Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Aus der Frage des Kollegen Schultz ergibt sich nicht im einzelnen, in welcher Angelegenheit sich der Soldat beschwert hat. Würde es sich um eine Disziplinarbeschwerde, insbesondere um eine Arrestbeschwerde handeln, so ist es keinesfalls zu billigen, daß über die Beschwerde nach Ablauf von nahezu elf Monaten noch nicht entschieden ist. Disziplinarsachen sind nach dem Gesetz beschleunigt zu behandeln. Disziplinarstrafen haben nur Zweck, wenn sie schnell verhängt und vollstreckt werden.
Aber auch Beschwerden in sonstigen truppendienstlichen Angelegenheiten, die sogenannten Wehrbeschwerden, und Beschwerden in Verwaltungsangelegenheiten einschließlich der Statusangelegenheiten müssen in kurzer Zeit erledigt werden. Das Gesetz geht grundsätzlich davon aus, daß die Entscheidung innerhalb eines Monats zu treffen ist. Bei Überschreitung dieser Frist kann der Soldat zusätzlich zu seiner Beschwerde eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde nach § 16 Abs. 2 der Wehrbeschwerdeordnung einlegen und dadurch erreichen, daß der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte oder die nächsthöhere Dienststelle der Wehrverwaltung über die Frage der Verzögerung und in der Sache selbst zu entscheiden hat. Wird über eine weitere Beschwerde oder über eine Beschwerde gegen vom Minister getroffene Maßnahmen oder Entscheidungen nicht innerhalb eines Monats entschieden, so kann der Soldat Antrag auf Entscheidung des Truppendienstgerichts oder des Wehrdienstsenats des Bundesdisziplinarhofes stellen. Der Soldat hat es somit in der Hand, durch Einreichung einer Untätigkeitsbeschwerde oder eines entsprechenden Antrages bei dem Wehrdienstgericht auf beschleunigte Entscheidung über seine Beschwerde oder weitere Beschwerde hinzuwirken.
Ob es sich bei der angegebenen Wiederholung der Beschwerde am 31. 10. 1961 um eine solche Untätigkeitsbeschwerde handelt, vermag ich ohne Kenntnis der Beschwerdeschrift nicht festzustellen. Bei einer Bearbeitungszeit von nahezu elf Monaten muß ich jedoch annehmen, daß eine Besonderheit vorliegt. Möglicherweise handelt es sich überhaupt nicht um eine Beschwerde oder eine Untätigkeitsbeschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung, sondern um Gegenvorstellungen, die auf andere Weise zu erledigen sind.
Ich wäre dem Kollegen Schultz dankbar, wenn er mir den entsprechenden Fall mitteilen würde, damit ich der Sache im Wege der Dienstaufsicht nachgehen und abschließend feststellen kann, ob es sich um eine echte Beschwerde handelt und, wenn ja, ob die lange Dauer in diesem Einzelfalle vertretbar erscheint.