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ID0404902200

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    6. Margulies.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hellmut Kalbitzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also kurz! Dank gebührt Herrn Kollegen Dr. Fritz dafür, daß er über die bloßen Beteuerungen gleicher Absichten in diesem Hause etwas hinausgegangen ist und eine Polemik vom Zaun gebrochen hat. Herr Dr. Fritz, Sie haben mich richtig zitiert. Ich habe mir in der Tat vor einem Monat die Freiheit genommen, den Bundeswehretat und den Entwicklungsetat miteinander zu vergleichen, und zwar aus einem ganz bestimmten Grunde: weil beide Etats auf verschiedenen Gebieten dem gleichen Ziel, nämlich der Sicherheit und dem Frieden, dienen, mindestens dienen sollen. Das, meine ich, rechtfertigt einen Vergleich dieser beiden Etats und rechtfertigt auch meine Feststellung, daß man für den Entwicklungsetat nicht — wie für den Wehretat — die notwendigen Mittel bereitgestellt hat.
    In der deutschen Öffentlichkeit wird Entwicklungshilfe heute im allgemeinen immer noch verstanden als ein Bastard zwischen Mildtätigkeit und Geschäft.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen]: Das wollte ich auch noch zitieren, aus Zeitgründen habe ich es aber unterlassen!)

    — Deshalb nehme ich es Ihnen ab, ich weiß, wohin Sie steuern wollen. Wenn wir schon Entwicklungshilfe betreiben und Milliarden bereitstellen, dann muß man die Sache auch ganz ernst nehmen. Dann muß man auch feststellen, daß mit der Entwicklungspolitik eine neue Phase eingetreten ist und daß sie eine weltpolitische Notwendigkeit ist; sie soll die Gegensätze zwischen den armen und den reichen Nationen mildern und damit nach Möglichkeit einen Krieg verhindern. Deshalb ist die Entwicklungspolitik nicht nur in meinen Augen, sondern auch in den Augen meiner Parteifreunde Sicherheitspolitik. Daraus rechtfertigt sich der Vergleich der beiden Etats.
    Es ist doch, wenn ich Ihnen das einmal zu bedenken geben darf, nicht ganz ohne Grund, daß die Vereinigten Staaten in letzter Zeit ein Friedenskorps gegründet haben. Dieses Friedenskorps soll offenbar die menschliche Seite der Entwicklungspolitik aktivieren. Mit der Bezeichnung „peace-corps" haben ,die Amerikaner keinen demagogischen, sondern einen zutiefst reellen Titel für ihr Korps gewählt.
    Nun eine Schlußbemerkung von unserer Seite zu der Regierungsantwort. Sie war erstens außerordentlich freundlich, und sie zeigte im übrigen genau die Schwäche, die wir mit unserer Großen Anfrage beanstanden wollten, nämlich das Kompetenzdurcheinander der verschiedenen Bundesministerien. Wir geben der Regierung ohne weiteres zu, daß sie in dieser Sache guten Willens ist. Wir geben insbesondere zu, daß das Entwicklungsministerium mit relativ wenigen Kräften sich sehr angestrengt hat. Aber die Wirklichkeit ist nicht zu übersehen. Wenn heute in Sachen Entwicklungspolitik jemand nach Bonn kommt — einerlei, ob er Deutscher ist oder
    von Übersee kommt — und hier etwas erreichen will, dann muß er nach wie vor vom Auswärtigen Amt zum Bundeswirtschaftsministerium, zum Bundesfinanzministerium, zum Landwirtschafts- und zum Verkehrsministerium und, wenn er einen Sonderfall hat, auch noch zu zwei, drei anderen Ministerien; er muß dann auch noch zu einem zusätzlichen Ministerium, nämlich zu dem von uns begrüßten Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Daran hat sich für die Besucher bis heute leider gar nichts geändert. Bisher ist die Bonner Bürokratie in einen Laokoonkampf mit sich selber verstrickt; der eine sucht dem anderen Kompetenzen herauszuziehen und sich anzueignen, oder er versucht, sich solche Kompetenzen nicht absprechen zu lassen. Das ist der bedauerliche Tatbestand für denjenigen, der von außen an diese Sache herankommt.
    Ich will nicht alle schönen Worte wiederholen, die hier darüber gesagt worden sind, daß man sich in dieser Sache strebend bemühe. Aber der Erfolg ist bisher ausgeblieben. Es wird in der Öffentlichkeit sehr häufig 'über eine Verschwendung von Entwicklungshilfemitteln geklagt. Mit einigen guten Beispielen und mit einigen falschen Beispielen werden diese Klagen vorgebracht. Ich muß diesen Klagen eine weitere hinzufügen. Die Verschwendung von Arbeitskraft und Finanzmitteln besteht hier in Bonn selber infolge ,des Durcheinanders der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik. Wir möchten hoffen, Herr Minister, daß Ihre guten Vorsätze hinsichtlich der Koordinierung und der Zusammenraffung sich bald verwirklichen. Dazu genügt es nicht, daß ein Minister guten Willens ist, sondern dazu gehört, daß die Regierung sich endlich darüber klar wird, wie eine gemeinsame Politik betrieben werden soll, und daß sie eine Stelle mit der Verantwortung betraut. Das ist meine Bitte.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Margulies.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Robert Margulies


