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ID0404902800

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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Freiherr Klaus von Mühlen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind eben dabei, wie ich sehe, Entwicklungshilfe im wahrsten Sinne unter uns zu betreiben. Aber zum Schluß der Debatte möchte ich noch ganz kurz einen Gedanken einfügen, den wir nicht übersehen sollten. Wir sind ja Gott sei Dank nicht das einzige Land, das Entwicklungshilfe betreiben muß und deshalb auch betreibt, sondern wir betreiben diese Entwicklungshilfe ja im Kreise einer Gemeinschaft von verbündeten Staaten. Da kommt ein ganzer Aufgabenkreis auf uns zu, wenn wir diese Entwicklungshilfe sinnvoll gestalten wollen. Wir verfahren hier etwas nach dem Sprichwort: Wer schnell gibt, gibt doppelt. Das ist richtig. Weiter aber sollte für uns als Maßstab gelten: Wer sinnvoll gibt, gibt vierfach. Sinnvoll Entwicklungshilfe geben heißt, daß wir — und das wollen alle Geberländer — die Entwicklungsländer befähigen, eine gesund abgewogene Volkswirtschaft aufzubauen. Wir selbst sind bei unseren Projekten bemüht, diesem Grundsatz zu folgen und die Aufgabe so sauber wie möglich zu lösen.
    Der Herr Minister hat heute in seiner Erklärung gezeigt — und das hat sich auch in der Arbeit seines Ministeriums gezeigt —, daß wir sorgsam vorgehen, damit diese Projektauswahl in unserem Sinne wirtschaftlich, finanziell vertreten werden kann. Ich glaube, gerade hier ist einmal der Ort, wo wir der



    Freiherr von Mühlen
    sehr stillen, sehr sorgsamen und sehr wirkungsvollen Arbeit der Kreditanstalt für Wiederaufbau gedenken sollten, die gerade in diesem Punkt — Projektauswahl, Projektauslese — seit Jahren eine ausgezeichnete Arbeit leistet.
    Wenn wir .den Entwicklungsländern zum Aufbau einer gesunden Volkswirtschaft helfen wollen — und wir müssen es —, muß auch die Entwicklungshilfe, die von uns, den Amerikanern, den Engländern, den Franzosen — wer es auch immer sein mag — geleistet wird, sinnvoll im Interesse einer sich integrierenden Volkswirtschaft in diesen Ländern sein. Deshalb genügt es nicht — ich möchte nur kurz darüber sprechen; der Kollege Margulies hat darauf hingewiesen —, daß in dem einen oder anderen Land die Botschafter der EWG-Länder in einer Aussprache gut zusammenarbeiten. Ich glaube, es ist notwendig, daß sich die Geberländer in zunehmendem Maße in einer gemeinsamen Arbeit zusammenfinden, damit sich integrierende Volkswirtschaften in diesen Ländern erstehen können.
    Es liegen eine ganze Menge Berichte darüber vor, daß bei allem guten Willen der einzelnen Geberländer in diesem oder jenem Land drunter und drüber oder nebeneinanderher entwickelt wird, was zur Folge hat, daß die Investitionen und die Hilfe, die das eine Land gibt, insgesamt nicht entsprechend zum Tragen kommen, weil in dem Entwicklungsland eine Gesamtkonzeption für den wirtschaftlichen Aufbau nicht vorliegt. Hier hat auch das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Aufgabe vor sich, die es weiter verfolgen sollte, — denn die Aufgabe ist erfreulicherweise bereits in Angriff genommen worden.
    Vor kurzem hat hier im Rahmen der Deutschen Stiftung für die Entwicklungsländer eine Tagung unter dem Motto „Comprehensive Planning" stattgefunden, an der über ein Dutzend hervorragender Volkswirtschaftler und Entwicklungspolitiker aus den Vereinigten Staaten, England und Frankreich teilnahmen, die sich mit dem Problem beschäftigten, die Entwicklungspolitik der Geberländer auf die volkswirtschaftlichen Interessen des jeweiligen Landes abzustimmen. Das Ergebnis war ausgezeichnet. Es soll jetzt zusammengefaßt und als Unterlage in Buchform gebracht werden. Ich möchte den Herrn Minister bitten, dieser Arbeit, die hier im Rahmen der Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer eingeleitet wurde, auch in Zukunft besondere Aufmerksamkeit zu schenken und sie zu fördern. Hier wäre meiner Ansicht nach eine Möglichkeit gegeben — auch das wäre zu erwägen —, den Bemühungen des Senats von Berlin zu entsprechen, gerade internationale Institute in ,die ehemalige Reichshauptstadt zu bringen. Es scheint der Erwägung wert, ob nicht gerade die Koordinierung der Entwicklungspolitik der Geberländer im Sinne des Aufbaus einer sich integrierenden Volkswirtschaft in den Empfängerländern im Rahmen eines internationalen Instituts in Berlin in Angriff genommen werden kann, das in irgendeiner Form aus der Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer hervorgehen könnte.
