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ID0402421900

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    Deutscher Bundestag 24. Sitzung Bonn, den 6. April 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/288) Frage des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : Wasserabgaben aus dem Edersee Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 903 B Frage des Abg. Fritsch: Parkraumnot bei Ärzten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 903 C, 904A Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 903 D Frage des Abg. Ramms: Statistik der Kosten und Leistungen im Güterverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 904 A, C Ramms (FDP) 904 B,C Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Bundesstraße 33 zwischen Offenburg und Triberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 904 D, 905 A, B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . . 905 A Schwabe (SPD) . . . . . . . . 905 B Fragen des Abg. Fritsch: Blaulicht bei Dienstfahrten von Länderministern Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 905 B, C, D, 906 A, B, C, D, 907 A, B, C, D, 908 A, B Fritsch (SPD) 905 C, 907 D Ritzel (SPD) 905 D Dr. Dittrich (CDU/CSU) . 906 A, B, 908 A Dr. Kohut (FDP) 906 B, C Schwabe (SPD) . . . . . . 906 D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 906 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . 907 B, C Dr. Zimmer (CDU/CSU) 908 A Frage des Abg. Dröscher: Verbeamtung der FlugsicherungsAngestellten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 908 B, 909 A, B, C, D, 910B, C, D, 911 A, B, C, 912A, C Dröscher (SPD) 908 D Dr. Kohut (FDP) 909 B, D Dr. Schäfer (SPD) . . . . 909 D, 910 B Ritzel (SPD) 910 C, D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 Zoglmann (FDP) . . . . . . . 911 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 911 B, 912 A Brück (CDU/CSU) 911 C Berkhan (SPD) . . . . . . 912 B, C Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Koordinierung der Rundfunkprogramme Stücklen, Bundesminister . . 913 A, B Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 913 A, B Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Veröffentlichung der Rundfunkprogramme Stücklen, Bundesminister . . 913 C, D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 913 C Dr. Imle (FPD) 913 D Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Sendungen des Deutschlandfunks Stücklen, Bundesminister 913 D, 914 A Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . 914 A Frage des- Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm: Telegramme nach der Sowjetzone bei Todesfällen Stücklen, Bundesminister . . . . 914 B Frage des Abg. Wächter: Funksprechanlagen in Krankenwagen Stücklen, Bundesminister 914 C, D 915 A Wächter (FDP) 914 C, D Müller (Nordenham) (SPD) 914 D, 915 A Frage des Abg. Peiter: Briefmarken anläßlich der Hochwasserkatastrophe Stücklen, Bundesminister 915 A, B, C, D, 916 A Peiter (SPD) . . . . . . . . 915 B, C Wehner (SPD) 915 C, D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/313, zu IV/313) Erler (SPD) 916 A, 946 A Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . 925 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 932 B Schultz (FDP) 933 A, 949 B Strauß, Bundesminister 933 D, 947 B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 943 A Leicht (CDU/CSU) 944 D Nächste Sitzung 953 Anlagen 955 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 24. Sitzung Bonn, den 6. April 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 6. 4. Dr. Aschoff 27.4. Dr. Atzenroth 6. 4. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Bauer (Wasserburg) 6. 4. Bausch 6.4. Behrendt 5.5. Berberich 6. 4. Frau Berger-Heise 6. 4. Dr. Besold 7. 4. Frau Beyer ,(Frankfurt) 10. 4. Dr. Birrenbach 6. 4. Fürst von Bismarck 6. 4. Blachstein 13. 4. Dr. h. c. Brauer 6. 4. Braun 6. 4. Brese 6. 4. Burckhardt 6. 4. Dr. .Burgbacher 6. 4. Busse 21.4. Cramer 12. 4. Döring (Düsseldorf) 6. 4. Drachsler 30. 4. Eisenmann 6. 4. Dr. Elbrächter 6. 4. Eschmann 18. 5. Faller 6. 4. Frau Freyh (Frankfurt) 6. 4. Gaßmann 10. 4. Geiger 6. 4. Giencke 15.5. Glombig 14. 4. Dr. h. c. Güde 30.4. Hahn (Bielefeld) 27.4. Hamacher 18. 4. Hammersen 30. 4. Dr. Dr. Heinemann 6. 4. Frau Herklotz 7. 4. Dr. Hesberg 30. 4. Hirschl 7. 4. Höfler 28.4. Hörmann (Freiburg) 6. 4. Dr. Klein (Berlin) 14. 4. Klein (Saarbrücken) 6.4. Koenen (Lippstadt) 6. 4. Kriedemann 6. 4. Frau Dr .Kuchtner 10. 5. Freiherr von Kuhlmann-Stumm 6. 4. Kühn (Hildesheim) 1. 5. Kühn (Köln) 6. 4. Leber 6. 4. Lenz (Trossingen) 6. 4. Lenze (Attendorn) 6. 4. Liehr 6. 4. Dr. Löbe 14. 4. Dr. Löhr 14.4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Lücker (München) 6. 4, Dr. Mälzig 20. 4. Mattick 6. 4. Mauk 6. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 6. 4. Dr. Menzel 31. 5. Metter 14.4. Metzger Dr. Meyer (Frankfurt) 6. 4. Mick 14.4. Dr. h. c. Möller 6. 4. Neubauer 6. 4. Neumann (Allensbach) 14.4. Oetzel 14.4. Paul 30.4. Peters (Norden) 6. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 6. 4. Pöhler 6. 4. Frau Dr. Probst 6. 4. Frau Dr. Rehling 14. 4. Reitz 29.4. Reitzner 30. 4. Richarts 6. 4. Ruland 10. 4. Frau Schanzenbach 21. 4. Schlick 14.4. Dr. Schmid (Frankfurt) 13.4. Schmidt (Würgendorf) 6. 4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 6. 4. Seidl (München) 6. 4. Seither 6. 4. Seuffert 6. 4. Dr. Siemer 6. 4. Spitzmüller 15.5. Steinhoff 14.4. Stingl 6. 4. Storm 6. 4. Frau Strobel 6. 4. Strohmayr 6. 4. Urban 6.4. Dr. Wahl 6. 4. Weigl 14. 4. Welke 6. 4. Wieninger 6. 4. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Thedieck auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Fragestunde der 24. Sitzung vom 6. April 1962, Drucksache IV/288, Frage XII) : Was tut die Bundesregierung, um rechtmäßig miteinander verbundenen Eheleuten, denen die geplante gemeinsame Wohnsitznahme im Gebiet der Bundesrepublik seit dem 13. August 1961 unmöglich ist, weil der in der sogenannten DDR wohnende Ehepartner keine Ausreiseerlaubnis erhält, die Familienzusammenführung zu ermöglichen? Die Bundesregierung hat zu ihrem Bedauern nicht die Möglichkeit, unmittelbar auf die sowjetzonalen Verwaltungsbehörden im Sinne der Wünsche der Übersiedlungswilligen einzuwirken. Das Sowjet- 956 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 zonenregime läßt bekanntlich den Amtshilfeverkehr zwischen den Behörden nur insoweit zu, als er den Interessen des kommunistischen Regimes dient. Jegliche Abwanderung aus der SBZ wird von den dortigen Machthabern aber seit Jahren aus politischen Gründen, besonders wegen des starken Mangels an Arbeitskräften, mit allen Mitteln verhindert. Verhandlungen mit den obersten Machthabern der sowjetischen Besatzungszone können nach den Grundsätzen der Wiedervereinigungspolitik der Bundesrepublik nicht geführt werden. Die Möglichkeit, die Treuhandstelle für den Interzonenhandel in Fragen der Familienzusammenführung einzuschalten, besteht nicht, weil die Treuhandstelle von der Gegenseite für derartige Fragen nicht als zuständig erachtet wird. Einwohner der Bundesrepublik, die in Fragen der Familienzusammenführung um Hilfe bitten, werden vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen darauf hingewiesen, zunächst alle in der SBZ bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, im Verwaltungswege die Übersiedlungsgenehmigung zu erhalten. Wenn das erfolglos geschehen ist, kann das Deutsche Rote Kreuz der Bundesrepublik (DRK) in Anspruch genommen werden. Das Deutsche Rote Kreuz interveniert in den ihm zur Kenntnis gebrachten Fällen bei den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden der SBZ; in besonders krassen Fällen bittet es das Deutsche Rote Kreuz in Dresden um seine Vermittlung. Während nach dem 13. August 1961 zunächst nur einige wenige Übersiedlungen mit Genehmigung der SBZ-Behörden stattgefunden haben, ist deren Zahl in den folgenden Monaten allmählich wieder gestiegen; in den letzten Wochen sind durchschnittlich 20-25 Übersiedler über die Demarkationslinie eingereist. Ein Teil dieser Übersiedler gehört zu dem von Ihnen, Herr Abgeordneter Dröscher, angesprochenen Personenkreis. Inwieweit die Erteilung der Genehmigungen auf die Tätigkeit des DRK zurückzuführen ist, ist zahlenmäßig nicht feststellbar. Anlage 3 Umdruck 55 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/313). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 14 12 — Unterbringung — wird 1. die Summe der Ansätze der Titel 711 bis 716 von 366 221 000 DM um 50 000 000 DM auf 316 221 000 DM gekürzt, 2. die Summe der Ansätze der Titel 741 bis 746 von 170.887 700 DM um 25 000 000 DM auf 145 887 700 DM gekürzt, 3. die Summe der Ansätze der Titel 760 bis 768 von 131 225 000 DM um 20 000 000 DM auf 111 225 000 DM gekürzt, 4. die Summe der Ansätze der Titel 811 bis 816 von 37 471 500 DM um 25 000 000 DM auf 12 471 500 DM gekürzt. Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Dann nehme ich zur Kenntnis, daß das das einzige Kapitel ist, bei dem Sie weder ja noch nein sagen. Ich kann nur sagen, wenn wir über die finanzielle Kapazität und auch über die finanzielle Spannweite der Vereinigten Staaten von Amerika verfügten, auch in der Finanzierung unserer Luftwaffe, dann hätten wir sicherlich entweder mehr Typen genommen oder nicht die F 104 genommen; das weiß ich auch.

