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ID0403505900

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    Deutscher Bundestag 35. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1962 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1443 A Frau Döhring (Stuttgart) (SPD) . . . 1443 B Rasner (CDU/CSU) . . . . . . . 1444 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . . 1444 B Fragestunde (Drucksachen IV/453, IV/462, IV/479) Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Mangel an Formularen des neuen Personalausweises Dr. Hölzl, Staatssekretär 1444 D, 1445 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 1445 A, C Wehner (SPD) . . . . . . . . 1445 B Fragen des Abg. Fritsch: Heiratsabfindung für ehemalige Kriegerwitwen Blank, Bundesminister 1445 D, 1446 A, B, C Fritsch (SPD) . . . . 1445 D, 1446 A, C Gerlach (SPD) . . . . . . . . . 1446 B Frage des Abg. Lohmar: Chinesische Flüchtlinge in Hongkong Blank, Bundesminister . . . . . . 1446 D Frage des Abg. Imle: Anschlußzug an den Trans-Europa-Expreß „Parsifal" Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1447 B, C Dr. Imle (FDP) 1447 B, C Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache IV/467) Arndgen (CDU/CSU) 1447 D Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Drucksachen IV/421, IV/476) — Zweite und dritte Beratung — Brand (CDU/CSU) 1448 B Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Artikels 64 Abs. 2 des Saarvertrages (Drucksachen IV/422, IV/475) — Zweite und dritte Beratung — 1448 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. November 1961 mit der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten usw. (Finanz- und Ausgleichsvertrag) (Drucksachen IV/392, IV/460) — Zweite und dritte Beratung — 1449 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Krankenversicherung, Lohnfortzahlung und Kindergeld (Drucksache IV/215) Dr. Schellenberg (SPD) . 1449 B, 1452 B, 1468 D Rohde (SPD) . . . . . . . . 1449 C Blank, Bundesminister 1451 D Kühn (Hildesheim) (CDU/CSU) . 1460 C Spitzmüller (FDP) . . . . . . 1463 D Geiger (SPD) 1465 C Schmücker (CDU/CSU) 1466 D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1962 Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung der Abschöpfungen nach Maßgabe der Verordnungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die schrittweise Errichtung gemeinsamer Marktorganisationen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Abschöpfungserhebungsgesetz) (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 464) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/466) — Erste Beratung —, dein Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/463) — Erste Beratung —, dem Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 20 (Schweinefleisch), Nr. 21 (Eier) und Nr. 22 (Geflügelfleisch) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/465) — Erste Beratung — und dem Antrag betr. Durchführung der Verordnungen über die schrittweise Errichtung gemeinsamer Marktorganisationen (SPD) (Drucksache IV/428) Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 1469 D Schwarz, Bundesminister . 1470 B, 1474 C Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 1472 B Nächste Sitzung 1475 D Anlagen 1477 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Juni 1962 1443 35. Sitzung Bonn, den 15. Juni 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adorno 30. 6. Dr. Arndt (Berlin) 15. 6. Dr. Aschoff 15. 6. Dr. Atzenroth 15. 6. Dr. Dr. h. c. Baade 15. 6. Bäumer 15. 6. Berlin 15. 6. Birkelbach 15. 6. Dr. Brecht 30. 6. Brese 15. 6. Brünen 25. 6. Dr. Burgbacher 15. 6. Busch 15. 6. van Delden 15. 6. Deringer 15. 6. Dr. Dittrich 15. 6. Dr. Dörinkel 15. 6. Drachsler 30. 6. Ehnes 15. 6. Eichelbaum 21. 6. Engelbrecht-Greve 16. 6. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 15. 6. Dr. Furler 15. 6. Gerns 15. 6. Gscheidle 15. 6. Dr. Gradl 15. 6. Haage (München) 15. 6. Hahn (Bielefeld) 15. 6. Herold 17. 6. Dr. Hesberg 15. 6. Höfler 16. 6. Illerhaus 15. 6. Kalbitzer 15. 6. Dr. Klein (Berlin) 1. 7. Koenen (Lippstadt) 30. 6. Dr. Kopf 15. 6. Kriedemann 15. 6. Kühn (Bonn) 30. 6. Kühn (Köln) 15. 6. Lohmar 21. 6. Matthöfer 30. 6. Mattick 15. 6. Maucher 15. 6. Mauk 15. 6. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 15. 6. Dr. Menzel 30. 6. Müller (Remscheid) 15. 6. Dr. Nissen 15. 6. Oetzel 15. 6. Paul 15. 6. Dr. h. c. Pferdmenges 15. 6. Pöhler 15. 6. Frau Dr. Probst 15. 6. Rademacher 15. 6. Ramms 15. 6. Reitz 15. 6. Richarts 15. 6. Ruland 15. 6. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Sander 15. 6. Dr. Schäfer 15. 6. Schlick 15. 6. Schmidt (Würgendorf) 15. 6. Schneider (Hamburg) 15. 6. Schultz 15. 6. Schütz 15. 6. Schwabe 15. 6. Seidl (München) 15. 6. Seifriz 15. 6. 'Seither 15. 6. Stiller 16. 6. Storch 15. 6. Frau 'Strobel 15. 6. Strohmayr 15. 6. Unertl 30. 6. Urban 29. 6. Frau Vietje 15. 6. Dr. Vogel 30. 6. Wacher 15. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 15. 6. Dr. Weber (Koblenz) 15. 6. Wilhelm 15. 6. Dr. Zimmermann (München) 15. 6. Anlage 2 Umdruck 124 Änderungsantrag der Abgeordneten Brand, Kurlbaum, Mertes und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft (Drucksachen IV/476, IV/421). Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 sind die Worte „31. Dezember 1962" zu ersetzen durch die Worte „31. März 1963". Bonn, den 15. Juni 1962 Brand Kurlbaum Mertes Müser Dr. Steinmetz Dr. Althammer Leonhard Stein Lange (Essen) Frau Dr. Rehling Günther Dr. Serres Dr. Conring Junghans Porzner
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Schellenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ich habe Ihnen gesagt

