Rede:
ID0404901000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 24
    1. —: 2
    2. Einen: 1
    3. Augenblick,: 1
    4. Heir: 1
    5. Kollege.: 1
    6. Meine: 1
    7. Damen: 1
    8. und: 1
    9. Herren,: 1
    10. ich: 1
    11. bin: 1
    12. leider: 1
    13. gezwungen,: 1
    14. den: 1
    15. Ältenstenrat: 1
    16. sogleich: 1
    17. zu: 1
    18. einer: 1
    19. Sitzung: 1
    20. zusammenzubitten.: 1
    21. Bitte,: 1
    22. fahren: 1
    23. Sie: 1
    24. fort.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Inhalt: Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt 2167 A Fragestunde (Drucksache IV/7(28) Frage des Abg. Riedel (Frankfurt): Rabattstaffeln bei preisgebundenen Markenwaren Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 2167 B Dr. Luda (CDU/CSU) 2167 D Frage des Abg. Gewandt: Unterrichtung der Seeleute in Fragen der Schiffssicherheit 2167 D Fragen des Abg. Lemmrich: Grunderwerb für den Straßenbau und Planungsarbeiten 2168 A Frage des Abg. Peiter: Bundesstraße 54 in der Stadt Diez Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 2168 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksache IV/542) Wischnewski (SPD) . . . . . . . 2168 B Scheel, Bundesminister . 2176 B, 2200 D Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2185 B Kahn-Ackermann (FDP) . . . . . 2191 D Gewandt (CDU/CSU) . . . . . . 2193 C Kalbitzer (SPD) . . . . . . . . 2195 A Margulies (FDP) . . . . . . . . 2195 D Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 2198 A Freiherr von Mühlen (FDP) . . . . 2199 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2204 D Anlagen 2205 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2167 49. Sitzung Bonn, den 16. November 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.31 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 30. 11. Arendt (Wattenscheid) 16. 11. Dr. Arndt (Berlin) 16. 11. Dr. Atzenroth 16. 11. Auge 19. 11. Bauknecht 16. 11. Benda 16. 11. Biermann 16. 11. Dr. Birrenbach 17. 11. Fürst von Bismarck 17. 11. Blachstein 16. 11. Dr. von Brentano 17. 11. Dr. Burgbacher 17. 11. Dr. Dichgans 16. 11. Dr. Dittrich 16. 11. Dr. Dollinger 16. 11. Dopatka 16. 11. Dr. Dörinkel 16. 11. Dorn 16. 11. Drachsler 16. 11. Ehnes 16. 11. Frau Dr. Elsner 16. 11. Ertl 16. 11. Etzel 16. 11. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 16. 11. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Funk (Neuses am Sand) 16. 11. Gaßmann 16. 11. Freiherr zu Guttenberg 17. 11. Haage (München) 30. 11. Haase (Kellinghusen) 16. 11. Hammersen 16. 11. Dr. Harm 1. 12. Dr. Heck 16. 11. Herold 17. 11. Dr. Hesberg 16. 11. Hirsch 16. 11. Hoogen 16. 11. Hörmann (Freiburg) 16. 11. Jacobs 18. 11. Dr. Jaeger 17. 11. Katzer 16. 11. Frau Kipp-Kaule 16. 11. Dr. Klein (Berlin) 16. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 17. 11. Dr. Kreyssig 16. 11. Kohlberger 16. 11. Kriedemann 16. 11. Kubitza 16. 11. Kühn (Bonn) 31. 12. Kühn (Hildesheim) 16. 11. Kuntscher 30. 11. Kurlbaum 16. 11. Leber 16. 11. Leukert 16. 11. Mattick 16. 11. Mauk 16. 11. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Merten 17. 11, Mertes 16. 11. Michels 16. 11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 30. 11. Dr. Morgenstern 16. 11. Müller (Nordenham) 16. 11. Murr 16. 11. Paul 17. 11. Pöhler 17. 11. Frau Dr. Probst 16. 11. Rademacher 15. 12. Ramms 16. 11. Rasner 16. 11. Ravens 16. 11. Richarts 16. 11. Riedel (Frankfurt) 16. 11. Schlick 16. 11. Dr. Schmid (Frankfurt) 17. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 11. Schoettle 16. 11. Schröder (Osterode) 16. 11. Schulhoff 16. 11. Schultz 16. 11. Schwabe 16. 11. Seuffert 16. 11. Dr. Seume 16. 11. Spitzmüller 16. 11. Stauch 16. 11. Stein 16. 11. Dr. Stoltenberg 16. 11. Storm 16. 11. Strohmayr 16. 11, Sühler 16. 11. Tobaben 16. 11. Frau Vietje 16. 11. Wacher 16. 11. Dr. Wahl 16. 11. Wienand 17. 11. Dr. Wilhelmi 16. 11. Wullenhaupt 16. 11. Dr. Zimmer 16. 11. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Höcherl auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann (Fragestunde der 47. Sitzung vom 9. November 1962, Drucksache IV/698, Frage III/1): Besteht die Möglichkeit, den nicht kriegsbeschädigten Körperbehinderten mit einer Erwerbsminderung um mindestens 80 % auf Grund des Sozialhilfegesetzes die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen? Die bestimmten Gruppen von Schwerkriegsbeschädigten eingeräumte Vergünstigung, mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse die 1. Wagenklasse zu benutzen, beruht auf einer Tarifbestimmung der 2206 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 Deutschen Bundesbahn. Eine gesetzliche Grundlage für diese Vergünstigung gibt es nicht. Nach dem Bundessozialhilfegesetz ist es zwar möglich, im Einzelfall im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder in anderen Fällen, z. B. zur Aufnahme in einer Anstalt oder einem Heim oder zum Antritt einer Kur, auch notwendige Fahrkosten, u. U. sogar für die 1. Wagenklasse, zu übernehmen. Hingegen bietet das Bundessozialhilfegesetz keine Möglichkeit, etwa Körperbehinderten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 80 v. H. ganz allgemein die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse zu eröffnen. Eine solche Bestimmung im Bundessozialhilfegesetz würde auch seinen Rahmen sprengen, da es auf dem Grundsatz beruht, daß Hilfe nur bei einer Notlage im Einzelfall gewährt wird.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Wischnewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf die Große Anfrage meiner Fraktion zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung begründen. Wir können wohl feststellen, daß wir die Debatte in bezug auf diese Sachfrage unter außerordentlich günstigen Bedingungen führen können; denn wir brauchen in diesem Hohen Hause über die Notwendigkeit und die Motive deutscher Entwicklungshilfe und deutscher Entwicklungspolitik nicht mehr zu sprechen. Das Hohe Haus ist sich in dieser Frage wohl im wesentlichen einig. Wir wissen, daß wir unseren Beitrag, und zwar einen entscheidenden Beitrag, zu leisten haben für vielleicht — neben der Erhaltung des Weltfriedens — die größte Aufgabe der zweiten
    Hälfte dieses Jahrhunderts. Für die Lösung dieser Aufgaben, die uns gestellt sind, haben wir Opferbereitschaft zu zeigen; Energie, Geduld und eine Vielzahl von Ideen sind notwendig.
    Wir können wohl auch gemeinsam feststellen, daß wir uns darüber freuen, daß wir über die Entwicklungsromantik der ersten Zeit hinaus sind und daß wir heute die Möglichkeit haben, die uns gestellte Aufgabe sehr realistisch zu betrachten. Zur Lösung dieser Aufgabe gehören eine Vielzahl von Erfahrungen. Wir haben noch nicht allzuviel Erfahrungen sammeln können, aber wir haben erfreulicherweise von den Erfahrungen der anderen lernen können. Ich möchte vorweg ein ganz deutliches Wort sagen. Ich glaube — ich darf im Namen meiner Freunde sprechen —, daß sich die Leistungen der deutschen Entwicklungspolitik, der deutschen Entwicklungshilfe in der Welt durchaus sehen lassen können. Ich meine, das gilt in ganz besonders starkem Maße für die Leistungen der technischen Hilfe im Rahmen der deutschen Entwicklungspolitik. Der eine oder andere hat in der Vergangenheit die Möglichkeit gehabt, einige deutsche Projekte in den Entwicklungsländern zu sehen. Wir sind im allgemeinen wohl mit den Leistungen zufrieden. Natürlich sind Fehler gemacht worden, das ist eine Selbstverständlichkeit. Das ist auch verständlich, wenn man daran denkt, daß wir eine völlig neue Aufgabe gemeinsam haben übernehmen müssen und daß wir erst einiges haben lernen müssen.
    Neben den speziellen Aufgaben der Entwicklungspolitik scheinen mir aber im Augenblick drei Aufgaben im Vordergrund zu stehen.
    Erstens haben wir eine Aufgabe gegenüber den Entwicklungsländern selbst. Wir haben den Menschen und den politisch Verantwortlichen in den Entwicklungsländern klarzumachen, daß wir das, was wir tun, gerne tun, daß wir es aus innerer Überzeugung tun, daß wir es ohne jeglichen politischen Druck tun

