Rede:
ID0403015300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Dr.: 1
    8. Deist.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 30. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1962 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Reitzner 1245 A Abg. D. Hahn (Heidelberg) tritt in den Bundestag ein 1245 B Begrüßung einer Parlamentarierdelegation aus Uruguay 1257 A Erweiterung der Tagesordnung 1245 C Fragestunde (Drucksachen IV/ 388, IV/ 399) Frage des Abg. Peiter: Prüfung ärztliche Verordnungen Blank, Bundesminister 1246 A Peiter (SPD) 1246 C Frage des Abg. Fritsch: Ansprüche aus Lebens- und Rentenversicherungen Dr. Strauß, Staatssekretär . . . 1246 D Fritsch (SPD) 1246 D Frage des Abg. Dr. Mommer: Kraftfahrzeugsteuer Dr. Hettlage, Staatssekretär 1247 A, 1248 A Dr. Schäfer (SPD) 1247 B Ritzel (SPD) . . . . . . . . 1247 D Frage des Abg. Dr. Atzenroth: Belastung aus dem Spar-Prämiengesetz 1248 A Frage des Abg. Seuffert: Auflegung von Bundesanleihen Dr. Hettlage, Staatssekretär . . . 1248 A Seuffert (SPD) 1248 B Frage des Abg. Dr. Imle: Einfuhr von Baufertigteilen Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 1248 B Frage des Abg. Opitz: Wandergewerbescheine und Stadterlaubnisscheine Dr. Westrick, Staatssekretär . . 1248 D Opitz (FDP) 1249 A Frage des Abg. Ertl: Absatz landwirtschaftlicher Veredelungsprodukte aus USA Dr. Hüttebräuker, Staatssekretär . 1249 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: „Dienst für die öffentliche Meinung" Stücklen, Bundesminister . 1249 D, 1250 A Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 1250 A Frage des Abg. Dr. Imle: Untersagung der Errichtung von Fertigbauten Dr. Ernst, Staatssekretär . . . . . 1250 B Dr. Imle (FDP) 1250 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Mai 1962 Frage des Abg. Dr. Kohut: Annahme von Geschenken durch Bundesminister Höcherl, Bundesminister . 1251 A, B, C, D, 1252 A Dr. Kohut (FDP) 1251 B Dr. Schäfer (SPD) 1251 C Jahn (SPD) 1251 D, 1252 A Brück (CDU/CSU) 1252 A Frage des Abg. Dr. Kohut: Vereinfachung der Verwaltung beim Bundesministerium des Innern Höcherl, Bundesminister 1252 A, 1253 C, D Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . 1253 B, C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 1253 D Frage des Abg. Dr. Hamm (Kaiserslautern) : Vorräte zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Katastrophenfall Höcherl, Bundesminister 1253 D Frage des Abg. Höhmann (HessischLichtenau) : Verlegung des Zonengrenzüberganges Herleshausen-Wartha Höcherl, Bundesminister . . 1254 B, C, D Höhmann (Hessisch-Lichtenau) (SPD) 1254 C Frage des Abg. Berberich: Gelände für militärische Anlagen Strauß, Bundesminister 1254 D Frage des Abg. Riegel (Göppingen) : Tiefflüge von Düsenjägern über dem Kindererholungsheim Nordalb Strauß, Bundesminister . 1255 A, B, C, D, 1256 A, B Riegel (Göppingen) (SPD) . . . . 1255 B Wittrock (SPD) . . . . . . . 1255 C Ritzel (SPD) 1256 A Frage des Abg. Dröscher: Artillerie-Scharfschießen bei Baumholder Strauß, Bundesminister . 1256 B, D, 1257 A Dröscher (SPD) . . . . 1256 C, 1257 A Fragen des Abg. Weigl: Bau der Garnisonen in Kemnath und Tirschenreuth Strauß, Bundesminister . . . . . 1257 B Frage des Abg. Lohmar: Bericht des Wehrbeauftragten Strauß, Bundesminister 1257 C Frage des Abg. Dr. Imle: Deckung der Lebensmittelversorgung der Truppe Strauß, Bundesminister 1257 C, D, 1258 A Dr. Imle (FDP) . . . . 1257 D, 1258 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Energie- und Kohlewirtschaft (Drucksache IV/ 297) Arendt (Wattenscheid) (SPD) . . . 1258 B, 1297 A Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 1266 B, 1281 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) 1270 B, 1298 B Dr. Deist ,(SPD) . . . . 1273 D, 1289 C Dr. Aschoff (FDP) . . . . . . 1284 B Blumenfeld (CDU/CSU) 1286 D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 1292 A Scheppmann (CDU/CSU) 1293 D Memmel (CDU/CSU) 1296 A Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/ 115); Berichte des Haushaltsausschusses und des Verteidigungsausschusses (Drucksachen IV/ 387, IV/ 244) — Zweite und dritte Beratung —Dr. Morgenstern (SPD) 1298 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (Drucksachen IV/ 216, IV/ 248); Berichte des Haushaltsausschusses und des Verteidigungsausschusses (Drucksachen IV/ 285, IV/ 335) — Zweite und dritte Beratung — Cramer (SPD) 1299 A, 1302 B Rommerskirchen (CDU/CSU) . . . 1300 C Dr. Mommer (SPD) 1303 A Nächste Sitzung 1304 C Anlagen 1305 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Mai 1962 1245 30. Sitzung Bonn, den 16. Mai 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 15.03 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach * 18.5. Altmaier * 18.5. Bauer (Würzburg) * 18.5. Berkhan * 18.5. Biegler 17. 5. Biermann 16.5. Fürst von Bismarck * 18.5. Blachstein * 18. 5. Dr. Bleiß 18.5. Dr. h. c. Brauer 18.5. Brese 22.5. Burckardt 18.5. Döring (Düsseldorf) * 18.5. Dr. Dörinkel 16.5. Drachsler 26.5. Dürr 16.5. Eichelbaum 18.5. Eschmann 18.5. Felder 18.5. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) * 18.5. Dr. Furler * 18.5. Geiger 18.5. Gerns * 18.5. Gewandt 4. 6. Dr. Gleissner 18.5. Glombig 11.6. Gscheidle 18.5. Hammersen 18.5. Heiland 18.5. Frau Herklotz 17.5. Dr. Hesberg 31.5. Hesemann 16.5. Höfler * 18. 5. Frau Dr. Hubert * 18.5. Jacobs 31.5. Frau Kalinke 18.5. Dr. Klein (Berlin) 1. 7. Klein (Saarbrücken) 18.5. Dr. Kliesing (Honnef) * 18.5. Koenen (Lippstadt) 9. 6. Dr. Kopf * 18.5. Kraus 18.5. Kriedemann 18. 5. Frau Dr. Kuchtner 31.5. Kühn (Bonn) 18.5. Kühn (Köln) 16.5. Lenze (Attendorn) * 18.5. Lermer * 18.5. Lücker (München) 18.5. Margulies 16. 5. Mauk 18.5. Frau Dr. Maxein * 18.5. Frau Meermann 25.5. Dr. Menzel 31.5. Metzger 18.5. Dr. Meyer (Frankfurt) * 18.5. Neubauer 18. 5. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Neumann (Allensbach) 11.6. Oetzel 25.5. Paul * 18.5. Pöhler 16.5. Rasner 26.5. Frau Dr. Rehling * 18.5. Frau Renger * 18.5. Richarts 18.5. Schlick 26.5. Dr. Schmid (Frankfurt) * 18.5. Schmücker 16.5. Dr. Schneider (Saarbrücken) 12. 6. Schoettle 18.5. Frau Schroeder (Detmold) 16.5. Schultz 18.5. Schütz * 18.5. Seidl (München) * 18.5. Dr. Serres * 18.5. Dr. Siemer 9. 6. Dr. Stecker 16. 5. Dr. Steinmetz 18.5. Frau Strobel 18.5. Dr. Süsterhenn 16.5. Wächter 16.5. Dr. Wahl * 18.5. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 26.5. Wehner 16.5. Wendelborn 18.5. Wienand * 18. 5. Dr. Zimmer * 18.5. b) Urlaubsanträge Adorno 30. 6. Dr. Brecht 15. 6. Dr. Höchst 25.5. Ruland 31.5. Steinhoff 11.6. *) Zur Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Haushaltsgesetz 1962 Der Bundesrat erwartet, daß das gesamte Heizölsteueraufkommen entsprechend der Bestimmung des Art. 4 des Mineralölsteueränderungsgesetzes vom 26. 4. 1960 (BGBl. I S. 241) für energiepolitische Zwecke, insbesondere für Maßnahmen zur Anpassung des Steinkohlenbergbaues an die veränderte Lage auf dem Energiemarkt, verwendet wird und nach Möglichkeit auch revierfernen Gebieten zugute kommt. Begründung: Das Heizölsteueraufkommen ist im Haushaltsjahr 1962 mit 340 Millionen DM veranschlagt. Nur ein Teil dieser Mittel ist im Haushaltsplan für zweckentsprechende Ausgaben ausgebracht. Es ist nicht 1306 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Mai 1962 vertretbar, daß der weitere Teil für andere als energiepolitische Zwecke verwendet wird. Besonders zwingt die derzeitige Lage im Steinkohlenbergbau zu noch stärkerer Rationalisierung; hierfür müssen rechtzeitig die notwendigen Mittel bereitstehen. Anlage 3 Umdruck 98 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der SPD — Drucksache IV/ 297 — betr. Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Energie- und Kohlewirtschaft Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag alsbald die Gesetzentwürfe und sonstigen Vorlagen zuzuleiten, die erforderlich sind, um 1. dem westdeutschen Steinkohlenbergbau . eine Fördermenge zu sichern, die allen wirtschaftlich arbeitenden Zechenbetrieben eine volle Ausnutzung ihrer Förderkapazität gewährleistet und den Bergarbeitern eine gleichmäßige und gesicherte Beschäftigungsmöglichkeit garantiert; 2. die größtmögliche Wirtschaftlichkeit des Steinkohlebergbaus durch Austausch von Grubenfeldern und sinnvolle Rationalisierung der Förderung zu erreichen; 3. den Bau von Zechenkraftwerken und die Errichtung von Block- und Fernheizwerken insbesondere durch Gewährung von zinsgünstigen Krediten zu fördern; 4. den Bergbau von solchen finanziellen Lasten zu befreien, die durch die Regression des Bergbaus verursacht werden; 5. der Bundesregierung — insbesondere im Hinblick auf die Lasten, die Verbraucher und Steuerzahler aufbringen — die wirtschaftspolitischen Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um zu sichern, daß die Entwicklung der Energiewirtschaft den volkswirtschaftlichen Gesamtinteressen entspricht. Bonn, den 15. Mai 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 99 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD — Drucksache IV/ 212 — betr. Auswirkungen des Bundesbaugesetzes und sonstiger Maßnahmen der Bundesregierung auf die Baulandpreise Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis spätestens 1. Oktober 1962 dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Wertzuwachsabgabe auf die Spekulationsgewinne aus Bauboden einführt oder durch den auf andere Weise Spekulationsgewinne abgeschöpft werden, die aus einer Steigerung der Bodenwerte und der Bodenpreise entstanden sind. Bonn, den 16. Mai 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 100 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (Drucksachen IV/ 216, IV/ 248, IV/ 335). 