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ID0404902400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
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    Rede von Robert Margulies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir natürlich schwer, jetzt dem riesigen Blumenstrauß, der dem Herrn Minister überreicht wurde, noch ein bescheidenes Blümchen hinzuzufügen. Er kam ja besonders von seiten der Gruppe unseres Hauses, die hier eigentlich die Opposition darstellen sollte. Aber ich bin auch Herrn Dr. Fritz sehr dankbar, daß er namens der CDU -

    (Abg. Kalbitzer: Lieben Sie uns nur, wenn wir schimpfen?)

    — Warum denn schimpfen? Im Gegenteil, wir haben uns schon immer gut vertragen.

    (Heiterkeit.)

    Ich möchte aber Herrn Dr. Fritz noch besonders danken für die persönliche Beglückwünschung meines Parteifreundes, des Herrn Ministers. Ich würde mich selbstverständlich gern revanchieren, aber heute muß ich mich wohl an das Thema halten.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Es sind Ihnen keine Grenzen gesetzt!)

    — Ich danke für die Vollmacht.



    Margulies
    Ich möchte jedenfalls einmal ganz eindeutig feststellen, daß sich die Tätigkeit des Ministeriums in dem knapp einen Jahr ganz deutlich bemerkbar macht. Ich hatte ja die Ehre, eine Zeitlang den Vorsitz im Ausschuß für Entwicklungshilfe zu führen, und kann daher den Unterschied zwischen der ersten Zeit und heute ganz klar feststellen. Es ist eine gewisse Ubersicht in die Dinge gekommen, eine Transparenz der ganzen Angelegenheit. Man kann jetzt deutlich sehen, wie die Dinge gehandhabt werden und wo sie bleiben. Wir können nun, Herr Gewandt, mit ehrlichem Gewissen vor der Bevölkerung unseres Landes feststellen, daß jedenfalls für unser Geld keine goldenen Betten gekauft und keine Paläste gebaut werden. Wir wissen aus unseren Beratungen, wie die Gelder verwandt werden und daß die Mittel, die wir einsetzen, auch den Zwecken dienen, für die sie bestimmt werden.
    Der Herr Minister hat sich noch persönlich bemüht, gewisse Mißbräuche abzustellen, die in der Vergangenheit eingerissen waren, daß nämlich ein Minister, wenn er ins Ausland kommt, das Füllhorn der Fortuna unter dem Arm trägt und nach Gießkannenmethode Geschenke verrieselt. Das ist jetzt auch nicht mehr üblich.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Das war auch vorher nicht üblich!)

    — Es ist aber sehr häufig geschehen, Herr Dr. Fritz.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen)).