    (Zustimmung bei der SPD)

    und daß die Entwicklungspolitik für uns kein Instrument des Kalten Krieges ist.
    Zweitens. Wir haben in dieser Hinsicht aber auch unseren Verbündeten ein Wort zu sagen, nämlich daß wir bereit sind, das zu leisten, was der deutschen Volkswirtschaft möglich ist. Wir müssen allerdings um Verständnis dafür bitten, daß uns unsere besondere Situation auch eine Reihe von besonderen Aufgaben stellt.
    Drittens haben wir uns an die Bevölkerung in der Bundesrepublik zu wenden. Wir müssen den Menschen in der Bundesrepublik klarmachen, daß die Entwicklungshilfe, daß die Entwicklungspolitik eine zwingende Notwendigkeit, letzten Endes Hilfe zur Selbsthilfe ist, d. h. auf weite Sicht auch Hilfe für die Bundesrepublik selbst. Unsere Hilfe hat um so größeren politischen Wert, je mehr wir mit Überzeugung hinter dieser Aufgabe stehen. Wir dürfen sie um Gottes willen nicht als ein notwendiges politisches Übel betrachten.
    Gestatten Sie mir, hier ganz klar und eindeutig festzustellen, daß wir über die öffentliche Meinung



    Wischnewski
    in .der Bundesrepublik zur Entwicklungspolitik außerordentlich besorgt sind. Die öffentliche Meinung in der Bundesrepublik war zu Beginn dieser Aufgabe durchaus positiv. Wir haben den Eindruck, als hätten wir heute in dieser Frage einen Tiefpunkt erreicht. Wir können nur hoffen und wünschen, daß wir eine ähnliche Entwicklung durchzumachen haben, wie sie sich in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ergeben hat. Dort war die öffentliche Meinung zu Beginn sehr positiv, erreichte dann einen Tiefpunkt, etwa zu der Zeit, als das Buch „Der häßliche Amerikaner" geschrieben wurde, und heute hat die überwältigende Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung eine sehr positive und sehr realistische Einstellung zu der hier gestellten Aufgab e.
    Wenn wir einmal untersuchen, worauf die negative öffentliche Meinung in der Bundesrepublik zurückzuführen ist, dann müssen wir feststellen, daß ein Großteil der Schuld daran auch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung übernehmen muß. Ich möchte gleich im einzelnen sagen, warum. Man kann bei dieser Aufgabe nicht immer nur über Milliarden sprechen, so daß die Menschen in der Bundesrepublik den Eindruck haben, hier handle es sich ausschließlich um irgendwelche Geldgeschäfte, hier gehe es nur um die' Aufgabe, Geld zu verschenken. Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung war im wesentlichen leider davon getragen, in der Öffentlichkeit immer wieder Milliardenbeträge zu nennen.
    Ich erinnere mich daran, daß z. B. im Bulletin der Bundesregierung vor nicht allzulanger Zeit davon gesprochen wurde, daß wir mehr als 18 Milliarden DM an Entwicklungshilfe geleistet hätten. Nun, es ist doch selbstverständlich, daß diese Zahl 18 Mil-harden die Menschen im Bayerischen Wald und in der Eifel schockieren muß, die wisssen, daß eine Vielzahl von Aufgaben auch in ihren Gebieten noch nicht gelöst worden sind. Dabei wissen wir, daß in den 18 Milliarden DM auch die privaten Leistungen enthalten sind, die mit öffentlichen Mitteln nichts zu tun haben, gegen die wir nicht das geringste haben, von denen wir aber auch wissen, daß ein erheblicher Prozentsatz mit Entwicklungshilfe gar nichts zu tun hat, sondern daß es sich um durchaus gute und positive Geschäfte handelt. Ich glaube, es ist eine zwingende Notwendigkeit gegeben, das eine vom anderen sehr genau zu trennen.
    Wir haben im vergangenen Jahr der Bundesregierung finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, damit sie sich darum bemüht, die Leistungen der deutschen Entwicklungspolitik im Innern und nach außen gebührend und positiv darzustellen. Wenn man allerdings glaubt, daß man das erreichen kann, indem man der „Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise" einige hunderttausend Mark zur Verfügung stellt und indem man die Mobil-Werbung bemüht, so ist das ein Irrtum; auf diese Art und Weise wird kein positives Ergebnis zu erreichen sein. Wir haben ein bißchen den Eindruck, daß man auf diese Weise der AdK Entwicklungshilfe zukommen lassen will und daß man der Mobil-Werbung, die normalerweise die Wahlkämpfe der CDU durchführt, in der
    Zeit, wo keine Wahlkämpfe stattfinden, auch ein Entwicklungshilfe leisten will.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Überbrückungshilfe!)

