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ID0409715300

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    Deutscher Bundestag 97. Sitzung Bonn, den 15. November 1963 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4453 A Fragestunde (Drucksachen IV/1614 [neu], IV/1618, IV/1632) Frage des Abg. Fritsch: Sondermarken bei den Postämtern des Zonenrandgebietes 4453 C Fragen des Abg. Dr. Müller-Emmert: Einbeziehung der Gemeinde Studernheim in das Verkehrsnetz Bornemann, Staatssekretär . . . . 4453 D, 4454 A, B, C Dr. Müller-Emmert (SPD) 4454 B Frage des Abg. Felder: Fernsprech- und Fernschreibanschlüsse in Boxdorf Bornemann, Staatssekretär . . . . 4454 C Frage des Abg. Dr. Kohut: Überwachung von Fernsprechanschlüssen und Kontrolle der Briefpost Bornemann, Staatssekretär . . . . 4455 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Asylrecht für Dr. Burger Höcherl, Bundesminister . . 4455 B, C, D Dr. Kohut (FDP) 4455 B, C Ertl (FDP) 4455 C, D Fragen der Abg. Frau Meermann: Erholungslandschaft „Bodanrück und Übungsgelände der französischen Garnison Konstanz" Grund, Staatssekretär . 4455 D, 4456 A, B, C Frau Meermann (SPD) 4456 A Biechele (CDU/CSU) 4456 B Fragen des Abg. Hauffe: Flugplatz Bindlach 4456 C Fragen der Abg. Frau Schanzenbach: Freizügigkeit der Grenzgänger im deutsch-französischen Grenzgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4457 A, C, D, 4458 A Frau Schanzenbach (SPD) 4457 C Dr. Mommer (SPD) 4457 D Dr. Hauser (CDU/CSU) . . . . 4458 A Frage des Abg. Fritsch: Mindestgeschwindigkeit auf Autobahnen 4458 B Frage des Abg. Peiter: Bahnhof in Bad Ems Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4458 C Frage des Abg. Josten: Bahnhof in Remagen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4458 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. November 1963 Frage des Abg. Welslau: Auswertung der Straßenverkehrsunfälle Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . . 4458 D, 4459 A Welslau (SPD) . . . . . . . . 4458 D Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Straßensperrungen im Regierungsbebezirk Schwaben während der Frostperiode Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4459 B Fragen des Abg. Dr. Dörinkel: Stahlhochstraßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 4460 A, B Dr. Kohut (FDP) . . . . . . 4460 B Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Speisekarten in Autobahnraststätten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4460 D Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Hinweisschilder im deutsch-französischen Grenzgebiet Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4460 D Frage des Abg. Felder: Bauarbeiten im Kanalabschnitt Bamberg-Nürnberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . . 4461 A, B, C, D Felder (SPD) 4461 B Seidel (Fürth) (SPD) 4461 B, C Ramms (FDP) . . . . . . . . 4461 D Frage des Abg. Felder: Ausbau der Bundeswasserstraßen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . . 4461 D, 4462 A Felder (SPD) 4462 A Fragen des Abg. Iven (Düren) : Mannheimer Rheinschiffahrtsakte Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4462 B Fragen des Abg. Reichmann: Investitionskredit für Griechenland Dr. Vialon, Staatssekretär . . . 4463 A, D Reichmann (SPD) . . . . . . . 4463 D Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses über den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Gewichte und Abmessungen der zum Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten zugelassenen Nutzkraftfahrzeuge (Drucksachen IV/1001, IV/1619) 4463 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes (Drucksache IV/1488) — Erste Beratung — 4464 A Antrag betr. Konservierungsmittel für Fischwaren (Abg. Struve, Glüsing [Dithmarschen], Tobaben, Kuntscher, Hermsdorf, Dr. Schmidt [Gellersen], Dr. Tamblé, Peters [Poppenbüll], Dr. Miessner u. Gen.) (Drucksache IV/1622) 4464 B Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen über seine Tätigkeit; in Verbindung mit der Sammelübersicht 21 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen und systematische Übersicht über die vom 17. Oktober 1961 bis 30. September 1963 eingegangenen Petitionen (Drucksache IV/1605) Böhme (Hildesheim) (CDU/CSU) . . 4464 C Vizepräsident Dr. Schmid . 4467 A, 4468 C Dr. Mommer (SPD) 4467 B Frau Wessel (SPD) 4467 C Dürr (FDP) 4468 A Rasner (CDU/CSU) 4468 B Antrag betr. Sachverständigenkommission für die Krankenversicherungsreform (SPD) (Drucksache IV/1565) Dr. Schellenberg (SPD) . 4468 D, 4477 B, 4480 C, D Blank, Bundesminister 4472 A Ruf (CDU/CSU) 4473 A Dr. Stammberger (FDP) . 