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ID0402411600

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    Deutscher Bundestag 24. Sitzung Bonn, den 6. April 1962 Inhalt: Fragestunde (Drucksache IV/288) Frage des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : Wasserabgaben aus dem Edersee Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 903 B Frage des Abg. Fritsch: Parkraumnot bei Ärzten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 903 C, 904A Fritsch (SPD) . . . . . . . . . 903 D Frage des Abg. Ramms: Statistik der Kosten und Leistungen im Güterverkehr Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 904 A, C Ramms (FDP) 904 B,C Frage des Abg. Dr. Rinderspacher: Bundesstraße 33 zwischen Offenburg und Triberg Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 904 D, 905 A, B Dr. Rinderspacher (SPD) . . . . . 905 A Schwabe (SPD) . . . . . . . . 905 B Fragen des Abg. Fritsch: Blaulicht bei Dienstfahrten von Länderministern Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 905 B, C, D, 906 A, B, C, D, 907 A, B, C, D, 908 A, B Fritsch (SPD) 905 C, 907 D Ritzel (SPD) 905 D Dr. Dittrich (CDU/CSU) . 906 A, B, 908 A Dr. Kohut (FDP) 906 B, C Schwabe (SPD) . . . . . . 906 D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 906 D Dr. Mommer (SPD) . . . . . 907 B, C Dr. Zimmer (CDU/CSU) 908 A Frage des Abg. Dröscher: Verbeamtung der FlugsicherungsAngestellten Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 908 B, 909 A, B, C, D, 910B, C, D, 911 A, B, C, 912A, C Dröscher (SPD) 908 D Dr. Kohut (FDP) 909 B, D Dr. Schäfer (SPD) . . . . 909 D, 910 B Ritzel (SPD) 910 C, D II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 Zoglmann (FDP) . . . . . . . 911 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 911 B, 912 A Brück (CDU/CSU) 911 C Berkhan (SPD) . . . . . . 912 B, C Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Koordinierung der Rundfunkprogramme Stücklen, Bundesminister . . 913 A, B Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 913 A, B Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Veröffentlichung der Rundfunkprogramme Stücklen, Bundesminister . . 913 C, D Dr. Dr. h. c. Friedensburg (CDU/CSU) 913 C Dr. Imle (FPD) 913 D Frage des Abg. Dr. Dr. h. c. Friedensburg: Sendungen des Deutschlandfunks Stücklen, Bundesminister 913 D, 914 A Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . 914 A Frage des- Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm: Telegramme nach der Sowjetzone bei Todesfällen Stücklen, Bundesminister . . . . 914 B Frage des Abg. Wächter: Funksprechanlagen in Krankenwagen Stücklen, Bundesminister 914 C, D 915 A Wächter (FDP) 914 C, D Müller (Nordenham) (SPD) 914 D, 915 A Frage des Abg. Peiter: Briefmarken anläßlich der Hochwasserkatastrophe Stücklen, Bundesminister 915 A, B, C, D, 916 A Peiter (SPD) . . . . . . . . 915 B, C Wehner (SPD) 915 C, D Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 (Haushaltsgesetz 1962) (Drucksache IV/200); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/313, zu IV/313) Erler (SPD) 916 A, 946 A Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . 925 D Dr. von Brentano (CDU/CSU) . . . 932 B Schultz (FDP) 933 A, 949 B Strauß, Bundesminister 933 D, 947 B Dr. Schäfer (SPD) . . . . . . 943 A Leicht (CDU/CSU) 944 D Nächste Sitzung 953 Anlagen 955 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 24. Sitzung Bonn, den 6. April 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Arndt (Berlin) 6. 4. Dr. Aschoff 27.4. Dr. Atzenroth 6. 4. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Bauer (Wasserburg) 6. 4. Bausch 6.4. Behrendt 5.5. Berberich 6. 4. Frau Berger-Heise 6. 4. Dr. Besold 7. 4. Frau Beyer ,(Frankfurt) 10. 4. Dr. Birrenbach 6. 4. Fürst von Bismarck 6. 4. Blachstein 13. 4. Dr. h. c. Brauer 6. 4. Braun 6. 4. Brese 6. 4. Burckhardt 6. 4. Dr. .Burgbacher 6. 4. Busse 21.4. Cramer 12. 4. Döring (Düsseldorf) 6. 4. Drachsler 30. 4. Eisenmann 6. 4. Dr. Elbrächter 6. 