    (Aha! bei der SPD.)

    Aber mit den Mitteln, die wir einerseits in Rechnung stellen konnten und mit den Aufgaben, die wir andererseits gemäß NATO-Planung zu erfüllen haben, mit den Größenordnungen, die wir ohnehin nur nach gewissen Abstrichen bewältigen können, war dieses Programm das optimale. Ein besseres Flugzeug für weniger Geld in größerer Stückzahl ist nun einmal nicht zu schaffen. Das gehört in den Bereich der ja gerade auch in der Kritik an der Rüstungstechnik nicht selten anzutreffenden Phantasie, die aber dann, wenn man den Rechenstift in die Hand nimmt oder wenn man konkrete Entscheidungen treffen muß, im allgemeinen zu verfliegen pflegt. So weit zu konkreten Fragen; ich möchte nur einige Beispiele herausgreifen, weil man dazu ja praktisch unbegrenzt sprechen kann.
    Mit lobenden Worten haben Sie eine Denkschrift des Bundes der Steuerzahler erwähnt. Ich möchte mich nicht in die Bereiche der allgemeinen Politik verirren, aber die Bitte ausdrücken, daß Sie auch in anderen Punkten ebenso positiv zu allen Denkschriften des Bundes der Steuerzahler stehen, wie Sie es in diesem Fall getan haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Man muß ja nicht allem pauschal zustimmen! — Weiterer Zuruf von der SPD: Sie tun das doch auch nicht! Sie suchen sich auch heraus, was Ihnen paßt, und nehmen, was Ihrer Meinung entspricht!)

    — Eben. Aber auch ich darf Ihnen meine Meinung
    sagen, sonst wären wir ja kein Parlament mehr.



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Parlare heißt ja reden, und zwar nicht das reden, was einem aufgetragen wird, sondern das, was man für richtig hält.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben es vielleicht nicht mit Absicht getan, Herr Kollege Erler, und es ist keine Ausflucht von mir, wenn ,ich Ihnen sage, daß mir in gewissen Bereichen eine kräftige, ausreichende, das Problem deckende Antwort auf Ihre Behauptungen deshalb nicht möglich ist, weil man über gewisse Dinge in der Öffentlichkeit nicht sprechen, nicht alle Argumente dafür coram publico darlegen kann.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es gibt gerade in der Frage — ich gebrauche bewußt den Ihnen sehr bekannten Fachausdruck Contingency planning — auf militärischem Gebiet im Zusammenhang mit der Frage atomarer und konventioneller Waffenverwendung Probleme, die den höchsten Geheimhaltungsschutz haben, die ich aber sehr gern nennen würde, um darzutun, daß das, was wir letztes Jahr vertreten haben, unserem Gewissen entsprang, um uns vor einem Krieg zu bewahren.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben einige sehr negative Bemerkungen über mich gemacht. Ich werde keine so negativen über Sie machen.