4476 A, 4480 A Antrag betr. Untersuchung über die Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/Fernsehen und Film (Abg. Dr. Martin, Neumann [Allensbach], Blumenfeld, Holkenbrink, Frau Dr. Maxsein u. Gen.) (Drucksache IV/1400) Dr. Martin (CDU/CSU) 4482 B Sänger (SPD) 4486 C, 4494 A Zoglmann (FDP) . . . . . . . 4488 D Blumenfeld (CDU/CSU) . . . . 4490 C Rasner (CDU/CSU) . . . . . . 4494 C Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. November 1963 III Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Antrag der Abg. Sander, Peters (Poppenbüll), Dr. Effertz, Logemann, Walter, Ertl, Dr. Frey (Bonn), Struve u. Gen. betr. Zuckerrübenpreis 1963/64 (Drucksachen IV/1416, IV/1534) Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 4494 D Ertl (FDP) 4494 D, 4495 A Nächste Sitzung 4495 C Anlage 4497 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 97. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. November 1963 4453 97. Sitzung Bonn, den 15. November 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner 15 11. Arendt (Wattenscheid) * 15. 11. Dr. Arndt (Berlin) 31. 12. Arndgen 15. 11. Dr. Arnold 15. 11. Dr. Aschoff 15. 11. Dr. Atzenroth 15. 11. Bading 15. 11. Bäuerle 15. 11. Bauknecht 15. 11. Dr. Bechert 15. 11. Berberich 15. 11. Berlin 20. 11. Dr. Besold 15. 11. Dr. Birrenbach 15. 11. Fürst von Bismarck 15. 11. Frau Blohm 15. 11. Börner 15. 11. Braun 15. 11. Dr. von Brentano 15. 11. Brese 16. 11. Burckardt 15. 11. Burgemeister 16. 11. Cramer 15. 11. Dr. Deist * 15. 11. Dr. Dichgans * 15. 11. Dopatka 18. 11. Dr. Dörinkel 15. 11. Drachsler 15. 11. Ehren 15. 11. Eisenmann 15. 11. Frau Dr. Elsner * 15. 11. Etzel 15. 11. Dr. Frede 15. 11. Dr. Frey (Bonn) 15. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 15. 11. Fritsch 30. 11. Frau Funcke (Hagen) 15. 11. Goldhagen 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 15. 12. Haage (München) 15. 11. Haase (Kassel) 15. 11. Hahn (Bielefeld) 15. 11. Hammersen 15. 11. Hauffe 15. 11. Heiland 15. 11. Holkenbrink 15. 11. Hörmann (Freiburg) 15. 11. Dr. Hoven 30. 11. Kahn-Ackermann 15. 11. Kalbitzer 15. 11. Kemmer 15. 11. Frau Dr. Kiep-Altenloh 15. 11. Frau Kipp-Kaule 15. 11. Klinker * 15. 11. Knobloch 15. 11. Kreitmeyer 16. 11. Kriedemann * 16. 11. Dr. Kübler 15. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Freiherr von Kühlmann-Stumm 29. 11. Kühn (Hildesheim) 15. 11. Leber 15. 11. Lemmer 15. 11. Lenz (Brühl) * 15. 11, Dr. Löbe 15. 11. Dr. Löhr 15. 11. Lücker (München) * 15. 11. Dr. Mälzig 15. 11. Mauk * 15. 11. Merten 16. 11. Metzger 21. 11. Michels 15. 11. Freiherr von Mühlen 24. 11. Müller (Aachen-Land) 16. 11. Müller (Remscheid) 15. 11. Dr. Müller-Hermann 15. 12. Dr. Nissen 15. 11. Neumann (Allensbach) 15. 11. 011enhauer 31. 12. Pöhler 15. 11. Porten 15. 11. Porzner. 15. 11. Frau Dr. Probst * 15. 11. Rademacher * 15. 11. Frau Dr. Rehling 15. 11. Frau Renger 15. 11. Richarts * 15. 11. Rollmann 15. 11. Schmidt (Kempten) 15. 11. Dr. Schmidt (Offenbach) 15. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 11. Schoettle 31. 12. Dr. Seffrin 16. 11. Seibert 15. 11. Seidl (München) 15. 11. Seifriz 15. 12. Dr. Siemer 15. 11. Soetebier 15. 11. Dr. Stoltenberg 15. 11. Stooß 15. 11. Storch * 15. 11. Strauß 15. 11. Frau Strobel * 15. 11. Strohmayr 15. 11. Struve 15. 11. Dr. Supf Dr. Freiherr 15. 11. von Vittinghoff-Schell 15. 12. Weber (Georgenau) 15. 11. Weinkamm 15. 11. Wellmann 16. 11. Wendelborn 15. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Dr. Winter 15. 11. Wischnewski * 15. 11. Frau Zimmermann (Brackwede) 15. 11. * Für die Teilnahme an Sitzungen ,des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Wunsch des Herrn Präsidenten möchte ich gern nachkommen. Ich fühle mich Ihnen gegenüber verpflichtet, mich so kurz wie möglich zu fassen, aber auch der Sache gegenüber. Ich darf versichern, es wird der abendländischen Kultur dadurch kein unwiederbringlicher Beitrag verlorengehen.
    Heute handelt es sich ohnehin nur darum, daß wir die Behandlung eines sehr wichtigen Problems, das lange ansteht, vorbereiten. Denn wenn wir uns entschließen — und wir sind ja gemeinsam dieser Auffassung —, eine Kommission von sachverständigen Persönlichkeiten berufen zu lassen, die erst einmal die Tatsachen des Verhältnisses zwischen Presse, Funk und Film untersuchen und feststellen soll — unter „Funk" ist immer Hör- und Fernsehfunk zu verstehen —, dann sollten wir auch das Ergebnis der Beratungen und der Feststellungen dieser Kommission abwarten.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang, damit sich nicht abermals eine Debatte entfaltet, wie wir sie vorhin bei den Sozialpolitikern erlebt haben, gleich sagen, daß diese Kommission natürlich keine politischen Entscheidungen zu treffen hat, sondern Tatsachenfeststellungen vornehmen soll. Die politischen Entscheidungen behalten wir uns in den Ausschüssen und hier im Plenum vor.

