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ID0404901400

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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
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    Rede von Walter Scheel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wischnewski hat in seiner Begründung eine Fülle von zusätzlichen Argumenten vorgebracht und zusätzlichen Fragen gestellt, die in der schriftlichen Großen Anfrage noch nicht enthalten waren. Ich darf mir, um meine formulierte Antwort der Regierung nicht zu belasten, erlauben, darauf im Anschluß an die Debatte im einzelnen einzugehen. Jetzt darf ich Ihnen, meine Damen und Herren, die Antwort der Bundesregierung vortragen.
    Die Bundesregierung hatte am 5. Mai des vergangenen Jahres die Ehre, dem Bundestag ihre Auffassung zu den Problemen der Entwicklungshilfe darzulegen. Die Ihnen damals vorgetragenen Grundzüge einer Entwicklungspolitik wurden in der Zwischenzeit auf Grund der gewonnenen Erfahrungen kontinuierlich weiterentwickelt. Zugleich weiteten sich die Anforderungen an die Entwicklungshilfe der Bundesrepublik so schnell aus, daß die Begrenztheit der hierfür vorhandenen Mittel Probleme entstehen ließ, die der verstärkten Abstimmung aller beteiligten Bundesministerien bedurften. Inzwischen bedingten sowohl die veränderte Haushaltslage als auch die Übernahme der Bearbeitung einer Reihe von Fragen der Entwicklungshilfe durch ein besonderes Bundesministerium ein erneutes Durchdenken der Entwicklungspolitik.
    Die Problematik der Entwicklungshilfe ist bekanntlich vielfältig und schwierig. Es wird nicht
    leicht sein, die var uns liegenden Aufgaben bald zur allgemeinen Zufriedenheit zu lösen. Die Ausnutzung aller Erfahrungen, wo sie nur bestehen, ist besonders nötig. Es ist deshalb ein aufrichtig empfundenes Bedürfnis der Bundesregierung, in entwicklungspolitischen Fragen aufs engste mit dem Parlament zusammenzuarbeiten. Die Bundesregierung hat wiederholt dem Bundestagsausschuß für Entwicklungshilfe über wesentliche Probleme der Entwicklungspolitik berichtet. Die Große Anfrage gibt nun der Bundesregierung eine willkommene Gelegenheit, dem gesamten Hohen Hause ihre Auffassung zu den jetzt aufgeworfenen speziellen entwicklungspolitischen Fragen darzulegen. Diese Fragen betreffen vielleicht nicht eigentlich die im Vorjahr behandelte Gesamtrichtung der Entwicklungspolitik, sondern mehr einzelne wichtige Detailfragen. Die Antworten auf diese Fragen spiegeln auch die Gesamtrichtung der Politik und ihre Anpassung an neuere Erkenntnisse wider, so daß sie in die anschließende Diskussion einbezogen werden können.
    Zu den Fragen der Großen Anfrage trage ich namens der Bundesregierung im einzelnen folgendes vor.
    Zu Ziffer 1:
    Die Frage betrifft die Fortschritte, die durch die Neueinrichtung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit einmal in der Koordinierung unter den Ressorts und zum anderen in der Vereinfachung des Verfahrens erreicht wurden.
    Ein weiterer Schritt zur Koordinierung der Entwicklungshilfe im Bereich der Bundesministerien wurde dadurch getan, daß im Bundeshaushaltsplan 1962 eine Reihe von bisher zerstreut ausgebrachten Titeln in einem selbständigen Einzelplan zusammengefaßt wurden. Eine Zusammenfassung der Titel, aus denen entwicklungspolitische Maßnahmen finanziert werden, ist notwendig. Sie ermöglicht eine einheitliche haushaltsmäßige Bewirtschaftung der Mittel, stellt insoweit die Verantwortlichkeit klar und läßt gegenüber den anderen Geberländern, den internationalen Organisationen, gegenüber den einzelnen Entwicklungsländern und der deutschen Öffentlichkeit die Anstrengungen der Bundesrepublik eindrucksvoller als bisher erkennen. Das zweite ist, daß eine solche Zusammenfassung der Mittel ein wirkliches und geschlossenes Programm der Entwicklungshilfe erleichtert.
    Neben dieser inhaltlichen Koordinierung der Entwicklungspolitik wird auch in allen Einzelfragen eine bessere Zusammenarbeit unter den beteiligten Ressorts angestrebt. Hier fällt dem Interministeriellen Ausschuß für Entwicklungspolitik die Hauptaufgabe zu.
    In Fortsetzung der bisherigen Bemühungen wird gegenwärtig für alle Bereiche der deutschen Entwicklungspolitik an Grundsätzen gearbeitet, die baldmöglichst eine einheitliche Richtung aller Maßnahmen unter einer Gesamtkonzeption ermöglichen sollen. Die bisherigen Erkenntnisse deutscher Fachleute, Organisationen und Wissenschaftler wie auch die langjährigen Erfahrungen unserer Verbündeten



    Bundesminister Scheel
    sowie der internationalen Organisationen werden hierbei berücksichtigt.
    Ferner wird an einer Programmgestaltung der deutschen Hilfe, ihrer zeitlichen Abwicklung sowie an einer langfristigen Planung deutscher Hilfsmaßnahmen gearbeitet. Es wird dafür Sorge getragen, daß über den Interministeriellen Ausschuß für Entwicklungspolitik sowie über die Arbeitsausschüsse diese Gesamtkonzeption sich auf jedes einzelne Vorhaben auswirkt, selbst wenn dieses sich in finanziell bescheidenem Rahmen hält.
    Weitere Aufgaben, die zu einer besseren Koordinierung auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik und zur größeren Wirksamkeit aller Hilfen beitragen, sind schon in Angriff genommen worden. Hier sind besonders folgende hervorzuheben:
    1. Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern sowie unter den zahlreichen Organisationen und Verbänden. Sie ermöglicht oft praktische Lösungen auch schwieriger Tatbestände. Die Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben ist nur möglich durch ein Zusammenwirken aller Kräfte des deutschen Volkes.
    2. Die Bundesregierung ist nicht nur seit langem bemüht, der privaten Initiative in den Entwicklungsländern jede nur mögliche Förderung angedeihen zu lassen, sondern hat darüber hinaus wiederholt, letztmalig im Rahmen des Deutschlandexamens bei der DAC, betont, daß Leistungen der privaten Wirtschaft bei der Entwicklungshilfe den Vorzug verdienen. Zur Erreichung dieses Zieles hat sie nicht nur die bereits bestehenden Maßnahmen, u. a. die Garantien für Kapitalanlagen, verbessert und erweitert, sondern ist bestrebt, weitere Anreize zu schaffen. So wird zur Zeit geprüft, ob weitere steuerliche Maßnahmen und Finanzierungserleichterungen den Kapitalexport in die Entwicklungsländer wirksam fördern zu können. Zur Erarbeitung konkreter Vorschläge, die auch die Wünsche der deutschen Wirtschaft berücksichtigen sollen, haben die beteiligten Bundesministerien Arbeitsgruppen gebildet.
    In diesem Zusammenhang ist auch die kürzlich gegründete Deutsche Entwicklungsgesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit hervorzuheben. Sie soll in erster Linie kleinere und mittlere Betriebe in den Entwicklungsländern fördern und damit dort die Bildung einer gesunden Mittelschicht begünstigen.
    Weiterhin können aus dem ERP-Sondervermögen zinsgünstige Kredite für den Auf- und Ausbau von Unternehmen, für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen sowie für den Erwerb von Unternehmen in Entwicklungsländern gewährt werden. Bisher wurden über 68 Millionen DM für derartige Investitionen in Entwicklungsländern aus dem ERP-Sondervermögen bereitgestellt.
    3. Zu den neuen Aufgaben gehört auch das Programm der Sozial- und Bildungshilfe, das vom Bundestag vor den Parlamentsferien bereits gebilligt worden ist. Es erstreckt sich bekanntlich auf die so notwendige Ergänzung der finanziellen Hilfen durch
    eine stärkere Hervorhebung des menschlichen Faktors in der Entwicklungspolitik. Auch wird dadurch die schon heute erfreuliche Mitarbeit der freien Organisationen und Verbände der Bundesrepublik in der Entwicklungshilfe erheblich ausgeweitet werden können. Auf nähere Einzelheiten werde ich später noch eingehen.
    4. Die Öffentlichkeitsarbeit in den Entwicklungsländern und in der Bundesrepublik.
    Angesichts der finanziellen Opfer, die das deutsche Volk für die Entwicklungshilfe bringt, und wegen der internationalen ,Bedeutung der Entwicklungspolitik ist eine umfassende Aufklärung heute nötiger denn je. Ich stimme hier mit dem Herrn Kollegen Wischnewski in vollem Umfange überein. Der Schwerpunkt des Aufklärungsprogramms liegt in der Auswertung aller Erfahrungen und in der konkreten Darstellung der Gegebenheiten und der Motive unseres Handelns. Diese Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur in der Bundesrepublik notwendig, sondern ebenso bei unseren Verbündeten und gegenüber den Völkern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Auf die spezifischen Fragen werde ich in meinem Diskussionsbeitrag nachher noch eingehen.
    5. Besonders dringend ist die Beobachtung der Auswirkungen der deutschen Entwicklungshilfe sowie eine verbesserte Kontrolle der zweckmäßigen Verwendung der bereitgestellten Mittel, um die Förderungsmaßnahmen ständig zu verbessern, um Fehler zu vermeiden und um unser gesamtes Hilfsprogramm immer wieder den sich wandelnden Bedingungen in den Entwicklungsländern anzupassen.
    6. Nicht weniger bedeutsam ist die Förderung und Koordinierung der Forschung über Probleme der Entwicklungsländer und Methoden der Entwicklungshilfe, besonders auch mit dem Ziel, die internationalen Erfahrungen für die praktische deutsche Entwicklungspolitik zunutze zu machen. Dies ist vor allem deshalb notwendig, weil andere Geberländer die verschiedenen Hilfsformen mitunter schon viel länger als wir anwenden und somit oft auch größere Erfahrungen besitzen.
    7. Im Rahmen der derzeitigen Kompetenzverteilung zwischen den Ressorts wird auch an einer Vereinfachung des Verfahrens gearbeitet. Auf Einzelgebieten sind schon Fortschritte erzielt worden. Wir nennen hier die Ausarbeitung einheitlicher Bedingungen für deutsche Experten bei der Technischen Hilfe und die Ausarbeitung von Musterabkommen bei der Kapitalhilfe. Man muß bei allen diesen Fragen bedenken, daß die Entwicklungshilfe bei uns noch eine organisatorisch verhältnismäßig junge Aufgabe ist. Eine allen Bedürfnissen Rechnung tragende Organisationsform und ein entsprechendes Verfahren werden sich auch in der Bundesrepublik entwickeln.
    Alles zusammengenommen beantworte ich die Frage 1 der Großen Anfrage wie folgt: Die Koordinierung der Entwicklungshilfe im Bereich der Bundesministerien hat Fortschritte gemacht. Diese Fortschritte beziehen sich auf alle Gebiete der Entwicklungshilfe, vornehmlich aber auf die eben genannten Bereiche. Dem neu errichteten Bundesministe-



