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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag 92. Sitzung Bonn, den 24. Oktober 1963 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4231 A Fragestunde (Drucksache IV/1541) Frage des Abg. Fritsch: Familienausgleichskasse des nordwestdeutschen Baugewerbes in Berlin Dr. Claussen, Staatssekretär . 4231 B, D, 4232 A Langebeck (SPD) 4231 C Gerlach (SPD) 4232 A Frage ,des Abg. Fritsch: Erwerbsunfähigkeitsrente in der Rentenversicherung Dr. Claussen, Staatssekretär . . 4232 B Langebeck (SPD) 4232 B Frage der Abg. Frau Meermann: Teilzeitbeschäftigung und Rentenansprüche Dr. Claussen, Staatssekretär . . 4232 C, D Frau Meermann (SPD) 4232 D Frage der Abg. Frau Meermann: Informationsmappe „Schwarz auf weiß" und neues Mietrecht Lücke, Bundesminister 4232 D, 4233 B, C, D, 4234 A, B Frau Meermann (SPD) 4233 A Jacobi (Köln) (SPD) . . . . . 4233 B, C Geiger (SPD) 4233 C Börner (SPD) 4233 D Büttner (SPD) 4234 A Frau Dr. Kiep-Altenloh (FDP) . . 4234 B Frage des Abg. Hammersen: Zweites Wohnungsbaugesetz Lücke, Bundesminister . . . 4234 C, D, 4235 A, B Hammersen (FDP) . . . 4234 D, 4235 A Jacobi (Köln) (SPD) . . . . 4235 A, B Frage des Abg. Hammersen: Förderung des Fertigbaues Lücke, Bundesminister . 4235 C, 4236 B Hammersen (FDP) . . . . . 4236 A, C Frage des Abg. Jacobi (Köln) : Bestimmungen gegen Mietwucher Lücke, Bundesminister . . . . . 4236 D, 4237 C, D, 4238 A, C Jacobi (Köln) (SPD) . . 4236 D, 4237 B Hammersen (FDP) . . . . . . . 4237 C Wehner (SPD) . . . . . . . 4238 A, B Frau Meermann (SPD) . . . . 4238 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1963 Frage des Abg. Jacobi (Köln) : Verhalten gegenüber Mietwucherern Lücke, Bundesminister . . . . . 4238 D, 4239 A, B, C, D, 4240 A Jacobi (Köln) (SPD) . . . . . . 4239 A Mick (CDU/CSU) . . . . . . . 4239 B Frau Berger-Heise (SPD) . . . . . 4239 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 4239 D Büttner (SPD) . . . . . . . . 4240 A Frage der Abg. Frau Meermann: „Angemessen erhöhte" Miete Lücke, Bundesminister 4240 B Frau Meermann (SPD) 4240 B Frage des Abg. Wegener: Ehemalige Meierei-Kasernen im Landkreis Detmold Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4240 C Fragen des Abg. Felder: Rückgabe von Kunstschätzen Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4240 D, 4241 B, C Felder (SPD) . . . . . . . 4241 A, C Frage des Abg. Sander: Gutachten betr. Grundbesitz der Salzgitter-AG Dr. Dollinger, Bundesminister . . . 4241 D, 4242 A Sander (FDP) 4241 D, 4242 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Mehrleistungen bei der Deutschen Bundesbahn Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 4242 B, D, 4243 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 4242 D, 4243 A Frage des Abg. Regling: Eisbrecher im Ostseeraum . . . . . 4243 A Frage des Abg. Müller-Hermann: Kauf eines Eisbrechers Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 4243 B, C, D Müller-Hermann (CDU/CSU) . . . 4243 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 4243 D Schriftlicher Bericht (des Außenhandelsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats der EWG zur Änderung der Verordnung Nr. 54 des Rats in bezug auf die Festsetzung der Prämiensätze und der Abschöpfungsbeträge im voraus bei Getreideeinfuhren aus dritten Ländern (Drucksachen IV/1547, IV/1556) . . . . 