    (Zuruf von der SPD: Sie brauchen auf die Zurufe nicht einzugehen! — Unruhe.)

    — Ich danke Ihnen sehr, meine Damen und Herren, aber ich wäre wirklich verbunden, wenn der Kollege, der eine Zwischenfrage stellen will, sich ans Mikrofon begeben würde. Ich will Ihnen gerne Rede und Antwort stehen. Ich kann aber eine Frage nur beantworten, wenn ich sie verstehe.
    Möglicherweise werden Sie sagen, Sie würden auf den Familienstand Rücksicht nehmen: Aber wie Sie die Dinge auch gestalten, bei einem Individualbeitrag muß derjenige, der verheiratet ist, muß der ältere Mensch belastet werden. Für ihn ist die Wahrscheinlichkeit viel größer als für den Alleinstehenden, daß der Individualbeitrag, daß jene 60 oder 120 Mark ausgeschöpft werden. Sie können Ausnahmen machen, natürlich, aber dann werden Sie das System immer mehr komplizieren.
    Meine Damen und Herren, ich mache Sie schon heute — das für Ihre Überlegungen in der Sommerpause — darauf aufmerksam, daß das, was Sie hier beabsichtigen, mit dem Grundsatz der Versicherungsgerechtigkeit in keiner Weise vereinbar ist; denn die Kostenbeteiligung ist um so höher, je höhere Beiträge der einzelne zahlt.

    (Abg. Stingl: Weil er ein höheres Einkommen hat!)

    Niemand wird uns bestreiten, daß wir für sozialen Ausgleich sind; aber wir meinen, daß man in der Sozialversicherung das Prinzip der Gerechtigkeit nicht auf den Kopf stellen sollte.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Ich gehe nicht auf all das ein, was wir gegen die indirekte Kostenbeteiligung, unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitspolitik zu sagen haben. Das haben wir beim Krankenversicherungsneuregelungsgesetz gesagt. Das bleibt unsere Auffassung. Nur ein letztes Wort hierzu. Wir waren sehr erstaunt, daß der Herr Bundesarbeitsminister zwar vom Indivi-



    Dr. Schellenberg
    dualbeitrag spricht, aber zu entscheidenden Tatbeständen nichts sagt, nämlich z. B. dazu, ob der Beitrag 1 oder 2 % betragen soll. Das bedeutet, ob eine Milliarde oder zwei Milliarden an indirekter Kostenbeteiligung erhoben werden sollen. Er hat auch nichts darüber gesagt, ob die Kostenbeteiligung bei ärztlicher Behandlung 10, 20 oder, wie es neuerdings heißt, sogar 25 % der Arztkosten betragen soll.

    (Zuruf von der Mitte: Woher weißt du?)

    Dazu hat sich der Herr Bundesarbeitsminister nicht geäußert. Man könnte denken, daß das mit dem 8. Juli in Verbindung steht.

