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    Deutscher Bundestag 73. Sitzung Bonn, den 25. April 1963 Inhalt: Abg. Anders tritt in den Bundestag ein . . 3405 A Fragestunde (Drucksache IV/1193) Fragen des Abg. Kreitmeyer: Entseuchung des ehemaligen Schießplatzes Deutsch-Evern von Hassel, Bundesminister . . 3405 B, C, 3406 A, Kreitmeyer (FDP) . . . 3405 D, 3406 A Fragen des Abg. Rauhaus: Übungen der Stationierungsstreitkräfte in Erholungsgebieten von Hassel, Bundesminister . 3406 A, B, 3407 B Rauhaus (CDU/CSU) . . . . . . 3407 B Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Entlohnung von Arbeitern bei Bundeswehrbauten in Hechingen von Hassel, Bundesminister . 3407 C, D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) 3407 C, D Frage des Abg. Peiter: Aufenthaltskosten beim freiwilligen Ausbau eines deutschen Soldatenfriedhofs in Italien 3407 D Frage des Abg. Wittrock: Rechtsverordnung nach § 13 a Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes von Hassel, Bundesminister . . 3408 A Wittrock (SPD) 3408 A Fragen der Abg. Frau Blohm: Beförderung von Sendungen mit Arzneimitteln 3408 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Zustellungszeit von Postsendungen in München 3408 C Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus: Berechnung von Abkürzungen bei Drucksachen Stücklen, Bundesminister . . . . 3408 C, 3409 A, B, C Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 3408 D, 3409 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 3409 B Fragen des Abg. Hörmann (Freiburg) : Gebäude der ehemaligen Kreispflegeanstalt in Freiburg Qualen, Staatssekretär . . . 3409 C, D, 3410 A, B Hörmann (Freiburg) (SPD) 3409 D, 3410 B Frage des Abg. Freiherr von Mühlen: Wiederherstellung des Reichstagsgebäudes in Berlin Qualen, Staatssekretär . . 3410 B, C, D, 3411 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . 3410 C, D Ritzel (SPD) 3410 D, 3411 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 Fragen des Abg. Dr. Gleissner: Urteil des Bundesverfassungsgerichts betr. Gesetz zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3411 A, B Frage des Abg. Dr. Gleissner: Förderung von Abwässeranlagen mit ERP-Krediten Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3411 C, D Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . 3411 C Frage des Abg. Börner: Ölleitung durch den Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . 3411 D, 3412 A, B, C Börner (SPD) . . . . . . . . . 3412 A Dr. Schäfer (SPD) 3412 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . 3412 C Frage des Abg. Börner: Trinkwasser aus dem Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 3412 D, 3413 A, B Börner (SPD) . . . . . 3412 D, 3413 A Dr. Schäfer (SPD) 3413 A, B Frage des Abg. Börner: Verhinderung des Baues einer Ölleitung durch den Bodensee Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . 3413 C, D, 3414 A Börner (SPD) . . . . . 3413 D, 3414 A Frage des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Kariesbefall bei Kleinkindern und Jugendlichen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 3414 B Fragen des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Gesetzliche Regelung der Jugendzahnpflege Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . 3414 B, C, D Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . . 3414 B, C, D Frage des Abg. Faller: Typhus-Fälle im Bundesgebiet . . . 3414 D Frage des Abg. Faller: Untersuchung von Gastarbeitern aus typhusverdächtigen Gebieten . . . . 3415 A Frage des Abg. Faller: Arbeitskräfte aus Lecce . . . . . . 3415 A Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Haftbarmachung wegen der Typhuserkrankungen in Zermatt . . . . . 3415 B Frage des Abg. Bauknecht: Gefrierhühnchensendung aus USA Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . 3415 C, D, 3416 A, B, C, D Bauknecht (CDU/CSU) . . . . 3415 C, D Bewerunge (CDU/CSU) 3415 D Dr. Reinhard (CDU/CSU) . . . . 3416 A, B Dr. Dr. h. c. Dresbach (CDU/CSU) . 3416 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 3416 C Frage des Abg. Bauknecht: Salmonellenfreie Futtermittel Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . 3416 D, 3417 A Bauknecht (CDU/CSU) 3417 A Frage des Abg. Bauknecht: Schutz vor Schädigung durch Salmonellen bei der Hühnereinfuhr Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . . . . . . . 3417 A Änderung der Tagesordnung . . . . . 3417 B Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über die Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung des deutschen Zolltarifs 1962 (Gemüse) (Drucksachen IV/1195, IV/1202) . . . . . . . . . 3417 B Entwurf eines Gesetzes zu der Gemeinsamen Erklärung und zu dem Vertrag vom 22. Januar 1963 mit der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit (Drucksache IV/1157) — Erste Beratung — Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 3417 C Majonica (CDU/CSU) 3419 C Wehner (SPD) 3424 B Dr. Mende (FDP) . . . . . . 3434 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 3438 A Birkelbach (SPD) 3441 D Margulies (FDP) . . . . . . . 3443 D Nächste Sitzung 3445 C Anlagen 3447 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 3405 73. Sitzung Bonn, den 25. April 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 14.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Anders 25. 4. Dr. Artzinger 26. 4. Dr.-Ing. Balke 25. 4. Bazille 14. 5. Berlin 25. 4. Blachstein 25. 4. Dr. Böhm (Frankfurt) 30.4. Corterier 30.4. Dr. Danz 25. 4. Ehren 29.4. Eisenmann 26. 4. Erler 26. 4. Ertl 25. 4. Etzel 25. 4. Even (Köln) 18. 5. Faller * 26. 