Rede:
ID0403507200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Geiger.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 35. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1962 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1443 A Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . . 1443 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 1444 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 1444 B Fragestunde (Drucksachen IV/453, IV/462, IV/479) Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Mangel an Formularen des neuen Personalausweises Dr. Hölzl, Staatssekretär 1444 D, 1445 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 1445 A, C Wehner (SPD) . . . . . . . . 1445 B Fragen des Abg. Fritsch: Heiratsabfindung für ehemalige Kriegerwitwen Blank, Bundesminister 1445 D, 1446 A, B, C Fritsch (SPD) . . . . 1445 D, 1446 A, C Gerlach (SPD) . . . . . . . . . 1446 B Frage des Abg. Lohmar: Chinesische Flüchtlinge in Hongkong Blank, Bundesminister . . . . . . 1446 D Frage des Abg. Imle: Anschlußzug an den Trans-Europa-Expreß „Parsifal" Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1447 B, C Dr. Imle (FDP) 1447 B, C Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache IV/467) Arndgen (CDU/CSU) 1447 D Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Drucksachen IV/421, IV/476) — Zweite und dritte Beratung — Brand (CDU/CSU) 1448 B Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Artikels 64 Abs. 2 des Saarvertrages (Drucksachen IV/422, IV/475) — Zweite und dritte Beratung — 1448 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. November 1961 mit der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten usw. (Finanz- und Ausgleichsvertrag) (Drucksachen IV/392, IV/460) — Zweite und dritte Beratung — 1449 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Krankenversicherung, Lohnfortzahlung und Kindergeld (Drucksache IV/215) Dr. Schellenberg (SPD) . 1449 B, 1452 B, 1468 D Rohde (SPD) . . . . . . . . 1449 C Blank, Bundesminister 1451 D Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 1460 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . 1463 D Geiger (SPD) 1465 C Schmücker (CDU/CSU) 1466 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1962 Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung der Abschöpfungen nach Maßgabe der Verordnungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die schrittweise Errichtung gemeinsamer Marktorganisationen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Abschöpfungserhebungsgesetz) (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 464) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/466) — Erste Beratung —, dein Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/463) — Erste Beratung —, dem Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 20 (Schweinefleisch), Nr. 21 (Eier) und Nr. 22 (Geflügelfleisch) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/465) — Erste Beratung — und dem Antrag betr. Durchführung der Verordnungen über die schrittweise Errichtung gemeinsamer Marktorganisationen (SPD) (Drucksache IV/428) Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 1469 D Schwarz, Bundesminister . 1470 B, 1474 C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 1472 B Nächste Sitzung 1475 D Anlagen 1477 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1962 1443 35. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adorno 30. 6. Dr. Arndt (Berlin) 15. 6. Dr. Aschoff 15. 6. Dr. Atzenroth 15. 6. Dr. Dr. h. c. Baade 15. 6. Bäumer 15. 6. Berlin 15. 6. Birkelbach 15. 6. Dr. Brecht 30. 6. Brese 15. 6. Brünen 25. 6. Dr. Burgbacher 15. 6. Busch 15. 6. van Delden 15. 6. Deringer 15. 6. Dr. Dittrich 15. 6. Dr. Dörinkel 15. 6. Drachsler 30. 6. Ehnes 15. 6. Eichelbaum 21. 6. Engelbrecht-Greve 16. 6. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 15. 6. Dr. Furler 15. 6. Gerns 15. 6. Gscheidle 15. 6. Dr. Gradl 15. 6. Haage (München) 15. 6. Hahn (Bielefeld) 15. 6. Herold 17. 6. Dr. Hesberg 15. 6. Höfler 16. 6. Illerhaus 15. 6. Kalbitzer 15. 6. Dr. Klein (Berlin) 1. 7. Koenen (Lippstadt) 30. 6. Dr. Kopf 15. 6. Kriedemann 15. 6. Kühn (Bonn) 30. 6. Kühn (Köln) 15. 6. Lohmar 21. 6. Matthöfer 30. 6. Mattick 15. 6. Maucher 15. 6. Mauk 15. 6. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 15. 6. Dr. Menzel 30. 6. Müller (Remscheid) 15. 6. Dr. Nissen 15. 6. Oetzel 15. 6. Paul 15. 6. Dr. h. c. Pferdmenges 15. 6. Pöhler 15. 6. Frau Dr. Probst 15. 6. Rademacher 15. 6. Ramms 15. 6. Reitz 15. 6. Richarts 15. 6. Ruland 15. 6. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Sander 15. 6. Dr. Schäfer 15. 6. Schlick 15. 6. Schmidt (Würgendorf) 15. 6. Schneider (Hamburg) 15. 6. Schultz 15. 6. Schütz 15. 6. Schwabe 15. 6. Seidl (München) 15. 6. Seifriz 15. 6. 'Seither 15. 6. Stiller 16. 6. Storch 15. 6. Frau 'Strobel 15. 6. Strohmayr 15. 6. Unertl 30. 6. Urban 29. 6. Frau Vietje 15. 6. Dr. Vogel 30. 6. Wacher 15. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 15. 6. Dr. Weber (Koblenz) 15. 6. Wilhelm 15. 6. Dr. Zimmermann (München) 15. 6. Anlage 2 Umdruck 124 Änderungsantrag der Abgeordneten Brand, Kurlbaum, Mertes und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Drucksachen IV/476, IV/421). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 sind die Worte „31. Dezember 1962" zu ersetzen durch die Worte „31. März 1963". Bonn, den 15. Juni 1962 Brand Kurlbaum Mertes Müser Dr. Steinmetz Dr. Althammer Leonhard Stein Lange (Essen) Frau Dr. Rehling Günther Dr. Serres Dr. Conring Junghans Porzner
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Kurt Spitzmüller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es gibt in allen Fraktionen sicherlich Abgeordnete, die gern gewissen Wunschvorstellungen nachhängen. Wir haben heute auch erlebt, daß uns Herr Kollege Rohde von diesem Podium gesagt hat, welcher Wunschvorstellung er nachhängt, nämlich der, die in den Satz