    (Abg. Wehner: In diesem Fall ist aber keine Gefahr, weil die CDU den Antrag gestellt hat! — Lachen bei der SPD.)

    Ich bin überzeugt, daß Sie es deshalb auch verstehen werden, wenn ich es mir verkneife, schon jetzt Zahlen und eine große Anzahl von Tatsachen zu erwähnen oder gar zu untersuchen. Herr Dr. Martin hat es eben getan, und ich will es ihm nicht nachmachen. Denn ich bin überzeugt davon, daß diese Zahlen zwar von der einen oder von der anderen Seite mit bestem Willen zur Objektivität erarbeitet worden sind, aber doch wohl noch einer sehr sachverständigen Untersuchung unterworfen werden müssen, ehe wir sagen können: Ja, so ist es, wie diese Zahlen es ausdrücken.
    Wenn wir uns heute bemühen, das Verhältnis von Presse, Rundfunk — also Hörfunk und Fernsehfunk — und Film zu untersuchen, so sollten wir feststellen, daß diese Publikationsmittel oder, wie wir so gelehrt zu sagen pflegen, diese Medien heute tatsächlich die Zeitungen sind. Wir haben es uns durch Jahrhunderte angewöhnt, mit dem Wort „Zeitung" den Druck — ich meine jetzt den Buchdruck — zu verbinden. Eine Zeitlang mußten wir uns auch angewöhnen, einen anderen Druck mit dem Begriff „Zeitung" zu verbinden. Es war schon sehr nett, daß der frühere Bundeskanzler kürzlich einmal in einer Veranstaltung beanstandete, daß



    Sänger
    das Wort „Presse" gebraucht wird; man möge die Presse nicht pressen, meinte er damit sicherlich.

    (Abg. Wehner: Er meinte es ganz anders; das haben Sie gründlich mißverstanden! Die Presse war sehr gnädig, Ihnen das abzunehmen!)

