Rede:
ID0405602600

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache IV/891) — Erste Beratung — Höcherl, Bundesminister . 2477 A, 2526 D Hoogen (CDU/CSU) . . . . . . 2491 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2495 D Dorn (FDP) . . . . . . . . . 2504 C Leber (SPD) . . . . . . . . 2507 A Sänger (SPD) 2516 B Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 2523 D Entwurf eines Gesetzes über den Zivildienst im Verteidigungsfall (Zivildienstgesetz) (Drucksache 1V/450) — Erste Beratung —; in Verbindung mit .dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Drucksache IV/343) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Aufenthalts .der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall (Aufenthaltsregelungsgesetz) (Drucksache IV/895) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes über bauliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (Schutzbaugesetz) (Drucksache IV/ 896) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung (Selbstschutzgesetz) (Drucksache IV/897) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2533 C Lünenstraß (SPD) . . . . . . . 2537 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) 2539 C Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 2541 D Busse (FDP) . . . . . . . . 2544 D Frau Renger (SPD) 2546 B Hansing (SPD) 2548 D Dr. Kempfler (CDU/CSU) 2550 D Hübner (CDU/CSU) 2551 D Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft sowie des Geld- und Kapitalverkehrs (Wirtschaftssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/ 892) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie der Forst- und Holzwirtschaft (Ernährungssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/893) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs (Verkehrssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/894) — Erste Beratung — Dr. Bieringer (CDU/CSU) . . . 2553 B Lange (Essen) (SPD) 2553 C Dr. Imle (FDP) 2555 D Lemmrich (CDU/CSU) 2556 C Überweisung der Gesetzentwürfe an Ausschüsse 2557 C Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Beratenden Versammlung des Europarates 2557 D Nächste Sitzung 2558 C Anlage 2559 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Januar 1963 2477 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Fran Albertz 24. 1. Arendt (Wattenscheid) 25.1. Dr. Arndt (Berlin) 24. 1. Dr. Atzenroth 25.1. Dr. Dr. h. c. Baade 25. 1. Bading 5.2. Bauknecht 25. 1. Fürst von Bismarck 25. 1. Dr. Bleiß 25.1. Dr. von Brentano 25. 1. Brese 25. 1. Deringer 24. 1. Dr. Dörinkel 4. 2. Drachsler 25. 1. Dr. Dr. h. c. Dresbach 28.2. Eisenmann 24. 1. Etzel 26. 1. Faller * 25. 1. Figgen 23. 2. Funk (Neuses am Sand) 16. 2. Gewandt 31. 1. Freiherr zu Guttenberg 25. 1. Haage (München) 25. 1. Hahn (Bielefeld) 25. 1. Hammersen 24.1. Harnischfeger 25. 1. Hauffe 28.2. Hellenbrock 26. 1. Holkenbrink 26. 1. Dr. Hoven 25. 1. Illerhaus 24. 1. Kahn-Ackermann 25. 1. Kalbitzer 25. 1. Dr. Kanka 24. 1. Katzer 31. 1. Keller 25. 1. Frau Kipp-Kaule 25. 1. Klinker 25. 1. Koenen (Lippstadt) 25.1. Dr. Kohut 25. 1. Kriedemann* 25. 1. Kühn (Köln) 2.2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lemmer 26. 1. Lenz (Bremerhaven) 25. 1. Lücker (München) * 25. 1. Mattick 25. 1. Mauk 25. 1. Frau Dr. Maxsein 25. 1. Dr. Menzel 25. 1. Dr. von Merkatz 4. 2. Dr. Miessner 31. 1. Missbach 25. 1. Dr. Morgenstern 25. 1. Müller (Berlin) 28. 2. Müller (Remscheid) 25. 1. Müller-Hermann 31. 1. Neubauer 17.2. Neumann (Berlin) 25. 1. Ollenhauer 25. 1. Dr.-Ing. Philipp 25. 1. Rademacher 31. 1. Ravens 25. 1. Dr. Reinhard 25. 1. Richarts 26. 1. Dr. Rutschke 31. 1. Sander 25. 1. Schmücker 24. 1. Schneider (Hamburg) 31. 1. Schröder (Osterode) 25. 1. Schütz 25. 1. Dr. Stammberger 3. 2. Dr. Starke 24. 1. Stein 24. 1. Frau Strobel * 25. 1. Struve 25. 1. Dr. Süsterhenn 25. 1. Urban 25. 1. Wacher 25. 1. Dr. Wahl 28. 2. Dr. Zimmer 26. 1. Zühlke 24. 1. b) Urlaubsanträge Dopatka 21.2. Werner 24. 2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Dr. Max Güde


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich, bevor ich mich mit dem Debattestoff befasse, ein Wort zu dem Angriff sage, der auf einen Abwesenden gestartet worden ist, auf den früheren Justizminister Schäffer. Erlauben Sir mir, daß ich für meinen alten Minister, dem ich mich immer noch persönlich verbunden fühle, ein Wort sage, weil er ein Abwesender ist.

