Rede von
Fritz-Rudolf
Schultz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Main kann feststellen, daß die Öffentllichkeit eigentlich erst heute auf den Artikel von Herrn Schmückle aufmerksam geworden ist. Ich weiß nicht, ob es sehr gut gewesen ist, daß diese Frage in den Mittelpunkt der Debatte über den Verteidigungshaushalt gestellt worden ist. Wir erleben nämlich dasselbe, was wir in früheren Jahren immer erlebt haben, daß man sich wegen dieser Dinge über sachliche Probleme verhältnismäßig wenig unterhalten kann. Es ist doch sicher so, daß die Verteidigungspolitik und die Konzeption der Verteidigung immer Wandlungen unterworfen gewesen ist und wahrscheinlich auch in Zukunft Wandlungen unterworfen sein wird. Insofern eignen sich diese Überlegungen, die hier breit ausgewalzt werden, nicht dazu, im Plenum vorgebracht ,zu werden.
Wie hätte man auf diesen Artikel, der seinerzeit in „Christ und Welt" erschienen ist, eigentlich reagieren sollen? Ich glaube, es hätten außer mir noch andere Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages aus ihrer Sicht heraus einen Leserbrief schreiben sollen. Dann wären die Dinge von vornherein klargestellt worden. Es wäre vielleicht auch möglich gewesen, sich im Verteidigungsausschuß über diesen Artikel zu unterhalten, was ich seinerzeit angeregt habe, was aber damals nicht die Gegenliebe der SPD-Fraktion gefunden hat.
Zu dem Artikel selbst glaube ich in aller Kürze sagen zu dürfen, daß er um fünf Jahre zu spät geschrieben worden ist. Diese Konzeption paßt in die Jahre 1955/56, als nur die Möglichkeit des sogenannten all-out-war gegeben war, also des absoluten Atomkrieges. Herr Schmückle hat wohl die Wandlungen in der Kriegskunst nicht so ganz mitbekommen und müßte sich etwas mehr damit beschäftigen, was Träumer auf anderer Seite darüber gesagt haben.
Es ist sicher, daß das Schwergewicht der Bewaffnung der Bundeswehr auf dem Sektor der konventionellen Bewaffnung liegen muß und daß das unser Beitrag zur NATO schlechthin sein muß. Wir haben diese Konzeption seit Beginn der Aufstellung der Bundeswehr vertreten. Die Freien Demokraten haben nie etwas anderes gewollt oder gesagt. Durch die geschichtliche Entwicklung sind wir in unserer militärpolitischen Auffassung durchaus bestätigt worden. Auch für die ganze Entwicklung und für die Stärkung der Verteidigungskraft schlechthin wäre es sehr viel besser gewesen, wenn man sich in früheren Jahren nicht um solche Fragen in der Öffentlichkeit gestritten, sondern sich mehr den sachlichen Überlegungen im Ausschuß zugewandt hätte.
Ohne Zweifel sind Schwierigkeiten im Aufbau der Bundeswehr dadurch entstanden, daß — wie man den Eindruck gewinnen mußte — ein großer Teil der Wähler einer Partei von der Partei selbst beeinflußt worden war, dieser Bundeswehr mit großer Skepsis gegenüberzustehen. Diese Schwierigkeiten haben dazu geführt, daß wir heute noch nicht erreicht haben, was wir gern erreicht hätten oder hätten erreichen müssen.
Es hat aber keinen Wert, daß man sich jetzt über diese vergangenen Jahre streitet. Man muß vielmehr in die Zukunft sehen. Insofern ist es für unsere gemeinsame Sache sehr gut, daß die Sozialdemokraten der Verlängerung des Grundwehrdienstes zugestimmt haben. Das sollte anerkannt werden und die Grundlage für die weitere Arbeit in diesem Hause bilden.
Herr Kollege Erler hat gesagt, daß die Sozialdemokratie im Wahlkampf benachteiligt gewesen sei. Lassen Sie mich dazu etwas sagen. Wir Freien Demokraten haben in Koblenz, der größten Garnisonsstadt, vor der Wahl einen wehrpolitischen Kongreß abgehalten, der unter völliger Geheimhaltung, nämlich ohne daß die Presse zugelassen war, stattfand. Dadurch sollte vermieden werden, daß irgendwelche parteipolitische Akzente in die Bundeswehr hineingetragen wurden. Etwa zu der gleichen Zeit hat aber der Kanzlerkandidat der SPD in Koblenz einen Truppenbesuch vorgenommen, durchaus eine gute Sache, und 'hat dabei eine außerordentliche Publizität — „Bild" usw. — erhalten. Man sollte also wohl die Benachteiligung von der einen oder anderen Seite nicht so dramatisieren und zuspitzen.
Es ist auch unser Anliegen, daß die Bundeswehr — die Streitkräfte und alles, was damit zusammenhängt — eine Sache des Volkes schlechthin ist und daß selbstverständlich nicht lirgendwelche parteipolitische Akzente hineingebracht werden sollten. Das scheint mir durchaus ein richtiges Begehren und richtiges Verlangen zu sein. Aber ich meine, in unserer Demokratie haben wir als gewählte Abgeordnete durchaus die Möglichkeit, in dieser Richtung auf die Exekutive einzuwirken. Ich muß sagen, ich habe nicht ganz die Angst wie viele Freunde in diesem Hause, wie viele Angehörige innerhalb und außerhalb dieses Hauses, daß man glaubt, ein Mann allein könne gefährlich werden. Wir sind doch wohl Manns genug, die Dinge gemeinsam zu besprechen und gemeinsam zu guten Lösungen zu kommen.
Ich darf abschließend zu diesem Punkt sagen, daß Minister Strauß durch seine Äußerungen auf der Kommandeurstagung in Mainz durchaus von diesem Artikel abgerückt ist. Ich möchte hinzufügen, daß das unsere Billigung gefunden hat. Wir sollten die Gelegenheit benutzen, diese Fragen militärpolitischer Art im Verteidigungsausschuß mit größerer Gründlichkeit als bisher zu diskutieren und dort zu Beschlüssen zu kommen.