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ID0410616100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 106. Sitzung Bonn, den 9. Januar 1964 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . 4825 A, 4912 C Fragestunde (Drucksachen IV/1766, IV/1806, IV/1812) Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Zweites Fernsehprogramm in der Pfalz Stücklen, Bundesminister 4825 C, D, 4826 A Dr. Müller-Emmert (SPD) 4825 D Kaffka (SPD) 4826 A Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert: Erleichterungen bei der Rentenauszahlung Stücklen, Bundesminister . . 4826 A, B, C, D, 4827 A, B, C Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 4826 B, D Cramer (SPD) 4826 C Fritsch (SPD) 4827 A Büttner (SPD) 4827 B Dürr (FDP) 4827 C Fragen des Abg. Dr. Kübler: Schadenersatzforderungen für verlorengehende Telegramme und Haftpflicht für nicht übermittelte Telegramme 4827 D Fragen des Abg. Kubitza: Zulässige Wörter bei gedruckten Glückwunschkarten Stücklen, Bundesminister . . 4828 A, C, D, 4829 A, B Kubitza (FDP) . . . . . . . 4828 C, D Schwabe (SPD) 4829 A, B Sänger (SPD) 4829 B Fragen des Abg. Strohmayr: Zahl der noch in Wohnlagern untergebrachten Familien und Einzelpersonen Krüger, Bundesminister 4829 C Frage des Abg. Fritsch: Grabmal des Unbekannten Soldaten Höcherl, Bundesminister 4830 A Frage des Abg. Fritsch: Gesetz über den Grenzaufsichtsdienst Grund, Staatssekretär 4830 B, C, D, 4831 A Fritsch (SPD) 4830 B, C Lautenschlager (SPD) 4830 D Gscheidle (SPD) . . . . . . . 4831 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 Frage des Abg. Cramer: Gemeinde Nordseebad Wangerooge Schmücker, Bundesminister . . . 4831 A, C Cramer (SPD) 4831 C Fragen des Abg. Glüsing (Dithmarschen) : Deutsche Muschelfischerei . . . . . 4831 D Fragen des Abg. Dr. Gleissner: Angebliche Erklärung des Leiters des Flughafens München-Riem betr. Starts und Landungen in östlicher Richtung Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4832 A, B Frage des Abg. Dr. Ramminger: Anschluß der Autobahn Regensburg- Passau an die geplante österreichische Autobahn Linz-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4832 C, D Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . . 4832 C Frage des Abg. Dr. Ramminger: Änderung der früheren Linienführung der Autobahn Linz-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4832 D, 4833 A, B Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 4833 A Frage des Abg. Dr. Ramminger: Trasse der Autobahn Regensburg-Passau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4833 B, C Dr. Ramminger (CDU/CSU) . . . 4833 B Fritsch (SPD) 4833 C Frage des Abg. Dr. Pohlenz: Teilstück Wesel-Hamminkeln der Holland-Autobahn Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 4833 D, 4834 A Dr. Pohlenz (SPD) 4833 D Frage des Abg. Dr. Pohlenz: Verkehr zwischen der Autobahnabfahrt Hamminkeln und der Bundesstraße 8 Dr. Seiermann, Staatssekretär . 4834 A, B, C Dr. Pohlenz (SPD) 4834 B, C Frage des Abg. Büttner: Änderung oder Ergänzung der Straßenverkehrsordnung (§ 45 StVO) Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 4834 C, D, 4835 A Büttner (SPD) . . . . . 4834 D, 4835 A Sammelübersicht 24 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache IV/1779) 4835 B Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Drucksache IV/1770) Dr. h. c. Eberhard, Staatsminister . . 