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ID0410621800

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    Deutscher Bundestag 106. Sitzung Bonn, den 9. Januar 1964 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . 4825 A, 4912 C Fragestunde (Drucksachen IV/1766, IV/1806, IV/1812) Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Zweites Fernsehprogramm in der Pfalz Stücklen, Bundesminister 4825 C, D, 4826 A Dr. Müller-Emmert (SPD) 4825 D Kaffka (SPD) 4826 A Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Erleichterungen bei der Rentenauszahlung Stücklen, Bundesminister . . 4826 A, B, C, D, 4827 A, B, C Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 4826 B, D Cramer (SPD) 4826 C Fritsch (SPD) 4827 A Büttner (SPD) 4827 B Dürr (FDP) 4827 C Fragen des Abg. Dr. Kübler: Schadenersatzforderungen für verlorengehende Telegramme und Haftpflicht für nicht übermittelte Telegramme 4827 D Fragen des Abg. Kubitza: Zulässige Wörter bei gedruckten Glückwunschkarten Stücklen, Bundesminister . . 4828 A, C, D, 4829 A, B Kubitza (FDP) . . . . . . . 4828 C, D Schwabe (SPD) 4829 A, B Sänger (SPD) 4829 B Fragen des Abg. Strohmayr: Zahl der noch in Wohnlagern untergebrachten Familien und Einzelpersonen Krüger, Bundesminister 4829 C Frage des Abg. Fritsch: Grabmal des Unbekannten Soldaten Höcherl, Bundesminister 4830 A Frage des Abg. Fritsch: Gesetz über den Grenzaufsichtsdienst Grund, Staatssekretär 4830 B, C, D, 4831 A Fritsch (SPD) 4830 B, C Lautenschlager (SPD) 4830 D Gscheidle (SPD) . . . . . . . 4831 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 Frage des Abg. Cramer: Gemeinde Nordseebad Wangerooge Schmücker, Bundesminister . . . 4831 A, C Cramer (SPD) 4831 C Fragen des Abg. Glüsing (Dithmarschen) : Deutsche Muschelfischerei . . . . . 4831 D Fragen des Abg. Dr. Gleissner: Angebliche Erklärung des Leiters des Flughafens München-Riem betr. Starts und Landungen in östlicher Richtung Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4832 A, B Frage des Abg. Dr. Ramminger: Anschluß der Autobahn Regensburg- Passau an die geplante österreichische Autobahn Linz-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4832 C, D Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . . 4832 C Frage des Abg. Dr. Ramminger: Änderung der früheren Linienführung der Autobahn Linz-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4832 D, 4833 A, B Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 4833 A Frage des Abg. Dr. Ramminger: Trasse der Autobahn Regensburg-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4833 B, C Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 4833 B Fritsch (SPD) 4833 C Frage des Abg. Dr. Pohlenz: Teilstück Wesel-Hamminkeln der Holland-Autobahn Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4833 D, 4834 A Dr. Pohlenz (SPD) 4833 D Frage des Abg. Dr. Pohlenz: Verkehr zwischen der Autobahnabfahrt Hamminkeln und der Bundesstraße 8 Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4834 A, B, C Dr. Pohlenz (SPD) 4834 B, C Frage des Abg. Büttner: Änderung oder Ergänzung der Straßenverkehrsordnung (§ 45 StVO) Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4834 C, D, 4835 A Büttner (SPD) . . . . . 4834 D, 4835 A Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache IV/1779) 4835 B Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache IV/1770) Dr. h. c. Eberhard, Staatsminister . . 4835 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 4838 B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 4838 D Dr. Imle (FDP) 4839 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964 (Haushaltsgesetz 1964) (Drucksache IV/1700) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1963 (Nachtragshaushaltsgesetz 1963) (Drucksache IV/1699) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 4840 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 4849 B, 4908 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 4859 C Dr. Emde (FDP) 4864 A Dr. h. c. Strauß (CDU/CSU) . . . 4871 D Erler (SPD) 4883 D Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . . 4892 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 4898 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4899 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 4902 C Dr. Dichgans (CDU/CSU) . . . . . 