    — ich bin gerne bereit, Ihnen die zahlenmäßige Aufstellung darüber zu geben. Sie wissen das doch auch. Das wollen wir also in Zukunft auch nicht mehr sehen. Da sind vielmehr die rein sachlichen Gesichtspunkte ausschlaggebend.
    Es ist aber auch, und zwar durch den Minister Scheel, ein gewisser neuer Stil entwickelt worden. Man hat auch den Empfängerländern gewisse Illusionen genommen, Illusionen, die ich vielleicht etwas übertreibend dahin darstellen darf, daß man dort zunächst meinte, daß die Menschen bei uns arbeiten und Steuern zahlen und daraus Enwicklungshilfe leisten, damit die Menschen dort nicht zu arbeiten brauchen. Diese Illusion ist also mittlerweile auch verschwunden.
    Ich muß auch über einen anderen Punkt sprechen. Ich höre gelegentlich davon, daß die Weißen eigentlich ein Schuldgefühl haben müßten. Uns betrifft das sowieso nicht, weil wir ja seit ewigen Zeiten keine Kolonien mehr haben. Ich vermag aber auch eine Kollektivschuld der Weißen nicht anzuerkennen, und ich kann aus eigener Erfahrung nur sagen — die Kollegen, die schon in den Ländern waren, werden mir zustimmen —, daß man doch, wenn man einmal dort hinkommt, an Ort und Stelle feststellt, daß in den letzten Jahrzehnten Hervorragendes für die Ausbildung, für die Bildung, für die Hebung der Wirtschaftskraft der Entwicklungsländer geleistet worden ist. Das wollen wir natürlich gern fortsetzen. Selbstverständlich können wir uns aber von den Empfängerländern keine Vorschriften machen lassen, wie wir das tun müssen; denn wir müssen ja hier die Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern tragen.
    Herr Wischnewski hat die Rourkela-Sache angesprochen. Ich möchte doch noch einmal darauf hinweisen, daß es sich hier, jedenfalls zu Beginn, um ein Kassa-Geschäft handelte und daß wir natürlich nie verhindern können, daß irgendein Land sich bei uns in Uberschätzung seiner eigenen Möglichkeiten irgendeine Anlage kauft und dann damit Schiffbruch erleidet. Sicher, Wir wollen unser möglichstes tun, um solchen Dingen vorzubeugen; aber ich glaube nicht, daß man die Regierung dafür verantwortlich machen kann.
    Nun, über die Frage der Kompetenzen ist heute der schöne Artikel im „Handelsblatt" erschienen: „Spaziergänge am Rhein". Ich darf die Lektüre empfehlen. Für uns handelt es sich nur darum, daß eben doch eine Vielzahl von Fragen durch die Entwicklungspolitik berührt wird. Ich darf die hier gemachte Aufstellung zitieren: der Finanzminister betrachtet es als Finanzpolitik, der Wirtschaftsminister als Wirtschaftspolitik, der Außenminister als Außenpolitik, der Landwirtschaftsminister ist beteiligt, ferner der Verkehrsminister und der Bundesschatzminister. Ich glaube nicht, daß das alle sind.

    (Abg. Kalbitzer: Auch der Familienminister und auch der Arbeitsminister!)

    — Ja, ich wollte gerade sagen, Herr Kalbitzer: ich glaube kaum, daß das alle 'sind. Die Aufzählung ist irgendwie unvollständig. Ich meine, jeder ist doch in irgendeiner Form 'an Entwicklungshilfe interessiert und möchte an den Konferenzen, die darüber stattfinden, teilnehmen. Sicher, die Gesichtspunkte, die aus dieser 'Aufzählung sprechen, müssen, wie wir alle wissen, beachtet werden; aber wir müssen uns doch endlich zu einem tragenden Gesichtspunkt durchringen, unter dem wir die Entwicklungspolitik betreiben wollen. Ichglaube, daß sich der Herr Minister sehr stark darum bemüht, den tragenden Gesichtspunkt zu entwickeln und ihn auch durchzusetzen. Aber in 'gewisser Hinsicht muß ich dem zustimmen, was hier schon darüber gesagt worden ist, daß eben leider auch die Erklärung der Regierung dieses Auseinandergehen der Kompetenzen widerspiegelt.
    Ich bedaure eigentlich, daß alles, was wir hier im Hause — und zwar nicht etwa als Opposition oder Koalition, sondern alle miteinander — seit einem Jahr über diese Frage gesagt haben, bis jetzt so wenig Wirkung gezeigt hat. Hier ist es doch so, daß wir ein Ministerium geschaffen haben, daß wir es gewünscht haben, daß wir aber eine ganz klare und präzise Vorstellung darüber batten, was für Aufgaben dieses Ministerium hat. Wir haben diese Darstellung hier im Hause gegeben. Es wäre eigentlich selbstverständlich gewesen, daß sich die Regierung diesen Wünschen etwas annäherte.
    Ich sage das insbesondere deshalb, weil ich in der Person des derzeitigen Ministers für die wirtschaftliche Zusammenarbeit auch immer eine Garantie dafür gesehen hatte, daß die Politik, die uns der EWG-Vertrag vorschreibt, nämlich die Politik hinsichtlich der assoziierten überseeischen Staaten in Afrika und Madagaskar, in eine Linie kommt, die den Verpflichtungen des Vertrages entspricht. Ich sehe mich heute zu der Feststellung genötigt, daß das neue