    (Zuruf von der CDU/CSU! Schade! — Zuruf von der SPD: Das können Sie auch nicht!)

    — Was ich kann oder nicht kann, könnte oder nicht könnte, darüber wollen wir nicht leichtfertige Prophezeiungen anstellen.

    (Heiterkeit in der Mitte.)

    Ich muß sagen, daß diese Rede nach den Höhepunkten der militärpolitischen und außenpolitischen Auseinandersetzung, die wir schon in diesem Hause erlebt haben, vielleicht in besseren Zeiten erlebt haben, trotz ihrer rhetorischen Brillanz sachlich und menschlich enttäuschte.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Aber ich möchte mich damit 'begnügen.
    Nun komme ich auf die politischen Probleme zu sprechen, über die ich in dem Zusammenhang sprechen kann. Ich glaube, Herr Kollege Erler, wir kennen uns lange genug, daß .Sie mir nicht unterstellen, ich würde sagen, ich könne aus Geheimhaltungsgründen nicht darüber sprechen, während ich in Wirklichkeit nicht die Fähigkeit hätte, darüber zu sprechen oder meine Argumente darzulegen. Sie behaupten: „Die militärpolitische Konzeption ist im Zwielicht". Nun, Zwielicht pflegt ein Übergangszustand von der Nacht zum Tag und vom Tag zur Nacht zu sein. Man kann aber nicht behaupten, daß Zwielicht manchmal durch Reden so wie durch Lampen etwa beseitigt wird; im Gegenteil, das Zwielicht wird dann eher noch vermehrt.
    Ich sage jetzt: ich gehe so weit, wie ich bei Behandlung dieses Themas vor dem Parlament und vor der
    Öffentlichkeit überhaupt gehen kann. Wenn hier von „Zwielicht" gesprochen wird, dann räume ich sehr gern ein, daß es Fragen gibt, in denen wir nicht mit allen Partnern und nicht mit allen Managern der Meinungsmache oder der veröffentlichten Meinung übereinstimmen, weil wir glauben, daß die deutschen Interessen anders liegen, gleichgültig, ob man uns dabei diffamiert oder nicht.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Erler: Meinen Sie damit auch Ihren Presseoberst?)

    —Darauf komme ich gleich. — Ich darf Ihnen ein konkretes Beispiel dazu sagen. Ich bin nicht der Meinung, daß (der Regierende Bürgermeister von Berlin Willy Brandt deshalb ins Zwielicht gekommen ist, weil er von gewisser, nicht nur kommunistischer, sondern auch Links-Labour-Seite in dieser Weise behandelt worden ist. Ich bin nicht der Meinung, daß er deshalb im Zwielicht ist, und wir kennen manche Hintergründe der Hetze — auch gegen meine Person, auch gegen das, was ich vertreten habe —,

    (Abg. Erler: Auch gegen Willy Brandt!)

    nicht nur als Argumente der Meinungsfreiheit und der edlen Diskussionsbegeisterung; wir kennen sie sehr wohl auch in dem Sinne, daß man mit der Person eine gewisse Sache treffen will.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP. — Abg. Erler: Wir auch! — Weiterer Zuruf von der SPD: Allgemeine Erfahrung!)

    Wenn es den Begriff der objektiven Phantasie gäbe,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    dann möchte ich einmal als fiktiven, hypothetischen Fall darlegen, wie Sie reagiert hätten, wenn mir in Großbritannien genau dasselbe passiert wäre wie Ihrem Freund Willy Brandt.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Erler meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    Ich glaube,

    (Zuruf von der SPD: Das wissen Sie besser, Herr Strauß!)

    nach dem, was über gewisse Dinge in Norwegen geschrieben worden ist, und nach dem, was in den letzten vier Jahren

    (Zurufe von der SPD)

    — der Ausdruck „negative Symbolfigur" stammt ja von einem Ihrer Freunde! — in die Welt gesetzt worden ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Abg. Erler meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — ich werde Ihnen später auf die Frage antworten —

    (Abg. Erler: Das ist an dieser Stelle aber wichtig, Herr Minister!)

    was gesagt worden ist auch damals im Januar 1959 bei diesem Kongreß in Frankfurt, auf dem ja sehr



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    verschiedenartige, inkongruente Elemente sich getroffen haben — Sie wissen ja, was ich meine —

    (Zurufe von der SPD)

    — nein, ich meine nicht die SPD! —, diesem Kongreß von 1959, dessen erster Teil in London, dessen zweiter in Frankfurt stattgefunden hat, — da sind doch auch schon gewisse Kräfte und Kreise aufgetreten. Und wenn mir das in Großbritannien passiert wäre, hätte man gesagt: „Ja, kein Wunder! Natürlich! Bei der Verteidigungspolitik, bei der Verteidigungskonzeption ist es ja ganz klar, daß hier protestiert wird."

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Das wissen Sie besser, als Sie sagen, Herr Strauß!)

    Denn als ich mehrmals — —

    (Abg. Erler meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Sie haben ja auch keine Frage zugelassen. Aber ich lasse sie dann zu. — Als ich mehrmals von „kommunistischer Lenkung" solcher Kampagnen gesprochen habe, da ist man mir sehr indigniert und unwillig in die Parade gefahren: das sei eine Verfälschung des Tatbestandes, das sei eine Simplifizierung, hier würden falsche Schuldige vorgeschoben usw. — Bitte, ich bin bereit, Ihre Frage zu 'beantworten.


Rede von Fritz Erler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Minister, ist Ihnen bei Ihren Ausführungen entgangen, daß, als Sie in Norwegen angegriffen worden sind, nicht nur die sozialdemokratischen Presse in Deutschland, sondern auch am Ort und Stelle unter anderem der Bundestagsvizepräsident Carlo Schmid sich schützend vor den zu Unrecht angegriffenen Verteidigungsminister gestellt hat?

