Rede von
Hermann
Höcherl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Bevor ich Ihre Frage, Herr Kollege Kohut, im einzelnen beantworte, darf ich folgende allgemeine Bemerkung vorausschicken:
Mein Herr Amtsvorgänger hat, als er im April 1960 den Bericht der Sachverständigenkommission für die Vereinfachung der Verwaltung der Öffentlichkeit übergab, bereits auf die Feststellung der Kommission hingewiesen, daß die Bundesverwaltung in ihrem Kern gesund ist und den Erfordernissen unseres 'demokratischen, föderativen und sozialen Rechtsstaates entspricht. Zu einer eigentlichen Verwaltungsreform, also der Einführung eines neuen Verwaltungssystems, bestand demnach kein Anlaß. Der Bericht hat keine Patentvorschläge gebracht, etwa dahingehend, welche Kostenersparnis bei einer Verwaltungsvereinfachung zu erwarten sei und wieviel Stellen etwa im öffentlichen Dienst eingespart werden könnten. Er hat vielmehr zu Recht darauf hingewiesen, daß Verwaltungsvereinfachung keine einmalig zu lösende Aufgabe ist, sondern nur durch eine Dauertätigkeit erreicht werden kann, bei der fortlaufend in Verwaltung und Gesetzgebung darauf geachtet werden muß, nicht nur alte Fehler auszuräumen, sondern besonders auch neue zu vermeiden.
Bei einzelnen konkreten Fällen aus meinem eigenen Geschäftsbereich, in denen der Bericht auf Vereinfachungsmöglichkeiten hingewiesen hat, sind folgende Konsequenzen gezogen worden, die ich wegen der Fülle der Materie nur in gedrängter Kürze wiedergeben kann:
Bedenken gegen die zu große Zahl von interministeriellen Ausschüssen war bereits im Zeitpunkt des Erscheinens des Berichts Rechnung getragen.
Der Bericht hat die Zentralisierung der Gehaltsberechnungen und -zahlungen bei der Zentralen Besoldungsstelle des Bundesministeriums der Finanzen in Mehlem für alle Bundesorgane und Bundesverwaltungen im Raum Bonn unterstützt. Es sollten möglichst auch jene Dienststellen angeschlossen werden, die sich zur Zeit des Erscheinens des Berichts aus gewichtigen Gründen noch nicht dazu in der Lage gesehen hatten. Mein Haus hat sich der Zentralen Besoldungsstelle mit Wirkung vom 1. Oktober 1961 angeschlossen.
Zur Durchführung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes hat die Kommission drei Vereinfachungsvorschläge gemacht, von denen der erste, in meinen Geschäftsbereich fallende, durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes vom 21. August 1961 berücksichtigt worden ist. Es handelt sich um den Fortfall der von der Kommission kritisierten getrennten Behandlung und Zahlung der Versorgungsbezüge aus verschiedenen Versorgungszuschüssen.
Die Sachverständigenkommission hat es im Interesse der Verwaltungsvereinfachung als wesentlich angesehen, daß in Bund und Ländern weitgehend übereinstimmende Verwaltungsverfahrensgesetze erlassen werden. Nachdem sich auch der Deutsche Juristentag im Herbst 1960 für die Ausarbeitung des Musterentwurfs für ein Verwaltungsverfahrensgesetz ausgesprochen hatte, ist auf Anregung des Bundesministeriums des Innern eine Kommission eingesetzt worden, der Vertreter aller Innenressorts von Bund und Ländern angehören. Die Arbeiten dieser Bund-Länder-Kommission sind gut vorangekommen. Sie will weitgehend den Vorschlägen der Sachverständigenkommission folgen, in mancher Hinsicht aber den Inhalt des künftigen Verwaltungsverfahrensgesetzes noch erweitern. Die Kommission hofft, noch in diesem Jahr Äußerungen aller Bundes- und Landesministerien zu ihrem Entwurf einholen zu können.
Die Sachverständigenkommission hat im Interesse der Beschleunigung der Verwaltungsrechtspflege und damit auch zur Verwaltungsvereinfachung bestimmte Vorschläge zur Beschränkung des verwaltungsgerichtlichen Instanzenzuges gemacht. Fast gleichzeitig mit der Veröffentlichung ihres Berichts sind die Verwaltungsgerichtsordnung und das Gesetz über die Beschränkung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren am 1. April 1960 in Kraft getreten. Es ist vorläufig nicht beabsichtigt, die neue Prozeßordnung mit Rücksicht auf die Anregungen der Sachverständigenkommission zu novellieren. Die statistischen Ergebnisse der verwaltungsgerichtlichen Tätigkeit der Jahre 1960 und 1961 zeigen, daß hierfür kein dringendes Bedürfnis vorliegt; denn die Zahl der anhängigen Verfahren ist beim Bundesverwaltungsgericht, bei den Oberverwaltungsgerichten und auch bei den Verwaltungsgerichten des ersten Rechtszuges zurückgegangen. Es liegt meiner Ansicht nach heute noch weniger als vor zwei Jahren ein Anlaß dafür vor, die sehr einschneidenden Vorschläge der Sachverständigen-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 30. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 16. Mai 1962 1253
Bundesinnenminister Höcherl
kommission, die das Revisionsgericht zu einem reinen Vorlagegericht machen wollten, zu übernehmen. Diese Vorschläge würden auch die allseits angestrebte Vereinheitlichung der Prozeßverfahren aller Zweige der Gerichtsbarkeit erschweren.
Der Bund besitzt keine Kompetenz, die in dem Bericht der Sachverständigenkommission behandelten kommunalen Organisationsfragen zu regeln. Insbesondere steht ihm eine Rahmengesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet des Kommunalrechts nicht zu. Mein Haus versucht jedoch, mit den Ländern zu einer Übereinkunft zu kommen, nach der diese in ihre Gemeindeordnungen und Landkreisordnungen Bestimmungen aufnehmen, die die sachgerechte Durchführung von Bundesauftragsangelegenheiten sicherstellen, z. B. unbeschränkte Weisungsbefugnis, einzelverantwortliche Zuständigkeit, Geheimhaltung usw.
Vereinfachungsvorschläge auf dem Gebiet der Statistik sind inzwischen berücksichtigt worden. Hierzu zählen vor allem die Beschränkung der statistischen Erhebung durch Anwendung des Stichprobenverfahrens und Durchführung von Repräsentativstatistiken. Ein Dauergesetz zur Fortführung des bisher mit Erfolg durchgeführten Mikrozensus-Verfahrens ist vorgelegt.
In einem Kapitel zum Berufsbeamtentum sieht der Bericht in dessen Leistungssteigerung auch eine Möglichkeit zur Besserung und Vereinfachung der Verwaltung. Dieser Gedanke ist sicher richtig. Die Sachverständigenkommission gibt hierzu eine Reihe von Empfehlungen, von denen sie selbst sagt, daß sie nicht den Anspruch erheben, neu oder erschöpfend zu sein. So viel ist jedenfalls festzustellen: daß die Vorstellungen, von denen sich die Sachverständigenkommission bei ihren Empfehlungen hat leiten lassen, sich durchaus mit den Grundsätzen decken, auf denen die Beamtenpolitik meines Hauses beruht. Das zeigt nicht nur die umfangreiche gesetzgeberische Arbeit, die auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren geleistet worden ist.
Im übrigen werde ich in meinem Geschäftsbereich in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen und allgemeinen Ergebnissen des Berichts der Sachverständigenkommission weiter darauf hinwirken, daß .die Verwaltungsvereinfachung als eine ununterbrochene Dauerarbeit laufend berücksichtigt wird.