    Bundesminister Scheel
    rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist dabei eine wesentliche Rolle zuteil geworden. Es hat den Vorsitz im Interministeriellen Ausschuß für Entwicklungspolitik, der das wesentliche Koordinierungsinstrument unterhalb des Kabinettsausschusses für Wirtschaft und des Bundeskabinetts darstellt.
    Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist in Zusammenarbeit mit den übrigen Ressorts bemüht, für eine Systematik unserer Hilfsmaßnahmen und deren innere Übereinstimmung zu sorgen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit arbeitet mit den Ressorts an der entwicklungspolitischen Ausrichtung aller Einzelmaßnahmen und betreut wichtige Spezialbereiche wie die Entwicklungsgesellschaft, die Deutsche Stiftung für Entwicklungsländer sowie die Organisationen. Es bearbeitet ferner Fragen der personellen Hilfe und der Hilfen für die Sozialstruktur der Entwicklungsländer sowie die damit zusammenhängenden Programme.
    Zu Ziffer 2 der Großen Anfrage.
    Diese Ziffer bezieht sich auf die neuen Zusagen an Entwicklungsländer und die rechtzeitige Erfüllung früherer Zusagen. Die Antwort zu diesem Punkt kann verhältnismäßig kurz sein, zumal dieses Problem auch die Ziffern 3 und 4 der Großen Anfrage berührt und dort nochmals behandelt wird.
    Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß die Bundesregierung auf dem Standpunkt der Vertragstreue steht. Bei neuen Zusagen an Entwicklungsländer wird also bereits aus diesem Grunde auch darauf geachtet, daß frühere Zusagen rechtzeitig erfüllt werden können.
    Andererseits ist aber auch folgendes zu bemerken. Hilfen der Bundesrepublik werden in der Regel nur gegeben, wenn das Empfängerland seinerseits eine Partnerschaftsleistung erbringt. Die rechtzeitige Erfüllung von Zusagen ist daher nicht nur von einer entsprechenden Bereitschaft der Bundesregierung abhängig. Hierzu ist vielmehr in nicht geringerem Maße auch eine ausreichende Mitwirkung der Regierungen und der sonst beteiligten Stellen der betreffenden Entwicklungsländer notwendig. Die Möglichkeit der Bundesregierung, auf die Entwicklungsländer einzuwirken, ist in dieser Hinsicht aber begrenzt.
    Bei allen Hilfen werden selbstverständlich neue Zusagen nicht erteilt und damit neue Vorhaben nicht in Angriff genommen, wenn nicht die Gewähr besteht, daß die bisherigen Zusagen sachlich, personell und finanziell vereinbarungsgemäß abgewickelt werden können.
    Zu Ziffer 3 der Großen Anfrage.
    Die Antragsteller haben in Ziffer 3 die Frage aufgeworfen, ob die bisherigen Erfahrungen mit der Kapitalhilfe berechtigen, an den Prinzipien der Rahmenzusagen und der Lieferungebundenheit festzuhalten. Zu beiden Punkten, die gerade in der jüngsten Zeit in starkem Maße zur Erörterung stehen, ist folgendes zu sagen.
    Die bisherigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Kapitalhilfe legen es tatsächlich nahe, die Frage der Rahmenzusagen neu zu überdenken. An sich erscheint es selbstverständlich, erst dann eine finanzielle Zusage zu geben, wenn bereits ein Projekt vorliegt, für welches die erbetene Kapitalhilfe verwendet werden soll. Noch besser wäre es, wenn das betreffende Vorhaben bereits geprüft und für gut befunden worden wäre.
    In der Vergangenheit hat die Bundesregierung überwiegend Rahmenzusagen erteilt. Dies hat sich aus politischen Gründen nicht vermeiden lassen, zumal auf diese Weise auch die Bereitschaft zur Leistung eines angemessenen Beitrages zum Ausdruck kam.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bei Rahmenzusagen wesentliche Nachteile auftreten. Bei der Ausfüllung derartiger Zusagen entstanden vielfach Verzögerungen, z. B. weil die Entwicklungsländer geeignete Projekte nicht rechtzeitig vorlegen konnten. Die erwähnten Verzögerungen führten oft zu Mißdeutungen und Verstimmungen bei den Entwicklungsländern und zu Vorwürfen in der deutschen Öffentlichkeit. Außerdem ist es bei Rahmenzusagen oft nicht möglich, eine gezielte und in sich geschlossene Entwicklungspolitik für das betreffende Land zu betreiben.
    Es ist aber das Ziel der Bundesregierung, eine größere Wirksamkeit der deutschen Kapitalhilfe, zugleich auch eine Abstimmung der Maßnahmen der Kapitalhilfe mit den Maßnahmen der Technischen Hilfe zu erreichen und somit einer Zersplitterung der Gesamthilfe für jedes einzelne Land vorzubeugen. Deshalb strebt die Bundesregierung an, zusammen mit der finanziellen Zusage eine Gruppierung von konkreten Projekten zu erreichen, auf die sich die Hilfsmaßnahmen innerhalb des Rahmens der Zusage konzentrieren sollen. Dazu ,ist eine Vorplanung erforderlich. Für ihre Durchführung werden zur Zeit die Voraussetzungen ,geschaffen. Durch eine solche Konkretisierung der Finanzverhandlungen auf: Projektgruppen, die bereits das Ergebnis einer Vorplanung sind und in die Entwicklungsplanung des betreffenden Landes passen müssen, kann übrigens eine Reihe von umständlichen und zeitraubenden Verhandlungen umgangen und Geld gespart werden. Aus politischen Gründen werden künftig Rahmenzusagen allerdings nicht vollständig zu umgehen sein. Wie auf allen Gebieten der Entwicklungshilfe muß auch hier flexibel nach den jeweiligen Verhältnissen des Einzelfalles vorgegangen werden.
    Der zweite Teil der Frage der Ziffer 3 betrifft das für: unsere Wirtschaft bedeutsame Problem der Lieferungebundenheit unserer Kapitalhilfe. Zur Frage der Lieferungebundenheit hat die Bundesregierung erklärt und sie darf dies wiederholen—, daß eine internationale Vereinbarung über die Nichtbindung der Mittel das Ideal sein würde. Solange eine solche Vereinbarung nicht besteht, müssen wir natürlich bei unserem Verhalten auch das Verhalten anderer Länder in Betracht ziehen und in der bisherigen Lieferungebundenheit kein Dogma sehen. Ein Geberland kann aus triftigen Gründen, z. B. bei dauernder Anspannung der Zahlungsbilanz,
    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49, Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2179
    Bundesminister Scheel
    gezwungen sein, seine Kapitalhilfe ganz oder überwiegend in gebundener Form zu geben, um weiterhin überhaupt eine angemessene Kapitalhilfe leisten zu können. Auch die Bundesregierung muß bei ihren Überlegungen in dieser Frage die Lage der deutschen Wirtschaft berücksichtigen.
    Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, daß die maßgeblichen Geberländer möglichst dem Grundsatz der Lieferungebundenheit folgen. Sollte dies jedoch nicht ,gelingen, so müssen wir in der Zukunft diesen Grundsatz wohl flexibler handhaben und werden unsere Haltung stärker als bisher unserer jeweiligen wirtschaftlichen und konjunkturellen Lage anpassen müssen.
    Zu Ziffer 4 der großen Anfrage:
    Nach Ziffer 4 der Großen Anfrage wollen die Antragsteller erfahren, welche konkreten Vorstellungen die Bundesregierung von der Aufbringung der Mittel für bereits zugesagte und noch weitere deutsche Leistungen der Entwicklungshilfe hat.
    Auch diese Frage betrifft ein schwieriges Problem. Die bisherigen Zusagen sind insgesamt außerordentlich hoch. Ihre Finanzierung liegt zum weitaus größten Teil noch als zu lösende Aufgabe vor uns. Die Höhe der künftig tatsächlich erforderlichen Ausgaben hängt vor allem davon ab, welchen Ausführungsstand ,die Projekte erreichen, die auf Grund der Zusagen der Bundesregierung finanziert werden müssen.
    Die Bundesrepublik hat für Zwecke der Entwicklungshilfe bislang, d. h. von 1950 bis zum 30. Juni 1962, auf dem öffentlichen und privaten Sektor zusammen Leistungen in Höhe von 19,219 Milliarden DM erbracht. Von diesen 19,219 Milliarden DM entfallen 10,775 Milliarden DM auf den öffentlichen Bereich und 8,444 Miliarden DM auf den privaten Bereich. Diese Gesamtzahlen werden sicherlich in der Diskussion noch aufgeschlüsselt werden.
    Am Ende des Rechnungsjahres 1962 werden die auf dem Gesamtgebiet der Entwicklungshilfe noch zu erfüllenden Zusagen voraussichtlich 6,2 Milliarden DM betragen, davon rund 0,5 Milliarden DM auf die Technische Hilfe im weitesten Sinne, 1,2 Milliarden DM auf die verschiedenen Beiträge und Leistungen für multilaterale Hilfsorganisationen und rund 4,5 Milliarden DM auf die Kapitalhilfe.
    Da die im Rahmen der Technischen Hilfe durchgeführten Lieferungen und Leistungen vornehmlich geschenkweise gegeben werden, müssen diese Hilfen aus den Mitteln des Bundeshaushalts finanziert werden. Im Bundeshaushaltsplan 1962 sind für diese Zwecke 190 Millionen DM veranschlagt. Die Bindungsermächtigung für 1962, also die Grundlage für die Eingehung neuer Verpflichtungen auf diesem Gebiet, beläuft sich auf 233 Millionen DM. Im Rechnungsjahr 1963 sind als Baransatz 224 Millionen DM vorgesehen. Die für 1963 in Aussicht genommene Bindungsermächtigung beträgt 233 Millionen DM.
    Bei den Zusagen im multilateralen Bereich handelt es sich in erster Linie um Beiträge an die Weltbank, an die IDA und zum Entwicklungsfonds der EWG. Auch diese Leistungen müssen ihrer Natur
    nach vom Bundeshaushalt aufgebracht werden. Im Rechnungsjahr 1962 sind dafür rund 380 Millionen DM veranschlagt und im Rechnungsjahr 1963 nur 72 Millionen DM vorgesehen. Das beruht darauf, daß für das Rechnungsjahr 1963 ein Ansatz für den Entwicklungsfonds der EWG nicht erforderlich erscheint, da aus den für die ersten fünf Jahre der Assoziierung bereitgestellten Beträgen noch genügend Barmittel für die erforderlichen Ausgaben zur Verfügung stehen.
    Bei der Finanzierung der Kapitalhilfe ist der Leitsatz der Bundesregierung, den Bundeshaushalt nur insoweit in Anspruch zu nehmen, als andere Finanzierungsquellen wegen der Höhe des Betrages oder wegen der Art des Vorhabens hierfür nicht zur Verfügung stehen. Es wird versucht, die Finanzierungsmittel für diese Zwecke in höchstmöglichem Umfang am Kapitalmarkt zu beschaffen. Bei diesen Finanzierungen fällt der zur Entwicklungsbank des Bundes ausgestalteten Kreditanstalt für Wiederaufbau eine bedeutende Aufgabe zu.
    Daneben soll das ERP-Sondervermögen künftig mindestens wie im bisherigen Umfang zur Finanzierung der Kapitalhilfe beitragen. Im laufenden Rechnungsjahr beträgt der Beitrag des ERP-Sondervermögens für die Finanzierung von Kapitalhilfevorhaben 65 Millionen DM.
    Im Bundeshaushaltsplan 1962 sind für die Finanzierung von Kapitalhilfevorhaben 100 Millionen DM veranschlagt. Der niedrige Ansatz ist dadurch bedingt, daß aus den im Jahre 1961 erschlossenen einmaligen Quellen, nämlich der Entwicklungsanleihe der deutschen Wirtschaft von 1,2 Milliarden DM, Darlehen der VW-Stiftung von 500 Millionen DM sowie Darlehen der Länder von 500 Millionen DM, noch entsprechende Beträge zur Verfügung stehen. Diese Mittel werden bis auf einen Betrag von rund 700 Millionen DM am Ende des Rechnungsjahres 1962 für die vorgesehenen Zwecke aufgebraucht sein. Im Entwurf des Haushaltsplans 1963 ist daher für diese Zwecke ein Betrag von 670 Millionen DM vorgesehen.
    Über die Aufbringung der notwendigen Finanzierungsbeträge im Jahre 1964 und in den folgenden Jahren können aus naheliegenden Gründen zahlenmäßig genaue Angaben heute noch nicht gemacht werden, zumal die Entwicklung des Bundeshaushalts und die Ergiebigkeit des Kapitalmarktes jetzt noch nicht übersehen werden können. Die Bundesregierung wird aber selbstverständlich die eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Sie wird ihre Anstrengungen, den Entwicklungsländern wirksame Hilfe zu leisten, fortsetzen.
    Bei der Bemessung der künftigen Leistungen des Bundeshaushalts für die Entwicklungshilfe wird selbstverständlich das Gewicht aller Staatsaufgaben und Staatsausgaben zu berücksichtigen sein, für deren Deckung der Bundeshaushalt zu sorgen hat. Die Rangordnung, nach der bei den ständig gewachsenen Anforderungen auf allen Gebieten die verschiedenen Staatsaufgaben in die finanziellen Möglichkeiten einzupassen sind, werden alljährlich die gesetzgebenden Körperschaften zu beschließen haben.