4835 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 4838 B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 4838 D Dr. Imle (FDP) 4839 D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964 (Haushaltsgesetz 1964) (Drucksache IV/1700) — Erste Beratung — in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1963 (Nachtragshaushaltsgesetz 1963) (Drucksache IV/1699) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 4840 B Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 4849 B, 4908 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 4859 C Dr. Emde (FDP) 4864 A Dr. h. c. Strauß (CDU/CSU) . . . 4871 D Erler (SPD) 4883 D Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . . 4892 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 4898 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4899 D Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 4902 C Dr. Dichgans (CDU/CSU) . . . . . 4904 D Dr. Artzinger (CDU/CSU) . . . . 4906 C Seuffert (SPD) . . . . . . . . 4909 D Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 4910 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes vom 22. Juni 1954 über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen (Drucksache IV/1482); Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache IV/1776) — Zweite und Dritte Beratung — . . . . . . . . . 4911 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 III Entwurf eines Gesetzes zu dem Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei sowie zu dem mit diesem Abkommen im Zusammenhang stehenden Abkommen (Drucksache IV/1788) 4912 A Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Strafrechtsänderungsgesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP) (Drucksache IV/ 1817) 4912 C Nächste Sitzung 4912 C Anlage 4913 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 9. Januar 1964 4825 106. Sitzung Bonn, den 9. Januar 1964 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 31. 1. Dr. Aigner * 9: 1. Frau Albertz 10. 1. Arendt (Wattenscheid) 10. 1. Bauer (Wasserburg) 10. 1. Frau Berger-Heise 10. 1. Bergmann * 9. 1. Frau Beyer (Frankfurt) 10. 1. Birkelbach* 9. 1. Frau Blohm 10. 1. Blumenfeld 18. 1. Frau Brauksiepe 10. 1. Dr. von Brentano 21. 3. Brück 10. 1. Brünen 10. 1. Dr. Burgbacher * 9. 1. Deringer * 9. 1. Frau Dr. Elsner * 9. 1. Faller * 9. 1. Dr. Frede 10. 1. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 10. 1. Dr. Furler* 9. 1. Dr. Gerlich 10. 1. Günther 10.1. Haage (München) 10. 1. Hahn (Bielefeld) * 9. 1. Hammersen 10.1. Dr. Harm (Hamburg) 31. 1. Hauffe 10. 1. Dr. Hellige 9. 1. Dr. Hesberg 9. 1. Holkenbrink 9. 1. Hörauf 4. 2. Hörmann (Freiburg) 9. 1. Illerhaus * 9. 1. Frau Jacobi (Marl) 10. 1. Kalbitzer * 9. 1. Kemmer 9. 1. Dr. Kempfler 10.1. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Klein (Saarbrücken) 10. 1. Klinker * 9. 1. Dr. Kreyssig 10. 1. Kriedemann * 9. 1. Dr. Kübler 16. 1. Freiherr von Kühlmann-Stumm 9. 1. Lemmer 10. 1. Lenz (Bremerhaven) 15.2. Lenz (Brühl) * 9. 1. Lücker (München) * 9. 1. Margulies * 9. 1. Mauk * 9. 1. Mengelkamp 10. 1. Metzger * 9. 1. Michels * 9. 1. Dr. Miessner 10. 1. Dr. Müller-Hermann * 9. 1. Peiter 10.1. Dr.-Ing. Philipp * 9. i. Frau Dr. Probst * 9. 1. Rademacher * 9. 1. Richarts * 9. 1. _ Ruland 22. 2. Dr. Rutschke 17. 1. Sander 10. 1. Schmitt-Vockenhausen 9. 1. Schneider (Hamburg) 24. 1. Seidl (München) 10. 1. Seifriz * 9. 1. Dr. Seume 10. 1. Dr. Starke * 9. 1. Frau Strobel* 9. 1. Struve 10. 1. Weinkamm * 10. 1. Wendelborn 10. 1. Wilhelm 10. 1. Wolf 9. 1. Wullenhaupt 31. 1. Zoglmann 9. 1. b) Urlaubsanträge Dr. Bieringer 7. 2. *) Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Erler, das wird diskutiert werden. Aber ich glaube, eine Haushaltsdebatte ist eine politische Debatte.