    — Ich habe schon während dieser Veranstaltung
    eine Belehrung darüber gehört, wie das gemeint
    war.
    Das, was heute der Rundfunk im Hörfunk und im Fernsehen macht, das, was uns der Film bietet, und das, was die Zeitung gedruckt darbietet, das alles ist eine Darstellung unserer Zeit, und das alles sollten wir gemeinsam unter dem Begriff „Zeitungen" zusammenfassen. Das ist nicht nur eine, wenn Sie so wollen, philosophierende oder allgemeine Bemerkung, sondern eine sehr wichtige. Denn ich kann es umdrehen und sagen: Wo steht geschrieben, daß der, der eine Zeitung, der eine Mitteilung über die Zeit, der eine Information, der eine Meinung herausgibt, diese Meinung, ,diese Information, diese Mitteilung drucken lassen muß? Das war zu jener Zeit die zweckmäßige Art der Herstellung einer Zeitung. Zu unserer Zeit ist dazu eine andere technische Möglichkeit der Herstellung einer Zeitung gekommen.
    Daher entsteht von ganz allein die Frage, ob nicht die, die sich Herausgeber von Zeitungen nennen, sich von vornherein — nicht nur aus Gründen der Anciennität freilich — doch auch fühlen können als die Herausgeber jener Zeitungen. Informationen, Mitteilungen, Meinungen, die wir heute über den Funk und über das Bild im Fernsehen vermitteln.
    Auf jeden Fall, sie alle erfüllen eine öffentliche Aufgabe. Auf jeden Fall ist bisher die Untersuchung
    darüber unterblieben, welche organische Verbindung zwischen diesen verschiedenen Mitteln der Publikation besteht. Und auf jeden Fall ist von allen Seiten eine staatliche, eine obrigkeitliche Führung dieser Publikationsmittel abgelehnt worden. Dabei soll es seine Bewandtnis haben, meine ich.
    Die Frage ist also heute für uns nur: wer bietet den größeren Schutz dafür, daß alle diese Publikationsmittel ihre Unabhängigkeit und ihre Leistungsfähigkeit bewahren können? Da richtet sich unser Blick ganz von selbst auf die beiden schwächsten Teile dieses Gesamtinstruments, auf Zeitung und auf Film; es sind die wirtschaftlich Schwächsten; was nicht heißen soll, daß sie an sich und allesamt und jeder einzelne Betrieb wirtschaftlich schwach sind. Aber insgesamt sind wir doch aus der Zeit heraus, in der die gedruckte Zeitung Publikationsmittel ohne Konkurrenz war. Die Konkurrenz anderer Publikationsmittel macht es Film und Zeitung zunehmend schwerer, den Wettbewerb auszuhalten.
    Wenn es also so ist, daß ein Ringen um die Existenz des einen oder des anderen Publikationsmittels entstanden ist oder zu entstehen droht, dann haben wir die wirtschaftliche Grundlage der Herausgabe von Zeitungen, Film, auch Funk und Fernsehen zu untersuchen und einmal festzustellen: welche Chancen .gibt es, daß sie beide oder alle vier in eine vernünftige Ordnung zueinander gebracht werden können? Natürlich, die Presse meldet ihre kommerziellen Interessen an; das ist ihre Pflicht. 1 Sie hat eine kulturpolitische Aufgabe, sie hat eine staatspolitische Aufgabe zu erfüllen. Der verantwortliche Beitrag der Presse zum demokratischen Gespräch in unserem Land kann nur wirkungsvoll sein, wenn er ohne Furcht vor Folgen, auch ohne Furcht vor materiellen Folgen gegeben werden kann.
    Wenn nun beide Teile, Rundfunk und Presse — das nur allgemein gesagt —, ihre Aufgabe erfüllen sollen, müssen sie auch wirtschaftlich unabhängig sein. Keiner von beiden darf an dem anderen leiden. Keiner von beiden darf an dem anderen krank werden oder gar sterben. Sonst leidet die allgemeine Aufgabe, und letzten Endes leidet die Informierung der Öffentlichkeit, leidet also die demokratische Wirklichkeit in unserem Land.
    Wir wollen also feststellen: welche Tatsachen gibt es, um sie frei und unabhängig arbeiten zu lassen? Da gibt es verschiedene Ausgangspositionen. Ich will mich nicht — ich versprach es Ihnen — auf die Einzelheiten dieser Unterschiedlichkeiten einlassen. Ich will aber sagen, daß z. B. schon der von Herrn Dr. Martin erwähnte Tatbestand wichtig ist und ein Schlaglicht auf die Situation wirft, daß die Mittelschichten in unserem Land ein, wie ich meine, legitimes Interesse haben, an unserer Diskussion teilzunehmen. Sie werden von der Werbung der Großen fühlbar betroffen, und die Erfahrung läßt sie ernsthaft fragen, ob es volkswirtschaftlich und ob es strukturell vertretbar ist, eine Konzentration in der Wirtschaft durch diese ungewöhnliche und intensive wirkungsvolle Werbung noch zu verstärken, wie sie im Fernsehen zweifellos gegeben ist. Sie fragen auch — und sie fragen nach meiner Auffassung legitim —, ob es zu verantworten ist, daß ein Übergewicht eines Teiles der Wirtschaft über andere Teile durch Anstalten öffentlichen Rechts herbeigeführt oder unterstützt .werden kann. Dies ist mit ein Bestandteil der Untersuchung. Ich wollte es nur erwähnen, um zu zeigen, wie wichtig es ist, eine solche Untersuchung jetzt vorzunehmen und die öffentliche Diskussion, die stark in die Polemik ausgeglitten ist, nunmehr, wenn möglich, abzustellen.
    Ohne ausreichendes Wissen über die Bedingungen und Möglichkeiten der Arbeit hier und dort gibt es keine gesicherte und gesunde Lösung in der Zukunft. Bestenfalls wird es eine Konstruktion werden.
    Was ist zu untersuchen? Ich glaube, wir sollten untersuchen lassen, welchen Anteil die Werbeeinnahmen bei Funk, bei Presse, bei Film ausmachen und welche Nebenbetriebe jenseits der eigentlichen Zweck- und Hauptbetriebe wirklich tätig sind.
    Hierzu übrigens gleich eine Tatsachenfeststellung, die sich einfach nicht aus der Welt schaffen läßt, die aber wichtig ist, weil immer das Gegenteil behauptet wird und dadurch die öffentliche Diskussion vergiftet wurde. Die Werbegesellschaften der Funkgesellschaften zahlen Steuern, Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, und sind nicht steuerfrei, wie oft behauptet wird.



