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ID0405601100

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    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache IV/891) — Erste Beratung — Höcherl, Bundesminister . 2477 A, 2526 D Hoogen (CDU/CSU) . . . . . . 2491 C Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . . 2495 D Dorn (FDP) . . . . . . . . . 2504 C Leber (SPD) . . . . . . . . 2507 A Sänger (SPD) 2516 B Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . 2523 D Entwurf eines Gesetzes über den Zivildienst im Verteidigungsfall (Zivildienstgesetz) (Drucksache 1V/450) — Erste Beratung —; in Verbindung mit .dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden (Drucksache IV/343) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Aufenthalts .der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall (Aufenthaltsregelungsgesetz) (Drucksache IV/895) — Erste Beratung —; dem Entwurf eines Gesetzes über bauliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (Schutzbaugesetz) (Drucksache IV/ 896) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung (Selbstschutzgesetz) (Drucksache IV/897) — Erste Beratung — Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 2533 C Lünenstraß (SPD) . . . . . . . 2537 B Dr. Even (Düsseldorf) (CDU/CSU) 2539 C Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) (FDP) 2541 D Busse (FDP) . . . . . . . . 2544 D Frau Renger (SPD) 2546 B Hansing (SPD) 2548 D Dr. Kempfler (CDU/CSU) 2550 D Hübner (CDU/CSU) 2551 D Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft sowie des Geld- und Kapitalverkehrs (Wirtschaftssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/ 892) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie der Forst- und Holzwirtschaft (Ernährungssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/893) — Erste Beratung —; und dem Entwurf eines Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs (Verkehrssicherstellungsgesetz) (Drucksache IV/894) — Erste Beratung — Dr. Bieringer (CDU/CSU) . . . 2553 B Lange (Essen) (SPD) 2553 C Dr. Imle (FDP) 2555 D Lemmrich (CDU/CSU) 2556 C Überweisung der Gesetzentwürfe an Ausschüsse 2557 C Wahlen zum Europäischen Parlament und zur Beratenden Versammlung des Europarates 2557 D Nächste Sitzung 2558 C Anlage 2559 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Januar 1963 2477 56. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1963 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Fran Albertz 24. 1. Arendt (Wattenscheid) 25.1. Dr. Arndt (Berlin) 24. 1. Dr. Atzenroth 25.1. Dr. Dr. h. c. Baade 25. 1. Bading 5.2. Bauknecht 25. 1. Fürst von Bismarck 25. 1. Dr. Bleiß 25.1. Dr. von Brentano 25. 1. Brese 25. 1. Deringer 24. 1. Dr. Dörinkel 4. 2. Drachsler 25. 1. Dr. Dr. h. c. Dresbach 28.2. Eisenmann 24. 1. Etzel 26. 1. Faller * 25. 1. Figgen 23. 2. Funk (Neuses am Sand) 16. 2. Gewandt 31. 1. Freiherr zu Guttenberg 25. 1. Haage (München) 25. 1. Hahn (Bielefeld) 25. 1. Hammersen 24.1. Harnischfeger 25. 1. Hauffe 28.2. Hellenbrock 26. 1. Holkenbrink 26. 1. Dr. Hoven 25. 1. Illerhaus 24. 1. Kahn-Ackermann 25. 1. Kalbitzer 25. 1. Dr. Kanka 24. 1. Katzer 31. 1. Keller 25. 1. Frau Kipp-Kaule 25. 1. Klinker 25. 1. Koenen (Lippstadt) 25.1. Dr. Kohut 25. 1. Kriedemann* 25. 1. Kühn (Köln) 2.2. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Lemmer 26. 1. Lenz (Bremerhaven) 25. 1. Lücker (München) * 25. 1. Mattick 25. 1. Mauk 25. 1. Frau Dr. Maxsein 25. 1. Dr. Menzel 25. 1. Dr. von Merkatz 4. 2. Dr. Miessner 31. 1. Missbach 25. 1. Dr. Morgenstern 25. 1. Müller (Berlin) 28. 2. Müller (Remscheid) 25. 1. Müller-Hermann 31. 1. Neubauer 17.2. Neumann (Berlin) 25. 1. Ollenhauer 25. 1. Dr.-Ing. Philipp 25. 1. Rademacher 31. 1. Ravens 25. 1. Dr. Reinhard 25. 1. Richarts 26. 1. Dr. Rutschke 31. 1. Sander 25. 1. Schmücker 24. 1. Schneider (Hamburg) 31. 1. Schröder (Osterode) 25. 1. Schütz 25. 1. Dr. Stammberger 3. 2. Dr. Starke 24. 1. Stein 24. 1. Frau Strobel * 25. 1. Struve 25. 1. Dr. Süsterhenn 25. 1. Urban 25. 1. Wacher 25. 1. Dr. Wahl 28. 2. Dr. Zimmer 26. 1. Zühlke 24. 1. b) Urlaubsanträge Dopatka 21.2. Werner 24. 2. *) Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments
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    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fragen, die hier zur Aussprache stehen, bewegen sich alle um denselben Themenkreis: den Staat, die Freiheit, das Recht, die Demokratie. Ich möchte mich in den Ausführungen, die ich zu machen habe, nicht so sehr mit allen Einzelheiten der Vorlagen auseinandersetzen. Ich möchte auch nicht auf den gesamten Themenkreis, der von den zur Debatte stehenden Gesetzen her gegeben ist, eingehen. Ich möchte mich vielmehr darauf beschränken, namens meiner Fraktion einen ganz bestimmten Teil herauszugreifen, von dem wir der Auffassung sind, daß er für die Beurteilung der Gesetzesmaterie von außerordentlicher Bedeutung ist. Ich meine damit das Verhältnis von Arbeitnehmern und Gewerkschaften zu den Entwürfen, die hier vorgelegt sind.
    Die in abhängiger Arbeit beschäftigten Arbeitnehmer sind der größte Teil unseres Volkes. Die Gewerkschaften sind die größten demokratischen Organisationen in unserer Gesellschaft. In diesem Teil des Volkes, in den Gewerkschaften,. sind seit Jahren Diskussionen über die Frage eines Notstandsrechts entbrannt.
    Ich habe nicht die Absicht, die Gespräche, die in den Gewerkschaften geführt werden und die seit Jahren im Gange sind, in den parlamentarischen Raum zu verlagern oder sie vielleicht auf dieser Ebene fortzuführen. Ich habe auch nicht die Absicht, das, was vielleicht schon vergessen ist, deshalb wieder in die Erinnerung zu rufen, weil ich Wunden aufreißen möchte. Ich habe auch nicht die Absicht, Vorwürfe da zu machen, wo vielleicht Vorschläge, die in die Zukunft weisen könnten, am Platze wären. Es ist meine Aufgabe, nicht neue Mißverständnisse auszulösen, sondern den Versuch zu machen, bestehende Mißverständnisse nach Möglichkeit klären zu helfen.
    Wir kommen aber nicht daran vorbei, daß wir uns in aller Offenheit über die Fragen, die hier gestellt sind, deswegen unterhalten, weil in den letzten Jahren eine Reihe von Unklarheiten entstanden sind, die draußen im Lande in großen Teilen des Volkes eine schlechte Atmosphäre erzeugt haben. Ich habe manchmal das Gefühl, daß da etwas Ähnliches wie eine Art Notstandspsychose entstanden ist, an der die, die darunter leiden, nicht die Hauptschuld haben. Wir müssen vielmehr prüfen, inwieweit von anderer Seite Dinge ausgelöst worden sind, die nicht gut waren.
    Wir haben heute mit Befriedigung — ich kann das jedenfalls auch für mich sagen — die Rede des Herrn Bundesinnenministers gehört. Es war eine versöhnliche Rede. Ich hätte nur gewünscht, daß in dem Stil, in dem das heute hier geschieht, die ganze Notstandsdebatte schon seit Jahren geführt worden wäre. Dann hätten wir uns in der deutschen Öffentlichkeit manches ersparen können.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Dadurch, daß das nicht geschehen ist, ist in großen Teilen des Volkes Mißtrauen geweckt worden. Es sind Mißverständnisse entstanden, es ist Unbehagen entstanden, mit dem wir so leicht noch nicht fertig geworden sind.