    (Abg. Wehner: Das haben Sie auch erst jetzt entdeckt!)

    Wir sind dankbar, daß der Herr Bundeskanzler sofort hierhergekommen ist, um dem Hohen Hause diese Information zu geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, die finanzpolitischen Dinge, die Herr Kollege Möller hier ausgeführt hat, werden vom Kollegen Vogel und von anderen Kollegen der Fraktion noch beantwortet werden. Ich möchte nur eines vorwegnehmen, Herr Kollege Möller. Sie haben sich Sorgen über das traurige Erbe der Kabinette Adenauer in finanzieller Hinsicht gemacht. Nun, Herr Kollege Möller, wir sehen das ein wenig anders. Wir sehen, die Deutsche Mark ist gutes deutsches Geld. Das Erbe Adenauers ist nicht traurig, sondern so, daß uns die Welt auch in finanzieller Hinsicht beneidet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir werden Konrad Adenauer, den Mann wie das Werk, nicht zerreden lassen.

    (Erneuter Beifall in der Mitte. — Abg. Dr. Mommer: Großer Lyriker!)

    Wir stellen mit großer Freude fest, daß es Ihnen, Herr Bundeskanzler, gelungen ist, in den wenigen Wochen Ihrer Amtsführung Ihren eigenen Stil zu prägen und das feste Fundament des vorzüglich Ihnen überantworteten großen Erbes zu sichern und unser Vertrauen im Inland wie im Ausland weiter zu festigen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wir freuen uns, daß die erste Reise des Herrn Bundeskanzlers nach Berlin ging, daß die zweite der Bekräftigung unserer lebenswichtigen und unaufgebbaren Freundschaft zum französischen Volk galt, daß Präsident Johnson den deutschen Bundeskanzler als ersten ausländischen Staatsmann zum Gespräch bat; und wir freuen uns, daß die Freundschaft zu Großbritannien und Italien sich günstig entwickelt.
    Nun zu einem Punkt, den der Herr Bundeskanzler heute ebenfalls angeschnitten hat und bei dem dieses Parlament die Chance nutzen sollte, an der Willensbildung im eigenen Volk und in der Welt sofort teilzunehmen. Die Sowjetunion hat am Neujahrstag auch hier in Bonn ihre bekannte Note übergeben lassen. Sie wird zusammen mit den Alliierten sorgsam geprüft und hoffentlich, wie es der Herr Bundeskanzler angekündigt hat, gemeinsam — dem Sinne nach wenigstens — beantwortet werden. Aber folgendes muß doch wohl heute schon dazu gesagt werden.
    Erstens: Diese Note dient nicht der Entspannung, sondern der Verhärtung. Die Sowjetunion tritt wieder härter auf, besonders in der deutschen Frage. Sie will unsere Spaltung sanktionieren und will den Stempel des Rechts für ihr rechtswidriges Tun. Wären wir jetzt ohne Freunde, ohne Verbündete, hätte nicht dieses Haus seit vierzehn Jahren konsequent diese Politik getrieben, so stünde es spätetens jetzt schlimm um unser Volk.

    (Beifall in der Mitte.)

    Was nämlich die Sowjetzone Gewaltverzicht nennt, ist in Wirklichkeit dieses: Alle Welt soll die europäische Landkarte rechtlich so fixieren, wie die Sowjets sie gegen den Willen der betroffenen Völker gewaltsam verändert haben. Wir sollen eine Konvention abschließen, die uns verböte, für unsere unterdrückten Landsleute Recht und Freiheit zu fordern und diese Ziele politisch und friedlich zu erstreben.
    Zweitens: Wir alle miteinander brauchen unsere friedliche Gesinnung nicht erneut unter Beweis zu stellen. Wir haben uns im Grundgesetz und auch sonst endgültig auf Friedfertigkeit festgelegt .und wir unterstreichen, was insoweit der Herr Bundeskanzler heute morgen gesagt hat. Wir legen Wert auf die Feststellung, daß sich auch die Vertriebenen und Flüchtlinge immer wieder einmütig und rückhaltlos zum Verzicht auf Gewalt bekannt haben. Wer gegen dieses deutsche Volk nichts Böses im Schilde führt, hat sich längst von unserer gewandelten Gesinnung unserer Friedfertigkeit überzeugen können. Dagegen sind uns noch lebhaft in Erinnerung die sowjetrussische Intervention in Ungarn, die Berliner Blockade, die Toten des 17. Juni 1953,