    Margulies
    Assoziationsabkommen, das noch gar nicht fertig ist, in seiner ganzen geistigen Haltung einen Rückschritt darstellt, daß hier die Verpflichtung und Verantwortung nicht erfüllt ist, die wir gegenüber den 18 assoziierten Staaten übernommen haben, und zwar nicht wir Deutschen allein, sondern wir als Teil, als Mitgliedstaat der EWG.
    Ich will also nicht von Geld sprechen, keineswegs! Es geht nicht darum, daß hier höhere Leistungen erbracht worden sind. Aber warum schließt man nun plötzlich einen Vertrag der 6 Mitgliedstaaten mit 18 assoziierten Staaten an Stelle des Vertrages zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den assoziierten Staaten? Die Leistungen könnten dieselben bleiben, auch die Handelspolitik könnte dieselbe bleiben; aber es ist doch unvorstellbar, daß wir etwa auf der einen Seite innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine gemeinsame Handelspolitik, gemeinsame Wirtschaftspolitik, gemeinsame Konjunkturpolitik, gemeinsame Verkehrspolitik treiben, aber auf der anderen Seite gegenüber den Assoziierten keine gemeinsame Politik, obwohl es die gleichen Themen sind, über die wir im übrigen unter den Sechs eine gemeinsame Politik treiben wollen. Ich beklage das deshalb — und jetzt, wo es noch zu ändern ist, besonders laut —, weil wir die Folgen schon sehen. Die Assoziierten selber wollten nicht einfach unter „ferner liefen — Entwicklungshilfe" betrachtet werden, sondern sie wollten eine Zusammenarbeit mit dem werdenden Europa eingehen. Sie sind nun schrecklich enttäuscht, daß sie plötzlich wieder in ein Verhältnis zu ihren früheren Kolonialmächten eintreten. Daß sich andere afrikanische Staaten diesem Unternehmen anschließen, das kann man mit Fug und Recht nicht mehr erwarten. Hier sind die Dinge also ganz schief gelaufen.
    Über den Fonds will ich nicht sprechen. Aber nachdem hier alle Rollen vertauscht sind, Herr Kollege Wischnewski, kann ich die Frage beantworten, die Sie hinsichtlich der deutschen Beteiligung an dem Entwicklungsfonds gestellt haben. Die Aufträge sind nämlich zu 67,11 °/o an Firmen in den assoziierten Staaten erteilt.

    (Abg. Wischnewski: Herr Kollege Margulies, von Ihnen nicht solche Zahlen! Was sind denn das für Firmen, diese 67 %?)

    — Lassen Sie es mich doch sagen. Bei den Zusageempfängern mit Sitz in den assoziierten Staaten selbst handelt es sich in der Regel um Tochterunternehmen französischer, vereinzelt aber auch um Zweigniederlassungen deutscher Firmen. Wir können also nicht von diesen über den Daumen gepeilten 4 °/o ausgehen. Es ist schon etwas mehr.

    (Abg. Kalbitzer: Eher weniger als mehr!)