(Beifall bei der SPD.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich möchte es nicht so sehr für ,die Presse sagen, wie ich es dem Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Ihrem Parteifreund Carlo Schmid in förmlicher und herzlicher Weise zum Ausdruck gebracht habe, indem ich ihm für seine faire und objektive Haltung gedankt habe.

    (Zurufe von der SPD. — Gegenruf des Abg. Dr. Kliesing [Honnef] : Eure Presse doch nicht!)

    Wenn Sie im Zusammenhang mit dem Thema „negative Symbolfigur" und dem, was dazugehört, die Erzeugnisse Ihrer parteieigenen oder parteigesteuerten Presse studieren, dann können Sie einfach nicht bestreiten, daß ich mit dem, was ich sage, recht habe. Ich kann Ihnen dazu eine umfassende Dokumentation vorlegen.

    (Abg. Erler: Sind Sie der Meinung, — — ?)

    — Darf ich fortfahren? Auf diese Weise dauert es viele Stunden!

    (Abg. Matthöfer: Der Strauß hat Angst! — Heiterkeit links. — Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Man soll das Wort „Zwielicht der militärpolitischen Konzeption" nicht so aussprechen, wie es hier geschehen ist, sicherlich mit der Wirkung — sei es nicht mit der Absicht, aber mit der Wirkung —, das Zwielicht damit eher noch zu verstärken. Es gibt ganz gewisse Kräfte und Kreise — in gewissen ausländischen Staaten, aber auch im Inland —, die mit dieser militärpolitischen Konzeption nicht einverstanden sind und die deshalb alles tun, was sie können, um sie in das Zwielicht zu setzen, falsch darzustellen und in Mißkredit zu bringen. Das kann aber doch uns und besonders mich noch lange nicht dazu bringen, eine andere Haltung einzunehmen, nur tim diesen Vorwurf des Zwielichts zu vermeiden, eine andere Haltung, als sie durch unsere Bündnispolitik, durch die Richtlinien des Bundeskanzlers, durch die Beschlüsse des Kabinetts, durch das Koalitionsabkommen und durch die Regierungserklärung festgelegt worden sind. Dazu werde ich Ihnen heute noch einige Fälle nennen, in denen Sie — ich unterstelle: einer falschen Information unterliegend — hier etwas Unrichtiges gesagt haben.
    Da ist z. B. die aus einer Wochenzeitschrift wiedergegebene Behauptung, ich hätte mich für den Artikel des Oberst Schmückle in „Christ und Welt" bei General Norstad entschuldigt. Ich habe mit General Norstad über diesen Artikel überhaupt nicht gesprochen. Der Artikel eines Obersten, auch wenn dieser Pressereferent ist, hat nicht den Rang der politischen Bedeutung, daß darüber zwischen General Norstadt und mir eine Unterhaltung notwendig gewesen wäre.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir haben uns bei meinem letzten Besuch über wichtigere Dinge unterhalten. Die Behauptung, ich hätte mich bei Norstad entschuldigt, ist frei aus der Luft gegriffen. Kein Wort ist wahr daran.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Oder nehmen wir die Behauptung, es liege ein Kabinettsbeschluß vom Dezember 1961 vor, daß der Verteidigungsminister in der NATO-Konferenz keine Vorschläge machen sollte, und dann habe er als „Avantgardist", „im Alleingang", „vorprellend", „unbeherrscht", „temperamentvoll", „impulsiv", „nicht auf den Kabinettsbeschluß Rücksicht nehmend" trotzdem seine Rede gehalten. Die Rede, die ich dort gehalten habe, ist — nicht in der Formulierung, aber hinsichtlich ihres Tenors und ihrer Forderung — nicht im Kabinett — dort ist überhaupt nicht darüber gesprochen worden —, sondern im Bundesverteidigungsrat in Anwesenheit des Bundeskanzlers und in Anwesenheit des deutschen NATO-Botschafters festgelegt worden, nämlich, Herr Kollege Erler, in der NATO zu sagen, dieses Thema sei noch nicht erledigt, und je länger die Diskussion über dieses Thema umgangen oder vermieden werde — ich meine jetzt die control of nuclear weapons, einschließlich der Frage der Mittelstreckenraketen —, desto unlösbarer werde diese Frage, weil zahlreiche nationale Sonderentwicklungen in der Zwischenzeit immer weitere Fortschritte machten; und deshalb sollten der Außenminister in seiner Weise und der Verteidigungsminister in seinem Metier verlangen, daß im Jahre 1962 darüber die Diskussion geführt,



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    daß sie entweder negativ oder mit einem anderen Ergebnis abgeschlossen werde, aber nicht, daß die seit einem Jahr in der Luft hängende und die Gemüter beunruhigende Frage weiterhin freischwebend im Raum bleibe. Der Beschluß des Bundesverteidigungsrates war, die Diskussion in der NATO herbeizuführen, aber zu erklären, daß man bei der Dezember-Konferenz 1961 selbstverständlich keine Entscheidungen erwarte.
    Genau daran habe ich mich gehalten, und genau das ist der Inhalt und der Tenor und die Forderung meiner Rede gewesen, die im übrigen nicht im Widerspruch zu amerikanischen Stellen gestanden hat, sondern in Übereinstimmung mit Leuten in sehr verantwortungsvollen Positionen, — ohne daß ich sie namentlich hier dafür strapazieren möchte.
    Der Artikel des Oberst Schmückle wird in der Geschichtsschreibung über den Deutschen Bundestag ebenso wie die Person Schmückles sowohl über seinen Dienstgrad wie über seine bisherige Tätigkeit weit hinausgehende Bedeutung erlangen.

    (Heiterkeit.)