    Noch kurz zu einem zweiten Problem, das nicht im Zusammenhang mit dem ersten steht! Wir stehen jetzt im Rahmen der EWG vor der Tatsache, daß
    wir über kurz oder lang im europäischen Raum eine Agrarüberproduktion haben werden. Ich möchte hier das Beispiel der Amerikaner heranziehen. Soweit ich unterrichtet bin, leisten die Amerikaner etwa 25 % ihrer Entwicklungshilfe in Naturalien. Es wäre vielleicht zu prüfen, — ich möchte das dem Herrn Minister nahelegen —, ob sich nicht im Rahmen der EWG Möglichkeiten ergeben, die Agrarüberproduktion in Form von Entwicklungshilfe den Entwicklungsländern zuzuführen. Sicher könnten dann Schlagzeilen der Presse, die Interessenkonflikte zwischen den niederbayerischen Bauern und Afrika herbeiziehen, vermieden werden. Bei einer Lösung dieses Problems könnte vielleicht die Agrarfrage, vor der wir in Europa stehen, auf dem Wege über die Entwicklungshilfe und die Entwicklungspolitik etwas von ihrer Problematik verlieren.
    Das sind die beiden Punkte. Ich wäre dankbar, wenn das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit sie in seinen Arbeitskreis aufnehmen würde. Auch ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß im kommenden Jahr die Probleme im Hinblick auf den Personalbestand und ,die Kompetenzen des Ministeriums so entschlossen in Angriff genomen werden können, daß das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit die vor ihm stehenden Aufgaben erfüllen kann und in Zukunft zu einer Stelle wird, zu der jeder gehen kann, ohne sich vorher bei sechs anderen Ministerien die Hacken abtreten zu müssen.


Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit erhält das Wort zu einem kurzen Schlußwort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Scheel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident, nur nach der Zahl meiner Notizzettel läßt sich nichts über die Länge meiner Rede sagen; es ist ein sehr dickes Paket. Ich weiß aus verhältnismäßig langjähriger parlamentarischer Erfahrung, wie es den verehrten Damen und Herren Kollegen, die jetzt noch hier sind, zumute ist. Ich bin Ihnen aber einige Antworten auf die Fragen schuldig, die hier gestellt worden sind.
    Zunächst will 'ich Ihnen ganz kurz folgendes sagen: wir haben heute quer durch alle Fraktionen einheitlich die politische Bedeutung der ganzen Frage anerkannt. Es ist dankenswerterweise auch hervorgehoben worden, daß es nicht einfach ist, schnell zu einer Lösung in diesem Bereich zu kommen. Es sind auch gewisse Erfolge anerkannt worden. Die Kritik und die Wünsche, die hier vorgetragen worden sind, sollen uns als Anregung dienen, bei unserer Arbeit den richtigen Weg zu suchen.
    Ich will gleich zu Beginn das Problem behandeln, das hier — selbst von den Herren der Opposition — verhältnismäßig zurückhaltend kritisiert worden ist. Herr Kahn-Ackermann sprach sogar von „vielen schönen Worten" — ich muß sagen, darüber läßt sich streiten —, mit denen ich um gewisse heiße Fragen herumgegangen sei. Wenn Sie den Anfang der Antwort lesen, dann erkennen Sie, daß sich bei dem Kompetenzproblem um eine sehr schwierige Frage handelt. Alle, die hier das Wort genommen haben,

    Bundesminister Scheel
    haben darüber gesprochen. Ich muß aber sagen: das ist kein spezifisches Problem, das nur mein Ministerium angeht.

    (Abg. Kalbitzer: Das geht die ganze Regierung an! Das ist ausdrücklich betont worden!)

