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ID0406014700

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    Deutscher Bundestag 60. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1963 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Altmaier Vizepräsident Dr. Schmid . . . 2677 A Zur Tagesordnung Wilhelm (SPD) 2678 B Dürr (FDP) 2678 C Fragestunde (Drucksache IV/958) Fragen des Abg. Dr. Tamblé: Hilfe der Bundeswehr bei dem Flugzeugunglück in Riesenbeck Hopf, Staatssekretär 2679 A, B Dr. Tamblé (SPD) . . . . . . 2679 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Wahlinserat in einer süddeutschen Zeitung Dr. Schröder, Bundesminister . . 2679 B, C Bauer (Würzburg) (SPD) 2679 C Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Entschädigung der durch den „Brandaris"-Komplex betroffenen Personen Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2679 D, 2680 A Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . 2679 C, D Frage des Abg. Liehr: Aufsichtskräfte im Jugendstrafvollzug Dr. Bucher, Bundesminister . . . 2680 A, B Liehr (SPD) 2680 B Frage des Abg. Bauer (Würzburg) : Hilfe für die Obsterzeuger Grund, Staatssekretär . . . 2680 B, C, D Bauer (Würzburg) (SPD) . . . . 2680 B, D Frage des Abg. Jahn: Entwurf einer Finanzgerichtsordnung Grund, Staatssekretär 2681 A Wittrock (SPD) 2681 A Frage des Abg. Wächter: Landabsatz der Zechenhandelsgesellschaften Dr. Westrick, Staatssekretär . . 2681 B, C Wächter (FDP) 2681 C Frage des Abg. Reichmann: Kälbermastfuttermittel aus den Niederlanden Schwarz, Bundesminister . . . . 2681 D Frage des Abg. Reichmann: Übervorteilung der deutschen Milchwirtschaft Schwarz, Bundesminister . . . . 2682 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Ansteckende Krankheiten durch ausländische Arbeitskräfte Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 2682 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 Frage des Abg. Hammersen: Verkauf von unbebauten bundeseigenen Grundstücken . . . . . . . . 2682 C Frage des Abg. Ritzel: Presseberichte betr. Ärzteüberschuß Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 2682 C, D Ritzel (SPD) 2682 C, D Frage des Abg. Ritzel: Medizinstudium Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister . 2682 D, 2683 A, B, C Ritzel (SPD) 2683 A, B Frau Dr. Hubert (SPD) 2683 B Frage des Abg. Dr. Mommer: Leitplanken auf der Bundesstraße 27 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 2683 D, 2684 B, C Dr. Mommer (SPD) 2684 B, C Frage des Abg. Dr. Mommer: Benutzung von Raucher- und Nichtraucherabteilen in Nahverkehrszügen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . . 2684 D 2685 A Dr. Mommer (SPD) 2685 A Frage des Abg. Schmidt (Kempten) : Fahrstrecke des Schnellzugpaars D 94/95 Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2685 B, C, D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 2685 C Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) : Heizungsanlagen in Reisezugwagen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 2685 D, 2686 C, D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . . 2686 D Frage des Abg. Gewandt: Verbilligter Flugdienst Hamburg—Frankfurt (Main) Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 2686 D, 2687 A, B Gewandt (CDU/CSU) 2687 A Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . 2687 B Frage des Abg. Dr. Tamblé: Ursachen des Flugzeugabsturzes in Riesenbeck Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2687 C Frage des Abg. Wischnewski: Nordbrücke in Köln Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 2687 D, 2688 A Wischnewski (SPD) 2688 A Frage des Abg. Wischnewski: Autobahn Köln—Aachen Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 2688 A Frage des Abg. Gerlach: Bundesfernstraßenbau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 2688 B, D, 2689 A Gerlach (SPD) 2688 D Langebeck (SPD) 2689 A Sammelübersicht 14 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache IV/950) 2689 B Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Atomgesetzes (Drucksache IV/966) — Erste Beratung — 2689 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (Abg. Dr. Vogel, Schoettle, Dr. Emde u. Gen.) (Drucksache IV/686) — Erste Beratung — 2689 C Große Anfrage betr. Wissenschaftsförderung (SPD) (Drucksache IV/735) Lohmar (SPD) 2689 C Lenz, Bundesminister . . 2696 A, 2720 A Goppel, Ministerpräsident des Lan- des Bayern 2700 D Dr. Martin (CDU/CSU) 2704 A Dr. Frede (SPD) . 2707 B Dr. Hellige (FDP) 2710 D Dr.-Ing. Balke (CDU/CSU) . . . 2713 B Dehnkamp, Senator der Freien Hansestadt Bremen . . . . . . 2715 D Dr. Kübler (SPD) 2717 A Dr. Hahn (Heidelberg) (CDU/CSU) 2718 C Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu 940) ; in Verbindung mit der Großen Anfrage betr. gemeinsame Agrarpolitik in der EWG (FDP, CDU/CSU) (Drucksache IV/742) ; dem Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (SPD) (Drucksache IV/901) — Erste Beratung — und dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 904) — Erste Beratung — Schwarz, Bundesminister . 2667 B 2720 D Struve (CDU/CSU) 2722 B Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . 2727 D Dr. Effertz (FDP) . . . . . . . 2731 D Lücker (München) (CDU/CSU) . . 2738 D Bading (SPD) 2744 C Logemann (FDP) . . . . . . . 2750 C Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . 2755 A Marquardt (SPD) . . . . . . 2756 C Berberich (CDU/CSU) 2757 D Frehsee (SPD) . . . . . . . 2760 A Ertl (FDP) . . . . . . . . . 2766 A Nächste Sitzung 2770 C Anlagen 2771 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 2677 60. Sitzung Bonn, den 13. Februar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    *) Siehe Anlage 11 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 2771 Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 16. 2. Dr. Atzenroth 13. 2. Dr. Dr. h. c. Baade 15. 2. Fürst von Bismarck 22. 2. Dr. Böhm (Frankfurt) 13. 2. Dr. Danz 14. 2. Dopatka 21. 2. Dr. Dörinkel 20. 2. Dr. Dr. h. c. Dresbach 31. 3. Ehren 15. 2. Figgen 20. 4. Funk (Neuses am Sand) 16. 2. Gaßmann 15. 2. Gedat 15. 2. Gerns 13. 2. Freiherr zu Guttenberg 15. 2. Hammersen 15. 2. Harnischfeger 15. 2. Hauffe 28. 2. Katzer 28. 2. Frau Kipp-Kaule 15. 2. Klein (Saarbrücken) 15. 2. Kohlberger 15. 2. Kraus 13. 2. Dr. Krümmer 15. 2. Kühn (Hildesheim) 16. 2. Kühn (Köln) 13. 2. Kurlbaum 13. 2. Leber 15. 2. Lemmer 28. 2. Lenz (Bremerhaven) 15. 2. Leonhard 15. 2. Dr. Löbe 1. 3. Majonica 13. 2. Mattick 15. 2. Frau Dr. Maxsein 15. 2. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 15. 2. Müller (Berlin) 28. 2. Müller (Nordenham) 2. 3. Nellen 15. 2. Neubauer 17. 2. Neumann (Allensbach) 15. 2. Neumann (Berlin) 23. 2. Oetzel 28. 2. Frau Dr. Pannhoff 15. 2. Pöhler 15. 2. Rademacher 13. 2. Ramms 15. 2. Dr. Reischl 15. 2. Richarts 13. 2. Ruf 16. 2. Sander 15. 2. Dr. Schmidt (Offenbach) 13. 2. Schoettle 15. 2. Seither 11. 3. Dr. Stammberger 28. 2. Dr. Starke 13. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Stein 13. 2. Steinhoff 15. 2. Dr. Steinmetz 15. 2. Strauß 18. 3. Dr. Supf 13. 2. Urban 15. 2. Frau Vietje 15. 2. Dr. Wahl 28. 2. Wegener 14. 2. Frau Welter (Aachen) 13. 2. Werner 24. 2. Wittmer-Eigenbrodt 16. 2. b) Urlaubsanträge Dr. Wuermeling 1. 3. Wullenhaupt 19. 2. Anlage 2 Umdruck 177 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD — Drucksache IV/735 — betreffend Wissenschaftsförderung. Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundeskanzler wird ersucht, dem Bundesminister für wissenschaftliche Forschung die Zuständigkeit in allen Fragen und Arbeitsbereichen, die mit der Förderung der wissenschaftlichen Forschung zusammenhängen, zu übertragen. Die Bundesregierung wird ersucht, in Zusammenarbeit mit den Ländern 1. die Richtlinien über die Vergabe von Stipendien nach dem Honnefer Modell so zu ändern, daß sie dem Bedarf der Studierenden entsprechen und eine Ausweitung des zu fördernden Personenkreises ermöglichen; 2. den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, insbesondere die Neugründung von Universitäten und medizinischen Akademien, zu beschleunigen und entsprechende Baumaßnahmen von restriktiven Anordnungen zur Dämpfung der Baukonjunktur auszunehmen; 3. sich dafür einzusetzen, daß das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung seine Arbeit alsbald aufnehmen kann und daß das Statistische Bundesamt in die Lage versetzt wird, die notwendigen statistischen Unterlagen über das Bildungswesen zu erstellen; 4. unverzüglich zu prüfen, wie — nach dem Beispiel des Wissenschaftsrates — für das Bildungswesen außerhalb der wissenschaftlichen Hochschulen ein Deutscher Bildungsrat geschaffen werden kann, der die Bildungspolitik der Bundesländer planend und koordinierend klärt und als politische Repräsentanz in allen Bildungsfragen dem Ausland gegenüber in Erscheinung tritt. 2772 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 Die Bundesregierung wird ersucht, 1. auf eine baldige Annahme des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern zur Förderung kulturpolitischer Aufgaben hinzuwirken; 2. nach Artikel 74 Nr. 13 GG ein Gesetz zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung vorzulegen; 3. mit dem Entwurf des Bundeshaushaltsplans jährlich einen Bericht an den Deutschen Bundestag über den Stand der Entwicklung der Wissenschaften in Deutschland vorzulegen. Die Selbstverwaltungsorgane der Wissenschaft sind vor der Abfassung des Jahresberichts zu hören. Der Jahresbericht soll die Ziele einer finanziell und sachlich langfristig geplanten Wissenschaftspolitik darlegen; 4. das Abkommen über die Bildung des Wissenschaftsrates zu verlängern. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 183 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD — Drucksache IV/735 — betreffend Wissenschaftsförderung. Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag würdigt die bisherige Arbeit des Wissenschaftsrates, der in fruchtbarer Zusammenarbeit von Bund und Ländern, Wissenschaft und Wirtschaft zu ersten bedeutsamen Ergebnissen im Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen geführt hat. Er ersucht die Bundesregierung, dem Wissenschaftsrat die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß für die nächste Periode des Ausbaus und für die Neugründung rechtzeitig neue Empfehlungen vorgelegt werden können. 2. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, den Wissenschaftsrat zu ersuchen, im Benehmen mit der westdeutschen Rektorenkonferenz und der deutschen Forschungsgemeinschaft Vorschläge für eine Reform Ides akademischen Unterrichts zu erarbeiten, die eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Kapazität sicherstellt. Dabei ist darauf zu achten, daß die bewährten Prinzipien der Freiheit von Lehre und Forschung nicht eingeschränkt werden. Der Bundestag erwartet, daß gleichzeitig mit den materiellen Anstrengungen von Bund und Ländern die selbstverantwortliche Wissenschaft Reformen erarbeitet, die der Beseitigung der Überfüllung der Hochschule ebenso dient wie der Steigerung der Leistung in Wissenschaft und Lehre. 3. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, zu prüfen, wie Voraussetzungen geschaffen werden können, daß wertvoller akademischer Nachwuchs der deutschen Wissenschaft erhalten bleibt. 4. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, in einen ständigen Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern über die Fragen von Wissenschaft und Bildung einzutreten und einen Bericht über .den Stand von Wissenschaft und Bildung periodisch Bund, Ländern und dem Wissenschaftsrat zu übermitteln. 5. Die Bundesregierung wird ersucht, in erneuten Verhandlungen das von ihr bereits vorgelegte Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern zum Abschluß zu bringen, um den Fortgang des Ausbaus der Universitäten und der Förderung der Wissenschaft von jährlichen Haushaltsentscheidungen unabhängig zu machen. Bonn, den 13. Februar 1963 Schmücker und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 178 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, der ländlichen Siedlung — Einzelplan 10 Kap. 10 02 Tit. 571 b) — aus Mitteln des Grünen Planes 1963 einen Betrag von 30 Mio DM bereitzustellen, aus dem besondere Hilfen bei vorzeitiger Abgabe landwirtschaftlicher Kleinbetriebe zu Zwecken der Agrarstrukturverbesserung gewährt werden. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 179 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, a) den Titel „Zuschüsse zur Förderung der Altershilfe für Landwirte" im Bundeshaushaltsplan — Einzelplan 10 Kap. 1002 Tit. 608 — zu ändern in „Maßnahmen der sozialen Sicherung", b) den Zuschuß aus Mitteln des Grünen Planes 1963 um 245 Mio DM auf 377 Mio DM zu erhöhen. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 2773 Anlage 6 Umdruck 180 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen des Grünen Planes 1963 a) die Mittel für den Wirtschaftswegebau um 20 Mio DM auf 100 Mio DM, b) die Mittel für die Wasserversorgung usw. um 20 Mio DM auf 70 Mio DM zu erhöhen. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 181 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, im Grünen Plan 1963 1. für Leistungsprüfungen und Förderung von Züchtung und Saatguterzeugung 2 Mio DM, 2. für Qualitätskontrollen 3 Mio DM, 3. für horizontale Verbundwirtschaft 16 Mio DM, 4. für vertikale Verbundwirtschaft 22 Mio DM bereitzustellen. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 182 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940; zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen des Grünen Planes 1963 für die Zinsverbilligungsaktion 1963 weitere 50 Mio DM bereitzustellen. Dieser Mehransatz soll insbesondere im Rahmen eines betrieblichen Entwicklungsplans zur Teilumschuldung hochverschuldeter, entwicklungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe bei Einbeziehung in die Hofkreditaktion und für Darlehen an Pachtbetriebe verwendet werden. Bonn, den 12. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 184 Antrag der Abgeordneten Wächter, Ertl und Genossen zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, als Beitrag zur Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Mark mit geeigneten Maßnahmen auf eine Senkung der Frachtkosten für Schlachtrinder hinzuwirken. Bonn, den 13. Februar 1963 Wächter Ertl Eisenmann Dr. Emde Frau Dr. Heuser Dr. Imle Frau Dr. Kiep-Altenloh Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Logemann Ollesch Opitz Peters (Poppenbüll) Dr. Rieger (Köln) Schmidt (Kempten) Soetebier Anlage 10 Umdruck 185 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Der Deutsche Bundestag nimmt die Erklärung der Bundesregierung sowie ihren Bericht über die Lage der Landwirtschaft gemäß den §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes zur Kenntnis; stimmt dem ,Grünen Plan 1963 im Hinblick auf die fühlbar verschlechterte Ertragslage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1961/62 im Grundsatz zu und begrüßt die Aufstockung der vorgesehenen finanziellen Ausgleichsmittel in Höhe von 240 Mio DM, insbesondere für die Verbesserung 2774 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 60. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1963 der Altershilfe, die zum 1. April 1963 in Kraft treten soll; fordert die Bundesregierung auf, weitere 160 Mio DM zur Verfügung zu stellen und verpflichtet sich, diese zusätzliche finanzielle Aufstockung zu unterstützen; die Verwendung dieser zusätzlichen 160 Mio DM im einzelnen soll im Rahmen der zweiten Beratung des Haushalts festgelegt werden; fordert die Bundesregierung auf, ihre agrarpolitischen Maßnahmen weiterzuentwickeln und die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, um den wirtschaftlichen und sozialen Anpassungsprozeß der deutschen Landwirtschaft im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu fördern und ihre Position im Rahmen der EWG sowie in ihrer internationalen Verflechtung zu festigen; hierzu sind insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Marktstellung (z. B. Verbesserung von Vermarktungseinrichtungen, Schutz der bäuerlichen Veredelungswirtschaft) ebenso notwendig wie eine der allgemeinen Entwicklung entsprechende Anpassung des Strukturprogramms im Rahmen einer aktiven regionalen Entwicklungs- und gesamtwirtschaftlichen Strukturpolitik; fordert die Bundesregierung auf, ihre Maßnahmen der Agrarpolitik unter Beachtung der besonderen bäuerlichen Lebensverhältnisse durch soziale Hilfen zu ergänzen; erwartet, daß die Bundesregierung im Rahmen der EWG-Politik das deutsche Agrarpreisniveau als eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherung eines angemessenen Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Menschen im Vergleich zu anderen vergleichbaren Berufsgruppen weiterhin verteidigt; dabei ist zu berücksichtigen, daß in der EWG eine Tendenz steigender Produktionskosten für die Landwirtschaft festzustellen ist. Bonn, den 13. Februar 1963 Struve und Fraktion Freiherr von Kühlmann-Stumm und Fraktion Anlage 11 Umdruck 186 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/940, zu IV/940). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag hat den Grünen Bericht 1962 sowie die Erklärung der Bundesregierung über die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zur Kenntnis genommen. Infolge der ungünstigen Wirtschaftsergebnisse im Wirtschaftsjahr 1961/62 sind die Einkommen der in der Landwirtschaft Tätigen außerordentlich gesunken. Der Einkommensabstand zur gewerblichen Wirtschaft ist größer geworden. Trotz .der beachtlichen Steigerung der landwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität und der großen Zuwendungen von Bund und Ländern ist es der gegenwärtigen Agrarpolitik nichtgelungen, dem Auftrag des Landwirtschaftsgesetzes zu entsprechen. Der Bundestag bedauert außerordentlich, daß die Bundesregierung der Forderung des Bundestages vom 31. Januar 1962 nicht nachgekommen ist, eine den Notwendigkeiten der Gegenwart angepaßten, neuen agrarpolitischen Konzeption vorzulegen. Angesichts dieser Lage ersucht der Bundestag die Bundesregierung, einen landwirtschaftlichen Entwicklungsplan für die Übergangszeit der EWG vorzulegen. Dabei müssen struktur-, kredit-, sozial- und marktpolitische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Der Bundestag erwartet, daß die im Grünen Plan vorgeschlagenen und von der Bundesregierung zusätzlich zugesagten Mittel gezielt verwendet werden. Bonn, den 13. Februar 1963 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Walther Hellige