    (Abg. Dr. Mommer: Der Herr war im falschen Ministerium! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ein Volk, das sich bereitmachen will, eine mögliche Notzeit zu überstehen, muß vor allen Dingen an zweierlei denken. Hier wird immer nur so sehr von dem einen geredet: daß man sich über eine bestmögliche Lösung verständigen muß, mit der man für den Fall eines Notstandes durch gemeinsames Eintreten und zielbewußtes Handeln einen solchen Notstand überwinden kann. Es gibt ein Zweites: Das beste Gesetz, die beste gesetzgeberische Lösung, die beste Organisation und das beste Notstandssystem bleiben am. Ende wirkungslos, wenn es nicht gleichzeitig gelingt, im Volke so viel Vertrauen zueinander zu erwecken, wie notwendig ist, um den Staat in seiner schwersten Krise über diese Krise hinwegzubringen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist meiner Auffassung nach bisher nicht versucht worden. Es geht nicht, nur auf dem Wege über die Gesetzgebung, nur über administrative Maßnahmen sich so etwas vorzunehmen, sondern eine der Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um das Ganze überhaupt zum Gelingen zu bringen, ist das Vertrauen.
    Gestatten Sie mir deshalb, daß ich über das, was wir hier unter Vertrauensbasis verstehen, einiges sage. Von Anfang an sind da Fehler gemacht worden. Auf einer sehr schmalen Basis — so im geheimen Kämmerlein des Kabinetts, einem kleinen Kreis in der Regierungskoalition — ist ein Entwurf erarbeitet und diskutiert worden, ohne daß man den Versuch gemacht hat, mit wesentlichen Kräften des



    Leber
    Volkes, die gerade an diesem Gesetzeswerk ein Interesse haben, ein wenig Kontakt aufzunehmen, und zwar in dem Stadium, in dem die Sache vor drei, vier Jahren begonnen hat. Dann wurde eine Vorlage eingebracht; die war auslegbar, die war unklar, die war gefährlich und nicht nur geeignet, für den Fall eines Notstandes die demokratische Freiheit zu sichern, sondern sie war zu noch viel mehr geeignet, je nach dem, wie der, der sie gehandhabt hätte, dieses Handwerkszeug für sich genutzt und eingesetzt hätte. Sie war auch geeignet, die Beschränkung von verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten zu anderen Zwecken zu mißbrauchen oder gar diese Rechte und Freiheiten abzuschaffen. Sie wäre auch ein geeignetes Werkzeug in den Händen von Menschen gewesen, die die Absicht gehabt hätten, das Gegenteil von dem zu machen, was von dem Gesetzgeber eigentlich damit gewollt gewesen wäre.
    Dazu kommt, daß diese schlechte Vorlage innen und außen mit schlechten Argumenten vertreten worden ist, daß das Ganze in einem unguten Spiel zu Auseinandersetzungen geführt hat, die uns dahin gebracht haben, wo wir heute in dieser Angelegenheit sind. Es kann den Gewerkschaften niemand übel nehmen, daß sie befürchten mußten, daß nicht nur der Notstand der Demokratie und des Staates gemeint war, sondern daß auch sie selber, ihre Unabhängigkeit und ihre Freiheit, nebenbei mitgemeint gewesen waren.
    Ich habe nicht die Absicht, hier Anklage zu erheben, auch nicht dem Minister gegenüber, der die Dinge damals hier zu vertreten hatte, insbesondere deswegen, weil ich glaube, daß sich Herr Dr. Schröder als Außenminister — und das ist ja erfreulich — ein wenig anders verhält und vielleicht als Innenminister gelernt hat, was er als Außenminister nicht tun darf und was er als Außenminister am besten tun sollte. Es wäre aber gut gewesen, wenn diese Erkenntnis schon vor einigen Jahren bei ihm Platz gegriffen hätte.
    Ich möchte auch klarstellen, daß es trotz dieser Widrigkeiten in all den Jahren nicht ein einziges Mal eine gewerkschaftliche Aktion gegen die Notstandspläne, von wem sie auch immer geäußert worden sind, gegeben hat. Es hat aber eine sehr starke Reaktion der Gewerkschaften auf das gegeben, was ihnen in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist. Dazu hatten sie auch, glaube ich, ein gutes Recht. Ich möchte die Frage aufwerfen: selbst wenn es möglich gewesen wäre, diese Entwürfe in diesem \\schlechten Stil durchzusetzen, was wäre dann eigentlich gewonnen ,gewesen? Ich sage: nicht viel; denn das wäre eine leere Schale gewesen, mit der man für den Fall der Fälle wahrscheinlich praktisch nichts hätte anfangen können.
    Gestatten Sie mir, daß ich in diesem Zusammenhang zur Beurteilung der Rolle der Gewerkschaften auf einiges hinweise. Ich denke dabei nicht nur an unseren heutigen Staat. Als einer der Jüngeren, die schon deswegen nicht befangen sein können, weil sie damals nicht selber dabei waren, die sich aber sehr dafür interessiert haben, wie das alles gekommen ist, möchte ich ein paar Worte über das sagen,
    was vielleicht im Zusammenhang mit dem, was hier geplant ist, aus der Weimarer Zeit erwähnenswert ist.
    Ich habe vom fehlenden Vertrauen gesprochen. Dazu kommt noch etwas: das ist das Staatsbewußtsein. Ich bin der Überzeugung, daß bei der Errichtung des Weimarer Staates ein Fehler begangen worden ist, nämlich der, daß man den Versuch gemacht hat, Freiheit des Bürgers als Freisein von jedweder staatsbürgerlichen Verpflichtung in diesem Staat, von jedweder Verpflichtung diesem Staat gegenüber zu begreifen. Der Bürger durfte frei sein von jeder Verpflichtung ,dem Gemeinwesen gegenüber. So durften in der Weimarer Republik der Staat und die Freiheit begriffen werden.
    Dieser Versuch, zum erstenmal in Deutschland eine Demokratie 2u errichten, ist fehlgeschlagen, und zwar — ,das ist meine Überzeugung — nicht nur deswegen, weil er von einigen oder vielen eingerissen wurde, sondern vor allem auch deswegen, weil diese Verpflichtung dem Staat gegenüber nicht erzeugt worden ist, weil niemand da war, um im entscheidenden Augenblick für ihn in die Bresche zu springen, weil es an dem Staatsbewußtsein diesem Staat gegenüber gefehlt hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Betrachte ich die Situation von heute, dann habe ich das Gefühl, daß viele von uns sehr leichtfertig sind, wenn sie an dieses Staatsbewußtsein hier im Lande denken. Das Staatsbewußtsein und das Vertrauen in den Staat sind zwei Dinge, die unlösbar miteinander verbunden sind. Jeder, der sich 'draußen in der Bevölkerung umhört, wird mir bestätigen, was ich jetzt sage. Ich habe eine große Sorge: wenn eines Tages diese sogenannte Decke des Wohlstandes ein wenig von dieser Bevölkerung gezogen wird, werden wir alle erschrocken sein, wie wenig Staatsbewußtsein es in den breiten Schichten dieser Bevölkerung gegenwärtig gibt. Das ist vielleicht schon ein Stückchen Notstand für sich. Das ist ein wichtiges Problem mit dem man sich diesseits der Gesetzesmaterie befassen muß. Denn die Gesetze nützen nichts, wenn nicht in dem Vorfeld in diesem Staat die Dinge geklärt und in Ordnung gebracht worden sind.
    Unter diesen Umständen spielen natürlich große demokratische Organisationen wie die Gewerkschaften eine wichtige Rolle. Ich möchte versuchen, das, worauf es mir ankommt, hier darzustellen, und zwar so, daß man mich nicht der Befangenheit zeihen kann. Ich tue das aus dem Ernst und dem Verantworttungsbewußtsein, die auch wir in dieser Frage verspüren. Die Gewerkschaften sind die größten demokratischen Organisationen in diesem Lande. Sie sind das auch dann, wenn man weiß, daß nicht alle Arbeitnehmer in ihren Reihen organisiert sind. Es sind aber :immerhin 7 Millionen; das ist etwa ein Drittel derer, die in abhängiger Arbeit tätig sind. Mich interessiert in diesem Zusammenhang nicht der wirtschaftliche und soziale Teil ihres Aufgabenkreises, sondern etwas anderes.
    Die Arbeitnehmer — das ist die Mehrheit des Staatsvolkes —, die Mitglieder der Gewerkschaften



    Leber
    sind, die gewerkschaftlich organisiert sind, sind das deswegen, weil sie bereit sind, sich in diesen Vereinigungen für ihre unmittelbaren persönlichen, auch materiellen Interessen persönlich einzusetzen und dafür Opfer zu bringen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß jemand, der nicht einmal bereit ist, sich für seine persönlichen, seine unmittelbaren materiellen Interessen in einer Gewerkschaft einzusetzen, auch unzuverlässig ist, wenn es um Dinge geht, die viel weiter weg liegen als seine persönlichen materiellen Interessen, beispielsweise die Freiheit, der Staat oder die Demokratie.

    (Beifall bei der SPD.)