    Sänger
    Wir haben weiter zu untersuchen, ob und welchen Einfluß die Einnahmen bei Funk, Fernsehen, Film und auch Presse auf die Unternehmungen, auf die Programme, auf die Zeitungen nehmen. In dem Vorwurf von der einen wie in dem Vorwurf von der anderen Seite wird behauptet, daß solche Einflüsse vorhanden seien. Wir sollten darüber Auskünfte bekommen, ob und welchen Einfluß die Tatsache der Körperschaft des öffentlichen Rechts auf das Programm im Rundfunk und welchen Einfluß zahlungskräftige Inserenten möglicherweise auf die Presse ausüben. Wir sollten prüfen, ob eine der beiden Seiten Sondervorteile genießt und welche.
    Meine Damen und Herren, dabei darf es nicht zu einer Diffamierung eines der Publikationsmittel kommen, und wir sollten auch keinen Versuch einer heimtückischen Schmälerung der Chancen eines der beiden Publikationsmittel zulassen. Die Unabhängigkeit und die Freiheit der Arbeit bei Rundfunk, Film und Presse sollte unteilbar sein. Alle bedürfen sie des staatlichen Schutzes für ihre Freiheit und Unabhängigkeit, und alle bedürfen sie der Möglichkeit zu freier Arbeit.
    Ich halte es nicht für einen förderlichen Beitrag, wenn im Verlaufe der Debatte, die wir hinter uns haben — nicht hier im Hause, sondern in der Öffentlichkeit —, an einer Stelle geschrieben worden ist: Es ist heute schon für viele Politiker interessanter, in einflußreichen Rundfunkräten zu sitzen als im Parlament. Ich glaube, das ist nicht die Art, wie wir zu einer vernünftigen Zusammenarbeit kommen können. Da ich selbst viele Jahre einem Rundfunkrat angehört habe und noch angehöre und eben hier im Parlament zu sprechen die Ehre habe, darf ich wohl sagen, daß es besser wäre, eine andere Möglichkeit zum Zusammenkommen zu finden.
    Wir sprechen über die Sache hier im Hause nicht zum erstenmal. Der jetzige Herr Bundeskanzler und damalige Wirtschaftsminister Erhard hat schon 1961 festgestellt, hier sei nach seiner Auffassung eine Länderfrage angeschnitten. Wie wichtig diese Länderfrage von den Ländern genommen wird, meine Damen und Herren, sehen Sie an der Besetzung der Bundesratsbank.