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir natürlich schwer, jetzt dem riesigen Blumenstrauß, der dem Herrn Minister überreicht wurde, noch ein bescheidenes Blümchen hinzuzufügen. Er kam ja besonders von seiten der Gruppe unseres Hauses, die hier eigentlich die Opposition darstellen sollte. Aber ich bin auch Herrn Dr. Fritz sehr dankbar, daß er namens der CDU -

    (Abg. Kalbitzer: Lieben Sie uns nur, wenn wir schimpfen?)

    — Warum denn schimpfen? Im Gegenteil, wir haben uns schon immer gut vertragen.

    (Heiterkeit.)

    Ich möchte aber Herrn Dr. Fritz noch besonders danken für die persönliche Beglückwünschung meines Parteifreundes, des Herrn Ministers. Ich würde mich selbstverständlich gern revanchieren, aber heute muß ich mich wohl an das Thema halten.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Es sind Ihnen keine Grenzen gesetzt!)

    — Ich danke für die Vollmacht.



    Margulies
    Ich möchte jedenfalls einmal ganz eindeutig feststellen, daß sich die Tätigkeit des Ministeriums in dem knapp einen Jahr ganz deutlich bemerkbar macht. Ich hatte ja die Ehre, eine Zeitlang den Vorsitz im Ausschuß für Entwicklungshilfe zu führen, und kann daher den Unterschied zwischen der ersten Zeit und heute ganz klar feststellen. Es ist eine gewisse Ubersicht in die Dinge gekommen, eine Transparenz der ganzen Angelegenheit. Man kann jetzt deutlich sehen, wie die Dinge gehandhabt werden und wo sie bleiben. Wir können nun, Herr Gewandt, mit ehrlichem Gewissen vor der Bevölkerung unseres Landes feststellen, daß jedenfalls für unser Geld keine goldenen Betten gekauft und keine Paläste gebaut werden. Wir wissen aus unseren Beratungen, wie die Gelder verwandt werden und daß die Mittel, die wir einsetzen, auch den Zwecken dienen, für die sie bestimmt werden.
    Der Herr Minister hat sich noch persönlich bemüht, gewisse Mißbräuche abzustellen, die in der Vergangenheit eingerissen waren, daß nämlich ein Minister, wenn er ins Ausland kommt, das Füllhorn der Fortuna unter dem Arm trägt und nach Gießkannenmethode Geschenke verrieselt. Das ist jetzt auch nicht mehr üblich.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen] : Das war auch vorher nicht üblich!)

    — Es ist aber sehr häufig geschehen, Herr Dr. Fritz.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen)).