    Spitzmüller
    einmündet: „Wenn es überhaupt in den nächsten Jahren sozialpolitische Fortschritte geben wird, dann ist das der SPD zu verdanken".

    (Abg. Ruf: Da kann man nur lachen!)

    Das ist allerdings wirklich ein Wunschdenken.
    Wie sehen die Fakten der letzten Monate aus? Kaum wurde bekannt, daß die Sozialpolitiker der FDP und der CDU/CSU sich zusammengesetzt hatten, um über die Fragen der Lohnfortzahlung und der Krankengeld-Neuregelung zu sprechen, da hatten wir die Große Anfrage der SPD; offensichtlich war sie neugierig oder befürchtete, zu kurz zu kommen.

    (Abg. Rohde: Das ist aber eine naive Ausdeutung unserer parlamentarischen Initiative!)

    — Herr Kollege Rhode, dann muß ich Sie weiter darauf hinweisen: kaum war bekanntgeworden, daß CDU/CSU und FDP einen Unterausschuß gebildet hatten, der sich bemühte, eine große Linie hinsichtlich der Härten festzustellen, die bei einer Novellierung des Rentengesetzes anstehen, da erlebten wir, daß die SPD eine kleine Novelle zum Rentenneuregelungsgesetz mit einem einzigen sehr wichtigen Sachgebiet einbrachte.
    Kaum stand am Mittwochmorgen in den Zeitungen — also muß es schon mindestens am Montag, aber spätestens Dienstag durchgesickert sein —, daß auch in der Kindergeldgesetzgebung irgend etwas sich im Sachlichen — im sozialen Teil — ändern würde, schon hatten wir es mit einem Antrag der SPD zu tun.

    (Zurufe von der SPD.)

    Ich möchte Ihnen nun nicht zu nahe treten, aber ich habe gestern abend etwas Reizendes gehört, an das ich heute morgen hier ein bißchen erinnert wurde. Da sagte ein Mann zu mir: „SPD 62 — die beste CDU, die es je gab".

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien und Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Deist: Es gibt noch andere Sprüche! — Abg. Stingl: Wo bleiben da Sie, Herr Spitzmüller?)