    (hat — bis 1933 und nach 1945 —, der zwischen 1933 und 1945 im KZ war, zunächst das Recht geben, selbst zu dem Stellung zu nehmen, was da berichtet worden ist. Dr. h. c. Güde Haben Sie bitte Verständnis dafür, daß ich das für einen Abwesenden gesagt habe. Nun, meine Damen und Herren, ich glaube, ich kann schon versuchen, ein wenig Ernte der Debatte des heutigen Tages einzubringen. Ich meine, so ganz unzufrieden sollten wir alle mit uns nicht sein. Nirgends ist ein vorbehaltloses Ja zu der Regierungsvorlage und nirgends ein absolutes Nein, und das entspricht genau der Situation. Mein Kollege Hoogen hat auch von seiner Sicht aus Gedanken vorgetragen, die in die Tiefe des Entwurfs führen, und von Ihnen, meine Herren von der Opposition, habe ich zwar manches Nein gehört, aber vor allem doch ein grundsätzliches Ja. Dieses Ja will ich unterstreichen und betonen; denn darauf kommt es doch an, daß wir diese Aufgabe — das haben im Grunde alle von jeder Seite dieses Hauses gesagt — als eine gemeinsame Aufgabe ansehen und in die Hand nehmen. Wenn wir an dieser Aufgabe scheitern würden, dann wäre nicht die Regierung gescheitert, nicht die Koalition gescheitert, dann wären wir alle miteinander an einer unabdingbaren Aufgabe dieses Staates gescheitert. Gott sei Dank, so sehen die Dinge nicht aus. Ich verbuche mit Dank Ihr grundsätzliches Ja. Ich darf zu der gemeinsamen Aufgabe noch ein Wort sagen. Der Gedanke ist auch schon angeklungen. Es ist eine Aufgabe gerade einer Demokratie, einer rechtsstaatlichen Demokratie — und je rechtsstaatlicher sie ist, desto mehr hat sie das Bedürfnis —, ein Sonderrecht für die Zeiten der Not zu schaffen. Die Diktatur kennt kein Notstandsproblem. Die Diktatur, der totalitäre Staat, lebt im dauernden Ausnahmezustand, nämlich im Zustand der hemmungslosen, durch das Recht nicht gebundenen Macht. Es ist doch das Wesen eines demokratischen Rechtsstaates, daß er um der Freiheit willen, um der freiheitlichen Ordnung willen sich selbst in der Ausübung seiner Macht auf vielfältige Weise bindet. Wenn er dann aber in Gefahr gerät und es dann um die Bewahrung der Freiheit im ganzen und die Bewahrung der Freiheit seiner Bürger geht, dann muß er diese Bindungen nicht ablegen, nicht abschaffen, aber lockern können, um so seiner selbst und seiner Macht mächtig zu werden, daß er sich der Feinde erwehren kann, die an kein Recht gebunden sind. Deswegen ist das gerade ein Problem der rechtsstaatlichen Demokratie, mit dem man fertig werden muß, ein Problem, bei dem es gerade darum geht, daß der Aunahmezustand, daß der Notzustand nicht lediglich nach der Regel „Not kennt kein Gebot" und nicht nach der vagen Regel vom übergesetzlichen Notstand, sondern daß auch der Ausnahmezustand und der Notfall nach Recht geregelt werden. Nach Recht! In der Begründung der Regierungsvorlage steht mit Recht das Wort von der Gewissensnot, in die die Regierenden kommen, nämlich die Gewissensnot zwischen zwei Dingen, die die Regierung, der Bundespräsident, der Bundeskanzler und die Bundesminister in dem Eid schwören, den sie vor uns, vor diesem Parlament, leisten, einmal das Grundgesetz und die Gesetze zu wahren, aber auch Schaden von diesem Staat abzuwenden. Das kann eine wahrhafte Gewissensnot werden, wenn man sich zwischen dem einen und dem anderen entscheiden muß. Aber es steckt — meine Damen und Herren, wir haben das alle erlebt — die noch breitere Gewissensnot der Bürger im Staat drin, die wissen wollen und wissen dürfen und wissen müssen, ob sie gehorchen können, ob der, der befiehlt, im Recht ist, Haben wir nicht alle durch ein Jahrzwölft diese Gewissensnot erlebt? Darum zum zweiten ist diese Notstandsregelung notwendig, um dem Bürger die Gewißheit des Rechtes zu geben. Es ist schon ein paarmal das Wort vom Mißtrauen angeklungen. Herr Kollege Leber, ich nehme das, was Sie uns vorgetragen haben, wirklich ernst, wie ich überhaupt sage: wir sind in dieser Materie in einer Lage, daß wir uns gegenseitig ernst nehmen müssen; denn wir müssen miteinander einig werden. Wenn wir uns nicht ernst nähmen und wenn wir nicht den Willen hätten, miteinander einig zu werden — die Regierung mit uns und wir untereinander, vor allem aber wir untereinander —, dann könnte uns dieses Werk nicht gelingen. Der Herr Kollege Leber hat von der Notstandspsychose gesprochen. Ja, das ist wahr. Ich könnte, wenn ich polemisieren wollte — aber ich habe mir vorgenommen, nicht zu polemisieren, sondern zum Frieden zu sprechen —, fragen: Woher kommt es, daß dieser Teufel noch an die Wand gemalt ist? Da ist nämlich ein falscher Teufel an der Wand. Da ist unter uns Deutschen einmal noch die Erinnerung an Monarchie, die althergebrachte Vorstellung von einer Obrigkeit, die nicht wir selber sind, was aber gar keine demokratische Vorstellung ist; denn wir alle sind nach jenem Satz von der Identität von Regierenden und Regierten auch die Obrigkeit. Wir — ich meine nun nicht nur das Parlament, sondern das ganze Volk — setzen Recht. Es sitzt in dem Teufel an der Wand selbstverständlich auch die Erinnerung an das verdammte „Dritte Reich". Aber es sitzt noch einiges andere drin, was in den letzten Jahren dazugemalt worden ist. Wir sollten alles dazu tun, daß das, was dazugemalt worden ist, wieder verblaßt. Wir sollten uns klarmachen, daß die Notstandsregelung, die da getroffen werden muß, nicht die Notstandsregelung der Regierung ist, nicht die Notstandsregelung der Koalition und auch nicht die Ihrige Ich will auf solche Dinge wie das Alete-MilchBeispiel gar nicht eingehen — vielleicht sagt der Herr Minister selber nachher etwas dazu —, sondern umgekehrt sagen: es dreht sich um den Fall einer extremen Gefahr für uns alle. Deswegen ist das die Notstandsregelung, die unser aller Recht sein wird, unser aller Recht und Pflicht. Dr. h. c. Güde Haben Sie doch Vertrauen zu uns allen! Haben wir doch Vertrauen zu uns allen! Haben wir doch einmal Vertrauen dazu, daß dieses deutsche Volk endlich auch eine demokratische Tradition beginnt, daß es auch einmal fertigbringt, was die alten Demokratien — beispielsweise England — durch zwei Weltkriege und in der Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre gezeigt haben, daß nämlich in einer traditionellen Demokratie in der Zeit der Not alle Kräfte, die zum Staat stehen — alle! —, zusammenrücken und daß es darum nicht die eine oder die andere Regierung sein wird, sondern daß es in jenem Augenblick die Regierung der nationalen Not sein wird, in der sich alle Kräfte sammeln werden. Sie werden sagen: Und wo haben wir die Sicherheit dafür, daß das so sein wird? — Hineinschreiben können Sie es nicht, sondern Sie müssen ein wenig Vertrauen haben. Aber ohne ein wenig Vertrauen können Sie die ganze Demokratie nicht wagen, meine Damen und Herren. Aber ich sage es noch einmal ganz klar. Nach meiner Vorstellung wird die Regierung, die die künftige Notstandsregelung einmal handhaben muß, eine Regierung des nationalen Notstandes sein und darum eine Regierung, in der sich alle verfassungstreuen Kräfte gefunden und gebunden haben. Ich sage 'das — diese Prognose, die ich wage — nicht nur aus persönlicher Liebenswürdigkeit, meine Damen und Herren, sondern ich bin sicher, daß Herr von Brentano, der durch seine Erkrankung daran gehindert worden ist, die Debatte heute für unsere Fraktion zu eröffnen — ich bin sicher, da ich mit ihm gestern früh darüber gesprochen habe —, denselben Gedanken vorgetragen hätte, den Gedanken des Vertrauens, daß in diesem Staat in 'der Zeit des Notstandes sich einmal die demokratischen Kräfte wirklich alle zusammenfinden werden. Ich will daran eine Teilfrage anknüpfen. Die Versuchung läge für mich nahe, auf eine Reihe von Teilproblemen einzugehen. Wir alle, die etwa in meinem Lebensalter sind, haben in unserer Lebenszeit Erfahrungsfälle genug erlebt, im eigenen Land und im fremden Land. Nicht nur bei uns ist die Demokratie untergegangen; sie ist auch anderwärts untergegangen und teilweise noch nicht wieder zum Leben erwacht. Wir haben Erfahrungsstoff genug, um jede der Bestimmungen irgendwo auf Exempelfälle anwenden zu können. Herr Kollege Schäfer, Sie haben die Frage aufgeworfen, welche Mehrheit im Notparlament erforderlich ist — die Zweidrittelmehrheit —, welche Mehrheit überhaupt für die normale Notstandsausrufung notwendig ist. Ich habe Zeiten in Erinnerung im deutschen Vaterland und in anderen Staaten, die um die Demokratie gerungen haben und in diesem Ringen erstickt sind, wo die Zweidrittelmehrheit nicht genügt hätte, um die Entscheidung der verfassungstreuen Kräfte, die den Staat, die freiheitliche Grundordnung und die Demokratie hätten halten wollen, für die Freiheit und für die Demokratie zu tragen. Auch dessen muß man sich bewußt sein. Ich will weder diese noch eine andere Frage jetzt so oder so entscheiden. Ich habe von der Regierungsbank eine Conditio sine qua non und von Ihnen einige peremptorische Nein gehört. Ich bitte nach allen Seiten hin: sagen wir kein absolutes Nein, sondern behalten wir uns alle vor, mit dem Ernst, mit dem das uns alle angeht, noch einmal jede Frage zu überlegen und zu ihr Stellung zu nehmen. Das sind alles schwere Fragen. Ich persönlich neige einstweilen noch dazu, zu der Conditio sine qua non des Ministers ja zu sagen. Dort geht es um das Äußerste an Rechtsetzungsbefugnis der Regierung. Eines ist sicher: welches Notstandsorgan Sie auch als letztes einsetzen — ich sage noch einmal mit der Bitte um Vertrauen: ich glaube daran, daß es ein Notstandsorgan aus uns allen sein wird —, Sie werden ihm die Rechtsetzungsbefugnis nicht absolut absprechen können. Denn das ist in der ganzen breiten Literatur völlig klargestellt: ohne Rechtsetzungsbefugnis läßt sich der Notstand nicht meistern. (Abg. Dr. Schäfer: Sie müssen aber sagen, wer die Befugnis haben soll!)