    (Sehr richtig! und Heiterkeit in der Mitte.)

    Am 24. April 1963 hat Staatssekretär Westrick auf eine Frage aus dem Hause geantwortet, daß es eine gesetzliche Sonderbehandlung des Fernsehwerbens kaum geben könne, es sei jedenfalls sehr schwer, sich eine solche Behandlung auszudenken. Wir haben im Juni dieses Jahres noch einmal gehört, und zwar vom Herrn Bundesminister Höcherl, daß es sinnvoll sei, eine Sachverständigenkommission einzurichten. Damit sind wir an einer Zusage für eine solche Kommission angelangt.
    Ich darf mich nun noch in aller Kürze unmittelbar Ihrem Antrag, Herr Dr. Martin, zuwenden und empfehle, für die Beratungen doch folgendes zu beachten. Ich glaube, daß man die wirtschaftliche Seite der dort tätigen Medien — um dieses Wort auch einmal zu gebrauchen — gründlich untersuchen sollte. Wir sollten die rechtliche Begründung der zweigleisigen Finanzierung — ich verstehe nicht ganz, was damit gemeint ist, aber lassen wir das einmal untersuchen — feststellen lassen. Wir sollten auch die Auswirkungen der verschiedenen staatlichen Privilegien — so vorhanden — untersuchen lassen.
    Aber ich halte es für schwierig, in diesem Zusammenhang dann auch die Frage der Persönlichkeitsbildung mit in die Diskussion zu ziehen. Es ist unbestreitbar, daß jede Publikation, sofern sie gelesen, gehört oder angesehen wird, die Persönlichkeit beeinflußt. Aber nun in diesem Zusammenhang eine Untersuchung anzustellen, wie stark oder wie wenig die eine oder die andere Seite die Bildung der Persönlichkeit beeinflußt, geht weit über das hinaus, was wir mit dieser Sachverständigenkommission eigentlich vorhaben.
    Ich würde empfehlen, daß wir feststellen lassen, was wirklich ist — das soll die Kommission machen —, und daß wir dann versuchen, in den Ausschüssen und im Plenum die politischen Konsequenzen daraus zu ziehen.
    Meine Freunde und ich sind im Gegensatz zu Ihnen, Herr Dr. Martin, der Auffassung, daß es besser ist, die Federführung demjenigen Ausschuß zuzuweisen, der Kulturpolitik und Publizistik nach seinem Namen und seiner Aufgabe zu bearbeiten hat, und die Mitberatung dem Wirtschaftsausschuß. Das hätte übrigens den Vorteil, daß durch die Mitberatung des Wirtschaftsausschusses zunächst die wirtschaftlichen Tatsachen festgestellt werden. Das Ergebnis dieser Tatsachenfeststellung würde dann dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik mitgeteilt werden, der daraus die publizistisch notwendigen Folgerungen ziehen könnte.
    Erlauben Sie mir zum Schluß noch eine Berner-kung. Ich hätte es lieber gesehen, wenn sich Presse, Film und Funk selber an einen Tisch gesetzt hätten, ohne daß der Staat bzw. das Parlament angerufen worden wäre. Es hätte den Exponenten einer freiheitlichen Wirklichkeit in Deutschland zum Nutzen gereicht, wenn bei dem Versuch einer vernünftigen Ordnung der Publikationsmittel der Staat ganz draußen geblieben wäre. Ich habe die Hoffnung, das Ergebnis der Untersuchungen und dann auch der Arbeit der Ausschüsse und des Parlaments wird es zu dieser Situation kommen lassen, daß wir vom Staat her die Publikationsmittel in unserem Land so unberührt sein lassen, wie sie es sein müssen, damit sie ihre Arbeit frei und unabhängig fortsetzen können.