1. Artikel I erhält folgende Fassung: ,Artikel I Das Gesetz über die Geld- und Sachbezüge und die Heilfürsorge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten (Wehrsoldgesetz — WSG) in der Fassung vom 22. August 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1611) wird wie folgt geändert: 1. Die Anlage I (Wehrsoldtabelle) zu § 2 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: Wehrsold Wehrsoldgruppe WehrDienstgrad Soldtagessatz DM 1 Grenadier 2,50 2 Gefreiter, Obergefreiter, Hauptgefreiter 3,10 3 Unteroffizier, Stabsunteroffizier 3,50 4 Feldwebel, Oberfeldwebel 3,75 5 Stabsfeldwebel, Leutnant 4,40 6 Oberstabsfeldwebel, Oberleutnant 5, 7 Hauptmann 6,25 8 Major, Stabsarzt, Stabsingenieur 7,50 9 Oberstleutnant, Oberstabsarzt, Oberfeldarzt 8,75 10 Oberst, Oberstarzt 10, 11 General 12,50 2. § 8 Abs. 2 und 3 erhält folgende Fassung: „(2) Das Entlassungsgeld beträgt nach sechsmonatigem Wehrdienst 45 Deutsche Mark zwölfmonatigem Wehrdienst 180 Deutsche Mark Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Mai 1962 1307 achtzehnmonatigem Wehrdienst für den Grenadier 360 Deutsche Mark für den Gefreiten und Obergefreiten 420 Deutsche Mark für den Unteroffizier 480 Deutsche Mark. (3) Haben Familienangehörige des Soldadaten allgemeine Leistungen nach § 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten, beträgt das Entlassungsgeld nach sechsmonatigem Wehrdienst 75 Deutsche Mark zwölfmonatigem Wehrdienst 240 Deutsche Mark achtzehnmonatigem Wehrdienst für den Grenadier 480 Deutsche Mark für den Gefreiten und Obergefreiten 540 Deutsche Mark für den Unteroffizier 600 Deutsche Mark." 2. In Artikel II wird in § 2 in Absatz 1 und 2 die Zahl „150" durch die Zahl „240", die Zahl „200" durch die Zahl „300" und die Zahl „250" durch die Zahl „360" ersetzt. Bonn, den 16. Mai 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 101 (neu) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der SPD betr. Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Energie- und Kohlewirtschaft (Drucksache IV/ 297). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Deutsche Bundestag teilt die Auffassung der Bundesregierung bezüglich der dargelegten bisherigen energiepolitischen Maßnahmen und ihrer vorgesehenen Fortsetzung. 2. Die Bundesregierung hat in ihrer Erklärung die Vornahme von Konsultationen mit der Mineralölindustrie in Aussicht gestellt. Maßgebend hierbei ist die richtige Erkenntnis, daß angesichts der bevorstehenden Erweiterung der Raffineriekapazitäten, des damit erwarteten Aufkommens an Heizöl in der Bundesrepublik sowie der Notwendigkeit der Anpassung der Energieträger an die Strukturveränderung eine Investitionsabstimmung unerläßlich ist, die gewährleistet, daß die inländische Heizölerzeugung dem Bedarf angepaßt wird, der sich bei Berücksichtigung des Nachfragezuwachses ergibt und daher die Steinkohlenförderung möglichst in ihrer heutigen Größenordnung unter Ausnutzung optimaler Förderbedingungen ermöglicht. Wenn diese Investitionsabstimmung nicht zu den beabsichtigten Ergebnissen führt, hält es der Bundestag für erforderlich, daß die Bundesregierung in Betracht zieht, von der Ermächtigung nach § 10 des Außenwirtschaftsgesetzes Gebrauch zu machen. 3. Der Deutsche Bundestag erwartet die unverzügliche Vorlage des angekündigten Gesetzentwurfs zur Rationalisierung im Steinkohlenbergbau, um den Steinkohlenbergbau der Strukturänderung anzupassen und gleichzeitig seine vom Bundestag erwarteten und notwendigen eigenen weiteren Maßnahmen zu fördern, die seine Wettbewerbslage verbessern. Dabei sind hierfür notwendige Mittel aus dem Aufkommen an Heizölsteuer entsprechend der energiepolitischen Zielsetzung zu verwenden. 4. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, über die unterschiedlichen Entwicklungstendenzen in der Renten- und Unfallversicherung, über das Aufkommen und die Leistungen dieser Versicherungsträger zu berichten und dabei im Hinblick auf den beabsichtigten Beitritt Großbritanniens zu den Europäischen Gemeinschaften die besonderen Belastungen des deutschen Bergbaus im Rahmen der Sozialversicherung darzulegen. Bonn, den 16. Mai 1962 Dr. Dollinger und Fraktion Dr. Mende und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die Große Anfrage der SPD ein willkommener Anlaß ist, über ein sehr wichtiges volkswirtschaftliches Teilproblem zu sprechen, das uns schon lange beschäftigt und noch lange beschäftigen wird.
    Ich glaube auch sagen zu dürfen, die Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers haben bewiesen, daß die Bundesregierung in der zurückliegenden Zeit mit dem von ihm geschilderten Bukett von Maßnahmen Energiewirtschaftspolitik gemacht hat und daß sie mit den angekündigten neuen Maßnahmen diese Energiewirtschaftspolitik fortzusetzen gedenkt. Die Tatsache, daß sich die Kohlenfördermenge in den letzten Jahren nicht mehr wesentlich verändert hat, sondern nach leichter Steigerung bei etwa 143 Millionen t im Jahr liegt, beweist die Richtigkeit dieser Politik.
    Man könnte vielleicht der Meinung sein, daß man dann ja noch Zeit habe. Dem ist aber nicht so, weil in der Energiewirtschaft nicht die gleichen Grundvoraussetzungen wie in anderen Zweigen der produzierenden Wirtschaft gegeben sind. Es ist nun einmal so, daß sie von geologischen Voraussetzungen abhängt und daß sowohl bei Kohle wie bei Öl, sowohl bei Kraftwerken wie bei Kokereien jahrelange Planung, jahrelange Bauzeiten und dann festliegende Kapazitäten vorhanden sind, die nicht in wenigen Jahren wie etwa eine unmodern werdende Maschine abgeschrieben werden können.
    Aus diesen natürlichen Gründen ist auch im Rahmen einer sozialen und freien Marktwirtschaft der legitime Raum für eine aktive Energiewirtschaftspolitik gegeben.
    Es ist mit Recht auf die Resolution des Europäischen Parlaments hingewiesen worden. Ich bekenne mich zu dem Inhalt dieser Resolution in allen seinen Teilen; ich bin aber auch damit einverstanden, daß man zu einigen Teilen Vorbehalte anmeldet. Es gibt kaum eine mit Mehrheit gefaßte Entschließung eines nationalen oder supranationalen Parlaments, die jedem in allen Teilen restlos gefällt.
    Die Tatsache, daß wir bei einer vollen Liberalisierung des Energiemarktes in der Bundesrepublik etwa 40 bis 60 Millionen Jahrestonnen Steinkohle im Laufe relativ kurzer Zeit verlieren würden, zusammen mit der Unübersehbarkeit der energiewirtschaftlichen und preislichen Entwicklung in den kommenden zehn Jahren, veranlaßt uns zu den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen. Die geologischen Voraussetzungen, die wir haben, sind nun einmal so wesentlich verschieden von denen z. B. in den Vereinigten Staaten, daß wir auch bei stärkster Rationalisierung an die Schichtleistungen, wie sie in den Vereinigten Staaten sind, vermutlich nicht herankommen können.
    Der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird sich am 5. Juni erneut mit den Fragen der Energiewirtschaftspolitik befassen, und auf Grund der Ergebnisse einer letzten Konferenz des Ministerrates in Rom zeichnen sich vielleicht europäische Lösungsmöglichkeiten ab, die sich mit dem Sinn unserer nationalen Energiewirtschaftspolitik in Übereinstimmung bringen lassen.
    Ich möchte gleich am Anfang darauf eingehen, daß wir gar nicht wissen, wie sich die Verwendung der Kohle noch weiter entwickeln kann. Hier ist in einem anderen Zusammenhang von der Saar gesprochen worden. An der Saar werden z. B. von der insgesamt geförderten Kohle nur 11% gewandelt oder veredelt, im Ruhrgebiet bereits 47 %. Ich will damit sagen, daß wir mit der Kohleverwendung, der Kohleveredelung, der Erhöhung der Nutzwerte und der Ausnutzungsgrade sowie den Reduzierungen der Wandlungsverluste, die zwischen der Primärenergie, der Sekundärenergie und schließlich der Nutzenergie stehen, noch keineswegs am Ende der Entwicklung angekommen sind.
    Um auch gleich am Anfang davon zu sprechen, daß die Atomenergie noch kein Gegenstand für unsere heutige Debatte ist, möchte ich sagen — es



