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    Deutscher Bundestag 63. Sitzung Bonn, den 8. März 1963 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Weber (Koblenz) 2901 A Fragestunde (Drucksache IV/1019) Frage des Abg. Dr. Mommer: Unleserliche Stempelabdrucke auf Postsendungen 2901 B Frage des Abg. Hammersen: Waffengesetz Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 2901 D, 2902 A Hammersen (FDP) . . . . . . . 2902 A Frage des Abg. Jahn: Angebliche Entführung des französischen Staatsangehörigen Argoud aus München Dr. Bucher, Bundesminister . . . . 2902 B, 2903 A, B, C, 2904 A, B Jahn (SPD) 2902 D, 2903 A Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 2903 A, 2904 A Ritzel (SPD) 2903 B Dr. Mommer (SPD) 2903 C, D Wittrock (SPD) 2903 D Ertl (FDP) 2904 A Frage des Abg. Dr. Czaja: Beschleunigung der Abwicklung des Lastenausgleichs Grund, Staatssekretär . 2904 C, D, 2905 A Dr. Czaja (CDU/CSU) . . 2904 D, 2905 A Fragen des Abg. Vogt: Veröffentlichung von Urteilen des Bundesfinanzhofs Grund, Staatssekretär . . . 2905 B, C, D Vogt (CDU/CSU) 2905 C, D Frage des Abg. Vogt: Wirkung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 6. März 1953 Grund, Staatssekretär . . 2905 D, 2906 B Vogt (CDU/CSU) . . . . . . . 2906 B Fragen des Abg. Dr. Wuermeling: Wirtschaftliche Benachteiligung der Familien mit Kindern . . . . . . 2906 B Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Ausbildungsbeihilfen für soziale und pflegerische Berufe Blank, Bundesminister . 2906 D, 2907 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2907 A Frage der Abg. Frau Schanzenbach: Ausbildungsbeihilfen für entlassene Schülerinnen der Volksschule Blank, Bundesminister . . . . 2907 B, C Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2907 C Frage des Abg. Fritsch: Auflösung von Melde- und Zahlstellen für Arbeitslose im Bayerischen Wald Blank, Bundesminister 2907 D, 2908 A Fritsch (SPD) . . . . . 2907 D, 2908 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Erfahrungen mit Maschendrahtzäunen in den USA Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2908 B Frage des Abg. Oetzel: Bedingungen für Zulassung von Öltransportwagen . . . . . . . . 2908 D Frage des Abg. Stingl: Erhöhung der Flugpreise von und nach Berlin Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2908 D, 2909 C, D Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . . . 2909 C Stingl (CDU/CSU) 2909 C, D Frage des Abg. Kubitza: Autobahnstrecken Würzburg— Schweinfurth und Schweinfurth —Brückenau Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2909 D, 2910A Kubitza (FDP) . . . . . . . . 2910 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Verzeichnisse über Ankunft und Abfahrt von Zügen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2910.A Frage des Abg. Wittrock: Halteverbot an Feuerlöschhydranten Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2910 B, C, 2911 A Wittrock (SPD) . . . . 2910C, 2911 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Züge mit Dampflokomotiven wegen Strommangels Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 2911 A, C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 2911 C Frage des Abg. Dr. Mommer: Zugverspätungen im Dezember 1962 Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2911 D Frage des Abg. Liehr: Tariferhöhung im Flugverkehr von und nach Berlin Dr. Seiermann, Staatssekretär . 2912 A, B, C Liehr (SPD) 2912 B Börner (SPD) . . . . . . . . 2912 C Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Behebung der Frostschäden Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2912 C, 2913 A Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2913 A Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/979) — Zweite und dritte Beratung — 2913 A Entwurf eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1963 (Handwerkszählungsgesetz 1963) (Drucksache IV/876) ; Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache IV/988) — Zweite und dritte Beratung — 2913 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht (SPD) (Drucksache IV/900) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über Wohnbeihilfen (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/971) — Erste Beratung — Jacobi (Köln) (SPD) 2913 D Dr. Hesberg (CDU/CSU) 2918 A Lücke, Bundesminister 2921 A Hammersen (FDP) 2923 A Frau Berger-Heise (SPD) 2923 C Dr. Czaja (CDU/CSU) 2925 B Große Anfrage betr. Neuordnung der Kriegsopferversorgung (SPD) (Drucksache IV/882) Riegel (Göppingen) (SPD) . . . . 2928 D Blank, Bundesminister . 