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    Deutscher Bundestag 25. Sitzung Bonn, den 10. April 1962 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Niederalt und Ritzel 973 C Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache IV/303) Ollenhauer (SPD) 957 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 961 C Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . 966 A Dr. Bucher (FDP) 968 D Schoettle (SPD) 970 D, 973 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 971 B Hermsdorf (SPD) 971 D Niederalt (CDU/CSU) 972 C Ritzel (SPD) 973 A Einzelplan 05, Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen IV/304, zu IV/304) 974 A Einzelplan 10, Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/309, zu IV/309) Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 974 B Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . . 975 C Dr. Conring (CDU/CSU) . 978 A, 984 B Rehs (SPD) 978 D Dr. Starke, Bundesminister . . . 981 A Ritzel (SPD) . . . . . . . . 981 B Saxowski (SPD) . . . . . . . 982 A Struve (CDU/CSU) 982 D Seither (SPD) . . . . . . . . 983 C Bading (SPD) . . . . . . . . 984 A Einzelplan 12, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/311, zu IV/311) Ritzel (SPD) . . . . . 985 C, 1011 B Dr. Bleiß (SPD) . . . . 987 B, 1016 A Eisenmann (FDP) 992 C Ramms (FDP) 996 A Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 997 D Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . . 1001 A, 1017 D Seibert (SPD) 1009 B Dr. Vogel (CDU/CSU) 1014 A Iven (Düren) (SPD) 1016 C Einzelplan 23, Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksachen IV/317, zu IV/ 317) Gewandt (CDU/CSU) . . 1019 A, 1025 D Kalbitzer (SPD) 1020 A II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 Margulies (FDP) . . . . . . . . 1023 D Wischnewski (SPD) . . . . . . . 1026 C Scheel, Bundesminister . 1027 B, 1030 B Hermsdorf (SPD) . . . . . . . . 1029 D Einzelplan 25, Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städte- bau und Raumordnung (Drucksache IV/ 319) Jacobi (Köln) (SPD) . . . 1030 D Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . . 1034 A Einzelplan 26, Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksache IV/ 320) Rehs (SPD) . . . . . . . . . . 1036 D Mischnick, Bundesminister . . . . 1038 C Windelen (CDU/CSU) . . . . . . 1039 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 1039 B Einzelplan 28, Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksache IV/332) Schröder (Osterode) (SPD) . . . 1040 B Schmücker (CDU/CSU) 1040 D Einzelplan 30, Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben (Drucksache IV/324) Dr. Rinderspacher (SPD) 1041 A Schmücker (CDU/CSU) . . . . . 1041 B Einzelplan 31, Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie (Drucksachen IV/325, zu IV/325) Dr. Gleissner (CDU/CSU) . . . . 1041 D Hermsdorf (SPD) . . . . 1042 B, 1046 C Dr. Bechert (SPD) . . . 1043 D, 1048 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) • . . 1044 C Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . . . 1045 D Dr. Balke, Bundesminister . . . . 1047 B Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache IV/330) Niederalt (CDU/CSU) . . 1049 D, 1051 A Frau Krappe (SPD) 1050 C Dr. Schäfer (SPD) 1050 D Haushaltsgesetz 1962 (Drucksache IV/331) Schoettle (SPD) . 1051 D, 1052 D, 1055 B Schmücker (CDU/CSU) . . 1052 B, 1055 C Dr. Starke, Bundesminister . . . . 1053 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . . 1056 A Dr. Vogel (CDU/CSU) 1056 B Jacobi (Köln) (SPD) . . . . . . 1056 D Nächste Sitzung 1058 C Anlagen 1059 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 957 25. Sitzung Bonn, den 10. April 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 1059 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 10.4. Dr. Aschoff 27.4. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Behrendt 5. 5. Frau Beyer (Frankfurt) 10. 4. Blachstein 13.4. Braun 13.4. Dr. Burgbacher 10.4. Busse 21.4. Cramer 12.4. Drachsler 30.4. Frau Dr. Elsner 13.4. Ertl 13.4. Eschmann 18. 5. Frehsee 13.4. Gaßmann 10.4. Giencke 15. 5. Glombig 14.4. Dr. h. c. Güde 30.4. Hahn (Bielefeld) 27.4. Hamacher 18.4. Hammersen 30. 4. Dr. Hesberg 30.4. Höfler 28.4. Frau Dr. Hubert 13. 4. Dr. Klein (Berlin) 14. 4. Frau Dr. Kuchtner 14.4. Kühn (Hildesheim) 1. 5. Dr. Löbe 14.4. Dr. Löhr 14. 4. Dr. Mälzig 20.4. Dr. Martin 14. 4. Frau Meermann 14.4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 10.4. Dr. Menzel 31. 5. Metter 14.4. Mick 14.4. Dr. Miessner 10.4. Nellen 11.4. Neumann (Allensbach) 14.4. Oetzel 14.4. Paul 30.4. Rademacher 10. 4. Dr. Ramminger 14.4. Ramms 10.4. Frau Dr. Rehling 14.4. Reitz 29.4. Reitzner 30.4. Ruland 14.4. Frau Schanzenbach 21.4. Schlick 14.4. Dr. Schmid (Frankfurt) 13.4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 13.4. Dr. Siemer 13. 4. Spitzmüller 15.5. Steinhoff 14.4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Storch 13.4. Dr. Tamblé 10.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 14. 4. Wehner 10. 4. Weigl 14.4. b) Urlaubsanträge Erler 10.5. Heide 10. 5. Frau Korspeter 5. 5. Anlage 2 Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Niederalt zum Haushaltsgesetz 1962, hier: Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen IV/200, IV/330). Der Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung - ist einer der wenigen Pläne, der nicht nach dem institutionellen, sondern nach dem Realprinzip aufgestellt ist, das heißt, dieser Plan enthält nicht nur Einnahmen und Ausgaben, die von einem Fachressort bewirtschaftet werden, sondern betrifft die Gesamtheit \der Bundesfinanzen. Demzufolge liegt auch die parlamentarische Verantwortung beim Bundesfinanzminister in seiner Eigenschaft als Budgetminister. Der Einzeplan 60 enthält .die gesamten Steuereinnahmen des Bundes, die über 90 v. H. der gesamten Einnahmen ausmachen. Die Beratung des Einzelpfans 60 setzt den Schlußpunkt hinter die gesamte Haushaltsberatung und gibt Veranlassung, über das Ergebnis der Arbeit des Haushaltsausschusses zu berichten, der den Haushaltsentwurf in 16 ganztägigen Sitzungen beraten hat. Das Hauptziel der diesjährigen Arbeit des Haushaltsausschusses konzentrierte sich einerseits darauf, die von der Bundesregierung bei der Einbringung des Haushalts vorgeschlagene Globalkürzung von 12 v. H. aller nicht ,auf rechtlichen Verpflichtungen beruhenden Ausgaben zu beseitigen und durch gezielte Einzelkürzungen in den verschiedenen Einzelplänen zu ersetzen. Andererseits galt es, den im Haushaltsentwurf vorgesehenen Länderbeitrag in Höhe von 1740 Millionen DM durch Kürzungen der Haushaltsansätze so weit zu ermäßigen, daß der Bundesrat billigerweise keine Veranlassung mehr haben kann, im sogenannten zweiten Durchgang den Vermittlungsausschuß wegen der Höhe des vorgesehenen Länderbeitrages anzurufen. Dieses Ziel dürfte der Ausschuß erreicht haben, Es konnte die als Einsparungsposten aus der Kürzungsvorschrift des Haushaltsgesetzes im Einzelplan 60 vorgesehene Minderausgabe von 620 Millionen nach den Kürzungen /in den Ressortplänen gestrichen und 'der vorgesehene Länderbeitrag auf 1050 Millionen herabgesetzt werden. 1060 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 Der Haushaltsausschuß hat Ausgabekürzungen vorgenommen, die sich ,auf ins- gesamt 1 132 000 000 DM belaufen. Wenn hiervon die verschiedenen Ausgabeerhöhungen von 203 000 000 DM (der größte Posten betrifft den bekannten 4. Milchpfennig für Werkmilch mit 115 Millionen DM) abgezogen werden, ergeben sich immerhin Netto-Einsparungen von 929 000 000 DM. Der Haushaltsausschuß hat aber auch die Einnahmeansätze 'der Ressorts kritisch geprüft und in einigen Fällen Einnahmetitel um zusammen 86 000 000 DM erhöhen können, so daß durch die Arbeit des Haushaltsausschusses eine Netto-Verbesserung des Haushalts 1962 um 1 015 000 000 DM eingetreten ist. In diesem Zusammenhang muß ich darauf hinweisen, daß der Haushaltsausschuß, obgleich er grundsätzlich alle nachträglichen Änderungsvorschläge und Nachschiebelisten der Bundesregierung abgelehnt hat, in zwei Fällen dem Wunsche der Regierung Rechnung tragen und nachträglich neue Ausgaben in den Haushaltsplan einstellen mußte. Es handelt sich insgesamt um einen Betrag von 58,4 Millionen DM. Auf Wunsch der Regierung wurde eine Beteiligung des Bundes an der Sanierungsanleihe der Vereinten Nationen in Höhe von 40 Millionen DM bei Kap. A 60 06 Tit. 530 in dem diesjährigen Haushalt veranschlagt. Außerdem hat der Haushaltsausschuß die Übernahme des Zinsendienstes auf den Bundeshaushalt gebilligt für Darlehen, die von Kreditinstituten an kleinere und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, an landwirtschaftliche Betriebe sowie an Angehörige der freien Berufe aus Anlaß der Flutkatastrophe im deutschen Küstengebiet am 17. Februar 1962 gegeben werden sollen. Für Investitions- und Betriebsmittelkredite, soweit 'diese zur Wiederherstellung und Fortführung der Betriebe oder der Berufstätigkeit erforderlich sind, übernimmt der Bund außerdem Bürgschaften. Für den Zinsendienst ist vorgesehen, daß der Bund die Zinsen 'für zwei Jahre bis zur Höhe von 23/4 v. H. über den Lombardsatz übernimmt, soweit die Darlehnsnehmer nach der Ertragsoder Einkommenslage zur Zinszahlung nicht in der Lage sind. Hierfür wurden rund 18,4 Millionen DM bei einem neuen Tit. 958 des Kap. 60 02 veranschlagt. Mit diesen Mitteln kann in diesem Jahr der Zinsendienst für insgesamt 329,1 Millionen DM Darlehen übernommen werden, die sich wie folgt auf die Länder verteilen: Hamburg 200 000 000 DM einschließlich der landwirtschaftlichen Betriebe, Bremen 6 500 000 DM, davon 0,5 Millionen DM für landwirtschaftliche Betriebe, Niedersachsen 81 300 000 DM, davon 31,3 Millionen DM für landwirtschaftliche Betriebe, Schleswig- 41 300 000 DM, davon 6,3 MillioHolstein nen DM für land- wirtschaftliche Betriebe. Ein weiterer wichtiger Beschluß betrifft den Tit. 957 bei Kap. 60 02. Dieser Titel, der in der Regierungsvorlage mit 104 Mio DM ausgestattet war, wurde unterteilt nach a) Frachthilfe für die Beförderung der Steinkohle mit 94 Millionen DM und b) energiepolitische Maßnahmen, die dem Kohleabsatz dienen, mit 10 Millionen DM. Mit Hilfe dieser Mittel, die für gegenseitig dekkungsfähig erklärt wurden, sollen Investitionen, u. a. Ferngasleitungen in revierferne Gebiete, gefördert werden, die zur Steigerung der regionalen Wirtschaftskraft und des Kohleabsatzes dienen sollen. Von den übrigen Veränderungen auf der Ausgabeseite ist zu erwähnen, daß der Haushaltsausschuß die Mittel zur Förderung des Luftreiseverkehrs zwischen Berlin und dem übrigen Bundesgebiet in Höhe von 21 Millionen DM in den Einzelplan 60 übertragen hat. Diese Mittel waren von der Regierung ursprünglich in den Verkehrshaushalt eingestellt worden. Der Haushaltsausschuß war aber der Auffassung, daß sie besser im Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung ausgewiesen werden sollten, in dem neben der Berlin-Hilfe auch die anderen, mit den sonstigen Hilfsmaßnahmen für Berlin erforderlichen Ausgaben veranschlagt sind. Schließlich muß ich erwähnen, daß die den Bundeshaushalt in Einnahme und Ausgabe durchlaufenden Lastenausgleichsabgaben um 170 Millionen DM erhöht worden sind. Diese Änderung beruht auf neueren Schätzungen. Sie ist aber notwendig, damit die Haushaltszahlen mit dem Wirtschaftsplan des Ausgleichsfonds übereinstimmen. Die Änderung ist noch insofern von Bedeutung, als dadurch das Haushaltsvolumen sich um 170 Millionen DM erhöht oder, genauer gesagt, verhindert, daß das Haushaltsvolumen nicht in gleichem Umfang sinkt, wie es nach den Ausgabekürzungen des Haushaltsausschusses zu erwarten war. Ich komme noch einmal darauf zurück, wenn ich über den Ausgleich berichte. Ich komme nunmehr zu den Einnahmeschätzungen. Wie Sie wissen, hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Haushalt gefordert, daß der Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer um 291 Millionen DM erhöht werden sollte. Der Bundesfinanzminister hat daraufhin, wie er in seiner Etatrede bereits ankündigte, die gesamte Steuerschätzung unter Beteiligung von unabhängi- Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 1061 gen Sachverständigen noch einmal überprüfen lassen. Die Sachverständigenkommission, der Vertreter der Bundesbank, des Statistischen Bundesamts und maßgebender wirtschaftswissenschaftlicher Institute angehören, hat geglaubt, diese Erhöhung nicht befürworten zu können. Es trifft auch zu, daß die Steuereinnahmen der ersten beiden Monate des Rechnungsjahres 1962 keineswegs befriedigend ausgefallen sind und mindestens die Auffassung bestätigt haben, daß die Zeit der überschäumenden Steuereinnahmen — jedenfalls vorläufig— vorbei ist. Andererseits können aus den Ergebnissen der ersten beiden Monate noch keine sicheren Schlüsse für das ganze Jahr gezogen werden. In der Schätzung ganz verschiedenartiger Steuern mit einer Größenordnung von rund 45 Milliarden DM liegen stets Fehlerquellen, die es bei einigem Optimismus und auch unter Würdigung der Möglichkeiten der Finanzverwaltung vertretbar erscheinen lassen, eine Höherschätzung von 291 Millionen DM vorzunehmen. Der mitberatende Finanzausschuß und der Haushaltsausschuß haben sich bei ihren Beratungen nur unter Zurückstellung von Bedenken dazu entschließen können, die Erhöhung der Einnahmeschätzung zu empfehlen. Allerdings wurde die Höherschätzung nicht bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer allein vorgenommen. Der Bundesanteil wurde nur um 123 Millionen DM erhöht. Die restlichen Höherschätzungen von zusammen 168 Millionen DM wurden auf einige Bundessteuern verteilt, bei denen sich eine Erhöhung noch am ehesten vertreten ließ. Abgesehen von dieser Erhöhung der Steuereinnahmen um 291 Millionen DM mußten aber die Ansätze bei den Zöllen und bei der Mineralölsteuer aus anderem Grunde um 30 Millionen DM gesenkt werden. Es handelt sich hierbei urn eine zwangsläufige Folge gesetzlicher Maßnahmen. Auf Grund von § 72 der Allgemeinen Zollordnung vom 29. November 1961 wurde durch die 9. Verordnung zur Änderung der Mineralölsteuerdurchführungsverordnung bestimmt, daß die bisher Beihilfeberechtigten der Schiffahrt ab 1. Januar 1962 das zum Betrieb ihrer Schiffe benötigte Gasöl abgabefrei beziehen und verwenden können. Daher kommen keine entsprechenden Abgaben mehr auf, und es entfallen auch die bisher gewährten Betriebsbeihilfen für versteuertes Gasöl. Ich komme jetzt zu dem schwierigsten Punkt der diesjährigen Haushaltsberatung, und das ist der Länderbeitrag zur Deckung des Bundeshaushalts, der im Regierungsentwurf mit 1740 Millionen DM vorgesehen war. Auf die zahlreichen Diskussionen hierüber möchte ich nicht eingehen, sondern mich mit der Feststellung begnügen, daß durch die vom Haushaltsausschuß vorgenommenen Kürzungen der Ausgaben und durch die noch für vertretbar gehaltenen Einnahmeerhöhungen der Länderbeitrag von 1740 um 690 auf 1050 Millionen DM herabgesetzt werden konnte. Damit ist der Beitrag der Länder, dem der Bundesrat im ersten Durchgang als Übergangsmaßnahme grundsätzlich nicht widersprochen hat, so weit reduziert worden, daß nach den bisherigen Äußerungen der Ländervertreter berechtigte Hoffnungen bestehen, daß der Bundesrat im zweiten Durchgang auch die Höhe des Beitrags akzeptiert. Wie kommt es nun, daß trotz der durch den Haushaltsausschuß vorgenommenen Verbesserungen auf der Einnahme- und Ausgabeseite um eine runde Milliarde DM das Haushaltsvolumen nahezu unverändert geblieben und nur um 135 Millionen DM geringer ist als nach der Regierungsvorlage? Diese zunächst unverständlich erscheinende Tatsache hat zwei Ursachen. 1. Die erhoffte Einsparung aus der von der Regierung vorgesehenen 12 v. H.-Globalkürzung war im Einzelplan 60 auf der Ausgabeseite mit einer Minder- oder Minusausgabe in Höhe von 620 Millionen DM veranschlagt. Die vom Haushaltsausschuß vorgenommenen Einzelkürzungen haben lediglich diese Globalkürzungen ersetzt und wirken sich auf die Gesamthöhe der Ausgaben daher nicht aus. Oder anders gesagt, nur wenn die globale Minderausgabe für die 12%ige Globalkürzung von der Regierung als Einnahmeposition veranschlagt worden wäre, hätte die Beseitigung der globalen Kürzung eine entsprechende Verringerung des Haushaltsvolumens zur Folge gehabt. 2. Ein zweiter Grund, weshalb sich die übrigen Ausgabekürzungen nicht auf die Höhe der Gesamtausgaben ausgewirkt haben, ist die vom Haushaltsausschuß vorgenommene Erhöhung der den Haushalt in Einnahme und Ausgabe durchlaufenden Lastenausgleichsabgabe. Diese Maßnahme wirft zwar keine Deckungsprobleme auf, verhindert aber, daß sich die vom Haushaltsausschuß vorgenommenen Kürzungen in einer entsprechenden Minderung des Gesamtvolumens des Haushalts auswirken. Zum Schluß meines Berichts möchte ich — um Mißverständnisse zu vermeiden — noch einmal darauf hinweisen, daß die Minderausgabe im Einzelplan 60 Kap. 60 02 Tit. 300 durch die vom Haushaltsausschuß vorgenommenen Ausgleichsmaßnahmen nicht völlig beseitigt worden ist. Ich darf daran erinnern, daß sich die Minderausgabe aus zwei völlig verschiedenartigen Positionen zusammensetzt. Soweit die Minderausgabe den Einsparungsposten für die 12 v. H.-Kürzung betraf, ist der entsprechende Haushaltsansatz gestrichen worden. Dagegen bleibt die Wenigerausgabe für die im Vorjahr bereits geleisteten Vorauszahlungen aus Haushaltsansätzen des Jahres 1962 in Höhe von 562 Millionen DM bestehen und führt in diesem Jahr zwangsläufig zu einer entsprechenden Entlastung des Bundeshaushalts. Der Betrag selbst konnte im Zuge des Haushaltsausgleichs noch um 59,1 Millionen DM erhöht werden. Einmal ergab der endgültige Abschluß des Haushalts 1961, daß die Vorauszahlungen um rund 43,6 Millionen DM höher waren als ursprünglich angenommen. Außerdem konnte die Minderausgabe um einen weiteren Betrag von 15,5 Millionen DM aufgestockt werden, weil die Haushaltsansätze für das von der Bundesregierung geforderte neue Personal durch eine Vorschrift im Haushaltsgesetz gesperrt wurden. Der Haushaltsausschuß wird über die Bewilligung 'der neuen Planstellen und der Stellenhebungen erst nach Verabschiedung des Haushalts im Mai und Juni entscheiden. Die Mittel für die 1062 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10.. April 1962 neuen Stellen können daher nur für einen Teil des Rechnungsjahres in Anspruch genommen werden. Daraus ergeben sich Einsparungen, die auf 15,5 Millionen DM geschätzt worden sind. Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß das im Vorjahr erst neu eingerichtete Kap. A 60 07 — Entwicklungshilfe — in diesem Jahr wieder weggefallen ist, da die Ansätze dieses Kapitels in den neuen Einzelplan des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit übernommen worden sind. Im Namen des Haushaltsausschusses darf ich Sie bitten, dem Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — mit den vom Ausschuß beschlossenen Änderungen Ihre Zustimmung zu geben. Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Haase (Kassel) zur Abstimmung gemäß § 59 der Geschäftsordnung. Bei der Abstimmung über den Einzelplan 60 „Allgemeine Finanzverwaltung" habe ich mich der Stimme enthalten. Grund der Stimmenthaltung ist die Tatsache, daß ich die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der Sanierungsanleihe der Vereinten Nationen (Kap. A 60 04 Tit. 530) nicht billige. Da ich aber den Einzelplan 60 im übrigen in der zur Abstimmung gestellten Form befürworte, habe ich mich der Stimme .enthalten. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Ernst auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen (Fragestunde der 24. Sitzung vom 6. April 1962, Drucksache IV/288, Fragen XI/1 und XI/2) : Bis wann ist mit dem Erlaß einer Rechtsverordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke, die im Entwurf bereits vorliegt, durch den Herrn Bundeswohnungsbauminister zu rechnen? Bis wann st mit dem Erlaß einer Rechtsverordnung über die Planzeichenfestsetzung zu rechnen? Zu XI/1: Die Rechtsverordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung) ist dem Bundesrat am 15. Februar 1962 zur Zustimmung zugeleitet worden. Der Bundesrat ist bei der Erteilung der Zustimmung an keine Frist gebunden. Die Behandlung der Rechtsverordnung im Bundesrat hat sich verzögert. Es haben sich außer dem federführenden Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen auch der Ausschuß für Inneres, der Wirtschaftsausschuß, der Agrarausschuß und jetzt auch der Rechtsausschuß für beteiligt erklärt. Infolgedessen mußte die in Aussicht genommene Behandlung der Verordnung im Plenum des Bundesrates am 13. April 1962 entfallen. Es ist zu hoffen, daß die Verordnung im Bundesrat am 11. Mai 1962 abschließend beraten wird. Zu XI/2: Die Planzeichenverordnung nach § 2 Abs. 10 BBauG kann erst erlassen werden, nachdem die endgültige Fassung der Baunutzungsverordnung feststeht. Denn die Planzeichen beziehen sich auch auf die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffe. Die Vorarbeiten für die Planzeichenverordnung sind soweit gediehen, daß mit der endgültigen Abstimmung zwischen Bund und Ländern unmittelbar nach der Verkündung der Baunutzungsverordnung begonnen werden kann. Es ist damit zu rechnen, daß die Planzeichenverordnung im Herbst d. J. erlassen werden kann. Anlage 5 Umdruck 46 Änderungsantrag der Abgeordneten Bading, Dr. Schmidt (Gellersen), Seither, Dr. Mommer und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/309). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 10 21 — Bundesanstalt für Naturschutz, Landschaftspflege und Vegetationskunde in Bad Godesberg — werden 1. in Tit. 108 — Beschäftigungsvergütungen, Trennungsentschädigungen, Fahrkostenersatz und Verpflegungszuschüsse sowie Fahrkosten für auswärtigen Familienbesuch für Beamte, Angestellte und Arbeiter — der Ansatz um 55 500 DM gekürzt, 2. in Tit. 110 — Abfindungen und Übergangsgelder — der Ansatz um 9000 DM gekürzt, 3. in Tit. 200 — Geschäftsbedürfnisse — der Ansatz um 9200 DM gekürzt, 4. in Tit. 204 — Unterhaltung der Gebäude — der Ansatz um 19 800 DM gekürzt, 5. in Tit. 205 — Kleinere Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie Erwerb von Haus- und Baugrundstücken — der Ansatz von 10 000 DM gestrichen, 6. in Tit. 206 — Bewirtschaftung von Dienstgrundstücken und Diensträumen — der Ansatz um 8100 DM gekürzt, 7. in Tit. 217 — Umzugskostenvergütungen und Umzugskostenbeihilfen — der Ansatz von 20 500 DM gestrichen. Bonn, den 4. April 1962 Bading Dr. Schmidt (Gellersen) Seither Dr. Mommer Höhmann Frau Dr. Hubert Junghans Gerlach Müller (Nordenham) Dr. Nissen Ravens Hermsdorf Weltner (Rinteln) Schmidt (Braunschweig) Marquardt Frau Korspeter Lücke (Osnabrück) Welslau Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 1063 Anlage 6 Umdruck 47 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 04 — Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/303). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 04 03 — Presse- und Informationsamt der Bundesregierung — In Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens — (Drucksache IV/200 Anlage S. 22) wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 3 000 000 DM auf 10 000 000 DM gesenkt. Der Haushaltsvermerk wird wie folgt neu gefaßt: „Die Jahresrechnung über die Einnahmen und Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärungen des Unterausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 50 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/200, IV/309). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 02 — Allgemeine Bewilligungen — a) In Tit. 601 — Zuschüsse an Anstalten außerhalb der Bundesverwaltung— (Drucksache IV/309 S. 5) wird der Ansatz von 8 169 600 DM um 22 000 DM auf 8 191 600 DM erhöht. b) Die Erläuterungen zu Tit. 601 (Drucksache IV/200 Anlage S. 42) werden bei Buchstabe B. Nr. 5 wie folgt gefaßt: „Deutsche Tierschutzbünde 40 000 DM". Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 51 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier Einzelplan 10 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/200, IV/309). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 02 — Allgemeine Bewilligungen — a) Die Zweckbestimmung zu Tit. 610 (Drucksache IV/200 Anlage S. 53) erhält folgende neue Fassung: „Zuschüsse zur Förderung der Hauswirtschaft in bäuerlichen und Landarbeiterhaushalten („Grüner Plan 1962") b) In den Erläuterungen zu Tit. 610 wird in Absatz 1 folgender Satz angefügt: „Darüber hinaus können die Mittel auch für Maßnahmen zur Verbesserung der Hauswirtschaft von dauernd in der Landwirtschaft beschäftigten Landarbeitern verwandt werden." Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 53 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesminister für Verkehr (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/311). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 15 — Bundesanstalt für Flugsicherung in Frankfurt (Main) — Die in Tit. 101 — Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen für planmäßige Beamte — (Drucksache IV/311 S. 7, 8) vorgesehene Übernahme von Bediensteten des Flugsicherungskontrolldienstes und des flugsicherungstechnischen Dienstes in das Beamtenverhältnis wird jetzt nicht vorgenommen. Die Erläuterungen sind entsprechend zu ändern. Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 10 Umdruck 54 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 12 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/311). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 12 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 510 a) — Zuwendungen an die Deutsche Bundesbahn — (Drucksache IV/311 S. 3) wird der Ansatz von 1 047 000 000 DM um 180 000 000 DM auf 1 227 000 000 DM erhöht. Die Erläuterungen zu Tit. 510 a) Nr. 2 (Drucksache IV/200 Anlage S. 21) erhalten folgende Fassung: 1064 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 „2. Freiwillige Zuwendungen a) Ausgleich von betriebsfremden Lasten aa) Versorgungslasten 310 000 000 DM bb) Verzinsung von Ausgleichsforderungen der Deutschen Bundesbank 34 000 000 DM (1961 Kap. 12 02 Tit. 512) b) Beitrag zu den strukturellbedingten überhöhten Versorgungslasten der Deutschen Bundesbahn 555 000 000 DM c) Zuschuß für den Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke Kehl-Straßburg und für die Höherlegung des Bahnhofs Kehl, 3. Teilbetrag 3 000 000 DM (1961 Kap. 12 02 Tit. 514) d) Zuschuß und Darlehen für den Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke Neuenburg-Chalampé — (1961 Kap. 12 02 Tit. 515) e) Anpassunghilfe zur Erleichterung der Rationalisierung im Personenzugverkehr 170 000 000 DM (1961 Kap. 12 02 Tit. 516) f) Übernahme des Kapitaldienstes für Anleihen im Gesamtbetrag von 500 000 000 DM als Beitrag des Bundes zur Verbesserung der Kapitalstruktur der Deutschen Bundesbahn 10 000 000 DM g) Verstärkungsmittel des Kap. 60 02 Tit. 199 im Rechnungsjahr 1961" Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 11 Umdruck 56 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 28 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/322). Der Bundestag wolle beschließen: Die Ansätze in Einzelplan 28 werden gestrichen. Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 58 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushalts- gesetzes 1962, hier: Einzelplan 10 — Geschäftsbereich ides Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/309) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 10 02 — Allgemeine Bewilligungen — In den Erläuterungen zu Tit. 571 — Förderung der ländlichen Siedlung — (Drucksache IV/200 Anlage S. 31) wird dem zweiten Absatz folgender Satz 'angefügt: „Die Bindungsermächtigung erhöht sich um zusätzliche 65 000 000 DM für den Fall, daß die Finanzierung des Siedlungsprogrammes 1962 nicht gewährleistet ist, wenn die Länder nicht in der Lage sind, den vorgesehenen Anteil an Landesmitteln aufzubringen." Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 60 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs dies Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 25 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/319). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 25 01 — Allgemeine Ausgaben 1. In Tit. 310 — Veröffentlichungen des Ministeriums — (Drucksache IV/319 S. 4) wird 'der Ansatz in Höhe von 100 000 DM gestrichen. Zu Kap. 25 02 — Allgemeine Bewilligungen 2. In Tit. 545 — Darlehen an die Länder zur Förderung der Wohnungsbeschaffung für junge Ehepaare — (Drucksache IV/200 Anlage S. 19) wird der Ansatz von 20 000 000 DM um 30 000 000 DM auf 50 000 000 DM erhöht. In 'den Erläuterungen zu Tit. 545 wird in Abs. 1 nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt: „Die Mittel sollen insbesondere 'der Förderung des Baues von Mietwohnungen für junge Familien vorbehalten 'bleiben und ihnen zur Erlangung einer Miet- und Genossenschaftswohnung gewährt werden." 3. Es wird ein neuer Tit. 607 eingefügt: „Titel 607 — Zuschüsse zur Förderung des Baues von Alterswohnheimen 20 000 000 DM" „Zu Tit. 607 Die Erläuterungen lauten: Diese Zuschüsse sollen zur Schaffung besonderer Wohnanlagen oder entsprechender Kleinwohnungen. als Altersheime und Alterswohnheime im Rahmen anderer Wohn- und Siedlungsanlagen gewährt und dadurch auch eine Auflockerung in den vorhandenen Wohnungsbeständen durch Doppelbelegungen und die Freimachung Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 1065 entsprechend großer Wohnungen für junge Familien erreicht werden." Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 61 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 26 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/320). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 26 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 601 — Zuschüsse zur Erhaltung und Auswertung des kulturellen Heimaterbes der Heimatvertriebenen und zur Förderung der kulturellen Bestrebungen der Flüchtlinge — (Drucksache IV/200 Anlage S. 16) wird der Ansatz von 1 100 000 DM um 400 000 DM auf 1 500 000 DM erhöht. Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 15 Umdruck 62 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/330) . Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 60 01 — Steuern und Abgaben 1. In Tit. .St 9 — Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer — (Drucksache IV/330 S. 2) wird der Ansatz von 12 082 000 000 DM um 168 000 000 DM auf 12 250 000 000 DM erhöht. Zu Kap. 60 02 — Allgemeine Bewilligungen 2. In Tit. 999 (Drucksache 200 Anlage S. 25) wird a) die Zweckbestimmung wie folgt neu gefaßt: „Zur Deckung der kassenmäßigen Mehrausgaben ,aus dem Rechnungsjahr 1960", b) der Ansatz von 206 890 700 DM um 160 837 900 DM auf 46 052 800 DM gekürzt, c) in den Erläuterungen zu Tit. 999 wird Nr. 2 gestrichen. Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 16 Umdruck 63 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Haushaltsgesetz 1962 — (Drucksachen IV/200, IV/331). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Dem § 22 wird folgender Absatz 3 angefügt: „ (3) Zahlungszusagen aus Absatz 1 in Höhe von 1 850 000 000 DM und aus Absatz 2 in Höhe von 1 250 000 000 DM für die Förderung von Entwicklungsländern bedürfen der vorherigen Unterrichtung des Ausschusses für Entwicklungshilfe des Deutschen Bundestages. Soweit Zusagen bereits vor Verabschiedung dieses Gesetzes gemacht wurden, ist eine unverzügliche Unterrichtung des Ausschusses vorzusehen." 2. Dem § 23 wird folgender Absatz 3 angefügt: „(3) Gewährleistungen aus Absatz 1, die für die Förderung der Wirtschaft von Entwicklungsländern gegeben werden, bedürfen der vorherigen Unterrichtung des Ausschusses für Entwicklungshilfe des Deutschen Bundestages." Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 17 Umdruck 64 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 31 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/325). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 31 02 — Allgemeine Bewilligungen für Atomkernenergieforschung und -nutzung — 1. In Tit. 620 — Förderung der Strahlennutzung und der Entwicklung der Isotopentechnik und Kernchemie — (Drucksache IV/200 Anlage S. 23) wird der Ansatz von 4 500 000 DM um 2 500 000 DM auf 7 000 000 DM erhöht. 2. In Tit. 950 — Förderung der Atomforschung durch Zuwendungen für die Modernisierung und Erweiterung wissenschaftlicher Institute und Einrichtungen — (Drucksache IV/325 S. 5) wird der Ansatz von 37 700 000 DM um 4 000 000 DM auf 41 700 000 DM erhöht. Zu Kap. 31 04 — Allgemeine Bewilligungen für die Weltraumforschung — 3. In Tit. 677 — Beitrag an die Europäische Organisation für die Entwicklung und den Bau von Satellitenträgern (ELDO) — (Drucksache IV/325 S. 6) wird der Ansatz von 20 000 000 DM um 10 000 000 DM auf 10 000 000 DM gekürzt. Bonn, den 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion 1066 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 25. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 10. April 1962 Anlage 18 Umdruck 66 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 30 — Geschäftsbereich des Bundesministers für besondere Aufgaben (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/324). Der Bundestag wolle beschließen: Einzelplan 30 wird gestrichen. Bonn, 5. April 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 19 Umdruck 68 Änderungsantrag der Abgeordneten Schoettle und Dr. Vogel zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Haushaltsgesetz 1962 — (Drucksachen IV/200, IV/331). Der Bundestag wolle beschließen: In § 9 Abs. 6 ist eine Nummer 14 a mit folgendem Text einzufügen: „14 a. Einsparung bei Kapitel 23 02 Titel 300 zur Verstärkung der bei Kapitel 23 02 Titel 332 und Titel 600 veranschlagten Mitteln;" Bonn, den 5. April 1962 Schoettle Dr. Vogel Anlage 20 Umdruck 70 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Haushaltsgesetz 1962 (Drucksachen IV/200, IV/331). Der Bundestag wolle beschließen: § 8 erhält folgende neue Fassung: „§ 8 (1) Die Mittel für die Fortführung begonnener und für neue Baumaßnahmen des Bundes sowie die Ausgabenansätze zur Förderung von Baumaßnahmen anderer Stellen sind in Höhe von 20 vom Hundert des Jahresansatzes gesperrt, soweit nicht eine rechtliche Verpflichtung zu ihrer Leistung besteht. Das gilt auch für solche Baumaßnahmen des Bundes und Ausgabenansätze zur Förderung von Baumaßnahmen anderer Stellen, die aus gesetzlich zweckgebundenen Einnahmen durchzuführen sind. Der Bundesminister der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft Befreiungen von dieser Sperre zulassen. (2) § 19 Abs. 2 Satz 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung vom 1. Agust 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 1121) findet im Rechnungsjahr 1962 keine Anwendung." Bonn, den 10. April 1962 Schmücker und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Anlage 21 Umdruck 71 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Schäfer, Jacobi (Köln), Ritzel, Dr. Brecht zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP (Umdruck 70) zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Haushaltsgesetz 1962 — (Drucksachen IV/200, IV/331). Der Bundestag wolle beschließen: § 8 erhält folgende neue Fassung: „§ 8 (1) Die Mittel für die Fortführung begonnener und für neue Baumaßnahmen des Bundes sowie die Ausgabenansätze zur Förderung von Baumaßnahmen anderer Stellen sind, mit Ausnahme der für den Straßenbau vorgesehenen öffentlichen Mittel, in Höhe von 20 vom Hundert des Jahresansatzes gesperrt, soweit nicht eine rechtliche Verpflichtung zu ihrer Leistung besteht. Das gilt auch für solche Baumaßnahmen des Bundes und Ausgabenansätze zur Förderung von Baumaßnahmen anderer Stellen, die aus gesetzlich zweckgebundenen Einnahmen durchzuführen sind. Der Bundesminister der Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft Befreiungen von dieser Sperre zulassen. (2) Diese Bestimmungen finden auf den öffentlich geförderten Wohnungsbau keine Anwendung." Bonn, den 10. April 1962 Dr. Schäfer Jacobi Ritzel Dr. Brecht
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    Rede von Erich Ollenhauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist die Aufgabe des Parlaments bei der Beratung dies Haushalts des Bundeskanzlers, nicht nur die Einzelheiten seines Haushalts zu prüfen, sondern auch die Frage zu stellen, ob die politische Führung der Bundesrepublik, für die der Bundeskanzler verantwortlich ist, den innen- und außenpolitischen Aufgaben unserer Tage gerecht wird.
    Ich möchte zunächst dem Herrn Bundeskanzler danken, daß er seinen Urlaub unterbrochen hat, um an den Beratungen seines Haushalts teilzunehmen. Ich möchte den Wunsch hinzufügen, daß der jetzt unterbrochene Urlaub ihm die verdiente Erholung und Stärkung seiner Gesundheit bringen möge.
    Wenn der Bundestag im Juli in die Sommerferien geht, wird das erste Jahr seiner Legislaturperiode bereits zu Ende sein. Wir haben deshalb alle die Pflicht, die Frage zu stellen, ob die nach so qualvollen Bemühungen schließlich zustande gekommene Koalition einen guten Start gehabt hat, einen Start, der zu der Hoffnung berechtigt, daß sie fähig sein wird, mit den schwierigen innen- und außenpolitischen Aufgaben in einer Weise fertig zu werden, die den Interessen unseres Volkes entspricht.
    Wir Sozialdemokraten müssen diese Frage verneinen. In der schwierigsten Periode der kurzen Geschichte unserer Bundesrepublik haben wir die schwächste Regierung. Ihre Politik ist verworren und unklar. Sie weicht Entscheidungen aus. Sie läßt es an Initiativen fehlen, und der Herr Bundeskanzler läßt die Dinge in einer bei ihm bisher ungewohnten Weise schleifen,