4244 A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 4244 B Vizepräsident Dr. Jaeger . . . 4248 A Erler (SPD) 4257 A Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 4258 B, 4274 A Dürr (FDP) (gem. § 36 GO) . . . . 4275 B Freiherr von Kühlmann-Stumm (FDP) 4275 C Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundeskanzler 4284 D Nächste Sitzung 4287 C Anlagen 4289 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1963 4231 92. Sitzung Bonn, den 24. Oktober 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
    2. folderAnlagen
      Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 92. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1963 4289 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt his einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aligner 8. 11. Dr. Aschoff 9. 11. Dr. Arndt (Berlin) 31. 12. Dr. Atzenroth 27. 10. Dr. Barzel 25. 10. Berlin 20. 11. Biermann 26. 10. Fürst von Bismarck 25. 10. von Bodelschwingh 26. 10. Buchstaller 31. 10. Dr. Burgbacher 31. 10. Dr.. Danz 24. 10. Deringer 25. 10. Dr. Dörinkel 25. 10. El. ren 4. 11. Eisenmann 25. 10. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 25. 10. Frau Geisendörfer 26.10. Gewandt 8. 11. Dr. Gleissner 25. 10. Goldhagen 16. 11. Haage (München) 25. 10. Hahn (Bielefeld) 8. 11. Frau Dr. Heuser 25. 10. Hoogen 25. 10. Dr. Haven 25. 10. Kahn-Ackermann 15. 11. Kalbitzer 25. 10. Dr. Kempfler 25. 10. Frau Klee 24. 10. Koenen (Lippstadt) 31. 10. Dr. Kreyssig* 24. 10. Dr. Mälzig 25. 10. Margulies 4. 11. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 25. 10. Metzger 14. 11. Missbach 25. 10. 011enhauer 31. 12. Frau Pitz-Savelsberg 25. 10. Frau Renger 24. 10. Richarts* 25. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Ruland 25. 10. Schlee 25. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 25. 10. Schoettle 31. 10. Schultz 24. 10. Spitzmüller 24. 10. Frau Strobel 25. 10. Weber (Georgenau) 15. 11. Weinkamm* 25. 10. Werner 10. 11. b) Urlaubsanträge Fritsch 30. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Schwarz vom 22. Oktober 1963 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dürr zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Schultz **). Die Beratungen der Regierungssachverständigen der Mitgliedstaaten über eine Gemeinschaftsregelung für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete, die nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 24 vom 9. April 1962 der Rat erläßt, sind vor ca. einem Jahr aufgenommen worden. Bisher konnte jedoch über die von der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorgelegten Entwürfe nicht in allen Punkten eine Einigung erzielt werden. Nach Auskunft des zuständigen Referenten der Kommission wird diese in Kürze dem Rat einen Verordnungentwurf vorlegen. Die noch offenstehenden Fragen sollen bei der Beratung des Entwurfs vom Rat entschieden werden. Es kann daher damit gerechnet werden, daß der Rat in absehbarer Zeit eine Gemeinschaftsregelung für Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete erläßt. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments. **) Siehe 84. Sitzung Seite 4103 C.
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      Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)