4. Eschmann 18. 5. Faller 6. 4. Frau Freyh (Frankfurt) 6. 4. Gaßmann 10. 4. Geiger 6. 4. Giencke 15.5. Glombig 14. 4. Dr. h. c. Güde 30.4. Hahn (Bielefeld) 27.4. Hamacher 18. 4. Hammersen 30. 4. Dr. Dr. Heinemann 6. 4. Frau Herklotz 7. 4. Dr. Hesberg 30. 4. Hirschl 7. 4. Höfler 28.4. Hörmann (Freiburg) 6. 4. Dr. Klein (Berlin) 14. 4. Klein (Saarbrücken) 6.4. Koenen (Lippstadt) 6. 4. Kriedemann 6. 4. Frau Dr .Kuchtner 10. 5. Freiherr von Kuhlmann-Stumm 6. 4. Kühn (Hildesheim) 1. 5. Kühn (Köln) 6. 4. Leber 6. 4. Lenz (Trossingen) 6. 4. Lenze (Attendorn) 6. 4. Liehr 6. 4. Dr. Löbe 14. 4. Dr. Löhr 14.4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Lücker (München) 6. 4, Dr. Mälzig 20. 4. Mattick 6. 4. Mauk 6. 4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 6. 4. Dr. Menzel 31. 5. Metter 14.4. Metzger Dr. Meyer (Frankfurt) 6. 4. Mick 14.4. Dr. h. c. Möller 6. 4. Neubauer 6. 4. Neumann (Allensbach) 14.4. Oetzel 14.4. Paul 30.4. Peters (Norden) 6. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 6. 4. Pöhler 6. 4. Frau Dr. Probst 6. 4. Frau Dr. Rehling 14. 4. Reitz 29.4. Reitzner 30. 4. Richarts 6. 4. Ruland 10. 4. Frau Schanzenbach 21. 4. Schlick 14.4. Dr. Schmid (Frankfurt) 13.4. Schmidt (Würgendorf) 6. 4. Dr. Schneider (Saarbrücken) 6. 4. Seidl (München) 6. 4. Seither 6. 4. Seuffert 6. 4. Dr. Siemer 6. 4. Spitzmüller 15.5. Steinhoff 14.4. Stingl 6. 4. Storm 6. 4. Frau Strobel 6. 4. Strohmayr 6. 4. Urban 6.4. Dr. Wahl 6. 4. Weigl 14. 4. Welke 6. 4. Wieninger 6. 4. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Thedieck auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Fragestunde der 24. Sitzung vom 6. April 1962, Drucksache IV/288, Frage XII) : Was tut die Bundesregierung, um rechtmäßig miteinander verbundenen Eheleuten, denen die geplante gemeinsame Wohnsitznahme im Gebiet der Bundesrepublik seit dem 13. August 1961 unmöglich ist, weil der in der sogenannten DDR wohnende Ehepartner keine Ausreiseerlaubnis erhält, die Familienzusammenführung zu ermöglichen? Die Bundesregierung hat zu ihrem Bedauern nicht die Möglichkeit, unmittelbar auf die sowjetzonalen Verwaltungsbehörden im Sinne der Wünsche der Übersiedlungswilligen einzuwirken. Das Sowjet- 956 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 24. Sitzung. Bonn, Freitag, den 6. April 1962 zonenregime läßt bekanntlich den Amtshilfeverkehr zwischen den Behörden nur insoweit zu, als er den Interessen des kommunistischen Regimes dient. Jegliche Abwanderung aus der SBZ wird von den dortigen Machthabern aber seit Jahren aus politischen Gründen, besonders wegen des starken Mangels an Arbeitskräften, mit allen Mitteln verhindert. Verhandlungen mit den obersten Machthabern der sowjetischen Besatzungszone können nach den Grundsätzen der Wiedervereinigungspolitik der Bundesrepublik nicht geführt werden. Die Möglichkeit, die Treuhandstelle für den Interzonenhandel in Fragen der Familienzusammenführung einzuschalten, besteht nicht, weil die Treuhandstelle von der Gegenseite für derartige Fragen nicht als zuständig erachtet wird. Einwohner der Bundesrepublik, die in Fragen der Familienzusammenführung um Hilfe bitten, werden vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen darauf hingewiesen, zunächst alle in der SBZ bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, im Verwaltungswege die Übersiedlungsgenehmigung zu erhalten. Wenn das erfolglos geschehen ist, kann das Deutsche Rote Kreuz der Bundesrepublik (DRK) in Anspruch genommen werden. Das Deutsche Rote Kreuz interveniert in den ihm zur Kenntnis gebrachten Fällen bei den zuständigen Kreisverwaltungsbehörden der SBZ; in besonders krassen Fällen bittet es das Deutsche Rote Kreuz in Dresden um seine Vermittlung. Während nach dem 13. August 1961 zunächst nur einige wenige Übersiedlungen mit Genehmigung der SBZ-Behörden stattgefunden haben, ist deren Zahl in den folgenden Monaten allmählich wieder gestiegen; in den letzten Wochen sind durchschnittlich 20-25 Übersiedler über die Demarkationslinie eingereist. Ein Teil dieser Übersiedler gehört zu dem von Ihnen, Herr Abgeordneter Dröscher, angesprochenen Personenkreis. Inwieweit die Erteilung der Genehmigungen auf die Tätigkeit des DRK zurückzuführen ist, ist zahlenmäßig nicht feststellbar. Anlage 3 Umdruck 55 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962, hier: Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung (Drucksachen IV/200 Anlage, IV/313). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 14 12 — Unterbringung — wird 1. die Summe der Ansätze der Titel 711 bis 716 von 366 221 000 DM um 50 000 000 DM auf 316 221 000 DM gekürzt, 2. die Summe der Ansätze der Titel 741 bis 746 von 170.887 700 DM um 25 000 000 DM auf 145 887 700 DM gekürzt, 3. die Summe der Ansätze der Titel 760 bis 768 von 131 225 000 DM um 20 000 000 DM auf 111 225 000 DM gekürzt, 4. die Summe der Ansätze der Titel 811 bis 816 von 37 471 500 DM um 25 000 000 DM auf 12 471 500 DM gekürzt. Bonn, den 4. April 1962 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Egon Höhmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Minister, nachdem Sie vorhin hier einen so erregten Ausfallgewagt haben, — sind Sie nicht auch der Meinung, daß eine solche Frage, wie ich sie gestellt habe, wert ist, daß man ihr nachgeht?


Rede von Dr. Hans-Christoph Seebohm
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Von Zornesausbruch kann keine Rede sein. Ein Zornesausbruch sieht bei mir etwas anders aus.

(Heiterkeit.)


(die von den Herren an uns herangetragen werden, nicht mit aller Sorgfalt prüfen würden. Das ist doch klar, das braucht man nicht besonders zu sagen, und das weiß der Herr Kollege Schäfer auch ganz genau. Wenn ich gesagt habe, daß im am Dienstag mit der ÖTV eine Besprechung über diese Dinge habe, dann sehen Sie daraus doch, daß ich mich bemühe, mich mit den Herren, die die Interessen der Leute vertreten, zusammenzusetzen, um von ihnen zu hören, ob sie Vorwürfe zu erheben haben, und dann werden wir uns über diese Vorwürfe in aller Freundschaft aussprechen. Sie kennen mich ja seit 12 Jahren — die Gewerkschaften kennen mich auch —, und Sie wissen ganz genau, daß ich solchen Dingen wirklich bis ins kleinste nachgehe und nicht bereit bin, da irgendeinen Herrn-im-Hause-Standpunkt oder ähnlichen Unsinn herauszukehren. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Berkhan. Können Sie die Gründe nennen, warum der Vorschlag eines besseren Stellenkegels, der von Ihnen gemacht wurde, abgelehnt wurde? Ja, das kann ich Ihnen sagen. Das ist aus, wie man so schön sagt, allgemeinen haushaltsrechtlichen Gründen erfolgt. Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Berkhan. Herr Minister, sind Sie mit mir (der Auffassung, daß insbesondere (die Herren, die im Lotsendienst tätig sind, Funktionen ausüben, die mit Funktionen zu vergleichen sind, die vom fliegenden Personal ausgeübt werden? Ja, Herr Kollege, das ist ein erheblicher Unterschied. Das fliegende Personal, insbesondere die Flugkapitäne und die Co-Piloten sowie die Funker, die in den Flugzeugen sitzen, werden ja von den Gesellschaften bezahlt, werden also niemals Beamte. Soweit z. B. bei der Flugsicherung fliegendes Personal tätig ist, wird es nicht anders gestellt als die Herren, die den Lotsendienst machen. Man kann auch den Lotsendienst auf einem Flughafen nicht etwa mit dem Lotsendienst vor einem Seehafen vergleichen. Denn der Lotsendienst im Flughafen, so anstrengend er ist und so viel er erfordert, wird doch sozusagen im Saale durchgeführt, während die Seelotsen von den Lotsenschiffen mit Lotsenversetzbooten auf die Schiffe gehen und in Wind und Wetter bestehen müssen. Sie wissen ja aus den Meldungen der letzten Monate, daß verschiedene von diesen Lotsen bei ihrem Beruf vor der Elbmündung ihr Leben gelassen haben. Das ist bei dem Fluglotsen glücklicherweise nicht der Fall. Er befindet sich ja an einem ihn persönlich nicht gefährdenden Arbeitsplatz. Insofern kann man