    (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)



Rede von Fritz Sänger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir fahren in der Rednerliste fort. Das Wort hat der Abgeordnete Zoglmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe Sie noch viel kürzer in Anspruch zu nehmen als der Kollege Sänger. Ich bin mir ja bewußt, daß jeder, der in diesem Hause am Freitag nach 12 Uhr spricht, sich den Unwillen des Hauses zuzieht.
    Diese Diskussion beweist, daß der Antrag der CDU einem tatsächlichen Bedürfnis entspringt. Denn



    Zoglmann
    was hier vorhin von Herrn Dr. Martin über das Problem, das zu untersuchen ist, gesagt wurde, beweist, lieber Kollege Martin, daß in diesem Hause viel Unwissen über diese Dinge vorhanden ist und daß es daher notwendig ist, einmal von kompetenter Stelle Tatsachen vorgetragen zu bekommen.
    Wenn ich höre, ein Ministerpräsident eines Landes habe einen Brief geschrieben und erklärt: 1957 60 %, 1962 48 % der Werbung in Zeitungen, dann kommt mir das so vor, wie es etwa die Sowjetrussen machen, die grundsätzlich nur mit Prozentzahlen arbeiten, aber im Effekt mit der Angabe dieser Prozentzahlen nur bewirken wollen, daß die Tatsachen verschleiert werden. Denn, meine Kollegen, die Sache sieht ganz anders aus, wenn man nicht die Prozentzahlen, sondern die nackten Zahlen, die effektiven Zahlen betrachtet.

    (Abg. Dr. Martin: Herr Zoglmann, ich habe das im Konjunktiv gesagt!)

    — Lieber Kollege Martin, lassen Sie mich etwas über die echten Zahlen sagen; diese Minute schenken Sie mir bitte noch. Es ist übrigens besonders makaber, daß das Jahr 1957 als Ausgangspunkt gewählt wurde; denn 1957 hat das Fernsehen fast noch gar nicht bestanden, so daß jede prozentuale Steigerung natürlich eine Steigerung ins Unendliche ist. Bleiben wir also lieber bei 1958. Da ergibt sich überhaupt erst eine Relation. 1958 sieht die Sache so aus: rund 1000 Millionen DM Anzeigenaufkommen der Zeitungen — wie Sie sehen, eine ganz beachtliche Zahl —, rund 550 Millionen DM Anzeigenaufkommen bei Zeitschriften, also konkret bei den Illustrierten, rund 42 Millionen DM bei der Rundfunkwerbung und rund 12 Millionen DM beim Werbefernsehen. Das war damals ganz am Anfang. Und nun die Zahlen für 1962: 1408 Millionen DM Anzeigenaufkommen bei Zeitungen, also eine Steigerung um mehr als 400 Millionen DM, 1097 Millionen DM, also rund 1100 Millionen DM, also eine Steigerung um 100 %, um 550 Millionen DM, bei den Zeitschriften, also konkret bei den Illustrierten. Und hören Sie die Zahl beim Fernsehen: eine Steigerung auf 281 Millionen DM.
    Damit ist das Fernsehen aber auch schon am Ende. Eine weitere Steigerung ist nämlich nicht mehr möglich, da die Anstalten beschlossen haben, daß die Werbezeiten nicht ausgedehnt werden dürfen. Der Bericht wird nur zu bestätigen haben, daß die Anstalten bei rund 300 Millionen DM am Ende angekommen sind und die Verschiebungen, wenn Sie wollen, sich im wesentlichen im Raum der Zeitungen und Zeitschriften ergeben haben, ein Problem, das Sie gar nicht angeschnitten haben.
    Unser Anliegen, die kleinen und mittleren regionalen Tageszeitungen in einen gewissen Schutz zu nehmen, soweit das im Rahmen der heutigen Situation überhaupt möglich ist, ist unbestritten. Aber vergessen Sie doch nicht, daß sich auch im Raum der Zeitungen selber ein Prozeß vollzieht, vor dem wir die Augen nicht verschließen können. Denken Sie daran, daß von den überregionalen Tageszeitungen mit einer Auflage von 4,8 Millionen im ganzen Bundesgebiet 4,2 Millionen Stück in einem einzigen Verlag erscheinen. Da haben Sie die Konzentration.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Wenn das keine Konzentration ist, meine Kollegen, dann frage ich: Was ist noch Konzentration?! Wir können doch an diesen Dingen nicht vorbeigehen. Und schließlich: betrachten Sie die Situation bei den Illustrierten!
    Es wird immer der Anschein erweckt, beim Fernsehen könne der kleine und mittlere Unternehmer nicht werben, weil er die Preise nicht bezahlen könne. Zu den Preisen muß daher auch etwas gesagt werden, denn wir wollen doch hier nicht Nebel abblasen, meine Kollegen. Bei den Preisen sieht es konkret so aus: Eine Seite in der „Bild-Zeitung" kostet 116 000 DM, eine Seite Buntdruck in „Hör zu" kostet 74 000 DM, eine Seite im „Stern" ohne Buntdruck 24 000 DM, mit Buntdruck wahrscheinlich 36 000 DM. Und nun die Situation im Fernsehen! Man muß doch die Dinge wirklich objektiv sehen. Hier spricht ein Werbefachmann. Ich betreibe eine Werbeagentur. Ich muß mit allen Medien arbeiten. Ich muß also objektiv sein.