    — Oder Überbrückungshilfe.
    Ich möchte hier mit aller Deutlichkeit sagen, daß wir mit diesen Dingen keineswegs einverstanden sind. Ich will nicht weiter darauf eingehen, weil ich glaube, daß das gestrige Gespräch im Ausschuß die Möglichkeit eröffnet, für das nächste Jahr eine bessere Ausgangsbasis zu finden. Jedenfalls sind wir nicht bereit, auf der bisherigen Basis mitzutun. Wir sind bereit, im Rahmen der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit nach innen und nach außen unseren Beitrag zu leisten. Ob die Entwicklungspolitik im Augenblick populär oder unpopulär ist, spielt dabei für uns keine Rolle. Wir wissen, daß sie eine zwingende Notwendigkeit ist, und wir Sozialdemokraten sind auch bereit, die uns zukommenden Aufgaben zu übernehmen, allerdings nicht auf der Basis AdK oder Mobil-Werbung. — Dieses kritische Wort war notwendig.
    Lassen Sie mich aber auch gleich ein positives Wort hinzufügen. Wir waren im vergangenen Jahr besorgt über die Zusagen, die zum großen Teil ohne Wissen des Parlaments gegeben worden und weit über die Haushaltsansätze hinausgegangen sind. Wir haben uns dann im vergangenen Jahr gemeinsam darum bemüht, daß das Parlament hier den notwendigen Einfluß erhielt. Ich kann erfreulicherweise feststellen, daß das neue Ministerium seinen Informationsverpflichtungen gegenüber dem Parlament in hervorragender Weise nachgekommen ist. Wir sind umfangreich und rechtzeitig informiert worden. Das hat wesentlich dazu beigetragen, auch im Ausschuß eine gute Basis für die gemeinsame Erledigung einer Vielzahl von Aufgaben zu finden. Ich möchte mich dafür namens meiner Freunde ausdrücklich bedanken. Man könnte vielleicht sagen, das sei selbstverständlich, aber ich habe nicht den Eindruck, daß es in allen Häusern so selbstverständlich ist.
    Nun zu den Fragen, die uns hier bewegen! Wir haben ein neues Ministerium, ein neues Haus, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Meine politischen Freunde haben die Schaffung dieses neuen Ministeriums begrüßt. Wir haben damals ausdrücklich erklärt, wir betrachteten dieses Ministerium keineswegs als Koalitionsministerium, sondern als zwingende Notwendigkeit. Herr Minister, das Haus besteht jetzt ein Jahr. Wir haben uns darum bemüht, Ihnen eine Schonzeit von einem Jahr zu gewähren, damit man sich in dem neuen Haus vernünftig etablieren konnte. Das Jahr ist um. Wir müssen nun feststellen, was innerhalb dieses Jahres sich verändert hat, und wir müssen uns über die gegebene Situation unterhalten. Ich wollte eigentlich sagen: ein Jahr ist um, das bedeutet 25 % Ihrer Amtstätigkeit. Aber ich bin in den letzten Tagen etwas skeptisch geworden.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Nun zu den einzelnen Fragen. Frage 1 lautet:
    Welche Fortschritte hat die Koordinierung der
    Entwicklungshilfe im Bereich der Bundesmini-



    Wischnewski
    sterien bisher gebracht, und welche Vereinfachungen des Verfahrens bei der Bearbeitung von Anträgen und Vorgängen der Entwicklungshilfe wurden durch die Neueinrichtung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Vergleich zur bisherigen Kompetenzverteilung erreicht?
    Bei dieser Frage sind wir davon ausgegangen, daß die Errichtung eines neuen Ministeriums selbstverständlich zu einer Erleichterung der Arbeit führen muß, daß die Koordinierung leichter und besser geschehen muß. Wir können zwar feststellen, daß die Mittel für die Entwicklungspolitik nun in einem Haushalt zusammengefaßt sind, im Haushaltsplan 23, daß aber die Kompetenzen für die einzelnen Aufgaben im wesentlichen bei den bisherigen Ministerien verblieben sind. Damit kein falscher Eindruck entsteht: natürlich wissen auch wir, daß das neue Ministerium nicht alle Aufgaben übernehmen kann, sondern daß ein entscheidender Teil der Aufgaben beim Auswärtigen Amt und auch bei anderen Häusern verbleiben muß. Aber wir haben den Eindruck, daß die Kompetenzen innerhalb dieses einen Jahres bei weitem noch nicht geklärt werden konnten.
    Wir haben nach wie vor eine Entwicklungsabteilung im Auswärtigen Amt. Wir haben nach wie vor eine ähnlich gelagerte Abteilung im Wirtschaftsministerium. Wir haben Referate in den anderen Ministerien. So entsteht der Eindruck, daß auf einen verhältnismäßig breiten Plafond — mit verhältnismäßig vielen Planstellen in den einzelnen Ministerien — ein verhältnismäßig enger Flaschenhals gesetzt worden ist, durch den nun alle Aufgaben, die auf dem breiten Plafond gelöst werden sollen, hindurchgeführt werden müssen. Daß das zu Schwierigkeiten führen muß, dürfte eine Selbstverständlichkeit sein.
    Wir müssen auch feststellen, daß ganz offensichtlich die anderen Ministerien bisher nicht bereit waren, in dem notwendigen Umfang Planstellen aus ihren Häusern an das neue Haus abzugeben, auch dort nicht, wo eine Notwendigkeit zwingend gegeben war. So, meinen wir, ist die Kompetenzfrage bei weitem noch nicht geklärt. Wir müssen von der Bundesregierung erwarten, daß sie darum bemüht ist, das auf schnellstem Wege zu tun.
    Lassen Sie mich dafür ein paar praktische Beispiele bringen. Das ,,Bulletin" veröffentlichte neulich eine Information zur Entwicklungspolitik. Da ich mir über den Inhalt nicht völlig im klaren war, wandte ich mich an das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Aber im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit war niemand über diese Frage orientiert. Denn diese spezielle Information zur Entwicklungspolitik kam aus einem völlig anderen Hause, ohne daß das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit überhaupt nur unterrichtet war. Eine Aussprache hat dann hinterher gezeigt, daß man in dieser speziellen Frage im zuständigen Ministerium auch noch anderer Auffassung war. So etwas darf nach unserer Auffassung nicht vorkommen.
    Wenn wir von Koordinierung sprechen, müssen wir auch feststellen, daß bis zur Stunde hinsichtlich
    einer sehr entscheidenden Aufgabe noch keine Zentralstelle besteht, ich meine hier: keine Zentralstelle für den personellen Einsatz in Entwicklungsländern. Jemand, der heute bereit ist, in einem Entwicklungsland tätig zu werden, weiß überhaupt nicht, an wen er sich zu wenden hat. Eine Vielzahl von Ministerien und Institutionen, amtlichen und halbamtlichen, sind zuständig. Derjenige, der zu einer solchen Tätigkeit bereit ist, kann sich wenden an das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, an das Bundeswirtschaftsministerium, an das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft, an das Auswärtige Amt, an die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Frankfurt, an den Deutschen Akademischen Austauschdienst, an die Deutsche Stiftung für Entwicklungsländer, an die Karl-Duisberg-Gesellschaft und an die GAWI. Dabei spreche ich nur von den öffentlichen oder denjenigen Einrichtungen, die zu einem entscheidenden Teil aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Das macht nicht nur demjenigen Schwierigkeiten, der bereit ist, sich zu engagieren, sondern das macht auch unseren Botschaften draußen in den Entwicklungsländern Schwierigkeiten, die zu einem großen Teil nicht einmal wissen, wer für welche Frage zuständig ist. Hier ergibt sich die Notwendigkeit, eine Zentralstelle zu schaffen, an die sich alle wenden können und von der alle an die richtige Stelle weitergeleitet werden und zumindest eine vernünftige Antwort erhalten.
    In diesem Zusammenhang möchte ich etwas sagen, was die Arbeit in Ihrem Haus betrifft, Herr Minister. Erfreulicherweise wenden sich viele junge Menschen an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und erklären ihre Bereitschaft, in einem Entwicklungsland für die Bundesrepublik tätig zu sein. Sie können leider nicht damit rechnen, daß sie überhaupt eine Antwort erhalten. Das Ministerium ist nicht in der Lage, die Briefe zu beantworten. Es scheint mir eine schlechte Sache zu sein, wenn wir viele junge Menschen haben, die ihre Bereitschaft erklären, solche Aufgaben zu übernehmen, und wenn nicht einmal die Möglichkeit gegeben ist, ihnen eine Antwort zu erteilen.
    Lassen Sie mich ein letztes Beispiel bringen. Eine private Organisation der Entwicklungshilfe wandte sich vor einigen Wochen an Ihr Haus. Diese private Organisation errichtet mit eigenen Mitteln, ohne einen Pfennig öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen, eine Druckerei in einem afrikanischen Land, nicht, um damit Geschäfte zu machen, sondern um sie zu verschenken; sie war nun der Auffassung — und sie scheint mir gerechtfertigt zu sein —, nachdem sie erhebliche eigene Anstrengungen gemacht und keinen Pfennig öffentliche Mittel in Anspruch genommen hat, müßte es möglich sein, für sechs Monate einen Druckereimeister aus Ihrem Haushalt bezahlen zu lassen. Es wurde ein Antrag gestellt, und nach viereinhalb Wochen fragte der Antragsteller nach, wie das denn mit dem Antrag sei. Ihr zuständiger Referent, Herr Minister, erklärte, daß er ein Einmannbetrieb sei und daß er leider bis zum heutigen Tage noch nicht dazu gekommen sei, den Brief überhaupt nur zu lesen — nach viereinhalb Wochen! —, und daß er auch nicht in der Lage