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß unser Bildungswesen den Anforderungen der Zeit nicht genügt, ist wohl allgemeine Überzeugung. Wie es vor den stärkeren Anforderungen der Zukunft bestehen soll, ist unsere Frage. Wir alle wissen: der Wettkampf der Nationen wird sich mehr und mehr auf das geistige Gebiet verlegen. Wir kennen die erstaunlichen Leistungen der Sowjetunion im Bereiche von Forschung und Ausbildung. Vor einem halben Jahrhundert hatte Rußland nur eine dünne Bildungsschicht. Heute ist das Analphabethentum beseitigt, ein hochqualifiziertes Schulwesen aufgebaut worden. In oft recht spektakulären Leistungen zeigt sich der Weltrang der sowjetischen Wissenschaft.
    Sie, Herr Lohmar, nannten die erregenden Zahlen, die der Präsident der Vereinigten Staaten vor zwei Wochen der amerikanischen Öffentlichkeit unterbreitet hat. Ich möchte sie hier wiederholen, damit sie in das Bewußtsein des Hauses eindringen: Dreimal so viel Techniker und viermal so viel Physiker wie in den Vereinigten Staaten werden in Rußland ausgebildet. Müssen wir uns in der Tat daran erinnern, daß Wissen heute Macht ist? Nun, der Präsident hat 'dem Kongreß einen sehr großzügigen Plan