    Bundesminister Scheel Zu Ziffer 5:
    Die Frage unter Ziffer 5 betrifft die Förderung der Importe aus Entwicklungsländern. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß ihre Bemühungen bei der finanziellen und technischen Entwicklungshilfe auf die Dauer keinen rechten Erfolg haben können, wenn die Entwicklungsländer keine Absatzmärkte für ihre Ausfuhrprodukte zu angemessenen Preisen finden. Die Entwicklungsländer müssen in die Lage versetzt werden, wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Vor allem kommt es darauf an, daß die Entwicklungsländer durch eine Förderung ihrer Ausfuhren in den Stand gesetzt werden, die zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung notwendigen Mittel auf die Dauer selbst aufzubringen. Zu den sozusagen klassischen Formen der Kapitalhilfe, der Technischen Hilfe usw. müssen deshalb auch Hilfen zur Steigerung des Handels der Entwicklungsländer treten. Der Förderung der Einfuhren kommt dabei eine große Bedeutung zu.
    Die Möglichkeiten der Bundesrepublik zu einer über das allgemeine wirtschaftliche Wachstum hinausgehenden Importsteigerung sind nun aber begrenzt. Der Abbau mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen ist nur noch in geringem Umfang möglich. Die Bundesrepublik hat auf diesem Gebiet bereits von den rund 6600 Positionen der Einfuhrliste ca. 6200 Positionen voll liberalisiert. Der größte Teil der noch bestehenden rund 400 Einzelbeschränkungen betrifft solche Ernährungsgüter, die für die Ausfuhr der Entwicklungsländer unerheblich sind. Auf dem gewerblichen Sektor sind gegenwärtig noch 150 Positionen Einfuhrbeschränkungen unterworfen, doch ist bereits jetzt die endgültige Liberalisierung von 43 dieser Positionen fest zugesagt, so daß lediglich 107 gewerbliche Erzeugnisse unbefristet kontingentiert bleiben. Ein Teil dieser Waren ist für die Entwicklungsländer ebenfalls ohne Bedeutung; es bestehen indessen bei einer Reihe kontingentierter Textilien Lieferinteressen der Entwicklungsländer. Auf diesem Gebiet ist das Problem der Marktstörungen infolge von Niedrigpreiseinfuhren inzwischen allgemein anerkannt. Bei den Baumwolltextilien hat diese Erkenntnis zu den internationalen Abkommen von Genf geführt, wonach die zur Zeit bestehenden Einfuhrmöglichkeiten innerhalb der nächsten 5 Jahre schrittweise erhöht werden sollen. Die Bundesregierung ist auch künftig bereit, in Anbetracht ihrer Verantwortung als einer der wichtigsten Wirtschaftspartner der freien Welt an der endgültigen Beseitigung der Einfuhrbeschränkungen gegenüber den Entwicklungsländern mitzuwirken. Die völlige Liberalisierung erfordert jedoch eine Zusammenarbeit aller Einfuhrländer.
    Wie schon in der Vergangenheit, wird die Bundesregierung auch in der Zukunft auf eine möglichst liberale Zollpolitik im Rahmen der EWG hinwirken. Die Auswirkungen einer solchen Zollpolitik sollten jedoch nicht überschätzt werden, da die EWG-Zölle auf Rohstoffe und tropische Erzeugnisse nicht hoch sind.
    Gemeinsam mit den übrigen Mitgliedsländern der EWG bleibt die Bundesregierung bemüht, den Außenzolltarif der Gemeinschaft an die besonderen
    Interessen aller Entwicklungsländer anzupassen. So hat die EWG im Rahmen der soeben abgeschlossenen GATT-Zollverhandlungen bei einer Reihe von Erzeugnissen, die für den Handel mit Entwicklungsländern von Bedeutung sind, Zollsenkungen bis zu 20 % vorgenommen. Die Verhandlungen über die Neuregelung der Assoziationsverträge mit den afrikanischen Staaten und Madagaskar sehen darüber hinaus für ,die Produkte dieser Länder Zollfreiheit vor. Als Folge dieser Verhandlungen werden voraussichtlich auch die bereits durchgeführten allgemeinen Zollsenkungen gegenüber den nicht-assoziierten Staaten für einzelne Produkte erheblich ausgedehnt werden. In ihrer Gesamtheit dürften diese Maßnahmen dazu beitragen, den Entwicklungsländern größere Ausfuhrchancen zu geben.
    Die Frage einer Senkung der Verbrauchssteuern für Kaffee und Tee ist in den vergangenen Jahren im Bundestag und in seinen Ausschüssen wiederholt eingehend beraten worden. Die sorgfältige Nachprüfung aller Argumente hat ergeben, daß auch eine drastische Senkung oder gar eine Aufhebung dieser Steuern nur zu einem relativ geringen Nutzeffekt für die Kaffee und Tee erzeugenden Länder führen kann. Auf gar keinen Fall würde eine derartige Maßnahme das eigentliche Überschußproblem, das den Weltkaffeemarkt in der derzeitigen Situation kennzeichnet, wahrnehmbar beeinflussen können. Ein Wegfall der Kaffeesteuer würde wahrscheinlich keine wesentlich ins Gewicht fallende Absatzsteigerung bewirken. Der unmittelbare Nutzeffekt würde für die Entwicklungsländer gering sein. Dagegen würde er für die Bundesrepublik einen Steuerausfall von mehr als 800 Millionen DM im Jahre 1962 zur Folge haben und damit bei der jetzigen Haushaltslage das finanzielle Hilfspotential der Bundesrepublik zum Nachteil der Entwicklungsländer wesentlich verringern. Die Erhebung der Kaffee- und Teesteuer stellt demnach gegenüber den Entwicklungsländern mehr ein psychologisches Problem dar, das von der Bundesregierung nicht vernachlässigt werden wird. Ich darf dabei auf die Regierungserklärung vom Herbst vorigen Jahres hinweisen.
    Eine Ordnung der Rohstoffmärkte — dies sei hier nochmals betont — kann nur durch internationale Regelungen erreicht werden. Zu dieser Lösung müssen vor allem auch die Entwicklungsländer selbst beitragen, beispielsweise durch Produktionsanpassung. Die Bundesrepublik arbeitet seit langem bei der internationalen Regelung der Rohstoffprobleme mit.
    Entscheidend für den langfristig angestrebten Ausgleich des internationalen Güter- und Dienstleistungsverkehrs sind Maßnahmen zur Erweiterung der Exportfähigkeit der Entwicklungsländer. Dieser wichtige Bereich soll in Zukunft stärker als bisher durch entsprechende Steuerung der Kapitalhilfe, der Technischen Hilfe und der Bildungshilfe unterstützt werden. Bei der Technischen Hilfe wird insbesondere an die verstärkte Entsendung solcher Sachverständiger gedacht, die die Entwicklungsländer bei der Auflockerung einseitiger Wirtschaftsstrukturen und bei der Verbesserung ihrer Absatz- und Marktbedingungen beraten. Die notwendige Umstrukturie-



    Bundesminister Scheel
    rung der Entwicklungsländer wird auf die Dauer zu einer neuen Art der internationalen Arbeitsteilung zwischen den Entwicklungsländern und den Industrieländern nunmehr auch auf industriellem Gebiet führen müssen. Dieser Prozeß wird allerdings Anpassungsmaßnahmen der deutschen Wirtschaft erforderlich machen.
    Die Bestrebungen zur Förderung des Handels der Entwicklungsländer dürfen nicht auf Maßnahmen zur Förderung ihrer Ausfuhren in die Industrieländer beschränkt bleiben. Vielmehr sollte auch der heute noch unbedeutende Warenaustausch unter den Entwicklungsländern selbst gefördert werden. Eine engere Handelsverflechtung zwischen den Entwicklungsländern ist wesentlich. Der bisherige Fortschritt, insbesondere der Industrialisierungsprozesse, zeigt deutlich, daß in den meisten Entwicklungsländern ohne eine engere wirtschaftliche Integration mit den Nachbarn keine vielfältige Wirtschaftsstruktur aufgebaut und damit auch keine Verbreiterung des Exportangebotes zu vertretbaren Preisen und Qualitäten erreicht werden kann.
    Zu Ziffer 6:
    In Ziffer 6 wird die Frage aufgeworfen, welches Verhältnis zwischen Kapitalhilfe einerseits und Bildungs- und Sozialhilfe andererseits in den Planungen der Entwicklungspolitik von der Bundesregierung angestrebt wird. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß der wirtschaftliche Entwicklungsprozeß soziale Veränderungen mit sich bringt, die zu ernsten Spannungen führen können, wenn diese Veränderungen nicht vorausschauend erkannt und Hilfen für eine geordnete Entwicklung geboten werden. Diese Hilfen betreffen z. B. den systematischen Aufbau bzw. Ausbau öffentlicher und freier sozialer Dienste und die soziale Betreuung der Bevölkerung, die von den Maßnahmen der wirtschaftlichen Entwicklungshilfe unmittelbar oder mittelbar berührt wird.
    Zu dieser diffizilen Frage möchte ich vorausschicken, daß sich nach Auffassung der Bundesregierung ein starres Verhältnis zwischen den einzelnen Hilfsformen von vornherein weder allgemein noch in der Anlage bestimmen läßt.
    Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Hilfsformen ist vor allem abhängig von den praktischen Notwendigkeiten der verschiedenen Entwicklungsländer. Deshalb wird ein abgewogenes Verhältnis zwischen diesen Hilfsformen innerhalb der Hilfe für jedes einzelne Entwicklungsland angestrebt. Hier sind in erster Linie der allgemeine Entwicklungsstand und die Wirtschafts- und Sozialstruktur des betreffenden Landes und seine Devisen- und Haushaltslage zu berücksichtigen. Die Haushaltslage hat besonders wegen der Folgekosten bei Infrastrukturprojekten und Ausbildungsvorhaben erhebliches Gewicht. Zu berücksichtigen ist ferner die Höhe des verfügbaren privaten Kapitals.
    Das Verhältnis zwischen Entwicklungskrediten und anderen Hilfen wird deshalb von Land zu Land verschieden sein müssen. Damit wird gleichzeitig die grundsätzliche Frage berührt, unter welcher entwicklungspolitischen Konzeption unsere bilaterale Hilfe geleistet werden soll. Eine Hilfe ist wegen der
    nur begrenzt verfügbaren Mittel relativ wirkungslos, wenn die verschiedenen deutschen Hilfsprojekte in dem betreffenden Land auf die verschiedensten Landesteile und Entwicklungsbereiche verstreut sind. Deshalb strebt die Bundesregierung bei ihrer Entwicklungspolitik in Einzelfällen eine Schwerpunktbildung an. Auf diese Weise sollen wirkungsvolle Projektgruppen mit Ausstrahlungskraft entstehen.
    Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die Frage des Verhältnisses zwischen einzelnen Hilfsformen bei einzelnen Projekten, insbesondere bei industriellen Großprojekten, von entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der Hilfe sein kann. In solchen Fällen sollte ein angemessener Prozentsatz der Gesamtsumme beispielsweise für Maßnahmen der Sozialarbeit vorgesehen werden.
    Zu Ziffer 7:
    Unter der Ziffer 7 wird die Frage gestellt, wie für eine Koordinierung der Bildungs- und Sozialhilfe des Bundes mit den Vorhaben der Länder gesorgt ist. Diese Aufgabe ist zweifellos wichtig. Hier geht es letzten Endes darum — wie im Entwicklungshilfebeitrag der Bundesrepublik überhaupt —, die Vielfalt der zur Mitwirkung bereiten und notwendigen Kräfte einerseits wirksam werden zu lassen und andererseits so nützlich wie möglich zusammenzufassen. Die Bundesregierung bejaht demgemäß eine fruchtbare Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen, in erster Linie im Bereich der Bildungs- und Ausbildungshilfe, um so einen Beitrag zur Verbesserung der Sozialstruktur der Entwicklungsländer zu leisten.
    Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich zu dieser Frage der Koordinierung und Zusammenarbeit mehrfach geäußert. So erklärten sie in einer Entschließung vom 4. Mai 1962, daß die Entwicklungspolitik Aufgabe des Bundes ist, die Länder aber bereit sind, „im Rahmen der Entwicklungspolitik des Bundes und nach Abstimmung mit dem Bund Technische Hilfe, besonders Bildungs- und Ausbildungshilfe zu leisten". Damit besteht im Grundsätzlichen bereits ein erfreuliches Einvernehmen über die Notwendigkeit und den Rahmen der Zusammenarbeit und Koordinierung.
    Eine Bestandsaufnahme über die Leistungen und die Mitwirkungsbereitschaft der Länder und Gemeinden, die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorgenommen hat, schuf einen ersten Überblick über die Vielfalt der Initiativen und die speziellen Koordinierungsaufgaben. Immerhin weisen die Länderhaushalte im Rechnungsjahr 1962 über 20 Millionen DM für Beiträge vornehmlich der Bildungs- und Ausbildungshilfe aus, was — wie sich ergeben hat — gegenüber 1961 eine fühlbare Steigerung bedeutet. Länder und Gemeinden haben auch zahlreiche Fachleute verschiedener Berufe — z. B. Gewerbelehrer, Forstbeamte oder Dozenten der Universitäten und Hochschulen — für Aufgaben der Entwicklungshilfe schon seit Jahren freigegeben oder zur Verfügung gestellt.
    Der Schwerpunkt der Beiträge der Länder und Gemeinden liegt notwendigerweise im Inland und hier wiederum im Bereich der beruflichen Aus- und Fortbildung. Dazu einige Hinweise: Mehr als 400