    Wischnewski
    sei, zu sagen, wann die Angelegenheit beantwortet werden könne. Mir liegt darüber eine entsprechende Aktennotiz vor. Ich möchte damit ganz klar sagen: wir müssen denjenigen, die der Sache guten Willen entgegenbringen, die selber Opfer bringen, die selber erhebliche Mittel aufbringen, entgegenkommen und ihnen helfen, hier ihre Probleme zu lösen.
    So, glauben wir, daß wir in der Frage der Organisation, der Aufgabenverteilung und der Kompetenzverteilung noch eine Reihe von wesentlichen Aufgaben zu erledigen haben. Ich will nicht bestreiten, daß das eine oder andere in der Zwischenzeit hat geregelt werden können.
    Lassen Sie mich nun zur zweiten Frage kommen: Ist die Bundesregierung bereit, bei neuen Zusagen an Entwicklungsländer darauf zu achten, daß die rechtzeitige Erfüllung früherer Zusagen gewährleistet bleibt?
    Das ist für uns eine ganz entscheidende, und zwar politische Frage. Die Bundesrepublik hat zumindest im Rahmen der Kapitalhilfe bis zum Ende dieses Jahres finanzielle Zusagen in Höhe von etwa 7 Milliarden DM gemacht. Dabei haben wir den Eindruck, daß insbesondere die ersten Zusagen zum Teil in einer etwas leichtfertigen Art und Weise gegeben worden sind. Ich will gerne zugeben, daß besonders in der letzten Zeit wohl bessere Überlegungen angestellt worden sind. 7 Milliarden, das ist ein ganz erhebliches Paket. Wir müssen in unserer Politik daran interessiert sein, diese Zusagen nicht allzu lange vor uns herzuschieben. Wir sollten bei Zusagen lieber etwas zurückhaltender sein und sollten uns mehr dafür einsetzen, daß das, was zugesagt ist, so schnell und so präzise wie nur irgend möglich erledigt werden kann.
    Lassen Sie mich dazu folgendes sagen. Wenn man Zusagen macht und wenn es Jahre dauert, bis diese Zusagen erfüllt werden, kann man nur politischen Ärger erhalten. Wir wollen mit unserer Hilfe, mit unseren Anstrengungen Freunde in der Welt gewinnen, und wir müssen deshalb auch die technischen Dinge so gestalten, daß es zu keinem Ärger
    kommen kann.
    Die Botschafterkonferenz in Uganda, die Afrikakonferenz der deutschen Botschafter, hat zu dieser Frage Stellung genommen, und sie sagt im Grunde genommen das gleiche wie wir. Ich darf wörtlich aus dem Bulletin der Bundesregierung vom 6. November 1962 zitieren:
    Besondere Aufmerksamkeit wurde auf der Konferenz der deutschen Entwicklungspolitik gewidmet. Es wurden insbesondere Möglichkeiten
    besprochen, die Durchführung beschlossener
    Entwicklungsprogramme zu beschleunigen.
    Das ist also gar keine böswillige Behauptung der Opposition, sondern eine Feststellung auch der Regierung. Allerdings möchte ich sagen: es ist eine Feststellung, die wir nun mindestens schon zwei Jahre kennen, und wir müssen bemüht sein, mit diesem Problem fertig zu werden.
    Ich habe die Gelegenheit gehabt, mich in den letzten Jahren in den Entwicklungsländern ein wenig umzuschauen. Ich darf Ihnen sagen: manche Botschafter sind sehr traurig, daß ihre wesentliche Aufgabe eigentlich darin besteht, von Woche zu Woche die Regierung des Landes, in dem sie tätig sind, aufzusuchen, um dort zu erklären und um Verständnis dafür zu bitten, daß die Realisierung der von uns eingegangenen Verpflichtungen derartig lange dauert. Dabei besteht Klarheit darüber, daß natürlich unsere Instanzen nicht alle Schuld haben. In vielen Fällen liegt es auch daran, daß uns für bestimmte Projekte aus den Entwicklungsländern mangelhafte Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Es ist also notwendig, hier eine genaue und deutliche Trennung vorzunehmen.
    Da wir über die Zusagen sprechen, lassen Sie mich auch zur Schwerpunktbildung ein Wort sagen. Als die Bundesrepublik mit diesen Zusagen begann, wurde gesagt, ein Schwerpunktprogramm sei überhaupt nicht möglich. Man könne eigentlich nur von einer „Feuerwehr" sprechen, die dort eingesetzt wird, wo es am notwendigsten ist.


Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Einen Augenblick, Heir Kollege. — Meine Damen und Herren, ich bin leider gezwungen, den Ältenstenrat sogleich zu einer Sitzung zusammenzubitten. — Bitte, fahren Sie fort.