    Dr. Barzel
    der Mord an Bandera und die ganze Gewaltherrschaft in der Zone, um nur dieses zu nennen. Sollte es sich gleichwohl bei dieser sowjetischen Note etwa um einen Wandel in der Gesinnung handeln, so würden wir uns freuen.
    Darum auch noch ein Drittes: Diese Note fordert eine Übereinkunft — ich zitiere —, wonach Gebiete anderer Staaten auch nicht zeitweilig Ziel irgendwelcher Invasionen, einer militärischen Besetzung oder irgendeiner Zwangsmaßnahme sein dürfen. Das ist, potentiell, ein konstruktiver Gedanke. Die Sowjetunion sollte zeigen, daß sie diese Worte selbst ernst nimmt, und diesen Worten die Taten folgen lassen. Hier in Deutschland kann sie das wirksam tun. Sie sollte die Besetzung der Zone beenden und dort endlich freie Wahlen zulassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie sollte aufhören, den Menschen der Zone Gewalt anzutun. Die Sowjetunion trägt letztlich die Verantwortung für Mauer und Schießbefehl. Alles das ist Gewalt; und alles das werden wir nie akzeptieren. Hier ist Gelegenheit, diese Politik der Gewaltlosigkeit, die in der Note steht, durch Taten glaubhafter zu machen.
    Weil in diesen Tagen von diesen Dingen soviel gesprochen wird, auch dieses noch: Mitteldeutschland ist — noch — eine sowjetrussische Satrapie, ist nicht „DDR", sondern SBZ. Der 17. Juni 1953 und die 3 Millionen SBZ-Flüchtlinge beweisen das aller Welt. Für das deutsche Volk und die anderen freien
    Nationen ist die sogenannte DDR ,ein durch rechtswidrige fremde Intervention entstandenes Gebilde, ein der rechtmäßigen deutschen Staatsgewalt vorenthaltenes Gebiet, das die Sowjetunion besetzt hält und von ihr ergebenen Funktionären gegen den Willen der Deutschen verwalten läßt. Zudem sind zahlreiche dieser Funktionäre Staatsbürger der Sowjetunion. Was die Kommunisten „DDR" nennen und was auch einige hier so zu nennen beginnen, das ist eine Tarnbezeichnung, eine Scheinfirma, ein Versuch, abzulenken von der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist, daß Mitteldeutschland SBZ, also sowjetisch besetzte Zone ist. Das ist die Realität.
    Sollte Moskau uns nicht glauben, so könnte es durch eine freie Abstimmung die Menschen drüben selbst fragen. Wenn die Sowjetunion diese Wirklichkeit von Fremdherrschaft in einem Teil Deutschlands änderte, dann, aber auch nur dann, würde diese Note für uns glaubhafter und interessanter.
    Meine Damen, meine Herren, geben wir uns keinen Illusionen hin. Der Ostwind weht wieder härter, und diese Härte gilt vorwiegend uns. Im Angesicht dieser Lage sind etwa Risse im westlichen Bündnis ein lebensgefährlicher Luxus. In nichts, aber auch in gar nicht dürfen wir der Sowjetunion auch nur den Anschein geben, daß unsere Wachsamkeit oder unsere Einigkeit etwa nachließen. Darum sollte die Bundesregierung auch mit großem Nachdruck die Initiativen verfolgen, die bereits eingeleitet worden sind und die zum Teil beim NATO-Rat in Paris liegen, die Initiativen, die eine gemeinsame westliche Politik in Sachen Osthandel, Kulturaustausch usw. zum Inhalt haben.
    Ich muß an dieser Stelle etwas zurückweisen —ich tue es im eigenen Namen, aber auch in dem der Fraktion —, was in diesen Tagen ein Berliner FDP-Politiker gegen Franz Thedieck, Staatssekretär im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, gesagt hat. Er hat gesagt, Thedieck habe wie Ulbricht Haß geschürt.

    (Zurufe von .der CDU/CSU: Pfui! Unerhört!)