    Deshalb, glaube ich, darf ich mit Recht feststellen, daß dieser größte und aktivste Teil unseres Volkes auch im Hinblick auf sein Verhältnis zum Staat zuverlässiger ist als dier andere Teil, der sich um nichts kümmert, nicht einmal um seine eigenen Angelegenheiten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, das mag dem einen oder dem anderen vielleicht nicht ganz so gefallen, wenn ich das hier sage. Das hängt auch mit dem Verhältnis zu den Gewerkschaften zusammen. Aber da muß man sich einmal ein bißchen frei machen. Es geht hier nicht um Interessen, sondern um das allem übergeordnete Interesse: um den Staat, um die Gemeinschaft, in der wir leben, auch für die, die nicht Gewerkschaftler sind, auch wenn wir etwas gegen sie haben. Ich meine, das ist eine wichtige Sache, und ich glaube, daß von da her auch die Gewerkschaften ihr legales Interesse und ihre Verantwortung ableiten können und müssen, die hier im Hinblick auf die Notstandsfrage eine Rolle spielt.
    Dazu kommt ein weiteres. Da sind geschichtliche Erlebnisse und Erfahrungen, die man nicht einfach wegwischen kann, die auf die Gewerkschaften auch heute noch erheblichen Eindruck ausüben. Die Gewerkschaften sind hier nicht anwesend. Aber wir alle, die wir hier diese Gesetze zu beschließen haben, die wir darüber zu befinden haben, welche Lösungen einmal für den Fall des Notstandes gelten sollen, sollten uns bei allem, was wir tun, daran erinnern, daß diese große Bewegung in unserer Gesellschaft dann auch mit im Spiel sein wird, so oder so, daß die Menschen da sein werden, daß sie Stellung beziehen, daß sie eine Rolle übernehmen werden und wahrscheinlich eine übernehmen müssen und daß es eine gefährliche Enttäuschung geben würde, wenn wir den Versuch machen würden, gesetzliche Regelungen zu schaffen gegen den Willen dieser breiten Volksschichten, oder gar nicht den Versuch machen wollten, sie dabei mit ins Vertrauen zu ziehen und nach Möglichkeit eine Verständigung über das, was zu geschehen hat, herbeizuführen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das sind im ganzen die Vorwürfe, die ich zu machen habe, und das, was ich in Erinnerung zu bringen habe im Hinblick auf das Mißtrauen, das in den letzten Jahren entstanden ist und das uns die Arbeit hier, glaube ich, doch sehr erschwert.
    Dann kommt die zweite Etappe. Herr Bundesinnenminister Höcherl, wir haben uns alle sehr gefreut darüber, als Sie ihr Amt antraten und eine der ersten Erklärungen, die ich von Ihnen gehört habe, die war: „Ich will versuchen, nach Möglichkeit mit all den Schichten, die an dieser Frage interessiert sind, Einvernehmen zu erzielen." Ich habe mir gedacht: das ist ein großes Vorhaben, aber für den guten Willen allein müssen wir .dem Herrn Höcherl schon dankbar sein. Aber dann war ich auch ein wenig enttäuscht; das möchte ich hier nicht verschweigen.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundesinnenminister hat es nämlich nicht leicht gehabt. Er hat ja eine Erbschaft übernommen, eine Hinterlassenschaft des Mißtrauens, und der gute Wille: „ich will es anders machen" bringt allein noch keine Wende. Das möchte ich ihm gern zugute halten. Es hat natürlich auch Freunde gegeben, die haben gesagt: „Trau dem Höcherl nicht;"

    (Heiterkeit)

    — entschuldigen Sie, wenn ich das hier so sage —„der macht's nur geschickter als der andere, der fängt es nur gescheiter an als der andere; in Wirklichkeit will er aber dasselbe. Wir wollen mal abwarten, was er tut, nicht, was er im voraus erklärt." Dann kam etwas, das natürlich dem Faß den Boden ausgeschlagen hat. Die erste Erklärung, die der Herr Bundesinnenminister abgegeben hat, gab er in einem Fernsehgespräch ab; ich weiß nicht mehr genau, wann es war; Sie werden sich vielleicht daran erinnern. Ich habe dieses Fernsehgespräch gesehen und bin fast vom Stuhl gefallen, als ich hörte, daß das Beispiel von der Alete-Milch erwähnt wurde: daß, falls kein Milchpulver mehr erzeugt werden könne, ein Notstand eintreten würde; dann müsse man Soldaten und Polizei einsetzen, um die Milchpulverproduktion aufrechtzuerhalten. Herr Bundesinnenminister, ich habe mir gedacht: „Na ja, das ist eine neue Materie;

    (Heiterkeit bei der SPD)

    der Herr Minister hat sich noch nicht so genau eingearbeitet, und die hellen Scheinwerfer — das wird schon nicht so gemeint gewesen sein." Ich war aber sehr erstaunt, als Sie dasselbe dann in vertraulichem Gespräch in Ihrem Hause vor Experten wiederholt haben, daß Sie das also für ein Beispiel halten, von dem her man den Status des Notstandes erklären könnte.
    Nun, Herr Minister, gestatten Sie mir dazu einige Bemerkungen. Sehen Sie, das hat draußen Meinung gemacht. Das war Ihre erste Äußerung; die ist den Leuten unter die Haut gegangen, die hat ihr Mißtrauen genährt. Das hat die wieder nach vorn gebracht, die gesagt haben: „Warte erst mal ab, was er tut!" Und dann kommt er mit der Erklärung heraus! — Ich möchte dazu sagen: Selbst wenn die Milchfabrik, die die Alete-Milch herstellt, bestreikt werden sollte, entsteht da kein Notstand.

    (Zuruf von der SPD: Aber wenn's ans Bier geht! — Heiterkeit.)




    Leber
    Das ist zwar sehr wichtig, meine Damen und Herren, ob dieses Milchpulver erzeugt wird oder nicht. Aber ich kann mir denken, daß es eine Zeit gegeben hat, in der es keine Alete-Milch gab. Ich bin z. B. mit Kuhmilch aufgezogen worden, Herr Minister,

    (Heiterkeit bei der SPD)

    und daraus ist ja auch nicht gerade etwas Schlechtes geworden.
    Wenn so ein Streik ausbricht, beispielsweise in einer solchen Milchfabrik, dann geht es den Gewerkschaften nicht darum, den Kindern die Milch zu nehmen, die sie vielleicht auch auf Grund ärztlicher Empfehlung dringend gebrauchen können, sondern sie verfolgen ein sozialpolitisches Ziel. Der Unternehmer hat es ja auch in der Hand, ob er die Forderungen der Gewerkschaften erfüllt, und dann wird eben weiter Milch produziert. Im übrigen sind am Beginn eines solchen Streiks ja noch Vorräte da. Es ist noch nicht alles ausverkauft, sondern man hört auf, zu produzieren. Dann gibt es etwas Ähnliches auch im Ausland. Es steht nur ein anderes Schild auf der Verpackung. Das kann man sich auch besorgen, soweit es darauf ankommt, die Not der armen Kindlein zu beseitigen, die keine Milch haben. Aber das ist wahrscheinlich nicht gemeint gewesen, sondern der wirtschaftliche Ausfall, der beim Unternehmer entsteht.
    Der ist legal, meine Damen und Herren. Daran müssen wir uns in einer demokratischen Gesellschaft gewöhnen, daß der Streik ein legales Mittel ist, daß er so legal ist wie das Arbeiten selber und daß beim Streik auch wirtschaftliche Ausfälle, wirtschaftliche Nachteile für den entstehen, der bestreikt wird. Ich habe nicht gehört, daß im Zusammenhang mit der Notstandsfrage die Aussperrung für ungesetzlich erklärt werden soll. Das ist ja auch etwas Wichtiges, dann könnte auch nicht mehr produziert werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun noch ein ernstes Wort dazu: Es wird ja immer politisch gemeint, es wird staatspolitisch argumentiert, und dahinter wird wirtschaftlich gedacht. Wenn der Ausfall der Produktion von Milchpulver zu einem Notstand führte, würde mit Sicherheit auch eine einfache Preiserhöhung dieses Unternehmens zum Notstand führen, weil dadurch eine ganze Anzahl von Kindern, weil deren Eltern das nun nicht mehr bezahlen können, vom Bezug der Milch ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt, wenn der betreffende Unternehmer beispielsweise sagt: Ich produziere nicht mehr für das Inland, ich exportiere mein Milchpulver ins Ausland, da bekomme ich mehr. Das steht alles in einem Zusammenhang. Sie dürfen es den Gewerkschaften nicht übel nehmen, daß sie, wenn solche Beispiele genannt werden, sehr genau hinhören, um sich dann ihre Meinung zu bilden, und daß diese Meinung nicht gut ausfällt, wenn vorher schon ein geharnischtes Paket an Mißtrauen vorhanden ist.
    Die zweite Perspektive, die sich ergibt, ist die Tatsache, daß hier der Streik gemeint ist, nicht nur der Streik in einer Milchfabrik, sondern der Streik
    schlechthin. Es gibt sicher noch wirkungsvollere Beispiele als die Erzeugung von Milchpulver.
    Das Recht zum Arbeitskampf ist ein legitimes Recht, das im Grundgesetz verankert ist. Das Streikrecht, meine Damen und Herren, ist ein Wesensmerkmal, ein Wesenselement des freien demokratischen Staates, und zwar auch hier bei uns in der Bundesrepublik. Daran müssen sich viele noch gewöhnen. Das mag ein bißchen unbequem sein, wie die Demokratie im ganzen nicht die bequemste Art ist, Zusammenleben in einem Staat zu organisieren. Das gilt auch für die Gewerkschaften und natürlich auch für den Streik.