2931 B, 2945 D, 2949 B Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 2932 A Fritsch (SPD) . . . . . .. . . 2935 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 2938 D Maucher (CDU/CSU) . . . . . . 2942 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 2943 A Dr. Dahlgrün, Bundesminister . . . 2946 B Reichmann (FDP) . . . . . . . 2947 B Bazille (SPD) . . . . . . . . ..2947 D Dorn (FDP) 2949 C Josten (CDU/CSU) . . . . . . 2950 B Höhmann (Hessisch-Lichtenau) (SPD) 2950 D Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Drucksache IV/1021) — Erste Beratung — Dr. Mommer (SPD) 2952 A Entwurf eines Gesetzes zu dem. Abkommen vom 30. April 1962 mit der Republik Peru über den Luftverkehr (Drucksache IV/973) — Erste Beratung — 2952 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (3. ÄndG KgfEG) (Drucksache IV/997) — Erste Beratung — . . . 2952 B Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Darlehen zur Ablösung von Schweizerfranken-Grundschulden (Abg. Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Hesberg, Dr. Kopf, Stiller u. Gen.) (Drucksache IV/953) — Erste Beratung — 2952 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/902 [neu]) — Erste Beratung — 2952 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache IV/923) — Erste Beratung — 2952 D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Abschlußgesetz zur Gesetzgebung nach Artikel 131 GG (Drucksachen IV/800, IV/969) 2952 D Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Unertl (Drucksache IV/975) Wittrock (SPD) 2953 A Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Dörinkel (Drucksache IV/976) Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 2953 C Ubersicht 10 des Rechtsausschusses über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache IV/994) 2953 D Entschließungen der 51. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache IV/880) 2953 D Einundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (Zollaussetzungen 1963 — II. Teil) (Drucksache IV/987) 2953 D Antrag betr. Anrufung des Vermittlungsausschusses (Abg. Dr. Siemer, Wittmer-Eigenbrodt, Bading, Müller [Worms], Logemann u. Gen.) (Drucksache IV/951) Dr. Siemer (CDU/CSU) 2954 A Antwort des Bundesministers des Innern betr. Einführung der Fünf-Tage-Woche in der Bundesverwaltung (Drucksachen IV/913, IV/1026) 2954 B Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Verringerung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von Eiprodukten (Drucksache IV/1017) . . . 2954 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (FDP, CDU/ CSU) (Drucksache IV/974) 2954 D Nächste Sitzung 2954 D Anlagen 2955 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 2901 63. Sitzung Bonn, den 8. März 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Adorno 8. 3. Dr. Arndt (Berlin) 16. 3. Dr. Arnold 8. 3. Dr. Atzenroth 8. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 31. 3. Bals 9. 3. Bazille 8. 3. Dr. Bechert 15. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 8. 3. Birkelbach* 8. 3. Dr. Birrenbach 8. 3. Fürst von Bismarck 8. 3. Frau Blohm 16. 3. Frau Brauksiepe 8. 3. Dr. Dichgans 8. 3. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 8. 3. Frau Döhring (Stuttgart) 8. 3. Dr. Dörinkel 15. 3. Dr. Dr. h. c. Dresbach 31. 3. Frau Eilers 15. 3. Eisenmann 8. 3. Figgen 20. 4. Dr. Frey (Bonn) 8. 3. Dr. h. c. Friedensburg 8. 3. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 8. 3. Funk (Neuses am Sand) 31. 3. Dr. Furler 8. 3. Gaßmann 8. 3. Gehring 8. 3. Geiger 8. 3. Frau Geisendörfer 8. 3. Gerlach 8. 3. Gems 8. 3. Gewandt 8. 3. Dr. Gleissner 8. 3. Günther 8. 3. Haage (München) 8. 3. Hahn (Bielefeld)* 8. 3. Dr. Hahn (Heidelberg) 12. 3. Hauffe 16. 3. Heiland 8. 3. Hellenbrock 31. 3. Hoogen 8. 3. Hörmann (Freiburg) 8. 3. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Horn 15. 3. Dr. Imle 11. 3. Katzer 31. 3. Kemmer 8. 3. Frau Dr. Kiep-Altenloh 10. 3. Kohlberger 8. 3. Dr. Kreyssig* 8. 3. Kühn (Hildesheim) 8. 3. Kurlbaum 8. 3. Leber 8. 3. Leonhard 8. 3. Lohmar 30. 4. Maier (Mannheim) 8. 3. Majonica 8. 3. Dr. Mälzig 8. 3. Margulies* 8. 3. Mattick 8. 3. Mauk 8. 3. Meis 8. 3. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 15. 3. Michels 8. 3. Dr. Miessner 8. 3. Müller (Berlin) 31. 3. Müller (Remscheid) 8. 3. Murr 8. 3. Nieberg 8. 3. Frau Dr. Pannhoff 30. 3. Frau Dr. Probst 8. 3. Richarts 8. 3. Dr. Rieger (Köln) 27. 3. Frau Rudoll 8. 3. Ruland 8. 3. Schlick 8. 3. Schultz 8. 3. Dr. Schwörer 8. 3. Seither 11. 3. Seuffert 8. 3. Stooß 8. 3. Storm 8. 3. Strauß 18. 