    (Beifall bei den Regierungsparteien.)





    (Vorsitz: Vizepräsident Schoettle.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)





    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie können nicht auf die reinen Maßnahmen verweisen, Sie können keine reine Abhilfe handelnder Art schaffen. Die unendlich komplizierten Verhältnisse in einem modernen Massenstaat verlangen, daß im Notstandsfall auch Recht für die Zeit dieses Notstandes geschaffen wird. Ich kann mir eine wirksame Abhilfe sonst nicht vorstellen. Und, meine Damen und Herren, auch darüber wollen wir uns doch einig sein: wenn wir eine Notstandsregelung — nicht gern, nicht mit Leidenschaft, sondern als notwendiges Übel — schaffen, dann wollen wir kein hölzernes Eisen fabrizieren, kein hölzernes Eisen, mit dem die Not doch nicht abgewendet werden kann, sondern dann in Gottes Namen doch etwas, das uns allen — nicht irgendwem, sondern den von uns Bevollmächtigten — die Möglichkeit gibt, die Not wirklich abzuwehren.
    Sie haben aus den Ausführungen des Kollegen Hoogen gehört, daß uns die Sorge nicht fremd ist, daß diese Vollmacht mißbraucht werden kann; daß uns die Sorge nicht fremd ist, wie diese Vollmacht endet. Niemand in diesem Hause nimmt die fremden Sorgen nicht ernst, weil er eigene Sorgen hat, die in dieselbe Richtung laufen. Aber à propos Sorge: der Herr Kollege Leber hat vom Standpunkt der ,Gewerkschaften ein gutes Plädoyer für die Gewerkschaften gehalten, ein gutes, das ich mit Interesse und Verständnis angehört habe und in dem mir gar nicht alle Gedanken fremd sind; bei dem ich ihm im entscheidenden Punkt recht gebe. Im entscheidenden Punkt nämlich werden wir ihm alle recht geben: daß das Notstandsrecht nicht gegen die Koalitionsfreiheit verwendet werden darf. Wir werden im Ausschuß offen darüber reden müssen, ob das für die Ausübung des Streikrechts in jeder Stunde und unter jeden Umständen möglich ist. Das muß geschehen mit jenem Gefühl von Selbstverantwortung, das er mit Recht für die deutschen Gewerkschaften in Anspruch genommen hat, mit jenem Gefühl der Selbstverantwortung, von dem er gesagt hat — und ich glaube es ihm —, daß zur gemeinschädlichen Stunde die deutschen Gewerkschaf-



    Dr. h. c. Güde
    I ten nicht streiken würden. Jedenfalls sind wir darin einig, daß dieses Notstandsrecht kein Kampfmittel gegen die Gewerkschaften und ihr allgemeines Streikrecht sein darf. Und es wird es nicht sein!

    (Abg. Jahn: Wir hören .das gern!)

