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ID0405604800

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Metadaten
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    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache IV/891) — Erste Beratung — Höcherl, Bundesminister . 2477 A, 2526 D Hoogen (CDU/CSU) . . . . . . 2491 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2495 D Dorn (FDP) . . . . . . . . . 2504 C Leber (SPD) . . . . . . . . 2507 A Sänger (SPD) 2516 B Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 2523 D Entwurf eines Gesetzes über den Zivildienst im Verteidigungsfall (Zivildienstgesetz) (Drucksache 1V/450) — Erste Beratung —; in Verbindung mit .dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Drucksache IV/343) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Aufenthalts .der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall (Aufenthaltsregelungsgesetz) (Drucksache IV/895) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes über bauliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (Schutzbaugesetz) (Drucksache IV/ 896) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung (Selbstschutzgesetz) (Drucksache IV/897) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2533 C Lünenstraß (SPD) . . . . . . . 2537 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) 2539 C Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 2541 D Busse (FDP) . . . . . . . . 2544 D Frau Renger (SPD) 2546 B Hansing (SPD) 2548 D Dr. Kempfler (CDU/CSU) 2550 D Hübner (CDU/CSU) 2551 D Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft sowie des Geld- und Kapitalverkehrs (Wirtschaftssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/ 892) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie der Forst- und Holzwirtschaft (Ernährungssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/893) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs (Verkehrssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/894) — Erste Beratung — Dr. Bieringer (CDU/CSU) . . . 2553 B Lange (Essen) (SPD) 2553 C Dr. Imle (FDP) 2555 D Lemmrich (CDU/CSU) 2556 C Überweisung der Gesetzentwürfe an Ausschüsse 2557 C Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Beratenden Versammlung des Europarates 2557 D Nächste Sitzung 2558 C Anlage 2559 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Januar 1963 2477 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Fran Albertz 24. 1. Arendt (Wattenscheid) 25.1. Dr. Arndt (Berlin) 24. 1. Dr. Atzenroth 25.1. Dr. Dr. h. c. Baade 25. 1. Bading 5.2. Bauknecht 25. 1. Fürst von Bismarck 25. 1. Dr. Bleiß 25.1. Dr. von Brentano 25. 1. Brese 25. 1. Deringer 24. 1. Dr. Dörinkel 4. 2. Drachsler 25. 1. Dr. Dr. h. c. Dresbach 28.2. Eisenmann 24. 1. Etzel 26. 1. Faller * 25. 1. Figgen 23. 2. Funk (Neuses am Sand) 16. 2. Gewandt 31. 1. Freiherr zu Guttenberg 25. 1. Haage (München) 25. 1. Hahn (Bielefeld) 25. 1. Hammersen 24.1. Harnischfeger 25. 1. Hauffe 28.2. Hellenbrock 26. 1. Holkenbrink 26. 1. Dr. Hoven 25. 1. Illerhaus 24. 1. Kahn-Ackermann 25. 1. Kalbitzer 25. 1. Dr. Kanka 24. 1. Katzer 31. 1. Keller 25. 1. Frau Kipp-Kaule 25. 1. Klinker 25. 1. Koenen (Lippstadt) 25.1. Dr. Kohut 25. 1. Kriedemann* 25. 1. Kühn (Köln) 2.2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lemmer 26. 1. Lenz (Bremerhaven) 25. 1. Lücker (München) * 25. 1. Mattick 25. 1. Mauk 25. 1. Frau Dr. Maxsein 25. 1. Dr. Menzel 25. 1. Dr. von Merkatz 4. 2. Dr. Miessner 31. 1. Missbach 25. 1. Dr. Morgenstern 25. 1. Müller (Berlin) 28. 2. Müller (Remscheid) 25. 1. Müller-Hermann 31. 1. Neubauer 17.2. Neumann (Berlin) 25. 1. Ollenhauer 25. 1. Dr.-Ing. Philipp 25. 1. Rademacher 31. 1. Ravens 25. 1. Dr. Reinhard 25. 1. Richarts 26. 1. Dr. Rutschke 31. 1. Sander 25. 1. Schmücker 24. 1. Schneider (Hamburg) 31. 1. Schröder (Osterode) 25. 1. Schütz 25. 1. Dr. Stammberger 3. 2. Dr. Starke 24. 1. Stein 24. 1. Frau Strobel * 25. 1. Struve 25. 1. Dr. Süsterhenn 25. 1. Urban 25. 1. Wacher 25. 1. Dr. Wahl 28. 2. Dr. Zimmer 26. 1. Zühlke 24. 1. b) Urlaubsanträge Dopatka 21.2. Werner 24. 2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Hermann Hansing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir heute morgen und heute nachmittag die schweren Sachen aus dem Notstandspaket bearbeitet haben, kommen wir heute abend zu den kleineren Päckchen, die uns heute morgen der Herr Innenminister so mit leichter Hand und in Seidenpapier eingewickelt übergeben hat. Wenn wir sie aber aufmachen, Herr Minister, dann müssen wir sagen: die Verpackung ist nicht entscheidend; entscheidend ist doch immerhin das, was darin ist. Ich glaube, die Dinge, die uns in diesen kleinen Päckchen vorgesetzt werden, sind es wert, angesprochen zu werden.