    (Lachen bei der CDU/CSU — Sehr wahr! bei der SPD)

    oder er trägt durch seine Äußerungen noch selber zur Unsicherheit und Unklarheit über den Kurs der Regierung bei.
    Meine Damen und Herren, ich möchte das hier an einer Reihe von Beispielen beweisen, die wir alle miterlebt haben und die jeder auf ihre Richtigkeit hin nachprüfen kann. Ich muß mich dabei beschränken, denn die Gesamtzahl der Beispiele ist zu groß.
    Beginnen wir mit der Außenpolitik! Ich darf hier erinnern an meine Bemerkungen am Schluß der Debatte über die Regierungserklärung am 6. Dezember 1961. Damals habe ich erklärt, daß wir den Wunsch der Regierung respektieren, vor allem im Zusammenhang mit den Verhandlungen über Berlin schwierige Verhandlungen nicht durch öffentliche Parlamentsdiskussionen zu belasten. Aber diese unsere Erklärung, an die wir uns halten, ist kein Freibrief für eine vom Parlament völlig unkontrollierte Außenpolitik der Regierung. Ich will hinzufügen, daß der Bundesaußenminister in der Zwischenzeit bemüht war, die Fraktionen, auch die sozialdemokratische Fraktion, über wichtige internationale Besprechungen und Verhandlungen zu informieren. Dennoch ist der gegenwärtige Zustand unbefriedigend, weil wir keine volle Übersicht haben und weil vor allem eine weitgehende Unklarheit über die außenpolitischen Vorstellungen und Ansichten der Regierung besteht. Wir behalten uns deshalb ausdrücklich vor, zu gegebener Zeit eine außenpolitische Debatte im Bundestag zu fordern, um die Regierung zu einer Darstellung ihrer Politik zu veranlassen und ihre Ansichten im einzelnen kritisch zu untersuchen.
    Die Unsicherheit und die Unentschlossenheit der Regierung ist auf allen Gebieten der Außenpolitik