3. Striebeck 8. 3. Frau Strobel* 8. 3. Dr. Tamblé 8. 3. Tobaben 8. 3. Unertl 8. 3. Frau Vietje 31. 3. Wacher 15. 3. Walter 8. 3. Dr. Weber (Koblenz) 15. 3. Wilhelm 8. 3. Wischnewski 8. 3. 2956 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 63. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. März 1963 Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Wittmer-Eigenbrodt 30. 4. Frau Zimmermann (Brackwede) 8. 3. Dr. Zimmermann (München) 8. 3. b) Urlaubsanträge Dr. Frede 20. 4. Dr. Hellige 20. 4. Anlage 2 Umdruck 207 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Handwerkszählung 1963 (Handwerkszählungsgesetz 1963) (Drucksachen IV/876, IV/988). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 4 wird Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a gestrichen. 2. In § 4 wird der Absatz 1 Nr. 5 gestrichen. 3. Hinter § 5 Nr. 5 wird eingefügt: „6. das Lebensalter und die Staatsangehörigkeit des Inhabers; 7. die Rechtsverhältnisse an den Räumen, die dem Betriebe des Handwerks dienen." Bonn, den 6. März 1963 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Walter Fritsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung zu der heutigen, durch die Große Anfrage der Sozialdemokratischen Partei ausgelösten Debatte. Was immer als Ergebnis dieser Aussprache gesetzliche Wirklichkeit wird, es bleibt der Tatbestand, daß diese Bundesregierung und die sie tragenden Parteien ausschließlich die Schuld daran haben, daß 18 Jahre nach Beendigung des letzten Krieges die deutschen Kriegsopfer noch nicht annähernd ausreichend versorgt sind und daß der Passion des deutschen Soldaten und seiner Angehörigen während zweier Weltkriege der Leidensweg des Ringens um eine menschenwürdige Versorgung im Frieden hinzugefügt wurde. Es bleibt der Tatbestand, daß die deutschen Kriegsopfer in all den bitteren Jahren der Nachkriegszeit das Bitterste, nämlich zum Verlust von Leben und Gesundheit hinzu die Enttäuschung über einen Staat, zu tragen hatten, der trotz Möglichkeiten und Mahnungen sie am Ende der An-, spruchsberechtigten gehen ließ, die von der Allgemeinheit Recht und Gerechtigkeit erwarten dürfen. Daß sie sich trotzdem zu diesem Staat und seinen Rechtssätzen bekannt haben und bekennen, bleibt eines der glänzenden Kapitel deutscher Demokratie.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir stellen in diesem Zusammenhang fest, daß das 1950 geschaffene Bundesversorgungsgesetz, hineingeboren in die damaligen finanziellen Verhältnisse des Bundes, in all den Jahren seines Bestehens durch seine Novellierungen keine echte Weiterentwicklung erfahren hat. Das erste Neuordnungsgesetz konnte nur ein Anfang sein, dem wir nach unseren Vorstellungen nunmehr die entscheidenden Verbesserungen in allen Teilen hinzuzufügen haben.
    Wir lehnen daher grundsätzlich alle sogenannten gezielten und sonstige lediglich auf einen Lastenausgleich innerhalb der Kriegsopfergesetzgebung hinauslaufenden weiteren Novellierungen ab. Das Rechtsinstitut der Versorgung kann nur bestimmt werden aus dem Gedanken der allumfassenden Sorge um die Mitmenschen, die Leben und Gesundheit um des Staates und der Gemeinschaft willen verloren haben.
    Der Inhalt dieser Versorgung muß sich allein an der Größe dieses gebrachten Opfers orientieren. Der rechtsstaatliche Gedanke, daß der Mensch für sein Leben selbst verantwortlich ist, bindet ausschließlich den, der diese Selbstverantwortlichkeit des Mitmenschen einschränkte oder ausschloß. Wenn also der Tatbestand des Versorgungsanspruchs durch den Krieg gesetzt und verursacht wurde, so muß dieses Opfer für die Allgemeinheit die Gemeinschaft zu festen rechtsstaatlichen Leistungen verpflichten.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einige Ausführungen dazu machen, was der Herr Bundesarbeitsminister und die Bundesregierung bisher für Rechtens und mit dem Begriff der Versorgung vereinbar hielten und nach dem, was der Herr Bundesarbeitsminister heute ausgeführt hat, offensichtlich weiterhin für sozial gerechtfertigt ansehen. Dem sehr verehrten Herrn Kollegen Stingl will ich sagen, daß an den nachfolgenden Beispielen, die beweisen sollen, welches Maß an Unrecht den Kriegsopfern bisher zugefügt wurde, nicht zu rütteln und nicht zu deuteln ist.
    Folgendes Beispiel möchte ich anführen, um den Zustand der Versorgung der Opfer des Krieges anschaulich zu machen. Ein Beschädigter mit einer Erwerbsminderung von 30 % bezieht heute noch eine Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz in Höhe von sage und schreibe 35 DM.