    Dr. Hellige
    zum Ausbau des amerikanischen Bildungswesens vorgelegt. Nicht weniger als 6 Milliarden Dollar sollen in den nächsten vier Jahren auf die Erweiterung der amerikanischen Schulen und Colleges verwandt werden. Die Probleme sind drüben die gleichen wie bei uns. Im Jahre 1961 fehlten 127 000 Klassenräume. 1,7 Millionen Schüler besuchten Klassen, die die gewünschten Frequenzen überschritten. Es fehlen 250 000 Lehrer, und 25% der beschäftigten mußten ohne die erforderliche Ausbildung eingestellt werden. Kennedy rechnet bis 1970 mit einer Verdoppelung der Zahl der Studenten. Die Zahl der Oberschüler wird sich um die Hälfte vermehren.
    Wir stehen vor ähnlichen Problemen. Auch unsere Studentenzahl wächst ständig. Der Bedarf an Studienplätzen in den siebziger Jahren kann nur geschätzt werden. Der Herr Minister hat uns recht divergierende Zahlen aus verschiedenen Quellen genannt. Auch wir würden es begrüßen, wenn das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung endlich ins Leben gerufen würde. Wir brauchen seine Hilfe für unsere Planung. Zu den Fragen, die Sie, Herr Lohmar, gestellt haben, lassen Sie mich eine hinzufügen: Lag es vielleicht daran, daß der vorgesehene Direktor nicht habilitiert ist?
    Wir werden gegen 1980 mit 300 000 Studenten rechnen müssen, vielleicht mit 400 000; in allen Berechnungen sind sehr viele Imponderabilien enthalten. Der zweite Bildungsweg wird uns eine Anzahl von Studenten liefern. Ich fürchte, sie wird nicht sehr groß sein. Wir müssen aber auch mit Änderungen in den Studiengängen rechnen. Vor einigen Jahren wurde vor dem Studium des Jus gewarnt. Heute warnt man vor dem Studium der Medizin.

    (Abg. Dr. Martin: Das ist falsch!)

    — Ich weiß es, Herr Martin. Ich weiß aber nicht, was in einigen Jahren überfüllt sein wird, was leer sein wird. Wir müssen unsere Hochschulen darauf einstellen, daß sie auch dem sozusagen modischen Zugang 'gewachsen sein werden.
    Wird die deutsche Forschung den Anschluß an das Weltniveau wiedergewinnen können, das sie vor drei Jahrzehnten verloren hat? Wird der Ausbau unseres Hochschulwesens den Wettlauf mit dem Steigen der Studentenzahl gewinnen können? Das sind doch für uns alle recht ernste Fragen. Was können wir tun, was muß der Bund tun, was müssen die Länder tun? Und schließlich: was muß die Wissenschaft selber tun?
    Unsere Meinung: Die Vorschläge zur Wissenschaftsförderung müssen aus der Wissenschaft selbst kommen. Nur wenn die Wissenschaft sich versagen sollte, nur wenn die Hochschule unter der Last ihrer Tradition ihre eigene Regeneration nicht verwirklichen könnte, nur dann sollte der Staat eingreifen. Dann aber müßte er es tun. Wir alle sind Zeugen einer lebendigen Diskussion über die Struktur der künftigen Hochschule. Gute Gedanken sind in reicher Zahl geäußert worden. Die Gründung neuer Hochschulen bringt die Möglichkeit, sie in die Tat umzusetzen.
    Im kommenden Herbst soll der Wissenschaftsrat auslaufen.

    (Zuruf von der SPD: Nein!)

    Wir sind aber der Meinung, daß Bund und Länder auch weiterhin kompetenten Rat in diesen Fragen brauchen. Man sollte daher den Wissenschaftsrat nicht auf die Dauer von drei Jahren verlängern; man sollte sich seine Mitarbeit, der wir so viel zu danken haben, auf die Dauer sichern.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Man sollte seine Befugnisse erweitern. Man sollte ihn vor allem beauftragen, seine Anregungen zur Gestalt neuer Hochschulen zu konkreten Vorschlägen zu verdichten.
    Die Einteilung der Universität in Fakultäten stammt aus dem Hochmittelalter. Die Fakultäten haben die freie Forschung erst ermöglicht, denn sie isolierten die damals übermächtigen Theologen in einem Teil des Studium generale. — Ich sage das mit Bedacht, denn ich habe festgestellt, daß der größere Teil der an der heutigen Diskussion beteiligten Herren entweder Theologen oder Schmalspurtheologen sind. —

    (Heiterkeit.)