    Bundesminister Scheel
    Praktikanten aus Entwicklungsländern weilen gegenwärtig auf Kosten der Länder in ,der Bundesrepublik. Viele Studenten erfahren Förderung und Betreuung. Einige Länder beabsichtigen, Ausbildungsmaßnahmen in Entwicklungsländern finanziell und personell zu tragen. So z. B. hat das Land Baden-Württemberg ein Gewerbeförderungszentrum in Tunesien errichtet. Für solche Fälle sind Vereinbarungen zwischen dem Bund und dem jeweiligen Land ausgearbeitet bzw. vorgesehen, die eine Einheit der Entwicklungspolitik in Planung und Ausführung der jeweiligen Projekte sicherstellen.
    Um diese Beiträge zusammenzufügen, gemeinsame Richtlinien zu erarbeiten und den Erfahrungsaustausch zu pflegen, hat ein Länderausschuß Entwicklungshilfe seine Tätigkeit bereits aufgenommen. Die Unterrichtung der Landesregierungen über grundsätzliche Fragen der Entwicklungspolitik des Bundes erfolgt im Rahmen der „Entwicklungshilfekommission der Ministerpräsidentenkonferenz". Auch sind die Länder im Kuratorium der Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer vertreten. Bei der Errichtung und Unterhaltung von Zentralstellen für die gewerbliche, die landwirtschaftliche und die Verwaltung betreffende Berufsausbildung, von denen noch an anderer Stelle die Rede sein wird, und bei der Schaffung dazugehöriger Regionalstellen wirken die Länder zum Teil unter Übernahme beträchtlicher Belastungen mit.
    Selbstverständlich stehen noch manche Probleme der Koordinierung und der Aufgabenverteilung vor uns. Zusammenarbeit bedarf dauernder Bereitschaft und Bemühungen aller Beteiligten. Aber die bisher überwiegend positiven Erfahrungen berechtigen zu der Hoffnung, daß in der Zukunft Bund, Länder und Gemeinden bei den großen Aufgaben der Entwicklungspolitik gut zusammenwirken.
    Zu Ziffer 8:
    Unter Ziffer 8 der Großen Anfrage der SPD-Fraktion wird die wichtige Frage der sozialen Sicherung von Personen behandelt, die für die Entwicklungshilfe im Ausland tätig sind. Nach Auffassung der Bundesregierung bedarf dieser Personenkreis, soweit er im Rahmen anerkannter Maßnahmen der deutschen Entwicklungshilfe tätig ist, eines sozialen Schutzes. Ein solcher Schutz kann für die Tätigkeit draußen wie auch bei der Rückkehr aus dem Entwicklungsland notwendig werden.
    Die Unterschiede in den Zwecken, in der Dauer und in den Funktionen wie auch die Unterschiede in den Vertragsverhältnissen lassen allerdings eine schematische Regelung nicht zu. Die Frage des sozialen Schutzes muß daher für die verschiedenen Personengruppen jeweils gesondert entschieden werden. Dabei wird die Gesamtheit der Bedingungen zu berücksichtigen sein, unter denen eine Entwicklungstätigkeit ausgeübt wird, besonders die dabei in gesundheitlicher und beruflicher Hinsicht übernommenen Risiken. Gewisse Risiken werden allerdings immer bleiben, sie müssen von den in der Entwicklungshilfe tätigen Personen getragen werden. Andererseits soll nach Auffassung der Bundesregierung eine ausreichende soziale Sicherung dazu beitragen, eine genügende Zahl fähiger Facharbeiter zu gewinnen.
    Im einzelnen kann man zu den verschiedenen Personengruppen folgendes sagen:
    a) Personen, die im Rahmen der Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung in Entwicklungsländern längerfristig tätig sind, werden von der Deutschen Wirtschaftsförderungs- und Treuhandgesellschaft unter Vertrag genommen. Die vertraglichen Leistungen dieser Gesellschaft sind, was die Höhe der Vergütungen und den sozialen Schutz angeht, im allgemeinen ausreichend und angemessen. Verbesserungen, die dazu beitragen sollen, die Zahl der in der Entwicklungshilfe tätigen Kräfte zu erhöhen, werden gegenwärtig überprüft.
    b) Für Personen, die im Rahmen internationaler Organisationen der UNO tätig werden, gilt die von dem UNO-Generalsekretär erlassene Personalordnung.
    c) Personen, die als „freie Fachkräfte" eine förderungswürdige Tätigkeit in der Entwicklungshilfe ausüben, sind auf Grund privatrechtlicher Dienstverträge im Entwicklungsland tätig. Vertragspartner dieser freien Fachkräfte können sein die Regierung, ein Unternehmen oder eine Organisation des Entwicklungslandes oder aber auch Unternehmen und Organisationen in der Bundesrepublik.
    Für diesen Personenkreis ist eine Regelung in Vorbereitung. Bei dem sozialen Schutz dieser Gruppen ist grundsätzlich davon auszugehen, daß zunächst die freien Frachkräfte für eine Sicherung selbst zu sorgen haben. In besonders gelagerten Fällen werden jedoch Hilfen notwendig sein, um eine ausreichende Sicherung bei Unfall, Krankheit, Invalidität sowie im Todesfall zu gewährleisten und um erforderlichenfalls die Wiedereingliederung nach Beendigung der Tätigkeit 'im 'Entwicklungsland zu ermöglichen oder zu erleichtern. Der Umfang einer eventuellen Hilfe wird von den Bedürfnissen im einzelnen Fall abhängen, dabei ist auch die Höhe der für die Tätigkeit im Entwicklungsland bezogenen Vergütung zu berücksichtigen.
    Die große Gruppe der freien Fachkräfte, die für deutsche kommerzielle Unternehmen in Entwicklungsländern tätig ist, dürfte im allgemeinen eine ausreichende Sicherheit erhalten.
    Zu Ziffer 9:
    Die neunte und letzte Frage weist wiederum auf ein Kernproblem der Entwicklungspolitik hin, nämlich auf die Frage der Ausbildung der für Entwicklungshilfe-Vorhaben im Ausland tätigen Personen. Die Bundesregierung hat von vornherein einen wesentlichen Teil ihrer Anstrengungen auf Vorhaben zur Verminderung des Fachkräftemangels in den Entwicklungsländern konzentriert und wie auf keinem anderen Gebiet hierbei die Unterstützung der Wirtschaft, der Verbände, der Bildungseinrichtungen und der übrigen Öffentlichkeit, eingeschlossen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, gefunden.
    Bis aber die nun schon zahlreichen von uns in den Entwicklungsländern errichteten Ausbildungsstätten, die vielen Stipendien und die seit Jahren erfolgreichen Praktikantenprarogmme eine fühlbare Auswirkung zeigen, werden in jetzt schnell anstei-
    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode .— 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2183
    Bundesminister Scheel
    gender Zahl sorgfältig vorbereitete deutsche Berater, Sachverständige, Lehrkräfte und sonstiges Fachpersonal in die Entwicklungsländer entsandt werden müssen. Mit diesen Investitionen in Menschen und durch Menschen wird das Selbsthilfepotential unserer Partner auf die nachhaltigste Weise gefördert, gleichzeitig aber auch — die Hoffnung sei in aller Offenheit zugegeben — unserem eigenen Bildungswesen ein vielleicht folgenreicher Impuls gegeben. Gut vorbereitete, qualifizierte Fachkräfte sichern zudem die sparsame und wirksame Verwendung der begrenzten Mittel. Personelle Hilfe stärkt, sichert und multipliziert die Wirkung der Kapitalhilfe.
    Jede Tätigkeit in Entwicklungsländern erfordert neben der selbstverständlichen Fachausbildung zusätzliche berufliche, pädagogische, sprachliche, länder- und kulturkundliche und sogar entwicklungsmethodische Kenntnisse und Fertigkeiten. Bei der Vorbereitung deutscher Fachkräfte sind wohl auch zusätzliche zeitgeschichtliche und staatsbürgerliche Informationen zu vermitteln. Daß außerdem die Anforderungen einer Tätigkeit in Entwicklungsländern die ganz persönliche geistige Orientierung des Einzelnen auf die Probe stellen, darf dabei nicht vergessen werden.
    All dieses macht ein System genau angepaßter, den persönlichen Entscheidungen genügend Raum gewährender Ausbildungsgänge und -einrichtungen notwendig. Ein Teil davon wird zur Zeit systematisch von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Bundesländern, den Gemeinden und anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen auf- und ausgebaut. Die Bundesregierung legt aber Wert darauf, daß auch die Privatwirtschaft ihre in einzelnen Fällen schon traditionsreichen Ansätze zur Ausbildung ihrer Fachkräfte für eine Übersee-Tätigkeit und auch zur Ausbildung der Fachkräfte der Entwicklungsländer für eine Tätigkeit in deutschen Entwicklungsvorhaben weiterentwickelt und dem Bedarf anpaßt.
    An dieser Stelle ergibt sich die Gelegenheit, auf die Umformung der gelegentlich in der Öffentlichkeit vertretenen Ansichten über die Ausbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer hinzuweisen. Die Auswertung der bisherigen Erfahrungen zeigt, daß eine zunehmende Verlagerung der Ausbildung in die Entwicklungsländer selbst einen größeren Erfolg verspricht. Das gilt vor allem für die Grundausbildung, die in der eigenen gewohnten Umgebung und in dem Milieu der späteren Tätigkeit erst zu einer gewissen beruflichen und menschlichen Bewährung führen soll. Bei Studenten zielt diese Erkenntnis auf die ersten Semester und die sprachliche Vorbereitung. Die beträchtlichen inneren und äußeren Belastungen einer Ausbildung unter den ungewohnten Lebensbedingungen in einem Industrieland sollten mehr und mehr nur jenen zugemutet werden, die auf einer beruflichen Grundlage eine qualifizierte Weiterbildung benötigen, soweit diese nur in einem Industrieland möglich ist. Daneben kann auch die Ausbildung in einem dritten Land, etwa einem Entwicklungsland, das Beispiele erfolgreich fortgeschrittener Vorhaben vorweisen kann, nützlich sein.
    Auch die Vorbereitung deutscher Fachkräfte, auf die sich Punkt 9 der Anfrage wohl in der Hauptsache bezieht, muß die zusätzlichen Erfahrungs- und Demonstrationsmöglichkeiten nutzen, die zum Teil nur in befreundeten Industrieländern mit langer Übersee-Erfahrung, bei internationalen Organisationen oder ebenfalls in fortgeschrittenen Entwicklungsländern vorhanden sind.
    Die Bundesregierung kann sich sowohl bei der Reform der Ausländerausbildung wie auch beim Ausbau .der Vorbereitungsmöglichkeiten für deutsche Fachkräfte auf die wertvollen Erfahrungen der Kirchen und die Ergebnisse zahlreicher privater Initiativen stützen. Auch an einigen Hoch- und Fachschulen wird inzwischen in aller Stille ein noch bescheidener, aber hochwillkommener „Vorrat" an Fachkräften für Entwicklungsvorhaben herangebildet.
    Das im Frühsommer in dem Ausschuß für Entwicklungshilfe des Deutschen Bundestages einstimmig begrüßte „Sozial-, Ausbildungs- und Bildungsprogramm für Entwicklungsländer" weist auf zahlreiche Initiativen der Bundesregierung hin, von denen hier nur einige nochmals erwähnt werden sollen.
    Die Deutsche Stiftung für Entwicklungsländer hat bisher durch eine Anzahl von Seminaren und Kursen zur Vorbereitung deutscher Fachkräfte beigetragen. Die Stiftung sucht mit drei „Zentralstellen" neue Wege zur Vorbereitung deutscher Fachkräfte für Aufgaben der Entwicklungspolitik zu gehen. Diese Vorbereitung wird eng gekoppelt mit der Ausbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer, vor allem von Lehrkräften, die späterhin die Aufgaben der deutschen Fachleute übernehmen sollen. Die Zentralstellen werden mit den bereits bestehenden Ausbildungsstätten der Länder eng zusammenarbeiten und deren Tätigkeit koordinieren.
    Die Zentralstelle für gewerbliche Berufsförderung beginnt in Mannheim Anfang Dezember zunächst mit der Ausbildung der erwähnten einheimischen Fachkräfte, die für die Übernahme der Aufgaben der deutschen Lehrer an Gewerbeschulen in Entwicklungsländern vorgesehen sind. Von den Aufgaben der Zentralstelle für Landwirtschaft soll zunächst die Vorbereitung von Agrartechnikern in der Lehranstalt für tropische Landwirtschaft in Witzenhausen unter Benutzung der dort vorliegenden Erfahrungen beginnen. Darüber hinaus hat das Institut für ausländische Landwirtschaft der Technischen Universität Berlin im Einvernehmen mit der Zentralstelle für Landwirtschaft die zusätzliche Ausbildung von Diplom-Landwirten für eine Tätigkeit in den Entwicklungsländern übernommen.
    Die Frage der Übertragbarkeit bei uns bewährter Institutionen und Muster auf die Entwicklungsländer stellt sich besonders kritisch bei der Entwicklung einer leistungsfähigen Verwaltung. Nach eingehender Prüfung hat es sich als notwendig erwiesen, Personen, die in der Verwaltungshilfe eingesetzt werden, im Rahmen einer engeren und auf längere Dauer berechneten Zusammenarbeit mit der Verwaltung des Entwicklungslandes erst dann zu entsenden, wenn sie zuvor mit dem Rechts- und



