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ID0411702800

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    Deutscher Bundestag 117. Sitzung Bonn, den 21. Februar 1964 Inhalt: Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses über den Jahresbericht 1962 des Wehrbeauftragten des Bundestages (Drucksachen IV/1183, IV/1377) Dr. Seffrin (CDU/CSU) . . 5359 B, 5366 D Paul (SPD) 5361 C Schultz (FDP) 5364 A von Hassel, Bundesminister . . . 5371 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (SPD) (Drucksache IV/1896) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Artikels 118 des Grundgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache IV/1965) — Erste Beratung — Dr. Schäfer (SPD) . . . 5377 B, 5393 C Dr. Süsterhenn (CDU/CSU) . . . . 5382 A Höcherl, Bundesminister 5386 A Busse (FDP) 5390 A Kiesinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg . . . 5391 B Dr. Kopf (CDU/CSU) 5394 B Entwurf eines Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Drucksache IV/1867) — Erste Beratung — Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 5395 D Frau Dr. Hubert (SPD) 5396 D Frau Haas (CDU/CSU) 5397 D Frau Dr. Heuser (FDP) 5398 D Nächste Sitzung 5399 D Anlage 5401 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 117. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Februar 1964 117. Sitzung Bonn, den 21. Februar 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid)* 21. 2. Dr. Aschoff 21. 2. Dr. Atzenroth 21. 2. Bauer (Wasserburg) 21. 2. Benda 21. 2. Birkelbach 22. 2. Fürst von Bismarck 22. 2. Dr. Bleiß 21. 3. Dr. Böhm (Frankfurt) 21. 2. Dr. von Brentano 21. 3. Brünen 21. 2. Burckardt 21. 2. Dr. Deist 21. 2. Dr. Dörinkel 22. 2. Drachsler 21. 2. Ehren 22. 2. Etzel 21. 2. Even (Köln) 29. 2. Faller* 21. 2. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 21. 2. Frau Funcke (Hagen) 21. 2. Dr. Furler* 21. 2. Gaßmann 22. 2. Gedat 21. 2. Frau Geisendörfer 22. 2. Gibbert 21. 2. Freiherr zu Guttenburg 21. 2. Haage (München) 21. 2. Haase (Kellinghusen) 21. 2. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 21. 2. Dr. von Haniel-Niethammer 21. 2. Dr. Harm (Hamburg) 26. 3. Hauffe 15. 3. Hellenbrock 21. 2. Höhne 21. 2. Hörauf 1. 3. Illerhaus* 21. 2. Dr. Imle 29. 2. Jacobs 21. 2. Klinker* 21. 2. Knobloch 21. 2. Könen (Düsseldorf) 21. 2. Kraus 22. 2. Dr. Kreyssig* 22. 2. Kriedemann* 21. 2. Lenz (Bremerhaven) 15. 3. Dr. Löhr 20. 3. Lücker (München)* 21. 2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Majonica 21. 2. Dr. Mälzig 21. 2. Margulies* 21. 2. Mattick 21. 2. Mauk* 21. 2. Dr. von Merkatz 21. 2. Metzger* 21. 2. Michels 21. 2. Missbach 21. 2. Dr. h. c. Dr..-Ing. E. h. Möller 15. 3. Müser 21. 2. Peters (Norden) 21. 2. Dr.-Ing. Philipp 21. 2. Frau Dr. Probst 21. 2. Ramms 21. 2. Rehs 21. 2. Richarts* 21. 2. Rohde* 21. 2. Ruland 21. 3. Schlee 21. 2. Schlick 21. 2. Schneider (Hamburg) 21. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 21. 2. Schulhoff 29. 2. Seidl (München) 21. 2. Dr. Serres 21. 2. Seuffert 21. 2. Spitzmüller 21. 2. Dr. Starke 21. 2. Dr. Stoltenberg 21. 2. Storch* 21. 2. Frau Strobel* 21. 2. Dr. Supf 21. 2. Theis 29. 2. Verhoeven 21. 2. Dr. Vogel 22. 2. Wächter 21. 2. Weber (Georgenau) 21. 2. Wegener 29. 2. Weinzierl 22. 2. Wellmann 22. 2. Frau Welter (Aachen) 29. 2. Werner 21. 2. Dr. Wuermeling 22. 2. Frau Zimmermann (Brackwede) 21. 2. b) Urlaubsanträge Höhne 21. 3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Dr. Adolf Süsterhenn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich habe den von Ihnen zitierten Satz, der die Bezugnahme auf die Richtbegriffe des Art. 29 enthält, in keiner Weise überlesen. Im Gegenteil! Sie haben durch diese Formulierung dem Bundestag nicht nur die Aufgabe gestellt, sich mit qualifizierter Mehrheit gegen diesen lokalen Volksentscheid auszusprechen, sondern ihm quasi auch noch die Beweislast zugeschoben dafür, daß nun diese Sonderregelung lokaler Art tatsächlich nicht mit den Gesamtkonzeptionen, wie sie in Art. 29 Abs. 1 enthalten sind, zu vereinbaren ist.
    Der Herr Kollege Schäfer hat soeben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zitiert, das zu der Feststellung gelangt, daß das Neugliederungsgesetz des Jahres 1951 und auch die darauf beruhende Neugliederung in einer verfassungsmäßig einwandfreien Weise zustande gekommen seien. Ich kenne natürlich dieses hier produzierte Zitat, aber ich bin der Meinung, wenn man schon aus einem Urteil zitiert, dann sollte man auch die anderen Sätze eines solchen Urteils nicht unter den Tisch fallen lassen, die doch diesen ganzen Neugliederungsvorgang zumindest — ich will gar keine Kritik üben — irgendwie als ein Unbehagen auslösend charakterisiert haben. Das ist nicht erst meine Meinung von heute; ich habe den Standpunkt bereits im Jahre 1951 als Mitglied des Bundesrats vertreten und darauf hinge-