    Dr. Burgbacher
    ist wohl übereinstimmende Auffassung aller —, daß die Atomenergie frühestens etwa im Jahre 1970 anfängt, wirksam auf einem Teilenergiemarkt, nämlich dem Elektrizitätsmarkt, aufzutreten. Heute werden nur etwa 15 bis 20 % des Gesamtenergiebedarfs von der Elektrizität gedeckt. Es wird also ab 1970 erst langsam anlaufend ein Teil des dann mehr entstehenden Strombedarfs durch Kernenergie gedeckt werden. Diese Feststellung enthebt uns heute und hier nicht der Pflicht, eine aktive Energiewirtschaftspolitik unter den zur Zeit gegebenen Verhältnissen und Erkenntnissen zu treiben.
    Wir sind uns also darüber einig, daß die Geltung der Heizölsteuer verlängert werden soll. Bei dieser Verlängerung muß man sich wohl auch wieder des legislativen Ausgangspunktes für diese Steuer erinnern, der nicht fiskalischer, sondern energiepolitischer Art war. Wir sind uns einig darüber, daß die Geltung der Kohlekontingente und des Kohlezolls verlängert werden soll, und wir sind uns vor allem über den erwähnten Rationalisierungsverband einig. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat schon anerkannt, welche Leistungen bisher bereits bei der Rationalisierung und bei der Steigerung der durchschnittlichen Schichtleistung um 38 % entstanden sind. Die Steinkohle sollte nach unserer Ansicht die echte Chance haben, bei Ausnutzung aller denkbaren, aller zumutbaren Rationalisierungsmöglichkeiten die heutige Förderung von rund 140 Millionen t in etwa beizuhalten, wobei klar sein muß, daß eine Absatzgarantie nicht gegeben werden kann und auch nicht gegeben werden soll. Wir wollen die Zeit des Übergangs, wie die Regierungserklärung sagt, zur Vermeidung bruchartiger Übergänge vermitteln, um der Kohle die Zeit zu geben, sich der neuen Situation anzupassen.
    Wir sind uns deshalb auch darüber einig, daß eine laufende Konsultation zwischen dem Bundeswirtschaftsminister — als Repräsentant der Bundesregierung — und der Kohle und vor allem dem Öl über den Ausbau oder den Neubau von Raffineriekapazitäten stattfinden soll. Das liegt nicht nur im Interesse der Kohle, sondern in gleicher Weise auch im Interesse des Öls. Denn man muß in Betracht ziehen, daß ein Arbeitsplatz in einer modernen Raffinerie zwischen 2- und 300 000 DM Investitionskapital kostet. Es wäre nicht fair, Investitionen in einem solchen Maße zuzulassen oder zu fördern, wenn sie nicht ihren Markt haben. Dabei ist völlig klar, daß der relative Anteil der Steinkohle, wenn sie ihren absoluten Mengenanteil am Gesamtenergiemarkt behält, mit ziemlich rasanter Geschwindigkeit zurückgeht und daß, im großen und ganzen gesehen, der Energiezuwachs der kommenden, zunächst einmal übersehbaren zehn Jahre — mit Prophezeihungen wollen wir sehr vorsichtig sein — dem Öl gehört. Das kann und soll nicht bestritten werden. Es soll auch nicht bestritten werden, daß der Verbraucher auf dem Energiemarkt die freie Wahl behalten muß.
    Der Zweck dieser Abstimmung ist, zu verhindern, daß die Kohle in einem auf längere Sicht nicht notwendigen Maße überrannt wird und zur Stillegung kommt und dann bei einer etwaigen Veränderung in den Veredelungserkenntnissen, in der Minderung der Wandlungsverluste oder auf ,der Seite der Ölpreise nicht mehr vorhanden ist. Wir glauben aber, daß diese Abstimmung, die in völlig freiem Verkehr :des Ministers mit den Interessenten vor sich gehen soll, auch einen Erfolg im Sinne dieser Energiepolitik haben muß. Deshalb möchten wir auch zum Ausdruck bringen, daß wir, wenn das nicht der Fall ist, über zwei Möglichkeiten verfügen, um den Versuch zu machen, 'doch zum Erfolg zu kommen.
    Die eine Möglichkeit ist die Anwendung des Art. 10 des Außenwirtschaftsgesetzes. Sie ist identisch mit einer Art Lizenzierung. Die Regierung kann sie nach geltendem Recht jeden Tag in Betracht ziehen, wenn sie es will. Die andere Möglichkeit bestünde eventuell in der auch in der Hand der Regierung liegenden Berechtigung der Erhöhung der jetzt in Kraft befindlichen Heizölsteuersätze. Wir wollen aber hoffen, daß es die Vernunft der Beteiligten überflüssig macht, den Art. 10 anzuwenden oder von der Erhöhung der Heizölsteuer Gebrauch zu machen. Man sollte es eigentlich im weitsichtigen Interesse aller annehmen dürfen.
    Einverständnis besteht in der Zurückdrängung des Ostblocköls, wobei wir selbstverständlich eingegangene handelsvertragliche Verpflichtungen zu beachten haben. Daß aber hier eine echte Gefahr über den energiewirtschaftlichen Rahmen hinaus auf uns zukommt, mögen ganz wenige Zahlen über die Exportpreise der Sowjetunion für Ö1 zeigen. Sie betragen. zum Beispiel in der Bundesrepublik, in Italien, Finnland, Japan und Ägypten zwischen 39 und 50 DM. Sie betragen in den Ländern Polen, Tschechei, Ungarn, Sowjetzone und Volksrepublik China zwischen 78 und 95 DM, d. h. sie sind ausdrücklich politische Preise und haben das Ziel, einmal, Devisen für den Sowjetblock zu bekommen, dann aber auch, eine partielle energiewirtschaftliche Abhängigkeit der Energiewirtschaft des Westens von dem Osten zu erreichen. Hier sind wir mit der EWG und der atlantischen Welt völlig einer Meinung, und wir hoffen, die Dinge in den Griff zu bekommen.
    Eine große Chance für die Kohle besteht in ihrer — wie die Fachleute sagen — „Verstromung"; ich habe heute von einem Sprachkundler gehört, das sei ein grauenhaftes Wort. Dieses Wort bedeutet: die Umwandlung der Kohle in Elektrizität. Diese Chance kann man nicht groß genug sehen, und zwar deshalb, weil auch heute bei den in der Bundesrepublik relativ niedrigen Ölpreisen für Kraftwerke die Gestehungskostendifferenz bei der Kilowattstunde Strom aus Kohle gegenüber der aus frachtgünstig geliefertem Öl nur zwischen 0,2 und 0,4 Pf ausmacht. Zweifellos wäre das für die Aluminiumindustrie ein wichtiger Punkt; aber für den Großteil der Stromverbraucher ist das kein entscheidender kalkulatorischer Posten.
    Zur Zeit werden etwa 20 % der Steinkohle in Elektrizität umgewandelt. Man rechnet alle zehn Jahre mit einer Verdoppelung des Elektrizitätsbedarfs. In zehn bis fünfzehn Jahren wäre also — zunächst nur statistisch gerechnet —, wenn die gesamte Zunahme der Nachfrage nach Strom aus