    Ich sage, meine Damen und Herren, ich rede zum Vertrauen und zum Frieden, weil es anders gar nicht möglich ist, daß wir in dieser lebenswichtigen Frage unserer Demokratie zu einer Einigung kommen. Denn bei dem, was wir haben, können wir nicht stehenbleiben. Bei dem Vorbehalt der Alliierten können wir nicht stehenbleiben; das ist unser unwürdig und bringt diejenigen, die es im gegebenen Augenblick anwenden müssen, in noch größere Gewissensnot. Denn wir setzen sie mit einer Notstandsregelung wenigstens in die Lage, im Geiste des Grundgesetzes auch die Abweichungen vom Grundgesetz noch zu handhaben. Im Geiste des Grundgesetzes! Wenn wir sie auf die Vorbehalte der Alliierten verweisen, auf was verweisen wir sie dann als wirkliches Recht und Geist des Rechtes?
    Nein, meine Damen und Herren, ich plädiere für das Vertrauen, und ich plädiere auch um Vertrauen für die Regierungsvorlage im allgemeinen als eine Grundlage der Diskussion und der Erörterung. Man muß einmal auch ein gutes Wort sagen für die Arbeit, die hier von den Mitarbeitern des Herrn Ministers geleistet worden ist, und auch für die Verständigungsbereitschaft, mit der der Herr Minister an diese Aufgabe herangegangen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir von der CDU/CSU hätten manchmal darüber gekränkt sein können, daß er mehr geneigt schien, mit Ihnen zu sprechen, als mit uns. Aber wir haben ihn deswegen nicht getadelt, weil wir das als ein positives Vorzeichen der Arbeit und der Einigung angesehen haben, die nun einfach geleistet werden muß — und deswegen, meine Damen und Herren, nicht nur Sie von der Opposition, sondern alle, beschwöre ich Sie — für diese Arbeit, die — man glaubt es nicht ganz, wenn man die Besetzung des Hauses sieht — von entscheidender Bedeutung für unsere Demokratie ist. Der Geist, in dem wir das schaffen, wird ein Stück der Prägung des Ganzen sein. Ich muß noch einmal sagen, was ich einmal in ganz anderem Zusammenhang gesagt habe: Ein wenig weniger Angst! Es gibt keine absoluten Sicherungen gegen Mißbrauch. Wir Juristen haben weder im Zivilrecht noch im Staatsrecht die absolute Formel erfunden, mit der wir einen Bevollmächtigten daran hindern können, daß er uns hintergeht und daß er seine Vollmacht mißbraucht. Dieses Ei des Kolumbus werden wir auch hier nicht finden.
    Aber die wahre Sicherung — und darin bin ich mit all meinen Vorrednern, auch mit denen der Opposition, durchaus einig — liegt in unserem demokratischen Geist, in unserem Willen zur rechtsstaatlichen Ordnung, in unserem Willen zur Freiheit. Seien Sie versichert, Herr Kollege Sänger, das gilt ganz bestimmt — und Sie sehen das auch im Regierungsentwurf in einer Weise sich abzeichnen, die man doch nun einmal positiv sehen und bewerten muß — auch für die Pressefreiheit, die uns so lieb ist wie Ihnen, die uns allen so teuer ist wie Ihnen, auch wenn wir etwas schärfer betonen, daß dieser Freiheit auch eine Verantwortung gegenübersteht.
    Ich erinnere Sie, Herr Kollege Sanger, an das, was Frey gerade jetzt vor einem Jahr in dem Vortrag vor dem Presserat gesagt hat:

    (Abg. Dr. Schäfer: Genau das meinen wir!)

    Die Presse muß auch ihrerseits bereit sein, wenn ihr relative Freiheit gewährt wird, in entsprechendem Verhalten den Kompromiß zwischen Staatsräson und Freiheit des öffentlichen Worts als eines Menschenrechtes zu vollziehen und zu ertragen. Wenn Sie, Herr Kollege Schäfer, sagen: Genau das, was Frey gesagt hat, meinen wir, dann sind wir in einer geradezu idealen Weise einig; denn genau das, was Frey gesagt hat, meinen wir auch und haben wir laut und deutlich durch Jahre hindurch schon gesagt. Ich meine sogar, praktiziert hätte ich es.
    Aber lassen wir uns doch nicht nur in diesem Punkt einig sein, sondern im ganzen, daß es um die beste Art geht, in Einigkeit, zu der uns einmal die Lage zwingt — und das ist gut so —, nach dem besten Wege zu suchen, die Freiheit aller und des Ganzen auch in Zeiten der Not zu bewahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister ides Innern.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Höcherl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich mich noch in diese Runde zu der Diskussion über die Notstandsverfassung einfüge und mit Dankbarkeit vermerke — ich darf mich einem Wort des Herrn Kollegen Güde anschließen —, daß alle Diskussionsbeiträge konstruktiver und positiver Natur waren und schon eine ganze Reihe von Anregungen gebracht haben, die in den Ausschüssen verwertet werden können. Ich nehme diese Anregungen und die Art, wie hier diskutiert wird, als eine Vorleistung auf den Verlauf der Ausschußberatungen.
    Nun ist eine Diskussion dann am erfolgreichsten, wenn man gewisse Irrtümer oder gewisse Darstellungen, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen, sofort aufklärt. Dann sind sie nützlich. Die Freundschaftlichkeit, alles in Ehren! Aber am allerbesten dient man dem Fortschritt der Arbeit durch sachliche Aufklärung.
    Ich darf gleich mit meinem Freunde Herrn Kollegen Hoogen beginnen. Ich muß ihm zugeben, daß er eine Lücke in unserer Konstruktion gefunden hat: Was geschieht in dem Fall, daß im Rahmen der Entwicklung der Ereignisse möglicherweise der Regierungschef ausfällt und damit die ganze Regierung außer Funktion gesetzt wird? — Das ist richtig. Wir haben diese Sache nicht bedacht und sind dabei, Überlegungen anzustellen. Ich bin der Meinung, wir müssen eine Lösung finden. Allerdings kann sie nicht endgültig sein; denn wenn wir in diesen Zeiten gezwungen sind, irgendwie eine Ersatzwahl durchzuführen, dann müßte sie meines Er-