    Hansing
    Zwei Gesetzentwürfe möchte ich behandeln, das Aufenthaltsregelungsgesetz und das Selbstschutzgesetz. Wenn wir uns das Aufenthaltsregelungsgesetz vor Augen führen wollen und wissen wollen, was sein Kern ist, dann brauchen wir uns nur folgende Sätze aus der Begründung des I. Abschnittes zu vergegenwärtigen:
    Jeder Wechsel des Aufenthaltsortes bedarf
    grundsätzlich einer behördlichen Genehmigung.
    Ausnahmen sind dabei nur auf besonderen Antrag möglich.
    Die Einschränkung im Wohnungswechsel und die Einschränkung des Aufenthalts soll auf Grund des Art. 59 a des Grundgesetzes dann erfolgen, wenn ein bewaffneter Angriff auf die Bundesrepublik geführt wird oder wenn die Bundesregierung feststellt, daß Beschränkungen in der Wahl des Aufenthaltsorts für dringend erforderlich gehalten werden. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion
    ist der Ansicht, daß die Regierung im Innenausschuß sagen muß, welche Umstände sie meint, die es rechtfertigen, daß Beschränkungen eingeleitet werden. Wir möchten vorher wissen, wann die Regierung und unter welchen Umständen sie die Einschränkungen vornehmen will. In der Begründung ist darüber nichts gesagt.
    Im ersten Regierungsentwurf aus dem Jahre 1960 wurde von einer teilweisen Umquartierung nach Beruf und Alter gesprochen. Im jetzigen Entwurf lesen wir etwas von einem generellen Verbot des Aufenthaltswechsels. Als Begründung wird der Schutz der Bevölkerung angegeben oder—und das ist wohl richtiger — die Sicherung der Operationsfreiheit der Streitkräfte. Die Erfahrungen aus den verschiedensten Manövern bestätigen, daß die zweite Möglichkeit gemeint ist. Aber, meine Damen und Herren, glaubt jemand im Ernst, daß man der Bevölkerung diese Einschränkungen bei dem militärischen Einsatz und der daraus entstehenden Situation auferlegen kann, an Ort und Stelle zu bleiben? Glaubt man im Ernst, daß die Bevölkerung tatsächlich dableibt, zumal die Bundesregierung bis zum heutigen Tage keine Möglichkeit geschaffen hat, daß sich die Bevölkerung überhaupt irgendwie an Ort und Stelle schützen kann? Es gibt keine Schutzräume. Herr Minister, ich bitte Sie — ich habe es bereits vor einem halben Jahr getan —: Sagen Sie einmal der Öffentlichkeit, in welcher Stadt ein einziger Bunker betriebsfertig ist, in den tatsächlich morgen früh jemand auch ohne Schaden hineingehen kann. Sie können uns wohl nicht einen einzigen Bunker in irgendeiner Stadt nennen, der fertig ist.
    Wir sind deshalb der Ansicht, daß ein generelles Verbot des Aufenthaltswechsels sehr fragwürdig ist. Ich sagte anfangs, wir möchten wissen, was sich die Regierung darunter vorstellt, wenn sie die Freizügigkeit von sich aus beschränken will. Wir Sozialdemokraten sind der Ansicht, daß nur die Feststellung des Notstandes die Möglichkeit der Einschränkung und Beschränkung geben sollte.