    Dr. Burgbacher
    Steinkohle gedeckt würde, die in der Gefahr der Substituierbarkeit liegende Steinkohle in Elektrizität umgewandelt. Dann könnten wir auf viele der jetzt erörterten Anpassungsmaßnahmen sozusagen automatisch verzichten. Ich möchte auf diesen Punkt und auf die Förderung dieser Entwicklung besonders hinweisen.
    In der Erklärung der Bundesregierung ist eine indirekte Förderung vorgesehen. Die Überlegungen gehen dahin, daß alle auf Öl stehenden Großverbraucher — dazu würden die Kraftwerke gehören — eine bestimmte Vorratsmenge an Öl aus Gründen der Sicherheit der öffentlichen Stromversorgung halten müssen. Dann müssen natürlich Anlagen geschaffen werden, die Geld kosten und die Wettbewerbsfähigkeit 'der auf ,Kohle ruhenden Verstromung vergrößern würden.
    Die Frage der Wettbewerbsangleichung, die Frage, ob man das Energiewirtschaftsgesetz für Gas und Elektrizität unter Umständen auch auf andere Dinge wie Pipelines ausdehnen soll, ist noch nicht entscheidungsreif. Ich möchte sie nur in dem Sinne im Betracht ziehen — nicht, daß es so sein muß —, daß keinerlei Wettbewerbsverzerrung in der Gesetzgebung für die verschiedenen Energieträger bleiben soll. Ich könnte mir auch denken, daß man zukünftiges Heizölsteueraufkommen nur energiewirtschaftspolitisch einsetzt. Damit möchte ich um Gottes willen nicht die verdienstvolle Arbeit unseres Bundesfinanzministers stören, den Haushalt in Ordnung zu halten; ich spreche deshalb ausdrücklich von zukünftig neu aufkommender Heizölsteuer.
    Es müßte unser Ziel sein, daß zumindest die leitungsgebundene Energie — Gas, Elektrizität und Öl; denn es wird in Zukunft sehr bald auch in Pipelines leitungsgebunden sein — im süddeutschen Raum oder im revierfernen Raum nicht wesentlich mehr kostet als im Revierraum.