    Bundesminister Höcherl
    achtens so geschehen, daß sie vorübergehend, für diesen Zeitraum, gilt, daß sie aber in einer ordentlichen Form nachgeholt wird, wenn die zuständigen Organe wieder aktionsfähig sind.
    Die weitere Rüge, die Herr Kollege Hoogen erteilt hat, daß wir den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Adäquanz der Mittel nicht ausreichend dargestellt haben, ist bereits wiederholt widerlegt worden. Einmal findet der Grundsatz sich in der ganzen Verfassung, er beherrscht das Verwaltungsrecht insgesamt und steht auch noch ausdrücklich in Art. 115 a Abs. 5. Ich bin gern bereit, ihn auch wiederholt hineinzuschreiben. Aber ich bin nicht der Meinung, daß Wiederholungen etwas bekräftigen können, was das ganze Rechtssystem, auf das es hier ankommt, beherrscht.
    Herr Kollege Hoogen, Sie haben eine sehr kühne Erwartung ausgesprochen. Sie haben in einer sehr eleganten Formulierung erklärt, es müßten nun Wege gefunden werden, den Fluchtweg des Parlaments, des großen oder des kleinen, zu verlegen, diesen Fluchtweg, der in der Weimarer Zeit eine große Rolle gespielt hat, im zweiten Teil, aber auch im ersten Teil. Ich bin gern bereit, alles zu unternehmen, um Sie bei dieser Sperre zu unterstützen. Aber mein Glaubensvermögen in solchen Dingen ist nicht ,ganz so groß und mein Optimismus ist auch nicht ganz so groß bezüglich dessen, was wir institutionell erreichen können, um in ernsten Zeiten die Gewissenhaftigkeit und Präsenz usw. zu erreichen, nachdem es in einfachen Zeiten schon so schwierig ist, wo es nur Fragen der Bequemlichkeit sind. Also: Sie gestatten mir, daß meine Hoffnung nicht ganz so weit geht. Aber Sie erhalten jede nur denkbare, mögliche Unterstützung, die Sie haben wollen, gerade in dieser 'Frage.
    Überhaupt bin ich der Meinung, daß man in Institutionen und Gesetzgebungstechnik nicht übermäßige Erwartungen setzen soll. Gehen wir vielmehr von dem Grunddurchschnitt der menschlichen Charakterverfassung — der psychologischen Verfassung — aus und orientieren wir uns daran. Dann ist es genau das, was wir treffen müssen. Wir sind allzumal Sünder, und Böcke und Schafe gibt es überall; wir nehmen uns also gar nicht aus. Aber man soll keine übermäßigen Erwartungen hegen.
    Ich habe sehr viel in schönen und eleganten Formulierungen versteckte Romantik — Verfassungsromantik — gehört. Die Verfassungswirklichkeit entscheidet. Halten wir Maß in den Erwartungen, dann treffen wir das Richtige; Sie wissen schon, was ich meine. Sie denken in Wirklichkeit genauso. Aber diese Tribüne verführt gewissermaßen, große Themen in Wortgirlanden zu behandeln.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Wittrock: Herr Minister, es ist schlecht, wenn der Verfassungsminister hier die Vokabel „Verfassungsromantik" erfindet!)

    — Ich habe sie doch nicht erfunden, Herr Kollege
    Wittrock, sondern ich habe etwas charakterisiert,
    was ich hier habe vortragen hören. Das Recht steht
    mir zu, genau wie es auch Ihnen zusteht, wenn Ihnen etwas nicht gefällt, was ich sage; und davon machen Sie auch reichlich Gebrauch.
    Nun darf ich mich den Ausführungen, dem Hauptreferat, wenn ich so sagen darf, des Herrn Kollegen Schäfer zuwenden, der auch schon bei dem früheren Entwurf des Kollegen Schrader gesprochen hat, welcher auch wieder etwas mitbehandelt worden ist, obwohl er gar nicht zur Debatte steht. Ich bin überzeugt, daß auch der Kollege Schröder in seiner Konzeption von den besten Erwartungen ausgegangen ist. Er ist ein genauso guter Demokrat wie wir alle. Wir sollten nicht zwischen besseren und schlechteren Demokraten differenzieren.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das hat niemand getan!) — Ja, gut.