(V o r sitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Jürgen Wischnewski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Es wurde zuerst von einer „Feuerwehr" gesprochen, die nun ganz plötzlich da eingesetzt werden muß, wo sich eine Notwendigkeit ergibt. Wir haben diese Vorstellung niemals für richtig gehalten. In der Zwischenzeit hat der Minister einen neuen Begriff entwickelt, der mir sehr viel angenehmer zu sein scheint. Er spicht von „wandernden Schwerpunkten". Ich glaube, das ist eine ernsthafte Überlegung, die man akzeptieren kann.
    Ein Drittes kommt hinzu. Der Herr Außenminister hat davon gesprochen, daß man den Freunden zuerst helfen müsse. Wir können uns zu diesem Grundsatz bekennen und glauben, daß der Grundsatz wandernder Schwerpunkte mit dem Prinzip, den Freunden zuerst zu helfen, durchaus verbunden werden kann.
    Lassen Sie mich aber einen neuen Gesichtspunkt hinzusetzen, den man auch mit dem bisherigen verbinden kann. Wir sollten davon ausgehen, daß wir Schwerpunkte dorthin setzen, wo die Entwicklungsländer selbst bereit sind, besondere Anstrengungen zu machen. Derjenige, der selbst die größten Anstrengungen macht, soll dafür eine besondere Anerkennung erhalten. Die übrigen sollen sehen, daß man demjenigen am ehesten zu helfen bereit ist, der sich besonders bemüht. Man muß ganz offen sagen: Die Bereitschaft der Entwicklungsländer, selbst mizuwirken, ist natürlich sehr unterschiedlich. Lassen Sie mich bei dieser Frage bitte auf ein aktuelles Problem eingehen. Ich will es nicht namentlich ansprechen, aber mir kommt es darauf an,



    Wischnewski
    die Problematik aufzuzeigen. Wenn wir eine Zusage gemacht haben und sich aus irgendwelchen Gründen, die mit uns nicht das geringste zu tun haben, Schwierigkeiten ergeben, für die wir in keiner Weise verantwortlich sind, und wenn man die Bundesrepublik jetzt dadurch nahezu erpressen will, daß man sagt: Entweder ihr seid bereit, sofort zu zahlen, oder wir werden uns an den Osten wenden und werden uns dort das Geld geben lassen, dann möchte ich sagen, daß man bereit sein sollte, das hinzunehmen. Dann sollen sie hingehen. Wir haben aber jedenfalls keinen Anlaß angesichts des guten Willens, den wir aufbringen, und angesichts der Leistungen, die wir zu erbringen bereit sind, uns erpressen zu lassen, insbesondere dann, wenn hier von uns verlangt wird, daß wir dem Steuerzahler einen Mehrbetrag von etwa 300 Millionen DM zumuten, nur um einem nationalen Prestige entgegenzukommen. Staudämme lassen sich an verschiedenen Standorten zu sehr unterschiedlichen Preisen bauen. Wenn dabei, da der deutsche Steuerzahler 300 Millionen DM mehr an billigem Kredit gewähren soll, nur eine nationale Frage eine Rolle spielt, muß ich in diesem Falle um Verständnis dafür bitten, daß wir auch auf unseren Steuerzahler Rücksicht zu nehmen haben.
    Zu Frage 3:
    Berechtigen die bisherigen Erfahrungen der Kapitalhilfe, an den Prinzipien der Rahmenzusagen und der Lieferunggebundenheit festzuhalten?
    Kapitalhilfe der Bundesrepublik wurde bisher nach dem Prinzip der Rahmenzusage gewährt. Das heißt, wir sind mit einem Entwicklungsland in Verhandlungen eingetreten, und die Bundesregierung hat eine Rahmenzusage gemacht, z. B. in Höhe von etwa 50 Millionen DM; es war dann die Aufgabe dieses Entwicklungslandes, den Rahmen mit Projekten auszufüllen. Diese Projekte wurden geprüft, und dann wurde festgestellt, welche Projekte in den Rahmen dieser Rahmenzusagen übernommen werden konnten. Dann wurden Kreditverträge zu unterschiedlichen Zinssätzen abgeschlossen, zum Teil bei einer Rahmenzusage — was vernünftig und wirtschaftlich gerechtfertigt ist —, und erst dann konnte mit der Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen begonnen werden.
    Lassen Sie mich ganz klar und eindeutig folgendes sagen. Meine Freunde und ich sind der Auffassung, daß sich das Prinzip der Rahmenzusagen in keiner Weise bewährt hat und daß wir so schnell wie möglich darum bemüht sein müssen, von diesem Prinzip der Rahmenzusagen herunterzukommen.

    (Abg. Dr. Fritz [Ludwigshafen]: Ausnahmen bestätigen die Regel!)

    - Ich .werde gleich etwas dazu sagen, Herr Dr. Fritz.
    Welche Schwierigkeiten sind entstanden? Zuerst einmal politische Schwierigkeiten. Warum? Wir haben dem Lande X eine Rahmenzusage von, sagen wir, 30 Millionen DM gewährt. Dieses Land hat vielleicht 10 Millionen Einwohner. Dann muß man
    damit rechnen, daß ein anderes Land kommt, das 20 Millionen Einwohner hat und sich von vornherein auf den Standpunkt stellt: Da wir die doppelte Einwohnerzahl haben, haben wir einen Rechtsanspruch darauf — so ist gesagt worden —, die doppelte Rahmenzusage zu erhalten. Daß das ein völlig unmöglicher Zustand ist, darüber sollte es für uns gar keinen Streit geben.
    Es gibt ein Zweites, was Schwierigkeiten bereitet. Eine Rahmenzusage ist oft an Länder gegeben worden, in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine Entwicklungsprojekte oder nur mangelhafte Entwicklungsprojekte, die für eine deutsche Hilfe ungeeignet waren, vorhanden waren. Was bedeutete das? Daß man krampfhaft nach Entwicklungsprojekten gesucht hat und daß darüber hinaus vielfach von anderer Seite Leute aus völlig anderen Interessen Entwicklungsprojekte untergeschoben haben.
    Das System 'der Rahmenzusage, das wir auf Grund der 'bisherigen Erfahrungen nicht für gut halten, hat aber. auch hier und da Anlaß dazu gegeben, daß man irgendwelche Budgethilfelforderungen an uns gestellt hat, die wir natürlich ebenfalls im Rahmen der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik nicht für tragbar halten. Wir wollen also von den Rahmenzusagen herunter. Wir wollen, daß bei allen Verhandlungen Idas Projekt, um das es geht, von Anfang an im Vordergrund steht, daß man bei Beginn der Verhandlungen von vornherein über ein Projekt spricht, nicht über irgendwelche Rahmen. Dann entfallen die politischen Schwierigkeiten, die sich ergeben könnten, unid dann erübrigt sich auch das teilweise krampfhafte Suchen nach irgendwelchen Projekten. Dabei bin ich mir darüber im klaren, daß es durchaus Ausnahmen geben kann, in denen eine Rahmenzusage nach wie vor ihre Berechtigung hat. Vom Prinzip her kann ich die Rahmenzusagen für die Zukunft nicht mehr akzeptieren. Ich glaube, die bisherigen Erfahrungen erlauben uns das nicht.
    Nun zum zweiten Problem, das bier angesprochen wird, 'der Lieferungebundenheit. Die Bundesrepublik vergibt bis heute ihre Kredite im Rahmen der Kapitalhilfe unter der Überschrift „lieferungebunden„. Das bedeutet praktisch, daß wir zwar einen Kredit zur Verfügung stellen, für ein bestimmtes Projekt das Geld .geben, aber mit der Überschrift „lieferungebunden" zum Ausdruck bringen, daß es demjenigen, der unser Geld in Anspruch nimmt, völlig überlassen bleibt, wo er den Auftrag für dieses Entwicklungsprojekt ausführen läßt.
    Nun, diese Freiheit, die Lieferungebundenheit, könnte natürlich der ideale Zustand sein, wenn man sich auch in der übrigen Welt daran hielte. Wir müssen bedauerlicherweise feststellen — unid wir haben uns ganz genau informiert —, daß die Bundesrepublik zur Zeit — ich spreche natürlich nur von den uns befreundeten Ländern — als einziges Land von Lieferungebundenheit spricht und daß alle anderen Kredite, auch der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs, ganz streng liefergebunden sind, d. h. daß man einen Kredit nur in Anspruch nehmen kann, wenn man sich gleichzeitig bereit erklärt, den Auftrag einer bestimmten Firma zu geben.