    (Lebhafte Rufe bei der CDU/CSU: Ah! Ah! —Abg. Ruf: Damit hängt doch die Große Anfrage zusammen!)

    Zur Lohnfortzahlung hat der Minister sich deutlicher geäußert. Aber über diese Seite seiner Pläne hat er geschwiegen.
    Ich komme jetzt zu dem Problem der Sicherung der Familie. Hinsichtlich der Sicherung der Familie im allgemeinen und der Gewährung von Kindergeld im besonderen hat der Herr Minister — ich freue mich sehr, daß Herr Minister Wuermeling an den Beratungen teilnimmt —, der die Familienpolitik in der Bundesregierung zu repräsentieren hat, sich in sehr massiven Angriffen gegen die Politik der Regierung, der er angehört, gewandt.

    (Vorsitz: Vizepräsident Schoettle.)

    Ich möchte einige Worte und Bemerkungen zitieren. In dem Artikel in der „Sozialen Ordnung" sprach er in bezug auf die Familienpolitik von „an die Wand gespielt", „was hier geplant ist, wäre ein tödlicher Schlag gegen den notwendigen Ausbau der Kinderleistung", er schrieb von einem „Offenbarungseid Familienpolitik". Darüber hinaus hat der Herr Familienminister — merkwürdigerweise, muß ich sagen — ein internationales Forum, nämlich die Konferenz der europäischen Familienminister, benutzt, um darzulegen und darlegen zu lassen, daß die Kindergeldregelung in der Bundesrepublik die schlechteste Europas ist.
    Im Hinblick auf diese Feststellungen des Bundesfamilienministers muß ich darauf hinweisen, daß zu gleicher Zeit ein anderer Minister, nämlich der Sonderminister Dr. Krone, erklärte: An der Familienpolitik kann man erkennen, ob eine Politik sozialistisch, liberal oder christlich begründet ist. Meine Damen und Herren, in Anbetracht der Ausführungen des Familienministers, der es eigentlich am besten beurteilen sollte, muß gesagt werden, daß es nicht angebracht ist, für eine Politik Attribute wie „christlich" zu verwenden; denn diese Politik ist eine sehr schlechte Politik, eine sehr schlechte Familienpolitik, die die Mehrheit nach Aussage ihres Familienministers betrieben hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Daran ändert sich nichts dadurch, daß Sie jetzt unter dem Druck unserer Großen Anfrage organisatorische, finanzielle Änderungen des Kindergeldrechts und auch Leistungsverbesserungen ankündigen.
    Sie haben es heute zu Beginn der Sitzung mit einer geschäftsordnungsmäßigen Maßnahme abgelehnt, unseren Gesetzentwurf zur Anpassung der Kindergeldleistungen an die wirtschaftliche Entwicklung in erster Lesung zu beraten. Dieser Gesetzentwurf steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den weiteren Maßnahmen auf dem Gebiet des Kindergeldrechts. Wenn wir jetzt nicht darüber sprechen können, weil Sie es ablehnen, meine Damen und Herren, dann sprechen wir darüber, wenn wir die erste Lesung des Gesetzes vornehmen. Das hat für uns einen Vorteil. Wir kommen nämlich nicht in die zeitliche Bedrängnis wie am heutigen Freitag. Wir werden im Zusammenhang mit der ersten Lesung dieses Gesetzes die Fragen des Kindergeldrechtes in der Bundesrepublik behandeln und unsere Konzeption darlegen. Darauf können Sie sich verlassen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben noch einen Vorteil vergessen: Sie werden auch noch vor dem 8. Juli damit ankommen!)