    Ollenhauer
    sichtbar. Was ist z. B. heute die Europapolitik der Regierung? Wir wissen bis heute noch nicht, welchen Inhalt das Gespräch des Bundeskanzlers mit dem französischen Staatspräsidenten de Gaulle in Baden-Baden am 15. Februar 1962 gehabt hat. Die Vorstellungen des Generals de Gaulle über die Schaffung einer politischen Union, eines „Europa der Vaterländer", sind unvereinbar mit einer Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Europas im Zusammenhang mit den bestehenden europäischen Institutionen. Realisiert man die Pläne des französischen Staatspräsidenten, dann wird ein Stillstand in der Fortentwicklung der europäischen Integration auf wirtschaftlichem Gebiet, vielleicht sogar eine Gefährdung des bisher Erreichten unvermeidlich sein.
    Was will der Herr Bundeskanzler? Was will die Bundesregierung? Gibt es hier eine Übereinstimmung zwischen dem Herrn Bundeskanzler und dem Bundeswirtschaftsminister? Alles Fragen, auf die wir bisher keine klare Antwort erhalten haben.
    Weiter: Wie steht der Herr Bundeskanzler zu der Erweiterung der EWG durch den Beitritt von Großbritannien und anderen europäischen Ländern? Die Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers in seinem Interview mit der französischen Zeitung „Le Monde" vom 10. März 1962 haben ausgerechnet jene Kreise in Großbritannien gestärkt, die gegen die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EWG sind, und sie haben den britischen Europaminister Heath zu einer bemerkenswert scharfen Distanzierung von den Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers veranlaßt. Es gibt auch keine Information und keine eindeutige Erklärung der Bundesregierung zu einer Frage, die für die Weiterentwicklung der europäischen Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung ist.
    Die Unklarheiten gehen noch weiter. Am 27. November 1961 hat der Verteidigungsminister Strauß in einem Vortrag in der Georgetown University in Washington die Schaffung einer Atlantischen Union auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet gefordert, weil nach seiner Meinung die Einigung Europas durch den Gang der Entwicklung bereits überholt sei. Der Herr Bundeskanzler hat demgegenüber in einem Interview vom 3. April mit Herrn Sulzberger für die „New York Times" erklärt, eine Atlantische Union sei unmöglich, weil sie das Ende der europäischen Idee bedeuten würde. Welches ist hier die Auffassung der Bundesregierung? Angesichts der Bedeutung der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Gemeinschaften und den Vereinigten Staaten handelt es sich hier um einen zentralen Punkt unseres zukünftigen Verhältnisses — vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet — zu den Vereinigten Staaten. Es ist unerträglich, daß hier jede eindeutige und klare Feststellung über die Politik der Bundesregierung fehlt.
    Wir haben in der vorigen Woche in diesem Hohen Hause eine Debatte über die atomare Rüstung gehabt, in der der Herr Verteidigungsminister eine Reihe von Feststellungen getroffen hat, die wesentlich von seinen bisherigen Aussagen zur Frage der atomaren Ausrüstung der Bundeswehr und des Ausbaues der NATO zur vierten Atommacht abweichen; sie stehen auch in Widerspruch zu wiederholten Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers. Ich frage: ist die von Herrn Strauß in der vorigen Woche hier entwickelte Auffassung jetzt die verbindliche Auffassung der Bundesregierung, und kann sie als Richtlinie der Politik auf diesem Gebiete angesprochen werden? Wir sind skeptisch und haben Zweifel angesichts der großen Neigung der Koalition, diese Frage immer wieder zum Streitgegenstand in innenpolitischen Auseinandersetzungen zu machen. Käme die Bundesregierung zu einer klaren Entscheidung im Sinne der vom Bundesverteidigungsminister vertretenen Auffassung, dann hätte das eine große, vor allem außenpolitische Bedeutung; denn dann könnte sie die Bundesregierung veranlassesn, durch die Entwicklung und Vertiefung dieses Standpunktes einen positiven Beitrag zu den schwierigen Genfer Abrüstungsverhandlungen zu leisten.
    Der Herr Bundeskanzler hat sich zu den Genfer Verhandlungen unterschiedlich geäußert. Er hat einmal erklärt, man könne von Genf nichts erwarten, und ein anderes Mal behauptet, Genf habe bis jetzt nichts verdorben. Soweit wir sehen können, sind diese Randbemerkungen der einzige Beitrag — sowohl in bezug auf die Abrüstung als auch in bezug auf die Gespräche über Berlin — der Bundesregierung zu den für uns alle lebenswichtigen Beratungen in Genf. Das ist wiederum ein unbefriedigender Zustand.
    Sicher wird die Bundesregierung erklären, daß auch sie zu den Möglichkeiten der Genfer Verhandlungen Stellung genommen habe. Aber wir fürchten, daß diese Stellungnahme dahin geht, alles zu verwerfen, was in irgendeiner Weise die Stellung der Bundesrepublik in der gegenwärtigen militärischen Konstellation in Europa und in der Welt verändern könnte. Niemand will eine Gefährdung unserer Sicherheit oder eine einseitige Verschiebung des Kräfteverhältnisses zuungunsten des Westens. Aber wenn sich unsere Verbündeten in Genf bemühen, Wege in der Richtung einer kontrollierten Abrüstung und der Entspannung der internationalen Lage zu finden, dann kann sich unsere Politik nicht in .einer reinen Negation oder in einer völligen Inaktivität bei der Untersuchung und Prüfung von möglichen positiven Schritten erschöpfen.