    — ich bin gerne bereit, Ihnen die zahlenmäßige Aufstellung darüber zu geben. Sie wissen das doch auch. Das wollen wir also in Zukunft auch nicht mehr sehen. Da sind vielmehr die rein sachlichen Gesichtspunkte ausschlaggebend.
    Es ist aber auch, und zwar durch den Minister Scheel, ein gewisser neuer Stil entwickelt worden. Man hat auch den Empfängerländern gewisse Illusionen genommen, Illusionen, die ich vielleicht etwas übertreibend dahin darstellen darf, daß man dort zunächst meinte, daß die Menschen bei uns arbeiten und Steuern zahlen und daraus Enwicklungshilfe leisten, damit die Menschen dort nicht zu arbeiten brauchen. Diese Illusion ist also mittlerweile auch verschwunden.
    Ich muß auch über einen anderen Punkt sprechen. Ich höre gelegentlich davon, daß die Weißen eigentlich ein Schuldgefühl haben müßten. Uns betrifft das sowieso nicht, weil wir ja seit ewigen Zeiten keine Kolonien mehr haben. Ich vermag aber auch eine Kollektivschuld der Weißen nicht anzuerkennen, und ich kann aus eigener Erfahrung nur sagen — die Kollegen, die schon in den Ländern waren, werden mir zustimmen —, daß man doch, wenn man einmal dort hinkommt, an Ort und Stelle feststellt, daß in den letzten Jahrzehnten Hervorragendes für die Ausbildung, für die Bildung, für die Hebung der Wirtschaftskraft der Entwicklungsländer geleistet worden ist. Das wollen wir natürlich gern fortsetzen. Selbstverständlich können wir uns aber von den Empfängerländern keine Vorschriften machen lassen, wie wir das tun müssen; denn wir müssen ja hier die Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern tragen.
    Herr Wischnewski hat die Rourkela-Sache angesprochen. Ich möchte doch noch einmal darauf hinweisen, daß es sich hier, jedenfalls zu Beginn, um ein Kassa-Geschäft handelte und daß wir natürlich nie verhindern können, daß irgendein Land sich bei uns in Uberschätzung seiner eigenen Möglichkeiten irgendeine Anlage kauft und dann damit Schiffbruch erleidet. Sicher, Wir wollen unser möglichstes tun, um solchen Dingen vorzubeugen; aber ich glaube nicht, daß man die Regierung dafür verantwortlich machen kann.
    Nun, über die Frage der Kompetenzen ist heute der schöne Artikel im „Handelsblatt" erschienen: „Spaziergänge am Rhein". Ich darf die Lektüre empfehlen. Für uns handelt es sich nur darum, daß eben doch eine Vielzahl von Fragen durch die Entwicklungspolitik berührt wird. Ich darf die hier gemachte Aufstellung zitieren: der Finanzminister betrachtet es als Finanzpolitik, der Wirtschaftsminister als Wirtschaftspolitik, der Außenminister als Außenpolitik, der Landwirtschaftsminister ist beteiligt, ferner der Verkehrsminister und der Bundesschatzminister. Ich glaube nicht, daß das alle sind.

    (Abg. Kalbitzer: Auch der Familienminister und auch der Arbeitsminister!)

    — Ja, ich wollte gerade sagen, Herr Kalbitzer: ich glaube kaum, daß das alle 'sind. Die Aufzählung ist irgendwie unvollständig. Ich meine, jeder ist doch in irgendeiner Form 'an Entwicklungshilfe interessiert und möchte an den Konferenzen, die darüber stattfinden, teilnehmen. Sicher, die Gesichtspunkte, die aus dieser 'Aufzählung sprechen, müssen, wie wir alle wissen, beachtet werden; aber wir müssen uns doch endlich zu einem tragenden Gesichtspunkt durchringen, unter dem wir die Entwicklungspolitik betreiben wollen. Ichglaube, daß sich der Herr Minister sehr stark darum bemüht, den tragenden Gesichtspunkt zu entwickeln und ihn auch durchzusetzen. Aber in 'gewisser Hinsicht muß ich dem zustimmen, was hier schon darüber gesagt worden ist, daß eben leider auch die Erklärung der Regierung dieses Auseinandergehen der Kompetenzen widerspiegelt.
    Ich bedaure eigentlich, daß alles, was wir hier im Hause — und zwar nicht etwa als Opposition oder Koalition, sondern alle miteinander — seit einem Jahr über diese Frage gesagt haben, bis jetzt so wenig Wirkung gezeigt hat. Hier ist es doch so, daß wir ein Ministerium geschaffen haben, daß wir es gewünscht haben, daß wir aber eine ganz klare und präzise Vorstellung darüber batten, was für Aufgaben dieses Ministerium hat. Wir haben diese Darstellung hier im Hause gegeben. Es wäre eigentlich selbstverständlich gewesen, daß sich die Regierung diesen Wünschen etwas annäherte.
    Ich sage das insbesondere deshalb, weil ich in der Person des derzeitigen Ministers für die wirtschaftliche Zusammenarbeit auch immer eine Garantie dafür gesehen hatte, daß die Politik, die uns der EWG-Vertrag vorschreibt, nämlich die Politik hinsichtlich der assoziierten überseeischen Staaten in Afrika und Madagaskar, in eine Linie kommt, die den Verpflichtungen des Vertrages entspricht. Ich sehe mich heute zu der Feststellung genötigt, daß das neue