    Die Fakultäten genügten ihren Aufgaben, solange sie aus wenigen Ordinarien bestanden, die das gesamte Gebiet übersehen konnten. Die Zukunft fordert nach unserer Meinung ihre Aufgliederung in kleinere Abteilungen nach dem Bochumer Plan. Die Einrichtung interdisziplinärer Institute halten wir für nötig.
    Wir kennen die Schwierigkeiten bei der Gewinnung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Bei ihrer Erörterung werden Fragen der Besoldung und Zukunftsicherung gern in den Vordergrund gestellt. Sie, Herr Ministerpräsident, haben sie erwähnt. Gleichwohl sind Fälle bekannt, in denen junge Wissenschaftler auch schlechter bezahlte Stellen ohne Zukunftsicherung in den Vereinigten Staaten angenommen haben, weil ihnen dort die Möglichkeit der freieren Entfaltung geboten wird. Die Stellung des deutschen Assistenten ist schon wegen der starken Abhängigkeit vom Ordinarius wenig reizvoll. Täuschen wir uns doch nicht! Oft sind die wissenschaftlichen Assistenten in ihrer täglichen Arbeit nur schlechte, weil dafür nicht ausgebildete Bürokräfte. Man wird den Nachwuchs von wissenschaftsfremden Aufgaben entlasten müssen, die ihn nicht fördern, aber die Habilitation verzögern.
    Nicht immer wenden die Hochschulen der Frage ihrer Selbstergänzung genügend Aufmerksamkeit zu. Mir wurde kürzlich von kompetenter Seite versichert, daß die juristische Fakultät einer sehr angesehenen Hochschule seit Kriegsende nur zwei Habilitationen durchgeführt hat. Ich habe mit Freude gehört, daß es an anderer Stelle besser steht. Wir meinen, daß die Nachwuchsförderung Aufgabe der Gesamtuniversität ist. Eine Senatskommission sollte sich ihrer annehmen.
    Ein fast völlig ungenütztes Reservoir an wissenschaftlichem Nachwuchs stellen die Studentinnen dar. Wohl nirgends ist der Anteil der weiblichen



    Dr. Hellige
    Dozenten oder gar Professoren am Lehrkörper so gering wie in der Bundesrepublik. Hier sollten ehrwürdige Vorurteile überwunden werden.

    (Beifall bei der FDP.)

    Vielleicht erleben wir es noch, daß sich eine Universität durch eine charmante Magnifica repräsentieren läßt.

    (Erneuter Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Martin: Dann lassen Sie sich wieder immatrikulieren! — Heiterkeit.)

    Der Hauptgrund für die Schwierigkeit, genügend geeigneten Nachwuchs zu bekommen, liegt aber tiefer. Die Wissenschaft muß danach streben, eine möglichst große Zahl von Anwärtern für die Hochschullaufbahn zu erhalten, aus der sie dann die Besten für die wenigen Lehrstühle auswählen kann. Was soll aus den übrigen werden? Immer wieder wird der Wunsch geäußert, der Staat möge diese Herren in seine Dienste nehmen. Dieser Wunsch wird sich häufig nicht erfüllen lassen. Kein wissenschaftliches Institut außerhalb der Hochschulen wird einen gescheiterten Habilitanten einstellen. Es würde sich abwerten. Die Schul-, Justiz- und Verwaltungsstellen stehen nur wenigen Fachrichtungen offen. Es bleibt der Mittelbau bei der Hochschule selbst. Wenn sein Ausbau das Risiko mindert, dann wird sich mancher für das Wagnis einer Hochschullaufbahn gewinnen lassen.
    Die Leistungen, die Bund und Länder für die Wissenschaft erbringen und die der Herr bayerische Ministerpräsident hier in seinen sehr überzeugenden Darlegungen aufgeführt hat, sind recht beachtlich. Daß sie bei weitem nicht genügen, wissen wir alle. Ihre Erhöhung ist ja auch vorgesehen. Ausbau und Neugründung von Hochschulen müssen schneller vorankommen. Die Schwierigkeiten kennen wir. Der Baumarkt ist überfordert. Die Bauplanung nimmt erhebliche Zeit in Anspruch. Oft werden fertige Pläne wieder umgestoßen. Selbstredend muß ein Lehrstuhlinhaber bei Spezialinstituten Einfluß auf die Raum- und Bauplanung haben. Aber es gibt doch auch viele Bauten ohne Spezialcharakter! Hier wäre zu fragen, ob uns die Erarbeitung von Modellen nicht schneller zum Ziele führen könnte.
    Da wir an der Einheit von Lehre und Forschung festhalten, müssen wir auch über die Lehre und damit über die Studenten sprechen. Neugründung und Ausbau nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates verdienen unser aller Unterstützung. Wir sollten uns aber zugleich Gedanken darüber machen, wie wir die vorhandene Kapazität besser nutzen können.
    Immer wird darüber geklagt, daß der Studienanfänger der modernen Massenuniversität mit ihrem ungeheuren Angebot von Vorlesungen ratlos gegenübersteht. Es dauert geraume Zeit, bis er sich mit der akademischen Lehr- und Lernmethode abgefunden hat. Gewiß muß, wie es der Wissenschaftsrat empfiehlt, die höhere Schule die Abiturienten in die Lage versetzen, ein wissenschaftliches Studium aufzunehmen. Aber auch die Hochschule selbst sollte das Ihre tun, um den Übergang von der Unterrichtspraxis der Schule zur freien
    wissenschaftlichen Arbeit zu erleichtern. Die große Vorlesung ist sicher nicht die geeignete Unterrichtsform für die Anfangssemester. Hier sollten Seminare und Gruppenarbeit in überschaubarem Kreis Grundwissen und Forschungsmethodik übermitteln. Die Lehrkräfte dafür kann der Mittelbau stellen. Nach unserem Dafürhalten ließen sich die Anfangssemester so besser nützen.
    Eine Verkürzung der Studiendauer um nur ein Semester würde viele Tausende von Arbeitsplätzen frei machen. Natürlich kann man nicht schematisch an jedem Studiengang ein Semester streichen. Aber man sollte überlegen, ob sich nicht dieses oder jenes Studium systematischer anlegen ließe, ob nicht geplante Ausweitungen nochmals überprüft werden könnten.
    Kollegienhäuser für Anfangssemester könnten von Nutzen sein. Wir warnen aber davor, Teile der Lehrtätigkeit in Räume außerhalb der Auditorien und Institute zu verlegen. Jede Lehrveranstaltung der Hochschule muß allen Studenten zugänglich sein. Einen Zwang zum Besuch von Kollegienhäusern darf es nicht geben.

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der SPD.)