    Bundesminister Scheel
    Verwaltungssystem des Entwicklungslandes, seinen ethnologischen und soziologischen Gegebenheiten vertraut gemacht sind und wenn zugleich auch nach Möglichkeit eine sprachliche Vorbereitung stattgefunden hat. Mit den Vorarbeiten bei der Verwaltungsausbildung ist versuchsweise die Zentralstelle für öffentliche Verwaltung in Berlin befaßt.
    Das Sozial-, Ausbildungs- und Bildungsprogramm greift auch auf anderen Fachgebieten zahlreiche erfolgversprechende Initiativen auf, um Hinweise für eine systematische Fortentwicklung zu geben.
    Auf akademischem Gebiet ist in Anbetracht der nicht ganz einfachen Erfahrungen mit jetzt zwischen 10 000 und 14 000 Studenten aus Entwicklungsländern an deutschen Universitäten und Hochschulen nicht nur eine Verstärkung der Betreuung vorgesehen, sondern auch die Förderung neuer Lehr- und Studienmöglichkeiten. Dabei sollten insbesondere entwicklungsmethodische Fragen und die Anwendung des hier erworbenen Wissens unter den besonderen Bedingungen der Entwicklungsländer behandelt werden. Damit wird gleichzeitig dem regen Interesse deutscher Studenten an Fragen der Entwicklungsproblematik entgegengekommen, zumal zahlreiche Studenten bereit sind, ihr Studium jetzt schon auf eine künftige vorübergehende oder dauernde Tätigkeit in Entwicklungsländern einzurichten.
    Mit Vorbereitungs- und Ausbildungslehrgängen außerhalb akademischer Einrichtungen wurden für verschiedene Berufszweige, aus denen Fachkräfte besonders dringend angefordert wurden, schon Erfahrungen gesammelt. So wurden z. B. BergbauIngenieure in einem längeren Kurs vorbereitet. Erfreulicherweise kann festgestellt werden, daß der Großteil dieser Kräfte schon sehr bald eine Einsatzmöglichkeit in deutschen Entwicklungsvorhaben fand. Abgesehen von den laufenden Programmen für Fachkräfte der Industrie und für Genossenschaftsberater haben die in dem „Sozial-, Ausbildungs- und Bildungsprogramm" vorgesehenen Maßnahmen für den Sozialbereich zu einem intensiven Meinungsaustausch mit den zuständigen Organisationen geführt. Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben schon längere Erfahrungen mit dem System der gleichzeitigen Schulung von eigenen Kräften für die Sozialarbeit in Entwicklungsländern wie auch von Sozialarbeitern der Entwicklungsländer. Für Vorhaben, die den verstärkt angemeldeten Bedarf an Sachverständigen der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung und der Dorf- und Gemeindeentwicklung zu decken in der Lage sind, ist eine Gemeinschaftsstelle der Verbände und Einrichtungen der Jugend- und Erwachsenenbildung geplant. Für Fachkräfte des Films, des Rundfunks und der Presse und -nicht zuletzt des Buchwesens werden Ausbildungslehrgänge vorbereitet. Nachwuchskräfte, die sich für eine längere Tätigkeit in Entwicklungsländern verpflichten wollen, sollen Stipendien erhalten, die ihnen eine z. T. mehrjährige Studien- und Volontärzeit im In- und Ausland ermöglichen. Vielleicht wird aus diesen Ansätzen ein neuer 'Berufstyp für Entwicklungskräfte entstehen.
    Unter der Bezeichnung „Entwicklungsdienst: Lernen und Helfen in Übersee" ist eine Aktion in Vorbereitung, die jungen deutschen Fachkräften Gelegenheit geben soll, für eine Zeitlang in Entwicklungsländern unter Verzicht auf Vorgesetztenstellung durch das Beispiel persönlicher und fachlicher Tüchtigkeit und bescheidener Lebensführung einen Beitrag zur Entwicklungshilfe zu leisten und dabei gleichzeitig wertvolle Erfahrungen zu gewinnen. Den 'deutschen Verhältnissen entsprechend ist eine Einrichtung vorgesehen, -die eine enge Zusammenarbeit der deutschen Jugend- und Studentenverbände und erfahrener privater Organisationen der Entwicklungshilfe ermöglicht. Ein Büro für diese Aktion, deren endgültige Bezeichnung noch gefunden werden muß, wird demnächst in Bonn . eingerichtet werden, um die zahlreichen Anfragen aus weiten Kreisen der deutschen Jugend bald beantworten zu können

    (Abg. Wischnewski: Überhaupt, Herr Minister!)

    und die ersten Vorhaben in 'Entwicklungsländern, und zwar vorerst im Zusammenhang mit dem Ausbau einiger deutscher Ausbildungsstätten, zu verwirklichen.
    Die Teilnehmer an diesem Programm werden sich einer gründlichen Vorbereitung unterziehen müssen. Außer Länder- und Kulturkunde, Entwicklungsmethodik, Zeitgeschichte ,und staatsbürgerlicher Information und selbstverständlich einer intensiven Sprachenschulung wind die Vorbereitung ein Training vermitteln, das dem Teilnehmer ein Gefühl für seine Leistungsfähigkeit, aber auch für die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit geben soll. Auf die Fähigkeit zum Improvisieren und die Anwendung handwerklicher 'Grundkenntnisse unter erschwerten Bedingungen wird besonderer Wert gelegt.
    Auf Einladung des amerikanischen Friedenskorps werten zur Zeit zwei Beobachter für die Bundesregierung die dort gemachten Erfahrungen aus.
    Die Bundesregierung glaubt, daß mit diesen Programmen ein guter Ansatz für eine systematische Weiterentwicklung der bisher im großen und ganzen erfolgreichen Ausbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer und der Vorbereitung deutscher Fachkräfte gemacht worden ist.
    Zum Schluß erklärt die Bundesregierung, daß die in dieser Antwort auf die Große Anfrage aufgezeigten Maßnahmen und Lösungsmöglichkeiten nur Teilbereiche der Entwicklungspolitik betreffen. Sie sollten deshalb auch nur als Einzelprobleme des Gesamtkomplexes Entwicklungspolitik verstanden werden. Einzelne Bereiche der Hilfe mögen besonders wichtig erscheinen. Jedoch müssen sie alle im Rahmen der deutschen Entwicklungspolitik gewissermaßen harmonisiert und den finanziellen und personellen Möglichkeiten der Bundesrepublik angepaßt werden.
    Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Entwicklungshilfe nicht nur im Interesse der Entwicklungsländer liegt, sondern auch im wohlverstandenen Selbstinteresse des deutschen Volkes. Dies gilt 'sowohl für die Sicherheit der Bundesrepu-



    Bundesminister Scheel
    blik als auch für die Gewährleistung eines weiteren Wachstums der deutschen Wirtschaft, das weitgehend von außenwirtschaftlichen Bedingungen mitbestimmt wird. Die Beschaffung der für die Entwicklungshilfe notwendigen Finanzmittel wird jedoch in den nächsten Jahren schwierig sein. Um so notwendiger ist deshalb auch die Straffung unseres entwicklungspolitischen Potentials und dessen sorgfältig abgewogener Einsatz.
    Die Bundesregierung benutzt diese Gelegenheit, um den Bundesländern und Gemeinden, den Kirchen, den Organisationen und der Wirtschaft für ihre Tätigkeit in den Entwicklungsländern zu danken und sie zugleich zu vermehrten Leistungen aufzurufen. Die vor uns liegende Aufgabe, der Spaltung der Welt in Elend und Wohlstand entgegenzuwirken, wird nur durch die gemeinsame Anstrengung aller der Entwicklungspolitik aufgeschlossenen Kräfte des deutschen Volkes gelöst werden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Die Große Anfrage der Fraktion der SPD ist beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wird die Beratung der Antwort verlangt? Es ist notwendig, daß 30 anwesende Abgeordnete dieses Verlangen stellen. Ich bitte, Zeichen zu geben. — Ich glaube, es sind ungefähr 32.

(Heiterkeit.)

Wir treten in die Beratung ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Fritz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Fritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten 32 Abgeordneten! Man kann annehmen, daß die Zahl, die der Herr Präsident genannt hat, stimmt, daß er das Haus während der Rede des Herrn Ministers durchaus aufmerksam beobachtet hat.
    Die Große Anfrage der SPD zeigt, daß alle Fraktionen des Bundestages — das hat Herr Kollege Wischnewski betont — in der Auffassung, daß wir Entwicklungshilfe zu leisten haben, eigentlich nicht auseinandergehen, sondern daß wir alle gemeinsam das Problem der Entwicklungshilfe sehen und uns gemeinsam verpflichtet fühlen — auch gegenüber der freien Welt —, unseren Beitrag zu erbringen. Die Kritik, die wir im Hause zu üben hätten, würde sich also nicht an der Frage entzünden, ob wir etwas zu leisten haben, sondern sie würde sich nur daran entzünden, wie wir es leisten sollen.
    Die Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion enthält nicht mehr eine erste Frage nach der Konzeption einer deutschen Entwicklungspolitik. Offensichtlich sind wir so weit gekommen, daß sich sagen läßt: das Problem löst sich in viele Teilprobleme auf, die teilweise technischer Natur sind und die wir eigentlich in einer relativ friedlichen Diskussion miteinander behandeln können. Angesichts des Ablaufs der letzten Debatte über dieses Thema ist es vielleicht auch besser, daß wir heute nicht mehr allgemein über Grundsätze der Entwicklungshilfe
    sprechen, sondern uns konkret über die Gestaltung von Einzelmaßnahmen auseinandersetzen, soweit überhaupt noch von einer Auseinandersetzung da und dort die Rede ist.
    Ich muß offen gestehen: als ich Ihre Begründung hörte, Herr Kollege Wischnewski, habe ich gleich die Hälfte aus meinem Konzept herauswerfen können, weil sich vieles genau mit dem deckte, was ich hier vorzutragen habe.

    (Abg. Kalbitzer: Sie sollten nicht den Tag vor dem Abend loben! Sie wissen nicht, was noch kommt!)

    — Herr Kollege Gewandt wird noch zur Verfügung stehen, falls Sie, Herr Kollege Kalbitzer, eine andere Meinung vertreten sollten.

    (Abg. Wischnewski: Haben Sie AdK auch herausgeworfen?)

    — Ich komme noch auf das Thema AdK zu sprechen. Es steht zwar nicht auf der Tagesordnung, aber da Sie es angeschnitten haben, darf ich mir einen Satz dazu erlauben. Aber zunächst darf ich noch bei einem friedlichen Thema bleiben.
    Sie sprachen davon, daß wir Entwicklungshilfe ohne jeglichen politischen Druck geben wollen. Dieser Grundsatz wird auch von uns begrüßt. Man kann jedes Wort unterstreichen, das Sie hier gesagt haben. Aber eines darf ich doch besonders herausstellen: Entwicklungshilfe ohne jeden politischen Druck leisten bedeutet für uns nicht, daß wir Ländern Entwicklungshilfe geben wollen, die gegen unsere politischen Interessen in der Welt handeln.

    (Beifall in der Mitte.)

    Eine politische Abstinenz in der Entwicklungspolitik können wir auch unseren Staatsbürgern und unseren Steuerzahlern gegenüber nicht vertreten.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Sie haben nicht Entgegenstehendes gesagt. Ich wollte das lediglich zur Klarstellung und Ergänzung sagen.
    Sie haben weiterhin erklärt, daß Entwicklungshilfe keine Maßnahme des Kalten Krieges sei. Auch das unterstreichen wir. Aber ich darf dazu noch erklärend sagen, daß die Entwicklungshilfe zur Maßnahme des Kalten Krieges im Grunde genommen nur durch die Art und Weise geworden ist, wie der Ostblock Entwicklungshilfe leistet. Wir sehen es doch ganz deutlich an den multilateralen Leistungen, also an jenen Leistungen, die anonym gegeben werden müssen. Die Beitragsleistung des Westens und damit auch der Bundesrepublik Deutschland ist auf diesem Gebiet recht hoch. Der Osten hingegen gibt als Beiträge an die Sonderorganisationen der UNO nicht mehr als 2 oder 3 %.
    Herr Kollege Wischnewski hat ferner seiner Sorge über die öffentliche Meinung in der Bundesrepublik zum Thema Entwicklungspolitik, Entwicklungshilfe Ausdruck gegeben. Diese Sorge teilen wir durchaus. Wir wollen nicht über die Gründe diskutieren. Die Gründe liegen jedenfalls nicht in unserer gemeinsamen Politik, auch nicht in der Politik der Bundesregierung, sondern die Erscheinungen, die uns Sorge