    — Die Zahlen, die ich hier habe, zeigen: etwas mehr.
    Aber die Ursache, Herr Wischnewski, ist das Entscheidende. Dazu darf ich Ihnen folgendes über die zahlenmäßige Beteiligung deutscher Firmen an den bisherigen Ausschreibungen sagen. Bei 184 Ausschreibungen gingen etwa 1157 Angebote ein, darunter 65 deutsche. Von diesen 184 Ausschreibungen entfielen allein 118 auf öffentliche Arbeiten, also
    Bauleistungen, und da wurden 662 Angebote abgegeben, davon 10 aus der Bundesrepublik. Unter diesen Umständen können wir natürlich nicht erwarten, daß die deutsche Beteiligung an diesen Dingen wesentlich größer ist.
    Ich wollte also die Frage der Gemeinschaftspolitik angeschnitten haben. Aber ich möchte auch gleich sagen, daß ich mich sehr gefreut habe, in verschiedenen Ländern draußen eine Zusammenarbeit der Botschafter der sechs Mitgliedstaaten der EWG angetroffen zu haben. Das hängt natürlich ein bißchen von den jeweiligen Personen ab. Aber ich habe mich doch gefreut, daß es überhaupt so eine Weisung gibt und daß sie in einigen Ländern auch durchgeführt wird. Denn es muß uns 'die Arbeit erheblich erleichtern, wenn wir in einem bestimmten Bereich die Zusammenarbeit in den Vordergrund stellen.
    Ich möchte aber gern den Grundsatz aus der Regierungserklärung unterstreichen, daß die Ausbildungshilfe in erster Linie in den Heimatländern geleistet werden sollte. Wir sagen zwar immer: Das geht nicht, soundso viele müssen hier ausgebildet werden. Ich glaube das nicht. Es ist schon außerordentlich schwierig, Menschen in einen fremden Erdteil zu verpflanzen, sie in eine ganz andere Umwelt zu versetzen. Wir beklagen hier — ich glaube, Herr Kahn-Ackermann hat darüber gesprochen — die gewisse Zurückhaltung unserer Menschen, die nun plötzlich in Kontakt mit Leuten aus den Entwicklungsländern kommen. Aber 'die Leute sind ja nicht wegen der Hautfarbe zurückhaltend, sondern sie sind gegen alles Fremde zurückhaltend. Da ist gar kein Unterschied. Jeder von uns, der in ein anderes Land kommt, stößt zunächst einmal auf eine gewisse Zurückhaltung, wird berochen und dann eventuell in die Gemeinschaft aufgenommen. Das alles erschwert doch außerordentlich die Ausbildung in Europa; ganz abgesehen davon, daß die jungen Menschen an einen Lebensstil und eine Umwelt gewöhnt werden, die sie dann natürlich zu Hause als Mindestmaß wiederzufinden hoffen. Oder mit anderen Worten gesagt: den Arzt, den wir hier mit hohen Kosten ausgebildet haben, den bringen Sie doch nachher nicht dazu, in den Busch zu gehen und dort zu arbeiten, wo er gebraucht wird. — Ich glaube also, wir sollten das sehr unterstreichen, daß die Ausbildung, soweit überhaupt irgend möglich, in die Länder selbst verlegt werden sollte.
    Ein anderer Punkt, der mir in der Regierungserklärung aufgefallen ist, ist die Frage der Steigerung des Handels, der Abnahme der Produkte. Es ist richtig — und die Zahlen, die dazu gegeben worden sind, machen es überaus deutlich —, daß der Preisverfall der Produkte den größten Teil der Entwicklungshilfe aufgefressen hat. Ja nun, meine Damen und Herren, das ist richtig, und da müssen wir uns eine Abhilfe überlegen. Aber es handelt sich doch leider wieder einmal um das uns an sich geläufige Problem der landwirtschaftlichen Überschüsse. Die Produkte, um die es sich hier handelt, sind doch alles Landwirtschaftsprodukte. Den Absatz etwa in dem Maße zu steigern, wie laufend der Anbau dieser Produkte gesteigert wird, das wird uns wohl kaum gelingen. Was uns aber gelingen könnte,