    Er würde in der Tat, wie der VDS meint, einen Einbruch der Hochschule in den privaten Bereich der Studenten und ihrer Familien bedeuten und mit unserer freiheitlichen Grundordnung unvereinbar sein.
    Daß die Studienförderung nach dem Honnefer Modell ausgebaut werden sollte, ist wohl allgemeine Ansicht. Die Rektorenkonferenz sieht in ihr einen wesentlichen Teil der Wissenschaftsförderung. Sie sollte daher beim Wissenschaftsminister ressortieren. Wir bedauern, daß das nicht vorgesehen ist. Nach unserer Meinung sollte man die Anfangsförderung breit ausbauen, für die Hauptförderung aber scharfe Auslese treffen.
    Die Aufgabe der Wissenschaftsförderung ist durch die föderalistische Gliederung unseres Staates leider recht erschwert. Hochschulen gehören zur Kompetenz der Länder, Wissenschaftsförderung zur konkurrierenden Zuständigkeit des Bundes. Wir begrüßen daher jede Maßnahme, die Bund und Länder in der Arbeit zusammenführt. Wir begrüßen das geplante Verwaltungsabkommen zur Förderung kulturpolitischer Aufgaben. Hoffentlich treten ihm bald alle Länder bei. Was uns mit einer gewissen Sorge erfüllt, ist die Form des Verwaltungsabkommens. Die elf beteiligten Parlamente sind in ihrer Beschlußfassung nicht gebunden, — ein Haus, das auf Sand gebaut ist. Aber auch solche Häuser können lange stehen, wenn das Wetter keine Überraschungen bringt. Ein von den Parlamenten ratifizierter Staatsvertrag wäre uns lieber.
    In der Kulturdebatte im vergangenen Jahr haben wir die Forderung gestellt, alle Ressorts des Bundes, die sich mit kultur- und wissenschaftsfördernden Maßnahmen. befassen, unter einem Minister zusammenzufassen. Wir freuen uns daher, daß sich der Minister für wissenschaftliche Forschung 'uns



    Dr. Hellige
    heute vorstellt. Der Prozeß Ihrer Amtsübernahme, Herr Minister, steht wohl vor dem Abschluß.

    (Heiterkeit.)

    Wir wüßten gern über ,die hoffentlich recht weit gespannten Grenzen Ihrer Zuständigkeit genaueren Bescheid und haben Ihnen daher ein ganzes Paket von Fragen mitgebracht:
    Erhalten Sie, Herr Minister, einen Überblick über sämtliche Forschungsaufträge, die vergeben werden? Können Sie dafür bürgen, daß Forschungsaufträge nicht doppelt vergeben werden?
    Sind Sie befugt, die ressorteigene Forschung zu koordinieren? — Auch wir haben die Regierungserklärung studiert. — Können Sie so verhindern, daß übermäßige Mittelanforderungen erfolgen?
    Wir wissen, daß sehr hohe Summen für wehrwichtige Forschung vom Verteidigungsminister vergeben werden. Erhalten Sie von den einzelnen Projekten Kenntnis? Sind Sie in der Lage, Ergebnisse, die von allgemeinwissenschaftlicher Bedeutung sind, der Wissenschaft zugänglich zu machen? Läßt sich nicht ein großer Teil der vom Verteidigungsminister finanzierten Forschung durch 'die Hochschulen durchführen, wie das in den USA üblich ist?
    Ist Ihr Mitspracherecht bei der Forschungsgemeinschaft gewährleistet? Da die Forschungsgemeinschaft zum weit überwiegenden Teil von der öffentlichen Hand unterhalten wird, erscheint uns das notwendig.
    Ist Ihnen, Herr Minister, die Vertretung der deutschen Wissenschaft in ,den supranationalen und internationalen Gremien zugesichert?
    Und schließlich: Haben Sie die Absicht, in regelmäßigen Abständen — ich möchte sagen: im Jahresabstand — diesem Hause über Ihre Arbeit, für die wir Ihnen guten Erfolg wünschen, Bericht zu erstatten?

    (Beifall bei der FDP und Abgeordneten der anderen Fraktionen.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Balke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Siegfried Balke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur ein paar kurze Bemerkungen zum heutigen Thema. Zunächst einmal die an und für sich erfreuliche Feststellung, daß die Gefahr solcher Kulturdebatten hier im Hause, in reinen .Ästhetizismus auszuarten, heute nicht ganz so augenscheinlich war. Aber wir wissen, daß die Gefahr immer wieder besteht. Wir haben hier ganz konkrete Dinge zu erörtern, und ich möchte stichwortartig folgendes dazu sagen.
    Zur Frage Studentenandrang — Studentenüberhang: Zunächst einmal ist das keine allgemeine Erscheinung. Die Technischen Hochschulen haben nach dem Vorexamen kein Massenproblem. Deswegen haben die Technischen Hochschulen gewisse Kapazitäten durch die Universalität der Wissenschaft gezwungen, sich durch die Übernahme von anderen Wissenschaftsgebieten, die nicht gerade in den ureigenen Bereich der Technischen Hochschulen gehören, die Situation zu erleichtern.
    Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, als ob nach meiner Ansicht die Frage der Wissenschaftsförderung nur eine Frage der naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen sei. Im Gegenteil, wenn wir eine vernünftige Förderung der Naturwissenschaften und technischen Wissenschaften betreiben wollen — ganz gleich von wem —, dann ist Voraussetzung, daß die geistigen Grundlagen in Ordnung bleiben und die geistigen Regulativkräfte wirksamer werden als bisher, damit die Naturwissenschaften und technischen Wissenschaften keinen Unfug anstellen.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)

    Der Studentenüberhang hat aber auch Ursachen, die man hätte vermeiden können oder deren Wirksamwerden man jetzt mildern kann. Die sozialen Möglichkeiten, zu studieren, sind gut gemeint gewesen. Sie sind aber eingeführt worden, ehe die Voraussetzungen an den Hochschulen gegeben waren. Das gilt vor allem für das Honnefer Modell. Ferner: Es gibt heute ein gewisses Sozialprestige —„Wohlstand für alle" —, das viele junge Menschen veranlaßt Akademiker werden zu wollen, obwohl sie es weder können noch durch die Berufslage bei uns dazu gezwungen werden. Wir müssen daran denken, daß wir in einem modernen Industriestaat auch nichtakademische Berufe brauchen, die genauso förderungswürdig sind wie die akademischen Berufe.
    Die bessere Ausnutzung der Kapazitäten unserer teuren Studieneinrichtungen ist auch ohne neuen Geldaufwand dadurch zu erreichen, daß wir einfach unsere Studenten anhalten, an den Hochschulen wieder mehr zu arbeiten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ein verlängertes Wochenende für Studenten haben wir, als wir studiert haben, nicht gekannt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Schweiß, den die Götter vor die Erreichung eines Zieles gesetzt haben, kann auch nicht durch den Zorn junger Männer ersetzt werden.

    (Heiterkeit.)