    — Wir bleiben immer schön in der Mitte.
    Nun zu dem, Herr Kollege Schellenberg, was Sie gesagt haben! Mit gewohnter Brillanz und Sachkenntnis sind Sie ganz in die Einzelheiten der schwierigen Materie eingestiegen und Sie haben damit eigentlich schon eine Frage beantwortet, die ich Ihnen gern gestellt hätte. Ich stelle mir einmal vor, es wäre so gekommen, wie es der Herr Kollege Ollenhauer einmal angedeutet hat. Er sagte — so war die Meinung des Herrn Kollegen Ollenhauer, der ich mich nicht anzuschließen brauche, aber er hat es immerhin ausgeführt —: Wenn in der Bundesrepublik Deutschland die Demokratie funktionieren würde, dann hätten die bisher in Opposition stehenden Parteien sich nach dem Wahlergebnis des September 1961 zur Regierungsbildung zusammengefunden. Nehmen wir einmal an, diese Vorstellung des Kollegen Ollenhauer hätte sich realisieren lassen. Es spricht doch einiges dafür, daß Sie, Herr Kollege Schellenberg, dann auf dem Platz des Herrn Kollegen Blank sitzen würden. Ich kann mir vorstellen, daß die Opposition dann ähnliche Große Anfragen starten würde. Ich könnte mir vorstellen, daß auch ein Arbeitsminister Schellenberg — oder ein Arbeitsminister der Sozialdemokratischen Partei — auf solche Anfragen hin nicht gackern würde, bevor das Ei wirklich gelegt ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP. — Abg. Dr. Schellenberg: Herr Spitzmüller, Sie kriegen die feste Zusage von mir: keine 20 Wochen brauchen Sie auf eine Antwort zu warten, sondern zwei Wochen! Bitte, nehmen Sie es zur Kenntnis! — Zurufe von der Mitte und rechts. — Unruhe.)

    — Herr Kollege Schellenberg, ich sage Ihnen: Ihr Vortrag war für uns sehr instruktiv; denn er hat genau auf einige Punkte hingewiesen, bei denen wir tatsächlich noch Übersetzungsschwierigkeiten — bei der Übersetzung von der Idee in die Praxis — sehen. Warum soll man das nicht zugeben? Aber, Herr Kollege Schellenberg, im Grunde genommen war es auch heute wieder das, was ich am 22. Februar schon gesagt habe, nämlich ein Konditionstraining für die erste Lesung eines noch nicht vorliegenden Gesetzes.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Schellenberg und meine Damen und Herren von der SPD, ich kann mir vorstellen, daß Sie mit dem, was der Herr Bundesarbeitsminister gesagt hat, nicht vollkommen zufrieden sind und daß Sie gern mehr gewußt hätten und daß Sie lieber in die Details gestiegen wären. Das ging aus Ihren Ausführungen und aus einigen Zwischenfragen hervor. Aber, Herr Kollege Schellenberg, Sie haben bei der letzten Debatte ja selber gesagt, Sie wollten keine Einzelheiten wissen, sondern Sie wollten nur die Grundsätze haben. Hier muß ich nun feststellen: der Herr Arbeitsminister Blank hat — in Übereinstimmung mit den Koalitionsparteien — Ihre Anfrage, welche Pläne, Vorstellungen und Grundsätze die Regierung habe, beantwortet. Wenn durch den Inhalt der Regierungsaussage das Oppositionspulver vielleicht da oder dort für bestimmte Termine in Nordrhein-Westfalen naß wurde, so kann uns das nicht stören. Ich darf aber darauf hinweisen, daß die Regierung und die Regierungsparteien eine Lösung anstreben, die den veränderten Verhältnissen im Arbeitsleben Rechnung trägt und auf die Erhaltung einer gesunden Wirtschaftsstruktur achtet. Der Hinweis des Ministers, daß die angeführten Gesetze in einem engen Zusammenhang stehen und gleichzeitig eingebracht werden, unterstreicht deutlich den Willen der Regierungsparteien, Probleme, die so eng zusammenhängen, gemeinsam anzupacken und gemeinsam zu lösen.
    Der Wille und die Zusicherung des Herrn Bundesarbeitsministers, daß durch die Verwirklichung der verfolgten Prinzipien keine weitere Belastung des Lohnes erfolgen dürfe, ermöglicht nicht nur unsere Mitarbeit, sondern auch unsere Zustimmung bei diesem schwierigen und komplexen Problemkreis.
    Eine weitere fühlbare Erhöhung der lohnbezogenen Abgaben würde nämlich Gefahren nach zwei