    (bilden. Diese sind deswegen wieder von der Bildfläche verschwunden, weil sie .das Wesensmerkmal Streikrecht bei uns in der Bundesrepublik nicht bejaht haben. Durch dieses Streikrecht unterscheiden sich gerade die freien Gewerkschaften in einem freien demokratischen Staat von einer Diktatur. Durch die Bejahung des Streikrechts und die Anerkennung des Streikrechts im Staat unterscheiden sich auch die Gewerkschaften hier in der Bundesrepublik von den sogenannten Freien Deutschen Gewerkschaften in der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik und im Ostblock überhaupt. Sie werden verstehen, daß sich das Ganze in den Augen der Arbeitnehmerschaft und ihrer Gewerkschaften ein bißchen anders ansieht, als wenn man von außer her darüber theoretisiert. Für diese Millionen von Menschen im Staate sind das Elemente, die geradezu den demokratischen Staat für sie ausmachen, und sie möchten nicht, daß der im wesentlichen verändert wird. Wenn man ihnen solche Grundfreiheiten und Grundrechte nimmt oder beschneidet, dann ändert sich in ihren Augen am Staate etwas, und das ist sehr wichtig, auch für den Fall, daß wir daran denken, einen Notstand miteinander überstehen zu müssen. Dann ist das zweite Argument in die Diskussion gekommen: „Wir sind ein wichtiges Exportland, wir leben vom Export, und durch Kampfmaßnahmen könnte unsere Exportfähigkeit vermindert werden; es könnte da allerlei geschehen, deshalb muß man also hier auch in gewissem Umfange an den Streik und das Streikrecht denken." Nun, ich will darüber nicht längere Ausführungen machen. Wie das in einer alten gewachsenen Demokratie zugeht, das sehen wir seit einigen Wochen in den Vereinigten Leber Staaten von Amerika: an dem Hafenarbeiterstreik, der da geführt wird. Man mag darüber denken, wie man will. Ob der schön ist oder unschön ist, ob der lange dauert oder nicht, — in Amerika hat wahrscheinlich nicht ein einziger Amerikaner daran gedacht, von Verfassungs oder Rechts wegen diesen Streik aus der Welt zu schaffen, sondern alle Welt bemüht sich, diesen Streik beizulegen dadurch, daß man vermittelt, daß man schlichtet, daß man versucht, Vorschläge zu machen, daß man mit dem und mit dem redet, auf eine legale demokratische Weise, aber nicht mit den Mitteln des Zwanges, von Amts wegen oder von Staats wegen das tut, was auf andere Weise nicht möglich ist. Aber gestatten Sie mir, hier noch etwas zu erwähnen — weil das sicher nicht allen Damen und Herren bekannt ist —: soweit es sich um die Auswirkungen gewöhnlicher Arbeitskämpfe handelt. Die Gewerkschaften haben durch eigene Satzungen, durch Beschlüsse, Richtlinien und Anweisungen, die sie sich selber verpflichtend gegeben haben, von denen sie nicht herunter können und auch nicht herunter dürfen und auch nicht herunter wollen, alle die Befürchtungen, es könne etwas geschehen und es könne Schaden angerichtet werden, wenn einmal gestreikt werde, weitgehend behoben. Wir haben in der Bundesrepublik Beschlüsse, mit denen dafür gesorgt ist, daß die Gewerkschaften sich selber verpflichten — intern; wer das nicht tut, würde gegen etwas verstoßen, was ihm unter den Gewerkschaften wahrscheinlich nicht viel einbrächte —, daß im Falle eines Streiks durch entsprechende Notdienste, die eingerichtet werden, die notwendigste Versorgung der Bevölkerung — das ist Wasser, Elektrizität, Gas und wer weiß was alles — aufrechterhalten bleibt. Das geht noch weiter! Nehmen wir an, daß die Gewerkschaft, der beispielsweise ich angehöre, eine Zementfabrik bestreiken würde — es ist noch nicht geschehen — oder ein Kalkwerk — darin sind Ofen mit einem bestimmten Futter, das sind kostspielige Einrichtungen, und wenn diese Ofen ausgehen, dann dauert das eine ganze Zeit, bis sie wieder in Gang gesetzt werden können, weil diese Ofen sonst kaputtgehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß die Gewerkschaft in dem Augenblick, wenn der Ofen nicht mehr betrieben wird, wenn gestreikt wird, einen Notdienst einrichtet, der diesen Ofen auf Temperatur hält, damit er in Gang bleibt. Er würde bloß nicht mehr mit Material beschickt, es würde nicht produktive Arbeit damit geleistet. Aber es würde dafür gesorgt, daß das Unternehmen in bezug auf seine Produktionsanlagen und -einrichtungen keinen Schaden erlitte. Das ist wesentlich, glaube ich, und ich wollte das zum Verständnis des Ganzen noch gesagt haben. Nun, mit übermäßigen Streiks haben wir in der Bundesrepublik nach 1945 noch keine Sorgen gehabt. Darüber freuen sich viele in. unserem Lande, — .anscheinend aber nicht alle. Der Herr Bundeskanzler ist nicht mehr da; ich hätte das gern auch in seiner Anwesenheit gesagt: ich weiß, daß er vor zwei Jahren einer Gruppe von Industriellen, die bei ihm war und sich über wirtschaftliche und soziale Fragen mit ihm unterhalten hat, einigen dieser Industriellen gesagt hat, das freue ihn gar nicht so sehr, daß die Gewerkschaften ihm bei jeder Gelegenheit sagen könnten, bei uns werde nicht so viel gestreikt, wie in anderen Ländern der westlichen Welt: „Daran sind Sie schuld, daß die Arbeiter nicht mehr streiken, weil Sie zu allem ja sagen, was die von Ihnen wollen." Nun, das scheint auch ein Verhältnis zum Arbeitskampf zu sein. Das widerspricht aber an sich dem, was sich aus den Überlegungen des Herrn Bundesinnenministers früher einmal ergeben hat. Wem das Ganze, auch der Streik, als eine i ber-flüssige Angelegenheit oder als eine schädliche Angelegenheit vorkommt, der hat ja — wie wir alle, vor allen Dingen in diesem Hohen Hause — zahlreiche Gelegenheiten, sich um eine Verbesserung des sozialen Klimas und um einige andere Dinge mehr zu kümmern. Dann wird das Mittel des Streiks noch weniger in Anspruch genommen, als das bisher sowieso schon ist. Nur noch eine Frage, und die list politisch wichtig unmittelbar für das, was wir hier tun. Die Gewerkschaften sind jetzt fast hundert Jahre alt. Es hat in dieser hundertjährigen Geschichte ;Deutschlands und dieser Gewerkschaften noch nicht einen einzigen Arbeitskampf gegeben, mit dem von den Gewerkschaften ein irgendwie gearteter Notstand ausgelöst worden wäre. Das ist etwas, woraruf die Gewerkschaften zurücksehen 'können und was, glaube ich, sehr wichtig ist. Deshalb auch werden alle Äußerungen, alle Bestrebungen, die darauf hinauslaufen, Sicherungen gegen gewerkschaftliche Kämpfe zu errichten, nach einer hundertjährigen geschichtlichen Praxis als überflüssig befunden werden. Der Bundesinnenminister hat heute morgen hier gesagt, er denke jetzt darüber anders. Ich freue mich, daß die Dinge damit korrigiert sind. Ich wollte sie hier aber noch einmal dargestellt haben, Herr Minister. Es ist zwar wichtig, wie Sie darüber denken — deshalb habe ich darüber geredet —, aber es ist nicht allein ausschlaggebend, wie Sie, der jetzige Herr Bundesinnenminister, darüber denken; denn ich weiß nicht, ob Sie immer Bundesinnenminister sein wenden, ich hoffe, daß auch einmal ein Sozialdemokrat das Amt ausübt. Auch im Hinblick darauf, meine Damen und Herren, muß das gesagt werden. Sehen :Sie, wir gehen an diese ganze Gesetzgebung — das sollten Sie doch schon gemerkt haben — nicht aus der Position heran: wir müssen verhindern, daß da etwas geschieht, weil die andern immer in der Regierung und wir immer in der Opposition sind. Wir denken bei der Beratung dieses Gesetzes auch daran, daß wir einmal Regierung sein und auch dieses Amt ausüben werden. (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Mommer [zur Mittel: Dann werden Sie in der Opposition sein!)