    Es ist aber — damit nicht die Ebene verschoben wird — kein spezifisches Problem, das nur diese Sache berührt, sondern ein weltweites Problem, das sich heute überall stellt, nämlich wie wir unsere sich immer schneller bewegende moderne Umwelt organisatorisch bewältigen. In vielen Bereichen ist uns das noch nicht gelungen.

    (Abg. Kalbitzer: Uns interessiert nur dieser Bereich!)

    — Ich komme darauf noch zurück. — Dazu zählt auch dieser Bereich, der, ich möchte sagen, abweichend von den üblichen Formen, organisatorisch als Sachgebiet gefaßt ist, das aber nach den Seiten hin in der Organisation nicht klar abgrenzbar ist. Die perfekte Organisation eines Sachgebietes ist noch zu keiner Zeit und in keinem Land auf Anhieb gelungen, und niemand wird bestreiten, daß wir uns auch da in der Entwicklung befinden.
    Aber ich glaube, einen gewissen Fortschritt haben wir gemacht; denn eines steht fest und niemand hat es bestritten: Diese Bundesregierung hat auf dem Sektor Entwicklungspolitik eine einheitliche, in sich geschlossene Konzeption.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Diese in sich geschlossene Konzeption wird von innen heraus entwickelt. Mit anderen Worten: wir geben uns Mühe, von innen heraus nach außen zu koordinieren. Innen ist die Koordination vorhanden, nach außen macht es den Eindruck, als ob sie noch nicht vorhanden wäre. Dieser Eindruck täuscht auch nicht. Ich glaube aber, daß wir auch diesen äußerlichen Bereich der Koordinierung in Zukunft besser meistern werden, als uns das bisher gelungen ist. Die Diskussion heute mag dazu beigetragen haben.
    Jetzt darf ich zu einzelnen Fragen kommen, die von den Kollegen gestellt worden sind, zunächst auf die von Herrn Wischnewski, der am Anfang auf das zweite schwierige Gebiet eingegangen ist: die Öffentlichkeitsarbeit. Ich gestehe offen, meine Damen und Herren, hier fühle ich mich mit meiner Antwort etwas unsicher und auch nicht sehr wohl. Ich hätte in die Kritik mit einstimmen können. Ich muß sagen, daß hier meine eigene Absicht bisher noch nicht verwirklicht werden konnte. Da sind wir am weitesten zurück, obgleich es sehr wichtig ist, diese Frage zu bearbeiten; denn nirgendwo gilt so sehr das Wort von der Öffentlichkeitsarbeit: Da kann man nicht auf der Woge der Popularität voranreiten, sondern es gilt hier ganz eindeutig, nicht das Populäre zu tun, sondern das Richtige populär zu machen; und das ist gar nicht so einfach.
    Wir haben vor kurzem überhaupt erst einmal die Zusammenarbeit zwischen Presseamt und unserem Ministerium in groben Umrissen regeln können. Ich darf Ihnen sagen, daß die personelle Seite bei uns noch nicht geklärt ist, nicht etwa, weil Kompetenzschwierigkeiten bestünden, sondern weil tatsächlich die besonders qualifizierten Kräfte fehlen, die wir brauchen. Wir bemühen uns, sie zu finden. Ich muß sagen, hier war mir Ihre Kritik unangenehm, weil mein Gewissen nicht so ruhig ist wie bei den anderen Bereichen, zu denen ich jetzt komme.
    Bei Ihren Einzelfragen haben Sie, Herr Wischnewski, von dem Problem der Einrichtung einer Druckerei in einem afrikanischen Land gesprochen. Dazu darf ich sagen, was Ihnen vielleicht nicht bekannt ist, daß der Antrag schon einmal in einem anderen Bundesressort behandelt wurde und erst am 16. Oktober im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingegangen ist. Der augenblickliche Sachstand ist, daß das ganze Problem auf der Tagesordnung der nächsten Referentenausschußsitzung steht — Sie wissen, daß wir allein nichts entscheiden — und dort behandelt wird. Eine Auskunft zur Sache kann also erst nach dieser Sitzung gegeben werden. Der Eingang ist wohl formell bestätigt worden. Vielleicht ist die Bestätigung auch unterblieben, weil das Problem schon in einem anderen Ressort behandelt worden war, und zwar, wohlgemerkt, negativ. Jetzt ist es von uns noch einmal aufgegriffen worden. Ich hoffe, daß es zur Zufriedenheit geklärt werden kann.