    Margulies
    wäre, so viel Kaufkraft in den Ländern selbst zu schaffen, daß dort ein gewisser Markt für diese Produkte entsteht. Lassen Sie es mich an einem Beispiel sagen. In Abidjan, Elfenbeinküste, in einem Land, in dem außerordentlich viel Ananas wächst, bekommen Sie Ananassaft angeboten, der in Kalifornien hergestellt wird. Das ist doch nicht nötig! Hier sind die Ansatzpunkte, wo man die erste Verarbeitungsstufe der Produkte in die Länder selbst legen kann, womit man einerseits den Konsum der Produkte anreizt, andererseits aber auch erreicht, daß eine gewisse Kaufkrafthebung eintritt und ein Teil ,der Produkte im Lande selbst verbraucht wird.
    Ich darf mich aufdiese kurzen Ausführungen beschränken, meine Damen und Herren. Das ganze Prinzip der Entwicklungshilfe hier heute noch abzuhandeln, würde wohl zu weit gehen. Ich wäre aber dem Herrn Minister sehr dankbar, wenn er sich persönlich noch etwas um das Problem der Assoziierung kümmern würde.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellige.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walther Hellige


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige Gedanken zum Gebiete der Entwicklungshilfe aussprechen, die der Kollege Kahn-Ackermann schon anklingen ließ, aber aus Zeitmangel nicht mehr entwickeln konnte.
    Die Entwicklungspolitik ist ein Teil unserer Beziehungen zum Ausland, gehört daher zur Zuständigkeit des Bundes. Der Bund verfügt aber nun einmal nicht über die Personen, die den betreuten Ländern das Wissen und Können vermitteln könnten, das sie für ihre eigene Entwicklung brauchen. Darum wird die Hilfe der Länder benötigt. So wird die Entwicklungshilfe eine Gemeinschaftsaufgabe beider Ebenen, eine Bewährungsprobe für das Zusammenspiel in unserem sehr komplizierten Staatsaufbau, dessen mangelnde Eignung für kulturelle Auslandsarbeit ich schon im März dieses Jahres bei der Kulturdebatte zu beklagen Gelegenheit hatte. Nun, wir müssen uns im Rahmen des Grundgesetzes halten und dürfen uns mit der Erfahrung trösten, daß auch mit einem unvollkommenen Werkzeug in der Hand des Meisters Brauchbares geleistet werden kann.
    Das Ministerium, mit dessen Arbeit wir uns heute beschäftigen, ist erst ein Jahr alt. Auch in der Entwicklungsarbeit steht unser Staat noch nicht sehr lange. Vor wenigen Jahren waren wir ja selbst noch Entwicklungsland, brauchten wir selbst noch die Hilfe von Freunden zum Wiederaufbau unserer Wirtschaft. In der Wissenschaft haben wir bisher das Weltniveau noch nicht wieder erreichen können.
    Um so mehr begrüßen wir es, daß unsere deutsche Wissenschaft schon jetzt die Verpflichtung spürt, zu ihrem Teile an der Bewältigung dieser großen Aufgabe mitzuhelfen. Ich nehme daher gern Gelegenheit, Zahlen, die ich in der erwähnten Debatte vor einem halben Jahr über die Tätigkeit deutscher Wissenschaftler in Übersee genannt habe, — einen, wie ich glaube, sehr wesentlichen Teil unserer Bildungshilfe — nach ihrem neuesten Stand diesem Hohen Hause mitzuteilen.