    Dr. Süsterhenn
    wiesen, daß ich diese Neugliederungsgesetze für verfassungsbedenklich, wenn nicht gar verfassungswidrig hielte. Aber Karlsruhe locuta, die Neugliederung sei verfassungsrechtlich in einwandfreier Weise zustande gekommen. Es ist selbstverständlich, daß wir uns dem beugen.
    Aber bei allem Respekt vor den Herren Verfassungsrichtern darf ich doch folgendes bemerken. Ich habe immerhin zehn Jahre lang die Ehre gehabt, selber Präsident eines Verfassungsgerichtshofs zu sein. Dennoch stehe ich nicht an zu erklären, daß sich auch in diesen Himmelshöhen nicht immer nur Götter oder auch bloß Halbgötter bewegen und daß der Grundsatz des „errare humanum est" eigentlich niemanden in der Welt verschont.

    (Beifall in der Mitte.)

    Diesem Prinzip sind alle drei Gewalten in gleicher Weise unterworfen. Mehr möchte ich hierzu nicht vortragen.
    Immerhin ist es doch notwendig, in das allgemeine Bewußtsein zurückzurufen, daß das Bundesverfassungsgerichtsurteil, das der Herr Kollege Schäfer zitiert hat, noch folgenden, ich möchte sagen: bemerkenswerten, Satz enthält: „Der Wille der badischen Bevölkerung ist durch die Besonderheit der politisch-geschichtlichen Entwicklung überspielt worden." Was heißt das? Meines Erachtens gehört auch das Neugliederungsgesetz von 1951 irgendwie in die politisch-geschichtliche Entwicklung mit hinein. Weiter sagt das Bundesverfassungsgericht:
    Bei der Abstimmung am 9. Dezember 1951 ha-
    ben, wenn man von dem Gebiet des früher preußischen Landesteils Hohenzollern absieht, zwei Bevölkerungen, die badische und die württembergische, in der Weise gemeinsam abgestimmt, daß die zahlenmäßig stärkere die schwächere majorisieren konnte.
    Es war also eine Abstimmung, in der die badische Bevölkerung gerade nicht selbst bestimmen konnte, in welchem staatlichen Verbande sie künftig leben will. Ich will aus diesen Feststellungen keinerlei verfassungsrechtliche Folgerungen irgendwelcher Art für die Behandlung dieses Themas ziehen. Aber weil Sie schon mal dieses Urteil zitierten, sehr verehrter Herr Kollege Schäfer, hielt ich es im Interesse der Vollständigkeit für wichtig, auch diese beiden bemerkenswerten Sätze noch einmal in das allgemeine Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen.
    Das eine steht auf alle Fälle fest — ich glaube, darin werden wir übereinstimmen, Herr Kollege Schäfer —, daß im Lande Baden-Württemberg sowohl diejenigen, die überzeugte ,Anhänger des jetzigen Landes sind, als auch diejenigen, die man im allgemeinen als Altbadener zu bezeichnen pflegt, ein gemeinsames Interesse daran haben, diesen Kasus endlich einmal aus der Welt zu schaffen, damit dort Ruhe eintritt. Ich glaube, darüber kann es in diesem Hause keinerlei Meinungsverschiedenheiten geben. Der Herr Kollege Dr. Schäfer hat in seinen Ausführungen beispielsweise auch gesagt, daß die Lösung dieser Frage im Interesse der Beruhigung, im Interesse der positiven Aufbauarbeit