also wirklich Vergleiche nicht anstellen. Ein Flugzeugführer, der in einem Flugzeug sitzt und der von den Lotsen unten vom Boden, sozusagen vom sicheren Hafen aus, gesteuert wird, befindet sich in einer ganz anderen Verantwortung und Lage. Denn er ist letzten Endes derjenige, der das Flugzeug sicher zu Boden bringen muß, und er ist derjenige, der, wenn etwas passiert, moralisch, wenn er nicht sein Leben dabei einbüßt, zu leiden hat. Denken Sie an jenen englischen Flugkapitän, der mit der Mannschaft von Manchester United abstürzte und der immer wieder aus Gründen der Moral um seine Rehabilitierung kämpft. In welch anderer Situation ist so ein Mensch in seinem Beruf und seinem Leben als der Flugsicherungslotse, der auf dem Turm sitzt und mit ihm über Funk in Verbindung steht! Sie haben keine Frage mehr; es war schon die zweite Frage. Damit verlassen wir das sehr weitgespannte, so darf ich wohl sagen, Geschäftsgebiet des Herrn BunVizepräsident Dr. Dehler desministers für Verkehr. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen zu den Fragen, die den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Postund Fernmeldewesen betreffen. Frage X/1 — des Herrn Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg —: Ist die Deutsche Bundespost bereit, auf Grund der Verpflichtung, die sie durch das Einziehen der Rundfunkgebühren gegenüber den Rundfunkhörern übernimmt, auf eine gewisse Koordinierung der Sendeprogramme der einzelnen Rundfunkanstalten und vor allein auf die Einrichtung eines regelmäßigen Rundfunkprogramms hinzuwirken, das den Bedürfnissen anspruchsvollerer Hörer entgegenkommt? Nach Art. 73 Abs. 7 des Grundgesetzes ist die Deutsche Bundespost nur für die technische Seite des Rundfunks zuständig. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 hat das ausdrücklich noch einmal festgestellt und präzisiert. Auch auf dem Wege über die Gebühren, Herr Kollege Friedensburg, haben wir keine Einflußmöglichkeit auf Programmgestaltung und Wert des Programms. Eine Zusatzfrage. Wenn Sie keine gesetzlich begründete Einflußmöglichkeit haben, Herr Minister, wäre es dann nicht möglich, im Interesse der Hebung des Niveaus des Rundfunks, der ja eines der wichtigsten Erziehungsmittel für die deutsche Bevölkerung darstellt — im staatspolitischen und im kulturellen Sinne —, im Wege der freiwilligen Vereinbarung, zu der das Bundespostministerium die Anregung geben könnte, eine Besserung herbeizuführen? Ich glaube, Herr Kollege Friedensburg, daß die Deutsche Bundespost als Institution und Hoheitsverwaltung für .die Funktechnik nicht geeignet ist, diese Verhandlungen über die Programmgestaltung und Ausstrahlung der Programme zu führen. Ich könnte mir vorstellen, ,daß ein Appell des Bundestages oder von Einzelpersönlichkeiten an die entsprechenden Anstalten wirkungsvoller wäre als der Appell einer Stelle des Bundes. Eine weitere Frage. Herr Bundespostminister, wenn nicht das Bundespostministerium die dafür zuständige Stelle ist, sollte es das Bundesinnenministerium sein. Ich habe ja meine Anfrage an die Bundesregierung und nicht an Sie gerichtet. Ich werde meinen Kollegen Höcherl davon verständigen, daß es Ihr Wunsch ist, daß er sich um diese Frage kümmert. Ich rufe auf die Frage X/2 — des Herrn Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg —: Ist die Deutsche Bundespost bereit, auf Grund der Verpflichtung, die sie durch das Einziehen der Rundfunkgebühren gegenüber den Rundfunkhörern übernimmt, auf die Herausgabe einer Veröffentlichung hinzuwirken, die anstelle .der heute weit verbreiteten kommerziellen und höchst unvollständigen Rundfunkzeitschriften den Rundfunkhörern einen möglichst vollständigen und möglichst zuverlässigen Überblick über alle Im Gebiet der Bundesrepublik und Berlins zu hörenden Rundfunksendungen gewährt? Herr Minister, bitte. Wie ich zu der vorherigen Frage bereits ausgeführt habe, ist die Deutsche Bundespost für die Programmseite des Rundfunks nicht zuständig. Ich habe daher keine Möglichkeit, die Herausgabe einer vollständigen und zuverlässigen Ubersicht über die Programme der Rundfunktanstalten zu bewirken. Zu ,einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg. Herr Bundespostminister, sind Sie bereit, die Zusage, die Sie mir soeben 'freundlicherweise gegeben haben, meine Anregung an Ihren Herrn Kollegen vom Bundesinnenministerium weiterreichen zu wollen, auch für meine zweite Frage gelten zu lassen? Das werde ich gerne tun. Meine Funktion ist ja die Übermittlung von Nachrichten. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Imle. Herr Minister, versprechen Sie sich davon einen Erfolg, wenn Sie diese Frage weiterleiten? Das kann ich nicht beurteilen. Ich glaube, diese Frage wäre besser bei einer der nächsten Fragestunden an den Kollegen Höcherl zu richten. Wir kommen zur Frage X/3 — des Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Friedensburg —: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Sendungen des Deutschlandfunks, der ja vor allem der Wahrnehmung allgemeiner Aufgaben der Bundespolitik dienen soll, schon in Berlin kaum vernehmbar sind und infolgedessen einem wesentlichen Bedürfnis nicht genügen? Herr Minister, bitte. Der für den Deutschlandfunk als Provisorium aufgebaute und am 1. Januar 1962 in Betrieb genommene Mittelwellensender ist nach meinen Feststellungen in Berlin nach Einbruch der Dämmerung mit normalen Rundfunkempfangsanlagen Bundespostminister Stücklen noch durchaus gut brauchbar zu empfangen. Auch aus anderen europäischen Ländern liegen gute Empfangsergebnisse über diesen Sender vor. Es ist bekannt, daß der Sender am Tage in Berlin aus physikalischen Gründen — Ausbreitung der Wellen — schlecht zu empfangen ist.. Die provisorische Sendeanlage wird noch im Laufe dieses Jahres erheblich verstärkt, so daß sich die Empfangsverhältnisse nach Einbruch der Dämmerung auch in Berlin wesentlich verbessern werden. Es ist darüber hinaus Vorsorge getroffen, daß durch die Inbetriebnahme eines weiteren leistungsstarken Mittelwellensenders in naher Zukunft die Tagesversorgung weitgehend sichergestellt wird. Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Geisendörfer. Herr Minister, haben Sie die Möglichkeit, zu veranlassen, daß die Verhandlungen darüber, eine bessere Welle zu bekommen — also nicht nur die Sendeanlage zu verbessern —, intensiviert und beschleunigt werden? Was ich von meiner Seite tun kann, Frau Kollegin, werde ich gerne tun. Frage X/4 — des Abgeordneten Freiherr von Kühlmann-Stumm, vertreten durch den Abgeordneten Dürr —: Hält es die Bundesregierung für richtig, daß bei Telegrammen nach der SBZ wegen Todesfällen u. ä., die evtl. einen Besuch von Bewohnern .Mitteldeutschlands in der Bundesrepublik erforderlich machen und daher auf Verlangen der sowjetzonalen Behörden einen Beglaubigungsstempel des Standesamtes erhalten müssen, der Text dieses Stempels für die Gebührenberechnung von der Deutschen Bundespost herangezogen wird, da diese Bescheinigungen dazu dienen, den Kontakt mit Verwandten in der SBZ zu verbessern? Telegramme in die Sowjetzone sind Inlandstelegramme und werden nach den gleichen Grundsätzen behandelt, die im Inland allgemein üblich sind. Der Beglaubigungstext in einem Telegramm ist ein Bestandteil des Telegramminhalts, der Wort für Wort übermittelt und dem Empfänger zugestellt wird. Nach der Telegraphenordnung muß die Telegrammgebühr einheitlich und ohne Ausnahme nach der Anzahl der zu übermittelnden Wörter berechnet werden. Eine Änderung dieser Vorschriften würde zu betrieblichen Erschwerungen führen, die in keinem vertretbaren Verhältnis zu der dem Telegrammauflieferer entstehenden Belastung stehen. Soweit meine formale Antwort. Den politischen Hintergrund, den ich hier nicht deutlich zum Ausdruck bringen kann, werde ich Ihnen gern unter vier Augen sagen. Keine Zusatzfrage. Dann komme ich zur Frage X/5 — des Herrn Abgeordneten Wächter —: Ist der Herr Bundespostminister bereit, zugelassenen Krankenwagen eine