    Wischnewski
    Ich bin nicht der Auffassung, daß wir Anlaß haben, von einem Extrem ins andere zu fallen und nun zu sagen: Auch unsere Kredite sind nur liefergebunden. Wir wollen nur, daß das Wort „Lieferungebundenheit" verschwindet. Wir wollen, daß man in der Regel bemüht ist, die Liefergebundenheit zu erreichen. Wir wissen, daß wir auch an die Interessen der deutschen Wirtschaft in dieser Frage zu 'denken haben. Aber es geht nicht nur um die Interessen der deutschen Wirtschaft. Vielmehr ist das für uns auch einfach eine politische Frage. Die Bundesrepublik kann nicht nur die unangenehme Aufgabe übernehmen, die sehr schwierigen und sehr unpopulären Kreditverhandlungen zu führen — das ist nämlich sehr unerfreulich und kann in den weitaus meisten Fällen gar nicht dazu führen, daß man neue Freunde findet —; wir müssen aus politischen Gründen auch mit unserer Arbeitsleistung, mit der Erstellung unserer Projekte im Entwicklungsland präsent sein.
    Wenn wir dieser Frage besondere Bedeutung beimessen, dann auch einfach deshalb, weil wir den Eindruck haben, daß insbesondere bei den durchaus hohen multilateralen Leistungen der Bundesrepublik an internationale Einrichtungen der Entwicklungspolitik die deutsche Wirtschaft bei weitem nicht in dem notwendigen Maße berücksichtigt wird. Lassen Sie mich gleich ein konkretes Beispiel bringen.
    Der Entwicklungsfonds der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft betrug für die vergangenen fünf Jahre 580 Millionen Dollar. Das ist ein ganz erheblicher Betrag. Von diesen 580 Millionen Dollar hat die Bundesrepublik entsprechend den Verträgen 34,5 % aufbringen müssen. Keine 4 % der Aufträge im Rahmen des europäischen Entwicklungsfonds für die assoziierten Länder sind an deutsche Firmen gegangen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das scheint uns ein untragbarer Zustand zu sein. Niemand von uns verlangt — wir sind ja keine Krämer —: „Wir haben 34,5 % bezahlt, nun wollen wir also auch 34,5 % der Aufträge." Kein Mensch denkt an eine solche Regelung. Aber keine 4 % — das scheint uns ein völlig unmöglicher Zustand zu sein, und wir dürfen die Bundesregierung herzlich darum bitten, sich dieser Frage einmal anzunehmen. Ich hatte mir erlaubt, in diesem Jahre schon einmal hier ich Hause danach zu fragen. Ich muß sagen, die Antwort der Bundesregierung, des Bundeswirtschaftsministeriums damals, war überaus unbefriedigend. Es wurde gesagt, es hänge damit zusammen, daß die Unterlagen nur in französischer Sprache vorlägen. Das kann doch keine Entschuldigung sein! Im Europäischen Parlament wird so viel übersetzt; da werden also wohl auch noch diese Unterlagen zu übersetzen sein.
    Ich darf also herzlich bitten, dieser Frage nachzugehen. Dabei sage ich noch einmal: wir sind keine kleinlichen Krämer; aber 4 % — das ist eine absolute Unterberücksichtigung der deutschen Wirtschaft, das ist eine Situation, mit der wir nicht einverstanden sein können.
    Bei der Weltbank mag die Situation ein wenig besser sein; aber befriedigend ist sie in diesem Zusammenhang auch nicht.
    Wenn ich die Bundesregierung darum gebeten habe, sich dieser Frage anzunehmen, dann habe ich selbstverständlich auch die Bitte an die Wirtschaft zu richten, sich in dem notwendigen Maße zu engagieren. Vielleicht hatte die unbefriedigende Situation in dem einen oder anderen Falle auch darin ihren Grund, daß bisher die Bereitschaft, sich zu engagieren, nicht in dem notwendigen Maße vorhanden war.
    Ich komme zur Frage 4:
    Welche konkreten Vorstellungen hat die Bundesregierung von der Aufbringung der Mittel für bereits zugesagte und noch weitere deutsche Leistungen der Entwicklungshilfe?
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das scheint mir eine wesentliche Frage zu sein. Wir haben zu überlegen, wie das auf vernünftige Art und Weise finanziert werden kann. Dabei darf ich von folgender Voraussetzung ausgehen. Die Bundesregierung hat der Development Assistance Group und der OECD zugesagt, etwa — ich drücke mich sehr vorsichtig aus: etwa — 1 % des Bruttosozialprodukts für Entwicklungspolitik auszugeben. Wenn wir uns die Situation des Jahres 1963 anschauen, so besteht wohl Klarheit darüber, daß wir dieses 1 % in erheblichem Umfang nicht erreichen werden und daß dennoch schon sehr große Schwierigkeiten vorhanden sind, den Verpflichtungen nachzukommen, obwohl ich das Jahr 1963 noch als ein außerordentlich günstiges Jahr bezeichnen möchte.
    Von den einmaligen Einnahmen — Industrieanleihe, Volkswagenwerk und Länderkredit — stehen uns noch 800 Millionen DM zur Verfügung. 6701 Millionen DM kommen in diesem Jahr im Haushalt hinzu. Dennoch wird die Bundesregierung gezwungen sein, den privaten Kapitalmarkt schon 1963 in Anspruch zu nehmen, um den Verpflichtungen nachkommen zu können, obwohl auch für das Jahr 1963 nicht ein einziger Pfennig für den europäischen Entwicklungsfonds eingesetzt wurde und wohl auch nicht eingesetzt zu werden brauchte. Ich bin gern bereit, die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage zu billigen, da von dem Entwicklungsfonds der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 580 Millionen Dollar bisher nur 90 Millionen Dollar ausgegeben werden konnten.
    Im Jahr 1964 wird die Situation bereits wesentlich schlechter aussehen. Dann sind die Reste aus der Industrieanleihe, dem Volkswagenwerk und dem Länderkredit verbraucht. Dann haben wir mit Sicherheit neue EWG-Leistungen in den europäischen Entwicklungsfonds zu erbringen, und dann kommen wir in eine übergroße Schwierigkeit, wobei ich sagen möchte, daß der von der Bundesregierung aufgestellte Grundsatz, daß Zusagen im großen und ganzen innerhalb von fünf Jahren realisiert werden, für mich nicht gelten kann, weil es eine Vielzahl von Beweisen dafür gibt, daß man das zwar auf fünf Jahre ausdehnen kann, daß aber viele Dinge wesentlich schneller realisiert werden müssen. In diesen Fragen können wir im Rahmen der Finanzpolitik nicht von einem Jahr ins andere stolpern und von Zufälligkeiten abhängig sein, sondern wir müssen überlegen, wie wir diesem Problem auf lange Sicht gerecht werden können.