    dieses Landes besonders dringlich sei. Aber, Herr e Kollege Dr. Schäfer, wenn wir feststellen müssen, daß schon vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes der Komplex Südweststaat oder Baden-Württemberg immer ein Komplex besonderer Art gewesen ist, der auch vom Bundesverfassungsgesetzgeber besonders behandelt worden ist und den auch der ordentliche Gesetzgeber in der folgenden Zeit immer als ein isoliertes Sonderproblem behandelt hat, und wenn Sie jetzt tatsächlich zu dieser Beruhigung im Südwestraum beitragen wollen, wenn Sie sagen, es muß schnell geholfen werden, dann kann ich eigentlich nicht begreifen, warum Sie nicht entsprechend der gesamten Tradition — die, wie bisher gesagt wurde, von den Ministerpräsidentenkonferenzen bis zu den Vorlagen der gegenwärtigen Bundesregierung reicht — den einfachen, klaren und rasch zu verwirklichenden Weg gehen wollen, der uns in dem 'Gesetzentwurf zur Novellierung des Art. 118 gewiesen ist, und warum Sie das als dringlich und regelungsbedürftig betrachtete Baden-Problem nun mit der ganzen politischen Problematik belasten wollen, die nun einmal in dem Art. 29 drinsteckt, was von niemandem geleugnet werden kann, gleichgültig, wie er sich die Anwendung und Ausführung dieses Art. 29 vorstellt. Wenn man den damals unterlegenen Altbadenern das Gefühl nehmen will — diese Behauptung wird wenigstens aufgestellt, ich will sie mir nicht zu eigen machen —, sie seien nicht ganz fair behandelt warden — ich kann verstehen, daß Badener eine solche Behauptung aufstellen, da ja doch auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts einer derartigen Behauptung nicht unbedingt hundertprozentig widerspricht —, und wenn wir außerdem dem beiderseitigen Verlangen der Badener und Baden-Württemberger nach endgültiger Lösung des Problems, nach endgültiger Beruhigung und nach einer schnellen Lösung des Problems Rechnung tragen wollen, dann sollten wir das doch auf dem Wege versuchen, den der Antrag der CDU/CSU-Fraktion weist.

    (Abg. Dr. Schäfer: Am heutigen Tage!)

    — Mein sehr verehrter Herr Kollege Schäfer, Sie haben hier die Methode kritisiert, daß dieser Antrag heute morgen hier eingebracht worden sei. Sie haben den Ausdruck „wie Ziethen aus dem Busch" nicht gebraucht. Aber ich glaube, diese Vorstellung lag doch Ihrer Kritik an der Methode irgendwie zugrunde.

    (Abg. Jahn: Wo war denn da der Ziethen?)