    Spitzmüller
    Seiten heraufbeschwören. Ein weiterer Entzug von erarbeitetem Lohn würde eine weitere Einengung der Verfügungsmittel der Arbeitnehmer bedeuten und damit dem Ziel einer Stärkung der Eigentumsbildung und Selbstvorsorge entgegenstehen. Wir Freien Demokraten wollen — und da sind wir mit der CDU, soweit ich feststellen kann, einig — nicht eine immer größere Abhängigkeit des Arbeitnehmers von sozialen Institutionen, sondern eine Stärkung seiner Eigenverantwortlichkeit, die aber Utopie bleibt, wenn immer größere Anteile des Lohnes dem einzelnen zwangsweise entzogen werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU. — Abg. Ruf: . . . „sozialisiert" werden!)

    Die zweite Gefahr läge in der negativen Beeinflussung unserer Wirtschaftsstruktur, weil eine immer stärkere Belastung der Wirtschaft eine große Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen zur Aufgabe ihrer Selbständigkeit zwingen würde oder zu Subventionsempfängern werden ließe. Gute Sozialpolitik ist für uns Freie Demokraten immer integraler Bestandteil der Wirtschaftspolitik. Wo nämlich die Wirtschaft überfordert wird, leidet die Sozialpolitik Not, weil diese nur von der wirtschaftlichen Leistungskraft leben kann. Man kann nicht dem einen dadurch helfen, daß man den anderen in den Augen vieler zum Subventionsempfänger macht. Deshalb begrüßen wir es dankbar, daß die Regierung nicht den Wunsch und den Willen hat, diese Ausgleichsfunktion mit Hilfe von Steuern, von Staatsmitteln vorzunehmen.
    Wir Freien Demokraten sind der Meinung, daß das von Herrn Minister Blank vorgetragene Konzept eine Gemeinschaftsarbeit von Regierung und Regierungsparteien ist. Damit komme ich noch einmal zu Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD. Wenn Sie mit dem, was wir so andeutungsweise vorhaben, mit unseren Grundsätzen nicht einverstanden sind, so muß ich sagen: es wäre ein vorzügliches Zeichen einer guten Opposition, wenn sie, anstatt an dieser oder jener Stelle herumzumäkeln, anstatt in Details eines noch nicht vorliegenden Gesetzentwurfs einzusteigen, ein eigenes in sich geschlossenes Konzept zu diesem Problemkreis vorlegte. Sicherlich wäre es für viele draußen im Lande ein hoffnungsvolles Zeichen, wenn nach langer Zeit wieder einmal eine echte Alternative zwischen Regierung und Opposition sichtbar würde.

    (Zustimmung rechts und in der Mitte.)