    Dann haben Sie mit Recht darauf hingewiesen, daß die Ursachen für die lange Dauer der Abwicklung der Projekte nicht allein bei uns liegen. Ich sagte in der Antwort auf die Anfrage schon, daß wir häufig fiber unsere Partner zu klagen haben, weil sie ihre eigenen Zusagen, die beim Vertragsabschluß gemacht wurden, nicht einhalten können oder nicht einhalten. Das führt natürlich zu Schwierigkeiten bei der Abwicklung, zumal die Dinge aus außenpolitischen Gründen ja auch oft recht delikat sind. Man kann mit den Partnern auf diesem Sektor immer nur verhältnismäßig vorsichtig verhandeln. Das kostet Zeit.
    Ich begrüße es, daß Sie unsere Absicht, ein Schwerpunktprogramm zu entwickeln, positiv aufgegriffen haben. Tatsächlich können wir nicht jedes Jahr jedem Land etwas geben, sondern müssen uns konzentrieren, auch geographisch mit unseren Schwerpunkten wandernd, wobei wir aber ausdrücklich betonen, daß in dem einzelnen Land nicht etwa nur ein Projekt der Schwerpunkt sein soll. Vielmehr versuchen wir seit neuestem, Projektgruppen zu schaffen — und zwar durch eigene Initiative —, die vor allem auch garantieren, daß die soziale Seite nicht übersehen wird.
    Dann haben Sie auch unserer Haltung in der Frage der Lieferungebundenheit oder Liefergebundenheit zugestimmt. Ich begrüße das außerordentlich. Ich habe den Eindruck, daß über diese Frage in der Vergangenheit überhaupt zu sehr vom theoretischdogmatischen Standpunkt diskutiert worden ist. Das kann nicht sinnvoll sein; denn unser Verfahren muß auf die jeweilige Situation der eigenen Volkswirtschaft und die unseres Partnerlandes und auch auf unsere internationalen Verpflichtungen Rücksicht nehmen. Wir wollen also in der Zukunft vernünftig und pragmatisch verfahren.



    Bundesminister Scheel
    Herr Margulies hat zu Ihrer Bemerkung über die EWG und unsere Beteiligung bei der Vergabe von Aufträgen im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds schon etwas gesagt. Er ist noch nicht einmal auf den Kern der Schwierigkeiten eingegangen, sondern hat nur die Wirkung dieser Schwierigkeiten an Zahlen dargelegt. Der Kern der Schwierigkeiten liegt darin, daß in der Vergangenheit die Ausschreibungen des Europäischen Entwicklungsfonds sich in der Hauptsache auf kleine Projekte bezogen. Da waren z. B. 70 Brunnen in der Republik Tschad anzulegen, pro Projekt nicht sehr kostspielig. Wenn die Projekte so klein sind, hat natürlich der am Ort befindliche Unternehmer beim Angebot einen Vorteil. Mit anderen Worten, der deutsche Unternehmer ist überhaupt nicht interessiert, zu einem solchen Projekt ein Angebot abzugeben. Die hier genannten Angebote sind, das weiß ich sehr genau, zum Teil überhaupt nur als Vergleichsangebote zustande gekommen, ohne 'daß dahinter der feste Wille stand, bei Zuschlag einzutreten, weil das Projekt nicht lohnte, eine kostspielige Arbeitsstelle einzurichten. Das wird dann anders, wenn der Fonds auch größere Projekte finanziert.
    Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen, darf ich hier sagen: die französische Regierung ist daran interessiert, speziell mit dem deutschen EWG-Partner nach Regelungen zu suchen, die dieses jetzt optisch ungünstige Bild ändern, sobald praktische Möglichkeiten dazu bestehen. Wir sind in Unterhaltungen aber diese Frage, und ich hoffe, Ihnen beim nächsten Mal darüber mehr sagen zu können.

    (Vorsitz : Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

    Herr Kollege Wischnewski, Sie haben dann über die Aufbringung der Mittel auf dem privaten Kapitalmarkt gesprochen u id die Schwierigkeiten geschildert. Natürlich sind wir interessiert, in Zukunft auch für die bilaterale Kapitalhilfe Mittel auf dem Kapitalmarkt aufzubringen. Es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß wir im Haushalt bereits eine entsprechende" Position für Zinsverbilligungen eingestellt haben. Das ist vorsorglich geschehen. Wir können hier den privaten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen. Das gilt nicht nur für den deutschen Kapitalmarkt, Herr Kollege Gewandt, sondern das sollte auch für ausländische Kapitalmärkte Gültigkeit haben. Man muß hier immer mit den für diese Frage verantwortlichen Organen der Bundesrepublik in der Diskussion bleiben. Wir tun das. Wir stehen in Verbindung mit der Bundesbank, das Finanz- und das Wirtschaftsministerium sind an diesen Dingen beteiligt. Wir werden also private Kapitalmärkte in Anspruch nehmen, wenn und wo eine Möglichkeit besteht und soweit diese Möglichkeit günstig erscheint.