4. Figgen 15. 6. Franke 27. 4. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 26. 4. Funk (Neuses am Sand) 25. 5. Freiher zu Guttenberg 25. 5. Haage (München) 7. 5. Hansing 26. 4. Dr. Hauser 25. 4. Hellenbrock 27. 4. Herold 26. 4. Höfler 26. 4. Hufnagel 26.4. Jacobs 27. 4. Dr. Jaeger 26. 4. Jaksch 26. 4. Keller 3. 5. Frau Kipp-Kaule 26. 4. Dr. Kliesing (Honnef) 26. 4. Frau Krappe 26. 4. Kraus 26. 4. Kriedemann * 26. 4. Frau Dr. Kuchtner 26.4. Leber 25.4. Lenz (Brühl) 25.4. Lohmar 30. 4. Dr. Löhr 25.4. Lücker (München) 25. 4. Mattick 25. 4. Mauk * 25. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 10. 5. Dr. Menzel 26. 4. Dr. Miessner 25. 4. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 13. 5. Dr. Mommer 26.4. Müller (Berlin) 26. 4. Müller (Remscheid) 25. 4. Müser 27. 4. Neumann (Allensbach) 25. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischer Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Pannhoff 26. 4. Paul 26. 4. Peters (Norden) 19. 5. Pöhler 25. 4. Ramms 26. 4. Riegel (Göppingen) 26. 4. Schlick 26. 4. Soetebier 25. 4. Dr. Starke 13. 5. Storch * 25. 4. Frau Strobel * 26. 4. Frau Vietje 31. 5. Werner 30. 4. Zoglmann 31. 5. Zühlke 30. 4. b) Urlaubsanträge Maier (Mannheim) 3. 5. Wittmer-Eigenbrodt 31. 7. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Dr. Heck vom 24. April 1963 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter - (Drucksache IV/1193) - Frage V *). Stehen für Jugendgruppen, die beim Ausbau deutscher Kriegerfriedhöfe freiwillig Arbeit leisten, Geldmittel zur Verfügung? „Die Betreuung von Kriegsgräbern im Ausland durch Jugendgruppen gehört nach den Richtlinien für den Bundesjugendplan zu den förderungswürdigen Maßnahmen im Rahmen des Programms „Internationale Jugendbegegnung". Für diese Maßnahme ist jährlich ein Betrag von rund 300 000 DM zur Verfügung gestellt worden. Im Jahre 1962 wurden 63 Maßnahmen mit 5141 jugendlichen Teilnehmern gefördert. Es ist beabsichtigt, im laufenden Rechnungsjahr die Kriegsgräberbetreuung in erweitertem Umfange zu fördern. Träger dieser Maßnahmen ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Die Aktion steht unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern". Es hat sich gezeigt, daß diese Aktion auch für die internationale Verständigung von großer Bedeutung ist. In vielen Fällen ist es den Jugendlichen gelungen, durch die Pflege deutscher Kriegsgräber noch bestehende Ressentiments zu überwinden, enge menschliche Kontakte herzustellen und innerhalb der jungen Generation das europäische Bewußtsein zu vertiefen." *) Siehe 72. Sitzung Seite 3311 A 3448 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 25. April 1963 Anlage 3 Erklärung des Abg. Seuffert für die Fraktion der SPD zur Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine vom Rat der EWG zu erlassende Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Umsatzsteuern (Drucksachen IV/850, IV/ 1179).*) Auch die sozialdemokratische Opposition begrüßt es, daß wir mit diesem einstimmigen Beschluß in die Verhandlungen über den Richtlinienvorschlag der Kommission der EWG eintreten, mit dem der erste Schritt zur unerläßlichen Steuerharmonisierung im gemeinsamen Markt eingeleitet wird. Wir begrüßen es, daß dieser Vorschlag in Richtung auf eine wettbewerbsneutrale Umsatzsteuer geht, ein Ziel, zu dem sich dieses Haus ebenfalls einstimmig, nunmehr einschließlich der Regierung bekannt hat und in dem wir also auch mit der Kommission übereinstimmen. Unser Beschluß sieht in zwei Punkten eine Abweichung von dem Vorschlag der Kommission vor. Wir halten einen mehrmaligen Systemwechsel, wie er sich aus dem ursprünglichen Vorschlag fast zwangsläufig ergeben müßte, für nicht tragbar; der Termin vom 30. 6. 1964, bis zu welchem wir die Grundzüge des künftigen gemeinsamen Systems erwarten möchten, ist mit unseren eigenen Vorstel- *) Siehe 72. Sitzung Seite 3396 A lungen über den Zeitpunkt unserer Umsatzsteuerreform abgestimmt und beweist die Dringlichkeit, die wir dieser Sache beimessen. Wir sind ferner der Ansicht, daß die Beseitigung der Steuergrenzen nicht zu einem fernen und unbestimmten, sondern zu einem nahen und bestimmten Zeitpunkt vorgesehen werden muß. Bei Steuergrenzen in einem herstellenden gemeinsamen Markt handelt es sich nicht, wie bei den Außengrenzen eines autonomen Marktes, einfach um den Ausgleich zwischen einheimischer und importierter Ware. Solange solche Steuergrenzen innerhalb eines gemeinsamen Marktes noch bestehen — erst wenn sie beseitigt sind, ist wirklich ein gemeinsamer Markt entstanden —, würde es sich hier um den Ausgleich der verschiedenen Steuerbelastungen in den Mitgliedsländern handeln müssen. Wenn deswegen der Maßstab der Ausgleichsmaßnahmen nur aus der Steuerbelastung im Ausgangsland und nicht auch aus ihrer Differenz zur Belastung im Eingangsland genommen wird, entstehen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsländern. Letzten Endes wird es sich hier nicht um isolierte Fragen der Umsatzsteuer, sondern um eine Angleichung der Finanzsysteme überhaupt handeln müssen — eine schwierige und langwierige Aufgabe, die aber unerläßlich ist, wenn schließlich ein gemeinsamer Markt wirklich entstehen und Europa seine endgültige Form erhalten soll. Wir begrüßen den Richtlinienvorschlag als Anfang auf diesem Wege und glauben, daß es ein guter Beitrag auf dem Wege au Europa sein wird, wenn den Änderungen, die unser Beschluß vorschlägt, Rechnung getragen wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erwin Schoettle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Aigner?