    Es wäre also zu überlegen, ob man hier gewisse Probleme nicht innerhalb der Hochschulen — hier ist keine Zuständigkeit des Bundes, sondern eine der Hochschulen der Länder selbst — lösen könnte, indem man sich wieder an den alten griechischen Grundsatz erinnert: Wer nicht geschunden wird, der lernt auch nichts.
    Ich glaube, daß die Frage der Finanzierung der Bildungseinrichtungen nicht im Vordergrund stehen sollte. Die Finanzierung ist sekundärer Natur und versteht sich in einem Kulturstaat eigentlich von selbst. Die Höhe der Aufwendungen ist natürlich für die Steuerzahler wichtig. Mit den Zahlen, die hier genannt worden sind, wird nicht das gesamte Problem erfaßt. Wir können damit rechnen, daß im Jahre 1963 von Bund, Ländern und der betriebseigenen Forschung der Wirtschaft zusammen etwa 5 Milliarden DM aufgebracht werden. Wir brauchen ungefähr 3 °/o unseres Bruttosozialproduktes, um die



    Dr.-Ing. Balke
    Bedürfnisse der Zukunft decken zu können. Das ging aus den Zahlen hervor, die Herr Ministerpräsident Goppel genannt hat. Bei einem Sozialprodukt unseres Landes von 350 Milliarden DM sind das also rund 10 Milliarden DM. Das ist die Grundfinanzierung, die ein Staat wie der unsere aufbringen muß, wenn er überhaupt die Bildungsarbeit auf allen Gebieten bewältigen will. Dabei handelt es sich nicht um ein Problem des Föderalismus und des Zentralismus, sondern das ganze ist eine Lebensaufgabe für unseren Staat.
    Bei der Finanzierung der Bildungsvorhaben muß man eine Erfahrungstatsache berücksichtigen. Investitionen, die man vornimmt, erfordern eine regelmäßige Zuwachsrate, die etwa 25 % beträgt. Das heißt, in vier Jahren verdoppeln sich die Investitionen. Für je 100 DM Investitionen in diesem Bereich muß man 30 DM Betriebskosten in der Rechnung einkalkulieren. Es hat keinen Sinn, eine Investition für eine Bildungseinrichtung oder eine wissenschaftliche Einrichtung vorzunehmen, wenn man nicht in der Lage ist, die Betriebskosten, also die Sach- und Materialkosten aufzubringen. Wenn irgendwo ein dynamisches Prinzip der Finanzierung notwendig ist, dann bei der Wissenschaftsförderung. Dafür sollte man es bei einigen anderen Gebieten ruhig streichen.

    (Zuruf von der SPD: Wo?)

    — Wir haben im Bundeshaushalt 1963 nach den Voranschlägen 1,8 % des Bundeshaushalts für Wisschenschaftsförderung, 31 % für Verteidigung und 33 % für Sozialausgaben.

    (Zuruf von der SPD: Vielen Dank!)

    Wie bekommt man nun für die zu erwartende Studentenzahl die notwendigen Lehrkräfte? Man kann keine neuen Universitäten gründen, wenn man nicht die Dozenten dazu bekommt. Hier hat man, glaube ich, versäumt zu überlegen, was in dem Raum der vorhandenen Hochschulen geschehen kann, damit man nachher die notwendigen Dozenten hat. 80 % unserer Lehrerberufe gehen durch die höhere Schule. Daher ist mit dem Problem neuer Universitäten untrennbar das Problem der höheren Schule verbunden. Das ist insbesondere eine Aufgabe für die Länder. Sonst erleben wir, daß wir zwar Universitäten gründen und finanzieren, daß sie aber dann hinterher Museen sind, weil sie nicht mit Leben erfüllt werden können.
    Die Frage der Stoffülle, die unsere heutigen Studenten auch an den Ingenieurschulen, nicht nur an den Hochschulen, bewältigen müssen, ist meiner Ansicht nach nur dadurch zu lösen, daß man eine Absterbeordnung für überholte Fächer an den Universitäten einführt. Es gibt heute Fächer, die nicht mehr gelehrt werden müssen, sondern deren Stoff man lesen kann. Die Wissenschaft schreitet so schnell fort, daß man einfach nicht mehr jedes Wissensgebiet auf eine Tradition aufstocken kann, sonst kann man innerhalb eines Menschenlebens überhaupt nicht mehr alles studieren. Diese Absterbeordnung wird menschlich und sachlich nicht sehr leicht sein. Sie muß aber gefordert werden, wenn wir überhaupt noch arbeitsfähig bleiben wollen.
    Hierzu gehört das Prinzip, daß die Forschung an unseren Hochschulen und unseren Universitäten wieder gestärkt wird, damit diese Anstalten nicht reine Ausbildungsstätten werden. Diese Gefahr ist bei einigen Universitäten und Hochschulen vorhanden. Es ist eine Aufgabe vor allen Dingen der Kultusverwaltungen der Länder, dafür zu sorgen, daß die Forschung wieder an die Hochschulen zurückkommt, damit das Prinzip „Forschung und Lehre" nicht eine leere Deklamation wird.
    Die Frage der Lehrstuhlbesetzung ist heute ja schlimmer geworden als die Frage der Schaffung von Lehrstühlen. Wir haben eine ganze Reihe von unbesetzten Lehrstühlen an den Universitäten, und zwar eine Quote, die über die normale Rate, die man braucht, hinausgeht. Hier zeigt sich, daß etwas an der Hochschulordnung insofern nicht in Ordnung ist, als augenscheinlich der Anreiz, Universitätsdozent zu werden, nicht genügend ist. Das liegt zum Teil an der bis heute nicht gelungenen Kolleggeldreform. Der Hochschulverband hat gerade jetzt ein Weißbuch herausgebracht mit der Dokumentation, warum das so ist. Ich bin der Meinung — ich bitte das nicht übel zu nehmen —: wenn die Kultusministerkonferenz — die ja immer angeklagt wird, sie verhindere die Kolleggeldreform — damit aus irgendwelchen hier nicht zu erörternden Gründen nicht fertig wird, dann sollte man das ganze Problem dem Wissenschaftsrat geben, der vielleicht dann damit fertig wird.
    Zum Wissenschaftsrat noch ein Wort. Er sollte nicht nur verlängert werden. Der Wissenschaftsrat braucht als Grundlage nicht ein Verwaltungsabkommen, sondern ein Gesetz, und es wäre eine Aufgabe dieses Hauses, sich das einmal zu überlegen. Denn diese Einrichtung sollten wir nicht mehr aufgeben.
    Damit hängt auch die Frage der Kompetenzverteilung in Bildung, Wissenschaftsförderung usw. zusammen. Meine Damen und Herren, auch die Aufgabe eines Wissenschaftsministeriums sollte nicht darin bestehen, einen an und für sich unzulänglichen vorhandenen Besitzstand neu zu verteilen, sondern darin, diesen Besitzstand zu vermehren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.) Das ist das, was wir brauchen.