    — Ja, wir nehmen an, daß nicht durch Einsprüche und Mehrheitsbeschlüsse eine ordnungsgemäße Beratung von Anträgen der Fraktionen im Plenum verhindert wird. Das hängt weder mit dem 1. Juli noch mit dem 8. Juli zusammen. Wir haben die Gesetzesvorlage eingebracht und bestehen darauf, daß sie in angemessener Zeit auch im Hinblick auf die Dringlichkeit des Problems hier behandelt werde.
    Nun zum Schluß. Meine Damen und Herren, der Bundesarbeitsminister hat geantwortet. 20 Wochen hat die Bundesregierung zu dieser bescheidenen Antwort benötigt, zur Beantwortung einer Großen Anfrage, für die nach der Geschäftsordnung zwei Wochen vorgesehen sind. Der Minister hat in Dortmund die Einigkeit der Koalition betont. Sie werden sich aber in den Regierungsparteien nicht der Illusion hingeben, daß Sie mit der spärlichen Antwort, die heute gegeben wurde, in den sozialpolitischen Fragen bereits über den Berg sind. Die Probleme werden erst beginnen, wenn Sie genötigt sind, Ihre Vorstellungen in die Form eines Gesetzentwurfs zu bringen. Dann wird klar werden, was arbeitsechtliche Regelung oder was versicherungsrechtliche Regelung heißt. Dann wird entschieden werden müssen, was Ausgleich für Klein- und Mittelbetriebe bedeutet. Dann wird der vertrauensärtzliche Dienst geregelt werden, und dann wird entschieden werden müssen: eine Milliarde oder zwei Milliarden Individualbeitrag. Oder über die Fragen, was Sie wirklich für eine Beseitigung der wirtschaftlichen Nachteile der Familien tun wollen. Sie haben großartig von einem „Sozialpaket" gesprochen. Mein Kollege Rohde hat vorhin die Frage gestellt: „Na, ist es nicht vielleicht nur ein Päckchen?" Meine Damen und Herren, es ist nur ein sehr bescheidenes Päckchen,

    (Abg. Ruf: Das ist eine Kiste, will ich Ihnen sagen!)

    über dessen Inhalt man nach der Antwort des Ministers nur wenig sagen kann.
    Wir haben in der Großen Anfrage keineswegs alle entscheidenden sozialpolitischen Probleme angesprochen. —

    (Zurufe von dier CDU/CSU.)




    Dr. Schellenberg
    — Im Zusammenhang mit unserer Großen Anfrage haben Sie doch den Begriff „Sozialpaket" geprägt und so getan, als ob damit die Sozialpolitik erschöpft wäre. Nein, meine Damen und Herren, es gibt noch einige andere Dinge, denen Sie sich stellen müssen, z. B. die Frage des Urlaubs: da wurde interessanterweise die Entschließung in Dortmund geändert. Da steht die Frage der Neuordnung ,des Kriegsopferrechts an; wir haben unseren Antrag vorgelegt, da werden Sie sich stellen müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Alles zu gegebener Zeit!)

    In 14 Tagen werden Wir Ihre Stellungnahme zur Berufsausbildungsförderung kennenlernen, womit nach unserem Willen eine neue Phase der Sozialpolitik eingeleitet werden soll. Bei allen diesen Fragen wird sich zeigen, ob die Worte von ,der Einigkeit in der Sozialpolitik, von der der Herr Minister in Dortmund gesprochen hat, Bestand habe. Nach dem, was wir bisher wissen, werden sogar hinsichtlich der zeitlichen Rangordnung sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten. Auf dem einen Parteitag wurde so beschlossen, auf dem anderen Parteitag — Herr Kollege Rohde sagte es bereits — wurde das Gegenteil beschlossen. Wir sind sehr gespannt darauf, zu erleben, wer seine Parteitagsbeschlüsse aufgibt — die eine Partei oder die andere Regierungspartei oder vielleicht beide.
    Meine Damen und Herren! Ungeachtet der Meinungsverschiedenheiten werden wir — das darf ich im Namen meiner Fraktion sagen — selbstverständlich alles tun, um jede Bemühung um den Ausbau des sozialen Rechtsstaates zu unterstützen. Aber wir werden erbitterten Widerstand leisten, wenn Sie in dieser oder jener Hinsicht gefährliche Experimente in der Sozialpolitik der Bundesrepublik unternehmen sollten.

    (Abg. Ruf: Keine Angst! — Abg. Dr. Stoltenberg: Sie sind doch sonst so für Experimente, Herr Schellenberg!)

    Daß ein Betrag von 2 Milliarden DM indirekter Kostenbeteiligung ein bedenkliches Experiment mit der Gesundheit unseres Volkes ist, meine Damen und Herren, darüber sollten keine Meinungsverschiedenheiten bestehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir beginnen mit wichtigen Problemen der Sozialpolitik erst jetzt für diese Legislaturperiode;

    (Oh-Rufe von der CDU/CSU)

    leider! Wir hätten schon im Februar eine Konzeption von Ihnen haben können. In jeder Hinsicht werden wir dahin wirken, daß die Sozialpolitik mit der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung Schritt hält und daß sie dazu beiträgt, den Erfordernissen unserer Zeit besser zu entsprechen als bisher.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Erwin Schoettle
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kühn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Kühn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten uns einen Augenblick wieder darüber unterhalten, was wir eigentlich heute hier diskutieren.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Herr Professor Schellenberg, ich hatte den Eindruck, daß Sie bei der ersten Lesung des Krankenversicherungsneuregelungsgesetzes sind. Aber das ist, glaube ich, nicht der Zweck der heutigen Diskussion. Sie haben, Herr Professor, bei der Beratung vor ca. 3 Wochen gesagt, Ihnen liege gar nicht daran, Einzelheiten kennenzulernen, sondern Sie wollten einige Grundsätze klargestellt haben.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Fragen wollten wir beantwortet haben!)