Rede von Dr. Heinrich Aigner
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Wehner, wollen Sie mit diesen Zitaten sagen, daß alle Impulse zur weiteren Integration Europas nur innerhalb der Römischen Verträge erfolgen dürfen, auch wenn sie diese Verträge nicht berühren?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Hier geht es um Gemeinschaften, wie wir sie nie früher gehabt haben und deren Methoden, Institutionen und Verfahrensregeln —ich sage es in meinen Worten — zu hüten sind wie der Augapfel.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das schließt keinerlei Initiativen aus. Das schließt aber alles aus, was diese Gemeinschaften und das, was durch sie erreicht worden ist, rückläufig machen oder gar gefährden könnte.
    Der Botschafter der Französischen Republik, de Margerie, hat, wie ich hörte, im Rundfunk gesagt, daß ja auch andere sich anschließen könnten. Ist damit gemeint, daß entsprechend diesem Vertrag, der mit Frankreich geschlossen worden ist, andere Verträge, z. B. ein ähnlicher Vertrag mit Großbritannien oder mit Holland, mit Italien, mit Luxemburg, mit Belgien, sollen geschlossen werden können? Ist das wirklich gemeint? Das möchten wir gerne wissen. Welche Folgen es hätte, wenn viele solcher bilateraler Verträge mit diesem Konsulationsinhalt geschlossen würden, das hat ja der Präsident der Europäischen Kommission gesagt: Man könnte sich und das Ganze nur retten, wenn man das dann weder logischerweise, wo es hingehört, in die Organe und in den Schoß der Gemeinschaft zurückführte. Aber will jemand sagen — und die Antwort ist die Antwort auf eine bohrende Frage —, es sei ja gar nicht drin oder es sei ja gar nicht erstrebenswert, daß viele solche Verträge zu diesem einen kommen? Dann müssen Sie sich entscheiden, was Sie wollen, ob Sie Exklusivität wollen, ob Sie