    (Beifall bei der SPD.)

    In diesem Zusammenhang warten wir noch immer auf eine verbindliche Erklärung der Bundesregierung, wie es mit der Behauptung von Herrn Dr. Dehler in seinem umstrittenen Fernsehgespräch steht, daß die von ihm dort vertretenen Ansichten über die deutsche Außenpolitik den Koalitionsvereinbarungen entsprechen. Wir stehen auch hier vor einem großen Fragezeichen. Es scheint, als hätten wir unsere Außenpolitik suspendiert; mindestens heben wir ihre Wirkungsmöglichkeiten durch widersprechende Äußerungen des Bundeskanzlers oder seiner Minister weitgehend auf.
    Meine Damen und Herren, nehmen wir das Kapitel der Innenpolitik. Wir haben in der vorigen Woche den Fernseh- und Rundfunkaufschrei des Bundeswirtschaftsministers ,diskutiert. Ich will diese Auseinandersetzung jetzt hier nicht fortsetzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gut so!)




    Ollenhauer
    — Ob das gut ist, werden wir erst noch sehen. — Ich will sie nur aufnehmen ,als einen weiteren Beweis für die Führungslosigkeit der Bundesregierung.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Herr Professor Erhard hat Alarm gegeben; nicht vor dem Parlament, sondern ohne Fühlungnahme mit den entscheidenden Faktoren unserer Wirtschaft und der Politik außerhalb des Parlaments,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer sind das?)

    ohne mit diesem Alarmruf auch nur die Andeutung von konkreten Maßnahmen zu verbinden, die die Regierung zu ergreifen gedenkt. schließlich weiß doch jeder im Volk, daß fiat die Wirtschaftspolitik, die jetzt zu der angeblich so bedrohten Lage geführt hat, die Regierung und vor 'allem der Wirtschaftsminister in erster Linie die Verantwortung trägt

    (Beifall bei der .SPD)

    und daß es daher nicht genügt, das Volk zu alarmieren, sondern immer auch zu sagen, was die Regierung selbst zu tun gedenkt.

    (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Merken Sie immer noch nicht, daß Sie auf dem falschen Gleise 'sind?)

    Als Herr Erhard dann schließlich vor dem Parlament selbst sprach, wollte er es nicht so schlimm gemeint haben; er sei kein Pessimist, die 'augenblickliche Lage sei nicht so beunruhigend, aber die Zukunft mache ihm Sorgen. Dann kamen seine Vorschläge, reichlich dünn und nicht verpflichtend.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie sind Ihre Vorschläge?)

    Denn als er hier im Bundestag sprach, war sich nicht einmal die 'Koalition über Umfang und Inhalt des geplanten Baustopps einig; jedenfalls kamen die beiden Fraktionen der Koalition mit getrennten Anträgen. Vielleicht schafft man's bis zur dritten Lesung! Aber da greift man Verbraucher, Arbeitnehmer und Gewerkschaftler an und fordert sie zum Maßhalten auf. Und dann steht man mit fast leeren Händen da, wenn das Parlament wissen will, was geschehen wird.
    Her Erhard hat davon gesprochen, man werde mit fester Hand führen. Bis jetzt drückt sich diese feste Hand nur in der Dramatik und in der Pathetik aus, mit der er seinen Auftritt im Fernsehen und im Rundfunk vollzogen that.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Was ist die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung? Und wenn die Lage tatsächlich so ernst ist — warum nicht am Anfang sachliche Gespräche mit allen Beteiligten und einen 'ernsten Versuch, für alle .tragbare Schritte zu überlegen?
    Dann, meine Damen und Herren, nehmen wir den Haushalt selbst, den wir jetzt beraten und der mit einem Defizit von 1,7 Milliarden DM eingebracht wurde. Herr Starke hat sicher unter besonders schwierigen sachlichen und zeitlichen Umständen das Finanzministerium übernehmen und .den Haushalt vorlegen müssen. Aber diese Regierung ist ja in ihrer Finanz- und Steuerpolitik keine von ihren Vorgängerinnen so unterschiedliche Regierung. Man wußte z. B., daß der Haushalt für Verteidigung auf 15 Milliarden DM ansteigen würde. Man wußte, daß die früheren feierlichen Erklärungen, es würden nie mehr als 9 Milliarden DM sein, längst überholt sind. Warum dann nicht rechtzeitige Verhandlungen mit den Ländern? Warum die flucht in die globale 12%ige Kürzung, die ungerechteste, aber für die Koalition bequemste Form, sachlichen Entscheidungen aus .dem Wege zu gehen und wesentliche Teile der Ausgabengestaltung der Bürokratie in den einzelnen Ministerien zu überlassen?

    (Abg. Dr. Vogel: Herr Ollenhauer, wir haben doch sofort abgelehnt, das weiter zu tun! Das wissen Sie doch!)

    — Meine Damen und Herren, ich sage weiter: es ist ein Verdienst des Haushaltsausschusses und nicht der Regierung,

    (Sehr richtig! bed der SPD)

    wenn er diese schlechteste Lösung durch seine Streichung abgewehrt hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber, meine Damen und Herren, wie wird es weitergehen, wenn sich im kommenden Haushaltsjahr der Ausgleich des Haushalts noch schwieriger gestaltet? Welche Vorstellungen hat die Regierung für eine Neuordnung der Finanzen und Steuern und für die Herbeiführung eines gerechten Ausgleichs, eines gerechten Ausgleichs der Ausgaben für die militärische und die soziale Sicherheit? Das ist eine Lebensfrage; denn die Stabilität der inneren Ordnung kann nur aufrechterhalten bleiben, wenn es nicht zu einer einseitigen Beeinträchtigung der sozialen und kulturellen Leistungen kommt. Die Erhaltung des sozialen Friedens und die Erreichung eines Höchstmaßes von sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit ist in unserer Zeit von der gleichen entscheidenden Bedeutung wie die Erhaltung und Star-kung unserer militärischen Sicherheit.
    Auf der sozialen Seite stehen wir vor einem eindeutigen Offenbarungseid.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP.)

    Herr Blank hat die Große Anfrage der Sozialdemokratie, die nichts anderes wollte als eine Erklärung der Bundesregierung über ihre Absichten auf drei wichtigen Gebieten der Sozialpolitik, mit dem offenen Eingeständnis beantwortet, daß er nicht in der Lage sei, eine sachliche Antwort zu geben.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wir warten noch heute auf sie, obwohl Herr Blank unmittelbar nach den Wahlen erklärt hat, er wolle die wichtigsten und am meisten umstrittenen Gesetzentwürfe im ersten Jahr und nicht erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode einbringen. Meine Damen und Herren, es gibt wieder Terminschwierigkeiten! Man will die Wahlen in NordrheinWestfalen abwarten, um dann erst die Karten auf den Tisch zu legen. Die Regierung glaubt, die Posi-



    Ollenhauer
    tion der CDU .in Nordrhein-Westfalen zu verbessern, wenn sie nicht sagt, was sie im Schilde führt. Es vst schlecht um eine Regierung bestellt, die das Fehlen einer klaren Aussage über ihre Absichten für eine Verbesserung ihrer Position hält.
    Ich möchte es mit den Beispielen genug sein lassen. Es ist eine bedrückende Zwischenbilanz. Und das Traurige ist, meine Damen und Herren, daß nun dieser Raum der Unsicherheit und der Unentschlossenheit ausgefüllt wild mit Affären, Affären aller Art. Sie machen sich breit in der öffentlichen Meinung, als seien sie Politik oder als könne man mit ihnen Politik machen. Ich denke hier nur daran — wir haben darüber gesprochen —, wie heute z. B. Presseoffiziere Politik machen können. Wenn dann 'die Angelegenheit hier im Parlament zur Sprache kommt, verteidigt der Herr Verteidigungsminister mit allen „Waffengattungen" seiner rednerischen Begabung

    (Heiterkeit)

    die Meinungsfreiheit und die Schreib- und Redefreiheit des Soldaten, als ob es darum ginge! Der verantwortliche Pressereferent eines Ministers hat nicht eigene Politik zu machen, sondern die Politik seines Ministers zu interpretieren und zu erläutern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich gebe zu, daß das nicht immer einfach ist. (Heiterkeit bei der SPD.)