    Im Entwurf wird von Übungen gesprochen; ich glaube, der Kollege Busse hat diesen Punkt bereits mit angesprochen. Bei den Übungen für die Verlegung gewisser Städte oder Bevölkerungsgruppen in andere Gebiete spricht der Entwurf von Freiwilligkeit und von Verpflichtung. Ich kann es verstehen, daß solche Übungen durchgeführt werden müssen, um festzustellen, ob die Organisation, ob der Verkehr, ob auch das Nachrichtenwesen funktioniert. Bedenken wir aber, was die deutsche Bevölkerung in der Vergangenheit durchgemacht hat. Ich glaube, daß diese Übungen und Umquartierungen schlecht bei der Bevölkerung ankommen werden. Wir sollten hier sehr, sehr behutsam vorgehen. Wir meinen deshalb, daß die Teilnahme an derartigen Übungen freiwillig sein sollte. Selbst wenn im Entwurf steht, daß bei der Verpflichtung der Arbeitnehmer die Zeit bezahlt wird, sind wir trotzdem der Ansicht, daß von der Freiwilligkeit ausgegangen werden sollte.
    Die Regierung stützt sich im Entwurf auf die Erfahrungen in Schweden. Das ist gut so. Nur, Herr Minister, Sie sollten sich auch, wenn Sie schon Schweden anführen, einmal darauf beziehen, daß in Schweden der Krieg, wie er sein kann und wie er sich auswirken wird, in Broschüren so nüchtern und so real geschildert wird, wie wir es bis zum heutigen Tage nicht für nötig gehalten haben.
    Als Vorbild für die Übungen ziehen Sie Schweden heran. Die Kosten einer solchen Übung sind ungeheuer. Meines Wissens sind bis jetzt dort drei Übungen auf freiwilliger Basis durchgeführt worden. An zwei Übungen haben einige Damen und Herren des Bundestages teilgenommen. Der Erfolg steht in keinem Verhältnis zu den Kosten, abgesehen von der Kleinstadt Västeros. In Schweden haben wir bei den freiwilligen Übungen eine Beteiligung von ca. 18 % im Raum des Stadtteils um Vällingby gehabt. Die Kosten aber sind ungeheuer: Hunderte von Autobussen werden zur Verfügung gestellt, ganze Untergrundbahnbezirke werden lahmgelegt und für diese Übungen zur Verfügung gestellt. Wir sind bei einer Kostenberechnung auf einen Betrag bis zu 200 000 Kronen gekommen. Solche Kosten kommen auf die Gemeinden, auf die Städte und Länder. Diese Kosten können unsere Gemeinden nicht tragen. Der Erfolg steht in keinem Verhältnis zu der Zahl der Beteiligten. Wir sollten deshalb solche Übungen, so notwendig sie auch sind, vielleicht einzig und allein unter dem Gesichtspunkt des Transportes und des Nachrichtenwesens durchführen.
    Meine Damen und Herren, wenn dieser Entwurf so bleibt, ist er — nach den Erfahrungen der Vergangenheit — sehr problematisch. Wir sollten uns im Innenausschuß bemühen, andere Regelungen zu finden, und nicht hier generell ein Verbot aussprechen.
    Nun zu dem Selbstschutzgesetz. Der Schwerpunkt dieses Gesetzes liegt darin, daß die Selbstschutzpflicht für alle Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren eingeführt wird. Wichtig ist, daß sich die Pflicht insbesondere auf die Ausbildung im Selbstschutz, auf die Anschaffung von Schutzgeräten und auf die Lebensmittelbevorratung bezieht. Die Sozialdemokratische Partei und die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bekennen sich zum Selbstschutz. Diesel Entwurf muß aber gewissenhaft geprüft werden.