    Wehner
    den Verdacht der anderen Partner in der Gemeinschaft wollen, daß hier durch das Zusammenlegen dessen, was zwei — und in diesem Falle zwei der leistungsfähigsten, auch der größten — Partner der Europäischen Gemeinschaft haben und sind, doch eine völlige Veränderung der Gewichte in der Gemeinschaft entstehen könnte. Niemand wird das wollen, dem die Gemeinschaften am Herzen liegen.
    Aber zurück zu der Frage: Ist es gewollt — so wie es dem französischen Botschafter in den Mund gelegt worden ist —, daß sich auch andere anschließen oder daß ähnliche Verträge mit ihnen geschlossen werden können? — Wenn das so ist, dann möchten wir gerne wissen, ob dann ein Vetorecht wieder das Anschlußbestreben eines anderen zunichte machen kann. Wir würden jedenfalls gerne in Kauf nehmen, auf dem Umweg über ähnliche Verträge, Parallelverträge oder Anschlußverträge zu diesem, schließlich dazu zu kommen, daß, wie es Hallstein richtig gesagt hat, die Dinge wieder in die Gemeinschaft zurückgeführt werden müssen. Denn das Wichtigste, was in Europa geschaffen worden ist, sind diese Europäischen Gemeinschaften. Sie hätten aus Gründen der Wirtschaft und aus sozialen wie aus politischen Notwendigkeiten geschaffen werden müssen, auch wenn der Ost-West-Konflikt nicht bestünde. Aber infolge des Ost-West-Konflikts und seiner alles beherrschenden und verfärbenden Bedeutung sind diese Gemeinschaften für uns geradezu lebenswichtig.
    Und Tatsachen: England hat, obwohl es zehn Jahre lang in Unentschlossenheit und manchmal auch in Opposition gegenüber der Europäischen Gemeinschaft verharrt hat, nun den Beitritt als gleichberechtigtes Mitglied gewünscht und ist bereit, den Vertrag von Rom anzuerkennen, andere — Dänemark, Norwegen, Irland — auch. Andere wollen in ein Assoziationsverhältnis treten: Schweden, Schweiz, Österreich.
    Weitere Tatsachen: Der sowjetische Ministerpräsident Chruschtschow hat in einer Zeitschrift, die den langen Titel trägt „Probleme des Friedens und des Sozialismus", geschrieben:
    Wir tragen den sachlichen Bestrebungen zur Internationalisierung der Produktion, die in der kapitalistischen Welt wirksam sind, Rechnung, und wir bestimmen danach unsere Politik und treffen die entsprechenden wirtschaftlichen Maßnahmen. Hier ergibt sich die Frage der Möglichkeit eines friedlichen wirtschaftlichen Wettbewerbs nicht nur zwischen den Staaten mit unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen, sondern auch zwischen den wirtschaftlichen Zusammenschlüssen, denen die verschiedenen Länder angehören.
    Ich zitiere das, weil ich damit sagen will: Die Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der übrigen Gemeinschaften hatte schon ein Niveau erreicht, das sogar die Auguren jener Seite zu solchen Feststellungen nötigt — und wer sich mit den Einzelheiten befaßt hat, kann das nachprüfen und hat es nachgeprüft; es ist eine ganze Literatur auf der anderen Seite schon erschienen —,
    wie ich sie eben mit dem Zitat des sowjetischen Ministerpräsidenten wiedergegeben habe. Es ist mit Recht anzunehmen gewesen, wie es zum Beispiel das Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa erklärt hat, daß die Entwicklung der KubaFrage und der Fortschritt des Gemeinsamen Marktes, die Chruschtschow einen neuen Ton in seinen Erklärungen über die europäische Einigung anschlagen ließen, Anlaß zu gewissen Hoffnungen auf eine Änderung der Beziehungen zwischen dem Osten und dem Westen geben.
    Ich teile die Überzeugung, daß es bei dem europäischen Zusammenschluß und bei allem, was ihn betrifft oder was seinen Charakter ändern könnte, um etwas Lebenswichtiges im Westen geht. Um diesen großen Zusammenschluß des Westens zu bekommen, bedarf es als Grundlage einerseits eines Vereinigten Europas einschließlich Englands und andererseits der Vereinigten Staaten. Die Sowjetunion, die vielleicht ebensowenig wie der Westen Krieg wünscht, muß durch das tatsächliche Bestehen eines Westens, den sie nicht auseinanderdividieren kann, in eine Lage gebracht werden, oder, vorsichtiger gesagt, kommen können, in der auch die Fragen, die zur Abrüstung gehören, mehr und anderes als nur Propaganda sein können.
    Aber ein solches Abkommen wird erst möglich sein — hier teile ich ausdrücklich die Meinung, die wir auch in einer entsprechenden Erklärung des Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa niedergelegt haben —, wenn die sowjetische Seite überzeugt sein muß, daß die Einheit des Westens unumstößlich besteht. Solange aber der Westen den Eindruck erweckt, daß seine Spaltung möglich ist, wird die Sowjetunion nicht zu Abkommen geneigt sein, da sie dann stets in dem Glauben leben wird, sie könne das Gleichgewicht in der Welt stören oder gar zerstören.
    Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das, was mit diesem Vertrag und mit seinen Auswirkungen auf die bestehenden europäischen Gemeinschaften, ihre Substanz, zu prüfen ist, von erheblicher Bedeutung. Es geht um mehr als um mehr oder weniger technische Streitfragen, wie die europäische Zusammenarbeit und die Vereinigung Europas zustande zu bringen oder zu entwickeln ist. Es geht um den Zusammenhalt des Westens und damit um die Frage der Sicherung des Friedens in Freiheit.
    Der frühere amerikanische Außenminister Dean Acheson— ich habe einmal gehört, der Herr Bundeskanzler habe gesagt: Ja, auf den kann man hören, denn der ist ein harter Mann — hat in einer Rede vom 13. März, die Sie sich im Wortlaut beschaffen sollten, ohne Polemik, ohne Polemik zum deutsch-französischen Vertrag und ohne Polemik zu den Personen, die ihn unterzeichnet haben, deutlich gemacht, was das alles, was sich da, wie der Bundeskanzler sagte, zeitlich zusammenfallend ereignet hat, bedeuten kann. Was die wirtschaftliche Seite betrifft, hat er gesagt, daß der Gemeinsame Markt — .genau wie die Vereinigten Staaten — ein zu bedeutender Produzent und Verbraucher ist, um nur innerhalb seines eigenen Verbandes kaufen, verkaufen und verbrauchen zu können. Wenn man dies



