusministerkonferenz vom Frühjahr 1963 zeigt, um eine Aufgabe gewaltigen Ausmaßes, die den Einsatz ganz erheblicher Finanzmittel erfordert. Obschon nach den großen Kriegszerstörungen seit 1945 von den Ländern Großes geleistet wurde, bleibt noch mehr zu tun. Die Länder werden beweisen müssen, daß der vornehmste Bereich öffentlicher Aufgaben von nationalem Belang, ,der ihrer föderativen Zuständigkeit anvertraut ist, auch in den Länderhaushalten bevorzugt bedacht wird.
    Die Lösung dieser Aufgaben wird wegen des unterschiedlichen Ausbaues des Bildungswesens in den einzelnen Ländern noch unterschiedliche Anstrengungen erfordern. Das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt, daß das nicht allein ein finanzielles Problem ist. Vielleicht noch größere Schwierigkeiten als im finanziellen Sektor bestehen darin, die Menschen in erforderlicher Anzahl zu finden, die als Lehrer an diesen Schulen tätig werden sollen. Die Bedarfsfeststellung der Kultusministerkonferenz zeigt auch hier den gefährlichen Engpaß, den eine Zeit der Vollbeschäftigung zwangsläufig heraufgeführt hat, unter dem aber nicht nur die Bundesrepublik leidet, der vielmehr ein weltweites Problem ist. Auch zur Überwindung des Lehrermangels haben die Kultusminister der Länder bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Dazu wird auch eine beschleunigte intensive Erprobung gehören, ob und gegebenenfalls wie durch programmierten Unterricht ein Beitrag zu einer rationelleren Gestaltung des Unterrichts und damit zur Linderung des Lehrermangels geleistet werden kann.
    Weiter kann die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse dadurch gefährdet werden, daß junge Menschen angebotene Bildungschancen deshalb nicht ausnutzen können, weil sie selbst oder ihre Familien die Ausbildungskosten nicht aufbringen können. Hier sollte der Staat die nötige Hilfe leisten, und zwar sowohl um die Grundrechte des einzelnen zu wahren, als auch im Hinblick auf die Zukunft des gesamten Volkes. Nach unserer freiheitlichen Staatsordnung sollten jedoch abgewogene Lösungen angestrebt werden, die sowohl die Interessen wie die Pflichten des einzelnen und der Gesamtheit berücksichtigen.
    Das Ziel der Bundesregierung ist es, in gerechterer Form als bisher die Einheit der Lebensverhältnisse durch eine umfassende Regelung in sozialer Hinsicht zu erreichen. Sie hat deshalb den Entwurf eines Ausbildungsbeihilfengesetzes auf der Basis des Art. 74 Nr. 7 des Grundgesetzes erarbeitet. Allerdings ist von einigen Ländern, insbesondere vom Land Hessen, die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers bestritten worden, weil der Entwurf des Bundes bildungspolitischen Charakter trage; er strebe als Ziel die allgemeine Begabtenförderung an, während die sozialpolitische Komponente, nämlich die Berücksichtigung einer fürsorgerechtlich relevanten Notlage, dahinter zurücktrete. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken treffen offenbar auch den bereits vorliegenden Initiativgesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Ausbildungsförderungs-