    — Die Fragen sind, glauben wir, beantwortet. Aber was Sie dann noch an Fragen dazu gestellt haben, sind Fragen zur Gestaltung des Krankenversicherungneuregelungsgesetzes, das zu gegebener Zeit hier behandelt werden muß, wenn die Vorlage da ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube daher, daß wir uns jetzt auf das beschränken sollten, was Sie gefragt haben und worauf die Regierung Antwort gegeben hat.
    Sie haben gesagt, die Antwort, die hier gegeben worden ist, sei dürftig gewesen. Wir sind der Meinung, die Fragen, die Sie gestellt haben, sind haargenau beantwortet worden. Es geht nicht an, nun hier in der Diskussion die Dinge so auszuweiten, daß es draußen im Lande nur Verwirrung geben kann.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Sie haben damals gesagt, es gehe darum, zu erfahren, wie ,die Gesamtkonzeption der Sozialpolitik 'sei. Ich glaube, hier liegt ein erster und sehr entscheidender Unterschied zwischen Ihnen und uns vor. Sie können sich eine Gesamtkonzeption offenbar nur so vorstellen, daß man ein gedrucktes Programm in der Hand hat, in dem zu lesen ist, wo wann was gemacht wird. Wir sind der Auffassung, daß es darauf ankommt, eine klare Vorstellung davon zu haben, was man will und wie man von dieser Vorstellung aus die jeweils bestehenden Notwendigkeiten berücksichtigt.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Das ist ganz und gar nicht dasselbe, meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung — und ich darf Sie auf die Schrift „Mut zur sozialen Sicherheit" von Herrn Staatssekretär Auerbach, der doch einer Ihrer maßgebenden Sozialpolitiker ist, hinweisen —, daß nicht eine, wie er sagt, Sozialklitterung dadurch eintreten soll, daß hier und da an den Sozialleistungsgesetzen etwas geändert wird, sondern daß man zunächst einmal eine Grundvorstellung entwickelt, von der aus man dann die einzelnen Regelungen trifft, und eben diese Grundvorstellung trennt uns.
    Unsere Grundvorstellung ist, daß wir den Menschen als Person wollen, daß wir ihm einen Freiheitsbereich der eigenen Entscheidung auch im Rahmen der Sozialpolitik zubilligen wollen und ihm



    Kühn (Hildesheim)

    'diesen Freiheitsbereich nach Möglichkeit erweitern wollen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und zwar so erweitern, daß wir nicht 'das soziale
    Leistungswesen immer mehr dahin ausweiten — —

    (Zuruf von der SPD.)

    — Das sind keine Sprüche; das sind sehr reale Tatsachen, wie Sie erkennen werden, wenn ich jetzt auf die finanziellen Auswirkungen hinweise.

    (Erneuter Zuruf von der SPD.)

    — Das ist gar nichts anderes; da wirkt es sich aus. Ihre Maßnahmen führen dazu — und das ist ja eben durch die Zwischenrufe während der Ausführungen des Kollegen Schellenberg deutlich geworden —, daß immer stärkere Belastungen des Einkommens durch die Beiträge zur 'Sozialversicherung hingenommen werden müssen. Unsere Vorstellung geht dahin, einen Weg zu entwickeln, der die Belastungen zum Nutzen einer echten Eigentumsbildung in breiten Schichten abbaut.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    — Ich weiß, Sie gehen diesen Weg nicht mit. Wir haben das ja bei den Diskussionen beispielsweise um die Frage der Eigentumsbildung hier erlebt. Sie haben da andere Vorstellungen. Aber wir halten daran fest, weil wir glauben, daß das die einzige Alternative ist, um wirklich persönliche Freiheit und auf persönlicher Freiheit basierende Solidarität zu sichern.

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Das ist Überheblichkeit, die Sie hier wieder zum Ausdruck bringen, wenn Sie Ihren Standpunkt als einzig richtigen bezeichnen! — Gegenrufe von der CDU/CSU: Oho! Ausgerechnet!)