    (Abg. Haase [Kassel] : Na und?)

    Wer von Ihnen die Art des Schadens kennt, die Voraussetzung dafür ist, eine MdE von 30% zu bekommen, mag sich allein aus diesem Tatbestand ein ausreichendes Bild darüber machen, wie die Beurteilung der Schäden innerhalb des Bundesversorgungsgesetzes vielfach von anderen Beurteilungen vergleichbarer Tatbestände abweicht. Ein mit der gleichen MdE versehener Anspruchsberechtigter nach dem Bundesentschädigungsgesetz erhält eine monatliche Rente von 128 DM, ein Anspruchsberechtigter aus der gesetzlichen Unfallversicherung — wenn wir im Durchschnitt 480 DM nach den bisher geltenden Bestimmungen zugrunde legen — eine monatliche Rente von 96 DM.

    (Abg. Dr. Rutschke: Dann sorgen Sie immer dafür, daß die Disparität immer noch größer wird! Wie vorgestern! — Gegenrufe von der SPD.)

    — Wir sind dazu da, Herr Kollege Dr. Rutschke, dafür zu sorgen, daß die Priorität der Versorgung der Opfer des Krieges ungeachtet anderer Gesetzgebung hier in diesem Hause einmal klargestellt wird.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte und rechts.)

    Das schließt nicht aus, daß wir andere Gesetze
    sozialer Art nach unseren besten Kräften fördern.
    Aber es darf nicht bestritten werden, daß der Vor-



    Fritsch
    rang der Kriegsopferversorgung, die Eigenart des Anspruchs außer Zweifel steht.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Erneute Zurufe von der Mitte und rechts.)

    — Meine Damen und Herren, wer trägt denn die Schuld daran, daß wir 18 Jahre nach dem letzten Krieg immer noch über die Frage der Verbesserung der Kriegsopferversorgung sprechen müssen? Doch sicher nicht die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses!

    (Abg. Stingl: Die Einstimmigkeit des ganzen Hauses bei allen bisherigen Gesetzen!)