    Nun darf ich Ihre Frage beantworten. Der Artikel ist nicht von mir angeordnet worden. Ich habe den Artikel überhaupt nicht gelesen, bevor er erschienen war. Ich habe auch die Gedanken dieses Artikels nicht beeinflußt. Mit einem sächsischen König möchte ich sagen: „Ihr seid mir scheene Demokraten!" Nach dem Soldatengesetz kann dieser Artikel nicht beanstandet werden. Wir haben zum Soldatengesetz eine besondere Ausführungsbestimmung herausgebracht, daß Offiziere Artikel über Dinge, die sie aus öffentlich zugänglichen Quellen kennen, trotz der ihnen auferlegten Einschränkungen frei nach der ihnen vom Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit veröffentlichen dürfen. Ich möchte hier in einer Personalsache nicht pro oder contra Stellung nehmen. Aber es ist gut, wenn sich Offiziere, gleichgültig welchen Dienstranges, mit diesen Fragen befassen, sich eine eigene Meinung bilden und damit die Diskussion anreichern, gleichgültig, ob man mit allem einverstanden ist, was darin steht. oder nicht. Ich bin z. B. mit manchen Passagen nicht einverstanden. Mit manchen Passagen aber bin ich wieder einverstanden. Ich kann nicht sagen, ich billige den Artikel, ich kann aber genausowenig sagen, ich mißbillige ihn. Ich habe mich mit Herrn Schmückle darüber ganz offen unterhalten. Insbesondere habe ich ihm gesagt, eine Formulierung in dem Artikel hätte ich nicht gebraucht.
    Ich darf Sie aber auf zwei Irrtümer hinweisen, für die Sie sonst, wenn ich sie nicht richtigstellte, dem Hause gegenüber verantwortlich wären, von dem nur ein Teil diesen Artikel gelesen hat. Sie haben zitiert: „Es kann in Europa keinen konventionellen Krieg mehr geben!" Sie haben richtig zitiert, und Sie haben daraus die Schlußfolgerung gezogen: Also die Forderung des Obristen: Selbstmord oder kapitulieren. Herr Erler, das ist falsch; denn Sie müssen nach dem Komma weiterlesen,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU) auch nach dem nächsten Punkt. Da heißt es:

    Es kann in Europa keinen konventionellen Krieg mehr geben, da beide Seiten atomar bewaffnet sind. Auch dort, wo nur mit konventionellen Waffen geschossen wird, sind die Truppen gezwungen, die Taktik der atomaren Kriegsführung anzuwenden. Es gibt grundsätzlich nur noch nichtatomare oder atomare Gefechts- und Kriegssituationen.
    So lautet der Absatz.

    (Zuruf von der SPD: Das ist genau dasselbe!)

    — Das ist etwas ganz anderes.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Nein! Das kann ich, weil es eine Verflachung der Diskussion wäre, in der Weise nicht ohne Widerspruch hinnehmen. Solange beide Seiten — ich kann ruhig sagen: leider — diese Waffen haben, solange die Schnelligkeit ihrer Einsatzmöglichkeit und die Unüberschaubarkeit des Entschlusses der anderen Seite die Situation ihres plötzlichen Einsatzes mindestens mit der Wahrscheinlichkeit 50 zu 50 sicher macht, solange wird es vor allen Dingen in Europa, aber auch anderswo in der Welt, keinen Krieg mehr nach konventionellen Rezepten geben, wie der erste und der zweite Weltkrieg ausgefochten worden sind, mit ihren großen Truppenmassierungen, ihren großen Panzeransammlungen und ihren riesigen Materialschlachten. Das hat Schmückle zum Ausdruck gebracht, indem er sagte: Auch in einem Krieg, in dem nur konventionelle Waffen angewendet werden, handelt es sich um die Frage, ob atomare oder nichtatomare Gefechtssituation. Keiner kann sich heute, solange diese Waffen existieren, mehr so verhalten, als ob er mit absoluter Gewißheit mit ihrem Nichteinsatz rechnen könne.

    (Zustimmung und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Denn er würde damit — —

    (Abg. Erler: Das steht aber nicht da drin! Da steht ganz was anderes drin!)

    — Da steht noch mehr drin; darauf komme ich noch.
    — Er würde damit der anderen Seite, der Seite, die wir wohl sagen dürfen, des Aggressors — die einzunehmen uns nach ethischen und politischen Gesichtspunkten unmöglich wäre, ist und bleiben wird —, die verlockende Attraktion bieten, durch Einsatz nur weniger atomarer Sprengkörper die eigenen massierten konventionellen Streitkräfte so zu zerschlagen, daß dann auch ein Widerstand mit konventionellen Waffen nicht mehr möglich wäre. Darum sagen wir heute, daß jeder Krieg -- so leid es mir tut, das aussprechen zu müssen — nach den Gesetzen der atomaren Kriegführung durchgeführt würde, gleichgültig ob solche Waffen angewendet werden oder nicht. Das hat Herr Schmückle hier zum Ausdruck gebracht, und da hat er auch das Richtige zum Ausdruck gebracht.

    (Abg. Erler: Dann hat er vielleicht das Richtige gemeint, aber leider nicht gesagt!)

    — Er sagt doch: „dort, wo nur mit konventionellen Waffen geschossen wird". Das heißt, er räumt eine Konfliktsituation ein, in der beide Seiten mit Recht