    Nun zu Ihren Ausführungen! Sie rügen als erstes, das sei doch nicht die ganze Notstandskonzeption. Sie möchten es nun also ganz absolut und vollständig sehen. Sie haben bemängelt, daß über die territoriale Verteidigung, ihre Absichten usw., nichts vorgetragen wurde. Ich bin einverstanden, daß da Beiträge geleistet werden müssen. Aber ich bin auch der Meinung, daß sich das am besten im Ausschuß vortragen läßt. Ich kann mir vorstellen, daß der Herr Verteidigungsminister das nachholen wird.
    Im übrigen haben wir mit neun Gesetzen fast ein Übermaß an Konzeption vorgelegt. Ich kann mich, solange ich die Ehre habe, in diesem Hause zu sein, nicht erinnern, daß sich eine solche Fülle an einem einzigen Bezugspunkt orientiert. Wir machen ja jetzt gemeinsam Pakete. Das ist die moderne Form der Gesetzgebung. Aber immerhin scheint es das reichhaltigste und dickste Paket zu sein und hat damit auch für die Vollständigkeit der Konzeption einiges auszusagen. Ich bin einverstanden, im Ausschuß muß auch die Frage der territorialen Verteidigung, die eine Rolle spielt, mit besprochen werden. Sie eignet sich besser für Ausschußberatungen.
    Nun haben Sie dargestellt, wie sich Ihre Partei schon sehr lange in diesem Gespräch befindet. Ich habe es auch sehr aufmerksam beobachtet. Das fing 1947 an. Aber nicht nur Ihre Partei hat sich damit befaßt, sondern auch die übrigen Gruppen. Überall, wo man hinkommt, findet das Thema großes Interesse, mit Recht, weil es von einschneidender Natur ist.
    Ich kenne Ihre sieben Punkte, auch die Punkte, die Herr Leber vorgetragen hat. Nun, ich habe in meinen Formulierungen ein Übersoll zur Bestätigung dieser sieben Punkte gefunden. Sie haben schon gesagt, einiges Bekannte hätten Sie in unseren Formulierungen gefunden. Ich bin der Meinung, daß es reichlich viel ist. Nach den Besprechungen ist vieles umgeschrieben worden. Aber ich habe nicht nur mit Ihnen gesprochen, sondern z. B. auch mit den Länderinnenministern, unter denen sich auch die Freunde Ihrer Couleur befinden. Ich kann Ihnen sagen — damit verrate ich gar kein Geheim-



    Bundesminister Höcherl
    nis —: bei dem Tatbestand des inneren Notstandes habe ich in dem ersten und entscheidenden Punkt die Anregung eines sehr bekannten und markanten Mitgliedes Ihrer Partei aus dem Innenministerkollegium vertreten — das ist der Tatbestand Nummer eins —, obwohl Sie mit dem inneren Notstand überhaupt nicht zufrieden sind und als Diskussionsgrundlage abgelehnt haben, was Ihr Mitglied, ein bemerkenswerter Freund von Ihnen, ausgedacht hat und was ich übernommen habe.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das hindert uns nicht! So objektiv sind wir!)

    — Sie haben es nur nicht gewußt. Wenn Sie es gewußt hätten, hätten Sie es vielleicht nicht gesagt.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Güde hat das große Problem der Vollmachten und ides Mißbrauchs der Vollmachten dargestellt. Es ist in der Form, wie es gelegentlich versucht worden ist, unlösbar. Alles, wais die Rechtsordnung im Strafrecht und Zivilrecht kennt, ist repressiv. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Auch wir müssen uns eine solche Lösung suchen. Diese kann nur sein, wie ich es dargestellt habe: Vollmachten auf der einen und Garantien und Kautelen auf der anderen Seite nebeneinander. Eine Gleichzeitigkeit gibt es nicht, wie ich es im Bundesrat zu sagen die Ehre hatte. Man kann einem Hund
    — um den Notstand mit einem Hund zu vergleichen — nicht einen Maulkorb geben, einen Korb darüber stülpen und gleichzeitig von ihm verlangen, daß er das Haus bewacht. Meine Damen und Herren, so etwas an Wachhund gibt es nicht!

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Schäfer: Schönes Bild!)