    (Zustimmung rechts.)

    Diesen legitimen Anspruch der revierfernen Gebiete unserer Bundesrepublik möchten wir ausdrücklich anerkennen. Wir möchten auch die Politik der Verbilligung der Kohlefrachten in diesen Räumen aus Mitteln der Heizölsteuer — wenn das noch drin ist
    — fortsetzen.
    Eine weitere Frage bei der Kohle ist ihre Sozialbelastung. Darüber wird — wenn es der Ablauf der Aussprache zuläßt — ein Kollege noch besonders sprechen. Ich möchte nur — für jeden verständlich
    — folgendes sagen. Die Kohle hat im Knappschaftssystem eine auf die Branche Kohle begrenzte Alters- und Unfallversicherung. Das war bei deren Entstehung wahrscheinlich ein guter legitimer Gedanke. In den Zeiten, in denen sich aus Gründen der technischen Fortentwicklung aber die aktiv tätige Belegschaft in einer Branche reduziert, die inaktive sich aber nicht reduziert, sondern gar steigert, muß das natürlich in der Sozialbelastung zu außergewöhnlichen Belastungen führen. Wir müssen zunächst studieren, wie das in den übrigen Ländern des Gemeinsamen Marktes und in dem ante portas stehenden Großbritannien gehandhabt wird, um klarzustellen, daß wir hier auch wettbewerblich gleichziehen müssen. Ich möchte über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und über alle anderen Einzelheiten nicht sprechen, sondern das meinem Kollegen Scheppmann vorbehalten, wenn er es nachher tun will.
    Interessant ist, daß in den Vereinigten Staaten — allerdings mit anderen geologischen Voraussetzungen und anderen Kohlepreisen — die Kohle in der „Verstromung" den Platz Nummer Eins einnimmt, und daß man nach neueren Erkenntnissen der Meinung ist, die in den Vereinigten Staaten in den letzten 20 Jahren erheblich zurückgegangene Kohlenförderung — seit einigen Jahren ist sie stabil geblieben — wieder um mindestens 100 Millionen Tonnen pro Jahr steigern zu können, wenn man diese Politik der „Verstromung" der Kohle systematisch fortsetzt.
    Erlauben Sie mir auch noch folgenden Hinweis. Wenn von der Sicherheit der Energieversorgung gesprochen wird, muß das im richtigen Maße gesehen werden. Es gibt keine autarke Energieversorgung mehr für die Bundesrepublik und auch nicht für den Gemeinsamen Markt. Wir sind zur Zeit mit etwa 27 % importabhängig und werden, wenn die heutige Steinkohlenförderung der europäischen Gemeinschaft aufrechterhalten bleibt, im Jahre 1975 mit mindestens 40% importabhängig sein. Wenn aber voll liberalisiert wird und wenn die Steinkohlenförderung der Gemeinschaft und insbesondere die deutsche auf die nicht substituierbare Menge zurückgeht, dann würde die Energieabhängigkeit etwa 60 % betragen. Nun darf man ja neuerdings wieder über Devisen sprechen. Ich möchte immerhin darauf hinweisen, daß die Frage, ob diese substituierbare Kohle aus dem Lande oder aus dem Import kommt, eine Frage von 3 bis 4 Milliarden DM pro Jahr an Devisen ausmacht. Ich halte dies nicht für die entscheidende Frage; aber im Bukett der Gesamtbetrachtung sollte man sie nicht übersehen.
    Ein weiteres. Ich bin der Meinung, daß wir bei den Energiedebatten viel zu wenig dem Transportkostenanteil bei den verschiedenen Energieträgern Rechnung tragen. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Wenn Ölprodukte von der Ruhr nach München transportiert werden, kostet das 45 DM pro Tonne; wenn sie von Stuttgart nach München transportiert werden, kostet es 41 DM pro Tonne; wenn sie von Karlsruhe nach München transportiert werden, 32 DM und von Ingolstadt nach München 15 DM. Ein Beispiel aus einem ganz anderen Sektor dafür, was Transportkosten bedeuten. Ich habe es gerade in Straßburg bei einer Agrardebatte gehört. Der Transport von 20 t Weizen auf 800 km kostet in Italien 26,66 DM, in Frankreich 30,28 DM und in der Bundesrepublik 63,10 DM. Ein weiteres Beispiel: Transportieren Sie Kohle als Kohle auf 500 km mit der Bahn, dann machen die Transportkosten etwa 40 % des Endpreises aus. Transportieren Sie diese Kohle aber umgewandelt in Gas oder Strom über 500 km, dann machen die Transportkosten 7 % des Endpreises aus. Ein weiteres Beispiel: In den Vereinigten Staaten wird bekanntlich etwa das Vierfache an Energiemenge angeboten und verbraucht wie bei uns. Pro Kopf gerechnet, entfällt dort ein Viertel der Energiemenge, das heißt also die Ener-



    Dr. Burgbacher
    giemenge, die wir in der Bundesrepublik konsumtiv und produktiv für alle Zwecke der Energie brauchen, auf die Transportenergie für Menschen und Güter.
    Warum sage ich das? Ich sage das, weil mit der Veredelung der Kohle und dem Transport der veredelten Kohle viel Möglichkeiten gegeben sind, um die echte Wettbewerbsfähigkeit der Kohle zu verbessern. Wir sollten diesem Transportkostenproblem unsere Aufmerksamkeit widmen.
    Wir sind auch wegen des bevorstehenden Beitritts Großbritanniens zum Gemeinsamen Markt zu einer aktiven Energiepolitik verpflichtet. Großbritannien ist mit 200 Millionen t im Jahr ein größerer Steinkohlenproduzent als wir. Wir müssen in Betracht ziehen, daß die französische und englische Kohlewirtschaft verstaatlicht ist. Auch bei der italienischen Energiewirtschaft, die gegenwärtig zur Hälfte in privatem Besitz, zur Hälfte in öffentlichem Besitz ist, wird es vielleicht bald anders sein. Für Deutschland und den deutschen Steinkohlenbergbau erhebt sich die Frage des gemeinsamen Kohleverkaufs. Derartige Überlegungen über die Wettbewerber im Gemeinsamen Markt sind für eine aktive deutsche Energiepolitik sehr wichtig. Ich weise auch darauf hin, daß wir uns in absehbarer Zeit — Ende 1963 — mit dem Auslauf der sogenannten deutschen Erdölprotokolle befassen müssen.
    Ich möchte deshalb davor warnen, mehr als mittelfristige Überlegungen anzustellen. Ich habe aus einem anderen Grund die soziologische und ökonomische Entwicklung der letzten hundert Jahre auf verschiedenen Gebieten, auch auf dem Energiegebiet, studieren müssen. Hätte ich mir dabei vorgestellt, wir hätten die heutige Debatte im Jahre 1862 oder im Jahre 1882 oder in Abständen von zwanzig Jahren geführt und hätten vorausplanen und -schauen wollen, wie sich die Energiewirtschaft entwickelt, dann kann man nur in Demut schweigen. Deshalb soll man die Erfordernisse der Zeit — das ist die Aufgabe der Politik — erkennen und nach bestem Wissen und Gewissen danach handeln. Man kann dabei aber immer nur Maßnahmen treffen, die, sagen wir einmal, ein Kompromiß aus verschiedenen Lehrmeinungen sind.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Ich warne aber noch einmal vor der mehr oder weniger im Unterbewußten verbreiteten Auffassung, Kohle sei unmodern.
    Bei der Ausnutzung der Kohle, von der Förderung angefangen, sind wir durchaus noch nicht am Ende der Mechanisierung angelangt. Die Wandlungsverluste zwischen der Kohle, der Sekundär- und Tertiärenergie bewegen sich auch heute noch zwischen 30 und 60% der eingesetzten Primärenergie. Unserer Technik und Chemie und anderen Wissenschaften gelingt es laufend, diese Wandlungsverluste zu reduzieren. Wenn wir dann auch noch dem Transportproblem unsere Aufmerksamkeit schenken und nicht die frachtschwere Kohle, sondern ihre gewandelten Produkte über festliegende Leitungswege transportieren, kommen wir ein Stück weiter, wobei ich der Meinung bin, daß unser Ziel ein Großverbundnetz, sowohl im Gas als auch im Strom und auch im Öl, sein muß, weil diese Großverbundnetze die Tendenz haben, das jetzt für unsere süddeutschen Freunde oft schmerzliche Preisgefälle zu ihren Lasten entweder zu reduzieren oder sogar im Laufe der Zeit zu beseitigen.
    Nun wird sehr viel davon gesprochen, daß die Energiekosten für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft entscheidend sind. Ich möchte das so sagen: Die Energiekosten sind einer der Faktoren, die entscheidend sind für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft; sie sind aber nicht d e r Faktor. Daneben gibt es den Kapitaldienst, also Abschreibung und Verzinsung der Investitionen, es gibt Löhne und Gehälter, es gibt öffentliche Abgaben, und es gibt die schon genannten Transportkosten. Mit anderen Worten: es gibt noch andere Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft bestimmen, und man kann keinen der Faktoren mit dem Perfektionismus behandeln, daß unter allen Umständen der absolut günstigste Preis immer die auf die Dauer richtige Politik sei.
    Wir haben Ihnen mit Umdruck 101 eine Entschließung vorgelegt. Einer der nachfolgenden Sprecher wird diese Entschließung noch begründen. An sich ist das schon in meinen Ausführungen geschehen. Ich darf Sie hiermit um Annahme dieser Entschließung bitten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Deist.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahre 1956, also seit nunmehr sechs Jahren, befassen wir uns hier im Bundestag fast regelmäßig jährlich mit einer Debatte über die Lage der Kohle- und Energiewirtschaft. Wir müssen feststellen, daß es in diesen sechs Jahren jedenfalls nicht gelungen ist, das Problem des Kohlebergbaus und das Problem der Energiewirtschaft in angemessener Weise zu lösen. Im Gegenteil; wir wissen, wie schwer in den übrigen europäischen Staaten gerungen wird, wir wissen, wie schwer in den europäischen Gemeinschaften gerungen wird, und wir sehen, daß wir auch hier nicht sehr viele Schritte weitergekommen sind.
    Das ist gegenüber den Beschönigungsversuchen, die immer wieder bezüglich der Lage im Kohlebergbau und in der Energiewirtschaft gemacht werden, ein recht trauriges Ergebnis; denn im Grunde genommen ist das, was die Energiewirtschaft heute darstellt, ein Dschungel, in dem die großen Tiere vorherrschen. Darin sind, für die zukünftige Entwicklung der Energiewirtschaft außerordentlich ernste Gefahren zu sehen.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Unter diesem Gesichtspunkt ist es auch bemerkenswert, daß sich die Bundesregierung seit langer, langer Zeit, gezwungen durch unsere Große Anfrage, am vergangenen Montag zum erstenmal wieder mit der Energiepolitik befaßt hat. Mir scheint,