    Rede von Dr. Richard Jaeger
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    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
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      Rede von Dr. Heinrich von Brentano


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)


      (Beifall bei der CDU/CSU.)


      (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)




      Hier ist der Platz für eine Feststellung, die ich ohne jede polemische Gesinnung und ohne Selbstgefälligkeit treffe: es war vielleicht die größte Leistung dieses Kanzlers, daß er alle diese schwerwiegenden und tiefgreifenden Entscheidungen vorbereiten und durchführen konnte mit dem Ergebnis, daß heute auch die Opposition sich zu den gemeinsamen Leitsätzen der deutschen Außenpolitik bekennt.

      (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Unruhe bei der SPD.)

      Es gibt heute keinen Streit mehr darüber, daß der Weg zur Wiedervereinigung des deutschen Volkes über die Einigung Europas führt. Es gibt keine Differenzen mehr darüber, daß der Platz des freien deutschen Volkes — heute der Bundesrepublik, morgen des gesamten deutschen Volkes — immer und endgültig an der Seite der freien Welt sein wird.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Es gibt keine leidenschaftliche Diskussion mehr darüber, daß wir berechtigt sind, die bedrohte Freiheit zu schützen und dafür auch Opfer zu bringen.
      Aber es waren nicht, wie manchmal kritisch oder abwertend gesagt wurde, die einsamen Beschlüsse eines eigenwilligen Politikers. In den vierzehn Jahren haben wir miteinander gerungen. Es gab Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Regierungschef und seinen Mitarbeitern. Es gab leidenschaftliche Diskussionen in der eigenen Fraktion und in den anderen Fraktionen dieses Hohen Hauses. Es gab harte Kämpfe in den Ausschüssen und im Plenum. Oft schien es, daß die öffentliche Meinung dieser deutschen Politik des Bundeskanzlers Adenauer nicht folgen wolle oder nicht folgen werde. Aber immer wieder hat das deutsche Volk diese Politik gutgeheißen und bestätigt. Und viermal hat der Bundestag ihm das höchste Amt anvertraut, das er zu vergeben hatte. Nach sorgfältiger Überlegung kann ich für mich und wohl auch für alle meine politischen Freunde sagen, daß wir uns auch heute zu jeder der weittragenden Entscheidungen bekennen, die wir gemeinsam mit Ihnen, Herr Adenauer, getroffen haben.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      In Ihrer ersten Regierungserklärung haben Sie es als Ihr Ziel bezeichnet, daß es mit Gottes Hilfe gelingen werde, das deutsche Volk aufwärts zu führen und beizutragen zum Frieden in Europa und in der Welt. Und ein andermal sagten Sie:
      Ich habe den Wunsch, daß später einmal von mir gesagt werden kann, ich hätte meine Pflicht getan.
      Ich glaube, daß Ihre Hoffnung sich verwirklicht hat und daß die Geschichte Ihnen das Zeugnis ausstellen wird, das Sie von ihr erbitten.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      In seiner Regierungserklärung hat Bundeskanzler Erhard die Entwicklung unseres jungen Staates in den Nachkriegsjahren in unsere Erinnerung zurückgerufen. Mit Recht hat er in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß eine demokratische Ordnung einer verantwortungsbewußten öffentlichen Kritik bedarf und daß in ihr auch die innere Beteiligung des Staatsbürgers am politischen Geschehen zum Ausdruck kommt. Ich möchte diese Feststellung, der ich voll beipflichte, noch ergänzen.
      Das Grundgesetz der Bundesrepublik ist in seinem Entstehen und in seinem Inhalt weitgehend bestimmt von den traurigen Erfahrungen des deutschen Volkes in der zurückliegenden Zeit. Wir alle, die wir am Grundgesetz mitgearbeitet haben, haben uns bemüht, die parlamentarisch-demokratische Kontrolle in allen Bereichen gegenüber der Exekutive auszubauen und verfassungsrechtlich zu verankern. Ich glaube, daß man ohne Übertreibung sagen kann, daß wenige Verfassungen so perfektionistisch entwickelt sind, und daß darum auch der Feststellung, daß die Verfassung ein Höchstmaß an rechtsstaatlichen Garantien vermittelt, ernsthaft nicht widersprochen werden kann. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in vollem Umfange gewährleistet.
      In zahlreichen Entscheidungen haben die obersten Bundesgerichte ihre politische Unabhängigkeit immer wieder bewiesen — natürlich nicht immer mit der uneingeschränkten Zustimmung dessen, der bei der juristischen Verfolgung seiner politischen Ziele unrecht behielt. Aber ich glaube, daß ich es schon als eine erfreuliche Tatsache bezeichnen kann, daß die grundlegenden Entscheidungen der obersten Bundesgerichte nicht gescholten, sondern respektiert wurden.

      (Lachen des Abg. Wehner.)

      — Das schließt natürlich eine sachliche Diskussion über den Rechtsgehalt der einen oder anderen Entscheidung nicht aus, um so mehr, als auch das Recht in einer ständigen Fortentwicklung begriffen ist, Herr Kollege Wehner.

      (Abg. Wehner: Das paßt so gut zu Ihrer Dithyrambe von vorhin!)