    Wischnewski
    Des öfteren haben wir darauf hingewiesen, daß es eine reale Möglichkeit geben muß, den privaten Kapitalmarkt .für Projekte in Entwicklungsländern anzusprechen, daß die Aufgabe der Bundesregierung darin bestehen müßte, die Kredite abzusichern, für die notwendige Sicherheit zu sorgen, und daß darüber hinaus aus öffentlichen Mitteln für die entsprechende Zinsverbilligung Sorge zu tragen wäre, damit diese Kredite zu vernünftigen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir sollten uns dieser ernsten Frage in sehr starkem Maße annehmen.
    In diesem Zusammenhang darf ich mir eine Bemerkung erlauben. Herr Minister, Sie haben gerade in den letzten Monaten immer wieder von der notwendigen privaten Initiative gesprochen. Dabei besteht Klarheit darüber, daß noch eine Reihe von gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um diese private Initiative zu entwickeln. Wir hoffen, daß wir recht bald einige konkrete Vorlagen in dieser Hinsicht erhalten werden. Allerdings werden wir uns dann auch erlauben, sehr deutlich darauf hinzuweisen, welche Unterschiede nach unserer Auffassung zwischen zwingend notwendiger Hilfe auch im Rahmen privatwirtschaftlicher Initiativen und guten Geschäften bestehen. Wir hoffen, daß wir einen Weg finden, das eine von dem anderen sehr gut trennen zu können.
    Ich muß feststellen, daß die privaten Investitionen im Jahre 1961 in den Entwicklungsländern zurückgegangen sind und daß wir auch im Jahre 1962 wahrscheinlich mit einer ähnlichen Entwicklung werden rechnen müssen. Ich möchte das auch im Zusammenhang mit den Kapitalschutzverträgen sagen, die wir abschließen. Wir glauben, daß diese Kapitalschutzverträge eine gute Sache sind, wenn auch jeder weiß, daß sie keine endgültige Sicherheit bieten können. Aber sie können auch etwas Gefährliches an sich haben. Sie können nämlich in den Entwicklungsländern, die diese Kapitalschutzverträge abschließen, insofern falsche Hoffnungen erwecken, als dort angenommen wird, daß von dem Tage an, wo man einen solchen Kapitalschutzvertrag abgeschlossen hat, in weit stärkerem Maße private Investitionen erfolgen werden. Wir müssen dann, wenn wir solche Kapitalschutzverträge abgeschlossen haben, auch darum bemüht sein, daß diejenigen, die diese Verträge abgeschlossen haben, etwas Positives davon spüren. Geschieht das nicht innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit, wird das sehr bald zu bitterer Enttäuschung führen.
    Frage 5:
    Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Importe aus Entwicklungsländern wesentlich zu fördern?
    Ich darf mich nun sehr kurz fassen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sicher eine der entscheidendsten Fragen überhaupt. Wir wollen doch nicht auf ewige Zeiten Entwicklungshilfe zahlen, sondern wir wollen von Anfang an die Weichen so stellen, daß unser Ziel dahin geht, die augenblickliche Entwicklungshilfe, die augenblickliche Entwicklungspolitik durch völlig normale Handelsbeziehungen abzulösen. Das bedeutet, daß man von Anfang an darum bemüht sein muß, den Entwicklungsländern so viel abzunehmen, wie überhaupt nur möglich erscheint.
    Wenn wir die Situation im Weltmaßstab überblicken, sieht das überaus unfreundlich aus. Durch die Abnahme von Exportpreisen für Rohstoffe und Agrarprodukte in Entwicklungsländern von 1958 bis 1961 ist ein Mindererlös von 5,4 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer eingetreten. Hinzu kommt, daß durch den laufenden Anstieg von Industriepreisen bei der Einfuhr von Industriegütern in Entwicklungsländer Mehraufwendungen von 10,8 Milliarden Dollar notwendig waren. Das bedeutet, daß innerhalb dieser Zeit für die Entwicklungsländer eine Verschlechterung von insgesamt etwa 16 Milliarden DM eingetreten ist. Das ist die Weltsituation.
    Aber auch wir in der Bundesrepublik haben unsere eigenen Feststellungen für uns hier zu treffen. Wir liegen natürlich damit im Welttrend, und wir haben auch keine Möglichkeit, eine Sonderrolle zu spielen. Hier handelt es sich natürlich um internationale Probleme. Aber wir haben zu überlegen, ob wir für uns das Notwendige in bezug auf die Lösung dieser Aufgabe getan haben. Die Importe aus einzelnen Entwicklungsländern in die Bundesrepublik sind innerhalb der letzten Zeit zum Teil um mehr zurückgegangen, als wir an Entwicklungshilfe überhaupt zur Verfügung stellen. Das hat insbesondere in den letzten Monaten dazu geführt, daß einige Entwicklungsländer überlegen, ob sie die Einfuhren deutscher Waren in ihre Länder überhaupt sperren müssen, nicht weil sie gegen unsere Waren sind — ganz im Gegenteil: sie sind daran interessiert —, sondern weil sie keine Möglichkeit mehr sehen, sie zu bezahlen. Deshalb müssen wir, glaube ich, dieser Frage ganz besondere Bedeutung beimessen.
    Ich habe keine Lust, hier heute Ausführungen über die leidige Frage der Kaffee- und Teesteuer zu machen. Wir haben leider zu oft in dieser Frage, die wir im ' Interesse der deutschen Verbraucher, aber auch im Interesse einer vernünftigen Entwicklungspolitik aufgeworfen hatten, in diesem Hause nicht das notwendige Verständnis gefunden. Ich darf mir das deshalb heute ersparen. Ich darf aber die Bundesregierung auffordern, alles zu tun, was möglich ist, um des Problems der Importe aus Entwicklungsländern generell Herr zu werden.
    In Frage 6 fragen wir die Bundesregierung:
    Welches Verhältnis zwischen Kapitalhilfe einerseits und Bildungs- und Sozialhilfe andererseits in den Planungen für die Entwicklungshilfe wird von der Bundesregierung angestrebt?
    Wir erwarten nicht, daß man uns hier einen Prozentsatz nennt. Wir möchten nur darauf hinweisen, daß die Bildungs- und Sozialhilfe ein entscheidender Faktor ist und daß mit Geld und großen Industrieprojekten allein nichts getan ist, sondern daß praktisch jede geldliche Hilfe und jedes Industrieprojekt in hervorragender Weise von Maßnahmen der Bil-
    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. November 1962 2175
    Wischnewski
    dungs- und Sozialhilfe begleitet sein muß. Wir glauben, daß der Plan, der im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit entstanden ist, realistisch ist. Wir haben ein warnendes Beispiel: Rourkela, wo zuerst vergessen worden ist, einem großen Industrieprojekt die notwendigen Begleitmaßnahmen hinzuzufügen. Wir wissen, welche Schwierigkeiten entstanden sind. Wir hoffen, daß wir daraus gelernt haben und dementsprechend bereit sind, neben der Kapitalhilfe der Bildungs- und Sozialhilfe ein entsprechendes Gewicht zu gewähren.
    Nun zur Frage 7:
    Wie ist für eine Koordinierung der Bildungs- und Sozialhilfe des Bundes mit den Vorhaben der Länder gesorgt?
    Ein entscheidender Teil insbesondere der Bildungshilfe ist Aufgabe der deutschen Länder. Ich darf feststellen, daß erfreulicherweise, insbesondere, Herr Minister, durch die Initiative Ihres Hauses, 'in der Frage der Koordinierung eine Reihe von Fortschritten erzielt worden sind. Ich glaube, das Beispiel des Vertrages zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung von Baden-Württemberg über das Gewerbezentrum in Tunesien — Sie machen ein ganz enttäuschtes Gesicht, Herr Dr. Fritz; ich spreche nicht 'immer von Hessen, sondern auch einmal von Baden-Württemberg — zeigt: diese Art, das Problem zu regeln, ist eine außerordentlich gute Sache. Vielleicht kann man so zu ähnlichen Ergebnissen auch mit anderen Ländern kommen.
    Durch die Schaffung des Bund-Länder-Ausschusses beim Ministerium konnten viele Probleme gelöst werden. Nach wie vor scheint mir aber das Verhältnis des Bund-Länder-Ausschusses zur Kultusministerkonferenz ungeklärt zu sein. Hier kommen — das ist unbestritten — immer noch in erheblichem Umfang Überschneidungen vor. Es wäre sehr gut, wenn man hier im Interesse einer eindeutigen Klärung der Kompetenzen zu einer noch besseren Koordinierung kommen könnte.
    Dabei darf ich daran erinnern, daß sich auch die Deutsche Stiftung für Entwicklungsländer in bezug auf die Zusammenarbeit mit den Ländern erhebliche Verdienste erworben hat. Wir sollten daran denken, daß die 'deutschen Länder, wenn auch sehr unterschiedlich, darum bemüht sind, unserer Politik insgesamt zu helfen, daß in den Haushaltsplänen der Länder inzwischen schon ganz erhebliche Beträge aufgebracht werden und daß es auch sehr positive Leistungen von seiten der Länder gibt, für die auch wir als Parlament 'den Ländern unseren Dank sagen sollten.
    Es gibt noch eine Reihe von Überschneidungen. In diesem Zusammenhang scheint mir völlig unmöglich zu sein, daß die Vergabe von Stipendien in den einzelnen Ländern teilweise unterschiedlich erfolgt, daß sie auch im Verhältnis zu privaten Stiftungen unterschiedlich erfolgt, so daß sich bei den Bedingungen Schwierigkeiten ergeben. Hier muß man darum bemüht sein, zu einer besseren Koordinierung zu kommen. Niemand, der ein Stipendium von der einen oder anderen Seite hat, wird verstehen
    können, warum der eine 100 DM mehr und der andere 100 DM weniger bekommt. Das hat in der Vergangenheit zu großem Arger geführt. Ich darf das Ministerium darum bitten, alles zu unternehmen, um hier zu einer vernünftigen Regelung zu kommen.
    In der Frage 8 fragen wir:
    Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in die Wege geleitet, um dem Auftrag des Bundestages zu entsprechen, der am 14. Juni 1961 einstimmig einen Antrag der Fraktion der SPD angenommen hat, die Fragen der sozialen Sicherung aller für die Entwicklungshilfe im Ausland tätigen Personengruppen gesetzlich zu regeln?
    In dieser Frage sind wir sehr enttäuscht. Wir haben seit dem 14. Juni 1961, d. h. seit mehr als einem Jahr, hierüber nichts gehört. Das bringt uns in Schwierigkeiten. Eine Reihe von hochqualifizierten Kräften, die bereit wären, Aufgaben in Entwicklungsländern zu übernehmen, sind dazu nicht bereit, solange bestimmte Voraussetzungen, deren Erfüllung auch wir im Hause alle einstimmig für zwingend notwendig gehalten haben, geregelt worden sind. Das können wir uns nicht leisten. Wir verfügen sowieso nicht in dem notwendigen Umfang über Menschen, die bereit sind, in Entwicklungsländern wesentliche Aufgaben zu übernehmen.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit einmal in aller Deutlichkeit sagen, daß es bei den bisherigen GAWI-Verträgen eine Reihe von Unzumutbarkeiten gibt. Es ist niemandem zuzumuten, daß er einen Dreijahresvertrag in die Hand gedrückt bekommt, in ein Entwicklungsland hinausgeschickt wird, und man läßt ihn dann einen Tag vor Ablauf dieses Vertrages noch nicht wissen, ob man bereit ist, diesen Vertrag zu verlängern oder nicht.
    Es scheint mir auch völlig unmöglich zu sein, daß man einem Mann, der harte Arbeit als Tierarzt in den Tropen leisten muß, in diesen GAWI-Vertrag einen Jahresurlaub von 18 Tagen hineinschreibt, während der Diplomat, der in der Botschaft 100 m nebenan sitzt, einen Urlaubsanspruch von nahezu 21/2 Monaten hat. Ich will dabei übrigens nichts gegen die 21/2 Monate sagen, die ich unter tropischen Verhältnissen für gerechtfertigt halte. Aber für den Tierarzt, der umherfahren muß, scheint mir das andere doch ein völlig unmöglicher Zustand zu sein. — Wir möchten also, daß wir in dieser Frage vorankommen. Wir haben doch den zuständigen Instanzen für die Klärung dieser Angelegenheit 11/4 Jahr Zeit gelassen.
    Die letzte Frage lautet:
    Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu ergreifen, um diejenigen Personen, die sich um eine dauernde oder vorübergehende Verwendung bei deutschen Entwicklungshilfevorhaben bewerben, ihren Aufgaben entsprechend auszubilden?
    Hervorragend qualifizierte Fachleute allein genügen nicht. Wir haben eine Vielzahl von Fachleuten in der Bundesrepublik. Dazu gehört das besondere Verständnis für die Entwicklungsländer.