    Die Förderungsmaßnahmen zur Anregung der Privatinitiative reichen im Augenblick — das haben die Sprecher aller Fraktionen gesagt - tatsächlich noch nicht aus. Das ist der Grund, warum wir nach Erlangung einer befriedigenden Regelung bezüglich der Garantien für Privatinvestitionen nunmehr Ressortbesprechungen eingeleitet haben, um auch fiskalische Förderungen ins Auge zu fassen.
    Das alles setzt natürlich eine Rechtssicherheit in den Entwicklungsländern voraus. Besteht diese Rechtssicherheit nicht, dann ist die Neigung privater Investoren, dort zu investieren, ohnehin verhältnismäßig gering. Wir müssen also unsererseits auch die Rechtsbeziehungen mit den Entwicklungsländern verdichten, wo immer wir können. Deshalb werden Kapitalschutzverträge abgeschlossen. Aber ich gebe Ihnen völlig recht, Herr Kollege Wischnewski: sie allein sind keine ausreichende Grundlage. Es wäre zweifellos verfehlt, zu hoffen, daß der Abschluß solcher Verträge allein genügen würde, die Privatinitiative anzuregen. Das wäre, um einen Begriff aus dem letzten „Almanach" zu benutzen, „l'art pour l'art", aber hätte keine unmittelbare Wirkung.
    Ich darf jetzt die Fragen von Herrn Dr. Fritz kurz behandeln. Herr Dr. Fritz hat zunächst einmal die Bundesregierung aufgefordert, den vorgesehenen Bericht dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzulegen. Wir haben schon im Ausschuß erklärt, daß wir zu einem möglichst frühen Zeitpunkt dieser Aufforderung nachkommen wollen. Aber hier gilt das, was auch für andere Fragen Gültigkeit hat: es mangelt uns einfach an geeigneten Fachkräften, in diesem Falle sogar an einer dafür vorgesehenen Planstelle, die wir bisher noch nicht bekommen konnten. Wir geben uns bei den augenblicklichen Verhandlungen im Haushaltsausschuß große Mühe, daß diese Planstelle geschaffen wird.
    Ihre Anregung, zu den Botschafterkonferenzen, soweit es sich um die Entwicklungsregionen handelt, in Zukunft auch andere Fachministerien heranzuziehen, wird von mir an den Herrn Außenminister weitergegeben, der sicher keine Einwände erheben wird. Das muß sich erst einmal einspielen. Ich werde die Anregung gern weitergeben.
    Herr Dr. Fritz, Sie haben gefragt, was auf dem Gebiet der Beobachtung der Wirkungen unserer entwicklungspolitischen Maßnahmen geschehen ist. Ich habe schon in der Antwort auf die große Anfrage ausgeführt, daß wir mit diesem Teil unserer Arbeit begonnen haben. Wir haben 10 Experten beauftragt, in etwa 8 Entwicklungsländern eine Anzahl von Entwicklungsprojekten zu prüfen und die Auswirkungen dieser Projekte auf die Volkswirtschaft, die gesellschaftliche Struktur und die Handels- sowie die kulturellen Beziehungen zwischen uns und den betreffenden Entwicklungsländern festzustellen. Ich glaube, daß es möglich sein wird, diesen Bericht über diese erste Aktion „Beobachtung der Auswirkung entwicklungspolitischer Maßnahmen" dem Parlament Anfang des Jahres 1963 vorzulegen.
    Herr Kollege Kahn-Ackermann hat mich auf eine ganze Anzahl von Dingen hingewiesen, die ressortmäßig im allgemeinen beim Auswärtigen Amt liegen, so daß ich bedauere, einzelne Antworten nicht geben zu können, weil das Auswärtige Amt hier zwar vertreten ist, aber nicht mit der Abteilung, die diese Frage behandelt.