    Bundesminister Lenz
    gesetz. Die Bundesregierung ist bemüht, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ihren Entwurf auszuräumen.
    Im übrigen weise ich darauf hin, da die mangelnde Förderung begabter Jugendlicher nicht nur ein finanzielles Problem ist. Leider bestehen noch in weiten Kreisen unserer Bevölkerung große, nicht finanziell begründete Hemmungen, ihren Kindern eine höhere Bildung zukommen zu lassen. Es ist z. B. bekannt, daß Kinder der unteren Beamtenstufen in erheblich größerer Zahl Mittelschulen und Gymnasien besuchen als Kinder von oft besser verdienenden Arbeitern. Bei der Überwindung dieser Hemmungen sollten alle Kräfte mitwirken, die berufen sind, Eltern und Jugendliche bei der Berufsfindung zu beraten.
    Ich komme zur Beantwortung Ihrer Frage 4. Der Auftrag des Wissenschaftsrates lautet — abgesehen von der Aufstellung eines Gesamtplanes für die Förderung der Wissenschaft —, jährlich ein Dringlichkeitsprogramm aufzustellen und Empfehlungen für die Verwendung der in den Haushaltsplänen von Bund und Ländern für die Förderung der Wissenschaft verfügbar en Haushaltsmittel zu geben. Mit den „Bedarfsplänen" in der Frage 4 sind offenbar die jährlichen Empfehlungen des Wissenschaftsrates gemeint, die auf Anträgen der Länder aufbauen. Diese Empfehlungen sollen sich nach Art. 2 Ziffer 3 des Verwaltungsabkommens über den Wissenschaftsrat auf die verfügbaren Bundesmittel beziehen. Es trifft zu, daß die Bundesregierung in den beiden letzten Haushaltsjahren nicht in der Lage war, den gegenüber den Vorjahren nicht unerheblich erhöhten Empfehlungen des Wissenschaftsrates in vollem Umfang zu entsprechen. Das hängt mit der Haushaltslage zusammen, also damit, daß neben der Wissenschaftspolitik noch andere Staatsaufgaben zu lösen sind.
    Im Jahre 1963 blieb der Bundeszuschuß um rund 20 % hinter den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zurück. Im Jahre 1964 wird der Rückstand voraussichtlich 10 % betragen. Herr Kollege Lohmar, Sie haben die Bindungsermächtigungen noch dazugenommen. Dadurch hat sich diese exorbitante Zahl ergeben. Mit der 20 %-10 %-Relation wird es einigermaßen. Die Differenzen zwischen den Empfehlungen des Wissenschaftsrates und den jeweiligen Haushaltsansätzen sind mit dem Auftrag des Wissenschaftsrates, Empfehlungen zu geben, durchaus vereinbar. Sie haben bisher das Ansehen des Wissenschaftsrates in keiner Weise gemindert. Das Ansehen des Wissenschaftsrates ist nach wie vor außerordentlich groß

    (Abg. Dr. Lohmar: Aber das der Bundesregierung, Herr Minister?!)

    und beruht auf der ausgezeichneten sachlichen Qualität seiner Arbeit. Wir tun alles, um diesen Empfehlungen gerecht zu werden und um auch in Ihren Augen einiges Ansehen dadurch zu gewinnen. Es ist nicht abhängig davon, daß die finanziellen Empfehlungen des Wissenschaftsrates in voller Höhe realisiert werden. Die Bundesregierung ist weiterhin bemüht, die Empfehlungen des Wissenschaftsrates bei der Aufstellung ihrer Haushaltspläne im Rahmen ihrer haushaltsmäßigen Möglichkeiten — wie in Art. 3 Abs. 1 des Verwaltungsabkommens über den Wissenschaftsrat festgelegt — zu berücksichtigen. An dem guten Willen der Bundesregierung, den Empfehlungen des Wissenschaftsrates im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten zu entsprechen, sollte man nicht zweifeln. Immerhin sind die Bundesmittel für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen von 85 Millionen DM im Rechnungsjahr 1958 auf 220 Millionen DM im Rechnungsjahr 1963 erhöht worden und sollen 1964 auf 250 Millionen DM steigen.
    Zum Abschluß greife ich noch einmal auf den Anfang zurück. So wie die soziale Frage nur gelöst werden kann oder ihrer Lösung nahegebracht werden kann, indem die Gesellschaft enorme Lasten gemeinsam trägt, so müssen auch für die Lösung der Bildungsfrage außerordentliche Leistungen erbracht werden. Bei der langfristigen Förderung von Bildung und Forschung geht es um die Gestaltung unserer Zukunft. Man hat gelegentlich den Eindruck, als sei unser Volk restlos mit der Gestaltung der Gegenwart und mit ihrem Genuß beschäftigt. Wir müssen es lernen — das ist die Forderung der Regierungserklärung —, uns um unsere Zukunft zu kümmern — wenn es sein muß, auch um den Preis eines Verzichts in der Gegenwart. Nur Forschung und Bildung retten unsere Zukunft. Es geht um das Schicksal derer, die nach uns kommen!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)