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    nur konventionelle Waffen anwenden. Er sagt es doch wörtlich: „Auch dort, wo nur konventionelle Waffen verwendet werden, heißt die Entscheidung: nichtatomare oder atomare Gefechtssituation." Das ist doch deutlich für jemand, der diesen Artikel ohne den Zwang, etwas anderes herauslesen zu wollen, liest und ihn objektiv prüft.
    Herr Erler, ich darf Ihnen ein Weiteres sagen. Sie haben Herrn Schmückle vorgeworfen, daß er das Ende der großen Panzerschlachten und der großen Kesselschlachten und damit das Ende der Panzerära für gekommen erklärt. Nun, ich darf Ihnen zur Beruhigung sagen, was Sie ja vielleicht auch schon im Verteidigungsausschuß gehört haben oder noch hören werden: daß unsere Vorstellungen auf diesem Gebiet noch mindestens die ganzen 60er Jahre hindurch anhalten werden, daß der Panzer eine unentbehrliche, wesentliche und in gewissen Grenzen auch noch weiterzuentwickelnde Waffe ist, die sogar so weiterzuentwickeln ist, daß man ihr statt der Kanone, der bisherigen Hauptwaffe, eines Tages eine Lenkrakete geben kann; darauf laufen ja alle Entwicklungen hinaus. Aber die Zeit, in der die großen Panzeransammlungen, die großen Panzerdurchbrüche und die großen Panzerschlachten, meistens mit Kesselschlachten verbunden, eine kriegsentscheidende Bedeutung hatten und eine kriegsentscheidende Wirkung hervorriefen, diese Zeit gehört unwiderruflich der Vergangenheit an und wird, falls nicht die modernen Waffen überhaupt zerstört werden, nie mehr wiederkommen. Auch da ist kein Zweifel.
    Ich darf auf einen dritten Irrtum aufmerksam machen. Wir wenden uns nicht gegen den Begriff „Pause und Schwelle". Hier hat Herr Schmückle sicher etwas gesagt, was mit meiner Meinung übereinstimmt. Wir wenden uns nicht gegen den Begriff „Pause und Schwelle", aber wir wenden uns dagegen, daß der Begriff „Pause und Schwelle" in einer öffentlichen Diskussion fixiert wird. Denn das geht immer auf unsere Kosten, und zwar gleichgültig, welcher Partei wir angehören, und gleichgültig, wo wir wohnen. Das geht auf unser aller Kosten.
    Und zweitens: Wenn wir die Sicherheit einer Pause und einer Schwelle, gleichgültig, wann und wo sie liegt, wenn wir die Sicherheit, daß sie in jedem Falle angewendet werden wird, geben, meine Damen und Herren — ich bitte mir ein Wort nicht übelzunehmen, das ich in der Haushaltsdebatte Mitte März des letzten Jahres gesagt habe -, dann beschwören wir, obwohl wir das Gegenteil wollen, den konventionellen Krieg in Europa geradezu als unvermeidbares Übel auf uns herab.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Der Sinn einer jeden Verteidigungspolitik kann nur darin bestehen, jedenfalls in Europa mit seiner dichten Bevölkerungsstruktur, mit seinen Siedlungsgebieten, mit seinen Industrieballungen, wo wir empfindlicher und verwundbarer als beinahe jedes andere Land in der Welt sind, den Krieg als Mittel der Politik in jedweder Form mit eine Maximum an Glaubhaftigkeit und an Wirkungskraft überhaupt zu eliminieren.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Darum habe ich mich bei der Kommandeurtagung in Mainz zu der, ich darf sagen, großartigen Formal von Sekretär McNamara bekannt, der sagt: Die atomare Abschreckung muß erhalten bleiben, aber die konventionell Bewaffnung muß dort auftreten, wo die atomare Abschreckung nicht glaubwürdig ist. Wo die Grenze der Glaubwürdigkeit liegt, ist weder in einem Fahrplan, noch in einem festen technischen oder politischen Rezept festzuhalten. Das kann nur der Mann entscheiden, der in der gegebenen Stunde
    — Gott sei es geklagt — die schwere Verantwortung hat, sich so oder so entscheiden zu müssen. Denn in einem Fall läuft er das Risiko, daß Teile unseres Landes überrannt und, bis es zur Pause kommt, bei politischen Verhandlungen als Faustpfänder benutzt werden. Im anderen Fall nimmt er vor Gott und der Menschheit die Verantwortung dafür auf sich, daß Tausende und Zehntausende und noch mehr Menschen, auch solche, die gar nicht beteiligt sind, unter Umständen durch den Entschluß, den er faßt, zum Tode verurteilt werden. Das ist die Tragik, und darüber kann heute nicht mehr vom Divisionskommandeur oder vom Kommandierenden General, sondern nur an ganz hoher politischer Stelle entschieden werden.
    Wenn Sie aber in dem Zusammenhang von „Zwielicht" gesprochen haben, wenn gesagt worden ist, das beruhe zum Teil auf Mißverständnissen, zum Teil aber auch auf einer Polemik derer, die etwas anderes wollten, dann sage ich jetzt etwas, Herr Kollege Erler, was Ihnen so bekannt ist wie mir, auch wenn es in dem Hohen Hause noch nie öffentlich ausgesprochen worden ist. Ich weiß nicht, ob Sie sich heute noch zum Rapacki-Plan bekennen würden — ich sage: würden, nicht: bekennen —, unter gewissen Voraussetzungen oder überhaupt nicht. Ich klammere das Thema einmal aus; es wäre eine interessante politische Diskussion. Da aber das
    — Sie sehen es auch an den Genfer Verhandlungen
    — nicht im Bereich des politisch Möglichen ist, bleibt in Mitteleuropa, dem Hauptgebiet der Konfrontierung der Gegensätze — das hängt mit der Berlin-Frage und mit den sowjetischen Zielen zusammen — eine taktische atomare Kapazität für alle Streitkräfte erhalten. Ich hoffe, daß die Sprachverwirrung darüber hoffentlich der Vergangenheit angehört, gleichgültig, ob es Amerikaner, Engländer, Kanadier, Belgier, Franzosen oder Deutsche sind. Die Kapazität der Verwendung von Atomwaffen haben alle. Die Kontrolle der Sprengkörper ist etwas ganz anderes. Sie ist so, wie sie zur Zeit ist.
    Sie wissen, daß Frankreich seinen Boden für die Aufnahme dieser Sprengkörper gesperrt hat. Das darf ich als bekannt unterstellen. Sie wissen, daß Holland und Belgien infolge ihrer geographischen Lage und Größe nicht ,den Bedarf decken können. Sie wissen, daß Dänemark und Norwegen aus guten politischen Gründen — ich möchte das gar nicht polemisch hier aufgreifen — ihre Sonderrolle spielen, ihren Sonderstatus haben. Und Sie wissen genauso gut, daß die Amerikaner nicht bereit sind, ihren Verteidigungsauftrag in Europa ohne Verfügbarkeit atomarer Waffen durchzuführen.
    Ich darf diese Tatsachen, die ich jetzt genannt habe, als feststehende Faktoren einmal einfügen.



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Das schließt aber doch ein, daß die Mehrheit dieses Potentials auf deutschem Boden

    (Zuruf von der Mitte: Der verteidigt werden muß!)

    gelagert werden muß. Das haben wir. ja gegen Sie durchgesetzt; ich erinnere an die Debatte vom Mai 1957. Wenn nun aber die Mehrheit dieses Potentials auf deutschem Boden gelagert werden muß und wenn die Bundesregierung den Standpunkt vertritt, gleichgültig, wie die Überschrift heißt — Überschriften kann man viele wählen, sie sind manchmal juristisch nicht mehr definierbar, siehe „NATO — vierte Atommacht" —: Information, Garantie und ein gewisses Mitbestimmungsrecht bei den Spielregeln — ich meine positiver oder negativer Art, und Sie wissen, was ich darunter verstehe —, dann ist es das gute Recht einer verantwortlichen Regierung, ihr Mitwissen und ihre Mitverantwortung für den Fall des Einsatzes oder Nichteinsatzes dieser unabsehbare Folgen auslösenden Waffen sicherzustellen.
    Das war die Diskussion, die wir mit unseren amerikanischen Partnern in voller Offenheit, in voller Freimütigkeit und, ich darf sagen: mit mehr Toleranz auf der anderen Seite führten, als ich sie oft bei der Behandlung dieser Fragen in gewissen politischen Gremien, auch hier, empfunden habe.