    Sie haben sich beschwert, daß der ganze Bereich Bildungswesen noch nicht ausreichend gefördert wird und daß die Förderung allzu langsam geht. Herr Kollege Kahn-Ackermann, Sie wissen am aller-



    Bundesminister Scheel
    besten, daß man in diesem Bereich nicht etwa spontane Erfolge erreichen kann. Fortschritte im gesamten Bildungswesen können sich naturgemäß nur organisch vollziehen, weil es hier um Menschen geht. Das gilt auch für die Ausbildung von Fachleuten für die Entwicklungsländer. Wir sind nicht in der Lage, die bisher zur Verfügung stehende Zahl von etwa 800 ausgebildeten Fachleuten im nächsten Haushaltsjahr, selbst wenn Mittel zur Verfügung ständen, auf 10 000 zu erhöhen, weil Fachleute nur organisch nachher nachwachsen können. Das vollzieht sich von Jahr zu Jahr. Wir glauben aber - um einmal bei dieser Zahl zu bleiben —, daß es uns gelingen wird, in den nächsten fünf Jahren die Zahl der für Arbeiten in Entwicklungsländern geeigneten Fachleute nahezu zu verzehnfachen.
    Die Situation der Studenten aus Entwicklungsländern ist mir bekannt. Ich weiß auch, daß über die Erfolgsquote lebhaft Klage geführt wird, — wiewohl es aus mannigfaltigen Gründen keine exakten Zahlen darüber gibt. Wir versuchen jetzt schon — Sie kennen das Ausleseverfahren —, das Übel bei der Wurzel zu packen, nämlich bei der Auswahl der Bewerber im Lande selbst schärfer vorzugehen, als es möglicherweise in der Vergangenheit geschehen ist. Die Tendenz — das gilt für Studenten wie für Praktikanten — geht darauf hinaus, nicht die Zahl der Studenten hier im Inland zu erhöhen, sondern die Qualität der Bewerber zu verbessern, damit die Leute, die hierher kommen, tatsächlich etwas davon haben.
    Auf der anderen Seite wollen wir auch für die äußeren Dinge etwas tun. So ist z. B. für den Bau von Wohnheimen für Studenten aus Entwicklungsländern in diesem Haushalt — die Zahl wird Ihnen nicht entgangen sein — ein Betrag von 1,85 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Da der Bund bei solchen Projekten immer ein Drittel zahlt, muß der eben genannte Betrag mit 3 multipliziert werden. Dann haben Sie die Gesamtsumme für den Bau neuer Wohnheime, die ausschließlich für Studenten aus Entwicklungsländern bestimmt sein sollen.
    Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Bemerkung über die Notwendigkeit, bei unserer Öffentlichkeitsarbeit die Schwierigkeiten darzustellen, die sich bei der Berührung verschiedener Kulturkreise ergeben. Wir müssen in der Tat lernen, zumindest die Denkkategorien der Menschen, mit denen wir es zu tun haben, zu erfassen, so wie wir von ihnen erwarten müssen, ,daß sie sich auch mit unseren Denkkategorien auseinandersetzen. Das ist, wenn Sie so wollen, bei uns die Kehrseite der Medaille, auf deren glänzender Vorderseite unsere 45jährige kolonialpolitische Abstinenz — psychologisch recht günstig für uns — vermerkt ist. Die Kehrseite dieser Medaille ist aber, daß wir allzu wenig von diesen Gebieten wissen, und dieses Wissen müssen wir uns jetzt nachträglich aneignen.
    Ich habe vergeblich versucht, Herr Kollege KahnAckermann, etwas über die fünf Studenten zu erfahren, die wegen des Lesens von Karl Marx abgeführt worden sein sollen. Nun wissen Sie ja, daß das Problem, was ein Geheimnis ist, bei uns im Moment außerordentlich schwierig zu beurteilen ist. Ich habe,
    da ich keine Einzelheiten erfahren konnte, mir gedacht, daß vielleicht jemand aus Versehen angenommen hat, Schriften von Karl Marx seien Geheimdokumente, weil sie solange nicht benutzt worden sind, und daß deswegen die jungen Leute zum Flugzeug gebracht worden sind.
