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ID0404902000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinrich Gewandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mit dem Vorredner der Meinung, daß noch eine Reihe von Fragen zu klären sind. Ich bitte aber doch berücksichtigen zu wollen, daß es sich bei der Entwicklungshilfe in der Tat um ein Neuland handelt, um ein Gebiet, das man immer neu durchdenken muß.
    Vom Kollegen Wischnewski ist hier die Abwicklung kritisiert worden. Nach meinem Eindruck ist er auch der Meinung, daß die Ausstattung des Ministeriums etwa mit Beamten unzureichend sei. Ich meine, die Abwicklung hängt nicht allein davon ab, wieviel Beamte man beschäftigt. Man sollte sich überlegen, ob im Augenblick nicht zu viele Beamte mit der Prüfung der Projekte beschäftigt sind und ob man hier, ohne die Sorgfaltspflicht zu vernachlässigen, nicht einiges verbessern könnte.
    Das amerikanische Beispiel, das hier von Herrn Kollegen Fritz genannt wurde, ist immerhin ein abschreckendes Beispiel. Wir sollten uns hüten, zu einer solchen Aufblähung zu kommen. Immerhin verfügt das neue Haus, das ja erst vor einem Jahr die Arbeit aufgenommen hat, über 200 Bedienstete. Dazu kommt noch die Stiftung. Kurz vorher, nämlich im vergangenen Jahr, haben die anderen Häuser, die ja auch mit Entwicklungsfragen befaßt werden, 127 Stellen zusätzlich erhalten. Das ist eine gute Ausstattung, und man sollte nicht die Regierung schelten, daß sie zuwenig Bedienstete habe. Das wäre eher ein Grund, sie zu loben.
    Nun gestatten Sie mir ein Wort zur Öffentlichkeitsarbeit. Ich teile die Auffassung des Kollegen Wischnewski, daß in der deutschen Bevölkerung ein gewisses Mißtrauen und Unbehagen gegenüber dem Phänomen der Entwicklungshilfe besteht. Das liegt



    Gewandt
    daran, daß in einer Reihe von Fällen Mißbräuche vorgekommen sind. Ich will nicht das berühmte goldene Bett für eine Dame aus Ghana zitieren oder die Tatsache, daß der jugendliche Sohn eines Diktators galante Präsente aus Entwicklungshilfemitteln machte. Das sind Dinge, die wir nicht finanziert haben. Aber das sind Mißbräuche mit der Entwicklungshilfe, die vorgekommen sind und die die Öffentlichkeit kritisiert hat. Das ist richtig und verständlich. Aber glücklicherweise ist es im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe, die w i r geleistet haben, nicht möglich, derartige Vorwürfe zu machen.
    Die beste Öffentlichkeitsarbeit wäre der Nachweis gegenüber der Bevölkerung, daß die Kontrolle über die vergebenen Mittel verbessert wird. Wir haben es dabei nicht so leicht wie viele andere Länder. Die Engländer haben in allen Bereichen, in denen sie Entwicklungshilfe leisten, ein weitverzweigtes Banknetz, das bis in das letzte afrikanische Dorf in der Lage ist, die Verwendung der Mittel zu überprüfen. Das in Deutschland nach der Reichshaushaltsordnung angewandte Prizip, daß der Rechnungshof alles überprüft, ist nur im Landesinnern, nicht außerhalb der Grenzen anwendbar.
    Nun hat ja das Ministerium eine Reihe von Gedanken entwickelt. Aber man sollte doch darauf bestehen, daß künftighin Kapitalhilfe nur gewährt wird, wenn die Kapitalnehmer sich bereit erklären, zuzustimmen, daß durch eine Treuhandgesellschaft in einer bestimmten zu vereinbarenden Form überprüft wird, ob die Mittel entsprechend der vorgelegten Projektierung verwandt werden. Das gilt auch für die technische Hilfe. Denn Geräte und Einrichtungen, die man liefert, wechseln ja den Besitzer und sind dann Eigentum einer fremden Regierung. Es ist nicht in allen Fällen ein gewisses Mißtrauen vorhanden. Aber man will doch die Gewißheit haben, daß die Mittel sinnvoll und zweckentsprechend verwandt werden. Man kann das in einer ganz losen Form vertraglich vereinbaren, ohne in jenen Ländern irgendwelche Gefühle zu verletzen. Jedenfalls muß der deutsche Steuerzahler die Gewißheit haben, daß seine Mittel sinnvoll und zweckentsprechend verwendet werden. Hat er die Gewißheit, dann ist auch die Öffentlichkeitsarbeit viel leichter.