eigene Frequenz für Funksprechanlagen zu gewähren? Die Anzahl der für den sogenannten beweglichen Betriebsfunk verfügbaren Frequenzen ist begrenzt. Ich muß deshalb bei der Zuteilung dieser Frequenzen darauf bedacht sein, daß jede Frequenz rationell ausgenutzt, d. h für eine Vielzahl von Sprechfunkanlagen in Fahrzeugen verwendet wird. Wenn eine rationelle Frequenzausnutzung nicht gegeben ist, an dem betreffenden Ort aber ein öffentliches Sprechfunknetz besteht, werden die Antragsteller auf diese Einrichtung verwiesen. Ich beabsichtigte jedoch im Hinblick auf die ständig steigende Zahl von Anträgen auf Genehmigung von Sprechfunkanlagen des beweglichen Betriebsfunks, die Frequenzzuteilung und das Genehmigungsverfahren noch in diesem Jahr neu zu regeln. Dabei werde ich auch die Bedürfnisse des Krankentransports soweit als möglich berücksichtigen. Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wächter! Herr Minister, halten Sie Taxifunk auf eigener Frequenz für wichtiger als eigene Frequenzen für Krankenwagen? Das kann man nicht allgemein mit Ja oder Nein beantworten. Es besteht kein Zweifel, daß der Taxifunk notwendig ist. Andererseits hat auch der Sprechfunkdienst für Krankenwagen durchaus Berechtigung. Ich werde mich bemühen, im Rahmen der Neuordnung auch für diesen Teil des Sprechfunks eine Möglichkeit zu finden. Eine weitere Zusatzfrage! Wann ist mit dieser Neuordnung zu rechnen, Herrn Minister? Ich habe gesagt: in diesem Jahr, es sei denn, daß der Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost aus mir bisher nicht bekannten Gründen die von mir vorgeschlagene neue Verordnung auf diesem Gebiet nicht in diesem Jahr verabschiedet. Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller Herr Minister, sind Sie bereit, in den von der letzten Sturmflut betroffenen norddeutschen Katastrophengebieten Krankentransportdiensten ausnahmsweise schon jetzt eine eigene Frequenz zu geben? Eine solche Regelung hängt nicht nur von dem guten Willen des Ministers ab, sondern weitgehend von den technischen Voraussetzungen. Wenn eine Möglichkeit besteht, wird eine solche Frage bei mir immer wohlwollende Prüfung finden. Eine weitere Zusatzfrage! Herr Minister, sind Sie bereit, im Hinblick auf die aus der Flutkatastrophe zu ziehenden notwendigen Folgerungen die Oberpostdirektion in Bremen in unserem Sinne anzuweisen? Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß es von den technischen Voraussetzungen abhängt. Ich werde mich mit der Oberpostdirektion Bremen in Verbindung setzen. Ich rufe die von Herrn Abgeordneten Peiter gestellte Frage X/6 auf: Beabsichtigt die Deutsche Bundespost aus Anlaß der Hochwasserkatastrophe im norddeutschen Küstengebiet Briefmarken mit einem Zuschlag zugunsten der Geschädigten herauszugeben? Die Deutsche Bundespost beginnt mit der Ausgabe von Jugendmarkenserien in diesem Jahr. Sie wird diese Jugendmarkenserien in den kommenden Jahren fortsetzen. Es ist Übereinstimmung mit dem zuständigen Bundesminister für Familienund Jugendfragen erzielt worden, daß der Ertrag aus dem Zuschlag dieser Sondermarken den Jugendlichen der Geschädigten im Bereich der Flutkatastrophe zugute kommt. Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Peiter! Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß bei der Flutkatastrophe im Jahre 1953 in Holland die Niederländische Postverwaltung unmittelbar nach der Katastrophe eine Überdruckserie herausgegeben hat, die bei der Bevölkerung sehr großen Anklang gefunden hat und von der reger Gebrauch gemacht worden ist? Man überschätzt die Erträge, die sich aus Sondermarken ergeben. Die Ergebnisse der Spendenaktionen über die Bereitstellung von Postscheckkonten mit leicht merkbaren Nummern sind unvergleichlich größer als die Erträge, die aus Sondermarken zu erzielen gewesen wären. Ich glaube, daß es richtig war, erst einmal die Spendenkonten einzurichten, um der hilfsbereiten Bevölkerung die Möglichkeit zu Spenden zu geben. Nun kommen wir mit unseren