    Die Leistungen der Länder, die Sie als nicht befriedigend bezeichnet haben, kann ich natürlich nicht beeinflussen. Ich habe die 20 Millionen DM des Jahres 1962 erwähnt, weil mir die Steigerung von 1961 auf 1962 — 1961 waren es etwa 12 Millionen — bemerkenswert erschien. Ich habe natürlich keinen Einfluß auf die Höhe der Leistungen, zumindest nicht direkt. Indirekt habe ich einen Einfluß. Ich habe in der Beantwortung der Anfrage diesen Einfluß auch 'dargestellt: Durch eine Verbesserung des Klimas der Zusammenarbeit werden die Länder angeregt, sachlich mehr zu tun. Sie tun es dann vielleicht auch reibungsloser. Wenn sie dann selber die Maßnahmen finanzieren, wird damit automatisch die Leistung steigen.
    Herr Kollege Gewandt, ich habe die Zahlen, die Sie genannt haben, insofern recht positiv aufgenommen, als Sie von 200 Bediensteten gesprochen haben, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat. Es ist noch nicht so weit. Wir haben bis zur Stunde nur 158 Bedienstete. Aber ich hoffe, daß aus Ihrer Bemerkung zu entnehmen ist, daß eine gewisse Bereitschaft besteht, unseren Wünschen zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit des Ministeriums zu folgen.
    Ich habe schon erwähnt, daß ich Ihren Hinweis, Auslandskapitalmärkte ausfindig zu machen, dankbar aufgreife. Ich darf sagen, daß wir uns in Verbindung mit den übrigen zuständigen Stellen nicht erst jetzt, sondern schon seit geraumer Zeit bemühen.
    Ein Wort zur Planung in Laos. Hier handelt es sich in der Tat um einen ersten Versuch einer Schwerpunktbildung, einer Projektgruppierung zu einem so frühen Zeitpunkt, daß eine Delegation, die in Verhandlungen eingetreten ist, sich bei ihren Verhandlungen schon darauf stützen konnte. Der Zustand, den wir für wünschenswert halten und erreichen wollen und für den auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zuständig ist, ist der, daß die Initiative mehr und mehr zu uns kommt, daß wir also auf der Grundlage eigener Kenntnisse von den Entwicklungsräumen der Welt, von einzelnen Ländern oder von ganzen Räumen, uns selber eine Vorstellung bilden, der wir dann schon vom ersten Tage der direkten Berührung mit den Ländern an folgen können. Dadurch werden wir dann nicht mehr in die unangenehme Situation geraten, Rahmenverträge auch nur diskutieren zu müssen. Wir werden vielmehr, wie Sie es heute morgen gesagt haben, von der ersten Stunde an über Projekte diskutieren, deren Wert und deren volkswirtschaftlichen Effekt wir schon vorher kennen. Das soll in Zukunft geschehen.
    Es ist — von Herrn Dr. Fritz, glaube ich — in sehr dankenswerter Weise noch der Zusammenhang zwischen der Entwicklungspolitik und den allgemeinen Strukturfragen erwähnt worden. Das ist eigentlich ein Kernproblem. Entwicklungspolitik ist ja nicht etwas, was sich auf die sogenannten Ent-



    Bundesminister Scheel
    wicklungsländer beschränkt, sondern es ist im Kern in der Tat eine gewaltige Strukturwandlung, eine Wandlung der weltwirtschaftlichen Struktur, die natürlich auch uns berührt. Wir müssen alles tun, um diese Strukturwandlung in den Bereichen, wo wir das können, so zu beeinflussen, daß sie sowohl für die Entwicklungsländer als auch für unsere eigene Wirtschaftsstruktur positive Effekte hat.
    Die von Ihnen soeben erwähnte „Allianz für den Fortschritt", die eine freiwillig geschaffene Plattform der lateinamerikanischen Länder für die entwicklungspolitischen Ideen in dieser Region darstellt, eine Organisation, in der die Entwicklungsländer mit den Geberländern zusammenarbeiten, ist auch von uns stark beachtet worden. Wir sind von der Gründung an als Beobachter beteiligt; denn Mitglied der „Allianz für den Fortschritt" können wir ja nicht werden, weil es eine amerikanische Organisation ist, die im Rahmen der OAS, der „Organisation der amerikanischen Staaten", aufgebaut ist.