    Margulies
    Assoziationsabkommen, das noch gar nicht fertig ist, in seiner ganzen geistigen Haltung einen Rückschritt darstellt, daß hier die Verpflichtung und Verantwortung nicht erfüllt ist, die wir gegenüber den 18 assoziierten Staaten übernommen haben, und zwar nicht wir Deutschen allein, sondern wir als Teil, als Mitgliedstaat der EWG.
    Ich will also nicht von Geld sprechen, keineswegs! Es geht nicht darum, daß hier höhere Leistungen erbracht worden sind. Aber warum schließt man nun plötzlich einen Vertrag der 6 Mitgliedstaaten mit 18 assoziierten Staaten an Stelle des Vertrages zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den assoziierten Staaten? Die Leistungen könnten dieselben bleiben, auch die Handelspolitik könnte dieselbe bleiben; aber es ist doch unvorstellbar, daß wir etwa auf der einen Seite innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine gemeinsame Handelspolitik, gemeinsame Wirtschaftspolitik, gemeinsame Konjunkturpolitik, gemeinsame Verkehrspolitik treiben, aber auf der anderen Seite gegenüber den Assoziierten keine gemeinsame Politik, obwohl es die gleichen Themen sind, über die wir im übrigen unter den Sechs eine gemeinsame Politik treiben wollen. Ich beklage das deshalb — und jetzt, wo es noch zu ändern ist, besonders laut —, weil wir die Folgen schon sehen. Die Assoziierten selber wollten nicht einfach unter „ferner liefen — Entwicklungshilfe" betrachtet werden, sondern sie wollten eine Zusammenarbeit mit dem werdenden Europa eingehen. Sie sind nun schrecklich enttäuscht, daß sie plötzlich wieder in ein Verhältnis zu ihren früheren Kolonialmächten eintreten. Daß sich andere afrikanische Staaten diesem Unternehmen anschließen, das kann man mit Fug und Recht nicht mehr erwarten. Hier sind die Dinge also ganz schief gelaufen.
    Über den Fonds will ich nicht sprechen. Aber nachdem hier alle Rollen vertauscht sind, Herr Kollege Wischnewski, kann ich die Frage beantworten, die Sie hinsichtlich der deutschen Beteiligung an dem Entwicklungsfonds gestellt haben. Die Aufträge sind nämlich zu 67,11 °/o an Firmen in den assoziierten Staaten erteilt.

    (Abg. Wischnewski: Herr Kollege Margulies, von Ihnen nicht solche Zahlen! Was sind denn das für Firmen, diese 67 %?)

    — Lassen Sie es mich doch sagen. Bei den Zusageempfängern mit Sitz in den assoziierten Staaten selbst handelt es sich in der Regel um Tochterunternehmen französischer, vereinzelt aber auch um Zweigniederlassungen deutscher Firmen. Wir können also nicht von diesen über den Daumen gepeilten 4 °/o ausgehen. Es ist schon etwas mehr.

    (Abg. Kalbitzer: Eher weniger als mehr!)