4904 D Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . . 4906 C Seuffert (SPD) . . . . . . . . 4909 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4910 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes vom 22. Juni 1954 über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache IV/1482); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache IV/1776) — Zweite und Dritte Beratung — . . . . . . . . . 4911 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei sowie zu dem mit diesem Abkommen im Zusammenhang stehenden Abkommen (Drucksache IV/1788) 4912 A Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Strafrechtsänderungsgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/ 1817) 4912 C Nächste Sitzung 4912 C Anlage 4913 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 4825 106. Sitzung Bonn, den 9. Januar 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 31. 1. Dr. Aigner * 9: 1. Frau Albertz 10. 1. Arendt (Wattenscheid) 10. 1. Bauer (Wasserburg) 10. 1. Frau Berger-Heise 10. 1. Bergmann * 9. 1. Frau Beyer (Frankfurt) 10. 1. Birkelbach* 9. 1. Frau Blohm 10. 1. Blumenfeld 18. 1. Frau Brauksiepe 10. 1. Dr. von Brentano 21. 3. Brück 10. 1. Brünen 10. 1. Dr. Burgbacher * 9. 1. Deringer * 9. 1. Frau Dr. Elsner * 9. 1. Faller * 9. 1. Dr. Frede 10. 1. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 10. 1. Dr. Furler* 9. 1. Dr. Gerlich 10. 1. Günther 10.1. Haage (München) 10. 1. Hahn (Bielefeld) * 9. 1. Hammersen 10.1. Dr. Harm (Hamburg) 31. 1. Hauffe 10. 1. Dr. Hellige 9. 1. Dr. Hesberg 9. 1. Holkenbrink 9. 1. Hörauf 4. 2. Hörmann (Freiburg) 9. 1. Illerhaus * 9. 1. Frau Jacobi (Marl) 10. 1. Kalbitzer * 9. 1. Kemmer 9. 1. Dr. Kempfler 10.1. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Klein (Saarbrücken) 10. 1. Klinker * 9. 1. Dr. Kreyssig 10. 1. Kriedemann * 9. 1. Dr. Kübler 16. 1. Freiherr von Kühlmann-Stumm 9. 1. Lemmer 10. 1. Lenz (Bremerhaven) 15.2. Lenz (Brühl) * 9. 1. Lücker (München) * 9. 1. Margulies * 9. 1. Mauk * 9. 1. Mengelkamp 10. 1. Metzger * 9. 1. Michels * 9. 1. Dr. Miessner 10. 1. Dr. Müller-Hermann * 9. 1. Peiter 10.1. Dr.-Ing. Philipp * 9. i. Frau Dr. Probst * 9. 1. Rademacher * 9. 1. Richarts * 9. 1. _ Ruland 22. 2. Dr. Rutschke 17. 1. Sander 10. 1. Schmitt-Vockenhausen 9. 1. Schneider (Hamburg) 24. 1. Seidl (München) 10. 1. Seifriz * 9. 1. Dr. Seume 10. 1. Dr. Starke * 9. 1. Frau Strobel* 9. 1. Struve 10. 1. Weinkamm * 10. 1. Wendelborn 10. 1. Wilhelm 10. 1. Wolf 9. 1. Wullenhaupt 31. 1. Zoglmann 9. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Bieringer 7. 2. *) Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Althammer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können mit dem Gesamtverlauf der heutigen Debatte durchaus zufrieden sein. In großen Zügen ist die ganze Problematik der Politik, mit der wir es zu tun haben und die — wie ja wiederholt festgestellt worden ist — sich auch im Haushalt widerspiegelt, in etwa aufgezeigt worden. Ich möchte es besonders begrüßen, daß der Herr Bundeskanzler von Anfang an bei den Auseinandersetzungen über diesen Etat 1964 sich hinter seinen Finanzminister gestellt hat und keinen Zweifel daran gelassen hat, daß er den Willen zum Sparen, zum Maßhalten — wie jetzt schon so viel zitiert worden ist — auch in diesen Fragen durchhalten will. Ich glaube, es ist auch in dieser Debatte schon klargeworden, worum es im Grundsätzlichen geht. Es ist die Entwicklung in unseren Nachbarländern angesprochen worden, und man darf vielleicht noch einmal mit ein paar Worten darlegen, daß z. B. in unserem großen Nachbarland Frankreich in der letzten Zeit eine Entwicklung immer mehr an Schnelligkeit gewonnen hat, die durchaus bedrohlich ist. Wir haben seit 1958 in Frankreich — so nachzulesen im Finanzbericht — eine Preissteigerung von 26 %. Allein für das vergangene Jahr wird mit einer Steigerung von 6 % gerechnet. Im Finanzbericht wird darauf hingewiesen, daß hier ganz eindeutig inflationistische Tendenzen zu verzeichnen sind. Und wie sich die Stabilisierungsmaßnahmen schließlich auswirken werden, ist noch abzuwarten.
