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    Deutscher Bundestag 58. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1963 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/947) Frage des Abg. Wellmann: Gesundheitsschädigende ausländische Lebens- und Genußmittel Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 2589 B Frage des Abg. Blachstein: Verträge der Bundespost für spanische Gastarbeiter Stücklen, Bundesminister 2589 C, 2590 A Blachstein (SPD) . . . . 2589 D, 2590 A Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Unzulässigkeit der Versendung von leeren Briefumschlägen als Drucksache Stücklen, Bundesminister . . 2590 A, B, D, 2591 A, B, C, D Dr. Rinderspacher (SPD) . . . 2590 B, C, D Dr. Mommer (SPD) 2591 A Dr. Bechert (SPD) 2591 B Dr. Schäfer (SPD) 2591 C Regling (SPD) 2591 C, D Fragen des Abg. Biegler: Schmuckblattformulare Stücklen, Bundesminister . . . . 2591 D Fragen der Abg. Dr. Mommer und Dürr: Doppelte Gebühr für Gespräche bei Störung des Selbstwählverkehrs Stücklen, Bundesminister 2592 A, B, C, D, 2593 A, B, C Dr. Mommer (SPD) 2592 B, C Dürr (FDP) . . . . . . 2592 D, 2593 A Dr. Schäfer (SPD) 2593 B Frage des Abg. Freiherr von Mühlen: International gebräuchliche Adressenschreibung Stücklen, Bundesminister 2593 D, 2594 A, B Freiherr von Mühlen (FDP) 2593 D, 2594 A Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung: Ollenhauer (SPD) 2594 C Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 2604 C Dr. Mende (FDP) 2610 C Schmücker (CDU/CSU) . . . . 2615 D Erler (SPD) 2621 C, 2631 D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 2629 C Dr. Achenbach (FDP) . . . . . . 2632 B Dr. Schröder, Bundesminister . . . 2634 C Dr. Jaeger (CDU/CSU) . . . . . 2638 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2643 D Anlagen 2645 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1963 2589 58. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr.
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    *) Siehe Anlage 2 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1963 2645 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 9. 2. Arendt (Wattenscheid) * 9. 2. Dr. Arndt (Berlin) 16.2., Dr. Dr. h. c. Baade 8.2. Bals 8. 2. Bergmann * 9. 2. Birkelbach * 9. 2. Fürst von Bismarck 22. 2. Dr. Bleiß 8. 2. Frau Brauksiepe 8. 2. Dr. Burgbacher * 9.2. Cramer 8.2. Dr. Deist * 9. 2. Deringer * 9. 2. Dr. Dichgans * 9. 2. Dopatka 21.2. Dr. Dörinkel 8. 2. Drachsler 8. 2. Dr. Dr. h. c. Dresbach 31. 3. Frau Dr. Elsner * 9.2. Faller * 9.2. Felder 8. 2. Figgen 20.4. Dr. Dr. h. c. Friedensburg * 9. 2. Funk (Neuses am Sand) 16.2. Dr. Furler * 9. 2. Gaßmann 8.2. Gedat 15.2. Dr. Gleissner 8. 2. Gscheidle 7. 2. Hahn (Bielefeld) * 9. 2. Hammersen 8.2. Dr. von Haniel-Niethammer 8. 2. Harnischfeger 15. 2. Hauffe 28.2. Herold 8. 2. Hilbert 8.2. Illerhaus * 9. 2. Kalbitzer * 9. 2. Katzer 28. 2. Frau Kipp-Kaule 8.2. Dr. Klein (Berlin) 8. 2. Klein (Saarbrücken) 15.2. Klinker * 9. 2. Kohlberger 8.2. Frau Korspeter 8. 2. Dr. Kreyssig * 9. 2. Kriedemann * 9. 2. Kühn (Hildesheim) 8. 2. Kurlbaum 8.2. Lemmer 28. 2. Lenz (Brühl) * 9. 2. Dr. Löhr * 9.2. Lücker (München) * 9.2. Margulies * 9. 2. Mauk * 9.2. Menke 8.2. Metzger * 9. 2. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Michels 7. 2. Müller (Berlin) 28.2. Müller (Nordenham) 2. 3. Müser 8. 2. Neubauer 17. 2. Nieberg 8. 2. Oetzel 28. 2. Frau Dr. Pannhoff 8.2. Dr.-Ing. Philipp * 9.2. Pöhler 8. 2. Frau Dr. Probst * 9.2. Rademacher 8. 2. Richarts * 9. 2. Dr. Rieger (Köln) 8. 2. Ritzel 8. 2. Ruf 8.2. Seither 11.3. Steinhoff 15. 2. Dr. Steinmetz 8. 2. Storch * 9. 2. Strauß 18. 3. Frau Strobel * 9. 2. Sühler 8.2. Frau Vietje 15. 2. Wacher 8. 2. Dr. Wahl 28.2. Weinkamm * 9.2. Werner 24.2. Wischnewski * 9. 2. Wittmer-Eigenbrodt 16. 2. Dr. Zimmermann (München) 8. 2. * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlage 2 Schriftliche Ausführungen des Abgeordneten Dr. Wuermeling zu der Aussprache über die Regierungserklärung. Wir haben heute nach Neubildung der Bundesregierung die erste allgemeine politische Aussprache. Bei einer solchen Aussprache sollen die Grundlinien unserer Politik erörtert werden. Sie verstehen es gewiß, wenn ich meinerseits dabei das Thema anspreche, mit dem ich durch mein bisheriges Amt als Familienminister engstens verbunden bin und dem ich künftig auch als Abgeordneter mit Leib und Seele verbunden bleiben werde, die Familienpolitik. Dieses Thema gehört in die Generalaussprache über die Gesamtpolitik, weil es ein Thema ist, das in alle politischen Sachbereiche hineinstrahlt und hineinstrahlen muß und weil es bei allen einzelnen Fachgesetzen leider immer nur irgendwie am Rande erscheint. Es pflegt aber dort jeweils im Schatten der Fülle der Fachprobleme zu stehen, die etwa bei jedem Sozialgesetz, bei jedem Steuergesetz, beim Wohnungsbau usw. zu erörtern sind. Ist es 2646 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1963 nicht wirklich so, daß wir sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Verwaltung immer wieder der Gefahr erliegen, nur in den vertikalen Fachbereichen etwa der Sozialversicherungszweige, der Kriegsopferversorgung, des Lastenausgleichs, des Steuerrechts usw. zu denken und den horizontal quer durch alle vertikalen Fachbereiche gehenden so wichtigen Bereich Familie darüber in den Hintergrund treten zu lassen? Und das, obwohl es doch ein immer wieder gerade von den beiden großen Fraktionen des Hauses betontes Hauptanliegen ist, die Familie als die wichtigste Institution für Staat und Gesellschaft zu schützen und unseren Familien mit Kindern auch wirtschaftlich wenigstens einigermaßen gleichberechtigte Existenzvoraussetzungen zu ermöglichen. Auch die gestrige Regierungserklärung hat das ja erneut in zwei markanten programmatischen Sätzen unterstrichen. Lassen Sie mich zu letzterem Punkt hier heute etwas sagen, aber mit der betonten Vorbemerkung, daß diese Fragen des Familienausgleichs gewiß nicht der einzige — und nicht einmal der wichtigste — Bereich der Familienpolitik sind, aber doch der Bereich, auf dem gerade wir hier auf der Bundesebene die größten Möglichkeiten und Aufgaben haben, mit deren Erfüllung wir uns -- trotz all dessen, was bisher erreicht wurde — in der Bundesrepublik in einem schmerzlichen Rückstand gegenüber unseren westlichen Nachbarländern befinden. Ich bekenne das in aller Offenheit nach neun Jahren unaufhörlichen und leider nicht genügend erfolgreichen Ringens als Familienminister. Ich will hier nicht im einzelnen auf die Ergebnisse der Godesberger Konferenz von acht europäischen Familienministern vom Mai vorigen Jahres, die das gezeigt haben, eingehen. Sie sind Ihnen und der Öffentlichkeit ja aus dem amtlichen Bulletin bekannt. Ich gebe auch zu, daß Vergleiche mit anderen Ländern allein nicht zwingend sind, wenn man Entschlüsse für sein eigenes Land zu fassen hat, zumal da solche Vergleiche ja nicht immer auf absolut gleichartigen Komponenten aufgebaut sind. Wir haben uns allerdings bemüht, in der Familienministerkonferenz eine weitgehende Vergleichbarkeit sicherzustellen. Wichtiger als diese internationalen Vergleiche scheint mir vielmehr die Kenntnis der Situation der Familien in unserem eigenen Lande, insbesondere der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation unserer Familien mit Kindern angesichts der Lohn-und Preisentwicklung in einer Zeit, in der wir alle immer wieder die Notwendigkeit des Schutzes und der Gerechtigkeit für sie betont haben. Hier muß leider .die betrübliche Feststellung getroffen werden, daß für die Angehörigen aller Bereiche des sozialen Lebens in den letzten Jahren Verbesserungen ihrer wirtschaftlichen Lebensbedingungen — gewiß unterschiedlichen Ausmaßes, aber jedenfalls sichtbare reale Verbesserungen — eingetreten sind, weithin durch •gesetzliche Maßnahmen, daß aber unsere Familien mit