    — Die Zahlen, die ich hier habe, zeigen: etwas mehr.
    Aber die Ursache, Herr Wischnewski, ist das Entscheidende. Dazu darf ich Ihnen folgendes über die zahlenmäßige Beteiligung deutscher Firmen an den bisherigen Ausschreibungen sagen. Bei 184 Ausschreibungen gingen etwa 1157 Angebote ein, darunter 65 deutsche. Von diesen 184 Ausschreibungen entfielen allein 118 auf öffentliche Arbeiten, also
    Bauleistungen, und da wurden 662 Angebote abgegeben, davon 10 aus der Bundesrepublik. Unter diesen Umständen können wir natürlich nicht erwarten, daß die deutsche Beteiligung an diesen Dingen wesentlich größer ist.
    Ich wollte also die Frage der Gemeinschaftspolitik angeschnitten haben. Aber ich möchte auch gleich sagen, daß ich mich sehr gefreut habe, in verschiedenen Ländern draußen eine Zusammenarbeit der Botschafter der sechs Mitgliedstaaten der EWG angetroffen zu haben. Das hängt natürlich ein bißchen von den jeweiligen Personen ab. Aber ich habe mich doch gefreut, daß es überhaupt so eine Weisung gibt und daß sie in einigen Ländern auch durchgeführt wird. Denn es muß uns 'die Arbeit erheblich erleichtern, wenn wir in einem bestimmten Bereich die Zusammenarbeit in den Vordergrund stellen.
    Ich möchte aber gern den Grundsatz aus der Regierungserklärung unterstreichen, daß die Ausbildungshilfe in erster Linie in den Heimatländern geleistet werden sollte. Wir sagen zwar immer: Das geht nicht, soundso viele müssen hier ausgebildet werden. Ich glaube das nicht. Es ist schon außerordentlich schwierig, Menschen in einen fremden Erdteil zu verpflanzen, sie in eine ganz andere Umwelt zu versetzen. Wir beklagen hier — ich glaube, Herr Kahn-Ackermann hat darüber gesprochen — die gewisse Zurückhaltung unserer Menschen, die nun plötzlich in Kontakt mit Leuten aus den Entwicklungsländern kommen. Aber 'die Leute sind ja nicht wegen der Hautfarbe zurückhaltend, sondern sie sind gegen alles Fremde zurückhaltend. Da ist gar kein Unterschied. Jeder von uns, der in ein anderes Land kommt, stößt zunächst einmal auf eine gewisse Zurückhaltung, wird berochen und dann eventuell in die Gemeinschaft aufgenommen. Das alles erschwert doch außerordentlich die Ausbildung in Europa; ganz abgesehen davon, daß die jungen Menschen an einen Lebensstil und eine Umwelt gewöhnt werden, die sie dann natürlich zu Hause als Mindestmaß wiederzufinden hoffen. Oder mit anderen Worten gesagt: den Arzt, den wir hier mit hohen Kosten ausgebildet haben, den bringen Sie doch nachher nicht dazu, in den Busch zu gehen und dort zu arbeiten, wo er gebraucht wird. — Ich glaube also, wir sollten das sehr unterstreichen, daß die Ausbildung, soweit überhaupt irgend möglich, in die Länder selbst verlegt werden sollte.
    Ein anderer Punkt, der mir in der Regierungserklärung aufgefallen ist, ist die Frage der Steigerung des Handels, der Abnahme der Produkte. Es ist richtig — und die Zahlen, die dazu gegeben worden sind, machen es überaus deutlich —, daß der Preisverfall der Produkte den größten Teil der Entwicklungshilfe aufgefressen hat. Ja nun, meine Damen und Herren, das ist richtig, und da müssen wir uns eine Abhilfe überlegen. Aber es handelt sich doch leider wieder einmal um das uns an sich geläufige Problem der landwirtschaftlichen Überschüsse. Die Produkte, um die es sich hier handelt, sind doch alles Landwirtschaftsprodukte. Den Absatz etwa in dem Maße zu steigern, wie laufend der Anbau dieser Produkte gesteigert wird, das wird uns wohl kaum gelingen. Was uns aber gelingen könnte,



    Margulies
    wäre, so viel Kaufkraft in den Ländern selbst zu schaffen, daß dort ein gewisser Markt für diese Produkte entsteht. Lassen Sie es mich an einem Beispiel sagen. In Abidjan, Elfenbeinküste, in einem Land, in dem außerordentlich viel Ananas wächst, bekommen Sie Ananassaft angeboten, der in Kalifornien hergestellt wird. Das ist doch nicht nötig! Hier sind die Ansatzpunkte, wo man die erste Verarbeitungsstufe der Produkte in die Länder selbst legen kann, womit man einerseits den Konsum der Produkte anreizt, andererseits aber auch erreicht, daß eine gewisse Kaufkrafthebung eintritt und ein Teil ,der Produkte im Lande selbst verbraucht wird.
    Ich darf mich aufdiese kurzen Ausführungen beschränken, meine Damen und Herren. Das ganze Prinzip der Entwicklungshilfe hier heute noch abzuhandeln, würde wohl zu weit gehen. Ich wäre aber dem Herrn Minister sehr dankbar, wenn er sich persönlich noch etwas um das Problem der Assoziierung kümmern würde.

    (Beifall bei der FDP.)