    Blicken wir nach Italien! Eine ganz ähnliche, eine noch etwas bedrohlichere Situation! Dort wird mit einem Preissteigerungsindex von 8 bis 9 Vo für das abgelaufene Jahr gerechnet, die Zahlungsbilanz wird negativ, Kapitalflucht ins Ausland und auch hier inflationistische Sogwirkungen..
    Tun wir einen weiteren Blick auf ein kleines, sozialistisches Land in unserer Nachbarschaft, auf Dänemark, so sehen wir, wohin diese Konsequenzen



    Dr. Althammer
    führen. Dänemark hat ebenfalls eine enorme Preissteigerung zu verzeichnen: 9 % sind in etwa angegeben. Dänemark hat sich gezwungen gesehen, einen Lohnstopp, einen Preisstopp, einen Dividendenstopp, die Wiedereinführung der staatlichen Mietpreisbindungen durchzuführen und eine Zwangssparanleihe auszuschreiben.
    Ich glaube, aus all diesen Tatsachen geht ganz klar hervor, daß es für uns in der Bundesrepublik darauf ankommt, nicht ebenfalls in diesen Sog zu geraten. Wenn wir mit den genannten Daten das vergleichen, was uns in der Bundesrepublik die Wirtschaftsberichte aufzeigen, sehen wir, daß hier zwar manche sehr entscheidende Unterschiede bestehen, daß aber in den großen Punkten doch nur ein gradueller Unterschied festzustellen ist. Die Gefahr, daß wir in diesen Sog hineingeraten können, ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Erinnern wir uns an das, was z. B. im Wirtschaftsbericht zur Anheizung der Baukonjunktur ausgeführt ist! Im Wirtschaftsbericht für das Jahr 1963 ist ganz eindeutig der öffentlichen Hand die maßgebliche Verantwortung für die weitere Anheizung der Baukonjunktur gegeben worden. Daran sehen wir ganz klar, wie wichtig die Konjunkturpolitik auch auf diesem Gebiet ist. Zwar ist der Bund selbst nur zu etwa 10 % an dem gesamten Bauvolumen der öffentlichen Hand beteiligt. Wir müssen aber das Ganze sehen und feststellen, daß vor allem die Gemeinden nicht immer und überall die Wirkung ihrer Investitionsmaßnahmen auf dem Bausektor auf das Gesamte sehen, sondern sich mehr von ihren örtlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen leiten lassen.
    Von mehreren Abgeordneten, vom Kollegen Möller, jetzt zuletzt vom Kollegen Ritzel und auch vom Kollegen Emde, ist die Frage angeschnitten worden, inwieweit dieses Parlament — wir als Abgeordnete — sich in etwa das Etatrecht beschneiden lassen sollte. Kollege Ritzel hat eben gefragt, ob die Regierungsparteien keine Antwort darauf geben wollten, ob wir diese Ermächtigungen, wie sie im neuen Haushaltsgesetz enthalten sind, etwa so stehenlassen wollten. Dazu möchte ich sagen, daß wir uns selbstverständlich, wie das jedes Jahr geschehen ist, darüber unterhalten müssen, was wir dem Finanzministerium bzw. der Regierung im Haushalt bewilligen und wo wir auf unserem Etatrecht bestehen wollen. Aber, meine sehr verehrten Kollegen, diese Frage hat auch ihre Kehrseite. Wenn man so großen Wert auf das Etatrecht dieses Hohen Hauses legt, muß man sich auf der anderen Seite auch daran erinnern, was dieses Etatrecht im Grundsätzlichen beinhaltet.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Denken wir zurück! In vergangenen Zeiten war dieses Etatrecht gerade dadurch gekennzeichnet, daß die Parlamente der Regierung Mittel verweigerten. Es haben sich heftige Verfassungskonflikte gerade an diesem Willen des Parlaments, Bewilligungen nicht auszusprechen, entzündet.