    Aber wenn sich der Presseoffizier dadurch in den Möglichkeiten, seine eigenen Ansichten zu vertreten, beengt fühlt, dann muß er seine Position aufgeben. Die Demokratie kennt nicht nur die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freiheit in Wort und Schrift, sie kennt auch die Verantwortung gegenüber dem Amt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte übrigens einmal erleben, was Herr Strauß tun würde, wenn ein aktiver Offizier öffentlich Meinungen in Verteidigungs- und Militärfragen vertreten würde, die seinen Auffassungen widersprechen.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir haben dann die Angelegenheit des Botschafters Dr. Kroll. In der Öffentlichkeit wurden ihm Äußerungen unterstellt, die im Widerspruch zu der außenpolitischen Haltung der Bundesregierung stehen. Es wurde ein Kesseltreiben gegen ihn veranstaltet, und schließlich wurde er durch ein ungewöhnlich scharfes Telegramm des Bundeskanzlers nach Bonn zurückberufen. Dann folgten lange Besprechungen. Der Außenminister bemühte sich, auf den Kern der Sache zu kommen und festzustellen, ob die erhobenen Vorwürfe stimmten. Der Kanzler — entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, Herrn Kroll zu sehen — empfing den Botschafter nicht. Die Sache endete für die Öffentlichkeit damit, daß der Botschafter in Urlaub geht, dann noch einmal nach Moskau auf seinen Posten zurückkehren und später im Auswärtigen Amt als Berater in Ostfragen ein Amt übernehmen soll. Das ist jedenfalls die offizielle Darstellung über die Beilegung des Falles. Damit kein
    Zweifel darüber entsteht: wir sind der Meinung, daß ein Botschafter sich bei der Ausübung seines Amtes an die Richtlinien der Politik der Regierung zu halten hat, vor allem, wenn er in einer so schwierigen Position steht wie Herr Dr. Kroll in Moskau. Keine Regierung kann auf diese selbstverständliche Loyalität ihrer diplomatischen Vertreter verzichten. Offensichtlich hat Herr Kroll aber auch nicht anders gehandelt; denn sonst wäre die jetzige Vereinbarung mit ihm nicht zu verstehen.
    Die Frage ist, meine Damen und Herren, ist damit die Angelegenheit erledigt. Wir sind der Meinung: nein! Denn in dieser für das Ansehen der Bundesrepublik so schädlichen Affäre fehlt die Beantwortung der Frage: wer hat eigentlich dieses Kesseltreiben gegen Herrn Kroll in Gang gesetzt, und, wenn es sich um Angehörige des Amtes oder der Botschaft handelt, was geschieht mit ihnen? Hier müssen im Interesse des Ansehens des Amtes die Karten auf den Tisch gelegt und die Schuldigen zur Verantwortung -gezogen werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wenn es Differenzen zwischen dem Amt und einem Botschafter gibt, dann müssen sie direkt sachlich und offen zwischen den Beteiligten geklärt werden. Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, daß man bei uns in der Bundesrepublik hohe Repräsentanten der Bundesrepublik in Heckenschützenmanier abschießen kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Bundeskanzler, hier hätten Sie nicht pingelig sein dürfen,

    (Heiterkeit 'bei der SPD)

    sondern hätten mit klaren Worten und gegebenenfalls mit einem Machtwort 'eingreifen müssen; denn das ist keine Ressortangelegenheit, sondern das war und ist eine Frage der Sachlichkeit und der Sauberkeit in unserer Verwaltung. Die Angelegenheit Kroll war leider nicht der erste Fall dieser Art, und sie sollte eine deutliche Warnung für diejenigen sein, die glauben, daß man mit Intrigen Politik machen kann. Eine solche Einstellung kann der Politik und dem Ansehen der Bundesrepublik nur schaden.
    Es gibt noch einen Punkt im Falle des Botschafters Kroll, der einen besonderen politischen Aspekt hat. Die Bundesrepublik hat mit Zustimmung aller drei Fraktionen das sowjetische Memorandum vorn 27. Dezember 1961 mit einer sachlich abgewogenen Gegendarstellung beantwortet. Niemand hat von dieser Beantwortung in 'bezug auf unsere Beziehungen und in bezug auf eine Annäherung der beiderseitigen Standpunkte Wunder erwartet, aber man konnte die Hoffnung haben, daß sie zu einer allmählichen Normalisierung und Besserung der Atmosphäre hätte führen können. Meine Damen und Herren, das ist nun erst einmal durch die Auseinandersetzungen um Dr. Kroll überdeckt worden, und ich frage mich, ob die Angriffe gegen Dr. Kroll nicht auch diesen Zweck mitverfolgten.
    Meine Damen und Herren, es ist uns kein Vergnügen, diese kritische Aufzählung machen zu müssen. Es geht hier nicht um die Aufzählung von Grün-



    Ollenhauer
    den, die die Opposition veranlassen, auch in diesem Jahr gegen den Haushalt des: Bundeskanzlers zu stimmen. Wir haben in der Aussprache über die Regierungserklärung im Dezember vorigen Jahres Zweifel und Besorgnisse über die Fähigkeit der Regierung zum Ausdruck gebracht, die vor uns liegenden schwierigen außen- und innenpolitischen Aufgaben zu lösen. Diese Befürchtungen sind in der kurzen Zeit seit Dezember bestätigt worden. Eine Koalition, deren Partner sich ständig über Inhalt und Bedeutung des Koalitionsabkommens streiten,

    (Zurufe von den Regierungsparteien)

    eine Koalition, die letzten Endes nur auf der gemeinsamen egoistischen und parteipolitischen Überlegung beruht, die Sozialdemokratie auf jeden Fall aus der Mitverantwortung im Bund herauszuhalten, eine solche Koalition ist unfähig, eine überzeugende und klare Regierungspolitik zustande zu bringen.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien.)

    Wir haben — es mag bitter sein — zur Zeit keine Regierung.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben eine Anzahl von Ministern, die mit mehr oder weniger Geschick die Aufgaben ihrer Ressorts vertreten und verwalten. -

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Es ist 'ein völlig andere Lage als in 'den früheren
    3) Jahren. Damals haben wir oft hart und zäh gerungen um sachliche Positionen in der Führung der Innen-und Außenpolitik. Heute gibt es da, wo die Regierung führen sollte und ihre Politik vertreten sollte, ein Vakuum, einen Leerlauf, in einer Zeit, in der die Entwicklung mehr denn je eine wache, aktive und an Initiativen reiche Bundesregierung erfordert.

    (Gegenrufe von der Mitte.)

    Herr Bundeskanzler, Sie bestimmen nach unserem Grundgesetz die Richtlinien der Politik. Sie haben diese besondere Verantwortung in .den vergangenen Jahren immer ohne Furcht und ohne Scheu auf sich genommen.

    (Abg. Rasner: Ohne Tadel! — Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Weitere lebhafte Zurufe von der Mitte: Ohne Tadel!)

    — Ohne Furcht und ahne Scheu. — Heute fehlt diese Führung. Ich 'treffe diese Feststellung ohne eine Spur von Genugtuung. Ich treffe sie mit Sorge; denn in diesem Augenblick geht es mir nicht um einen taktischen Vorteil für Opposition oder Koalition in dem Kampf um die Ausübung der Regierungsgewalt. Es geht um das Schicksal unseres Volkes, und, Herr Bundeskanzler, es ist Ihre Verantwortung und die Verantwortung Ihrer politischen Freunde, aus diesem unhaltbaren 'Zustand, in dein wir jetzt stehen, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sieht sich nicht in der Lage, dem Haushalt des 'Bundeskanzlers zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

(Zurufe und Unruhe bei der SPD.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Lassen Sie mich zunächst Herrn Kollegen Ollenhauer danken für die Eingangsworte, die er gesprochen hat. In der Tat, es ist ein ziemlicher Wechsel seit gestern auf heute, wenn ich mir diesen Saal betrachte und wenn ich an den Comer-See denke.

    (Heiterkeit.)

    Ich danke Ihnen aber für die guten Wünsche, Herr Ollenhauer, und ich hoffe bestimmt, daß ich nach Ostern doch Ihren Ratschlägen, die ich eigentlich in den Satz „Landgraf, werde hart" zusammenfassen möchte, folgen werde.

    (Heiterkeit. — Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Mehr Ordnung ins Haus!)

    Meine Damen und Herren, Herr KollegeOllenhauer hat gesagt, die politische Führung, und zwar sowohl die innen- und außenpolitische, und der Start der Koalition habe gezeigt, daß sie unfähig sei. Ich kann Herrn Ollenhauer in keiner Weise darin beipflichten.

    (Lachen bei der SPD.)

    — Daß Sie lachen würden und dem nicht zustimmen, war ja klar, meine Damen und Herren.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Aber wenn es Herrn Ollenhauer gestattet ist, nun zu allem nein zu sagen, dann darf ich doch zu einigem wenigstens ja sagen.

    (Erneuter Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Ich sage aus Überzeugung zu recht vielen Dingen ja, nicht zu allen, das werden Sie noch hören, meine verehrten Damen und Herren.
    Wenn aber gesagt wird, daß eine Koalition, wie sie jetzt geschaffen worden sei, unfähig sei, dann bestreite ich das entschieden, und ich will Ihnen sofort dazu zwei Beispiele aus der letzten Vergangenheit anführen. Bitte, denken Sie an die Rede des Finanzministers Starke, als er den Haushaltsplan einbrachte. Ich glaube, das ganze Haus hat unter dem Eindruck dieser Rede gestanden; denn er sprach doch davon, und zwar in sehr ernsten Worten, daß man nicht alles auf einmal haben könne und daß gespart werden müsse.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, während ich manchmal — ich will sehr vorsichtig sein — von Freunden, die man im Ausland hat, höre, daß man von sozialdemokratischen Herren, wenn sie ins Ausland kämen, dort andere Worte höre, als sie hier im Bundestag gesprochen würden — was mich sehr wundert —, kann ich Ihnen sagen, daß z. B. die Reise, die Herr Mende in die Vereinigten Staaten



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    gemacht hat, dort einen sehr großen Eindruck hinterlassen hat.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Herr Ollenhauer hat mir dann vorgeworfen, die Politik sei verworren und ich ließe die Zügel schleifen. Ich folge ihm in der Gestaltung dessen, was ich zu sagen habe, und möchte auch zunächst über die Außenpolitik sprechen.
    Meine Damen und Herren, ich spreche jetzt zunächst einmal von Berlin. Ich kann hier nur erklären — und möchte das nicht nur vor der deutschen Öffentlichkeit, sondern vor der gesamten WeltÖffentlichkeit sagen —, daß unser Standpunkt bezüglich Berlin derselbe geblieben ist und bleiben wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ichglaube, dieser Standpunkt ist sehr klar. Wir müssen doch, um Berlin zu retten, dafür sorgen, daß die drei früheren alliierten Mächte, die Vereinigten Staaten an der Spitze und dann England und Frankreich, ,als Vorkämpfer für die Sache Berlin in der Welt dastehen, nicht wir — wir stehen dahinter —, und wir müssen alles tun, damit Berlin Hoffnung behält und Leben behält. Aber die außenpolitischen Auseinandersetzungen müssen die Drei 'f ihren. Was Herr Präsident Kennedy darüber gesagt hat, das wissen wir doch alle, und das Bekenntnis, das er zu Berlin und zur Freiheit Berlins abgelegt hat, wax so klar und deutlich wie nur je. Wenn wir jetzt dazwischenredeten, würden, glaube ich, Mißtöne herauskommen. Aber daß wir mit den Vereinigten Staaten —

    (Lachen bei der SPD.)

    — Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, daß sich dann Sowjetrußland gegen uns wenden würde, und zwar in ganz anderer Weise als gegen die Vereinigten Staaten.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Seien wir doch gerade in der Sache Berlin, meine Damen und Herren, einsmal weg von aller Parteipolitik, gegeneinander ehrlich und vertrauensvoll!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich betone namentlich, meine Damen und Herren, daß wir in dieser Sache zusammenstehen müssen, die Opposition und die Regierungskoalition;

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    denn wenn wir nicht zusammenstehen, wenn man uns hier vorwirft, daß wir, die Bundesregierung,

    (Abg. Dr. Kohut: Seit 12 Jahren haben Sie nichts für Berlin getan!)

    und die Koalition, die hinter ihr steht, in der Frage Berlin unklar und verworren seien, dann, meine Damen und Herren, schaden wir Berlin.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. KOhut.) Darüber sollte 'man sich doch wirklich klar sein.


    (Zuruf von der SPD: Das ist aber ganz neu! — Abg. Hermsdorf: Das ist wielder sehr typisch für Sie, was Sie da sagen!)

    Nun hat mir Kollege Ollenhauer weiter Unklarheit in der Europa-Politik vorgeworfen. Er hat von meiner Zusammenkunft mit dem französischen Staatspräsidenten gesprochen und dazu gesagt, daß Herr de Gaulle doch das Europa der Vaterländer und den Stillstand der wirtschaftlichen Integration Europas haben wolle. Meine Damen und Herren, das ist völlig falsch. Lassen Sie mich zunächst doch einmal diesen Worten „Europa- der Vaterländer" und auf 'der anderen Seite „europäische Integration", wenn ich kann, den Hals herumdrehen!
    Meine Damen und Herren, keiner in diesem Saale ist der Auffassung, daß wir, auch wenn die Politische Europäische 'Union vollzogen ist, kein deutsches Vaterland mehr haben. Das wollen wir doch behalten,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    und ebenso wollen die Franzosen ihr Vaterland behalten, und ebenso wollen die Italiener ihr Vaterland behalten.

    (Unruhe bei der SPD.)

    Woraus besteht denn nach Ihrer Auffassung das Vaterland? Das Vaterland, meine Damen und Herren, äußert sich in der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Land, nicht in erster Linie in militärischen Rüstungen, sondern in 'der Gemeinsamkeit der Kultur, in der 'Gemeinsamkeit der Sprache, in all dem, was den Menschen mit einem Land, in dem er aufgewachsen ist, verbindet,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und deswegen habe ich, auch wenn 'die politische Integration, wie ich 'hoffe, im Juni dieses Jahres beginnt, nach wie vor ein deutsches Vaterland, und Sie haben es auch.

    (Unruhe und Zurufe bei der SPD.)

    Deswegen ist die 'Gegenüberstellung: Europa der Vaterländer oder integriertes Europa, falsch. Ich werfe Ihnen das gar nicht vor, Herr Ollenhauer, sondern ich benutze die 'Gelegenheit, in aller Öffentlichkeit einmal klarzustellen, 'daß man so gar nicht sprechen soll,

    (Zuruf von der SPD: Wie denn?)

    wie es die Öffentlichkeit in der Regel tut. — Ich komme gleich darauf zurück, meine Herren, was in Baden-Baden, in Turin und in Cadenabbia gesprochen worden ist.
    Nun hat der Kollege Ollenhauer von meinem Interview mit dem Chefredakteur von „Le Monde" und davon gesprochen, daß die Kreise Großbritanniens, die nicht für den Eintritt in die EWG seien, dadurch Sukkurs von mir bekommen hätten. Ich weiß nicht, Herr Kollege Ollenhauer, ob Sie gehört haben, was Herr Macmillan erklärt hat. Herr Macmillan hat doch, und zwar im 'britischen Parlament, erklärt, alle diese Behauptungen seien völlig falsch und er habe an meinen Erklärungen nichts auszusetzen. Das ist auch richtig, meine Damen und Herren. Das, was ich „Le Monde" gesagt halbe, ist drüben in Großbritannien von gewissen Kreisen einfach entstellt worden.

    (Zuruf von der SPD: Wieder mal!)




    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Nun, meine Damen und Herren, Baden-Baden! Hier müssen Sie die Nichtanwesenheit von Herrn Schröder entschuldigen; er muß an der Ministerratsbesprechung der WEU in London, die heute stattfindet, teilnehmen. Zunächst haben wir in Baden-Baden die Stunden des Vormittags damit verbracht, daß wir über die Weltprobleme gesprochen haben, und nachmittags haben wir, Staatspräsident de Gaulle und ich, über die europäische politische Integration verhandelt. Bei der Gelegenheit hat Herr de Gaulle mir ausdrücklich darin zugestimmt, daß die jetzt bestehenden europäischen Institutionen ihre Aufgabe ausgezeichnet erfüllt haben und daß sie völlig unangetastet bleiben müssen. Das war die Feststellung, die wir getroffen haben. Dann haben wir uns noch über andere Fragen der politischen Union, der europäischen Union unterhalten; wir waren auch da derselben Meinung.
    Dann hat sich innerhalb des Kreises der Sechs Widerstand erhoben, der namentlich von Angehörigen von Benelux herkommt. Herr d e Gaulle hat sich nun, wie Sie wissen, in Turin mit Herrn F a n -fani getroffen. Herr Fanfani hat mir über diese Unterredung, die er in Turin gehabt hat, jetzt in Cadenabbia sehr ausführlich berichtet. Es zeichnet sich da eine Lösung ab, die in einer gewissen Variante, die nicht von Bedeutung ist, von dem, was wir in Caddenabbia besprochen haben, abweicht, — nicht in der Frage der weiteren Funktion der bestehenden europäischen Gemeinschaften. Es ist nun zu hoffen, daß wir in der Sitzung des Ministerrates der EWG, die in der nächsten Woche stattfindet, mit allen Sechs, auch mit den Beneluxländern, einig werden und daß in der ersten Hälfte des Monats Juni eine Zusammenkunft der Regierungschefs in Rom stattfindet, in der dann der erste Schritt zur Politischen Union getan wird.
    Nun, meine Damen und Herren, bitte ich noch einmal an die EWG zurückzudenken. Auch bei der EWG sind wir davon ausgegangen, daß sie Schritt für Schritt und in verschiedenen Stadien hergestellt werden muß. Ganz dasselbe müssen wir auch hinsichtlich der Politischen Union machen. Wir müssen auch hier Schritt für Schritt vorgehen, aber, meine Damen und Herren, beharrlich vorgehen und konsequent vorgehen. Darum handelt es sich jetzt.
    Verehrter Herr Ollenhauer, Sie haben eindeutige Erklärungen der Bundesregierung zu Europa vermißt. Ich glaube, der Vorwurf ist ungerechtfertigt. Wir, die Bundesregierung und insbesondere ich, haben immer und konsequent als letztes Ziel der Politik der Herstellung der verschiedenen Organisationen von der Montanunion über die EWG die Politische Union bezeichnet. Ich glaube, dabei sind wir geblieben. Man braucht das nicht alle 14 Tage zu erklären. Man muß nur die Politik geradlinig weiterverfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bin fest überzeugt, daß wir zum Ziele kommen, wenn wir einig und geschlossen, geduldig und beharrlich weiter dem Ziele zustreben.
    Herr Kollege Ollenhauer hat dann davon gesprochen, daß Herr Strauß in einem Vortrag vor der Georgetown-Universität von einer Atlantischen
    Union gesprochen habe, während ich in dem Interview, das ich in den letzten zehn Tagen mit Herrn Sulzberger, dem Vertreter der New York Times gehabt habe, nicht von einer Atlantischen Union, sondern von einer Partnerschaft gesprochen habe. Das isst richtig. Ich erinnere mich auch, daß Herr Strauß, der im übrigen Verteidigungsminister und nicht Wirtschaftsminister ist, von der Atlantischen Union gesprochen hat. Es ist auch richtig, daß Herr Kennedy von der atlantischen Partnerschaft gesprochen hat. Ich spreche auch von der atlantischen Partnerschaft; denn jetzt, in diesem Stadium der Entwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, müssen wir, glaube ich, doch sehr sorgfältig darauf achten, daß nicht das politische Ziel in den Hintergrund tritt oder unmöglich gemacht wird. Wenn man in einer Wirtschaftsgemeinschaft, die doch Beschlüsse fassen kann, 'die für alle Länder Gesetzeskraft haben, zu weit geht, ich meine, den Rahmen zu weit spannt, platzt nachher die ganze Geschichte, und das müssen wir vermeiden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Bei 'der Weltlage, in der wir uns heute befinden und die wahrscheinlich noch sehr lange andauern wird, ist nach wie vor das Ziel die Politische Gemeinschaft, ist das dasjenige, was zum Weiterbestehen sicher Westeuropas, hoffentlich eines Tages ganz Europas absolut notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei einigen Abgeordneten der FDP.)

    Diese eindeutige Erklärung der Bundesregierung zu Europa, die Herr Kollege Ollenhauer vermißt, ist also mehrfach abgegeben worden. Mit meinen Worten habe ich sie hier noch einmal abgegeben.
    Nun, meine Damen und Herren, ist auch von der NATO gesprochen worden. Sie werden aus der Presse entnommen haben, daß ich noch am Sonntag mit dem Generalsekretär der NATO eine lange Aussprache gehabt habe. Da Herr Stikker und ich von den ersten Anfängen unserer Außenpolitik an immer ein sehr gutes persönliches Verhältnis gehabt haben, war ein solches politisches Gespräch im Hause des Herrn Stikker am Corner See sehr viel ungezwungener und sehr viel ergiebiger, als wenn man in irgendeinem Büro zusammengekommen wäre.
    Nun möchte ich Sie bitten, doch einmal abzuwarten, was der NATO-Rat bei seiner nächsten Zusammenkunft in Athen für Beschlüsse fassen wird. Er wird dort Beschlüsse fassen über die Frage der atomaren Waffen, das Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, kurz und gut, über alle diese Themen, die — das gebe ich ohne weiteres zu — besonders für uns Deutsche von lebenswichtiger Bedeutung sind. Warten Sie doch diese fünf Wochen noch ab! Ich kann Ihnen nur sagen, ich bin aus dieser Unterredung mit Herrn Stikker sehr befriedigt herausgegangen. Ich war sehr zufrieden und zum Teil sogar überrascht über die Fortschritte, die Herr Stikker mir schildern konnte. In wenigen Wochen wird die NATO-Ratssitzung vorbei sein, und ich nehme an, daß dann wirklich der Zeitpunkt gekommen sein wird, um in diesem Saale in breiter Öffentlichkeit über die Entwicklung der NATO zu sprechen.



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Herr Ollenhauer hat die Ansicht geäußert, wir hätten unsere Linie in der Außenpolitik verändert; Ursache dafür seien die Koalitionsverhandlungen über die Außenpolitik gewesen. Nun, meine Damen und Herren, diese Verhandlungen über die Außenpolitik hat Herr von Brentano, als er noch Außenminister war — ich bedaure,. daß er es nicht mehr ist —

    (Lachen bei der SPD)

    — ja, meine Damen und Herren, soll ich denn sagen: Gott sei Dank, daß er es nicht mehr ist? —,

    (Heiterkeit)

    schriftlich niedergelegt und in meiner Gegenwart Herrn Kollegen Mende übergeben. Herr Mende hat dann mit seinen Leuten gesprochen und diese von Herrn von Brentano niedergelegten Richtlinien unserer Außenpolitik akzeptiert.

