Rede:
ID0405601400

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache IV/891) — Erste Beratung — Höcherl, Bundesminister . 2477 A, 2526 D Hoogen (CDU/CSU) . . . . . . 2491 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2495 D Dorn (FDP) . . . . . . . . . 2504 C Leber (SPD) . . . . . . . . 2507 A Sänger (SPD) 2516 B Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 2523 D Entwurf eines Gesetzes über den Zivildienst im Verteidigungsfall (Zivildienstgesetz) (Drucksache 1V/450) — Erste Beratung —; in Verbindung mit .dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Drucksache IV/343) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Aufenthalts .der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall (Aufenthaltsregelungsgesetz) (Drucksache IV/895) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes über bauliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (Schutzbaugesetz) (Drucksache IV/ 896) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung (Selbstschutzgesetz) (Drucksache IV/897) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2533 C Lünenstraß (SPD) . . . . . . . 2537 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) 2539 C Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 2541 D Busse (FDP) . . . . . . . . 2544 D Frau Renger (SPD) 2546 B Hansing (SPD) 2548 D Dr. Kempfler (CDU/CSU) 2550 D Hübner (CDU/CSU) 2551 D Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft sowie des Geld- und Kapitalverkehrs (Wirtschaftssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/ 892) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie der Forst- und Holzwirtschaft (Ernährungssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/893) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs (Verkehrssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/894) — Erste Beratung — Dr. Bieringer (CDU/CSU) . . . 2553 B Lange (Essen) (SPD) 2553 C Dr. Imle (FDP) 2555 D Lemmrich (CDU/CSU) 2556 C Überweisung der Gesetzentwürfe an Ausschüsse 2557 C Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Beratenden Versammlung des Europarates 2557 D Nächste Sitzung 2558 C Anlage 2559 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Januar 1963 2477 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Fran Albertz 24. 1. Arendt (Wattenscheid) 25.1. Dr. Arndt (Berlin) 24. 1. Dr. Atzenroth 25.1. Dr. Dr. h. c. Baade 25. 1. Bading 5.2. Bauknecht 25. 1. Fürst von Bismarck 25. 1. Dr. Bleiß 25.1. Dr. von Brentano 25. 1. Brese 25. 1. Deringer 24. 1. Dr. Dörinkel 4. 2. Drachsler 25. 1. Dr. Dr. h. c. Dresbach 28.2. Eisenmann 24. 1. Etzel 26. 1. Faller * 25. 1. Figgen 23. 2. Funk (Neuses am Sand) 16. 2. Gewandt 31. 1. Freiherr zu Guttenberg 25. 1. Haage (München) 25. 1. Hahn (Bielefeld) 25. 1. Hammersen 24.1. Harnischfeger 25. 1. Hauffe 28.2. Hellenbrock 26. 1. Holkenbrink 26. 1. Dr. Hoven 25. 1. Illerhaus 24. 1. Kahn-Ackermann 25. 1. Kalbitzer 25. 1. Dr. Kanka 24. 1. Katzer 31. 1. Keller 25. 1. Frau Kipp-Kaule 25. 1. Klinker 25. 1. Koenen (Lippstadt) 25.1. Dr. Kohut 25. 1. Kriedemann* 25. 1. Kühn (Köln) 2.2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lemmer 26. 1. Lenz (Bremerhaven) 25. 1. Lücker (München) * 25. 1. Mattick 25. 1. Mauk 25. 1. Frau Dr. Maxsein 25. 1. Dr. Menzel 25. 1. Dr. von Merkatz 4. 2. Dr. Miessner 31. 1. Missbach 25. 1. Dr. Morgenstern 25. 1. Müller (Berlin) 28. 2. Müller (Remscheid) 25. 1. Müller-Hermann 31. 1. Neubauer 17.2. Neumann (Berlin) 25. 1. Ollenhauer 25. 1. Dr.-Ing. Philipp 25. 1. Rademacher 31. 1. Ravens 25. 1. Dr. Reinhard 25. 1. Richarts 26. 1. Dr. Rutschke 31. 1. Sander 25. 1. Schmücker 24. 1. Schneider (Hamburg) 31. 1. Schröder (Osterode) 25. 1. Schütz 25. 1. Dr. Stammberger 3. 2. Dr. Starke 24. 1. Stein 24. 1. Frau Strobel * 25. 1. Struve 25. 1. Dr. Süsterhenn 25. 1. Urban 25. 1. Wacher 25. 1. Dr. Wahl 28. 2. Dr. Zimmer 26. 1. Zühlke 24. 1. b) Urlaubsanträge Dopatka 21.2. Werner 24. 2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Rede von Dr. August Dresbach
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ja, lieber alter Freund Sanger, wir beide gehen aus von den Auffassungen über Zeitungen, in denen wir gedient haben. Aber wollen Sie nicht auch einmal darauf eingehen, daß Presse nicht gleich Presse ist, daß wir Presseerzeugnisse haben, bei denen ich jedenfalls nicht so dienen möchte, wie ich gern in meinen besten Schaffensjahren bei der Kölnischen Zeitung, bei der Frankfurter Zeitung gedient habe?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Sänger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Dresbach, ich nehme das nicht als Frage, sondern aus Anregung. Ich hatte mir ohnehin vorgenommen, darüber ein Wort zu sagen. Ich darf in ,der gleichen geistigen Haltung, die Sie soeben ausdrückten, sagen: Wir haben ja unsere Erfahrungen. Ich denke, es wird niemand auf die absurde Idee kommen, daß eine Nation, die um ihre Existenz ringt, anders als durch das freie Wort und durch die Überzeugung der Bürger zur höchsten Leistung gebracht werden kann, nicht aber durch das Kommando, und daß eine eigene Orientierung der Menschen in diesem Staate und in dieser Nation sie davor bewahrt, falsche, unverantwortliche Schritte zu tun, sie davor bewahrt, einer Obrigkeit blind zu gehorchen, und sei es auch nur in dem Glauben: die Wunderwaffe kommt doch noch, wie immer sie aussehen mag und unter welchen Umständen sie gebaut wird.
    Ein Volk ist um so stärker, je lebendiger sein Anteil an dem ist, was geschieht, und je lebendiger seine Anteilnahme an dem ist, was getan werden muß. Natürlich bleibt ein Volk differenziert in Hoffnungen, in Wünschen, in Auffassungen und in Meinungen. Sein Mitdenken, Mithoffen und Mitwollen ist dennoch, je größer die Not, um so notwendiger. Ich meine, daß wir im Notstand der starken und freien Hilfe aus dem Gewissen bedürfen und deshalb auch, Herr Kollege Dresbach, insbesondere der verantwortungsbewußten Journalisten.
    Mit anderen Mitteln, als sie heute benutzt werden, und auch unter anderen und unter verbrecherischen Umständen — niemand wird sie wieder herbeiführen wollen — ist der Versuch gemacht worden, durch Unterdrückung, durch Verbot, durch Lenkung oder — seien wir noch etwas vorsichtiger, wenn Sie so wollen — durch Anmerkung Meinungsaussage und Nachrichten in den Griff zu bekommen. Wir alle, die wir uns in jenen Jahren bemüht hatten, zu versuchen, den Weg zu gehen, den das Gewissen uns vorschreibt, wissen und haben es damals erfahren, daß es nicht möglich war, Informationen