    Wenn wir heute die Bilanz ziehen, müssen wir leider Gottes sehr oft feststellen, daß gerade in diesem Hohen Hause nicht überall dieser exakte Sparwille, dieser Wille zur Verweigerung gewisser Mittel besteht. Leider Gottes hat sich hier die Front weitestgehend umgekehrt. Der Finanzminister und Gott sei Dank jetzt auch der Bundeskanzler stehen auf der Seite derjenigen, die bei den Ausgaben der öffentlichen Hand sparen wollen. Sie werden von den Abgeordneten des Haushaltsausschusses im wesentlichen unterstützt. Aber ich glaube, es wird auf die Dauer nicht genügen, daß die Parlamentarier bloß ihren Beifall spenden, wenn hier von einer Begrenzung der Ausgaben die Rede ist, sondern es wird sich für jeden Abgeordneten die Gewissensfrage stellen, ob er in der Zukunft im wesentlichen weiter so verfahren will, daß er sagt: Zwar im allgemeinen sparen, ja; aber auf dem Sektor, auf dem ich tätig bin, in dem Fachausschuß, in dem ich meine Arbeit leiste, wird weiter bewilligt, sollen weitere Ausgaben beschlossen werden; sparen kann man ja auch anderswo. — Auch hier wird das Parlament, wenn es auf dem Etatrecht und auf seiner Souveränität bei der Ausgabenbewilligung in der Öffentlichkeit glaubhaft bestehen will, beweisen müssen, daß es mehr als bisher den Sparwillen auch in die Praxis umsetzt.
    Wenn von einer Wende gesprochen worden ist, wenn auch der Kollege Ritzel davon gesprochen hat, daß wir tatsächlich jetzt bei dem Punkt angekommen sind, wo es ins Defizit geht, dann hat das natürlich Konsequenzen. Es ist eine Tragik, daß man natürlich den Haushaltsleuten so wenig wie dem Finanzminister es ohne weiteres abnimmt, weil in den vergangenen Jahren eben sehr oft davon gesprochen worden ist, daß wir an dieser Grenze seien. Aber auch ich bin der Überzeugung, daß es diesmal mit dieser Grenze wirklich ernst ist.
    Es kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Wir werden gar nicht umhinkönnen, da und dort eine härtere Kraftprobe mit gewissen Interessenverbänden durchzustehen. Der bequeme Weg, daß man schließlich doch immer wieder nachgibt, wird sich auf die Dauer nicht gehen lassen. Wir werden einmal die vielberufene Diskussion über die wirkliche Einflußmöglichkeit dieser Interessentenverbände führen müssen, eine Diskussion, die in der staatsrechtlichen Literatur geführt wird, die auch die Menschen draußen in der Öffentlichkeit — unser Volk — sehr beschäftigt. Wir werden auch hier im Parlament, glaube ich, standfester sein müssen, als es in der Vergangenheit da und dort der Fall war.
    Ich möchte zum Ausgangspunkt der heutigen Sitzung zurückkommen, zu der Frage des Verhältnisses Bund—Länder. Es ist gerade für uns in der CSU sehr erfreulich gewesen, festzustellen, daß von beiden Seiten, vom Bundeskanzler sowohl wie von Vertretern der Länder, heute hier erklärt worden ist, daß sich jetzt gute Ansatzpunkte für ein besseres Zusammenleben, für eine bessere Verständigung abgezeichnet haben. Dieser Verständigung kann es nur dienlich und förderlich sein, wenn auch in diesem Hause ein klares Ja, tein klares Bekenntnis zur föderalistischen Struktur unserer Bundesrepublik abgegeben wird. Wir wollen hier bestätigen, daß der Föderalismus, wie er sich im Grundgesetz repräsentiert, nicht etwa eine von der Besatzungsmacht



    Dr. Althammer
    aufgezwungene Staatsform ist, sondern daß auch wir vom Bund her diesen Föderalismus, der als Wesenszug unserer demokratischen Staatsordnung im Grundgesetz festgelegt ist, festhalten und vertreten wollen.