Kindern — und ich wage zu behaupten: allein diese! — hinter der für alle anderen eingetretenen Aufwärtsentwicklung sichtbar zurückgeblieben sind. Weil wir uns das alle täglich vor Augen halten sollten, möchte ich Ihnen diese Feststellung kurz begründen. Dazu zunächst folgendes: Wenn Löhne und Gehälter steigen — und sie sind in den letzten Jahren erheblich, mehr als die Preise gestiegen —, dann hat ,der Alleinstehende die meinetwegen 20 bis 30 DM monatlicher Erhöhung nach Abzug der Steuern und Sozialabgaben für sich allein und verbessert sich entsprechend um das volle Mehr an Kaufkraft. Wo aber auch Frau und Kinder mitversorgt werden müssen, ,dividiert sich die monatliche Erhöhung durch 4 oder 5 oder noch mehr Köpfe, so daß der Kaufkraftrückstand unserer Kinderfamilien gegenüber den Alleinstehenden schon von daher mit jeder linearen Lohn- und Gehaltserhöhung immer größer wird. Dazu kommt aber noch, daß .die Preiserhöhungen für den lebensnotwendigen Bedarf, mit dem die Lohnerhöhungen ja weithin begründet werden, dieselben Familien mit Kindern, die ohnehin mit den linearen Lohnerhöhungen immer weiter hinter ,die Alleinstehenden zurückfallen, multipliziert mit der Zahl der Familienmitglieder, treffen, daß hier also einer dividierten Lohn- oder Gehaltserhöhung eine multiplizierte Verteuerung des lebensnotwendigen Bedarfs gegenübersteht, dem die Eltern gerade für ihre Kinder nicht ausweichen können. Durch diese Entwicklung kommen die Familien mit Kindern auf doppelte Weise immer weiter in Rückstand. Ich sage das jetzt nicht, um nach irgendeiner Seite hin Vorwürfe zu erheben, sondern ausschließlich, weil ich meine, daß wir uns, da wir unsere öffentlichen Erklärungen zugunsten unserer Kinderfamilien doch ernst nehmen, über diesen Tatbestand klar werden müssen. Denn im Anfange allen Fortschritts steht immer die klare Erkenntnis der Sachlage. Ich habe das Gefühl, daß aus dieser Sachlage bisher deshalb nicht die gebotenen Konsequenzen einer entsprechenden Anpassung der Familienleistungen gezogen worden sind, weil diese Erkenntnis vielen von uns bisher einfach nicht tief genug ins Bewußtsein gelangt ist. Ich darf das deshalb mit einigen wenigen Tatsachen erläutern, die meines Erachtens jeden geradezu erschrecken müssen, der sich den besonderen Sorgen unserer Väter und Mütter verbunden weiß. Zunächst das Bild im großen Bereich der freien Wirtschaft. Seit der letzten Erhöhung des Kindergeldes von 30 auf 40 DM monatlich per 1. März 1959 haben sich die durchschnittlichen Monatslöhne männlicher Industriearbeiter nach den Feststellungen des Statistischen Bundesamtes schon bis August 1962 um 42 % — inzwischen noch weiter — erhöht. Da das Kindergeld seitdem unverändert blieb, erhöhte sich hier das Monatseinkommen — schon bis August 1962 — bei Ledigen und kinderlos Verheirateten um die genannten 42 %, bei Familien mit 3 Kindern nur um 39 %, bei Familien mit 5 Kindern nur um 34 %, und das, obschon gerade die Familien mit Kindern, wie gesagt, durch die Preisentwicklung viel stärker betroffen sind als andere. Die Zahlenreihe müßte gerechterweise genau die umgekehrte Tendenz aufweisen. Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1963 2647 Hierbei habe ich noch nicht einmal berücksichtigt, daß nach den Feststellungen des Statistischen Bundesamtes von 1959/62 die Lebenshaltungskosten für den Unterhalt von Kindern mit rund 10% erheblich stärker angestiegen sind als die allgemeinen Lebenshaltungskosten eines Erwachsenen (7,6 %). Es steht aber ohnedies eindeutig fest, daß in dem großen Bereich der privaten Wirtschaft der Anteil am Sozialprodukt für die Familien mit Kindern sichtbar abgesunken ist, während der Anteil der Kinderlosen am Sozialprodukt zu Lasten der Kinderlosen sich ebenso sichtbar erhöht hat. Das ist aber doch wohl genau das Gegenteil von dem, was wir alle anstreben. Betrachten wir die Entwicklung bei den 835 000 Arbeitern des öffentlichen Dienstes — Bund, Länder und Gemeinden —, von denen über 500 000 allein auf Bundesbahn und Bundespost entfallen, uns also im Bundestag besonders interessieren. Hier ergibt sich, daß, weil die Kinderzuschläge seit 1956 überhaupt nicht mehr erhöht wurden, die Entwicklung noch wesentlich ungünstiger für die Familien ist. Bei einem Arbeiter der Lohngruppe IV (Ortsklasse 1) und einem mittleren Kinderzuschlag von 35 DM monatlich erhöhten sich von 1956 auf 1962 die Monatsbezüge der Kinderlosen um 53 %, bei 3 Kindern um 41%, bei 5 Kindern nur um 35 %. Hier erhöhte sich also der Anteil der Alleinstehenden am Sozialprodukt um 53%, der des Familienvaters mit 5 Kindern aber nur um 35%, beim Alleinstehenden also um rund 50 % mehr, als bei der Familie mit 5 Kindern. Ich glaube, daß das Tatbestände sind, an denen schlechthin niemand von uns vorbeigehen kann und die stärker nach Abhilfe geradezu schreien als jede andere noch so dringlich erscheinende gesellschaftspolitische Maßnahme. Für die Bundesbeamten hat die dem Hause vorliegende Regierungsvorlage, wie wir gern als erfreulich anerkennen, vorgesehen, daß die familienbezogenen Gehaltsteile ab 1. April 1963 ebenso um 6 % erhöht werden wie die Grundgehälter. Die Bundesregierung hat also die mir heute noch absolut unverständlich erscheinende Länderregelung, die ausgerechnet die familienbezogenen Gehaltsteile von der Erhöhung ausschloß, bewußt nicht mitgemacht, so daß hier, wenn man die Dinge rein rechnerisch prozentual sieht — wogegen manches gesagt werden könnte —, die Familien anteilig berücksichtigt sind. Ich glaube, daß dieser familienpolitische Querschnitt durch die verschiedenen Bereiche der Berufstätigen in die allgemeine politische Aussprache gehört, weil man die Lage der Familie einmal quer durch alle Bereiche sehen muß, um ein klares Gesamtbild zu bekommen. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß in allen Bereichen der Lohn- und Gehaltsempfänger — Entsprechendes gilt natürlich auch für die freien Berufe -der Anteil der Familien am Sozialprodukt in den letzten Jahren erheblich geschmälert wurde zugunsten des Anteils der Ledigen und kinderlosen Verheirateten. Die Familien mit Kindern befinden sich wirtschaftlich, gemessen an der Entwicklung der Erwachsenenhaushalte, in einer eindeutig rückläufigen Entwicklung. Bei dieser Sachlage sollen ihnen nun durch die Krankenversicherungsreform noch mehr neue Lasten auferlegt werden als den kinderlosen Haushalten, insbesondere durch die Handhabung des 2%igen Individualbeitrages mit der Selbstbeteiligung auch für Kinder. Ich hoffe zuversichtlich, daß das Hohe Haus den Familien wenigstens solche Sonderbelastungen erspart, wenn schon die vorgesehene Kindergeldaufbesserung nicht einmal das notwendige Mindestausmaß erreicht. Es lag mir sehr daran, diese ernsten und unser aller Wollen eideutig widersprechenden Tatbeständen hier und heute einmal in aller Offenheit darzulegen, damit wir uns demnächst bei allen einschlägigen Gesetzen daran erinnern und alle gemeinsam auf Abstellung dieser eindeutig für die Familien rückläufigen Entwicklung nach besten Kräften bedacht sind, die Wohlstandsentwicklung in den letzten Jahren ist eindeutig auf den Rücken der Familie vor sich gegangen. Das aber kann kein Staat zulassen, der auf seine Zukunft bedacht ist und dessen verantwortliche Träger wissen um die Bedeutung der Familien und ihrer Kinder für den Einzelnen wie für die Gesamtheit. Lassen Sie mich zum Schluß noch die sich natürlich aufdrängende Frage beantworten, wie eine solche Entwicklung im Zeitalter der Familienpolitik und im Jahrhundert des Kindes überhaupt möglich war. Ich möchte das tun ohne jede Polemik nach irgendeiner Seite hin, ich möchte nur erkennbar machen, wo meines Erachtens die Wurzel des Übels liegt. Die Ursache für diese, wie gesagt von niemandem wirklich gewollte Entwicklung liegt in dem individualistischen Denken unserer Zeit, das immer nur allein das