    Wehner
    versuchen wollte, würde es die schlimmsten Konsequenzen für das eigene Gebiet und für die weiten Außenzonen der freien Welt haben, die vom Handel mit diesen beiden großen Märkten leben müssen. Er hat definiert, daß die amerikanische Politik gegenüber dem Gemeinsamen Markt seit seiner Gründung davon ausgegangen sei, daß ein solches Arrangement unter der Voraussetzung niedriger Außenzölle und anderer Chancen gut, bei hohen Barrieren dagegen schlecht sei; denn der Gemeinsame Markt wurde nicht als ein Instrument für die Abkapselung des europäischen Handels innerhalb eines geschlossenen Vereins unter französischer Hegemonie begründet, sondern als ein neuer großer Markt, der der Ausweitung des Handels auch aus weltoffenem Verantwortungsbewußtsein diene. In diesem Zusammenhang hat er auf das vom Kongreß verabschiedete Gesetz, Trade Expansions Act, das eine große Bedeutung hat, hingewiesen und hat gesagt, auf dieser Konzeption fuße dieses Gesetz, und niemand habe das besser formuliert — er beruft sich hier auf einen Franzosen, auf denselben, auf den ich mich vorhin berufen habe — als Jean Monnet als der Vater des Gemeinsamen Marktes, der gesagt hat: Es gibt dringende Probleme, die weder Europa noch Amerika allein lösen kann. Dabei handelt es sich nach seiner Auffassung um die Währungsstabilität des Westens, um die Organisation der Landwirtschaft in einer sich zunehmend industrialisierenden Welt, um die Hilfe für die Entwicklungsländer, die deren Wachstum beschleunigen soll, und selbstverständlich um die Freigabe des Handels, die zwischen Amerikanern und dem Gemeinsamen Markt ausgehandelt werden muß.
    Acheson hat im Lichte dieser Feststellungen die Frage gestellt: „Wie sollen denn nun die Vereinigten Staaten im Lichte dieser Analyse auf die Ereignisse des Januar reagieren?" Das sind die Ereignisse, von denen der Bundeskanzler am Schluß gesagt hat, sie seien zeitweilige Ereignisse. Aber immerhin, sie sind Ereignisse, die den Westen zu ,erheblichen Überprüfungen nötigen.
    Zunächst einmal — so sagt Acheson —sollten die Vereinigten Staaten eine besonnene Antwort geben, ,die Sinn für die richtigen Proportionen erkennen läßt und Scharfe und Groll vermeidet. Sie darf nicht, wie es zum Teil
    — so sagt er an die Adresse seiner eigenen Presse —
    der Fall war, auf der Annahme basieren, daß alles verloren sei, weil der General de Gaulle unumwunden einen schon seit langem bestehenden Widerstand gegen eine allgemein befürwortete Politik aufgedeckt hat. Sie sollte auf dem Wissen basieren, daß die Haltung des Generals von unserem gemeinsamen Verbündeten nicht gebilligt wird.
    Das heißt: hier wind die deutsche Haltung als eine solche angesehen, die nicht leinfach in einen Topf geworfen werden kann mit der des Konsultations-
    und damit Vertragspartners. Man muß sehen, daß das sich bewährt, möchte ich dazu sagen.
    Des weiteren
    —so sagt er seiner eigenen Nation —
    sollte sie auf der Tatsache basieren, daß die Vereinigten Staaten stark sind und von Freund und Feind gleichermaßen als 'stark angesehen werden.
    Er hat bei dieser ,Gelegenheit auch einiges zur Verteidigungspolitik gesagt. Ich bitte Sie herzlich, es nachzulesen, weil es für uns sicher sehr beherzigenswert ist. Aber hier geht es um mehr als um Verteidigung oder Zoll. Hier geht es um eine umfassende Partnerschaft des in der Vereinigung begriffenen Europa mit den Vereinigten Staaten von Amerika und die Bedeutung dieser Partnerschaft für die Gewichte in der Weltpolitik.
    Ich habe mich immer gewundert, warum eigentlich eine solche Rede wie die, die jetzt beinahe ein Jahr alt sein wird, die Rede des Präsidenten Kennedy vom 4. Juli vergangenen Jahres, mit einer ungewöhnlich packenden Feststellung dessen, was jede Seite allein für sich nicht tun könne, was aber, wenn wir uns zusammentun, getan werden kann, sowenig gewürdigt worden ist. Er sagt:
    Auf uns allein gestellt, können wir nicht überall auf der Welt Gerechtigkeit schaffen, können wir nicht dafür sorgen, daß Ruhe auf ider Welt herrscht, oder für ihre gemeinsame Verteidigung aufkommen oder ihren allgemeinen Wohlstand fördern oder die Segnungen der Freiheit für uns und unsere Nachwelt sicherstellen. Aber gemeinsam mit anderen freien Nationen können wir dies und mehr noch tun. Wir können
    — und da kommt ein ganzer Plan in nuce —den Entwicklungsländern helfen, das Joch der Armut abzuschütteln. Wir können unseren weltweiten Handel und unseren Zahlungsverkehr ,auf einen Stand ausgleichen, der ein :größtmögliches Wachstum verheißt. Wir können ein Abschreckungsmittel schaffen, Idas so gewaltig ist, daß eis jede Aggression unterbindet. Und schließlich können wir dazu beitragen, eine Welt des Rechts und der Entscheidungsfreiheit zu schaffen und damit die Welt des Krieges und des Zwanges zu bannen.
    Das ist immerhin gewaltig, und das sollte wörtlich genommen und zu realisieren versucht werden.
    Damit ist auch alles das in die richtigen Verhältnisse gestellt oder gerückt, was mit dem Wort gemeint sein kann, die deutsch-französische Freundschaft, wie sie nun in diesem Vertrag ihren Ausdruck findet, werde einen Damm gegen den Kommunismus darstellen. Das Ist klar, daß hier etwas gemeint ist, über das nicht gestritten zu werden braucht. Aber es wäre kein Damm, dessen Mörtel oder Zement das Mißtrauen gegen die Vereinigten Staaten von Amerika oder gegen andere Länder wäre. Die bohrende Frage kann uns in diesem Zusammenhang nicht gleichgültig lassen, ob durch manches, was auf der anderen Seite muit diesem Vertrag gemeint ist, dem Nationalismus die Tore geöffnet werden.