    Aber es besteht auch kein Zweifel darüber — Herr Kollege Strauß hat schon darauf hingewiesen—, daß dieser Föderalismus tagtäglich neu gelebt werden muß und daß es neben den tragenden und bleibenden Bestandteilen auch wandelbare Bestandteile geben wird. Gerade bei den Haushaltsausgaben ist ein solcher Punkt, wo sich die Gewichte verschieben. In den vergangenen Auseinandersetzungen sind manchmal harte Worte gegen die Handhabung des Bundes gefallen. Es ist von der Herrschaft der „goldenen Kugeln" gesprochen worden. Damit war gemeint, daß der Bund sich über Dotationen, über Finanzzuweisungen dort Kompetenzen zu verschaffen suche, wo nach dem Gesetz echte Gesetzgebungskompetenzen für ihn nicht vorhanden seien. Man muß um der Gerechtigkeit willen auch feststellen, daß diese Entwicklung — daß der Bund sich mehr und mehr um Aufgaben gekümmert hat, die primär den Ländern zustehen — keineswegs auf reines Machtreben des Bundes zurückzuführen war, wenn auch in den vergangenen Jahren die bessere Haushaltslage natürlich leichter Veranlassung dazu gegeben hat. Vielmehr haben auch die Länder berechtigte Wünsche gehabt. Sie haben erklärt: Wir sind mit Aufgaben belastet, die nicht wir aus unserer Landesentwicklung zu vertreten haben. Denken Sie an die ganzen Probleme der Zonenrandlage. Hier waren Situationen allgemein staatspolitischer Art gegeben, die die Länder nicht von sich aus allein bewältigen konnten. So gibt es eine Reihe von Aufgaben, bei denen es notwendig war, von der Zentrale her etwas zu tun.
    Es ist heute wiederholt davon gesprochen worden, daß man in diesen drei Jahren, die man durch den Finanzausgleich gewonnen hat, zu einer Flurbereinigung, zu einer klaren Aufgaben- und Ausgabenverteilung zwischen Bund und Ländern kommen will. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn damit etwa die Vorstellung verbunden wird, es könne völlig rein getrennt werden — hier nur Bundesausgaben und dort nur Länderausgaben —, so möchte ich sagen: das wird sich nicht durchführen lassen. Eine Bereinigung kann unseres Erachtens nur so erfolgen, daß zunächst einmal auf seiten des Bundes alles durchforstet und dann festgestellt wird, was an Aufgaben vom Bund voll und ganz abgegeben werden kann, wo also keine Mittel mehr vom Bund ausgegeben werden müssen. Wir haben heute die Diskussion über das Honnefer Modell gehabt und dabei erlebt, daß in dem Augenblick, wo es um konkrete Beträge geht, die Diskussion plötzlich ganz anders verläuft. Wir werden auf der anderen Seite festzustellen haben, was an reinen Länderaufgaben bestehenbleibt. Für die sogenannten Gemeinschaftsaufgaben, die auch in der Äußerung der Ministerpräsidentenkonferenz in Saarbrücken angesprochen sind, werden wir dann eine Regelung zu finden haben, die beide Seiten, den Bund und die Länder, befriedigt.
    Ich glaube, wir werden ein gutes Stück vorangekommen sein, wenn wir diese Aufgabe leisten und den Streit beenden können, bei dem von den Ländern dem Bund verwehrt wird, dort tätig zu werden, wo nicht eine reine Bundesgesetzgebungszuständigkeit besteht, und wenn wir auf der anderen Seite die Gefahr bannen können, daß sich die Länder zusammentun und Institutionen schaffen, die quasi eine dritte Ebene bilden würden, also die Gefahr, daß sich etwa Hoheitsträger über den Rahmen eines einzelnen Landes hinaus auftun. Die Staatsrechtslehrer sagen dazu, daß hier ein sehr unklares Gebilde entstehen könnte, daß diese „dritte Ebene" im leeren Raum stünde, da ja auch vom Bundesverfassungsgericht eindeutig festgestellt wurde, daß es neben dem Bund und neben den Ländern kein sonstiges Gebilde, etwa .ein Zentralstaatsgebilde, geben kann.
    Wenn wir diese Unklarheiten und diese Reibungspunkte beseitigen können, werden wir in dem Verhältnis von Bund und Ländern einen guten Schritt vorangekommen sein. Ich hege keinen Zweifel daran, daß die Spannung zwischen Bund und Ländern bestehenbleiben wird, glaube aber, daß auf der anderen Seite ein guter Ansatz dafür geschaffen ist, das Spannungsfeld auf das sachlich, aus der Natur der Angelegenheiten heraus unbedingt Gebotene zurückzuführen und Reibungsflächen auszuscheiden, die nicht unmittelbar in der Sache. begründet sind.