    Hansing
    Ich möchte einen Punkt herausgreifen, um daran zu zeigen, ob der Entwurf überhaupt realisierbar ist. Der Entwurf spricht von der Verpflichtung, einen Schutzraum aufzusuchen. Nun soll man uns einmal sagen, wohin man denn nun eigentlich gehen soll! Gewiß, wir haben soeben über den Schutzbaugesetzentwurf gesprochen. Aber dieses Programm wird frühestens im Jahre 1964 anlaufen, und ich bin davon überzeugt, daß gewisse Schwierigkeiten entstehen werden, so daß vielleicht erst in einigen Jahren die Möglichkeit besteht, Schutzräume aufzusuchen. Deshalb sollte man hier vorerst nicht von einer Verpflichtung sprechen.
    Herr Minister, Sie haben heute morgen erklärt, dieser Gesetzentwurf stütze sich weitgehend auf die Gesetze anderer Staaten. Ich glaube, es wäre richtig, uns einmal diese Gesetze vorzulegen; denn letzten Endes müssen die Staaten wissen, wie in der Gesamtheit das Konzept der Zivilverteidigung in der NATO aussieht.
    Sie haben auch Schweden angeführt. Herr Minister, Sie hätten dann auch sagen müssen, daß Schweden im Bunkerbau an erster Stelle steht.
    Wir werden uns im Innenausschuß über die Zweckmäßigkeit gewisser Maßnahmen, die hier vorgeschlagen werden, unterhalten, z. B. über die Beschaffung von Selbstschutzgeräten. Auch hier wird von einer Verpflichtung gesprochen. Wir sind der Meinung, daß die Anschaffung von Selbstschutzgeräten nicht am Einkommen scheitern darf. Auch die Vereinigung der deutschen Wissenschaftler spricht davon, daß die Anschaffung von Selbstschutzgeräten etwa bei großen Familien nicht am ungenügenden Einkommen scheitern darf. Es wird weitestgehend darauf ankommen, ob die Regierung bereit ist, im Ausschuß Entgegenkommen in dieser Frage zu zeigen. Es ist unmöglich, nur denen die Hilfe zu geben, die weniger als das Anderthalbfache des Fürsorgerichtsatzes haben. Das würde bedeuten, daß Anträge ausgegeben werden müßten; es würde den Gang zum Fürsorgeamt bedeuten, oder wie man das Amt, Herr Minister, auch immer nennen mag. Ich glaube, wir sollten prüfen, ob die Selbstschutzgeräte nicht einfach 'gegen Zahlung einer niedrigen Gebühr an die Bevölkerung abgegeben werden können.
    Ein anderer Punkt ist die Verpflichtung zur Haushaltsbevorratung. Wir sind der Meinung, es geht nicht an, daß die Regierung durch Rechtsverordnung bestimmen kann, wann der Warenvorrat erneuert werden soll, sondern wir sind der Ansicht, daß auf den verpackten Lebensmitteln — das ist vor einigen Wochen hier angesprochen worden — verzeichnet sein muß, wann man sie verpackt hat und wie lange sie haltbar sind.
    Mit einer anderen Sache können wir uns ebenfalls nicht befreunden; das ist der Vorschlag, daß die Gemeinden unmittelbar im Auftrag des Bundes handeln sollen. Wir teilen die Bedenken des Bundesrates und glauben, daß es richtiger ist, wenn die Länder im Auftrag des Bundes und die Gemeinden im Auftrag der Länder handeln.
    Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es vertretbar ist, daß die Gemeinden und die Gemeindeverbände die Kosten für die Ausrüstung der Selbstschutzpflichtigen und für andere Maßnahmen zu tragen haben. Der Herr Minister hat heute morgen von der Zumutbarkeit der Kosten gesprochen. Das gilt im weitesten Sinne für die Bevölkerung; es gilt aber auch für die Gemeinden. Im Innenausschuß muß klargestellt werden, was für die einzelnen Gemeinde zumutbar ist. Es ist wichtig, daß das geprüft wird.
    Der Herr Minister hat heute morgen auch davon gesprochen, daß in der Vergangenheit die Bevölkerung und die Betriebe wenig auf der Basis der Freiwilligkeit zum Selbstschutz beigetragen hätten. Das stimmt durchaus, Herr Minister. Nur meine ich, Sie haben eine Gruppe vergessen. Sie hätten dem Bundestag einmal sagen sollen, in welchem Ministerium Ihrer Regierung der Selbstschutz bereits auf der Basis der Freiwilligkeit durchgeführt worden ist. In keinem Ministerium! Wenn die Regierung ernst genommen werden will, dann muß sie der Öffentlichkeit mit gutem Beispiel vorangehen. Die Regierung kann nur erwarten, ernst genommen zu werden, wenn sie es selber mit der Selbstschutzpflicht ernst meint.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir werden uns im Innenausschuß über die weiteren Punkte unterhalten. Die Sozialdemokraten wenden an dem Gesetzentwurf positiv mitarbeiten.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kempfler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Kempfler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist kein leichtes Los, am Ende einer so umfangreichen Rednerliste zu stehen. Erstens gilt der Satz: Man kann nichts Kluges, man kann nichts weniger Kluges sagen, was nicht schon ein Vorredner oder eine Vorrednerin gesagt hat. Zweitens ist begreiflicherweise die Kritik, ob es wirklich notwendig war, noch etwas zu äußern, insbesondere nach der verheißungsvollen Ankündigung des Herrn Präsidenten, wesentlich stärker als bei den glücklichen Rednern, die schon am Morgen um 10 Uhr reden durften. Ich bitte deshalb, mir nicht allzu böse zu sein, wenn ich mich sehr kurz fasse.