    — Das berührt diese Frage nicht, sondern es berührt die Grundsatzfrage, ob und inwieweit und vor allem wann wir bereit sind, die Versorgung der Opfer des Krieges dem angemessen zu gestalten, was an Vorleistungen, was an Opfern an Gut und Blut und Leben in zwei furchtbaren Kriegen gebracht worden ist.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesarbeitsminister hat heute erklärt, daß er nach wie vor dem Bedürftigkeitsprinzip in der Kriegsopferversorgung zweifelsohne den Vorzug gibt.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Das ging doch aus seinen Ausführungen hervor! Ich habe doch gehört, was der Herr Bundesarbeitsminister gesagt hat! Er möge zur Kenntnis nehmen, daß auf diesem Wege eine echte und beständige ) Regelung der Kriegsopferversorgung einfach deshalb nicht erreicht werden kann, weil über das Institut der Ausgleichsrente nur 13,3 % aller Kriegsopfer einen Anspruch verwirklichen können, während alle übrigen nur die Grundrente beziehen.

    (Zurufe.)

    — Das ist nicht falsch. Ich werde nachher noch darauf zu sprechen kommen. Es besteht also eine unabweisbare Notwendigkeit, die Grundrenten entscheidend anzuheben.
    Es mag weiter von Interesse sein, daß man hier wiederum das Bedürftigkeitsprinzip bei der Bemessung der Leistungen an Kriegsopfer aufstellt, daß heute bei einem Einkommen von bereits 300 DM aus Arbeit die Ausgleichsrente wegfällt und daß bei einem Einkommen aus Rente von bereits 150 DM monatlich ebenfalls keine Ausgleichsrente mehr gewährt wird. Die Aufzählung dieser Unrechtstatbestände, die wir beseitigen müssen, nachdem sie jahrelang im Bundesversorgungsgesetz von einer Novelle zur anderen mitgeschleppt worden sind, läßt sich beliebig fortsetzen. Ich brauche gar nicht das ebenso trübe Kapitel der Versorgung unserer Hinterbliebenen besonders zu beleuchten. Eine Million Witwen und Hunderttausende von Kriegereltern, -insbesondere solche Kriegereltern, die keinen Rentenanspruch verwirklichen konnten, sind Zeuge dafür, daß es an der Zeit ist und längst höchste Zeit gewesen sein sollte, diese Kriegsopferversorgung in Ordnung zu bringen, sie in ein Verhältnis zu den Opfern zu setzen, die unsere Kameraden in zwei Weltkriegen, die die Hinterbliebenen während des Krieges und nunmehr nach dem Kriege gebracht haben.
    Herr Bundesarbeitsminister Blank, ich komme aus dem Bayerischen Wald, also aus jenem Gebiet unseres Landes, in dem die Not größer ist als anderswo. Der Anteil der Kriegsopfer, insbesondere der älteren Menschen unter ihnen, ist höher als in anderen Gebieten der Bundesrepublik. Diese Kriegsopfer leben zum .weitaus größten Teil unter Notständen, die Sie sich sicher schlecht vorstellen können. Körperliche, seelische und wirtschaftliche Not haben sich dort wie zweifelsohne auch anderswo mit Ihrem Namen, Herr Bundesarbeitsminister, verbunden.

    (Oh-Rufe von der Mitte.)

    Diese Kriegsopfer haben in all den Jahren verzweifelten Hoffens erwartet, daß Sie, der Sie ein Anwalt der Opfer des Krieges sein müßten, den Anspruch von Millionen von Menschen verteidigen und seine Berechtigung außer Zweifel stellen würden.
    Nachdem ich nun, wie ich annehme, mit dem vollen Gewicht der moralischen Entrüstung über die bisherigen Zustände in der Kriegsopferversorgung dieses Problem beleuchtet habe, lassen Sie mich auch einiges zu dem sagen, was nach Ansicht der sozialdemokratischen Fraktion Voraussetzung für eine bessergestellte, weiterentwickelte und den Bedürfnissen der Kriegsopfer entsprechend gestaltete Versorgung ist.
    Wir meinen, daß die Grundrente als eine allen Beschädigten zufließende Leistung entscheidend angehoben werden muß.

    (Zuruf rechts: Wie denn?)