    Dr. Deist
    daß diese Haltung, dieser Attentismus der Bundesregierung den tatsächlichen Verhältnissen in der Energiewirtschaft in keiner Weise gerecht wird.
    Wir haben nunmehr, wiederum auf Veranlassung der Sozialdemokratie, gestern ein Sachverständigengutachten über die Lage der Energiewirtschaft bekommen. Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern, daß wir zum ersten Male im März 1956, vor nunmehr 6 Jahren, die Durchführung einer gründlichen Enquete beantragt haben. Dieser Antrag ist dann wie üblich im letzten Jahre der damaligen Legislaturperiode nicht mehr zur Erörterung gekommen. Wir haben diesen Gesetzentwurf im November 1957 sofort erneut eingebracht.
    Meine Damen und Herren, inzwischen sind 6 Jahre vergangen. Was könnte uns an ernsthaften Ergebnissen einer gründlichen Untersuchung bereits vorliegen, wenn im Jahre 1956 unserem Antrag entsprechend beschlossen worden wäre! Das Gutachten ist erst im Juni 1959 beschlossen worden, nachdem bereits drei Jahre seit der Stellung unseres ersten Antrages vergangen waren, und der Umfang der Untersuchung ist außerordentlich eingeschränkt worden. Wir hatten eine umfangreiche Enquete mit entsprechenden Anhörungsrechten und Anhörungspflichten, Einsichtnahme in Unterlagen und dergleichen mehr beantragt. Wir haben das leider nicht durchsetzen können. Die Mehrheit hat beschlossen, daß nur ein Bericht über die Entwicklung der gegenwärtigen und zukünftigen Struktur von Angebot und Nachfrage in der Energiewirtschaft der Bundesrepublik gegeben werden solle.
    Es leuchtet ein, daß 'dieses Untersuchungsthema sehr begrenzt ist. Und wenn ich feststelle, daß das Gutachten infolgedessen für wirtschaftspolitische Entscheidungen nur einen begrenzten Wert hat, dann trifft .das nicht die Gutachter, denn sie mußten sich natürlich an den Umfang des Auftrages halten; diese Feststellung richtet sich vielmehr gegen die Einschränkung der Untersuchungsaufgabe, wie sie nun einmal vorgenommen worden war. Daher kommt es, daß wir auch nach diesem Gutachten — nachdem inzwischen sechs Jahre vergangen sind — keine ausreichenden Unterlagen über die Kosten- und Ertragsstruktur wichtiger Zweige der Energiewirtschaft haben. Was wir Über die Mineralölwirtschaft haben, das sind höchstens einigermaßen zuverlässige Schätzungen; als mehr kann man sie nicht bezeichnen. Wir haben keinerlei Unterlagen über die Marktstruktur der Energiewirtschaft in ihren verschiedenen Bereichen — ein wichtiges Element für die Abschätzung der Möglichkeiten der zukünftigen Entwicklung. Wir haben auch keine Angaben über den Umfang der Unternehmenskonzentration, über die Größenverhältnisse der Unternehmungen und dergleichen mehr. Die Gutachter selbst wissen das sehr genau; denn sie hatten keine Möglichkeiten, weiter vorzustoßen. Sie geben z. B. selbst an, daß auf 'dem Gebiete des Mineralöls überwiegend mit Hypothesen gearbeitet werden mußte. Das ist naturgemäß für wirtschaftspolitische Entscheidungen ein höchst unsicherer Grund.
    Meine Damen und Herren, wichtig scheint mir zu sein, 'daß .das Gutachten zwar die Entwicklung im
    Jahre 1975 anpeilt, aber nichts über die zwischenzeitliche Entwicklung, insbesondere über die Verhältnisse am Energiemarkt in den Jahren 1965 bis 1970 sagt. Dazu werde ich später noch einige Bemerkungen machen. In dieser Zeit kommen die entscheidenden Schwierigkeiten eines Überangebots an Mineralöl und vielleicht auch an Erdgas auf die Energiewirtschaft zu. Leider sagt das Gutachten über die Überbrückung dieses Zeitraums nichts. Infolgedessen ist das Gutachten im Hinblick auf die Art der Auftragserteilung, die von der Mehrheit des Hauses nicht anders gewollt war, nur eine sehr begrenzte Grundlage für unsere Beratung und für die Schlußfolgerungen, die aus ihr zu ziehen sind.
    Ergänzend zum Gutachten haben wir heute vom Herrn Bundeswirtschaftsminister einige Darlegungen gehört, hinsichtlich deren er sagte oder jedenfalls zum Ausdruck brachte, das sei nun eine geschlossene Vorstellung von Energiewirtschaftspolitik.
    Bevor ich darauf eingehe, lassen Sie mich einen Augenblick abschweifen. Es ist nicht ganz uninteressant, daß am 23. Februar im Hause des Präsidenten des Bundesverbandes der Industrie, Herrn Berg, eine Besprechung über die Energiewirtschaftspolitik stattfand, weil bis dahin die Bundesregierung nicht damit zurechtkam, ein eigenes Konzept zu entwikkeln. An dieser Besprechung nahmen auf Einladung des Herrn Berg teil die Herren Burckhardt und Reusch auf der einen Seite und die Herren Geyer und Scheffer von der Mineralölwirtschaft auf der anderen Seite. Der Herr Bundeswirtschaftsminister war von dem Herrn Präsidenten des Bundesverbandes der Industrie geladen und hat sich einige Zeit überlegt, ob er hingehen sollte. Soweit aus der Presse zu entnehmen ist, ist er dann nach einigem Zögern mit einigen hohen Beamten erschienen. Wie die Presse mitteilte, ist das Ergebnis der Besprechungen zunächst streng vertraulich behandelt worden. Aber Ende Februar oder im März ist dann durch die Presse einiges durchgesickert, was dort besprochen worden ist. Insbesondere die Deutsche Zeitung hat am 17. Februar ausführlicher berichtet. Und da sieht man, daß das, was der Herr Bundeswirtschaftsminister heute hier gesagt hat, bis auf einen Punkt eine ziemlich genaue Wiedergabe dessen ist, was dort unter Vorsitz des Herrn Berg mit der Wirtschaft und mit den verschiedenen Interessengruppen der Energiewirtschaft besprochen wurde. Dort findet man natürlich als ersten Punkt das 01 aus der Sowjetunion, den Rationalisierungsverband, die Bevorratung der Importenergie und schließlich auch die etwas sagenhafte Abstimmung der Investitionen in der Mineralölindustrie, eventuell Lizenzverfahren bei Rohöl und Heizöl. Der einzige Punkt, der bei Herrn Berg besprochen, aber heute zunächst nicht vorgetragen wurde, jedoch von Herrn Burgbacher nachgereicht wurde, war die Frage der Verstromung in Kraftwerken.
    Dann schrieb das „Hamburger Abendblatt" am 6. April 1962:
    Obwohl im Berg-Kreis — so heißt das dann dort —