    Wir handeln so, und Sie können zu dem Stellung nehmen, was der Ziethen — das paßt ganz gut in die vorhergegangene Wehrdebatte — hier produziert hat.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Schäfer hat auch selbst ganz deutlich gesagt, daß er an sich von diesem Entwurf nicht überrascht ist, sondern daß dieser Entwurf zunächst einmal als sogenannte Formulierungshilfe von der badenwürttembergischen Regierung oder von ihrem Ministerpräsidenten in die Verhandlungen des Rechtsausschusses eingeführt worden ist, daß man diese sogenannte Formulierungshilfe sehr eingehend behandelt hat und daß es sogar zwei oder drei Abge-



    Dr. Süsterhenn
    ordnete im Rechtsausschuß — ich weiß es nicht genau —

    (Zuruf von der Mitte: Zwei!)

    gegeben hat, die diese „Formulierungshilfe" als Antrag übernommen haben. Sie können also nicht sagen, daß Ihnen hier sachlich irgendwie etwas Neues überraschend auf den Tisch des Hauses gelegt worden wäre, womit sie sich nicht schon in langen Debatten, im Rechtsausschuß, aber auch nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb des Hauses, beschäftigt hätten. Also diese Methodenkritik halte ich in keiner Weise für begründet. — Bitte schön, Herr Schäfer!


Rede von Dr. Friedrich Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Süsterhenn, wenn ich Ihren Antrag ansehe, muß ich Sie fragen: Hat da nicht sogar die Schreibkraft, die hinten schrieb: „21. Februar 1963", erkannt, daß Sie ein Jahr zu spät dran sind?

(Heiterkeit.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Adolf Süsterhenn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich werde meinem Fraktionsvorstand vorschlagen, doch nun einmal die Zuverlässigkeit unserer Schreibkräfte in dieser Hinsicht zu überprüfen.

    (Heiterkeit.)

    Herr Kollege Schäfer, es mag spät sein — ich hätte längst schon eine derartige Regelung gewünscht —, aber es ist noch nicht zu spät, und vor allen Dingen haben wir beide noch die Gelegenheit, dafür zu sorgen, daß nun endlich die Sache in einer vernünftigen Weise ohne unnötige zusätzliche Komplikationen über die Bühne gebracht wird.
    Eigentlich neu ist in diesem Antrag der CDU/ CSU-Fraktion gegenüber der „Formulierungshilfe" oder dem Antrag Güde/Weber das sogenannte Quorum. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich entschlossen, das sogenannte Kopf-Quorum, so heißt es ja abgekürzt in der ganzen Erörterung dieser Dinge —, also die Mehrheit der an der Wahl Beteiligten, mindestens aber 25%, zu übernehmen. Wir sind sehr froh, Herr Kollege Schäfer, daß auch die SPD-Fraktion, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, sich zu diesem Kopfquorum bekannt hat. Alles, was Sie Positives darüber ausgeführt haben, kann ich mir ersparen, da ich in diesem Punkte völlig mit Ihnen übereinstimme und, wie gesagt, es mir auch für unseren Kollegen Kopf menschlich so gut tut, der nun aus reinen Rechtserwägungen seit mehr als einem Jahrzehnt einen verzweifelten Kampf geführt hat, gerade in diesem Punkte eine so überparteiliche Anerkennung von allen Seiten zu finden.

    (Abg. Dr. Schäfer: Da waren wir wieder einige Schritte voraus!)