    Zur Zeit sind in Süd- und Mittelamerika mit Schwerpunkt in Chile und Argentinien 120 bis 130 deutsche Gelehrte tätig. Die genaue Zahl ist sehr schwer zu ermitteln, da nicht alle Herren die Hilfe der Vermittlungsstelle für deutsche Wissenschaftler im Ausland, der ich diese Unterlagen verdanke, in Anspruch nehmen. Im islamischen Orient einschließlich der Türkei arbeiten zur Zeit 30 bis 35 deutsche Gelehrte, im übrigen Asien etwa 40. Insgesamt sind in den Entwicklungsländern etwa 220 deutsche Wissenschaftler tätig. Von diesen Herren war die Hälfte schon 1955 im Amt. In den Jahren 1956 bis 1960 waren es 15 mehr, 1961 und 1962 sind es rund 30.
    Das sind nun gewiß keine respektablen Zahlen, wenn wir sie etwa mit dem Auftrag vergleichen, den die Sowjetunion ihrem Orientalistentag in Taschkent vor vier Jahren gestellt hat: innerhalb kurzer Zeit 5000 Arabisten auszubilden. Immerhin habe ich gestern im Ausschuß mit Genugtuung gehört, daß das Goethe-Institut schon über 26 deutsche Arabisten verfügen kann.
    Aber wir haben ja auch in der Bundesrepublik an wissenschaftlichem Nachwuchs keinen Überfluß. Den erfreulichen, wenn auch sehr bescheidenen Fortschritt verdanken wir dem zunehmenden Interesse der Bundesländer an der Entwicklungsaufgabe. Sie alle kennen die Bereitwilligkeit unserer Ministerpräsidenten, an diesem Werk mitzuarbeiten, die in der Bremer Konferenz im Mai dieses Jahres zum Ausdruck kam. Die Kultusminister haben die beamtenrechtliche Sicherung der aus ihrem Dienst zur Verfügung gestellten Persönlichkeiten als Aufgabe übernommen. In mehreren Ländern sind Leerstellen geschaffen worden, in denen im Ausland arbeitende Landesbeamten geführt werden.
    Auch die Wissenschaft hat sich in zunehmendem Maße der Entwicklungsaufgaben angenommen. Fakultäten haben sich zur Übernahme von Patenschaften für Fakultäten in den Entwicklungsländern entschlossen. Ich nenne Ihnen als Beispiele die medizinische Fakultät in Freiburg für Hue in Vietnam, die veterinär-medizinische in Gießen für Nairobi und für Izmir und das große, gut anlaufende Vorhaben der Universitäten Bonn und Köln für die Errichtung von zwei Fakultäten in Kabul. Weite Patenverhältnisse sind geplant.
    Nun ist die Wissenschaft unabhängig. Sie bedarf nicht der Weisung 'durch ein Ministerium. Sie hat sich zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Ich habe vernommen, daß diese Zusammenarbeit mit dem Ministerium in Kürze organisatorische Formen finden wird.
    Auch die vorhin von Herrn Kahn-Ackermann angesprochene Erforschung der Kulturen der von uns zu betreuenden Länder ist gut angelaufen. Wir haben das Sprachenprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Wir haben nach viel-