    Unsere Absicht ist es — da kann ich Ihnen durchaus zustimmen, Herr Kollege Schellenberg —, in Zusammenarbeit mit der Regierung dafür einzustehen und dafür zu sorgen, daß die Regierung mit einem soliden Entwurf an die Öffentlichkeit tritt, bei dem wir auch in der Lage sind, den Preis zu nennen. Gesetzesramsch ist schädlich und untergräbt das Ansehen des Parlaments sowie den Glauben an das Funktionieren der Demokratie.
    Ihrem Drängen, meine Damen und Herren von der SPD, zur Eile, muß ich entgegenhalten: die Materien der Gesetzentwürfe, die Sie in Ihrer Großen Anfrage angeschnitten haben, sind für die gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Entwicklung in der Bundesrepublik so entscheidend, daß
    man hier nicht von heute auf morgen vorgehen kann. Dazu braucht man Zeit. Ich darf Sie an Edison erinnern, der Hunderte von Patenten sein eigen nannte und der einmal gesagt hat: 5 % sind Inspirationen, 95 % sind Transmission, also Übersetzungen in die Wirklichkeit. Wir sind bei dieser Übersetzung in die Wirklichkeit in den Parteien, in den Fraktionen der Regierung zusammen; wir stecken schon fest in der Materie. Die Idee, meine Damen und Herren von der SPD, kennen Sie nun. Zur Übertragung in Gesetzesform und in verwaltungstechnische Durchführbarkeit wird man Regierung und Parlament das erforderliche Zeitmaß zugestehen müssen. Man sollte diese Arbeit nicht, ich möchte sagen, durch eine etwas feminine Neugierde stören.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Geiger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist schon mehrfach dargelegt worden, daß der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung 20 Wochen gebraucht hat, bis er unsere Große Anfrage über die künftige Sozialpolitik beantwortet hat. In der Öffentlichkeit wurde lange Zeit davon gesprochen, daß die sozialpolitischen Probleme in einem Paket behandelt werden sollen. Mein Kollege Rohde hat schon darauf hingewiesen, daß es vor der Antwort des Herrn Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung nicht sicher sei, ob es nun wirklich ein Paket oder nur ein kleines Päckchen sei. Ich bin der Auffassung, diese Frage ist jetzt geklärt: es handelt sich wirklich nur um ein ganz kleines Päckchen. Und was aus diesem Päckchen herausgeschält worden ist, ist im Inhalt auch wirklich nicht so groß, daß es den Ausdruck „Paket" verdient.
    Da ich jetzt Betrachtungen über Päckchen und Pakete anstelle, fällt mir eine Fabel aus dem alten Lesebuch ein. Dort stand: Als Fuchs und Katze miteinander spazieren gingen, erzählten sie einander, was für Möglichkeiten sie hätten, wenn der Jäger daherkomme. Die Katze sagte, sie könne nur auf den Baum klettern. Der Fuchs sagte, er könne sowohl springen als auch einen Haken schlagen, und er habe überdies noch einen ganzen Sack voll Künste zu Hause. Unterdessen kam der Jäger. Die Katze sprang auf den Baum. Der Hund des Jägers fing den Fuchs. Da schrie die Katze vom Baum: „Herr Fuchs, bindet den Sack auf! Herr Fuchs, bindet den Sack auf!"
    Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist auch die Situation am heutigen Tage. Ich möchte rufen: Herr Minister, binden Sie das Paket auf! Sie haben draußen vieles erklärt, was Sie in der künftigen Zeit im einzelnen alles tun wollen. Heute halben Sie sich mehr oder weniger nur in großen sozialphilosophischen Erklärungen darüber ergangen. Das gilt nicht nur für die Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers, sondern gilt ebenso für die Ausführungen des Herrn Kollegen Kühn. Herr Kollege Kühn, ich bin mit Ihnen einer Meinung, daß es eine wichtige Aufgabe ist, für die Freiheit zu sor-