      Dr. von Brentano
      — Wir können über diese Dinge gern anschließend
      noch eine lange grundsätzliche Diskussion führen.
      In den letzten Wochen ist wieder einmal eine Diskussion über den Begriff der Rechtsstaatlichkeit und die Grenzen der Staatsgewalt entstanden, die bedauerlicherweise nicht von dem Verantwortungsbewußtsein getragen war, die ein solches Gespräch voraussetzt.

      (Sehr gut! in .der Mitte.)

      Eine illustrierte Zeitung brachte in großer Aufmachung einen alarmierenden Bericht über die unzulässigen Eingriffe des Verfassungsschutzamtes in die Privatsphäre der Bürger. Die Bereitschaft, diese Behauptungen als wahr zu unterstellen, war sonderbar, aber auch besorgniserregend. Inzwischen hat sich eine Kommission der drei Fraktionen 'des Bundestages mit dem Tatbestand beschäftigt und hat zu den konkreten Vorwürfen festgestellt:
      Unbeschadet der unterschiedlichen Auffassungen über die Rechtsgrundlagen und den Umfang der alliierten Vorbehaltsrechte auf dem Gebiet der Post- und Fernmeldeüberwachung und ihre Auswertung durch deutsche Stellen, wird festgestellt, daß sich aus den vorgelegten Unterlagen kein Anhalt für die Annahme eines Mißbrauchs in der innerpolitischen Auseinandersetzung ergeben hat.

      (Abg. Dorn: Das haben wir vor dem Erscheinen dieses Artikels festgestellt, Herr von Brentano!)

      — Ich rede vom ersten Artikel. Jetzt kommt der zweite Artikel.

      (Heiterkeit bei der SPD.)

      Es kommt noch einer. Sie haben ganz recht.
      Kurze Zeit darauf beschäftigte sich eine Fernsehsendung mit der angeblichen Telefonüberwachung im Deutschen Bundestag. Ich möchte auf Einzelheiten nicht mehr eingehen; denn der verantwortliche Intendant hat 'sich bei dem Herrn Bundestagspräsidenten ausdrücklich entschuldigt

      (Hört! Hört! bei der FDP)

      und auch gewisse personelle Konsequenzen gezogen. Aber ich erwähne diese Sendung deswegen, weil sie zeigt, in welcher Weise die öffentliche Meinung durch eine verantwortungslose, bewußt verlogene Berichterstattung verwirrt werden kann, — und vielleicht auch verwirrt werden soll.

      (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP. — Zuruf des Abg. Mattick.)

      Nur ein Bruchteil des Personenkreises, der eine solche Sendung sah, kennt die korrekte Entschuldigung des zuständigen Intendanten, und nach dem Grundsatz „semper aliquid haeret" glauben auch heute noch unzählige Staatsbürger, daß an der Sache doch etwas gewesen sei und man vielleicht diejenigen in die Wüste geschickt 'habe, die den Mißstand aufgezeigt haben.
      Inzwischen sind neue Vorwürfe erhoben worden. Sie bedürfen der Klärung, und ich denke gar nicht daran, sie zu bagatellisieren. Die sozialdemokratische Fraktion hat die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt. Schon vorher hatte der Innenminister einen angesehenen unabhängigen Juristen beauftragt; uns scheint das der richtigere Weg zu ein. Aber ich möchte heute schon klarstellen, daß wir uns vorbehalten, das Beweisthema des Untersuchungsausschusses zu ergänzen, und daß von unserer Seite aus alles geschehen wird, damit der Untersuchungsausschuß zügig arbeitet und seine Feststellungen binnen kürzester Frist dem Plenum vorlegt.

      (Beifall bei Iden Regierungsparteien.)