    (Beifall in der Mitte und bei Abgeordneten der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dichgans.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Dichgans


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zu drei Punkten. Zunächst zu dem. Thema Bund und Länder, das Herr Kollege Althammer soeben angesprochen hat. Die Flurbereinigung ist in der Tat dringend erforderlich! Herr Präsident, ich habe hier ein Originaldokument, aus dem sich ergibt, daß der Bund dem Land Nordrhein-Westfalen noch im Jahre 1963 einen Kredit von 1300 DM gewährt hat. Sie haben recht gehört: nicht 130 Millionen, sondern 1300 DM. — Acht Nebenabdrucke sind verteilt worden.
    Es liegt auf der Hand, daß die Verwaltungskosten eines solchen Kredits höher sind als das Kapital. Dazu möchte ich dem Herren Bundesfinanzminister einen konkreten Vorschlag machen. Der Bund sollte die Bearbeitung solcher Bagatellfälle sofort einstellen, die Mittel aus den Fonds, die dafür zur Verfügung stehen, global auf die Länder verteilen und den Ländern die Erledigung überlassen. Der Bund ist keine Gemeindeverwaltung.

    (Zurufe und Heiterkeit.)

    Der nächste Schritt sollte eine allgemeine sachliche Bereinigung sein. Diese erfordert Klarheit über das Ziel der Bereinigung. Dazu möchte ich die These aufstellen, daß wir radikal die Aufgaben des Bundes von denen der Länder trennen sollten. Ich folge weithin der Auffassung des Ministerpräsidenten Meyers. Das ist meine persönliche Meinung, die sich



    Dr. Dichgans
    keineswegs mit der Meinung meiner politischen Freunde deckt. Selbst die Länder haben teilweise protestiert, und auch der Kollege Althammer, an dessen untadeliger föderalistischer Gesinnung doch kein Zweifel sein kann, hat wesentliche Einschränkungen gemacht. Ich möchte diese These trotzdem vertreten und begründen, auch auf die Gefahr hin, daß ich hier in den Ruf eines Superföderalisten komme, der ich in keiner Weise bin.
    Daß die radikale Abgrenzung zu einer Verwaltungsvereinfachung führt, ist wohl nicht zu bestreiten. Es wird aber geltend gemacht, die Präsenz des Bundes sei notwendig. Was heißt das? Präsenz des Bundes heißt in vielen Fällen zunächst schlicht finanzielle Präsenz. Im Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft von 1959 ist dieser Tatbestand sehr unbefangen geschildert. Da heißt es nämlich: Nachdem die Länder in Finanzschwierigkeiten kamen, mußte der Bund einspringen. Meine Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, daß das eine Rechtfertigung ist. Wenn die Finanzkraft aufgeteilt werden muß, so muß das über Art. 106 des Grundgesetzes erfolgen, aber nicht über Einzelzuweisungen °aus einzelnen Haushaltspositionen.
    Präsenz des Bundes heißt aber weiter: zusätzlicher horizontaler Finanzausgleich. Diese Art der Zuwendungen bedeutet nämlich, daß bestimmten Ländern, und zwar vorzugsweise den finanzschwachen Ländern, zusätzliche Mittel zugeführt werden. Ich halte auch dieses Verfahren für sehr problematisch. Den finanzschwachen Ländern muß geholfen werden, aber auf dem Wege über einen geordneten horizontalen Finanzausgleich, nicht auf dem Wege über Einzelzuweisungen. Einzelzuweisungen müssen zu Willkür führen. Wenn der Bund in dem einen Land eine Universität baut, in dem anderen keine, wenn der Bund zu dem Atomreaktor des einen Landes Zuschüsse gibt, zu dem eines anderen nicht, dann entstehen Verärgerungen, Ungerechtigkeiten, die wir vermeiden sollten.
    Präsenz des Bundes heißt endlich Koordinierung. Eine Koordinierung ist zweifellos notwendig. Sie darf sich bei uns nicht durch Befehl und auch nicht durch überhebliche Belehrung vollziehen, sondern nur durch sachliche Überzeugung. Im Bundesstaat erfordert Koordinierung Koordinierungsbereitschaft, und Koordinierungsbereitschaft erfordert Vertrauen. Wird dieses Vertrauen durch gezielte Finanzzuweisungen aus dem Bundeshaushalt erhöht? Ich fürchte, nein.