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP.)

    Damit wollte ich diesen Teil eigentlich abschließen und dem Artikel des Herrn Schmückle keine weitere Ehre mehr zukommen lassen. Nur eines möchte ich noch sagen: daß wir das System, den Offizieren einen Maulkorb umzuhängen, das vielleicht anderswo ratsam sein mag, bei uns für unerwünscht und auch nicht für notwendig halten,

    (Beifall bei der CDU/CSU und FDP)

    und zwar deshalb, weil der Offizier als Angehöriger des Führungskorps einer Streitmacht weder ein Eigenleben politischer Art führen — vielleicht sogar mit negativen Tendenzen gegen den Staat, in dem er lebt —, noch zur politischen Interessenlosigkeit und Urteilslosigkeit erzogen werden soll, daß er sich blind der jeweiligen Regierungsmeinung von vornherein anschließt. Sie sind auch hier in Ihrer Beweisführung etwas gespalten gewesen. Sie kritisieren die Generalsdenkschrift, weil sie in den innenpolitischen Streit eingreife und die Meinung der Regierung durch den Mund der Generäle ausdrücke, was also ein Mißbrauch der Generalität sei.
    Sie sagen zweitens, der Oberst Schmückle stehe im klaren Gegensatz zur Regierungsmeinung; das sollte sich der Minister nicht gefallen lassen. Ich möchte die Frage der Denkschrift und ihres Mißbrauchs nicht erörtern; denn sie ist ja in der „Information für die Truppe" als Beilage in 50 000 Exemplaren erschienen. Wenn Sie etwas in 50 000 Exemplaren an die Truppe geben und dazu noch Hunderte von Exemplaren an ,andere Stellen geben — —

    (Abg. Erler: Zum Beispiel an die Presse!)

    — Jawohl, aber vorher an den Verteidigungsausschuß, an. Regierung und Opposition, und zwar als offenes Dokument!

    (Zuruf von der SPD: Hinterher!)

    — Gleichzeitig!

    (Erneuter Zuruf von der SPD: Nein, Hinterher!)

    — Ob 24 Stunden früher oder später, das ist dann auch nicht entscheidend. Ich war nicht da, ich habe es vorher nicht gelesen, das gebe ich zu, weil es Anfang August von Admiral Ruge geschrieben worden war. Admiral Ruge, der dienstälteste Offizier, schrieb mit sachlicher Billigung des Generals Heusinger:
    Der Auftrag, den wir haben, ist nur durchführbar, wenn wir die allgemeine Wehrpflicht haben. Er ist nur durchführbar, wenn wir Mitglied einer Allianz sind und wenn wir nicht Atomsprengkörper — —
    Hier muß ich unterbrechen. Wir haben früher unter Atomwaffen immer die Träger verstanden; in der Zwischenzeit hat eine ausführliche terminologische Diskussion stattgefunden, so daß wir hoffentlich zu einer terminologischen Klärung und damit zu einer Einigung über die Terminologie kommen. — Ich verlese weiter:
    — — und wenn die Verbände der Bundeswehr, die ja immerhin Hunderte von Kilometern Linie entlang des Eisernen Vorhangs zu halten haben, mit diesen Waffen ausgerüstet sind.
    Wenn all das ein führender Soldat sagt, kann man das nicht deshalb ablehnen, weil es zufällig mit der Regierungsmeinung übereinstimmt, sondern hier ist das Verhältnis von Ursache und Wirkung anders. Die Regierung hat die sachlichen Notwendigkeiten von vornherein, auch wenn sie wenig angenehm und populär waren, anerkannt und hat entsprechend gehandelt. Sie haben zeitweise versucht, gegenteilig zu handeln. Dafür dürfen Sie aber nicht den Admiral Ruge verantwortlich machen. Ich glaube, es wäre besser, entweder zu sagen: „Schwamm drüber", oder an die eigene Brust zu klopfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben auch einige persönliche Worte gesagt, auf die ich nicht — weder was meine, noch was Ihre Person anbetrifft — in dieser Weise erwidern will. Aber das war es, was ich vorhin meinte, als ich sagte, es sei persönlich oder menschlich enttäuschend; denn, Herr Kollege Erler, Sie haben einmal in diesem Hause einen Ausspruch getan — ich möchte ihn nicht wiederholen —, für den Sie sich anschließend und in einer entsprechend modifizierten Form entschuldigt haben. Es ist auf diesen Ausspruch nie mehr zurückgegriffen worden. Sie wissen, A oder B; ich nenne jetzt bewußt gar nicht einmal die Namen, weil ich sie gar nicht zusammen nennen will. Wenn ich — um diese unerfreuliche Diskussion abzuschließen, um aus der Schwierigkeit herauszukommen — sage, daß man ein Staatsamt und ein Parteiamt haben kann und daß es ein Formfehler war, dann sollte man das nicht in dieser Weise auszuschlachten versuchen, das darf. ich wirklich sagen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)




    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Das sollte man um so weniger tun, als ja auch Ihnen bekannt ist, daß mein Anruf nach Durchführung der richterlich angeordneten Aktion erfolgt ist, und zwar viele Stunden nachher. Ich wußte, daß das durchgeführt worden war; mir war das Ergebnis bekannt; das war negativ verlaufen. Ich möchte die Dinge auch nicht noch einmal im einzelnen behandeln. Aber wenn ich als Vorsitzender einer Regionalpartei verständigt werde, daß so etwas läuft, dann gebieten mir schon meine Verantwortung und mein Gewissen, mich persönlich über das zu informieren, was da vor sich geht, und mich nicht nur bei meinen politischen Freunden, sondern auch bei der anderen Seite, die diese Aktion für notwendig gehalten hat, zu erkundigen. Ich habe doch von diesen ganzen Vorgängen überhaupt nichts gewußt. Ich bin hier am Telefon davon überrascht worden, daß so etwas behauptet worden ist und daß bestimmte Akten gesucht werden — es gab sie dann nicht. Wenn ich mich dann auf schnellstmöglichem Wege um Klärung bemühe und, nachdem bei der Klärung ein Formfehler begangen ist — den ich hätte erläutern oder abschwächen können —, ich diesen Formfehler hier offen zugebe, Herr Erler, dann sind wir unter dem zwischen uns seit Jahren gepflogenen Niveau, wenn das in Zusammenhang mit einer Haushaltsrede angeführt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP.)