    (Beifall bei der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)





    (Heiterkeit bei der SPD.)


    (Beifall bei der SPD.)


    (Heiterkeit.)




    Leber
    Da es sich aber um auslegungsfähige Gesetze handelt — denn Menschen müssen diese Gesetze auslegen —, sollte man darauf hinwirken und darauf achten, daß das, was im Gesetz steht, klar ist und daß es nicht so sehr auf die persönliche Meinung des Ministers, die sich ja gewandelt hat und wandlungsfähig ist, ankommt.
    Dazu kommt noch etwas anderes, nämlich die Tatsache, daß es, selbst wenn der jetzige Herr Bundesinnenminister das so meint und selbst wenn wir alle, die wir in diesem Hohen Hause sind, es so meinen, nicht ausgeschlossen ist, daß es irgendwelche Leute gibt, die es doch anders meinen und die morgen auch einmal etwas zu sagen haben können in diesem Staat. Das Gesetz wird ja nicht nur für vier Wochen oder vier Jahre, sondern für eine längere Zeit und für den Fall gemacht, daß es einmal zu Notständen kommen kann.
    Da möchte ich Sie an etwas erinnern. Es sind große Kräfte im Staat, die manchmal ausschlaggebend sind. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Herr Dr. Paulssen, hat beispielsweise am 28. Juni in einer Veranstaltung in Kiel eine Rede gehalten und sich darin mit wirtschaftlichen und lohnpolitischen Fragen befaßt. In diesem Zusammenhang hat er — nach einer dpa — Meldung, die ich hier vorliegen habe — erklärt, als er über Fragen der Lohnpolitik sprach, die Unternehmer könnten das Risiko, das sich aus lohnpolitischen Auseinandersetzungen ergebe, nur in Verbindung mit einem zu erlassenden Notstandsgesetz tragen. Er hat auf staatliche Eingriffe und auf das Notstandsgesetz hingewiesen, das kommen müsse. Diese dpa-Meldung ist durch alle Zeitungen gegangen. Ich habe sie hier. Ich habe kein offizielles Dementi gehört. Das ist ja sonst fällig, wenn eine solche Sache fälschlicherweise abgedruckt wird.
    Ich habe aber etwas anderes gefunden, das den Wahrheitsgehalt dieser Meldung bestätigt. Das Bundesinnenministerium hat auf diese Meldung hin nämlich von sich aus eine Erklärung mit folgendem Wortlaut abgegeben:
    Meine Damen und Herren! Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände soll nach einer Agenturmeldung in der Rede, die er am Montag dieser Woche in Kiel gehalten hat, von einer Änderung des Streik- und Notstandsrechts in der Bundesrepublik gesprochen haben. Dazu ist festzustellen, daß die Pläne der Bundesregierung für eine notstandsrechtliche Verfassungsänderung sich mit der Frage eines Eingriffs in die Arbeitskämpfe nicht befassen.
    Das war also eine Klarstellung vom Bundesinnenministerium her. Dafür sind wir dankbar.
    Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Auch mir ist schon einmal ein Fehler unterlaufen, wenn ich geredet habe und kein Manuskript bei mir hatte. Ich kann mir sogar vorstellen, daß Herr Dr. Paulssen das so einfach gesagt hat und bei ruhiger Überlegung vielleicht gar nicht so deutlich sagen würde. Selbst wenn ich das unterstelle — und das möchte ich, nachdem ich Herrn Dr. Paulssen persönlich kenne —, so bin ich doch überzeugt, daß es hinter Herrn Dr. Paulssen zahlreiche Leute gibt, von denen ich ebenfalls eine ganze Reihe kenne, die das so meinen, wie er es dort gesagt hat; und darauf kommt es an.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist nicht übertriebener Pessimismus, in dem ich hier machen möchte, sondern die ganze Frage ist wichtig. Es ist eine legale Pflicht der Opposition, wenn sie bei Entscheidungen über solche Gesetze noch kritischer ist, als sie es gewöhnlich sein muß. Das sind einige Beispiele für mehrere, an denen sich Mißtrauen und Mißverständnisse in breitesten Kreisen der arbeitenden Bevölkerung in diesem Land entzündet haben.
    Gestatten Sie mir, noch auf etwas anderes aufmerksam zu machen. Seit Jahren — ich weiß nicht wie lange, wahrscheinlich schon sehr lange — wird von Zeit zu Zeit immer einmal der Versuch gemacht, die Gewerkschaften, diese „Machtkomplexe", diese „mammutartigen Gebilde" nicht nur zu kritisieren — das ist legal und in Ordnung —, sondern sie an den Rand des Staates zu manövrieren, ihr Verhältnis zum demokratischen Staat in Frage zu stellen, sie als unzuverlässig zu erklären, und manchmal ist auch schon der Versuch gemacht worden, sie in die Nähe der Kommunisten zu bringen, in die Nähe derjenigen, die also Gegner des demokratischen Staates sind.
    Wir können ruhig offen darüber reden. Ich nehme auch nicht jeden Artikel, den irgendein junger Anfänger irgendwo einmal geschrieben hat, der meist gar nicht direkt aus der Arbeiterschaft gewachsen ist, für bare Münze. Ein solcher Artikel ist manchmal mißdeutig, wie vieles, das mancher anderwärtig geschrieben hat, mißdeutig ist. Da hat mir mal einer gesagt, er habe sich mühsam durch die Schule des Bürgertums zum Marxismus durchgekämpft und er müsse jetzt mal einen Artikel darüber schreiben. — Danach werden dann die Gewerkschaften beurteilt!

    (Heiterkeit.)

    Die Gewerkschaften haben ein Verhältnis zu diesem demokratischen Staat. Als Beispiel für vieles möchte ich Ihnen hier sagen, wie es mir persönlich einmal ergangen ist. Ich habe einmal in einer Rede die Vermögensbildung und die Vermögensverhältnisse in der Bundesrepublik, zugegebenermaßen recht drastisch und recht eindeutig, kritisiert. Ich habe gesagt:
    Es gibt sicher Leute hier in der Bundesrepublik, die verstehen unter Freiheit nichts anderes als einen Freibrief für sich, ohne Rücksicht auf die Allgemeinheit ihren Egoismus zu befriedigen und Geschäfte zu machen.
    Das ist sicher eine harte Meinung.

    (Zuruf von der SPD: Aber gut! — Heiterkeit.)

    Aber danach habe ich dann gelesen, das sei eine Äußerung, die sich schon bei Lenin finde; das sei wahrscheinlich mit meiner marxistischen Überzeugung in Einklang zu bringen.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)




    Leber
    — Das war nicht irgendwo geschrieben, sondern das können Sie im Deutschland-Union-Dienst nachlesen, Herr Kollege!

    (Heiterkeit.)