    Geiger
    gen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit herauszustellen. Ich wehre mich aber immer wieder dagegen, daß Sie Freiheit und finanzielle persönliche Belastung dauernd gleichsetzen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich bin der Meinung, daß Sie als Vertreter einer Weltanschauungspartei erst recht keinen Grund haben, mit materiellen Zielsetzungen die Verantwortlichkeit unserer Menschen im allgemeinen zu fördern und festzulegen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist nach meiner Meinung doch eine völlig andere Frage.
    Nun, Herr Kollege Kühn, Sie haben mit aller Deutlichkeit herausgestellt, daß Sie bei der Diskussion in Ihrer Partei bezüglich der Lohnfortzahlung in Ihrer Partei an die arbeitsrechtliche Lösung dieses Problems denken. Aber uns, Herr Kollege Kühn, kam es heute nicht darauf an, nur von der CDU die Meinung zu hören, sondern wir wollen wissen, was die Regierung in diesem Falle tut. In der Regierung gibt es noch einen anderen Partner, der andere Vorstellungen auch in der Öffentlichkeit entwickelt hat.
    Dagegen, Herr Kollege Kühn, müssen Sie es uns zugute halten, wenn wir bei solchen Erklärungen nicht allzu gläubig sind und wenn Ihre heutige Versicherung von uns nicht von vornherein als eine Erklärung Ihrer Partei betrachtet wird. Es kommt nicht auf die Erklärungen allein an, sondern es kommt auch auf das Verhalten bei der Abstimmung an.
    Hierfür haben wir noch vor wenigen Monaten ein immerhin deutliches Beispiel gehabt, daß Erklärungen und Abstimmungen etwas ganz Verschiedenes sind. Sie waren es doch, Herr Kollege Kühn, der bei der Frage des Weihnachtsgeldes an Rentner draußen gefordert hat, daß das endlich durchgeführt werden müsse. Und Sie und Ihre Fraktion haben „den Hut wieder aufgesetzt" und haben gegen unsere Vorschläge gestimmt. Das darf ich in diesem Zusammenhang auch einmal feststellen. Es kommt darauf an, wie gehandelt wird, nicht darauf, wie man die Dinge sozialphilosophisch betrachtet.
    Das gilt auch für den Herrn Kollegen Spitzmüller. Es ist erheiternd, möchte ich fast sagen, zu erleben, wie Herr Kollege Spitzmüller sich gewandelt hat, seit seine Partei zur Regierungskoalition gehört. Seine Ausführungen hier waren völlig anders als die, die er als Mitglied der Opposition vorgetragen hat. Ein berechtigter Grund dafür wäre gegeben, wenn es der „starken" FDP gelungen wäre, die Regierungspolitik so zu beeinflussen, daß sie heute gegenüber der Regierungspolitik eine andere Meinung vertreten könnte. Ich hege aber gelinde Zweifel, daß ihr das gelungen ist.
    '(Zuruf von der CDU/CSU: Mal so, mal so!)

    Wenn Sie ganz ehrlich sind, werden Sie zugeben müssen, daß diese Zweifel bei Ihnen noch stärker sind als bei uns.
    Herr Kollege Spitzmüller, Sie haben ein nettes Wort gebraucht: „SPD 1962 — die beste CDU, die
    es je gab". Das Wort läßt sich auch mit einem anderen Reklametext abwandeln: FDP bleibt FDP, selbst bei allen Abstimmungsniederlagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war aber billig!)

    — Nein, das war die Entgegnung.
    Nun bleibt noch die Frage, ob der sozialpolitische Fortschritt von der Opposition erkämpft worden ist oder nicht. Ich darf ganz bescheiden darauf hinweisen, daß in einer parlamentarischen Demokratie alle Entscheidungen sowohl von dem Wirken der Opposition als auch von dem der Regierung und der Regierungsparteien abhängig sind. Wo wären denn alle diese Entscheidungen ohne unser ständiges Drängen geblieben?!

    (Beifall bei der SPD.)

    Die CDU hatte die absolute Mehrheit und hätte die philosophischen Vorstellungen, 'die Sie heute wieder einmal vorgetragen haben, gegen alle anderen Parteien durchsetzen können.
    Bei 'diesem Problem kommt es uns darauf an, daß wir endlich zu einer sinnvollen und vernünftigen Lösung kommen. Ich will darauf verzichten, die Dinge im einzelnen 'zu besprechen. Das hat gar keinen Sinn, weil Sie auf diese 'Einzelfragen nicht eingegangen sind. Ich will vielmehr nur herausstellen, daß es an der Zeit ist, die Krankenversicherung und alle anderen sozialen Bereiche so zu regeln, daß sie den Verhältnissen des 20. Jahrhunderts gerecht werden. Eine Krankenversicherung, Herr Kollege Kühn, die in erster Linie die Gesunderhaltung des Menschen in den Vordergrund stellt, ist und bleibt die erste und vornehmste Aufgabe. Dieses Problem hat sehr wohl auch mit der Frage der Sicherung im Krankheitsfalle 'zu tun. Es 'geht um eine Krankenversicherung, die den Menschen und seine Gesunderhaltung in den Mittelpunkt stellt und die Leistungen gewährt, die dem Produktionsergebnis des 20. Jahrhunderts würdig sind, die gleichzeitig aber auch eine Lösung des gesellschaftlichen Problems der Gleichbehandlung von gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten .auf arbeitsrechtlichem Gebiet bringt.

    (Beifall bei der SPD.)