    Die Koordinierung der Länder untereinander ist schwer genug. Aber die Koordinierung wird noch schwerer, wenn sie von der Befürchtung überschattet wird, daß der Bund durch Finanzzuweisungen zusätzlichen Einfluß erreichen will, wie das Herr Kollege Althammer hier eben schon richtig geschildert hat. Vertrauen setzt Verständigung voraus. Die Geldzuwendungen mit Dotationsverpflichtungen, die wir hier beschlossen haben, Zuwendungen an bestimmte Länder unter Umgehung anderer, sind jedoch geeignet, eher Mißtrauen zu säen. Ich halte eine Koordinierung für notwendig, bin aber der Meinung, daß die gezielten Finanzzuweisungen ein untaugliches Mittel sind. Wir sollten uns nicht in
    den Verdacht bringen, daß wir Einfluß kaufen wollen; das ist unter unserer Würde.
    Meine Damen und Herren, Koordinierung der Länder ist nicht Gegenstand des Bundeshaushalts. Aber wir haben eine andere Aufgabe der Koordinierung, nämlich die der Koordinierung der Gruppen. Der Haushalt muß viele Bedürfnisse befriedigen, in der Verteidigung und der Wissenschaft, in der Landwirtschaft und bei den Kriegsopfern, bei Beamten und der Mineralölwirtschaft. Diese Anliegen sind inkommensurabel. Wir müssen sie aber alle in Geld umrechnen. Es entsteht das Problem der austeilenden Gerechtigkeit, mit dem sich bereits der Heilige Thomas von Aquin vor 700 Jahren befaßt hat. Die Aufspaltung der Gesetze in Regelungen für bestimmte Gruppen ist unvermeidlich. Aber es geht nicht nur um die Gerechtigkeit innerhalb der Gruppen, um die wir uns ja sehr bemühen, sondern auch um die Gerechtigkeit der Behandlung der Gruppen im Vergleich zueinander, und der Ort einer solchen Betrachtung sollte für mein Gefühl die Haushaltsdebatte sein. Der Haushalt muß entscheiden, was für die einzelnen Anliegen verfügbar ist.
    Ich bitte, zu erwägen, ob wir nicht unsere Geschäftsordnung ändern sollten, indem wir die Ausschußberatungen spalten. Die Ausschußberatungen sollten zunächst nur bis zu einem Zwischenbericht führen, in dem der Ausschuß vorschlägt, was er glaubt tun zu müssen. Diese Zwischenberichte wären dann zu einem Haushalt oder einem Nachtragshaushalt zusammenzuführen, wobei zu beschließen wäre, was nun für die einzelnen Anliegen zur Verfügung steht. Darauf wären diese Zwischenberichte den Ausschüssen wieder zurückzuverweisen, die dann den Betrag, den der Haushaltsausschuß zur Verfügung gestellt hat, gerecht in ihrem Sektor verteilen.
    Eine solche Gesamtschau aller Anliegen ist aber auch noch aus einem anderen Grunde wichtig. Bei der unvermeidlichen Aufspaltung der Gesetzgebung nach Gruppen müssen wir uns stets die Frage vorlegen: Was wird eigentlich aus denjenigen, die nicht zu einer Gruppe gehören?
    Wenn wir die Ruhegehälter der Beamten aufbessern, so müssen wir an die Fälle denken, in denen ein Ministerialreferent nach fünfzehnjähriger Leitung eines Referates und zehn Jahren Militärdienst mit einer Versorgung in der Größenordnung von 200 bis 400 DM ausscheidet, weil er aus irgendwelchen zufälligen Gründen nicht verbeamtet worden ist. Wenn wir über Ersatzzeiten in der Sozialversicherung diskutieren, müssen wir an folgendes denken: Für die Sozialrentner übernimmt der Bund die Versicherungsbeiträge für die Kriegszeit, und er hat im Rahmen der Dynamisierung eine Aufwertung durchgeführt, die normalerweise bis auf 200 % geht. Ein kleiner Gewerbetreibender, etwa der Inhaber eines Standes auf dem Markt, erhält nichts, obwohl er ebenso wie der Arbeiter im Krieg nicht in der Lage war, für seine Alterssicherung zu sorgen. Diese Folgen hat Frau Heddy Neumeister in einem Aufsatz über die nichtdynamischen Renten in sehr bemerkenswerter Weise geschildert. Wenn wir bei
    4906 Deutschei Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964
    Dr. Dichgans
    Flutkatastrophen und Massenunfällen Beträge bewilligen, müssen wir uns die Frage vorlegen: Macht es für das Opfer eines Ereignisses, eine Witwe, eine Waise, einen Unterschied, ob der Mann, der Vater bei einem Ereignis umgekommen ist, das zu dem von uns geregelten Bereichgehört, oder ob das Ereignis ein einzelner Unfall war? Es ist das legitime Recht der Gruppen, sich für ihre Interessen einzusetzen. Es ist aber die Pflicht des Parlaments, für alle Mitbürger zu sorgen, auch und gerade besonders für diejenigen, für die sonst niemand sorgt.