    Wir meinen, daß der Berufsschadensausgleich für alle Beschädigten unter Anhebung der bisherigen Leistungen verbessert werden muß. Wir sind der Auffassung, daß die zweckgebundenen und vom Einkommen unabhängigen Leistungen wie Schwerbeschädigtenzulage, Ehegattenzuschlag, Pflegezulage und Kleiderverschleißzulage erhöht werden müssen. Wir sind der Meinung, daß eine weitere Verbesserung der Anrechnungsbestimmungen und eine Hebung der Freibeträge im Rahmen der Ausgleichsrenten erforderlich ist. Die Ausgleichsrentenbeträge müssen "den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen angeglichen werden. Die Heil- und Krankenbehandlung der Beschädigten, der Hinterbliebenen und der Familienangehörigen muß verbessert werden. Erforderlich ist die Existenzsicherung für besonders sozialschwache Kreise der Versorgungsberechtigten. Für Kriegshinterbliebene ist bei besonderer wirtschaftlicher Notlage ein Schadensausgleich zu schaffen. Die Voraussetzung der Ernährereigenschaft für die Gewährung von Elternrenten muß wegfallen. Hier haben wir es nicht nur mit einem versorgungsrechtlichen, sondern auch mit einem menschlichen Problem zu tun. Wer es einmal erlebt hat, wie enttäuscht Hunderttausende von Kriegereltern, die einen oder mehrere Söhne verloren haben, über die Bestreitung der Ernährereigenschaft oder über die Ablehnung auf Grund des Einkommens sind, obwohl sie in wirtschaftlicher Not — auch in seelischer — leben, der hat keinen Zweifel darüber, daß diese Bestimmung als eine der größten



    Fritsch
    Härten des Bundesversorgungsgesetzes beseitigt werden muß.
    Außerdem ist der Kreis der berechtigten Personen dadurch zu erweitern, daß für Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz der zeitliche Zusammenhang in den Fällen genügt, in denen über die Ursache des Leidens in der ärztlichen Wissenschaft Ungewißheit besteht. Es entspricht einem Gebot der Billigkeit, einen Anspruch nicht einfach deshalb abzulehnen, weil die Wissenschaft das Krankheitsgeschehen nicht ausreichend zu analysieren vermag.
    Die berufliche Rehabilitation aller Schwerbeschädigten- und Beschädigtengruppen bedarf der Förderung und großzügigster Durchführung bei allen beteiligten Stellen. Der volkswirtschaftliche und menschliche Wert der beruflichen Leistungen unserer Beschädigten und Schwerbeschädigten muß stärkere Anerkennung durch Wirtschaft und Gesetzgebung erfahren. Der Leistungswille des einzelnen darf nicht durch die Wegnahme eines großen Teiles des Erworbenen über die Anrechnungsvorschriften des Gesetzes eingeengt werden.