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    bereiten, erwachsen aus ganz anderen Motiven. Deswegen müssen wir versuchen, durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit das Meinungsbild in der Bevölkerung zu bessern. Die Öffentlichkeitsarbeit müßte verbessert werden, manches in der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung müßte geändert und vervollkommnet werden. Aber wir wissen genau, daß hier von einer Schuld der Regierung nicht gesprochen werden kann. Auf unsere Regierung kamen diese Aufgaben völlig neu zu. Unsere Regierung mußte zunächst einmal Möglichkeiten überhaupt schaffen und Methoden finden, um dieses Thema der Bevölkerung nahezubringen.
    Diese Frage steht, wie gesagt, leider nicht in der Anfrage; trotzdem darf ich, wenn Sie es gestatten, noch einige spezielle Anmerkungen machen. Meiner Ansicht nach hat die Regierung, das sage ich ganz offen, richtig gehandelt in einer Situation, in der die Entwicklungshilfe in der Bevölkerung nicht nur Freunde hat. Sie mußte versuchen, in dieser Situation möglichst schnell eine Aufklärung zu geben. Und da war eben die AdK unter vielen Organisationen eine Organisation mit einem sofort verfügbaren Rednerdienst. Andere Organisationen werden ja ebenfalls an diesem Programm der Öffentlichkeitsarbeit im Innern unseres Landes beteiligt werden. Im übrigen arbeiten in der AdK sehr viele Persönlichkeiten aus dem parteineutralen Rahmen mit. Ich glaube richtig unterrichtet zu sein, wenn ich sage, daß auch Mitglieder Ihrer Partei dort als Redner tätig sind.
    Im übrigen ist die Diskussion im Grunde genommen schon abgeschlossen, weil in der zweiten Tranche im Haushalt für diese Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen ist, daß beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Internationaler Kulturaustausch und andere Kreise berücksichtigt werden, um den Charakter der Überparteilichkeit der Entwicklungshilfe — wie die Regierung in einem Papier erklärte — zu dokumentieren. Dies soll also in der zweiten Tranche geschehen. Einige dieser Organisationen haben bereits Tagungen, Seminare und ähnliches veranstaltet, noch für dieses Jahr geplant und diese zunächst vorschußweise vorfinanziert in Erwartung der Erstattung ihrer Kosten aus der zweiten Tranche des Tit. 332. Darüber hinaus ist geplant, die Bundeszentrale für Heimatdienst mit zu beteiligen mit etwa 50 Organisationen. Sie kennen die Erklärung, die uns gestern im Ausschuß gegeben worden ist. Vielleicht darf ich freundschaftlich noch daran erinnern, daß die Friedrich-Ebert-Stiftung, deren Arbeit ich sehr schätze, mit Regierungsmitteln immer wieder sehr großzügig gestützt wird, nicht nur in dieser Arbeit, sondern auch in einer anderen sehr wertvollen Arbeit auf dem Gebiet des sogenannten vorpolitischen Raumes.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    — Nun, wir begrüßen das, wir sind ja da großzügig.
    Sie haben auch die Mobil-Werbung erwähnt. Ich finde, die Mobil-Werbung hat sich unabhängig von allen anderen Aufgaben, die ihr natürlich wie jedem Werbebüro gestellt werden, im Ausland ausgezeichnet bewährt. Sie hat dort eine hervorragende Arbeit geleistet, die sogar von Ihrer Seite große Anerkennung gefunden hat. Beispielsweise hat unser ehemaliger Kollege Kühn in Westafrika die Arbeit der Kinomobile besichtigt und sich sehr lobend über den Einsatz der Techniker geäußert. Diese kamen von der Mobil-Werbung. Er äußerte sich jedoch kritisch über den Einsatz der Filme. Diese kamen vom Bundespresseamt. Dies tut mir leid. Ähnliche Kritik haben wir aber schon im Ausschuß in ähnlicher Weise geübt. Der Kollege Kühn sagte damals, daß er der Arbeit des Filmeinsatzes im Ausland eine besondere Bedeutung zumißt und daß diese Arbeit gefördert und unterstützt werden sollte. Ich glaube, wir begrüßen das gemeinsam; diesen Satz können Sie sicherlich auch unterschreiben.
    Sie kritisieren, daß die Mobil-Werbung im Inland eingesetzt worden ist. Nun, ich möchte fragen: warum? Ich habe versucht, zu erfahren, was da getan worden ist, und mußte feststellen, daß die Mobil-Werbung einige Filme laufen läßt, und zwar einen vom Bundespresseamt hergestellten Farbfilm „Die große Chance", der auch bei Ihnen, glaube ich, eine gute Beurteilung gefunden hat. Es ist nicht der Film, den Sie, Herr Kollege Wischnewski, im Ausschuß gestern kritisiert haben. Es handelt sich weiterhin um den neuesten „Deutschland-Spiegel" und einen Sportfilm „Start und Ziel". Ich glaube, in einem solchen Filmeinsatz kann man nicht ein besonders politisches Engagement sehen.
    Im übrigen sind wir uns wahrscheinlich hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit darüber einig, daß wir — wie wir im Entwicklungsausschuß beschlossen haben — einen Wirtschaftsplan aufstellen wollen, getrennt nach Ausland und nach Inland. Wir sind uns auch 'darüber einig, daß es für die Arbeit innerhalb der Regierung zweckmäßig wäre, wenn der Referentenausschuß für Öffentlichkeitsarbeit noch straffer organisiert würde und wenn er eine Konzeption für die Öffentlichkeitsarbeit im In- und Ausland vorlegte. Es wäre auch gut — wir haben das schon vorgeschlagen —, wenn für diese Arbeit ein, ich möchte fast sagen, neutrales Sachverständigengutachten eingeholt würde, in dem einmal dargestellt wird, welche Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe im In- und Ausland gegeben werden und welche Wirkungen diese Öffentlichkeitsarbeit hat. Dieses Gutachten könnte auch als Grundlage für unsere weitere Arbeit dienen.
    Ich darf dann vielleicht, Herr Minister, wenn Sie gestatten, an einen Vorschlag zu erinnern, den ich nun schon das zweite Mal wiederholen muß. Die Bundesregierung sollte sich bemühen, einen möglichst detaillierten Jahresbericht über die Entwicklungshilfe zu erstellen. In diesem Bericht sollte man von Globalzahlen wegkommen und die Entwicklungshilfe für unsere Steuerzahler anschaulich darstellen. Ich darf Sie an Ihren Kollegen im Schatzministerium erinnern. Die Kritik an unserem Bundeserwerbsvermögen war groß, solange nur mangelhafte Berichte im Anhang des Bundeshaushalts veröffentlicht wurden. In dem Augenblick, als der leider so früh verstorbene Minister Lindrath daran gegangen ist, einen ausgedehnten Bericht über die bundeseigenen Unternehmen zu veröffentlichen, ist die Kritik weitgehend verstummt. Ich nehme an, daß



    Dr. Fritz '(Ludwigshafen)

    das auf .dem Gebiet der Entwicklungshilfe ähnlich sein wird. In der Öffentlichkeit wird man immer wieder auch darauf angesprochen.
    Ich bin durchaus der Meinung, daß wir in der Öffentlichkeits eine gemeinsame Aufgabe zu erfüllen haben. In der Bevölkerung - sowohl bei den Anhängern der SPD und der FDP als auch bei unseren Anhängern — besteht nicht immer — ich möchte das offen sagen eindeutig die Meinung, daß wir die Entwicklungsleistungen geben sollten. Man 'fragt uns, warum wir sie geben. Hier haben wir gemeinsam Aufklärungsarbeit zu leisten. Hier muß unsere Verantwortung sichtbar werden.
    Herr Kollege Kalbitzer, gestatten Sie, daß ich nun Ihnen etwas sage. Ich schätze Sie persönlich, Ihre sachliche Arbeit und unsere Zusammenarbeit sehr. Aber Aufklärungsarbeit in diesem Sinne kann man meiner Ansicht nach nicht so treiben, wie das in einem Aufsatz des „Vorwärts" geschehen ist, den Sie im Oktober veröffentlicht haben und woraus ich vielleicht einen Satz, Herr Präsident, .kurz vorlesen darf. Sie sagen dort:
    Der Bundeshaushalt 1963 sieht, soweit bekannt ist, eine Erhöhung des Wehretats um etwa 3 Milliarden DM, aber eine Verringerung der Entwicklungshilfe um etwa 1/2 Milliarde DM vor; diese einseitige 'Betonung der Rüstung wird in der Welt als, mangelnder Weitblick und Vernachlässigung der Partnerschaft bewertet.
    Ich bitte zu entschuldigen, aber dieser Satz stammt aus dem Jahre 1958; inzwischen, gehen die Uhren etwas anders. Man sollte heute auf solche Sätze verzichten. Ichglaube, daß nach Ihrer heutigen Diktion diese Schreibweise nicht unbedingt notwendig ist.
    Aber davon einmal abgesehen! Herr Kollege Wischnewski hat eigentlich nur drei Forderungen gestellt. Diese Forderungen stellen im Grunde genommen auch wir und die Regierung: Die Entwicklungshilfe soll schneller erfolgen, sie soll besser gegeben werden, und sie soll wirksamer 'gestaltet werden.

    (das ichsehr begrüße, daß die Bundesregierung sich doch bemüht habe, den Ausschuß für Entwicklungshilfe in der Vergangenheit auch über Detailfragen sehr genau und freigiebig 'zu unterrichten. Hier muß ich allerdings — das gestatten Sie mir — eine kleine Kritik an unserem Ausschuß üben. Daß wir nicht unterrichtet 'worden sind, lag teilweise nicht an der Regierung, sondern daran, 'daß wir infolge mangelnder Sitzungsmöglichkeiten des Ausschusses keine Zeit hatten, runs unterrichten zu lassen. Auch darauf sollte man hinweisen. Manches wäre uns gesagt worden, wenn 'wir 'die Gelegenheit wahrgenommen hätten. Man muß in diesem Zusammenhang, wenn man dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit lobende Worte 'spendet, darauf hinweisen, daß in 'der gesamten Regierung und darüber hinaus seit Jahren wenigstens 400 Beamte, Angestellte usw. im Rahmen der Entwicklungshilfe tätig sind und auf diesem Gebiet eine recht gute und sorgfältige Arbeit (leisten. Diese Zahl muß man deswegen nennen, weil die Amerikaner offensichtlich über ganz andere Möglichkeiten verfügen. Bei Iden Amerikanern wirken heute rund 17 000 Menschen im amtlichen Auftrage im Inland und im Ausland im Rahmen der Entwicklungshilfe, davon allein, glaube ich, 5000 in der amerikanischen Verwaltung in Washington und New York. Tch darf nun noch einige Bemerkungen zu den Einzelheiten machen. Auch wir sind der Meinung, daß sich das BMZ bisher in seiner Aufgabe bewährt hat und daß das interministerielle Zusammenspiel sehr gut ist. Anders kann man es nicht bezeichnen. Daß sich dort, wo sich verschiedene Zuständigkeiten ergeben — doch, Herr Kollege Wischnewski, das kann man sagen —, natürlich auch Reibungspunkte ergeben, ist ganz klar. Das ist in jeder Verwaltung zu finden. Eines darf ich mit Sicherheit sagen: am Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird sich eine Koalitionsfrage nicht irgendwie entzünden, Herr Minister. (Abg. Wischnewski: Das ist eine ausgesprochene Personenfrage; das hat mit der Sache nichts zu tun; das ist keine Sachfrage!)


    (Zuruf des Abg. Wischnewski)

    — Man kann es als Sachfrage, man kann es als Personenfrage sehen; wie Sie wollen. Aber das ändert ja nichts an der Feststellung.
    Natürlich gibt es manchmal Vorschläge und Überlegungen, wie man die Zusammenarbeit verbessern kann, was man tun kann, um einen schnelleren Ablauf der Entwicklungshilfe zu erreichen. Vorhin wurde von Ihnen der Vorschlag erwogen, eine Zentralstelle für den Ablauf der Hilfe zu schaffen. Wir hatten früher schon einmal so etwas wie ein Bundesamt für technische Hilfe gefordert. Bei einem solchen Aufbau muß natürlich daran gedacht werden, daß die Zuständigkeit der Länder hier vielleicht in der einen oder in der anderen Frage berührt wird und daß wir diese Schwierigkeit überwinden müssen.
    Ich darf vielleicht noch einige andere Detailfragen kurz ansprechen. Sie erwähnten vorhin die Botschafterkonferenz, die in Ostafrika durchgeführt worden ist. Eine ausgezeichnete Sache, daß die Botschafter zusammengerufen werden — wie das schon bei der letzten Bundesregierung der Fall war —, um auch über Fragen der Entwicklungshilfe unterrichtet zu werden, um auch von ihrer Seite wieder sagen zu können, welche Mängel sie festzustellen haben. Ich würde es begrüßen, wenn man solche Konferenzen vielleicht etwas ausweiten könnte, wenn beispielsweise auch andere Ressorts bei solchen Konferenzen die Gelegenheit hätten, unmittelbar den Rat der Botschafter einzuholen und umgekehrt den Botschaftern wieder unmittelbar mit Auskünften zur Verfügung zu stehen.
    Auch in der Frage der Planung und Durchführung, in der Frage der Organisation nachgeordneter Behörden wäre vielleicht das eine oder das andere noch besser zu koordinieren. Allerdings glaube ich kaum, daß im wesentlichen eine stärkere Konzen-