    Wischnewski
    Dazu gehört eine spezielle Ausbildung, das Vertrautmachen mit dieser ganz besonderen Aufgabe. Dazu gehört das Erlernen von Sprachen. Ich muß ehrlich sagen, wir reden seit längerer Zeit über die Notwendigkeit, in größerem Umfang zu irgendwelchen Initiativen zu kommen. Aber es gibt nur ganz kleine Ansatzpunkte, vielleicht im wesentlichen bei der Deutschen Stiftung und hier und da auch bei den Kirchen. Der derzeitige Zustand in der Frage der Vorbereitung von deutschen Kräften, die in Entwicklungsländern arbeiten, scheint mir noch völlig unzureichend zu sein. Wir hoffen, daß uns die Bundesregierung heute sagen kann, daß man schon in sehr kurzer Zeit andere Maßnahmen ergreifen wird, um den hier gestellten Aufgaben gerecht zu werden.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe damit die neun Fragen begründet. Ich darf noch einmal sagen: Wir haben eine erfreuliche Ausgangslage für diese Debatte. Eigentlich haben schon die letzten Jahre gezeigt, daß wir uns alle in diesem Hause darüber im klaren sind, daß wir einen entscheidenden Beitrag zu leisten haben. Nun kommt es darauf an, daß wir uns gemeinsam anstrengen, ,den besten Weg zu finden, den Entwicklungsländern zu helfen und der Bundesrepublik Freunde in der Welt zu schaffen. Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

    (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)