    Dieser böse Ausspruch richtet den — er ist nicht unter uns —, der ihn tat. Franz Thedieck hat für unser Vaterland, für die Freiheit und gegen die Kommunisten 'hervorragende Verdienste erworben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Vogel: Und mit so was sitzen wir in der Koalition! — Gegenrufe des Abg. Erler.)

    Meine Damen und meine Herren, ein Wort zu den Passierscheinen und allen voran dieses: Der Artikel 13 der Menschenrechts-Erklärung der UNO sagt folgendes — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten würde ich ihn gern verlesen —:
    Jeder Mensch hat das Recht auf Freizügigkeit und auf freie Wahl seines Wohnsitzes innerhalb eines Staates. Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land einschließlich seines eigenen zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren.
    Dieses Prinzip aus der Menschenrechts-Erklärung der UNO muß, wie ich glaube, an die Spitze jeder Betrachtung zu diesen Dingen gestellt werden. Denn wir wollen nichts anderes, als daß auch in Deutschland, im ganzen Deutschland, dieser Rechtsgrundsatz Wirklichkeit wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zur Sache meinen wir mit der Bundesregierung: alles, was die Wirklichkeit Berlins als deutscher Hauptstadt stärkt, ist auch für das ganze Deutschland gut. Wir freuen uns, daß die Mauer endlich auch für die Westberliner — leider nur für kurze Zeit und leider nicht für alle — ein wenig durchlässiger wurde. Die Begegnungen der zu lange getrennten Familien sind menschlich wie politisch erfreulich. Das Menschliche liegt auf der Hand. Das Politische liegt in der Stärkung des gesamtdeutschen Bewußtseins und auch darin, daß das erneut weltweit sichtbar wurde, wie es der Herr Bundeskanzler heute morgen sagte. Es kommt hinzu, daß viele der Besuchten drüben neuen Mut und neue Kraft gefaßt haben und sich erneut überzeugt haben werden von der Überlegenheit des Westens. Das alles ist gut.
    Leider gehört zu eben dieser Wirklichkeit der weihnachtliche Mord an Paul Schultz. Wir beklagen diesen feigen Mord als ein brutales Verbrechen wider die Menschlichkeit. Zu eben dieser deutschen Wirklichkeit gehört, daß der Leichnam des Ermordeten nur im Sarg eine Mauer passieren durfte, die lebend zu überspringen er durch Todesschüsse verhindert wurde.
    Es wäre, meine Damen und meine Herren, unredlich, darüber zu schweigen, daß die Vorgänge und Abreden, die den Passierscheinen vorausgingen und sie zum Teil begleiteten, sorgsamer Überlegung auch hinterher bedürfen. Es wäre aber zugleich wenig sachdienlich, diese notwendige Erörterung



    Dr. Barzel
    hier öffentlich zu pflegen. Darum nur so viel: Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt die menschlichen Erleichterungen, die zu den Festtagen in Berlin endlich erreicht wurden. Sie fordert Freizügigkeit für alle Deutschen im ganzen Deutschland. Die gegenseitigen Abreden in Berlin sind die äußerste Grenze dessen, was wir zu tun bereit sein dürfen. Es gibt keinen Anlaß, unsere Deutschlandpolitik zu ändern; und es gibt schon gar keinen Anlaß, diese Dinge anders zu betreiben als in engster ständiger Übereinstimmung zwischen den Alliierten und uns.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Was die Kommunisten wollen, ist klar: sie wollen Berlin vom Bund lösen. Unsere Antwort darauf kann und muß doch nur sein: Zusammenrücken! Unsere Antwort muß sein, die Funktion und den Rang unserer deutschen Hauptstadt Berlin zu stärken und das freie Berlin immer mehr, immer fester mit dem übrigen Bundesgebiet zu verbinden. Der Berliner Senat kann und muß hierbei wesentlich helfen; helfen, um Berlin in den Realitäten nicht nur als einen unaufgebbaren Platz der freien Welt auszubauen, sondern als deutsche Hauptstadt, als Glied des Bundes, als Vorort des ganzen Deutschlands. Wir unterscheiden erneut und zustimmend, was der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung hierzu gesagt hat.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Bitte schön!