    Das Hauptproblem wird in der Zukunft möglicherweise die Beschaffung der Mittel sein. Auf Grund der im Haushalt vorgesehenen Ansätze für die Kapitalhilfe können wir heute schon sagen, daß etwa 250 Millionen DM mehr gebraucht werden. Es liegen also mehr Verpflichtungen vor, als im Haushalt Mittel vorgesehen sind. Die Steuerkraft, die wir ja nicht weiter anspannen wollen, ist so weit in Anspruch genommen, daß wir mit Etatmitteln nicht weiterkommen.
    Es ist hier nun die gute Anregung gegeben worden, man möge den Anleihemarkt stärker in Anspruch nehmen. Der Bund kann ja durch Bürgschaften usw. behilflich sein. Man sollte aber noch einmal prüfen, ob nicht wenigstens in diesem Jahr oder in Zeiten eines besonderen Engpasses die alte Idee aufgegriffen werden sollte, auch einmal außerhalb der Grenzen Anleihen aufzulegen. Ich kann
    mir nicht vorstellen, daß die Einwände, die gemacht werden, stichhaltig sind, etwa der, daß eine Anleihe — die doch nur in begrenztem Umfang in Frage kommt —, sagen wir mal, das Stabilisierungsprogramm des Dollars gefährden würde. Denn es handelt sich keineswegs um Anleihen, die in die Hunderte von Millionen gehen. Ich meine vielmehr, daß unser Kapitalmarkt nur begrenzt aufnahmefähig ist, und man sollte deshalb über die Grenzen gucken.
    Ein zweites Problem, das ich am Ende noch ganz kurz anschneiden möchte, ist das Problem des Absatzes der Artikel aus den Entwicklungsländern. Es gibt in Südamerika ein Land, das im Laufe der letzten Jahre aus der „Allianz für den Fortschritt" und aus einzelnen europäischen Ländern Entwicklungsgelder erhalten hat. Der Ausfall, der diesem Land aber durch das Absinken des Kaffeepreises entstanden ist, war größer als die Hilfe, die es im Laufe der Jahre erhalten hat. Ich glaube, das ist ein sehr ernstes Problem.
    Im Zusammenhang damit ist verständlich, daß die Entwicklungsländer, die außerhalb der EWG liegen, gewisse Befürchtungen haben, ihre traditionellen Absatzmärkte in Europa könnten geschmälert werden. Es ist sehr nötig, viel stärker als in der Vergangenheit die Bedeutung der EWG auch für die Entwicklungsländer in den Entwicklungsländern herauszustellen; denn die EWG ist ein Wirtschaftsraum, der weiter aufblühen soll und der dann auch sehr viel mehr Möglichkeiten hat, zu konsumieren. Dabei darf man allerdings nicht verkennen, daß die EWG sich dann, wenn die Gruppierungen in anderen Erdteilen — ich denke an Südamerika — abgeschlossen sind, wahrscheinlich auch dazu verstehen müßte, zu besonderen Zollvereinbarungen zu kommen, beispielsweise mit einer Freihandelszone in Lateinamerika. Denn dort ist die Sorge besonders groß, daß vor allem nach Einbeziehung Großbritanniens in den Gemeinsamen Markt und einer besonderen Berücksichtigung der Commonwealth-Länder Schwierigkeiten auftreten könnten, Schwierigkeiten, die — das darf man nicht verkennen — durch eine gezielte kommunistische Propaganda, die aus ganz anderen Gründen gegen die EWG geführt wird, dann noch ständig unterstrichen wird. Man sollte diesem Problem die Aufmerksamkeit zuwenden.
    Alles in allem habe ich den Eindruck — das ergeben auch die Beiträge dieser Diskussion —, daß die Bundesregierung die richtige Form und die richtige Einstellung zu den Entwicklungsproblemen gefunden hat. Man kann schon mehr oder weniger von einer „Entwicklungspolitik aus einem Guß" sprechen. Der deutsche Steuerzahler und der deutsche Staatsbürger können mit Vertrauen auf die Regierung blicken und auf ihre Fähigkeit, dieses Problem und diese Aufgabe, die uns die Zeit gestellt hat, sinnvoll zu lösen.
    Ich möchte Ihnen ganz offen sagen: es ist mir am Ende dieses kurzen Diskussionsbeitrages ein Bedürfnis, insbesondere dem Minister Scheel dafür zu danken, daß er sich gegenüber den Ausschüssen und dem Parlament so aufgeschlossen und zu jeder vernünftigen Zusammenarbeit bereit gefunden hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)






Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hellmut Kalbitzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Also kurz! Dank gebührt Herrn Kollegen Dr. Fritz dafür, daß er über die bloßen Beteuerungen gleicher Absichten in diesem Hause etwas hinausgegangen ist und eine Polemik vom Zaun gebrochen hat. Herr Dr. Fritz, Sie haben mich richtig zitiert. Ich habe mir in der Tat vor einem Monat die Freiheit genommen, den Bundeswehretat und den Entwicklungsetat miteinander zu vergleichen, und zwar aus einem ganz bestimmten Grunde: weil beide Etats auf verschiedenen Gebieten dem gleichen Ziel, nämlich der Sicherheit und dem Frieden, dienen, mindestens dienen sollen. Das, meine ich, rechtfertigt einen Vergleich dieser beiden Etats und rechtfertigt auch meine Feststellung, daß man für den Entwicklungsetat nicht — wie für den Wehretat — die notwendigen Mittel bereitgestellt hat.