    Dr. Hellige
    jähriger Pause das Orientalische Seminar, das früher in Berlin der sprachlichen Ausbildung unserer Beamten diente, nun hier in Bonn wieder am Leben. Ich empfehle Ihnen, soweit Sie sie nicht kennen, die Empfehlung des Wissenschaftsrats zum Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen, nach der die Fächer der Orientalistik und Afrikanistik erheblich stärker mit Lehrstühlen ausgestattet werden sollen, als das bisher der Fall war. Ich empfehle Ihnen einen Blick in die Denkschrift „Orientalistik", die Professor Falkenstein für die Deutsche Forschungsgemeinschaft ausgearbeitet hat und in der alle diese Probleme angesprochen worden sind. Unsere Soziologen und unsere Ethnologen werden sich in erheblich größerem Maße dem Problem des Kulturwandels zuwenden müssen, jenem in der Geschichte der Menschheit wohl einmaligen Phänomen, daß Menschengruppen aus steinzeitlichen, zum Teil sogar aus vorsteinzeitlichen Kulturzuständen nun innerhalb weniger Jahre in die Zivilisation des 20. Jahrhunderts nach Christi Geburt übergeführt werden; ein Forschungsgebiet, das Bronislaw Malinowski mit seiner amerikanischen soziologisch-ethnologischen Schule mustergültig angefaßt hat.
    Über die Schulen hier zu sprechen, möchte ich mir aus Gründen der Zeitersparnis schenken.
    In einigen Fällen haben die Länder sich unmittelbar in der Entwicklungsarbeit engagiert. Die Errichtung des schon angesprochenen Gewerbeförderungszentrums in Tunesien durch Baden-Württemberg darf als ein gutes Beispiel genannt werden. Die hessische Aktivität in Ghana ist bekanntgeworden. I Voraussetzung für das Tätigwerden der Länder im Ausland ist die gemeinsame Planung mit dem Bunde, die allein die Einheitlichkeit der Maßnahmen sicherstellen kann. Die Hauptaufgabe der Länder wird aber sicher im Inland liegen müssen: Bereithalten von Ausbildungsstätten, Aufnahme und Betreuung von Studenten und Praktikanten. Sie finden für diesen Zweck bereits Mittel in den Länderetats. Forschungsaufgaben mannigfachster Art, Pflege von Kontakten, von Nachkontakten — wer könnte die Aufgaben alle erschöpfend aufzählen? Schließlich die wichtigste Aufgabe, die vor uns steht: Menschen bereitzustellen, Menschen zu schulen, die sich dieser wichtigen Arbeit widmen wollen.
    Die Entwicklungshilfe in der Bundesrepublik sieht sich Schwierigkeiten gegenüber, die unsere westlichen Nachbarn nicht kennen. Wir Deutschen sind eben seit einem halben Jahrhundert der Arbeit in Übersee entfremdet. Wir waren auch vorher nur ganz kurze Zeit dort tätig. Wir haben nur sehr wenige Menschen, die in diesen Ländern aufgewachsen sind, die an ihr Klima gewöhnt sind, ihre Sprache beherrschen, mit ihren Anschauungen und ihrer Lebensart von Kindheit her vertraut sind. Unsere Entwicklungshelfer müssen alles erst lernen. Sie können sich freilich auf die Erfahrungen unserer Freunde stützen. Sie sind frei von den Schatten, die die Kolonialzeit auf den früheren Kolonialherren haften läßt.
    Auch in der Organisation der Arbeit — das ist von Herrn Wischnewski und auch von Herrn KahnAckermann erwähnt worden — leiden wir an einem Handikap. Uns fehlt zunächst die zentrale Kompetenz, die die Arbeit aller unserer Nachbarn, im Osten wie im Westen, so stark begünstigt. Wir haben einen Bund, wir haben elf Länder. Sie alle haben ihren guten Willen bewiesen, aber der Willensakt muß stets im einzelnen herbeigeführt werden. Das kostet Zeit, das kostet Besprechungen, das kostet sicher auch Kraft. Eine ganze Reihe von Bundesministerien sind beteiligt. Niemand gibt gern Zuständigkeiten ab, das liegt nun einmal in der menschlichen Natur. Ich teile die Bedenken, die hier gegen diese Vielfalt geäußert worden sind. Ich wünsche dem Herrn Minister, daß seine Kompetenzen sich vermehren mögen.
    Hinzu kommt die Tatsache; daß wir die Kirchen für die Mitarbeit wünschen und brauchen, die Hochschulen, die Wirtschaft, die Gewerkschaften, sehr viele Verbände, Stiftungen, Institute, kurz, die ganze bunte Vielfalt unserer modernen Gesellschaft. Alle diese Kräfte müssen mit großer Behutsamkeit auf e i n Ziel ausgerichtet werden. Sie müssen nach einem Programm wirken. Daß diese Teile gut zusammenzuwirken beginnen, spricht für das diplomatische Geschick, mit dem der Minister seine Aufgabe wahrnimmt. Wir stehen noch ganz in den Anfängen. Niemand wird erwarten dürfen, daß man das Erreichte schon bald an amerikanischen Maßstäben messen kann. Aber ich glaube, wir sind auf einem guten Wege.

    (Beifall bei der FDP.)