    Es ist nicht so — ich möchte damit einer vorhin gefallenen Bemerkung etwas entgegentreten —, daß wir gebeten würden, für diese „Allianz für den Fortschritt" Beiträge zu zahlen. Es ist vielmehr so, daß wir unsere bilateralen entwicklungspolitischen Maßnahmen auf jeden Fall mit lateinamerikanischen Ländern koordinieren oder in die langfristige Gesamtplanung dieser Allianz eingruppieren wollen. Ich darf in diesem Zusammenhang erwähnen, daß der amerikanische Senator Javits in Paris einen Vorschlag zu einer Zusammenarbeit zwischen der „Allianz für den Fortschritt" und der OECD gemacht hat, um damit eine langfristige und dauerhafte Beziehung zwischen Lateinamerika und vor allem den europäischen Staaten herzustellen. Ich glaube, wir alle können eine solche Aktivität nur begrüßen. Herr Kollege Margulies hat schon im Zusammenhang mit seinen Bemerkungen zur EWG auch auf das Problem der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und ihrer Stellung zu den übrigen Bereichen der Welt hingewiesen. Ich habe bei meiner letzten Reise nach Lateinamerika eine geradezu offene Aversion gefunden, die zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß die Aufklärung über das, was die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft will, nicht ausreichend ist, zum Teil aber auch darauf, daß der praktische, der politische und wirtschaftspolitische Kontakt nicht so dicht ist, wie wir uns das alle wünschen würden. Vorschläge wie die von Senator Javits sind geeignet, solche Kontakte herzustellen.
    Herr von Mühlen hat soeben eine außerordentlich schwierige Frage gestellt. Ich will versuchen, wenigstens ein paar Sätze dazu zu sagen. Es handelt sich um die Möglichkeit einer Hilfe für Entwicklungsländer durch Lieferung von Agrarerzeugnissen. Es ist natürlich für uns alle zunächst frappierend, daß wir auf der einen Seite immer über Probleme der Überproduktion von agrarischen Erzeugnissen im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft diskutieren, auf der anderen Seite aber wissen, daß zwei Drittel der Bevölkerung unserer Erde mit agrarischen Produkten unterversorgt sind. Man sollte annehmen, es müßte sich eine Kombination dieser beiden Problemkreise finden lassen. Die ganze Sache ist so komplex, daß es sehr sorgfältiger
    Überlegungen bedarf, bevor man einen solchen Weg zeigt. Ich darf sagen, daß solche Überlegungen schon eingeleitet worden sind. Ich darf mir vorbehalten, zu gegebener Zeit das Parlament oder die Ausschüsse über das Ergebnis der Gedanken zu informieren, um den Rat der Ausschüsse zu hören, in welcher Weise man auf diesem Wege fortschreiten kann. Vorerst ist aber der Komplex rein gedanklich noch nicht ausreichend geklärt.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß einen Gedanken von Herrn Kalbitzer aufgreifen, den er hier im Zusammenhang mit seinem Vergleich über materielle Leistungen oder Haushaltsmittel für die Entwicklungshilfe und für Verteidigung gebracht hat. Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Kalbitzer, in vollem Umfange zu, daß die Entwicklungspolitik eine überhöhte Art von Sicherheitspolitik ist. Denn es geht in der Tat darum, die durch die schreckliche Diskrepanz von Ländergruppen — armen und reicheren Ländergruppen — entstandenen Spannungen auf der Welt abzubauen, damit sie nicht, wenn sie sich weiter verschärfen, eines Tages zu einer Katastrophe führen. Es geht also schon um die Sicherheit der Welt, um unsere eigene und um die Sicherheit unserer Kinder, und es geht nicht nur darum, der Bevölkerung in diesen Ländern zu helfen, aus Not und Elend herauszukommen. Insoweit ist unsere Entwicklungspolitik eine überhöhte Art der Sicherheitspolitik. So muß man es tatsächlich sehen.
    Wir, meine Damen und Herren, wissen in der Bundesrepublik selber am besten, was es heißt, eine Entwicklung mitzumachen. Wir haben ja nach dem Kriege am eigenen Leibe gesehen, wie schwierig es ist, von einem wirtschaftlichen Nullpunkt wieder. nach vorwärts zu kommen, und daß es nicht nur der eigenen Leistung und nicht nur des Fleißes im Inland bedarf — Dinge, die wir bei den Entwicklungsländern voraussetzen dürften —, sondern daß es auch der Zusammenarbeit, und zwar der freundschaftlichen Zusammenarbeit, mit anderen bedarf, die bereit sind, in den schwierigen Lagen zu helfen. Nun, das den Entwicklungsländern zurückzuzahlen, das ist, glaube ich, eine der ethischen Grundlagen unserer Politik, mit der wir hier im Hause alle einverstanden sind.
    Ich bedanke mich sehr.

    (Beifall.)