    Wehner
    Paul Henri Spaak sagte: Gaullismus ist Nationalismus. Er muß dafür seine Gründe haben. Madariaga — Sie verziehen Ihr Gesicht, Herr Kollege — hat die Frage gestellt und sich offensichtlich damit abgeplagt: Es sei schließlich nicht einzusehen, warum der tragende Gedanke der deutschen Politik nicht „Deutschland, Deutschland über alles" heißen solle, wenn die französische Politik ihre Dynamik aus der „Grandeur de la France" beziehe. Das sind schwierige Überlegungen. Gerade weil ich Hochachtung vor der Haltung de Gaulles habe

    (Heiterkeit)

    — vor der Haltung eines Mannes im Weltkrieg, der wegen seines Nichtkapitulierens vor Hitler und seiner Wehrmacht vielen Mut eingeflößt hat, vielen, die damals Gegner Hitlers waren; was er da bedeutet hat, wird nie vergessen werden —, gerade deshalb wünsche ich dieses Bild nicht getrübt zu sehen durch seine Philosophie über eine Nachkriegswelt mit Deutschland als Staatenbund, wie Wir sie in seiner eigenen Handschrift vor uns haben, wenn wir wollen, wenn wir danach greifen.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister, der, wie ich annehme, heute zu diesem Vertrag noch nicht sprechen wird, hat in einem Interview sich und anderen die Frage gestellt und gesagt: Man wage sich die Frage eigentlich kaum zu stellen, was eigentlich die Vorstellung von einem Kontinentaleuropa bedeute, das vom Atlantik bis zum Ural reichen solle. Wie solle dieses Europa aussehen? Unter welchen Ordnungsprinzipien, unter welchen gesellschaftspolitischen Vorstellungen solle es stehen, und welche politischen Konsequenzen hätte eine solche Politik? Dies alles sind Fragen — hat damals Professor Erhard gesagt —, die nach seiner Ansicht von den Fraktionen auch bei der Ratifizierung des Vertrages gestellt werden müssen.
    Der Bundeswirtschaftsminister wußte damals noch nicht genau, daß wir sehr wenig Zeit für die Behandlung des Vertrages bekommen. Er selber hat aber damals gesagt, daß man das gründlich machen müsse, und er hat von einer „pfleglichen Behandlung" der Ratifizierung des Vertrages gesprochen, die auf keinen Fall umgefälscht werden dürfe in eiie feindselige Haltung gegenüber Frankreich. Er sagt mit Recht, das habe doch überhaupt nichts miteinander zu tun.
    Ich glaube, man kann nicht einerseits sagen, daß der Vertrag auf Wunsch der Fraktionen noch einmal gründlich auf alle politischen, wirtschaftlichen und militärischen Aspekte und Konsequenzen hin überprüft werden müsse, und andererseits uns durchs Radio mitteilen, daß man bis Pfingsten schon die letzte Lesung hinter sich gebracht haben müsse.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der Bundeswirtschaftsminister hat einige bittere Worte — ich will sie Ihnen jetzt nicht einflößen, er ist heute in einer anderen Stimmung als damals —