    Dr. Deist
    noch keinerlei Beschlüsse gefaßt wurden, erwarten informierte Beobachter für die nächste Zeit im Hinblick auf die dort erzielten Absprachen verschiedene energiepolitische Aktionen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Und prompt hat der Herr Bundeswirtschaftsminister dann diese energiepolitischen Aktionen heute hier sicher erörtert. Meine Damen und Herren, das ist ein bemerkenswertes und höchst bedenkliches Zeichen, in welchem Umfang bei uns in Deutschland die Wirtschaftspolitik der Entscheidung mächtiger Interessengruppen ausgeliefert wird.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Nun lassen Sie, mich einiges zu den Punkten, die der Herr Bundeswirtschaftsminister hier vorgebracht hat, sagen, zunächst zum Rationalisierungsverband. Was heute über diese Frage gesagt worden ist, ist verhältnismäßig wenig konkret gewesen. Wir haben eigentlich nur gehört, daß diejenigen, die stillegen, insgesamt pro stillgelegte Tonne eine Prämie von 25 DM erhalten sollen, 12,50 DM aus öffentichen Mitteln und 12,50 DM aus Umlagemitteln, und daß darüber hinaus steuerliche Anreize gegeben werden sollen.
    Es gibt über diesen Rationalisierungsverband auch andere Informationen, die in großem Umfange durch die Presse gegangen sind. Danach ist eines bemerkenswert. Es soll sich also wie. ,ich auch aus dem Begriff öffentlicher Verband ergibt, um eine Zwangsmitgliedschaft handeln. Und die wesentliche Aufgabe — sie wurde auch von Herrn Bundeswirtschaftsminister in den Vordergrund gerückt — wäre die Entschädigung der Eigentümer unrentabler Betriebe, d. h. die Abnahme des Kapitalrisikos durch den Staat auf Kosten der Verbraucher und auf Kosten der Steuerzahler. Das ist eine höchst verdächtige Angelegenheit. Eine Entschädigung von 25 DM je Tonne stillgelegter Kohle ist unerhört hoch und ist eine Verschleuderung öfffentlicher Mittel, die wir uns nicht leisten dürften.

    (Beifall bei der SPD.)

    Lassen Sie mich ein Zweites sagen. Der öffentliche Verband hat nach dem, was bisher veröffentlicht worden ist — und daran muß ich mich hier halten, da der Herr Bundeswirtschaftsminister leider keine näheren Mitteilungen über sein Aufgaben gemacht hat —, keine Verpflichtung, auf eine Flurbereinigung hinzuwirken. Er hat keine Verpflichtung, zu koordinieren. Es unterliegt keiner öffentlichen Kontrolle, ob die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, im Interesse der Modernisierung verwandt werden. Es ist nur eine rein formal-rechtliche Kontrolle vorgesehen, Was uns hier angeboten wird, ist die primitivste Form der Sozialisierung, nämlich die Sozialisierung der Verluste, nicht viel mehr.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann der zweite Punkt: das Sowjetöl. Nun, es ist etwas merkwürdig, wie man immer wieder nach dem Sündenbock sucht. Wie steht es mit dem Sowjetöl? Das Sowjetöl ist pro Tonne sehr viel billiger als das Öl aus den übrigen Staaten der
    Welt; 75 DM je Tonne Rohöl im Durchschnitt für freies Öl — möchte ich mal sagen —, etwa 51 DM je Tonne Sowjetöl. Der Preis für Sowjetöl liegt dicht unter den Rohölpreisen der Außenseiter auf dem westlichen Weltmarkt. Das ist naturgemäß für die großen internationalen Konzerne, die diesen westlichen Weltmarkt beherrschen, nicht gerade sehr angenehm, insbesondere, da jedermann weiß, daß die Weltmarktpreise überhöht sind und Sowjetöl ebenso wie das Öl anderer Außenseiter als eine unangenehme Konkurrenz betrachtet wird. Das zunächst einmal als Hintergrund.
    Dann wird von dem Erdöl gesprochen, das über die böse ENI und Herrn Mattei über Italien nach Deutschland hereinströmen solle. Wir sollten auch da etwas ehrlich sein. Wir haben genauso wie Italien ein Handelsabkommen mit der Sowjetunion; wir haben genauso wie Italien mit der Sowjetunion die Einfuhr von „rotem", d. h. Sowjetöl vereinbart. Infolgedessen führten bzw. führen wir in den Jahren 1961 bis 1963 je 1,7 bis 1,9 Millionen t russisches Rohöl und je 425 t russisches Heizöl ein. Unsere gesamte Einfuhr betrug im Jahre 1961 etwa 30 Millionen t, aus der Sowjetproduktion also 1,6 Millionen t Rohöl.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Die Quantität ist entscheidend!)

    — 1,6 Millionen t bei einer Einfuhr von 30 Millionen t ist ja wohl nicht so enorm.

    (Abg. Dr. Burgbacher: 5 %! Und wieviel Prozent sind es bei der ENI?)

    — Sie können annehmen, daß ich auch diese Zahlen hier habe und Ihnen gleich servieren werde.
    Was noch ganz interessant ist: Der Hauptverbraucher dieses vermaledeiten roten, d. h. Sowjetöls ist die bundeseigene Scholven-Chemie.

    (Hört! Hört! und Heiterkeit bei der SPD.)