    — Ich bezweifle ja gar nicht Ihre Fortschrittlichkeit. Es gibt Leute, die verstehen es eben nicht so schnell. Aber haben Sie doch Mitleid! Sie sind doch gerade so für den Gedanken der Toleranz und des geordneten und netten mitmenschlichen Zusammenlebens
    — „Seid freundlich zueinander!" —; lassen Sie es uns- doch auch bei der Behandlung dieser Angelegenheit sein! Ich bitte Sie deshalb, nicht unter hessischen oder rheinland-pfälzischen, sondern gerade
    unter diesen Perspketiven der Vernunft und Sachlichkeit unseren Antrag zu prüfen.
    Im übrigen haben Sie eine Attacke eigentlich nicht gegen die CDU/CSU-Fraktion — die ja doch dasselbe Quorum vorschlägt, wie Sie es haben —, sondern gegen diesen Formulierungshilfeentwurf geritten, der also von der Regierung BadenWürttemberg stammt. Ich habe nicht die Aufgabe, Herrn Ministerpräsidenten Kiesinger zu verteidigen, und vor allem hat es der Herr Ministerpräsident nicht nötig, sich von Leuten wie von mir verteidigen zu lassen. Dazu ist er ja doch nun ein viel zu erfahrener Meister des parlamentarischen Florettfechtens. Aber im Interesse der Sachlichkeit und der Gerechtigkeit möchte ich hier doch einmal feststellen, daß immerhin der Herr Ministerpräsident Kiesinger bereits im Frühjahr des Jahres 1960 den Gedanken einer Grundgesetzänderung für den Fall proklamiert hat, daß die Lösung auf dem Wege über den Artikel 29 sich nicht mit der erwünschten Glätte und in der erwünschten kurzen Zeit habe vollziehen lassen; zu einer Zeit, wenn ich nicht falsch orientiert bin, Herr Kollege Schäfer, als von Ihnen noch — ich glaube, das ist auch bis in die letzten Beratungen des Rechtsausschusses hinein geschehen — eine Grundgesetzänderung grundsätzlich und rundheraus abgelehnt wurde. Also in dem Falle ist sogar der von Ihnen attackierte Herr Kiesinger etwas früher, einige Jahre früher, aufgestanden als Sie, die Sie nunmehr bereit sind, sich auf die Basis einer Diskussion über die Grundgesetzänderung zu begeben.
    Jetzt nur noch eins: das Kiesinger-Quorum und das Kopf-Quorum — so will ich es einmal nennen —, die 50 %ige Mindestbeteiligung an der Abstimmung oder die Mehrheit der Abstimmungsbeteiligten, aber Zustimmung von mindestens 25 % der Abstimmungsberechtigten. Ich halte — deshalb vertrete ich das ja auch — dieses Kopf-Quorum — ich bin bereit, es Kopf-Schäfer-Quorum zu nennen —

    (Heiterkeit)

    mit der 25 %igen Zustimmung für ausgezeichnet. Aber ich meine, man soll die Dinge nach der anderen Seite auch nicht allzusehr dramatisieren. Denn ob ich sage: 50 % müssen sich an der Wahl beteiligen und mehr als die Hälfte, d. h. 25 % der Stimmberechtigten, muß mit Ja stimmen, oder ob ich das direkt in das Gesetz schreibe, hat letzten Endes doch nur insofern Bedeutung, als wir beim Auszählen der Wählerstimmen auf die Subtraktion verzichten und schon im Gesetz diese Subtraktion 50 — 25 = 25 vorzunehmen.
    Trotzdem, Herr Schäfer, stimme ich Ihnen zu. Ich habe keine so negative Auffassung, keinen so negativen Eindruck von der politischen Aktivität der Menschen im Südwestraum. Ich glaube nicht an deren politische Indolenz, wenn es um die Zukunft ihres Landes geht, ist doch Württemberg das erste Land in Deutschland überhaupt, das auf eine vielhundertjährige parlamentarische Tradition zurückblickt,

    (Beifall in der Mitte)




    Dr. Süsterhenn
    und Baden hat doch immer schon als das Münsterländle der Demokratie gegolten.

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Aber ich muß vorsichtig sein. Wir haben eben aus dem Munde des Verteidigungsministers und auch des Generals in seinem Karnevalsgedicht sehr kritische Worte über die Reife unserer Menschen gehört. — Jedenfalls treten wir beide für das KopfSchäfer-Quorum ein.
    Damit, meine Damen und Herren, glaube ich das Wesentliche zu diesem Thema gesagt zu haben. Ich möchte nur noch im Namen meiner Fraktion den Antrag stellen, sowohl den Antrag der SPD auf Verfassungsänderung wie auch den Antrag der CDU/CSU auf Verfassungsänderung in erster Linie an den Rechtsausschuß und in zweiter Linie an den Innenausschuß zu überweisen. Dabei brauche ich zur Begründung nur das eine Wort zu sagen: wenn der Rechtsausschuß einmal unbestritten zuständig ist, dann dürfte das im Falle einer Verfassungsänderung zutreffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)