    Ich bin froh, daß es einige Freunde von mir in Ihrer Fraktion gegeben hat, die dem betreffenden Herrn gesagt haben, wer der Herr Leber ist, daß das keiner ist, der bei Lenin in die Schule gegangen ist, sondern daß es sich um eine Äußerung handelt, die sie selber in ihren Reihen auch machen würden; sie werden bloß nicht angehört.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Das Schlimme an der Geschichte ist nicht, daß so etwas einmal gesagt wird. Wer in der politischen Auseinandersetzung steht, muß es hinnehmen, daß so etwas mal kommt und daß auch einmal ein Foul passiert. Das Schlimme ist vielmehr, daß das durch die Zeitungen geht, daß es von den Menschen draußen gelesen und für bare Münze genommen wird. Hier wird also wieder von der Mehrheit, von der Regierungsseite her die Arbeiterschaft kommunistischer Gesinnung bezichtigt, weil sie über bestimmte Dinge in diesem Staate nicht derselben Meinung wie die Mehrheit ist. Sie sollten sich das überlegen. Es kann ja noch einmal etwas geben, was so wichtig ist wie die Notstandsgesetzgebung und wo es wieder auf Vertrauen ankommt. Man sollte also im voraus daran denken, daß man nicht mehr zerstört, als gut ist.
    Ich möchte einmal die Frage stellen: Sind Sie eigentlich alle darüber informiert, wie hart die Auseinandersetzungen sind, die die Gewerkschaften seit Jahren um diesen demokratischen Staat, um den Bestand demokratischer Verhältnisse, um die politische Klarheit in diesem Lande führen? Wissen Sie eigentlich alle, was täglich millionenfach und zehnmillionenfach in die Bundesrepublik hineinflutet, wieviel Papier, wieviel Schmutz, wieviel Dreck, wieviel Beleidigungen, wieviel Diffamierungen jeden Tag über die Leute ausgeschüttet werden, die sich in den Gewerkschaften in der ersten Schützenlinie Tag für Tag und Woche für Woche mit dem Kommunismus und seinen Absichten hier in der Bundesrepublik auseinanderzusetzen haben. Es ist Tatsache, daß das geschieht und daß es still geschieht, ohne daß Sie etwas davon merken. Vielleicht wäre eis kein Fehler, wenn der Herr Präsident einmal anordnete, daß hier im Deutschen Bundestag so etwas wie eine Dokumentation darüber vorgenommen würde, damit alle sehen könnten, was jeden Tag in die Betriebe und auf den einzelnen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik zukommt.
    Das sind Auseinandersetzungen, die täglich bestanden werden. Das hängt mit dem Bestand, mit der inneren Festigkeit, mit dem Halt hier im Staat zusammen, daß diese Kräfte da sind, die es eigentlich verhindern, daß es von da aus notstandsähnlichen Situationen kommen kann. Meine Damen und Herren, das Verhältnis der Gewerkschaften zum demokratischen Staat ist klar. Das ist nicht eine Frage der Taktik; das ist auch keine Frage von Berechnungen bei den Gewerkschaften. Es ist schließlich auch keine Frage, die zufällig von Ihnen so entschieden worden ist, sondern das ist ganz natürlich: der freie ,demokratische Staat und freie. Gewerkschaften sind unlösbar miteinander verbunden. Es gibt keine freien, demokratischen Gewerkschaften ohne einen demokratischen Staat, und es gibt keinen demokratischen Staat, wenn er nicht auch freie, unabhängige Gewerkschaften zuläßt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Danach können Sie die Demokraten in der ganzen Welt voneinander unterscheiden, ob es der Osten ist oder der Westen, ob es die deutsche Ostzone oder Franco-Spanien, ob es Rußland oder Frankreich, ob es England oder Amerika ist. Und noch etwas: da, wo sie einig und wo sie stark sind, sind sie unbequemer, als wenn sie schwach wären, aber politisch zuverlässiger.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das sehen Sie in den Ländern, in denen die Gewerkschaften gespalten sind. Sehen Sie sich die Verhältnisse in Frankreich, in Italien und anderwärts an.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann noch ein Weiteres, was wichtig ist, wenn man die Gewerkschaften verstehen will; da sind die geschichtlichen Erfahrungen. Ich habe vorhin gefragt: Wann haben die Gewerkschaften jemals in ihrer Geschichte schon einmal einen Notstand ausgelöst? Das hat es nicht gegeben, aber das Gegenteil hat es gegeben. Die Gewerkschaften haben schon oft Notstände in unserem Staat bezwungen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Der erste Notstand, den ich als Beispiel erwähnen möchte, trat ein, als damals Kapp und Genossen nach der jungen deutschen Demokratie griffen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Darüber wird viel geredet, und ich kenne Leute, die sagen: Na ja, so groß war das auch nicht, was die Gewerkschaften damals geleistet haben, denn die waren ja im Bund mit der Regierung; die Regierung hat ihnen ja gesagt, sie sollten einen Generalstreik machen. — Nun, meine Damen und Herren, es ist doch wohl der Normalfall, daß die Gewerkschaften durch einen Generalstreik eine im Amt befindliche legale demokratische Regierung stützen und unterstützen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich habe manchmal, wenn jemand das sagte, gedacht: Was wird der wohl getan haben, als die Gewerkschaften damals den Generalstreik machten und dafür sorgten, daß die Demokratie durch Kapp und Genossen nicht überwunden wurde?
    Und ein zweites. Ganz kurze Zeit später fand die Ruhrbesetzung statt. Damals hatten wir einen Notstand, und damals waren es die Gewerkschaften, die verhinderten, daß sich durch die Folgen dieser Ruhrbesetzung — Abtransport von Kohle usw., Auszehrung der deutschen Wirtschaftskraft — dieser Notstand nicht in einen Zusammenbruch unseres Staates verwandelte. Es waren damals Eisenbahner, die streikten; sie stiegen nicht auf die Lokomotiven, um die Kohle aus dem Lande zu fahren. Damals fuh-



    Leber
    ren die Bergleute in die Gruben ein, ohne Befehl dazu zu haben, sondern nur deshalb, weil sie das der Demokratie wegen für notwendig hielten. Sie fuhren in ihre Schächte ein und fanden im Schacht dann Zettel, auf denen stand: „Wenn du eine Kiste sieltest, dann setz dich ruhig nieder; denn so'n passiver Widerstand, der kommt so rasch nicht wieder!"

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, das war die Haltung der Gewerkschaften, die damals das zweite Mal diesem Volk über einen Notstand hinweggeholfen hatten.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Dann die Situation nach 1945, die Demontagen! Da waren ja viele gar nicht handlungsfähig so wie die Gewerkschaften, weil sie politisch noch nicht satisifaktionsfähig waren in den ersten Jahren!

    (Beifall bei der SPD.)

    Da haben die Gewerkschaften dafür gesorgt, daß nicht abtransportiert wurde, was die anderen abtransportieren wollten.
    Das sind die drei Dinge, auf die ich als Beispiel hinweisen wollte.
    Dann kommt ein Vorwurf und ein Erlebnis: Warum haben die Gewerkschaften das nicht 1932/33 gemacht? — Den Vorwurf kann man machen. Den Vorwurf kann man nicht mit Berechtigung den Gewerkschaften allein machen; ich habe vorhin auf den Umstand schon hingewiesen: die waren 1932/33 in ihrer Kraft schon so ausgezehrt, daß sie da auch nicht mehr aufhalten konnten, was da kam.
    Aber diesen Vorwurf nehmen die Gewerkschaften sehr ernst. Und das Erleben von 1933 und danach ist auch heute den Gewerkschaften noch nicht aus den Knochen gefahren, wenn es darum geht, wieder neues Notstandsrecht mit möglicherweise neuem Ermächtigungsrecht zu schaffen. Das müssen Sie verstehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es geht auch nicht nur um 1933; ich gehe da noch ein Stückchen weiter; denn irgendwo fängt das ja einmal ganz klein und wenig an. Mir hat einmal der verehrte Kollege Professor Böhm hier gesagt, seiner Meinung nach sei gar nicht 1932/33 der erste Punkt gewesen, sondern der Tag, an dem Walther Rathenau ermordet worden sei, sei vielleicht der früheste Zeitpunkt gewesen, die Gewerkschaften zur Streikaktion im demokratischen Staat aufzurufen; denn damals sei der politische Mord zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung in Deutschland gemacht worden. Das endete dann schließlich 1933 und in der zweiten Phase 1945. Sehen Sie, das sieht man gar nicht immer so im Anfang, und deshalb kommt es den Gewerkschaften darauf an, daß diese Freiheiten und daß dieses Recht ihnen erhalten bleiben. Ich bin dankbar, daß auch der Herr Bundesinnenminister diese Ansicht hier seinerseits so klar dargelegt hat.
    Man kann sagen: Ja, das gehört doch alles der Vergangenheit an; das kommt ja doch nicht mehr; dafür sorgen wir alle, wir alle sind reine Demokraten,
    Von Zeit zu Zeit erlebt man aber doch etwas, was wieder Rückschläge bringt. Ich habe hier „Die Welt" vom 23. Januar, also von gestern. Da wird in einem Artikel berichtet, .daß der Herr Bundesfinanzminister a. D. Fritz Schäffer in München vor einer Akademie, vor einem größeren Kreis akademischer Jugend, gesprochen hat und dabei nach seinem Verhalten 1933 in Sachen Ermächtigungsgesetz gefragt worden ist. Da hat er gesagt:
    Ich hatte vorher mit Brüning darüber gesprochen, ob nicht alle katholischen Abgeordneten des Zentrums und der BVP einfach ihr Mandat niederlegen sollten.
    Weiter wird hier wörtlich zitiert, was Herr Schäffer dann sagte:
    Das war praktisch unmöglich. Über hundert Abgeordnete hätten sich dazu entschließen müssen ... Das hätte zum Eingreifen .Hitlers geführt. Die Frage war, ob wir dem Ermächtigungsgesetz zustimmen oder unsere Existenz aufs Spiel setzen sollten.
    Und jetzt kommt's, meine Damen und Herren:
    Wenn ich heute wieder in die gleiche Lage käme, würde ich genauso entscheiden.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich kann nur „Die Welt" zitieren. „Die Welt" hat wörtlich zitiert. Ich werfe keinen Stein, ich werfe nicht einmal einen Stein — weil ich glaube, daß wir einmal einen Strich ziehen sollten — auf diejenigen, die 1933 diese Ermächtigung mitgemacht haben, wenn sie bereit sind, der deutschen Jugend gegenüber einzugestehen, daß sie sich damals geirrt halben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Wer aber der Meinung ist wie Herr Fritz Schäffer — und der Mann war immerhin acht Jahre lang hier auf dem Sessel eines Kabinettsmitgliedes —,

    (Zuruf von der SPD: Unerhört!)

    wenn er heute wieder in die gleiche Lage käme wie damals, dann würde er wieder so entscheiden, meine Damen und Herren, wer sich so verhält, der zerstört jeden Ansatz des Vertrauens in diesem Volk auch im Hinblick auf das, was hier vor uns liegt.