    — Es ist einer Karikatur entnommen. Ich habe eis nur in Worte geprägt, was mit dem Zeichenstift noch viel besser gelungen ist, weil auch die Persönlichkeiten, die alle die Kautelen angebracht haben, noch dargestellt sind. Die Zeichnung kommt aus Ihrem Lager.
    Über den Rücklauf der Vollmachten und die Wiederherstellung der Freiheiten, auf die zeitweise verzichtet werden muß, zu wachen ist Aufgabe des Parlaments. Die Lösung des automatischen Auslaufens ist eine der Garantien, und zwar deswegen, weil ein Vakuum vor uns ist. Dieses Vakuum muß ausgefüllt werden. Wenn wir nicht einmal in der Lage wären, das Vakuum auszufüllen, hätten wir alle Funktionen freiwillig aufgegeben.
    Es wurden Vorgänge der letzten Monate erwähnt, die Äußerung von der Illegalität. Sie, Herr Leber, konnten sich das nicht verkneifen. Ich darf die Dinge vielleicht etwas klarstellen.
    Es ist so furchtbar schwer, meine Damen und Herren, durch einen Wust von Anfragen und Zusatzfragen durchzufinden. Ich bin wie der Pontius ins Credo gekommen, als ich die Anfragen an den Kollegen Stammberger — mir waren die Unterlagen eine halbe Stunde vorher ausgehändigt worden — beantworten sollte. Ich hatte mich loyalerweise bereit erklärt, auch die Zusatzfragen, z. B. des Kollegen Wittrock, aus fremdem Wissen zu beantworten. So waren die Dinge.

    (Zuruf von der SPD: Das ist das Risiko!)

    — Das habe ich übernommen; es ist mir schlecht gedankt worden.
    Ich darf diesen Fall, die Illegalitätsformel, kurz erklären: Als ich diese Bemerkung machte, war ich noch der Meinung, daß die Anforderung von Polizei zu Polizei ergangen sei. Dieser Meinung war ich auf Grund von Äußerungen einer auswärtigen Macht, wie Sie wissen. Diese Auffassung war nicht richtig. Wenn es so gewesen wäre, hätte ich das rechtlich nicht billigen können. Also aus einem Irrtum heraus habe ich diese Äußerung getan, weil ich nicht ganz informiert sein konnte. Ich habe die letzte Information dazu erst am 5. Dezember bekommen, als Herr Bruckner, der den Herrn Bundespräsidenten auf seiner Reise begleitet hatte, zurückkam. Niemand wollte glauben, daß es mir nicht möglich war, all das, was sich in diesen Tagen abgespielt hat, wie mit einem Seismographen aufzuzeichnen und am nächsten Tag auf dem Tisch zu haben.. Ich war in der Zeit nicht einmal in Bonn.
    Das war also die grandiose Geschichte mit der Illegalität. Ich war außerordentlich vorsichtig, weil ich nicht genau wußte, ob das eine oder andere seine Ordnung gemäß den Verwaltungsvorschriften hatte. Aus der Studentenzeit wußte ich noch, daß das Asylrecht und das Auslieferungsrecht mit zu den schwierigsten Gebieten gehören, und weil ich nicht etwas behaupten wollte, was ich nicht genau nachprüfen konnte, habe ich diesen Zweifel geäußert.
    Es gäbe eine einfache Methode, sich zu informieren: das genau zu lesen. Aber es ist umständlich und zeitraubend.

    (Zuruf von der SPD: Hoffentlich wird der Bericht bald veröffentlicht!)

    — Ja, der wird von mir unterschrieben und nächste Woche veröffentlicht.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das nehmen wir gern zur Kenntnis: nächste Woche!)

    — Jawohl, und am Freitag werde ich noch die achtzehn Fragen beantworten. Ich hoffe, daß damit dann dieses Kapitel iabgeschlossen sein wird und auch die letzte Neugierde befriedigt ist. Ich muß Sie vielleicht enttäuschen, wenn ich aus diesem „Spiegel"-Bericht nicht einen „Krimi" mache, sondern eine ganz nüchterne juristische Darstellung gebe. Ich hoffe, daß Sie sich die Zeit nehmen und die Mühe machen, das genau zu lesen und synoptische Vergleiche anzustellen. Ich selber bin es leid und müde. Aber immerhin, Pflicht ist Pflicht und Berufsrisiko ist Berufsrisiko.

    (Abg. Dr. Schäfer: Das Berufsrisiko eines Ministers! — Abg. Wittrock: Merkwürdigerweise beantworten Sie solche Fragen immer erst freitags!)

    — Herr Wittrock, ich muß den Verdacht sofort zurückweisen. Ich werde die Fragen beantworten, aber nicht freitags, wo sie nicht mehr in die Presse kämen, sondern ich werde es so machen, daß ich die Ant-



    Bundesminister Höcherl
    worten erst am Montag herausgebe, weil ich mir nicht vorwerfen lassen möchte, daß ich es am Freitag getan habe, wo die Presse von diesen Köstlichkeiten keinen Gebrauch mehr machen könne.

    (Heiterkeit.)

    Also am Freitag nicht, zumal es mir sowieso lästig genug ist.
    Herr Kollege Schäfer, Sie haben sich dann zum Spannungsfall geäußert und die Meinung vertreten, das sei der politische Kernpunkt: Frage des äußeren Notstands. Das ist zweifellos richtig, aber Sie haben eines vergessen: Was die Frage des Spannungsfalles betrifft, so ist uns hier die Möglichkeit eigener Entscheidungen weitgehend entzogen, weil wir in das Sicherheitsnetz der NATO einbezogen sind, in dem diese Fragen praktisch entschieden werden. — Bitte sehr, Herr Kollege Schäfer!