    (Heiterkeit)

    über Vorleistungen fallenlassen, von denen er annimmt, daß sie im Vertrauen darauf gemacht wurden, daß der Anschluß Englands und anderer erfolgen werde. Dazu gehört insbesondere auch die Agrarpolitik. Wie ich erfahren habe, gibt es recht unterschiedliche Meinungen darüber, ob das Wort mit den Vorleistungen so gesagt werden dürfe oder nicht. Aber ich will darüber nicht weiter reden; vielleicht haben wir später einmal Zeit dafür. Doch sehe ich eine gewisse Logik in dem, was sich der Herr Bundeswirtschaftsminister hier hinsichtlich dessen überlegt hat, was wir bisher mitgemacht und dem wir zugestimmt haben und was nun durch das Nichtaufgehen der Rechnung doch in ein anderes Licht kommt.
    Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat übrigens ganz freimütig gesagt, manchmal frage er sich nun, ob die Freundschaft seitens der Politik vielleicht nicht sogar gestört werden könne. Er meint die deutsch-französische Freundschaft. Er hat gesagt, er wisse nämlich nicht, ob die Freundschaft dadurch gefördert werde, daß man periodisch immer wieder Fragen anschneide, von denen wir wüßten, daß wir den französischen Staatschef nicht überzeugen könnten, und in denen es auch sachlich keine Übereinstimmung geben könne; von jeder Konferenz würden dann nur Spannungen und Diskrepanzen übrigbleiben. Wenn ich den Herrn Bundeswirtschaftsminister richtig verstanden habe, heißt das - in meiner Sprache - etwa so: das soll ein Konsultations-, ein Freundschaftsabkommen und nicht ein Feststellungsabkommen für die Diskrepanzen werden.

    (Heiterkeit und Beifal bei der SPD.)

    Das ist also die Schwierigkeit, die sich bei diesem Abkommen in dieser Situation ergibt.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundeswirtschaftsminister hat gesagt — und das ist wohl seine feste Überzeugung; er ist dafür auch im Ausland bekannt, und man hat es dort mit Recht positiv ausgewertet —, daß über die Verständigung mit Großbritannien und die Einmütigkeit darüber bei den Deutschen kein Zweifel zu herrschen brauche. Der Bundeswirtschaftsminister hat aber seine Erfahrungen gehabt; ich wünsche ihm, daß er jetzt vorwiegend bessere Erfahrungen macht. Damals hat er nämlich erklärt, um einer Dolchstoßlegende vorzubeugen, wolle er gleich sagen, daß eine pflegliche Behandlung der Ratifizierung des Vertrages eben nicht umgefälscht werden dürfe. Stellen Sie sich das einmal vor! Gerade wo wir heute über einen Vertrag reden, mit dem wir die Rivalitäten, die sich häufig zu blutigen Kämpfen steigerten, Kämpfen zwischen unseren beiden Völkern, beenden wollen, muß der Bundeswirtschaftsminister in einem solchen Zusammenhang — mußte! , jetzt ist es anders — das Wort von der Dolchstoßlegende gebrauchen. Das läßt tief blicken.
    Ich habe bei der Vorschau auf diese Debatte, das möchte ich hier sagen, in schöner Unbefangenheit — jedenfalls in Unbefangenheit; ob Sie sie schön finden, ist eine andere Frage — gefunden, daß die CDU dafür sorgen werde — sie wird es wahrscheinlich nun noch tun —, d. h. daß sie sich bemühen werde, die stark gegensätzlichen außenpolitischen Auffassungen zwischen den Unionsparteien und der



    Wehner
    Sozialdemokratie deutlich werden zu lassen. Meine Damen und Herren von den Unionsparteien, ich halte Sie für viel erfahrener und klüger als die Leute, die hier in Ihrem Namen in Diensten, in denen sie vorgeben, in Ihrem Namen politische Informationen zu geben, die Öffentlichkeit informieren; denn es kann wohl nicht Zweck der Außenpolitik sein — wie es hier heißt —, die stark gegensätzlichen außenpolitischen Auffassungen zwischen den Unionsparteien und der Sozialdemokratie deutlich werden zu lassen und sich darum noch zu bemühen.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Worauf es ankommt, ist doch, daß wir Gegensätze abbauen, statt sie aufzureißen und aufzutürmen.