    (Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Schäfer: Und daraufhin mußte Brentano abtreten!!)

    — Meine Herren, wenn Sie einmal Koalitionsverhandlungen führen sollten,

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien — Zuruf von der CDU/CSU: In zwölf Jahren!)

    werden Sie diese wohl nicht auf offenem Markt führen. Ich glaube, daß Sie sie in möglichst kleinem Kreis führen würden, und ich bin fest überzeugt, daß dann auch allerhand gemunkelt, geredet und geschwätzt würde, was gar nicht zutrifft. Das ist doch immer so, meine verehrten Herren.

    (Abg. Dr. Kohut: Das war eine ganz reizende Darstellung der Koalitionsverhandlungen, Herr Kanzler!)

    Nun zur Innenpolitik. Die wirtschaftliche Lage ist ein sehr ernstes und sehr umfangreiches Problem. Das ist sie meiner Meinung nach von jeher gewesen. Sie werden wohl aus der Presse ersehen haben, daß meine Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung nicht von gestern oder vorgestern sind. Ich stimme Ihren Ausführungen bei. Sie werden das vielleicht den Bemerkungen entnommen haben, die ich in der „Welt am Sonntag" in ihrer letzten Nummer gemacht habe. Man kann nicht etwa nur die Gewerkschaften dafür verantwortlich machen. Ich denke nicht daran. Ich sage Ihnen auch in aller Offenheit: Ich habe mich in den vergangenen Jahren, sogar häufig, auch über die Unternehmer geärgert, weil diese — solange sie das Bestellbuch voll hatten — geneigt waren, alles zu bewilligen, was gefordert wurde. Sie wollten lieber fortarbeiten und die Preise lin die Höhe setzen, als bestreikt zu werden. Das ist doch die Situation.
    Was mich immer so besorgt gemacht hat, das war die sprungweise Erhöhung der Baupreise, seit nunmehr drei Jahren jedes Jahr, dreimal um 8 %, und jetzt um noch mehr als 8 %. Was mir dabei am meisten Kummer gemacht hat, ist, daß die Bausparer durch diese sprungweise Erhöhung gerade der Baukosten so tief getroffen worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP.)

    Dies hat mich seit langem veranlaßt, mich mit der ganzen Materie eingehend zu befassen. Denn ich halte es für ein ganz schweres Unrecht

    (Zurufe von der SPD)

    — verzeihen Sie! —, wenn eine Regierung nicht versucht, wenigstens das Vertrauen der Bausparer lebendig zu halten.

    (Beifall bei der SPD und bei einzelnen Abgeordneten der Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Späte Erkenntnis!)

    Aber wir sind nicht das einzige Land, das unter den Gefahren der Überbeschäftigung leidet. Manche von Ihnen werden genauso wie ich regelmäßig die „Neue Zürcher Zeitung" verfolgen. Gerade in der „Neuen Zürcher Zeitung" hat vor wenigen Tagen ein ausführlicher Bericht über den Überschwang der Konjunktur gestanden.

    (Zuruf von der SPD: Kein Trost!)

    — Ich bin ja noch nicht fertig! Ich kann doch nicht immer trösten!

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Danach haben sich in der Schweiz sowohl die Arbeitnehmer wie die Arbeitgeber zu einem sehr vernünftigen Standpunkt des gemeinsamen Handelns bekannt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich kann nur die Hoffnung aussprechen, daß es gelingt, daß auch in der Bundesrepublik die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber sich in der Frage der Konjunktur finden. Denn es ist sowohl das Interesse der Arbeitgeber wie das der Arbeitnehmer wie das der Konsumenten — von denen überhaupt keiner spricht —

    (Unruhe bei der SPD)

    wie das der Sparer, das gewahrt werden muß. Ich habe auch das sehr offen in der „Welt am Sonntag" gesagt.
    Ja, meine Damen und Herren, die Bundesregierung — damit ich damit anfange — ist schuldig, der Bundestag ist auch schuldig,

    (Beifall bei Abgeordneten der Regierungsparteien — Lachen bei der SPD)

    es sind schuldig die Länder, und es sind schuldig die Kommunen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Es sind auch schuldig eine ganze Anzahl von Leuten, die zuviel verdient haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP und der SPD.)

    Halten Sie mich denn für so töricht und blind, daß ich das nicht auch sehe und meine Meinung darüber habe, wie gering manche Leute den Wert des Geldes einschätzen und es einfach für nichts ausgeben?!

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP und der SPD.)

    Die ganze Angelegenheit, um die es sich handelt, die Überführung unserer Wirtschaft in ein neues Stadium, wo die Bestellungen, das Geld nicht mehr



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    in dieser Weise nach Deutschland hereinfließen, ist in hohem Maße auch eine Aufgabe des moralischen und politischen Denkens. Da müssen wir miteinander, auch alle Parteien, nach dem Rechten sehen. Wir müssen unseren Leuten — die hinter Ihnen stehen, die hinter der Koalition stehen — und der gesamten Öffentlichkeit klarzumachen versuchen, daß wir alle in einem Boot sitzen. Dazu brauchen wir Zeit. Das kann man nicht von heute auf morgen machen. Es ist manches Vertrauen zerstört worden, das wieder begründet werden muß. Man muß auch versuchen, dem ganzen deutschen Volke klarzumachen, daß nun eine andere Epoche in der Entwicklung angebrochen ist, sowohl auf sozialem Gebiete wie auf wirtschaftlichem Gebiete, mit der man sich auseinandersetzen muß und die man zum Wohl des allgemeinen Besten führen sollte.
    Nun, meine Damen und Herren, der Herr Kollege Ollenhauer hat auch Sätze gesprochen, die mich, wenn ich an die Vergangenheit denke, sehr wohltuend berührt haben. Er hat so, kurz gesagt, ausgesprochen, früher wäre ich ein Mann von Tatkraft gewesen, der gewußt hätte, was er gewollt hätte, und jetzt ließe er die Zügel einfach schleifen. Nun, ich muß Ihnen, glaube ich, eine Enttäuschung bereiten, Herr Ollenhauer. Ich glaube, ich bin noch ganz derselbe, der ich früher auch gewesen bin.

    (Lachen bei der SPD. — Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zuruf links: Eben!)

    Aber, meine Damen und Herren, in der Außenpolitik ist es wirklich nicht das Wichtigste, alle acht Tage oder alle vierzehn Tage mit einem neuen Gedanken zu kommen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Situaton ist doch genau dieselbe, meine Damen und Herren. Das Wichtigste ist, das Vertrauen, das wir erworben haben, zu behalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Glauben Sie mir, wenn die Deutschen alle Monate oder alle vierzehn Tage oder alle zwei Monate mit einer neuen Ansicht die Welt überraschten, dann würde man draußen an uns zweifeln und würde sagen: Es sind doch immer dieselben unruhigen und nicht zuverlässigen Deutschen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Wenn irgendwo, dann muß man in der Außenpolitik an einer klaren Richtung festhalten und darf nicht verlangen, man solle immer etwas Neues sagen.

    (Zuruf von der SPD: Mende!)

    Sehen Sie, meine Freunde, meine Damen und Herren, — —

    (Lachen bei der SPD. — Allgemeine Heiterkeit.)

    — Ich glaube, ich brauche mich nicht zu entschuldigen.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, das möchte ich Ihnen hier sagen — und jedes Wort davon ist überlegt —: Die Beziehungen zwischen uns und den Vereinigten Staaten und auch die Beziehungen zwischen Präsident Kennedy und mir sind so gut, wie sie nur je gewesen sind, einschließlich der Administration Eisenhower/Dulles, und das ist doch das Wichtigste von allem.
    Sie wissen auch, meine Damen und Herren, daß die Beziehungen zu Frankreich ausgezeichnet sind und sich immer wieder, auch in diesen Zeiten bewährt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sind uns doch wohl darin einig, daß ohne gute und freundschaftliche Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland ein Europa von Dauer sich nicht schaffen läßt.
    Was nun unsere Beziehungen zu Großbritannien angeht, meine Damen und Herren, so habe ich den ernsten und wohlüberlegten Wunsch, daß Großbritannien in die EWG als vollwertiges Mitglied eintreten möge.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich hoffe ;sehr, daß die Verhandlungen, die begonnen haben, zu dem von uns allen zu wünschenden und speziell von mir gewünschten Erfolg führen werden, so daß ich glaube, meine Damen und Herren, daß ich nichts weiter hinzuzufügen brauche.
    In der Außenpolitik wird Europa werden. Wir hoffen alle, daß Großbritannien abs vollwertiges Mitglied mit uns zusammenarbeitet. Die NATO macht eine Entwicklung zum Guten durch. Warten Sie die Sitzung des NATO-Rates in Athen ab!
    In der Frage der Innenpolitik möchte ich ein Wort zu den Angriffen von Herrn Ollenhauer auf Herrn Blank sagen. Ein Minister kann nicht das wollen Sie bitte verstehen — einem Abgeordneten, gleichgültig welcher Fraktion, seine Gedanken über größere Probleme sagen, ehe er nicht weiß, ob das Kabinett diese Gedanken teilt. Daher halte ich es für durchaus richtig, wenn man auf eine solche Frage höflich antwortet: — Entschuldigen Sie, aber ich hoffe, daß ich in kurzer Zeit in der Lage sein werde, Ihre Frage zu beantworten.
    Wir sind uns wohl alle darüber einig, daß wir auf sozialem Gebiet große Aufgaben vor uns haben. Auch die beiden Koalitionspartner sind sich darin einig.

    (Zurufe von der SPD.)

    Deswegen glaube ich: die Opposition sollte weiter fortfahren — das ist aber ein Wunsch; ich kann Ihnen keinen Rat geben — in einer konstruktiven Opposition; denn die braucht man.

    (Bravo! bei der SPD).

    — Ja, das ist meine ehrliche Überzeugung;

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    denn es ist doch kein Mensch allwissend. Jeder weiß doch, daß er auch nur ein Mensch ist und daß es da sehr gut ist, wenn einer auf ihn aufpaßt und ihn auf Mängel hinweist. Das ist doch ganz selbstverständlich.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich habe gesagt: Eine konstruktive Opposition ist
    nur erwünscht und kann vom Standpunkt der parlamentarischen Demokratie aus nur erwünscht sein.



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Ich bitte Sie, wenn Sie diesen Haushaltsplan verabschiedet haben, daran zu denken, daß es eine sehr schwere Aufgabe war, in einer solchen Situation, in der wir uns augenblicklich befinden, einen Haushaltsplan aufzustellen. Sie haben ganz recht, Herr Kollege Ollenhauer: Der Haushaltsplan 1963 wird sehr schwierig werden, wird noch schwieriger werden, und man wird sich sehr überlegen müssen, wie man ihn zum Ausgleich bringt. Aber verzeihen Sie, wenn ich Ihnen darauf nur sage: über den Haushaltsplan 1963 sprechen wir zu gegebener Zeit; heute handelt es sich um den Haushaltsplan 1962.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)