    Sänger
    I zu unterdrücken und Nachrichten zurückzuhalten. Brachten wir sie nicht, so gingen sie auf dem Weg des Flüsterns in die Öffentlichkeit und waren um so weniger zu kontrollieren. Ein warnender Tatbestand, warnend insbesondere für eine Regierung, die meint, man könne in einem solchen Falle durch dosierte Information, durch begrenzte Nachrichtengebung verhindern, daß die Neugier, der Wissensdurst der Menschen sich doch durchsetzen. Wenn ein mündiger Staatsbürger spürt, daß er gelenkt werden soll, wenn er meint, zu wissen, daß der Zwillingsbruder der Lüge — das ist die Regie — ihn beeinflußt, ist er um so nachhaltiger bemüht, nun doch an das Wissen und an die Informationen heranzukommen. Wir haben davon sehr viele Zeugnisse in jenen schrecklichen Jahren bekommen.
    Aber in jenen schrecklichen Jahren gab es jenseits der deutschen Grenzen auch Vorbilder, wie man in Notzeiten eine gute, sorgfältige und freie Informations- und Meinungsausbreitung üben kann. Ich finde, es ist der Bestandteil der autoritären Staatsführung und es ist ihr Merkmal, daß in der Presse nur eine Meinung laut werden kann. Es ist das Merkmal und die Stärke der freien Demokratie, zu jeder Zeit Nachrichten und Meinungen frei äußern zu können. Das unterscheidet uns voneinander, und zu keiner Zeit sollten wir a& diesen Unterschied verzichten.