    (Beifall bei der SPD.)

    In der Zeitung habe ich gelesen, daß seine Zuhörer mit Zischen geantwortet haben, und ich glaube, wir sollten Herrn Fritz Schäffer, den wir alle kennen, auch vom Bundestag hier nach München zischen, wie wir darüber denken.

    (Beifall bei der SPD.)

    Damit nicht noch einmal verantwortliche Männer ihre Sorgen um ihre vermeintliche Existenz — das stellt sich ja nachher immer anders heraus; die Existenz blieb ja auch nicht — über die Existenz und die Freiheit des Volkes und des Staates stellen können, muß im Gesetz geschrieben stehen, was für den Fall eines Notstandes möglich ist. Es muß im Gesetz auch klar und deutlich geschrieben stehen,



    Leber
    was jemand nicht darf, auch ein Minister oder jemand, der sonst im Staat Verantwortung trägt.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Das ist der Grund, warum wir verlangen, daß solche „Entscheidungen" durch klare Bestimmungen im Gesetz unmöglich gemacht werden. Wer so handelt, wie Herr Schäffer es hier wieder tun würde, der muß gegen bestehendes geltendes Recht verstoßen, und deshalb muß das vorher Gesetz sein. Und wenn jemand in einem solchen Fall gegen rechtzeitig vorher gesetztes geltendes Recht verstößt, meine Damen und Herren, dann begeht er etwas, was illegal ist, und dann bewegt er sich leicht jenseits der Legalität, Herr Bundesinnenminister. Das ist der Punkt, an dem das Volk und die demokratischen Gewerkschaften in einem solchen Fall dann auch ihrerseits zu Aktionen schreiten können, um die rechtsstaatlichen Verhältnisse auch im Falle eines Notstandes wiederherzustellen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es kommt darauf an, solche Leute, die sich jenseits der Legalität bewegen, die gegen die rechtsstaatliche Ordnung verstoßen, dann von der Bildfläche hinwegzufegen. Das ist auch der Grund, warum die Gewerkschaften Wert darauf legen, daß ihre Aktionsfähigkeit für solche Fälle erhalten bleibt und durch nichts im Gesetz angetastet wird.
    Meine Damen und Herren, das sind die Sorgen, die die Gewerkschaften haben. Sie haben nicht nur Sorgen, sie üben nicht nur Kritik, sondern sie haben auch ihr Alibi. Wenn es in unserer Geschichte einmal zu Notständen gekommen ist, dann sind die Gewerkschaften damit fertig geworden. Wenn sie aber, wie im Falle der Jahre 1932/33, nicht damit fertig wurden, ist auch das ganze Volk nicht damit fertig geworden und sind eben die Freiheit und die demokratische Lebensordnung untergegangen. Das ist etwas, worauf ich hinweisen wollte.
    Von der Antwort auf all diese Fragen ist die Vertrauensbasis abhängig, um die es geht. Wir haben es nötiger als irgendein anderes demokratisches Volk in der westlichen Welt, uns um das Vertrauen im Volke in Sachen Demokratie, in Sachen demokratischer Staat zu kümmern. Ohne das Vorhandensein dieses Vertrauens lassen sich solche Gesetze nachher nicht praktizieren; es steht niemand dahinter; das sind leere Nußschalen, leere Anordnungen, die nicht mit Leben erfüllt werden können. Deshalb ist das so wichtig, besonders im Hinblick darauf, daß das demokratische Staatsbewußtsein, das innere Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat noch nicht so entwickelt ist, wie es hoffentlich in absehbarer Zeit einmal entwickelt sein wird. Das ist der Grund, warum ich diese Dinge hier dargelegt habe. Auf dieses Vertrauen kommt es an, meine Damen und Herren. Um das Bewußtsein, das dahinterstehen muß, sollten sich alle mühen.
    Soweit der praktische Inhalt des vorgelegten Entwurfs in Betracht kommt, möchte ich mich auf materielle Einzelheiten der Sache nicht einlassen, sondern nur einiges im Grundsatz sagen. Es handelt sich allerdings um Grundsätze, die wir, wenn man
    uns nicht vom Gegenteil überzeugt — und das wird nicht möglich sein —, nicht für abdingbar halten.
    Erstens: Die Koalitionsfreiheit, wie sie in Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes festgelegt ist, darf weder durch Notstandsgesetze noch durch irgendwelche von ihnen abgeleitete Maßnahmen abgeschafft oder eingeschränkt werden.
    Zweitens: In allen Gesetzen muß eine völlige Sicherung gegen jedwede Art des Mißbrauchs enthalten sein. Diese Sorge ist durch die vorgelegten Entwürfe, Herr Minister, nicht behoben. Auf einige Punkte ist schon hingewiesen worden. Das sind die Buchstaben i) bis l) und andere Stellen; ich brauche mich im einzelnen nicht darauf einzulassen. Wir haben aber die Erklärung des Herrn Innenministers gehört, und wir sind neugierig, wie das Verhalten der Regierung in den Beratungen im Ausschuß sein wird. Die Sicherungen, die bisher gegeben sind, genügen nicht, und es muß nach unserer Auffassung im Wortlaut des Gesetzes positiv-rechtlich klargestellt werden, daß Koalitionsfreiheit und Streikrecht nicht angetastet werden können. Das darf also nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes auslegbar sein, sondern muß klar und deutlich darin stehen.
    Drittens: Es muß eindeutige Klarheit bestehen, daß das Recht des Arbeitskampfes und die Freiheit und Unabhängigkeit der Gewerkschaften erhalten bleiben. In den vorgelegten Entwürfen sind diese Klarheit und diese Sicherung nicht in ausreichendem Maße vorhanden.
    Viertens: Der vorgelegte Entwurf für ein Zivildienstgesetz entspricht — nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich das so deutlich sage — meiner Auffassung nach zu einem guten Teil dem, was ich dem Geist und Sinn nach früher schon in den Arbeitsverpflichtungsgesetzen, die im Jahre 1945 außer Kraft gesetzt worden sind, gelesen habe. Es mag so sein, daß Arbeitsverpflichtung und Dienstverpflichtung wahrscheinlich etwas ähnlich sind. Es kommt nicht auf die Überschrift an. Aber denken Sie bitte daran, daß Millionen von Menschen in diesem Staat damals in den Arbeitsämtern die Zwingburgen ihrer Freiheit gesehen haben

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und daß die Gewerkschaften nie zulassen werden und daß auch die Sozialdemokraten ihre Zustimmung nicht dazu geben, daß die Arbeitsämter in diesem Lande wieder einmal Zwingburgen der Freiheit für die arbeitende Bevölkerung werden. Es kann auch solchen Zwang mit Strafandrohung in einem Gesetz, das hier verabschiedet wird, nicht geben.
    Fünftens: Die sozialdemokratische Fraktion wird ihre Zustimmung zu einer Änderung der Verfassung, zum Notstandsgesetz, nur dann erteilen, wenn gleichzeitig oder vorher auch Klarheit über den gesamten Inhalt aller übrigen mit dem Notstandsproblem in Zusammenhang stehenden Gesetze gefunden worden ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Erst dann kann ein Ja von uns erwartet werden.
    Die sozialdemokratische Fraktion sagt ja zu dem,
    was erforderlich ist, um den demokratischen Staat,