    Was geschieht nun — uni Ihren Wissensdurst zu befriedigen — in Italien? Italien hat keine Kohle. Infolgedessen spielt die Einfuhr von Mineralöl dort eine ganz andere Rolle. Italien verfügt auch nur über etwa 10 % eigener Erdölvorkommen im Vergleich zu seinem heutigen Erdölbedarf, so daß es überwiegend Erdöl einführen muß. In Italien regiert eine verantwortungsbewußte Regierung, die weiß, daß mit großen internationalen Konzernen nicht gut Kirschen essen ist und daß man schon einige Konkurrenzprodukte haben muß, um ein einigermaßen tragbares Preisniveau für Mineralölerzeugnisse zu sichern. Auch Italien hat einen Handelsvertrag mit der Sowjetunion und führte bzw. führt danach von 1961 bis 1965 je 4 Ibis 4,5 Milionen t ein; das sind etwa 15 bis 16 % seiner gesamten Einfuhr an Erdöl. Das ist — es soll nicht bestritten werden — etwas mehr als bei uns. Aber niemand wird behaupten können, daß das eine Menge sei, die den italienischen oder gar den Welterdölmarkt in Unordnung bringen könnte. Auf der anderen Seite gewährt es der italienischen Mineralölwirtschaft, der ENI, ein erhebliches Maß von Unabhängigkeit gegen die sehr eng zusammenarbeitenden internationalen Ölkonzerne. Darum hat vielleicht die Financial Times



    Dr. Deist
    vom 4. April dieses Jahres doch recht, die sagte, man solle die Kapazität des Sowjetölexports nicht überschätzen. Eine Analyse des American Petrol Institute hat festgestellt, daß im Jahre 1965 der Exportüberschuß der Sowjetunion 45 Millionen t betragen würde. Das bedeutet ein Wachstum von jährlich etwa 4 Millionen t. Die Ölimporte Westeuropas im Jahre 1961 betrugen dagegen 210 Millionen t. Die Exportzunahme betrug 25 Millionen t. Meine Damen und Herren, einen jährlichen Anteil von 9 Millionen t an einem Zuwachs von 25 Millionen t wird man nicht als Katastrophe bezeichnen können.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Aus dem Kind kann noch was werden!)

    — Hier handelt es sich gerade um die zukünftige Entwicklung und darum, welche Exportmöglichkeiten in 'der Zukunft bestehen.
    Darum, meine ich, haben die Gutachter wohl recht gehabt, als sie im Energiegutachten sagten, der sowjetische Ölexport werde auch in 'der Zukunft nicht groß genug sein, um den Weltmarkt aus dem Gleichgewicht zu bringen. Allerdings sei er gezielt, so daß für die westlichen Ölgesellschaften empfindliche Störungen eintreten könnten. Nun, marktbeherrschende Unternehmen pflegen immer die Einfuhr von Waren, die billiger sind als ihre eigenen, als eine empfindliche Störung anzusehen.
    Vielleicht darf ich daran erinnern, daß unter Ihrem Vorsitz, Herr Professor Burgbacher, im Europäischen Parlament ein Gutachten zur Energiewirtschaft erstattet worden ist, in dem ebenfalls davor gewarnt wurde, die Einfuhr von Sowjetöl zu dramatisieren, und in dem erklärt wurde, es liege kein Anlaß zur Dramatisierung vor. Meine Damen und Herren, das mit dem Sowjetöl ist ein schönes Ablenkungsmanöver. Daß da eine ernsthafte Gefahr bestehe und daß darüber hinaus in den von der Regierung angedeuteten Maßnahmen ein ernsthafter Beitrag zur Lösung unserer energiewirtschaftlichen Probleme zu sehen sei, 'das kann weiß Gott niemand behaupten.
    Und nun zum dritten Punkt: Investitionsabstimmung. Durch Konsultationen mit den verschiedenen Industriezweigen soll eine Investitionsabstimmung herbeigeführt werden. Ich habe mir die Augen gerieben; denn seit 1957 — das sind jetzt fünf Jahre — konsultiert der Herr Bundeswirtschaftsminister mit den verschiedenen Interessengruppen. Er hat einen entsprechenden Beirat. Er hat im Jahre 1957 dem Bundestag die Drucksache 3665 vorgelegt, in der das Ergebnis dieser Gespräche und Konsultationen niedergelegt worden ist. Jetzt kommt das Interessante: In diesem Dokument, das uns vorgelegt worden ist, wurde nach Konsultation mit den Mineralölkonzernen angegeben, daß für 1965 mit einer Durchsatzleistung der Raffinerien von 30 Millionen t zu rechnen sei. Das war im Jahr 1957. Im Jahre 1958 mußte der Herr Bundeswirtschaftsminister berichtigen. Inzwischen hatten ihm die Konsultierten mitgeteilt, das sei nicht mehr richtig; denn es würden nach neueren Planungen 40 Millionen t werden. Jetzt gibt die Mineralölwirtschaft an, daß die Durchsatzkapazität im Jahre 1965 etwa 65 Millionen t sein werde. Wer rechnen kann, weiß, daß wir zur Zeit in etwa schon eine Kapazität von 40 bis 42 Millionen t haben und daß die Neubauprogramme und die Ergänzungsprogramme eine weitere Kapazität zwischen 30 und 35 Millionen t versprechen, so daß wir nunmehr mit 75 Millionen t rechnen können. Dahin führen solche Konsultationen mit mächtigen Interessengruppen in der Wirtschaft. Man komme uns nicht damit, daß das eine besondere Neuigkeit und eine besonders wirksame Maßnahme sei.
    Meine Damen und Herren, das ist nicht die Methode, die verantwortliche Regierungen gegenüber so mächtigen wirtschaftlichen Gruppen anwenden sollten. Unter diesen Umständen muß ich mich fragen: Reicht das, was der Herr Bundeswirtschaftsminister hier vorgetragen hat — viel mehr ist in den Vorschlägen nicht enthalten —, wirklich aus, um eine verantwortliche deutsche Energiepolitik betreiben zu können? Reicht das wirklich aus, um einen gültigen Beitrag zur Entwicklung einer europäischen Energiewirtschaftspolitik leisten zu können? Soweit ich die Überlegungen kenne, die in Brüssel und in Straßburg angestellt werden — der Herr Kollege Burgbacher kennt sie auch —, kann man dies nicht als einen Beitrag ansehen, der dort drüben sehr ernst genommen werden könnte.
    Hier fehlt eben ein Konzept dessen, was man will. Im Grunde genommen ist das, was uns heute vorgetragen wurde, die Fortsetzung der bisherigen punktuellen Einzelmaßnahmen ohne ein wirkliches Konzept der Energiewirtschaftspolitik. Wirklich neu an diesen Dingen ist nur der Rationalisierungsverband.
    Das ist doch eine bedenkliche Angelegenheit. Der Herr Bundeswirtschaftsminister ist stolz darauf, daß er Angebot und Nachfrage auf dem Kohlensektor so etwa ins Gleichgewicht gebracht hat. Nun, bereits für das Jahr 1962 wird das bestritten; ich weiß nicht, ob mit Recht. Ich bin gegenüber diesen Kalkulationen etwas skeptisch. Immerhin gibt es ernsthafte Gruppen, die damit rechnen, daß wir einen Kohleüberschuß von 4 bis 6 Millionen t haben werden. Aber das ist für mein Empfinden nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist vielmehr, was in zwei, drei Jahren auf die Energiewirtschaft aus den überhöhten Kapazitäten der Mineralölwirtschaft zukommt. Das ist gar keine Schwarzmalerei; ich bin weit entfernt davon. Aber wir müssen diese Dinge sehen. Darum genügt es nicht, sich damit zufriedenzugeben, daß man sagt: Na, das geht doch eigentlich ganz gut; welch herrlicher Erfolg unserer Energiepolitik!
    Lassen Sie mich zu diesem Erfolg ein Wort sagen. Die Mineralölindustrie hat einen sehr heftigen Verdrängungswettbewerb durchgeführt. Ihre Investitionen sind der normalen Entwicklung weit, weit vorausgeeilt. Die geschaffenen Kapazitäten werden in den nächsten Jahren nicht voll ausgenutzt werden können. Aber es wird einen ungeheuerlichen Druck auf den Energiemarkt geben. Die Folge davon ist, daß sich zahlreiche Investitionen innerhalb des Kohlenbergbaus bereits heute als Fehlinvestitionen herausstellen. Ein Teil der in den letzten Jahren
    Deutscher .Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Mittwoch, .den 16. Mai 1962 1277
    Dr. Deist
    neu abgeteuften Schächte, moderne Anlagen mit Kosten von 50 und 100 Millionen DM, werden stillgesetzt.