    Zum Schluß erlauben Sie mir noch einige wenige Worte zu den Ausgaben für die Wissenschaft. Wenn in einem deutschen Parlament das Wort Wissenschaft fällt, so folgen Beteuerungen der Hochachtung für die Wissenschaft.

    (Zuruf von der SPD: Das hat Herr Strauß nicht gemacht!)

    In diesem Chor möchte ich nicht fehlen. Aber ich habe das Gefühl, daß die allzu häufige Beteuerung der Hochachtung zur Gefahr einer Illusion führt, nämlich zu der Illusion, als sei bei der Wissenschaft alles in bester Ordnung. Wenn wir bei der deutschen Wissenschaft international nicht mehr den Rang haben, den wir haben möchten, so liegt das nach meiner Überzeugung gar nicht am fehlenden Geld, sondern es liegt vielmehr an der unzweckmäßigen Organisation unseres Bildungs- und Wissenschaftswesens. Wir tun in Deutschland unser Möglichstes, um unsere Jugend von der höheren Bildung abzuschrecken. Wir halten unsere jungen Akademiker
    bis aber den 30. Geburtstag hinaus im Stande eines unterbezahlten oder tauch völlig unbezahlten Lehrlings fest.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das ist ein einsamer deutscher Weltrekord.
    Ähnlich liegt es beim Nachwuchs für die Hochschullehrer. Auch hier geschieht alles, um aktive und tüchtige Leute abzuschrecken. Neben der wissenschaftlichen Neigung und Begabung sind in Deutschland folgende Eigenschaften für einen künftigen Hochschullehrer unerläßlich: eine unendliche Geduld, die Bereitschaft, sich bedingungslos für viele Jahre einem Ordinarius unterzuordnen, sich bedingungslos von den Sympathien und Antipathien einer Fakultät abhängig zu machen und das eigentlich unzumutbare Risiko auf sich zu nehmen, daß eine vieljährige Vorbereitung auf eine akademische Laufbahn plötzlich zunichte wird, weil ein neuer Ordinarius erscheint, der neue Leute mitbringt und die Mitarbeiter seines Vorgängers abschiebt. Dürfen wir uns bei dieser Lage wundern, daß die deutschen Universitäten in manchen Fakultäten nicht einmal genügend Nachwuchs für die bestehenden Lehrstühle produzieren? Hat es einen Sinn, neue Lehrstühle zu errichten, solange viel zu viele der vorhandenen unbesetzt sind? Hat es einen Sinn, neue Universitäten zu bauen, solange die Universitäten in Deutschland nur in 22 von 52 Wochen — das ist in 42% der möglichen Zeit — in vollem Betrieb sind? Auch das ist ein einsamer deutscher Weltrekord.
    Meine Damen und Herren, das sind Fragen, die unmittelbar an den Haushalt heranführen. Die
    Hochschulreform ist überfällig. Daß sie bisher nicht zustande gekommen ist, sollte man nicht den Wissenschaftlern vorwerfen. Die deutsche Wissenschaft leistet auch heute noch Hervorragendes. Es wäre aber unbillig, von den Wissenschaftlern zu erwarten, daß sie gleichzeitig gute Verwaltungsmänner und gute Organisatoren sind. Die Zuständigkeit und die Verantwortung für diese Aufgaben liegen bei der Konferenz der Kultusminister, die sich jetzt energisch dieses Anliegens annimmt. Wir wollen hoffen, daß ein neuer Wilhelm von Humboldt ersteht, der uns ein modernes, vorbildliches System schafft, so wie das Humboldtsche System hundert Jahre lang vorbildlich gewesen ist.

    (Beifall bei den. Regierungsparteien und bei der SPD.)