    (Existenz kämpfte, richtete es eine Zentralstelle ein, bestehend aus Journalisten, Militärs und Beamten, für Rückfragen der Presse. Die Zentralstelle erarbeitete Listen von Themen, über die zweckmäßigerweise keine Informationen erscheinen sollten. Aber sie überließ es den Zeitungen, von ihr und ihrem Rat Gebrauch zu machen. Wer Gebrauch machte, wer die Zentralstelle fragte `und dann doch falsch handelte, war sogar außerhalb der Verlfolgung. Für die Verfolgung galt das allgemeine Spionagegesetz. Es sind nur ganz wenige Indiskretionen vorgekommen und nur ein Fall von Strafe. Die Meinungen blieben frei. Nur Nachrichten konnten ob ihrer Zweckmäßigkeit erfragt werden. Aber Beschwerden der Regierung, wenn Meinungen geäußert worden waren, die dieser Regierung unzweckmäßig erschienen, wies die Zentralstelle ab. Sie gab die Intervention nicht an die Zeitungen weiter, weil sie die Unablhängigkeit ihrer eigenen Institution und auch der Presse bewahren wollte. Das war also eine unabhängige Institution oder Kontrolleinrichtung. Herr Bundesminister Höcherl, wenn Sie dieses britische Vorbild meinen — ich glaube, wir würden uns finden können bei der Errichtung einer Selbstkontrolle der deutschen Presse. Es bleibt in Großbritannien bei dem System der freiwillig konsultierbaren Beratung über die Zulässigkeit von Nachrichten im Notfall und im Kriege. Die Übereinstimmung von Prinzip und Praxis in den angelsächsischen Ländern — überhaupt eine der großen Stärken der Wirklichkeit ihrer Demokratie — ist eindeutig. Nachrichten konnten nachgeprüft werden, Meinungen nicht, und eine von der Regierung unabhängige Instanz stand und steht, wenn es nötig ist, zwischen Presse und Behörde. Lassen Sie uns darüber also im Ausschuß sprechen. Aber wir (brauchen nicht bei Großbritannien stehenzubleiben. Das neue schwedische Pressegesetz, 1949, also nach dem Kriege geschaffen und also die Erfahrungen des Krieges verwertend, ist so weit gegangen, daß es das Verbot der Einführung einer obligatorischen Zensur auch in Kriegszeiten zum Bestandteil der schwedischen Verfassung machte. Der Mut zum Volke ist sehr deutlich in einer solchen Gesetzesbestimmung ausgedrückt. Dieses Gesetz, ich sagte es, zog Konsequenzen aus den Erfahrungen des Krieges, in dem die Schweden sich sehr darum bemüht haben, (die kriegführenden Regierungen nicht zu beeinträchtigen, ihnen keinen Anlaß zu Eingriffen und Angriffen zu geben, und sich sehr bemüht haben, Rüstungsund Verteidigungstatsachen nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit kommen zu lassen. Es ging auch auf diese Weise. Immer nur gab es Ratschläge und immer nur Wegweisungen. Diese Tatsachen sollten uns nicht nur beeindrukken — sie zwingen doch jeden von uns zum Nachdenken gegenüber diesem Gesetzentwurf —, sondern sie sollten uns zu (der Fragezwingen, ob eine Zensur, wie sie nach Art. 115b Abs. 2 a möglich ist, wirklich notwendig ist; ich möchte hinzufügen: ob sie wirklich möglich ist. Zensur wird im .Gesetz wie vor allem in der Begründung wie vor allem in manchen Ausführungen, die wir inzwischen von verantwortlicher Stelle in Vorträgen gehört haben, sehr oft im gleichen Atemzug mit Selbstkontrolle genannt; das ist manchmal nicht deutlich voneinander zu trennen. Das erweckt dann den Eindruck, als sollten mehrere Tore offengehalten werden und als wolle man im Zwielicht doch eine Unsicherheit bestehen lassen und so in der Furcht der Obrigkeit regieren. Meine Damen und Herren, es sprechen viele gern und oft darüber, daß die Freiheit der Presse bewahrt werden muß, und nicht selten beginnen Vorträge mit einem solchen Bekenntnis. Dieses Bekenntnis ist nicht billig, wenn man es ernst meint und wenn man damit den redlichen Respekt vor dem freien Wort und auch den Verzicht verbindet, nicht überall so gespiegelt zu werden, wie man selber im Spiegel erscheinen möchte; ich meine den Spiegel, der an der Wand hängt. Die Bereitschaft, die andere Meinung zuzulassen, auch wenn sie schmerzt, Freiheit zu gewähren, wo wir Freiheit verlangen, ist sehr schwierig und nicht sehr weit verbreitet in unserem Volke. Aber wenn wir uns an die Vorbilder halten, von denen ich das großbritannische aus bestimmtem Grunde besonders ausführlich nannte — das nordamerikanische liegt ihm ziemlich parallel —, von denen ich Schweden erwähnte, die Schweiz erwähnen könnte und andere dazu, wenn wir uns an diese Vorbilder halten, die ja keine Phantasiegebilde sind, sondern aus der Erfahrung entstanden sind, dann, meine Damen und Herren, sollten wir daran denken, daß wir damit mündigen Bürgern in unserem Staate die Freiheit der Information bewahren, daß wir ihnen zeigen, daß die Regierung Vertrauen zu diesem Volke hat Sänger und daß sie zur Mitverantwortung herbeigezogen sind. Wer die freie Nachricht fürchtet, hat Furcht vor dem eigenen Volk, und das, glaube ich, sollte doch bei uns nicht Platz greifen. Zu diesen Menschen in der Demokratie Vertrauen haben heißt, Vertrauen zu den Journalisten haben. Der Hinweis auf den einzelnen Journalisten — — (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach meldet sich MI einer Zwischenfrage.)




    — Jetzt wollte ich Ihnen anworten, Herr Kollege Dresbach.

    (Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Darf ich Ihnen noch eine Anregung geben?)