      Aber es sind weniger die Tatbestände, die mich in diesem Zusammenhang 'interessieren, als gewisse Begleitumstände, um so mehr, als ja der Sachverhalt in den beiden erstgenannten Fällen bereits weitgehend geklärt ist.
      Die beiden Informanten der illustrierten Zeitung waren Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes. Sie hatten das Recht, aber auch die Pflicht, sich an ihren dienstlichen Vorgesetzten, vielleicht auch an den zuständigen Minister zu wenden, wenn ihnen gesetzwidrige Handlungen zugemutet wurden oder sie von solchen erfuhren.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Diesen selbstverständlichen Weg sind sie nicht gegangen. Der eine verschwand von seiner Dienststelle, um dann bekanntzugeben, daß ihn die Gewissensnot getrieben habe; seine Angaben sind inzwischen 'widerlegt. Der andere schied schon etwa vor Jahresfrist aus seinem Angestelltenverhältnis aus. Auch ihn trieb dann eine offensichtlich sehr verspätete Gewissensnot zu einer illustrierten Zeitung.

      (Lachen bei der CDU/CSU.)

      Die notwendige Untersuchung sollte sich, wie ich meine, auch 'darauf erstrecken, wieweit in diesen Fällen die Erleichterung des Gewissens mit einer Honorarzahlung verbunden war.

      (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Honorare scheinen eine große Rolle zu spielen!)

      Eine solche Behandlung derartiger Vorgänge kann nicht 'im Interesse der Rechtsstaatlichkeit liegen.

      (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

      Ich habe persönlich auch kein Verständnis dafür, wenn der Vorsitzende eines parlamentarischen Ausschusses sich mit einem dieser sonderbaren Informanten heimlich am dritten Ort trifft.

      (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

      Das erinnert an billige Kriminalromane, aber das wird dem Ernst der Frage nicht gerecht.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Eine ähnliche Feststellung gilt auch für die schon erwähnte Fernsehsendung. Nachdem die Entschuldigung des Intendanten bekannt wurde, veröffentlichte eine Illustrierte den Namen des Informanten; es war kein anderer als der Sprecher der Sozialdemokra-



      Dr. von Brentano
      tischen Partei Deutschlands, der in einer gewundenen Erklärung am 7. Oktober die Vorwürfe zugeben mußte

      (Zuruf von der CDU/CSU: Andere waren es auch noch!)

      und sein tiefes Bedauern über die Folgen seiner Information aussprach. Er war es also, der die beispiellosen Angriffe gegen den Deutschen Bundestag zu vertreten hatte. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat ihm einen Tag später das volle Vertrauen ausgesprqchen.

      (Hört! Hört! bei ,der CDU/CSU.)

      Dieser Vorgang spricht für sich selbst und enthebt mich jeden Kommentars.

      (Beifall bei der CDU/CSU. — Unruhe bei der SPD.)

      Aber ich glaube doch, daß ich eine Warnung wiederholen sollte. Es ist erschreckend, aus manchen Äußerungen herauszulesen, wie gleichgültig zuweilen in der Diskussion das gemeinsame Sicherheitsinteresse der Bundesrepublik und ihrer Verbündeten behandelt wird.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Natürlich verlangen auch wir eine wirksame Kontrolle des Staates und seiner Behörden, damit Recht und Gesetz beachtet werden.

      (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

      Aber wir gießen Wasser auf die Mühlen unserer gefährlichsten Gegner, wenn wir so tun, als wäre unsere Freiheit von unserem Staat und von unseren Behörden bedroht.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Es kann zu unabsehbaren Konsequenzen führen, wenn wir auf diese Weise das Vertrauen in den eigenen Staat und in die eigenen Behörden erschüttern. Auch in einer freiheitlichen Ordnung hat der Staatsbürger nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Ich habe es begrüßt, daß Bundeskanzler Erhard ausdrücklich festgestellt hat, daß Freiheit mit Verantwortung gepaart sein muß, wenn sie nicht entarten soll. Einer der ersten, die nach dem Zusammenbruch wieder politische Verantwortung übernahmen, der damalige hessische Ministerpräsident Professor Geiler, hat — ich glaube, es war im Jahre 1946 — eine Broschüre veröffentlicht mit der Überschrift: „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit". Mir scheint, es wäre gut, wenn wir uns mit solchen Überlegungen auch einmal beschäftigen und Fragen dieser Art nicht zu einer parteipolitischen Polemik ausarten lassen würden.