    Leber
    unsere Freiheit und unsere Unabhängigkeit über einen Notstand und über eine Notsituation hinweg zu bewahren. Wer aber mehr im Schilde führt, als dem Staat und der Freiheit und der Unabhängigkeit über den Notstand hinwegzuhelfen, wird nicht mit unserer Zustimmung rechnen können, und wir werden das im einzelnen in den Gesetzen entdecken. Die SPD wird in jedem Fall nein sagen zu jeder Möglichkeit des Mißbrauchs in dem von meinem Freund Fritz Schäfer und mir dargelegten Sinn.
    Die SPD sagt ja zum Schutz der Demokratie. Sie kann aber nicht ja sagen zu den Entwürfen, die von der Regierung in dieser Form vorgelegt worden sind. Unsere Entscheidung auch in allen von mir dargestellten Grundsatzfragen wird abhängig sein vom Inhalt der Entwürfe, wird abhängig sein davon, wie die Entwürfe aussehen, wenn sie die Ausschußberatungen verlassen.
    Die sozialdemokratische Fraktion erwartet von der Bundesregierung, daß sie sich auch ihrerseits bemüht, bestehende Mißverständnisse und Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen und eine genügend gute Vertrauensbasis anzustreben, damit das, was der Demokratie und der Freiheit wegen notwendig ist, von allen Menschen im Lande verstanden und bewußt von ihnen mitgetragen werden kann. Dieses Vertrauensverhältnis, das Zusammenstehen, wenn es um Freiheit und Staat geht, ist so wichtig wie der Text der Gesetze selber, und deshalb wollte ich hier in diesem Zusammenhang namens meiner Fraktion noch einmal besonders darauf hingewiesen haben.
    Meine Damen und Herren, nehmen Sie bitte diese unsere Haltung in dieser Sache ernst.
    Dann, nur dann, dann aber auch gewiß wird es möglich sein, gemeinsame Lösungen zu finden, die unser Volk und unser Staat für den Fall der Not braucht.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sanger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Sänger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Hohe Haus beginnt heute mit einer sehr ernsten und wichtigen Aufgabe, nämlich zu prüfen, ob die im Grundgesetz festgestellten und also als Bestandteil unserer Verfassung gültigen Grundrechte der Bürger zeitweise eingeschränkt werden können, dann nämlich, wenn Ereignisse eintreten, die eine Bedrohung der Existenz des Landes oder unmittelbar einen Angriff darstellen und die damit zugleich die Freiheit unserer Ordnung bedrohen oder in Frage stellen, also einen Zustand der Not hervorrufen. In der leidvollen Geschichte unseres Landes ist es leider zu oft vorgekommen, daß wir in Notständen waren, die wir beseitigen mußten.
    Obwohl es unmöglich ist, das vorliegende Gesetz in der bestehenden Fassung anzunehmen, können wir der Erwägung doch nicht ausweichen, haben zu überlegen, was zu tun ist, um dann, wenn die äußere Existenz gefährdet ist, wenn die rechtliche
    Ordnung in Gefahr ist, dennoch Existenz und Ordnung zu wahren.
    Ich habe Argumente gehört und gelesen, die sagen, Gesetze seien keine Garantie gegen ein gesetzwidriges Tun. Wer das sagt, meine Damen und Herren, der vergißt, daß die Gesetze, die jetzt von uns in Arbeit genommen werden, für die wir ja erst Entwürfe vor uns haben, nicht für eine gewesene Regierung geschaffen werden. Es sind unnormale Verhältnisse gewesen, ein durchaus ungesunder Zustand hat sich dargestellt. Wir haben daraus einiges, vielleicht sogar sehr vieles gelernt. Wir sollten für die Zukunft mit den Gesetzen, die in Angriff genommen werden, Möglichkeiten schaffen, daß sich solche Dinge wie die der letzten Monate nicht wiederholen. Jedoch — es steht auch in der Begründung zum Gesetz und sogar, wenn wir es richtig verstehen, in Art. 115 a Abs. 5 ebenfalls — zu keinem anderen Zweck werden diese Gesetze gemacht, als zu dem, einer Not zu steuern und damit zugleich die Freiheit und die soziale Ordnung zu wahren. Es geht um beides, um die Existenz und um diese Ordnung. Sie ist wichtiger Bestandteil unserer Wirklichkeit. Sie gehört dazu, wenn wir heute von der Bundesrepublik Deutschland reden.
    Es wäre deshalb ein Widerspruch in sich, wollten wir ein Grundrecht zerstören oder herauslösen, wenn wir doch sagen, die Grundrechte müssen gewahrt werden, die wir uns selbst gesetzt haben, für die wir eintreten und für die wir ringen. Der Herr Bundesinnenminister hat heute gesagt, die Freiheit des einzelnen stehe in einem Gegensatz zum Anspruch des Staates oder der Gesamtheit. Gewiß, aber es kommt da auf die gerechte Abgrenzung an, meine ich, und auf den Geist, aus dem diese Grenzziehung vorgenommen wird. Ich meine, es kommt auf das Maß an Liberalität an, mit dem wir die Chancen nutzen wollen, die unserem Volke gegeben sind. Wir hörten heute zu diesen Prinzipien, wie ich meine, recht gute und ansprechende Erklärungen.
    Ich möchte mir die Aufgabe stellen zu fragen: Wie sieht es dann aber — auch in Notzeiten, auch in Krisenzeiten — mit der Praxis aus? Der Herr Bundesinnenminister sprach fast nur vom äußeren Notstand und den Kriegszeiten. Er hat — ich halte es dankbar fest — von einer öffentlichen Aufgabe der Presse gesprochen und von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit, sogar, wie er sagte: nach dem Vorbild der Regelung in Großbritannien. Nun, auf diese Regelung werde ich zu sprechen kommen müssen.
    Erlauben Sie mir bitte, hierbei einen Gedanken zu äußern, der nicht unbedingt in diese Gesetzgebung hineingehört, der sich aber aus der Entwicklung aufdrängt und uns einen neuen Blickpunkt ermöglicht. Den drei klassischen Gewalten, der Legislative, der Exekutive und der Judikative, ist als Folge der technischen Entwicklung eine neue Macht — nicht eine neue Gewalt — zugewachsen, die, je größer die technischen Möglichkeiten wurden, um so eindringlicher effektiv wurde. Als man im kleinen Kreis miteinander sprach, hatte das Wort eine



    Sänger
    kleine Wirkung. Millionenfach durch Druck, Funk und Bild verbreitet, hat dieses Wort in unserer Zeit eine Sinnfälligkeit gewonnnen, sich selbst einen Einfluß zu verschaffen vermocht, eine Einprägsamkeit durch Wort und Bild im Zusammenklang erhalten, daß man nicht mehr vor dem Einfluß dieser Macht der öffentlichen Meinung ausweichen kann, die sich da ausdrückt: unzweifelhaft eine Tatsächlichkeit, wenn sie auch noch nicht grifflich ist und wenn sie noch in vielem in der Unwägbarkeit liegt. Aber sie gewann schon einen Anfang von rechtlicher Legitimität. Der Anspruch der Regierung auf eine Sonderbehandlung im Rundfunk und im Fernsehen wird nämlich erhoben, und jetzt erhebt die Regierung ihn für die Zeiten des Notstands für die Presse und macht dadurch den Institutionen, die einen solchen Anspruch aufnehmen und sich als Partner erweisen, den Weg auf, aus der Wirkung des Machtvollen vielleicht zu einer legitimen Gewalt zu werden.
    Die Presse jedenfalls möchte ich vor dem Beschreiten dieses Weges warnen. Ihre Aufgabe ist es, sich außerhalb zu halten und in freier Tätigkeit Information zu geben und Meinung auszusprechen. Aber die 'Effektivität der Presse überstürzt sich, und die Wirkung ist intensiv, sie ist unausweichlich, und wir können fast sagen, sie ist zwingend, sie gehört zur Wirklichkeit unseres Lebens, sie ist Bestandteil unserer demokratischen Ordnung. Darum und aus keinem anderen Grunde ist die Informationstätigkeit der Presse, ist ihre Äußerungsmöglichkeit und Äußerungsfreiheit in Wort und in Bild in den Grundrechten festgehalten worden, ist also kein Sonderrecht, sondern ein normaler Bestandteil der Funktion, die in einer Demokratie das Leben, die Wirklichkeit ausdrücken. Zugleich fügt sich damit die Presse in die Ordnung des Staates ein, wenn sie diese Rechte und diese Position in Anspruch nimmt. Ihr schutzwürdiges Interesse ist der freie Staat und seine Ordnung. Sein schutzwürdiges Interesse ist die freie Presse und ihr Verantwortungsbewußtsein. Beide sind, so meine ich, souverän aufeinander angewiesen.
    In der allgemeinen Begründung zu dem Gesetzentwurf, der uns vorliegt, heißt es, daß „Bestand und Wohlergehen der Gesellschaft, insbesondere der breiten Massen der Bevölkerung, in erhöhte Abhängigkeit vom Fortbestand des Staates und von dessen Fähigkeit zur Erfüllung seiner Aufgaben geraten", sobald dieser Staat im Notstand ist.
    Ich möchte darauf erwidern, meine Damen und Herren: der Staat erfüllt seine Aufgaben aber nicht nur durch die Verwaltung und ihre Leistung, nicht nur durch behördliche Anweisung, sondern auch und in einem starken Maße — im Notstand möglicherweise in einem besonders starken Maße —, indem er einer frei tätigen Presse die Freiheit und das Wirken bewahrt: Informationen, Berichterstattung, Meinungsäußerungen sind Beiträge zu idem Bestand und zu dem Wohlergehen der Gesellschaft,

    (Beifall bei der SPD)

    um damit in der Formulierung der Begründung des Entwurfs zu bleiben.
    Nach dem Grundgesetz gibt es objektiv keinen Unterschied zwischen dem Wohl des Ganzen und der Freiheit der Meinungsäußerung. Beides ist miteinander verschmolzen, gehört zueinander und, ich glaube, ergänzt auch einander. Das Ganze, die Nation nimmt Schaden, wenn nicht eine freie Presse da ist, um die Nation auf die Möglichkeiten falscher Dispositionen aufmerksam machen zu können.

    (Beifall bei der SPD.)