    (Heiterkeit.)

    Ich kann Ihnen sagen: eine Seite in einer Zeitung entspricht etwa einem 30-Sekunden-Spot im Fernsehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Herr Zoglmann, was kostet das wohl im „Spiegel"?)

    Ein 30-Sekunden-Spot im Westdeutschen Rundfunk kostet 12 000 DM, und ein 30-Sekunden-Spot im Berliner Rundfunk kostet 2150 DM. Das also zur Objektivierung. Lassen Sie sich doch nicht von irgendwelchen Leuten irgendwelche Zahlen auf den Tisch legen, damit Sie sie hier völlig unkontrolliert weitergeben.
    Wenn Untersuchungen über die Konzentration und die Verschiebung angestellt werden sollen, dann muß auch der Bereich der Konzentration innerhalb der Presse selbst einer sehr aufmerksamen Prüfung unterzogen. werden. Das Abwandern von den objektiven, seriösen regionalen Tageszeitungen zur illustrierten Presse — ein Komplex für sich — ist allein schon der Untersuchung wert. Selbstverständlich muß auch die Situation in den Anstalten einbezogen werden.
    Lieber Kollege Martin, ich bin immer ein Praktiker in meinem Leben gewesen. Mir reicht es nicht zu sagen, das gehe gegen die roten Funkhäuser, daher müsse man etwas machen.

    (Heiterkeit.)

    Ich bin auch gegen die roten Funkhäuser, — damit kein Irrtum entsteht. Meine Kollegen von der SPD, ich bin ganz energisch gegen die roten Funkhäuser. Aber wir können nicht das falsche Pferd aufzäumen; wir müssen da ansetzen, wo ein Ansatz wirklich möglich ist.
    Und nun kommen wir zu einem sehr interessanten Problem. Mit Ihrer Hilfe, mit Hilfe der CDU, ist hier vor wenigen Jahren ein Rundfunkgesetz



    Zoglmann
    verabschiedet worden. Hinterher hat sich dann der Herr Bundeskanzler, wie Sie wissen, mit der Deutschland-Fernsehen-GmbH eingeschaltet, ganz im Gegensatz zu dem, was meine Freunde und ich vorgetragen haben. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, die Dinge richtig 21.1 regeln: ähnlich wie in England, wo die BBC ohne Werbung nur mit Gebühren finanziert wird und wo daneben ein zweites Fernsehen, kontrolliert, besteht — die ITA —, das sich allein aus Werbung finanziert. Wer die Werbung nicht haben will, .dreht das andere Programm an. Das wäre eine Möglichkeit gewesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dazu war es zu spat!)

    — Was heißt „zu spät" ? Wir sind noch alle hier, wir können noch springen, wenn wir wollen, wir können das organisieren, und wir werden sehen, wohin wir dabei kommen. Diese Dinge mußte ich Ihnen, glaube ich, zur Verdeutlichung und zum Abblasen dieses Nebels sagen.
    Lieber Kollege Zimmermann, Sie haben vorhin eingewendet, die Anstalten zahlten keine Steuern. Dazu ist zu sagen — ich habe hier eine Unterlage einer einzigen Anstalt, und zwar des Südwestdeutschen Rundfunks —, ,daß der Südwestdeutsche Rundfunk allein im Jahre 1962 für seine Werbefernsehen-GmbH etwas über vier Millionen DM an Steuern bezahlt hat, — wie jeder andere Betrieb auch. Es hat doch keinen Sinn, über diese Dinge hinwegzugehen. Hier stehen Sie vor Fakten, die eben nicht, jedenfalls ,auf die Dauer nicht, mit Erfolg in ein anderes Licht gebracht werden können.