    (Abg. Majonica: Das gilt doch in Ihrer eigenen Partei, Herr Wehner!?)

    — Sicher, sicher! Natürlich! Was meinen Sie denn, was wir alles für Sorgen haben?! Aber wir stellen uns ihnen! Meine Herren, wenn ich daran denke, wie Sie heute hier gestanden haben, Herr Kollege, der Sie diese Frage stellen, und wenn ich daran denke, wie die gleichen Fragen, die Sie heute völlig eindeutig nur positiv glaubten beantworten zu können, Herr Kollege, in Diskussionsgemeinschaften in innerpolitischer Gegnerschaft in dieser Zeit behandelt wurden, muß ich sagen: die Dinge liegen in diesem Fall leider schwieriger und tiefer. Aber bleiben wir dabei, wenn es nicht anders geht, unter uns. Wir sind dazu verurteilt, uns über gewisse Grundfragen unserer großen Politik miteinander zu verständigen. Sonst holt uns nämlich der Teufel,

    (Heiterkeit und Zustimmung)

    jedenfalls in den Fragen, die an die Existenz unseres Volkes rühren.
    Was würde denn aus der deutschen Frage werden?

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Über Pharisäer habe ich noch nie gelästert. Ich habe es hingenommen, daß sie existieren. — Was würde denn aus der deutschen Frage, die ja doch weder im Alleingang noch nach einem Rezept des einen oder anderen unter den Westmächten gelöst werden kann, was würde denn aus ihr werden, wenn die Befürchtungen einträfen, die hier von verschiedenen Seiten und aus zum Teil berufenem Munde vor allen Dingen wegen des Schicksals der Gemeinschaften, hinsichtlich deren — ich glaube, das darf ich sagen, ohne daß ich von Ihnen dafür gerügt werde — eigentlich fast alle in diesem Hause einer positiven Meinung sind, was die Europäischen Gemeinschaften betrifft, geäußert worden sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt neuerdings!)

    — Da waren Sie noch nicht dabei; Sie haben uns mit dem Koalitionspartner von der anderen Partei verwechselt, der damals gegen diese Verträge gestimmt hat.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Im übrigen würden entmutigende Wirkungen auf die Deutschen, die in Unterdrückung leben müssen, bleiben wegen dieser Zersplitterung im Westen. Es würde das Element der Verführung zur Schaukelpolitik in die deutsche Politik kommen, und wer weiß denn, ob, wenn einmal nicht Menschen, die ganz fest mit europäischen Zusammenschlußvorstellungen verbunden sind, weil sie ihre eigenen sind, das Steuer der deutschen Politik in der Hand haben? Wer weiß denn, ob nicht auch wir — die Dinge entwickeln sich, die Menschen entwickeln sich — plötzlich konfrontiert werden mit Kräften, die zur Schaukelpolitik neigen? Ich spreche da zu keiner Seite des Hauses; wir müssen aber in solchen Kategorien denken.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    — Ich habe gehört, daß Sie gedacht haben.
    Wir hätten drittens das Disengagement, ein eigentümliches Disengagement der anderen, die vertraglich mit uns in der deutschen, in der Berliner Frage verpflichtet sind, eine Form des politischen Disengagements, die niemand wollen kann.
    Ich möchte feststellen: Es ist notwendig — ich teile hier völlig die Auffassung, die der Präsident der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aus seiner Sicht und im Namen der Kommission im Hinblick auf die europäischen Gemeinschaften hat amtlich sagen müssen —, in für unsere Regierung rechtlich verbindlicher Form klarzustellen, daß der Vertrag einzufügen ist in die Verträge: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Europäische Kohle- und Stahlgemeinschaft, Europäische Atomgemeinschaft, Nordatlantische Verteidigungsorganisation, Westeuropäische Union, Beziehungen der westlichen Besatzungsmächte — der Drei Mächte, wie es im Text heißt —zur Bundesrepublik Deutschland. Das müssen wir in den Ausschußberatungen zuwege bringen, wenn wir in der Grundfrage einer Meinung sind hinsichtlich dessen, was das deutsch-französische, französisch-deutsche Verhältnis und die Aussöhnung der beiden Völker für die Vereinigung Europas und für ein in der Vereinigung befindliches Europa in Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika positiv bedeuten sollen.
    Ich danke für Ihre Geduld.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD.)