    (Beifall. — Zuruf: Dessen dürfen Sie gewiß sein!)

    — Beifall im ganzen Hause!
    Ich darf vielleicht das Dilemma, das in allen Reden angeklungen ist, in einem Satz zusammenfassen. Menschenverstand und Menschenfleiß vermochten es, fast perfekte Vernichtungsmittel zu erfinden; sie konnten es aber nicht schaffen, eine entsprechende Abwehr dagegen zu finden. Dabei ist durchaus nicht auszuschließen, daß menschliche Unvernunft oder auch eine unglückliche Verkettung von Umständen den Verteidigungsfall auslösen. Wir sind uns alle einig — ich brauche darüber gar kein Wort mehr zu verlieren —, daß es unter diesen Um-



    Dr. Kempfler
    ständen notwendig ist, Maßnahmen zu treffen. Der Herr Kollege Schäfer hat heute in einem anderen Zusammenhang den meines Erachtens sehr glücklichen Satz ausgesprochen: Die Hoffnung, daß man eine Regelung nicht praktizieren muß, entbindet nicht davon, sie vorzusehen.
    Ich darf in bezug auf den Schutzbau — nur zu diesem Gesetz werde ich mich äußern — zwei Bemerkungen machen. Auch hierfür gilt, was schon in Dutzenden von Reden angeklungen ist: daß auch der Schutzbau keinen vollständigen, in manchen Lagen nicht einmal einen annähernd befriedigenden Schutz bieten kann. Kollege Schmitt-Vockenhausen hat anerkannt, daß der Herr Bundesinnenminister heute die Dinge beim richtigen Namen genannt, nicht verharmlost, nicht verniedlicht hat, und ich darf mich auf diese Bemerkung beschränken. Man sollte aber andererseits auch festhalten, daß es gerade durch bauliche Maßnahmen möglich ist, in größerem oder in geringerem Maße die Gefahr und das Risiko bei jeder Art von Angriff zu mindern. Darüber sind sich alle Stellen einig, einschließlich des Gutachtens der Vereinigung deutscher Wissenschaftler vom Juni 1962, wobei letzteres allerdings einige Einschränkungen macht. 'Eine brauchbare Zusammenstellung solcher Maßnahmen und Vorschläge auf baulichem Gebiet und die Wege zu ihrer Verwirklichung zeigt meines Erachtens die Regierungsvorlage auf.
    Meine Damen und Herren, vergessen wir nicht: es handelt sich hier um einen Entwurf, um eine Vorlage, die richtigzustellen, wo es notwendig ist, auszufüllen und zu verbessern nun unsere Aufgabe ist. Es wäre doch furchtbar, wenn die Regierung nur perfekte Vorlagen an uns gäbe. Wir hätten dann ja in den Ausschüssen überhaupt keine Arbeit mehr.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Aber es dürfen auch keine Entwürfe mit der Note „Ungenügend" sein!)