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    trierung möglich ist. Natürlich würden auch wir es gern sehen, wenn man nun — gewissermaßen wie einen Schnitt durch einen gordischen Knoten — alle Kompetenzen in einem Ministerium zusammenlegen könnte. Auf der anderen Seite wissen wir aber genau, daß Zuständigkeiten, die im Wirtschaftsministerium gegeben sind, die im Auswärtigen Amt gegeben sind, im Verkehrsministerium, selbst im Gesundheitsministerium und in anderen Ministerien, nicht ohne weiteres verlagert werden können, weil diese Zuständigkeiten nicht auf einem Kompetenzstreit beruhen, sondern auf einer sachlichen Notwendigkeit. Das Fachwissen läßt sich nicht ausschalten, sonst müssen wir die Stellen doppelt schaffen und müssen ein Mammutministerium einrichten, obwohl wir innerhalb der Regierung auch in anderen Ministerien wieder Fachleute finden.
    In der gestrigen Beratung hat mir beispielsweise ein Satz nicht gefallen. Das möchte ich auch ganz offen sagen. Im außerordentlichen Haushalt — Einzelplan 23 Kap. 02 Tit. 570 —, hat der Herr Bundesfinanzminister erklärt:
    Über die Inanspruchnahme der zweiten Hälfte der Bindungsermächtigung beschließt auf Vorschlag des Bundesministers der Finanzen das Bundeskabinett.
    Wir haben uns gestern darüber unterhalten. Ich sehe eigentlich nicht ein, warum man eine solche Erschwerung schafft, zumal doch der Bundesfinanzminister die Möglichkeit hat, in jedem Referentenausschuß oder Unterausschuß etwas zu Hilfsleistungen zu sagen und sogar zu erklären: Das können wir aus finanzpolitischen Gründen nicht durchführen. — Da braucht man nicht noch eine weitere Bremse einzubauen und damit lediglich den Bremsweg eines notwendigen Ablaufs zu verkürzen.
    Das neue Ministerium hat, wie gesagt, auch gezeigt, daß es möglich ist, mit den Ländern gut zusammenzuarbeiten. Es war gut, ihnen diese Arbeit zu übertragen. Die Länder haben ja in Fragen der Entwicklungshilfe — zumindest im Hinblick auf die Leistung des versprochenen Beitrags — den höchsten Erwartungen entsprochen; sie hatten im vergangenen Jahr versprochen, eine Leistung von 500 Millionen DM zu erbringen. Es ist erfreulich, wenn man heute aus der Liste der Zahlungen feststellt, daß diese Leistungen bis auf rund 4 Millionen DM, die nicht zu Buche schlagen, erbracht worden sind. Das zeugt davon, daß auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund offensichtlich gut gestaltet worden ist.
    Einigermaßen zufriedenstellend läuft auch die Beurlaubung von Lehrern, die in den Diensten der Länder stehen; sie erfolgt nur zu kurzfristig. Man sollte hier zu längerfristigen Abmachungen kommen. Im übrigen haben ja auch die Länder einen gewissen Vorteil. Wenn Lehrer von Berufsschulen oder anderen Schulen ins Ausland kommen, dort lange tätig sind und dann zurückkehren, beleben sie wesentlich den Unterricht im Heimatland. Ähnliches gilt für 'die Universitäten. Hier ist natürlich die soziale Frage zu stellen, auf die Sie, Herr
    Minister, in Ihrer Regierungsantwort ausführlich eingegangen sind. Die Frage der Bildung von Leerstellen an den Universitäten in den Ländern ist teilweise noch unbefriedigend gelöst trotz Ihres Antrags, trotz unseres Antrags. Diese Frage zu klären, liegt natürlich nicht in unserer Zuständigkeit. Der Bund hat 'dort, wo es sich um seinen Bereich handelt, vorbildliche Lösungen gefunden.
    Zu den Aufgaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit gehören auch, wie zu lesen ist, Kontrollen oder Beobachtungen. Das ist ein Gebiet, das uns alle bisher wenig befriedigt, weil wir ja auch unserem Steuerzahler gegenüber für das verantwortlich sind, was wir draußen, was andere Länder mit unseren Geldern durchführen. Es sind hier verschiedene Fragen zu stellen: Wer beobachtet, was wird beobachtet, wie wird beobachtet?
    Bei 'den Beobachtungen oder Kontrollen sind nicht nur Mängel herauszustellen; wir müssen auch andere Dinge sehen, beispielsweise, was die Praktikanten draußen machen, die bei uns ausgebildet worden sind, ob sie inzwischen schon Hotelportiers oder Taxifahrer in den großen Städten geworden sind, was mit den Studenten geschieht, die in Deutschland studiert haben, zumal das Urteil über ausländische Studenten, 'die heute in Deutschland studieren, nicht immer gut ist, teilweise aus Gründen, die bei unseren Universitäten liegen, weil man offensichtlich zu leichte Aufnahmebedingungen hat und weil man bei den Examina vielleicht nicht nur ein Auge, sondern manchmal zwei Augen zudrückt.
    Das alles wäre zu beobachten. Wir sollten aber auch eine gewisse Sorge um unsere Mitarbeiter im Ausland walten lassen, die nun 'doch manchmal recht allein draußen in der Welt stehen und Aufgaben für uns erfüllen. Wir sollten darauf achten, daß Dinge beobachtet werden, die im Zusammenhang mit der Bildung der Entwicklungsgesellschaft stehen, die im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit stehen. Wir 'sollten sehen, was die anderen draußen machen. Wir sollten ruhig einmal fragen, wenn wir nach draußen kommen, wie unsere Zeitschrift „Germany" mit ihren fünf Ausgaben wirkt, ob sie ankommt, auf welchen Kreis sie trifft usw. Auch die Arbeit der freien Organisationen hätte uns im Rahmen dieser Beobachtungen durchaus zu beschäftigen. Das wäre im übrigen teilweise auch eine Aufgabe des Bundestages. Verschiedene Damen und Herren von uns machen ja Reisen. Es wäre ganz gut, wenn man bei diesen Reisen gewissermaßen ein Verzeichnis von Dingen mitnähme, die wir draußen eingerichtet haben, und sich die Zeit nähme und die Mühe gäbe — viele haben es ja auch schon getan —, 'das eine oder andere Projekt auf die Wirkung im Ausland zu überprüfen. Ich will nur ein Beispiel nennen. Einem Staat hatten 'wir letzthin Zuchtvieh geliefert. Also auch solche Leistungen vollbringt die Bundesrepublik Deutschland. Es ist schwer festzustellen, was damit geworden ist, ob sich die Herden tatsächlich, wie es der Sinn der Entwicklungshilfe ist, vermehrt haben oder ob — ich weiß es nicht — schon Salami daraus geworden ist, oder ob — in vielen Kreuzungen — Mulis oder etwas Ähnliches daraus entstanden sind. Das sind Hilfsleistungen, die abgeschlossen



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    sind, aber dich irgendwie beobachtet werden müssen. Denn .sie haben uns einmal, in einem Ansatz eines Haushaltes vermehrt, Mittel gekostet. Es wäre ganz gut, wenn sich die Abgeordneten auch solchen kleinen Arbeiten, Kärrnerarbeiten, möchte ich fast sagen, unterzögen.
    Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat aber auch die Aufgabe, die Beziehungen mit internationalen Organisationen zu pflegen. Wenn wir den Haushalt betrachten, können wir feststellen, daß wir für internationale Organisationen, die teilweise oder ganz in der Entwicklungshilfe wirken, in diesem Jahr rund 31 Millionen DM als Beitrag leisten. Ich glaube, es kommen noch andere Mittel hinzu, die hier nicht aufgeführt sind. Insgesamt haben wir an multilaterale Organisationen in zwei Jahren, 1961 und 1962, etwa 750 oder 800 Millionen DM gegeben. Dazu kommt noch der Kredit, den die Bundesbank an die Weltbank gegeben hat. Aber ich meine jetzt nur den relativ kleinen Betrag von 30 Millionen DM für unmittelbare Beitragsleistungen an multilaterale Organisationen. Wir müssen sagen, unser Beitragsaufkommen steht offensichtlich nicht in einem auch nur annähernd befriedigenden Verhältnis zum personellen deutschen Einsatz. Wir haben zu wenig deutsche Mitarbeiter in internationalen Gremien der Entwicklungshilfe.
    Auch in anderer Hinsicht sind wir — das muß ebenfalls ganz offen gesagt werden — über die Arbeit mancher internationaler Institutionen viel zu wenig unterrichtet. Es zeigt sich doch, daß bei solchen Organisationen oder Institutionen, wo eine parlamentarische Gegenkontrolle in der Wirkung eines gewählten Parlaments fehlt, manchmal über den Erfolg und über die Wirksamkeit der Arbeit nichts gesagt werden kann. Wir sollten Mittel und Möglichkeiten schaffen, ein stärkeres Interesse gerade für diese Arbeit zu wecken, und es auch zeigen. Wir sollten nach Wegen suchen, auf denen es möglich ist, mehr Mitarbeiter für diese Organisationen zu finden, auch wenn wir wissen, daß es im Zeitalter der Vollbeschäftigung recht schwierig ist, geeignete Mitarbeiter in größerer Zahl zu finden, zumal dort Kenntnisse in Femdsprachen verlangt werden.
    Es sind natürlich noch einige Kleinigkeiten zu nennen. Im Weltbankbericht war kürzlich vom Roseires-Damm zu lesen, an denk wir uns mit rund 93 Millionen DM beteiligen. Im Bericht waren die IDA und die Weltbank aufgeführt; von unseren Millionen wurde überhaupt kein Wort gesagt. Ich glaube, Herr Minister, Sie haben in Washington darauf hingewiesen, und auch der Herr Vizepräsident der Weltbank, der vorhin noch hier saß, hat diese Frage angeschnitten.
    Sie haben die Frage nach der Erfüllung der Zusagen angeschnitten. Da deckt sich unsere Meinung im wesentlichen mit der Ihrigen. Ich kann das Thema hier, übergehen.
    Darüber, daß wir so viele Rahmenzusagen hatten, sind auch wir nicht glücklich. Es war aber nötig, sie zu geben. Inzwischen kennen wir die Länder besser,
    wir haben bessere Organisationen, und das Jahr 1961 ist vorbei. Wir kommen, hoffe ich, von den Rahmenzusagen im wesentlichen herunter.
    Es ist notwendig, gleichgültig ob wir eine Rahmenzusage geben oder uns in anderer Weise verpflichten, die Vorplanungen hier, die Vorbesprechungen dort und den Abschluß der Verträge wieder hier durchzuführen. Auch das sollte ein Prinzip sein, und es sollte möglich sein, danach zu arbeiten. Im übrigen wurden solche und ähnliche Arbeiten schon durchgeführt. Ich glaube, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat für Laos vor den Verhandlungen eine Planung aufgestellt, die durchaus als ein Musterfall künftiger Planungen gelten kann.
    Wir müssen dann aber auch zu detaillierten Jahresplänen für die Kapitalhilfe entsprechend den verfügbaren Mitteln kommen. Wir dürfen nicht Initiativen von außen an uns herankommen lassen. Initiativen von außen werden in der Regel teuerer, als wenn wir uns vorher überlegen, was wir draußen leisten können. Sie sind aus vielen Gründen auch problematischer. Wir müssen aber auch langfristig planen. Dabei müssen wir unsere Kollegen vom Haushaltsausschuß bitten, einmal zu überlegen, wie es möglich wäre, eine langfristige Finanzplanung für die Entwicklungshilfe durchzuführen, die uns Kosten spart. Je kurzfristiger wir in der Entwicklungshilfe planen, desto teurer wird die ganze Geschichte.
    Die Entwicklungshilfe hat selbstverständlich auch wirtschaftliche Aspekte, die unsere eigene Wirtschaft berühren und die Wirtschaft draußen berühren. Sie haben einen Aspekt bei der Frage der Liefergebundenheit oder -ungebundenheit unserer Kredite hervorgehoben. Sie haben mit Recht gesagt: Es war damals richtig; es war politisch wirksam; den Entwicklungsländern war es sehr angenehm, nicht weil sie Denkmäler und ähnliches damit finanzieren konnten, sondern weil sie nun Mittel zur Verfügung hatten, die sie in ihren eigenen Planungen günstig einsetzen konnten.
    Aber uns hat das natürlich etwas Schwierigkeiten gebracht, obwohl von damals her gesehen auch dieser Ansatzpunkt im Hinblick auf die Konjunktur wahrscheinlich als gut zu beurteilen war. Heute sollten wir jedoch — da stimme ich mit Ihnen völlig überein —, ohne ein gegenteiliges Prinzip zu proklamieren, in den Einzelabkommen möglichst eine Lieferbindung an deutsche Erzeugnisse anstreben. Sie wissen ja, wie die Situation unserer Wirtschaft draußen ist; sie kann nicht allzu günstig beurteilt werden. Herr Kollege Mommer, glaube ich, hat kürzlich einmal davon gesprochen, das „Made in Germany" habe nicht mehr die Wirkung wie früher. Wahrscheinlich kann man es in dieser Form nicht sagen; es kamen ja auch einige Erläuterungen und Entgegnungen dazu. Aber man kann sicherlich sagen, daß unsere Erzeugnisse wegen ihrer Preise im Ausland, vor allem auch in den Entwicklungsländern, eiher stärkeren Konkurrenz ausgesetzt sind, daß unsere Lieferfristen zu lang sind gegenüber denen unserer Konkurrenten, vor allem auch unserer amerikanischen und europäischen Konkurrenten,