    In der deutschen Öffentlichkeit wird Entwicklungshilfe heute im allgemeinen immer noch verstanden als ein Bastard zwischen Mildtätigkeit und Geschäft.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen]: Das wollte ich auch noch zitieren, aus Zeitgründen habe ich es aber unterlassen!)

    — Deshalb nehme ich es Ihnen ab, ich weiß, wohin Sie steuern wollen. Wenn wir schon Entwicklungshilfe betreiben und Milliarden bereitstellen, dann muß man die Sache auch ganz ernst nehmen. Dann muß man auch feststellen, daß mit der Entwicklungspolitik eine neue Phase eingetreten ist und daß sie eine weltpolitische Notwendigkeit ist; sie soll die Gegensätze zwischen den armen und den reichen Nationen mildern und damit nach Möglichkeit einen Krieg verhindern. Deshalb ist die Entwicklungspolitik nicht nur in meinen Augen, sondern auch in den Augen meiner Parteifreunde Sicherheitspolitik. Daraus rechtfertigt sich der Vergleich der beiden Etats.
    Es ist doch, wenn ich Ihnen das einmal zu bedenken geben darf, nicht ganz ohne Grund, daß die Vereinigten Staaten in letzter Zeit ein Friedenskorps gegründet haben. Dieses Friedenskorps soll offenbar die menschliche Seite der Entwicklungspolitik aktivieren. Mit der Bezeichnung „peace-corps" haben ,die Amerikaner keinen demagogischen, sondern einen zutiefst reellen Titel für ihr Korps gewählt.
    Nun eine Schlußbemerkung von unserer Seite zu der Regierungsantwort. Sie war erstens außerordentlich freundlich, und sie zeigte im übrigen genau die Schwäche, die wir mit unserer Großen Anfrage beanstanden wollten, nämlich das Kompetenzdurcheinander der verschiedenen Bundesministerien. Wir geben der Regierung ohne weiteres zu, daß sie in dieser Sache guten Willens ist. Wir geben insbesondere zu, daß das Entwicklungsministerium mit relativ wenigen Kräften sich sehr angestrengt hat. Aber die Wirklichkeit ist nicht zu übersehen. Wenn heute in Sachen Entwicklungspolitik jemand nach Bonn kommt — einerlei, ob er Deutscher ist oder
    von Übersee kommt — und hier etwas erreichen will, dann muß er nach wie vor vom Auswärtigen Amt zum Bundeswirtschaftsministerium, zum Bundesfinanzministerium, zum Landwirtschafts- und zum Verkehrsministerium und, wenn er einen Sonderfall hat, auch noch zu zwei, drei anderen Ministerien; er muß dann auch noch zu einem zusätzlichen Ministerium, nämlich zu dem von uns begrüßten Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Daran hat sich für die Besucher bis heute leider gar nichts geändert. Bisher ist die Bonner Bürokratie in einen Laokoonkampf mit sich selber verstrickt; der eine sucht dem anderen Kompetenzen herauszuziehen und sich anzueignen, oder er versucht, sich solche Kompetenzen nicht absprechen zu lassen. Das ist der bedauerliche Tatbestand für denjenigen, der von außen an diese Sache herankommt.
    Ich will nicht alle schönen Worte wiederholen, die hier darüber gesagt worden sind, daß man sich in dieser Sache strebend bemühe. Aber der Erfolg ist bisher ausgeblieben. Es wird in der Öffentlichkeit sehr häufig 'über eine Verschwendung von Entwicklungshilfemitteln geklagt. Mit einigen guten Beispielen und mit einigen falschen Beispielen werden diese Klagen vorgebracht. Ich muß diesen Klagen eine weitere hinzufügen. Die Verschwendung von Arbeitskraft und Finanzmitteln besteht hier in Bonn selber infolge ,des Durcheinanders der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik. Wir möchten hoffen, Herr Minister, daß Ihre guten Vorsätze hinsichtlich der Koordinierung und der Zusammenraffung sich bald verwirklichen. Dazu genügt es nicht, daß ein Minister guten Willens ist, sondern dazu gehört, daß die Regierung sich endlich darüber klar wird, wie eine gemeinsame Politik betrieben werden soll, und daß sie eine Stelle mit der Verantwortung betraut. Das ist meine Bitte.

    (Beifall bei der SPD.)