Individuum sieht, das im Gesellschaftsleben pair das „do ut des", die Leistung gegen die Gegenleistung kennt und darüber vergißt, daß die für Staat und Gesellschaft lebenswichtige Institution Familie in der modernen Industriegesellschaft dabei zu kurz kommt, gewissermaßen „erdrückt" wird, obschon sie doch mit die wichtigste Leistung auch für Staat und Gesellschaft erbringt. Wir müssen in allen Bereichen unseres sozialen Lebens — jeder an seiner Stelle — darauf bedacht sein und bleiben, daß dieser Entwicklung Einhalt geboten wird, nicht nur vom Gesetzgeber, sondern auch von den Tarifvertragspartnern, auch von Ländern und Gemeinden und überall, wo man etwas dazu tun kann. Niemand darf hier sagen: Familienausgleich natürlich, aber was geht mich das an? Das kann nicht alles allein der Bundesgesetzgeber machen, was hier notwendig ist. Denn das Sozialprodukt ist nur einmal da, und alles, über das etwa die Sozialpartner in tarifvertraglichen Vereinbarungen verfügen, ist für den Familienausgleich nicht mehr greifbar. Und alle Mittel des Bundeshaushalts, über die wir für andere Zwecke verfügen, sind damit der Verwendung für den so zurückgebliebenen Familienausgleich entzogen. Sollten wir alle uns nicht einmal ganz nüchtern fragen, ob wir daran in den letzten Jahren nicht zu wenig gedacht haben? Ziehen wir aus der ge- 2648 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1963 wonnenen Erkenntnis die sich zwangsläufig ergebenden Konsequenzen! In unseren Nachbarländern ist es weithin so, daß alle politischen Parteien ebenso wie Wirtschaft und Gewerkschaften die Familienausgleichsmaßnahmen für absolut vordringlich halten gegenüber anderen gesellschaftspolitischen Anliegen. Mit dieser gemeinsamen Haltung haben sie alle einen wirklichen und einigermaßen gerechten Familienausgleich durchgeführt, auch die Länder, deren wirtschaftlicher Aufstieg nicht das Ausmaß des unseren in der Bundesrepublik erreichte. Ich möchte heute darum werben, daß alle beteiligten Kreise sich zu dem Entschluß durchringen, künftig auch bei uns gemeinsam dieses große und unausweichlich wichtige Anliegen nicht nur zu sehen, sondern auch zu gemeinsamem Tun über alle Parteigrenzen hinweg bereit zu sein. Meinerseits möchte ich jedenfalls in diesem Sinne meinem Nachfolger im Amt des Familienministers jede mögliche Unterstützung zuteil werden lassen, auf daß er es leichter hat als ich in den Jahren, in denen die Familienpolitik erst aufgebaut und ihre Idee und Aufgabe erst einmal durchgesetzt werden mußte. Und hierzu erbitte ich die Mitarbeit aller Fraktionen und auch der Presse, eben weil Schutz und Gerechtigkeit für die Familien ein Anliegen unseres ganzen Volkes in allen gesellschaftlichen Bereichen ist. „Die Rettung des Menschengeschlechtes beginnt bei der Familie" ! Dessen mögen wir alle — jeder in seinem Bereich — stets eingedenk sein und bleiben und danach handeln!
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Mommer, Sie wissen, ich will mir immer gern alles überlegen. Sie wissen auch, daß es mir nicht ganz besonders wohl zumute ist, nicht nur wegen der Stimme.

    (Heiterkeit.)

    Aber ich wollte nur sagen, daß bei einem solchen Massenbetrieb einfach eine Kontrollmöglichkeit vorhanden sein muß. Die bisherigen langen Erfahrungen im Betriebsdienst haben diese Notwendigkeit ergeben. Sollte sich aber zeigen, daß man darauf verzichten kann, dann bin ich der letzte, der nicht bereit wäre, das zu tun.


Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Mommer!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Mommer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Minister, würden Sie einen Ausweg in der logischen Deduktion sehen, daß es wohl keine Vorschrift darüber gibt, wieviel Worte eine Drucksache enthalten muß, und daß in der Drucksache, die der Philatelist beilegt, die Zahl der Worte auf null zusammengeschrumpft und daher nicht erkennbar ist?

    (Heiterkeit.)