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    und daß natürlich infolge der Vollbeschäftigung auch der Service da und dort zu wünschen übrig läßt; und selbst wenn die Qualität der Erzeugnisse einigermaßen gut ist, wird Qualität allein die genannten drei anderen Mängel nicht aufheben können. Es ist nichts schwieriger — \\das weiß jeder, der sich mit diesen Fragen beschäftigt —, als verlorene Märkte zurückzugewinnen, vor allem verlorene Märkte im langfristigen Exportgeschäft. Das sollten wir in der Entwicklungshilfe bedenken; das ist ein legitimes Interesse, das wir draußen auch vertreten können.
    Sie sprachen dann von der Förderung des Exports der Erzeugnisse der Entwicklungsländer. Ich bin froh, daß Sie von der Kaffee-Diskussion abgesehen haben; ich darf mich deshalb darauf beschränken, lediglich auf den GATT-Bericht hinzuweisen, in dem eine Vorausberechnung gemacht wird hinsichtlich der Lücke, die zwischen den Preisen der Erzeugnisse der Entwicklungsländer und den Preisen der Industriegüter klafft, die jetzt 3,5 Milliarden Dollar sein soll und bis zum Jahre 1975 auf rund 18,5 Milliarden Dollar wachsen wird. Diese vom GATT-Bericht herausgestellte Tatsache ist durchaus zu akzeptieren.
    Der GATT-Bericht sagt aber dann, dieses Defizit müsse durch Geschenke und Kredite der entwickelten Länder gedeckt werden, oder diese Länder sollten bessere Handelsmöglichkeiten einräumen. Gegen diese Feststellung muß ich mich doch etwas wehren. Die westlichen Länder wollen gewaltige Entwicklungshilfeleistungen geben. Diese Leistung kann aber nicht willkürlich als einseitige Verpflichtung an fragwürdige Zahlen über ein vorausberechnetes Außenhandelsdefizit gewissermaßen in eine internationale Rentenautomatik gebunden werden. Ich glaube, hier muß man doch auch beachten — und auch der GATT-Bericht sollte es beachten —, daß erhebliche Anstrengungen, diese Situation zu verbessern, von seiten der Entwicklungsländer ebenfalls notwendig sind, genauso wie von seiten der Industrieländer.
    Es ergeben sich aber nicht nur Strukturänderungen durch die Entwicklungshilfe in den Entwicklungsländern; Strukturänderungen sind ja auch bei uns sichtbar. Wir sehen heute nicht nur auf den deutschen Märkten die Konkurrenz, sagen wir einmal, japanischer Waren — um ein Niedrigpreisland zu nennen —; wir können heute schon feststellen, daß die Preise japanischer Nähmaschinen in afrikanischen Ländern durch die indischer Erzeugnisse unterboten werden. Das bedeutet doch eine völlige Verschiebung in der Weltmarktsituation in den kommenden Jahren; das bedeutet aber auch, daß wir in der Bundesrepublik nicht nur Strukturpolitik nach draußen betreiben und forcieren müssen, sondern in Ergänzung dazu auch eine langfristige Strukturpolitik innerhalb Deutschlands durchführen müssen. Da sind natürlich Überlegungen nötig, und ich glaube, es sind im Bundeswirtschaftsministerium auch schon Überlegungen angestellt worden; Überlegungen, daß wir uns vielleicht allzu kurzfristig und zu partiell mit den Fragen der Landwirtschaft, der Textilwirtschaft, des Bergbaues, der Werften usw. beschäftigen und daß wir von
    kurzfristigen Pendelschlägen, von einer kurzfristigen Konjunkturbeobachtung wegkommen und zu einer langfristigen Beobachtung unserer Entwicklung, zu einer langfristigen Strukturpolitik gelangen müssen, die ein gewisses Pendant darstellt zur Strukturpolitik, wie sie im Ausland betrieben wird. Auch diese Frage hängt unmittelbar mit der Entwicklungspolitik und mit der weltwirtschaftlichen Situation zusammen und ist davon nicht zu lösen.
    Noch einige Worte zu den Tendenzen unserer Entwicklungspolitik. Man kann mit Sicherheit sagen: Wir werden die Technische Hilfe künftig wesentlich erhöhen. Aber jedermann weiß, daß uns die Erhöhung der Technischen Hilfe und der Bildungs- und Sozialhilfe, wie sie im Programm der Bundesregierung formuliert worden ist, auch gewisse Schwierigkeiten bereitet. Wir haben nicht nur finanzielle Grenzen, die wir sehen müssen, wir haben auch sachliche Grenzen, wir haben auch personelle Grenzen. Wir können draußen nicht so viel Schulen bauen, wie wir es für richtig halten, sondern wir können nur so viel Schulen bauen, wie wir z. B. Lehrer zur Verfügung stellen können.
    Auf der anderen Seite — auch das ist schon gesagt worden — wird die Kapitalhilfe relativ stark zurückgehen, teilweise aus fiskalischen Gründen. Im Rahmen eines Sparhaushalts kann man 'nicht die gleichen Mittel zur Verfügung stellen. Das muß auch dem Ausland verständlich sein. Aber auch aus anderen Gründen wird sie zurückgehen. Wir haben so etwas wie ein Kreditjahr der Besinnung vor uns, in dem es vor allem darum geht, gegebene Verpflichtungen zu erfüllen, wobei wir uns natürlich bei Projektrealisierungen wie die Weltbank auf einen Zeitraum von fünf, sechs Jahren einrichten müssen. Wir müssen uns darauf einrichten, daß es nicht schneller geht zwischen Zusage und Abwicklung, also Realisierung der Zusage.
    Wir sollten dann gleichzeitig darauf dringen, daß die Privatinitiative 'gewissermaßen als Pendant zur Kapitalhilfe eine Förderung erfährt. Ich muß ganz offen sagen: hier geht es vor allem um das Engagement tier deutschen Unternehmen in den Entwicklungsländern, und hier ist eigentlich die Regierung angesprochen, hier ist das Parlament angesprochen, hier sollten wir doch eine wesentlich 'bessere Förderung als in vergangenen Jahren durchsetzen. Das Steueränderungsgesetz 1962 und vor allem die einengenden Richtkien des Finanzministeriums dazu sind doch keine echten 'Förderungen der Direktinvestition unserer Unternehmer im Ausland.
    Aber in der Bundesregierung hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die im Augenblick diese Fragen prüft, der Diskussionskreis für Entwicklungshilfe der CDU/CSU-Fraktion hat Vorschläge ausgearbeitet. Ich hoffe, daß sie ebenfalls zur Diskussion steten werden, wenn die Regierung diesem Haus neue Vorschläge unterbreiten wird. Ich möchte darum bitten, daß auch Sie, Herr Kollege Wischnewski und Herr Kollege Kalbitzer, solche Vorschläge unterstützen. Sie passen in das Programm der Lieferbindung hinein, für das Sie sich entschlossen haben; sie passen in alles das hinein, was Sie über die Kapitalhilfe vorhin ,gesagt haben.



    Dr. Fritz (Ludwigshafen)

    Weiterhin müssen wir aber daran denken, daß die internationalen Verpflichtungen stärker auf uns zukommen werden. als bisher, ob wir das nun wollen oder nicht. Ich erinnere nur an Indien, an die Türkei und an Griechenland. Wir wissen, daß uns heute schon aus der Bildung mehrerer Konsortien erhebliche Verpflichtungen entstehen werden. Ich darf aber auch an die südamerikanische Allianz des Fortschritts erinnern, wo wir wahrscheinlich doch auch irgendwie aufgerufen werden, einen Beitrag zu leisten.
    Der Entwicklungsdienst, der in Vorbereitung ist, ist zu begrüßen. Zu begrüßen wäre auch — das ist schon in der Regierungserklärung zum Ausdruck gekommen —, wenn dieser Entwicklungsdienst, diese Art deutsches Friedenskorps, einen Einsatz fände an gesicherten Projekten der deutschen Technischen Hilfe. Wir haben beispielsweise in der Türkei in Takirova ein sehr ,gut funktionierendes Mustergut. Auf ihm arbeiten heute schon rund 150 bis 200 türkische Landarbeiter, Bauern unid Bäuerinnen aus etwa sechs Dörfern der Umgebung. Ich sehe nicht ein, warum wir, wenn wir ein Entwicklungskorps schaffen, neue eigene Ansatzpunkte geben sollten und es nicht beispielsweise in einem solchen Falle wie Takirova einsetzen sollten, um bäuerliche Strukturen zu verbessern und Sozialhilfe auf verschiedenen Gebieten in diesen sechs Dörfern, die um .das Gut Takirova gelagert sind, zu geben. Wir müssen auch gewisse Sicherungen . für unsere jungen Leute schaffen, denen gegenüber wir eine besondere Verpflichtung haben.
    Zur Vertragsgestaltung darf ich zum Schluß noch einige kurze Sätze sagen. Mit sozialen Sicherungen läßt sich natürlich vieles machen. Aber wir können das Problem des Einsatzes unserer Menschen draußen nicht lösen. Das Problem des Einsatzes kann man meiner persönlichen Meinung nach — ich gebe jetzt nicht die Meinung der Fraktion wieder — nur dadurch lösen, daß man einen straff geordneten Dienst für technische Auslandshilfe entwickelt.
    Wir wissen aber, daß das bei dem föderativen Aufbau der Bundesrepublik nicht ohne weiteres möglich ist, weil die Beamten und Angestellten teilweise aus den Zuständigkeitsbereichen der Länder kommen, und daß es hier Schwierigkeiten vielleicht sogar verfassungsrechtlicher Natur gäbe. Wir wissen auch, daß es aus anderen Gründen vielfach schwierig wäre, einen Dienst zu gestalten. Wir haben etwa 23 verschiedene Berufsgruppen draußen, die sich in rund 25 Unterteilungen wieder verzahnen. Hier würde es schwer sein, Laufbahnen und ähnliches, was notwendig ist, zu schaffen.
    Auf die Dauer gesehen aber muß es doch gelingen, einen Bundesdienst oder eine ähnliche Einrichtung zu schaffen. Das muß gelingen; wir brauchen nur die Leistungen der anderen Staaten auf diesem Gebiet zu beobachten. In Großbritannien stehen rund 17 000 Männer und Frauen auf Lebenszeit im Dienst der Entwicklungshilfe oder ähnlicher Aufgaben. Wir haben etwa 2000 bei uns, wenn man alle zählt, die kurzfristige Verträge haben. Die Zahl der langfristigen Verträge beläuft sich in Großbritannien, wie gesagt, auf rund 17 000, in Frankreich auf etwa 25 000, wovon rund 10 000 bis 15 000 auf Lehrer entfallen. In den Vereinigten Staaten sind es etwa 17 000 allein im Regierungsdienst und dazu kommen noch Zehntausende von Fachleuten, die ebenfalls mit langfristigen Kontrakten irgendwo in der Entwicklungshilfe eingesetzt sind. Es ist ganz klar, daß wir mit unseren 2000 kurzfristigen Verträgen mit der Zeit nicht durchkommen, Wir müssen uns hier umstellen und versuchen, auf einen langfristigen Einsatz in den Entwicklungsländern zu kommen.
    Es ist ja auch nicht so, daß unsere Projekte, wie in den Richtlinien für technische Hilfe steht, für drei Jahre aufgebaut werden und daß wir dann hinausgehen. Wir müssen damit rechnen, daß wir die Projekte, wenn sie funktionieren sollen, mindestens zehn Jahre, ja vielleicht noch länger zu halten haben. Deshalb wäre es auch richtig, die Vertragszeiten entsprechend auszudehnen.
    Meine Damen und Herren, damit möchte ich schließen. Ich darf noch einmal der Freude Ausdruck geben, daß diese Aussprache eine Auseinandersetzung eigentlich doch nur im sachlichen Bereich der Entwicklungshilfe gebracht hat und daß wir in vielen Punkten der sachlichen Kritik einig sind, einig auch über die Zielsetzung und über den Weg. Ich glaube, es wäre schlecht, wenn es in dem Bereich der Entwicklungspolitik anders wäre. Draußen in Afrika oder in Asien oder in Südamerika kann kein Mensch sagen, wie in der Bundesrepublik die politischen Verhältnisse im einzelnen liegen. Draußen heißt es im Grunde genommen nur: Die Deutschen handeln so. Das sollten wir uns auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik zur Richtschnur des Handelns hier in diesem Haus und innerhalb der Regierung machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)