    — Herr Kollege Schmitt, nach meiner Auffassung war Ihren Worten nicht zu entnehmen, daß dieser Entwurf die Note „Ungenügend" verdient.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ich verbessere gern auf „4 plus"! — Heiterkeit.)

    Jedenfalls sollten wir dem Minister und den Herren des Ministeriums dankbar sein, daß sie nun endlich den Gordischen Knoten zerhauen und die Initialzündung zu einer weiteren Gesetzgebung gegeben haben.
    Ich will hier in Anbetracht meines geleisteten Gelübdes nicht auf Einzelheiten eingehen.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Die so reden, reden hier meistens sehr lange!)

    — Sie werden bei mir 'die entgegengesetzte Erfahrung machen. — Der 'EnTwurf ist eine Diskussions-
    und Gesprächsgrundlage. Wir werden ihn gründlich beraten müssen, feststellen, welche Gesichtspunkte falsch, welche richtig sind. Dabei sind auch die grundlegenden Fragen keine Dogmen. Es ist z. B. möglich, daß wir der Anregung des Deutschen Städtetages und des Städtebundes und dem Gutachten der Wissenschaftler folgen und uns überzeugen, daß es beser ist, wenn wir zunächst einmal den Grundschutz, also den Trümmerschutz und den Schutz vor radioaktiver Strahlung, mehr ausbauen auf Kosten des sogenannten verstärkten Schutzes. Auch die Finanzierung ist etwas, das einmal vorgeschlagen, aber noch nicht verwirklicht ist; auch hierüber werden wir uns eingehend Gedanken machen müssen. Wir werden vor allen Dingen das Problem lösen müssen, wie wir im Schutzbau etwas zustande bringen, ohne die Baukapazität au beeinträchtigen. Vielleicht geht das auch mit den Fertigschutzbau, der die Bauarbeiter und das Baugewerbe nicht so belasten würde.
    Das alles sind aber Dinge, die wir in den Ausschüssen besprechen wollen. Anregungen sind, glaube ich, genügend vorhanden. Im Innenausschuß, der federführend ist — das hat Herr Kollege Schmitt in seiner Bescheidenheit verschwiegen —, haben wir ja sowohl unter seinen Vorgängern Maier und Kühlthau als auch unter seiner Stabführung schon Erfahrungen in dieser Richtung gesammelt durch Entgegennahme von Gutachten, durch Besichtigungen von Einrichtungen in den Nachbarstaaten etc. Deshalb meine ich, wir sollten nun nicht irgendwie nachtarocken und zu stark zurückblicken; wir sollten nicht erwähnen, daß schon im Jahre 1957 in gewissem Umfange ein Bauprogramm vorhanden war, das dann einstimmig zurückgestellt wurde.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Ich habe auch nur die ersten Seiten des Sündenregisters aufgeschlagen!)

    — Richtig! Darum 'will ich auch nicht darüber sprechen.
    Wir sollten uns des Beginns freuen, freuen allerdings Mit einem sehr gedämpften Klang. Aber wir sollten jetzt mit Eifer an die Tat herangehen. Es müßte gelingen, in gemeinsamer Arbeit, so wie wir es im Innenausschuß in dieser Frage, glaube ich, in vorbildlicher Weise getan haben, eine Lösung zu finden, die ohne untragbare finanzielle Belastung und ohne zu große Einschränkung der Baukapazität dazu führt, daß wir einen umfassenden Schutz für eine möglichst große Zahl von Menschen finden.
    Ich möchte nicht versäumen, den Wunsch, den schon Frau Kollegin Renger an den Schluß ihrer Ausführungen gestellt hat, zu wiederholen: Möge uns die Probe auf das Exempel, ob unsere Arbeit richtig war oder nicht, in jedem Falle erspart bleiben!

    ( Abgeordneten der SPD.)