      (Beifall bei der CDU/CSU. — Sehr wahr! bei der SPD.)

      Das Opfer einer solchen Entwicklung wären wir alle, meine Damen und Herren: der demokratische Staat und seine Bürger.

      (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Wer hat dich denn heute morgen geärgert?)

      — Meine Damen und Herren, ich weiß, daß Sie gewisse Dinge nicht gern hören, aber ich werde fortfahren.

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Wie ist eigentlich das, was sich in dieser Woche im Bundestagsausschuß für Immunität ereignet hat, mit dem lauten Bekenntnis der Opposition zum Rechtsstaat zu vereinbaren?

      (Beifall bei der CDU/CSU.)

      Am 20. Mai übermittelte der Bundesminister der Justiz dem Bundestagspräsidenten einen Antrag des Generalbundesanwalts auf Aufhebung der Immunität der sozialdemokratischen Abgeordneten Merten und Jahn. Der Tatbestand ist bekannt. Zwei vertrauliche bzw. geheime Sitzungsprotokolle des Verteidigungsausschusses vom 10. Mai und 29. Juni wurden bei beschlagnahmten Unterlagen des Spiegels gefunden; es unterliegt keinem Zweifel, daß es sich um Photokopien von Sitzungsprotokollen handelte, die dem stellvertretenden Vorsitzenden Merten zur Verfügung standen. Von einem der Protokolle hat der Herr Kollege Jahn zugegeben, daß er es dem Mitglied der Spiegel-Redaktion, Herrn Schmelz, überlassen habe. Bis zur Stunde weigert sich der Immunitätsausschuß, dem Antrag des Generalbundesanwalts stattzugeben.

      (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

      Der Ausschuß hat seine Entscheidung von der Vorlage von Akten der Bundesanwaltschaft abhängig gemacht. Dabei dürfte dem Ausschuß die grundsätzliche Entscheidung des 1. Strafsenats vom 20. Dezember 1960 bekannt sein, in der es heißt:
      Die Genehmigung zur Strafverfolgung wird für einen bestimmten geschichtlichen Vorgang erteilt. Diesen Vorgang hat das Gericht seiner Entscheidung so zugrunde zu legen, wie er sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. An die rechtliche Beurteilung, die die Strafverfolgungsbehörde bei ihrem Antrag auf Genehmigung der Strafverfolgung vertreten hat, ist das Gericht nicht gebunden.
      Der Immunitätsausschuß hat also selbstverständlich nicht zu prüfen, ob eine strafbare Handlung vorliegt;

      (Abg. Wehner: Was hat er aber?)

      er hat dem Antrag stattzugeben ohne Rücksicht darauf, ob der bestehende Verdacht ein Strafverfahren rechtfertigt. Denn erst nach der Aufhebung der Immunität können die Ermittlungen durchgeführt werden. Diejenigen, die verhindern, daß solche Ermittlungen durchgeführt werden, untergraben die bestehende Rechtsordnung.

      (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Was sagen Sie denn zu „außerhalb der Legalität"? Untergräbt das nicht die Rechtsordnung? — Abg. Wehner: Ein Abgrund von Untergrabung!)

      Das Parlament darf die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen einen Abgeordneten nur verweigern, wenn die Interessen des Parlaments auf Wahrung seiner Integrität gegenüber den Interessen der Rechtspflege an der Durch-



      Dr. von Brentano
      führung eines Strafverfahrens oder gegenüber den sonst auf dem Spiel stehenden Gemeinschaftsinteressen überwiegen.

      (Abg. Dr. Deist: Sehr richtig!)

      Es kann nicht ernsthaft bestritten werden, wie hier die Interessenlage ist. Wenn ich mir vorstelle, daß ein Antrag dieser Art gegen mich eingehen würde, dann würde ich mich nicht hinter dem Immunitätsausschuß verstecken, um eine Aufklärung zu verhindern; ich selbst würde hier im Plenum des Bundestages verlangen, daß die Immunität unverzüglich aufgehoben werde.

      (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Mommer: Das ist ja unzulässig, Herr von Brentano! — Lebhafte Zurufe von der SPD: Raus!)