    (Abg. Haase [Kassel] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
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    Rede von Walter Fritsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie haben Verständnis dafür, daß ich eine Zwischenfrage nicht gestatte.
    Schließlich müssen wir im Rahmen einer echten Neuordnung zu einer Verbesserung der festgelegten Mindesthundertsätze bei der Beurteilung äußerer Körperschäden kommen. Wir, die wir uns zur Unteilbarkeit des Menschen in seinen körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen bekennen, müssen es ablehnen, ihn einer schematischen Bewertung der anatomischen Schäden auszusetzen.
    Wir dürfen das Bundessozialgerichtsurteil vom 19. Dezember 1959 zitieren, welches in seinem Kernsatz ausführt, daß es bei Beurteilung der Frage, wieweit ein Mensch von versorgungsrechtlich erheblichen Ereignissen betroffen wurde, nicht darauf ankommen kann, ob er nach einem von seiner Person unabhängigen, generalisierenden Maßstab mit den Ereignissen, die ihn betroffen haben, äußerlich oder innerlich hätte fertigwerden können, sondern daß der Betroffene immer so zu beurteilen ist, wie er tatsächlich individuell beschaffen ist und wie aus dieser Sicht heraus die wehrdienstähnlichen Verhältnisse auf ihn gewirkt haben müssen.
    Dieser keineswegs vollständige Katalog der Mindestbedingungen, unter denen Recht an den Opfern des Krieges geschehen wird, war und ist die Richtschnur sozialdemokratischer Handlungsweise in diesem Hohen Hause. Zum wiederholten Male appelieren wir an die Bundesregierung und die Koalitionsparteien, sich diesen Forderungen nicht zu verschließen.
    Wir müssen es angesichts der bisherigen Verzögerungen in der von den Kriegsopfern längst erwarteten endgültigen Rechtsgestaltung des Kriegsopferrechts auch ablehnen, irgendwelchen Stufenplänen zuzustimmen. Sie bedeuten nur ein weiteres Hinausschieben eines Zustandes, der — und das sagte Ihnen mein Freund Riegel bereits — unerträglich geworden ist. Die Opfer in zwei Weltkriegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind nicht in Stufen erbracht worden, sondern elementar und mit dem Gewicht eines plötzlichen, ungeheuren Eingriffs in den Bestand des Lebens und der Unversehrtheit. Keine auch noch so schwierige haushaltsmäßige Überlegung zur Finanzierung des Neuordnungsgesetzes sollte gegenüber diesen Ereignissen ein allzu großes Gewicht haben.
    Wir haben gehört, was der Herr Bundesarbeitsminister hier auszusagen wußte. Wir haben nun auch den Willen der CDU/CSU-Fraktion heute uniform präsentiert bekommen. Soweit man es aus Zeitungen entnehmen konnte, hat es innerhalb der CDU/CSU-Fraktion eine Rebellion gegeben, von der heute gesagt wurde, daß sie sich auf einen kleinen Kreis, auf eine kleine Gruppe beschränkt habe und daß sie deshalb zweifelsohne, vom Gewicht der Stimmen ausgehend, keine besondere Bedeutung haben könne. Aber es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage: War das eine Rebellion, wie schon einmal, des guten Gewissens in dieser Fraktion, oder war es eine Rebellion gegen das schlechte Gewissen, die hier vollzogen worden ist?
    Wir sind der Meinung, das ganze Haus müßte sich in der Frage der Verbesserung einig sein. Dann müßte es ein Leichtes sein, sich in der Frage der Kriegsopferversorgung zu den Grundsätzen sozialer und menschlicher Gerechtigkeit zu bekennen und all das zu vollziehen, was nach dem Leitbild, das wir uns vom Menschen machen, nötig ist, um unseren Schwerbeschädigten, um den Hinterbliebenen das Gefühl zu geben, daß sie nicht fernerhin von diesem Staate vergessen sind.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Warten Sie, sehr verehrter Herr Kollege Spies, ich bin gleich fertig.
    Bei Betrachtung der Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers und des Herrn Kollegen Stingl bietet sich die Frage an, wann das, was wir nun gehört haben und was sie als Rechtens empfinden, denn geschehen soll, ob sie uns einen Termin nennen können, wann sie bereit sind, das längst Versäumte mit den Vorstellungen und mit den Mitteln zu lösen, die sie heute angedeutet haben. Aber auch darüber ist nichts gesagt worden. Wie so oft in diesem Hause waren es leider nur Reden, Vertröstungen, die die Hoffnung der Opfer des Krieges immer erneut entzündeten und die erneut enttäuscht haben.

    (Abg. Stingl: Dann lesen Sie doch das einmal nach! Das steht doch darin!)

    — Sehr verehrter Herr Kollege Stingl, meine bisherige ehrenamtliche Tätigkeit in den Kreisen der Opfer des Krieges hat mir so viel an innerem Leid vermittelt, 'daß Sie es mir gestatten müssen, auch mit dem Herzen bei dieser Diskussion dabei zu sein, daß Sie es mir gestatten müssen, die Dinge so zu sehen, wie sie sich draußen auf dem Lande jeden Tag er-



    Fritsch
    eignen, wie sie draußen von Menschen jeden Tag gefühlt und erfühlt werden,

    (Abg. Stingl: Die von Ihnen angeheizt werden!)

    die nicht nur Opfer des Krieges, sondern auch Opfer Ihrer Gesetzgebung geworden sind.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Haase [Kassel]: Herr Kollege, gestatten Sie jetzt eine Frage?)