Sondermarken mit Zuschlag, die im Rahmen der Jugendserie herausgegeben werden. Wir werden die Erträge der Zuschläge ebenfalls den Geschädigten der Flutkatastrophe, in diesem Falle den Jugendlichen zur Verfügung stellen. Eine weitere Zusatzfrage. Jawohl, Herr Minister, das ist klar, die spontane Reaktion war groß. Aber gerade diese spontane Reaktion hätte man doch bei der Herausgabe von Briefmarken auch in Deutschland ausnützen sollen. Es wären doch einige Millionen — — Herr Kollege Peiter, vielleicht wählen Sie die Frageform. Ich werde zur Frage kommen. Ich meine, Sie glauben doch, daß auch in Deutschland die niederländische Parallele Anklang gefunden hätte — abgesehen von der moralischen Seite —, daß einige Millionen D-Mark aus Kleinstbeträgen zusammengekommen wären. Ich habe Ihnen meine Meinung dazu mitgeteilt. Ich bin der Auffassung, daß der andere Weg erfolgreicher war. Ergänzend kommen wir mit ,den Briefmarken, so daß Sie und vor allen Dingen auch die Philatelisten, die das ja in erster Linie wünschen, zu ihrem Recht kommen. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner. Herr Minister, nachdem Sie hier freundlicherweise in Aussicht gestellt haben, daß auch auf diesem Wege etwas für Geschädigte geschehen wird, habe ich die Frage, ob bei der Gelegenheit auch jene kleinen Schönheitsfehler beseitigt werden können, die ich darin erblicke, daß z. B. in VVilhelmsburg Mitbürger, die aus der Flut gerettete Briefmarkenbestände dem Postamt zurückgeben wollten, dafür pro Marke 2 Pf wegen der fehlenden Gummierung abgezogen bekamen. Herr Kollege Wehner, die Postordnung ist sehr alt. Bei einem so großen Betrieb müssen Sie natürlich auch in der Postordnung Vorschriften unterbringen, die stichhaltig sind. Da man nicht alle Ausnahmefälle aufnehmen kann, kommt natürlich manchmal eine solche bürokratische Maßnahme vor. Sie liegt keinesfalls in meinem Sinne. Ich werde sehen, was wir nun freihändig in dieser Sache tun können. Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner. Ich kann mich wohl in die Lage der betroffenen Beamten versetzen. Aber ich möchte Sie zusätzlich fragen, Herr Minister, ob ich Sie richtig verstanden habe, daß das, was Sie jetzt und vorhin bei anderer Gelegenheit freundlicherweise auch schon einmal als in Ihrem Sinne bezeichnet haben, bedeuten kann, 'daß Sie helfen werden, damit Beamte aus einer solchen Zwangslage herauskommen. Ich werde mein möglichstes tun, Herr Kollege. Die Frage X/7 ist zurückgestellt. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Die Fragestunde ist beendet. Die weiteren Fragen wenden schriftlich beantwortet. Ich rufe auf Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung An die Beratung dieses Einzelplanes wird sich die Beratung der Einzelpläne 10 und 12 anschließen. Berichterstatter für den Einzelplan 14 — Geschäftsbereich für den Bundesminister der Verteidigung — sind die Herren Abgeordneten Leicht und Kreitmeyer. Wünschen Sie das Wort? — Beide Kollegen verzichten. Zu diesem Einzelplan liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 55 vor. Ich eröffne zunächst die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Erler. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verteidigungshaushalt ist schon in den letzten Jahren ein großer Brocken in unserem Gesamthaushalt gewesen. Er ist in diesem Jahr aus uns allen vertrauten Gründen noch um ein erhebliches Ausmaß angeschwollen. Daß die Erhöhung notwendig ist, bestreitet in diesem Hause niemand. Die Bundesrepublik Deutschland muß, um sich die Solidarität ihrer Verbündeten in den für unser Volk lebenswichtigen Fragen zu erhalten, ihre eigenen Vertragsverpflichtungen loyal erfüllen. Wir haben außerdem ein Interesse daran, daß auch wir unseren Beitrag dazu leisten, daß der Westen aus der furchtbaren Alternative herauskommt, bei jedem Handstreich nicht anders wählen zu können als zwischen Kapitulation und gemeinsamem Selbstmord. Daher ist die Stärkung der konventionellen Kampfkraft der Verbände