    Ich bin hier in einer schlechteren Position, weil Sie nicht .aus der bayrischen SPD stammen. Denn sonst könnte ich auch einmal nach einigen Dingen fragen, die diner Klärung bedürftig sind: wieso offizielle Dokumente in parteipolitischen Veröffentlichungen erscheinen, obwohl sie einer vertraulichen dienstlichen Korrespondenz der Justizbehörden entstammen, usw. Ich möchte die Frage nicht stellen; wir haben hier heute wichtigere Dinge zu tun.
    Glauben Sie mir, Herr Kollege Erler, die politischen Parteien verfallen alle entweder einem guten oder gemeinsam einem schlechten Schicksal. Wenn hier nicht gewisse Grenzlinien eingehalten werden, die in der Weimarer Republik aus Schadenfreude von manchen Seiten überschritten worden sind - -

    (Abg. Schmitt-Vockenhausen: Denken Sie an den Kampf gegen Willy 'Brandt vor den Wahlen!)

    — Daran denke ich schon deshalb, weil der Kampf bereits vier Jahre vorher laufend gegen mich geführt worden ist.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Herr Kollege Erler, Sie haben, indem Sie Dokumente aus einer längeren Zeitperiode zitierten, die Frage angeschnitten, ob denn die Regierung überhaupt eine geradlinige Verteidigungspolitik habe. Oder umgekehrt: Sie haben gesagt, die Verlautbarungen der Regierung — Kanzler, Außen-, Verteidigungsminister, einzelne sonstige Persönlichkeiten — seien ein Musterstück nicht für eine geradlinige, sondern für eine Zickzack-Verteidigungspolitik. Dem muß man entgegenhalten, daß heute
    die Entwicklungen aus politischen und technischen Gründen viel schneller verlaufen als früher. Man kann also, was die Frage, wie man es technisch am besten macht, anlangt — nicht die Grundsätze des Ja oder Nein, die lange Zeit zwischen uns umstritten waren —, sehr wohl Zitate aus einer früheren Zeit heute für die Widerlegung eines Standpunktes benutzen, der gar nicht mehr widerlegt zu werden braucht.
    Es war wohl der Kollege Kliesing, der mit Recht gesagt hat, daß der Artikel von Herrn Schmückle immerhin beachtliche Bestandteile des britischen Weißbuchs von 1957/58 enthält, und zwar die Bestandteile, die auch heute noch Gültigkeit haben. Wir sind mit den Briten, den Franzosen und nach langen Unterhaltungen mit den Amerikanern einig geworden, wo — nicht im technischen, ,sondern im zeitlichen Sinne — etwa die Grenze liegt. Hätten wir nicht trotz des Vorwurfs der Zwielichtigkeit, trotz der Mißverständnisse und trotz der zum Teil absichtlich erfolgten Unterstellungen den deutschen Standpunkt — wo es ja um unser Leben, unsere Menschen, unser Land geht — mit aller Hartnäckigkeit vertreten, dann wäre die Einigung, die erzielt worden ist, für uns nicht so mit gutem Gewissen anzunehmen, wie wir es heute tun können. Dafür sind wir ja Partner in einer Allianz, daß wir uns auseinandersetzen, nicht zerstreiten. Wir liefern den großen Beitrag zur NATO mit 15 Milliarden DM, 370 000 Mann, all den Schwierigkeiten, Opfern und Belastungen, die wir auf uns nehmen. Aber wenn wir schon einen sehr großen Beitrag — der zwar relativ zum amerikanischen mit seinen 200 Milliarden DM klein ist — innerhalb der NATO stellen, dann wollen wir auch über die Kriegskonzeption in dem 'hauptsächlichen Spannungsgebiet der Welt in Zusammenhang mit Berlin informiert sein, unsere eigene Meinung sagen und unsere Interessen auf den Tisch legen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der FDP.)

    Wir haben im Prinzip eine geradlinige Verteidigungspolitik getrieben. Wir haben sie jeweils den organisatorischen, den technischen Entwicklungen und dem politischen — ob man das Wort „Fortschritt" in diesem Zusammenhang gebrauchen kann, möchte ich .als zweifelhaft bezeichnen —, sagen wir lieber, dem technischen Fortschritt und der politischen Entwicklung angepaßt. Es ist das Wort vom Musterstück für eine geradlinige Verteidigungspolitik gefallen. Sie stehen damit in einer schlechten Position, die nur dadurch besser geworden ist — es wäre unfair, das nicht zu sagen —, daß wir zum erstenmal seit langer Zeit in diesem Jahre in diesem Hause erlebt haben, daß in Ihrer Fraktion nicht ein einstimmiges Nein zu einer Militärvorlage gesprochen worden ist, sondern daß die Führung Ihrer Fraktion eine große Mehrheit Ihrer Fraktion für eine unpopuläre Maßnahme hinter sich bringen konnte. Das auch im Zusammenhang mit einer kritischen Rede hier gesagt zu haben, empfinde ich also genauso fair unid notwendig, wie ich vorher einige kritische Anmerkungen zu Ihren Äußerungen gemacht habe.



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Ich möchte hier auch nicht falsche oder richtige Motive zu finden versuchen. Sie lehnen hier dieses und jenes ab. Sie stellen Person und Politik des Verteidigungsministers, sogar zum Teil in Trennung von der Regierung, als Motiv für Ihr Nein hin. Ihnen geht es genauso, wie es der britischen Labour-Party gegangen ist, die jahrelang in einer sehr gefährlichen Weise zerrissen war und bei der auch heute noch eine vernünftige Führung gegen eine gewisse Gruppe kämpft. Daß Sie dieser Gruppe weitgehend im Lande Rechnung tragen müssen, ist, was ich Ihrer Rede mehr zugute halte, als daß mich der Ärger aufregt, ,den ich mit ihr hatte.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Beifall bei der FDP.)