    Damit komme ich zu dem wohl wichtigsten Problem, das zu lösen ist. Es betrifft hauptsächlich die in Punkt 4 der Großen Anfrage behandelte Frage der zukünftigen Entwicklung der Planungsunterlagen. Meine Damen und Herren, ich meine hier nicht eine Planung für die Finanzierung und die Organisation der Hochschulen und Universitäten, der Bildungsanstalten, sondern etwas anderes. Die modernen Industriestaaten sind aus Gründen ihrer Existenzsicherung, auch der Sicherung der Freiheit einschließlich der militärischen Verteidigung, gezwungen, in die Zukunft zu schauen. Bei uns ist das sehr viel schwerer als in anderen Ländern, weil mit jedem Versuch, einen Blick in die Zukunft zu tun, insbesondere bei der Wissenschaft der Verdacht entsteht, hier komme ein Dirigismus auf sie zu. Ich glaube, hierüber muß man nachdenken.



    Dr.-Ing. Balke
    Ein gewisser Teil der wissenschaftlichen Betätigung muß immer frei bleiben von jeder Intervention. Der Staat hat in der pädagogischen Provinz überhaupt nur eine subsidiäre Rolle. Aber diese muß er wahrnehmen; denn die pädagogische Provinz gehört zur Selbstachtung eines Staatswesens. Diese Rolle muß er wahrnehmen, und er kann sie nicht von einer Erlaubnis der Betroffenen abhängig machen; denn der Staat als Vertreter der Allgemeinheit ist verantwortlich für die Zukunftssicherung.
    Nun kann man diese Zukunftssicherung von Wissenschaft und Forschung auf die verschiedenste Weise vornehmen. Man kann es machen wie in Amerika. Dort geschieht das in einer freien Wirtschaft durch Vereinbarungen zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Staat, sogenannte Kontaktforschung, gebunden an ein etwas größeres Verständnis der Professoren dort drüben für die Erfordernisse der Staatsräson, an die systematische Ausbildung des Teamworks und ,an eine großzügige Investitionsfinanzierung für die Wissenschaft, allerdings auf dem Umweg über die militärischen Forschungsanlagen. Das funktioniert dort drüben. Dieses System ist schon von der Eisenhower-Administration und jetzt von der Kennedy-Verwaltung bewußt als Element der Politik eingeführt worden; sonst hätten die Vereinigten Staaten weder die Kuba-Krise lösen können noch ihre Führungsrolle in der Welt wieder erringen, d. h. den Sputnik-Schock überwinden können. Man kann das machen wie in totalitären Staaten — Sowjetrußland —, in denen einfach dieses Vorausdenken in Form der sogenannten Perspektivplanung vom Staat verordnet wird, und dann auch mit Zwangsmitteln, unter Konsumverzicht der betroffenen Bevölkerung, durchgeführt wird; und man kann es machen, wie man es eigentlich in europäischen Ländern machen sollte, also bei uns, in einer freien Wirtschaftsordnung, durch die Wissenschaft festlegen lassen, was die Wissenschaft für die Zukunft braucht.
    Mit anderen Worten, meine Damen und Herren; das ist hier kein Verwaltungsproblem, sondern ein wissenschaftliches Forschungsproblem; und hier sollten wir zuerst ansetzen. Wir müssen die Frage, was wir in der Zukunft für die Förderung der Wissenschaft, für die Organisation der Wissenschaft, für ihre Finanzierung und für ihre Problemstellung brauchen, zu einer wissenschaftlichen Frage machen.
    Hierfür gibt es wissenschaftliche Hilfsmittel. Man faßt sie heute zusammen unter dem Begriff der Programmtheorie oder der Systemtheorie. Es gibt leider kaum deutsche Fachausdrücke hierfür. Hierunter fallen die operations research, die research on research, die systems analysis und die systems designs, alles Fächer, die in Amerika zur Wissenschaft gehören und mit denen man feststellt, was man später braucht. Ich bin sehr dafür, daß man die bei uns zwar vertretenen, aber doch noch recht zögernd benutzten soziologischen Wissenschaften stärker fördert — sie gehören zu den Geisteswissenschaften —, damit bei uns die Soziologie endlich einmal aus dem Status herauskommt, als wäre sie
    eine Wissenschaft, der schon vom Gegenstand her die Freude des Daseins versagt ist.

    (Heiterkeit.)

    Wir könnten also, glaube ich, ohne sehr viel zu debattieren über das, was geschehen sollte, und große Pläne zu erörtern, an die Tagesarbeit herangehen.
    Die Zukunft ist nicht so optimistisch zu beurteilen, meine Damen und Herren, wie das hier geschieht und wie es auch manche Selbstverwaltungsorganisationen unserer Wissenschaft darstellen: Es sei doch alles bestens, und an der Zukunft der deutschen Wissenschaft sei nicht zu zweifeln usw.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich bin — und ich habe doch wohl auch eine eigene Erfahrung auf diesem Gebiet — nicht ganz so zuversichtlich, nicht weil wir in Naturwissenschaft und Technik zurückhängen — das sind Dinge, die kann man aufholen —, aber wo es bei uns fehlt, das sind die geistigen Grundlagen, mit denen wir mit diesen Dingen, Naturwissenschaft und Technik — denken Sie nur an die Massenpublikationsmittel, die uns die Technik beschert hat —, geistig fertig werden. Was bei uns versagt hat, sind nicht Naturwissenschaft und Technik, die immer dem Mißbrauch ausgesetzt sind, sondern die geistigen Regulationsfaktoren, die man leichter manipulieren kann als Naturwissenschaft und Technik, bei denen immer noch zwei mal zwei gleich vier ist, ganz gleich, wer den Staat beherrscht. Aber bei den Geisteswissenschaften ist das sehr viel leichter möglich.

    (Beifall.)

    Was die Zukunft angeht, meine Damen und Herren, gerade weil wir das heute hier erörtert haben: Wir sollten uns jeden Tag mindestens einmal vorsagen: Wir sind noch längst nicht wieder davongekommen.

    (Allgemeiner Beifall.)