des Westens ein dringendes Gebot der Stunde. Das kostet Gelid, auch für die Bundesrepublik Deutschland; das ist unbestritten. Dennoch, meine Damen und Herren, haben wir alle wie bei jedem anderen Einzelplan des Bundeshaushalts so auch beim Verteidigungshaushalt die Aufgabe, sorgfältig über den angemessenen Umgang mit Steuergeldern zu wachen. Ich möchte mit Genehmigung des Herrn Präsidenten eine Bemerkung und eine Mahnung verlesen, die ich kürzlich in einer interessanten Druckschrift gelesen habe. Es heißt dort: Es steht außer Frage, daß die Bundesrepublik zur Verteidigung ihrer Freiheit erhebliche Anstrengungen machen muß und dafür auch hohe Geldbeträge ausgeben muß. Der Steuerzahler ist aber in höchstem Maße daran interessiert, daß die für Verteidigungszwecke bereitgestellten Summen auch möglichst sinnvoll und sparsam verwendet werden. Denn nur hierdurch ist ein optimaler Effekt unserer Verteidigungsanstrengungen zu erreichen. Jede Mark, die aus dem Verteidigungsetat vergeudet wird, schwächt unsere Verteidigungskraft. Und an einer anderen Stelle jener interessanten Schrift heißt es: Die Bundestagsabgeordneten und insbesondere die Mitglieder des Haushaltsausschusses fordern wir auf, bei den Beratungen über den Einzelplan für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung eine besonders genaue Überprüfung der Etatansätze vorzunehmen, damit keine Mark, die unserer Verteidigung dienen soll, sinnlos vergeudet wird. Diese Bemerkungen stammen nicht von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, sondern von dem Ihnen in der Überprüfung der Verteidigungsausgaben sicher wesentlich unverdächtigeren Bund der Steuerzahler. Ich wollte nur auf diese Denkschrift des Präsidiums des Bundes der Steuerzahler hingewiesen haben, damit wir, wenn es um Einzelansätze und deren Bedeutung geht, nicht gleich falsche politische Akzente setzen, die dabei also gar nicht gemeint sind. Zu den Einzelfragen wird mein Kollege Dr. Schäfer nachher noch eine Reihe von Bemerkungen vorzutragen haben. Jetzt, in dieser allgemeinen Aussprache über den Verteidigungshaushalt, kommt es mir darauf an, klarzumachen, daß, wie bei anderen Haushalten auch, die Entscheidung über diesen Haushalt ein Urteil über die Politik der Regierung auf dem betreffenden Sachgebiet und über die Tätigkeit des Ministers bedeutet. So ist es bei anderen Plänen, so ist es bei diesem. Wir wollen uns angewöhnen, den Verteidigungshaushalt ohne jede Emotion genauso zu überprüfen, genauso zu behandeln, genauso zu beurteilen, wie das gegenüber allen Ansätzen in unserem Haushalt der Fall ist. Wenn ich jetzt von der Politik der Regierung auf diesem Sachgebiet spreche, dann müssen wir uns natürlich mit der militärpolitischen Konzeption des Verteidigungsministers befassen. Sie befindet sich leider im Zwielicht. Sie hat dazu geführt — nicht ganz ohne sein Dazutun —, daß eine Reihe von Mißverständnissen aufgekommen ist, von Mutmaßungen, ja sogar von mißtrauischen Bemerkungen im Inland und im Ausland, und zwar auch bei unseren Verbündeten. Ich möchte als Beispiel hier nur erwähnen die schrillen Mißtöne aus dem Hause des Verteidigungsministers, nicht von ihm selbst ausgesprochen, sondern vom Obersten Schmückle im Verteidigungsministerium. Es stellt sich dabei die Frage, ob der Oberst im Auftrag und mit Wissen und Billigung seines Ministers gespochen oder dort lediglich seine Privatansichten vertreten hat. Hätte er für den Minister gesprochen, wäre es schlimm. Denn es ist erheblicher Schaden angerichtet worden, und der wäre dann ganz auf das Konto des Ministers zu setzen. Hat Herr Schmückle nicht für den Minister gesprochen, Erler dann wird es Zeit, einen politisierenden Obersten in seine Schranken zu verweisen. Worum geht es denn? Oberst Schmückle setzt sich in seinem Aufsatz genau mit jenem Problem auseinander, das ich vorhin kurz angedeutet habe: daß wir alle — der ganze Westen — uns darum bemühen, aus der furchtbaren Alternative herauszukommen, bei jedem Handstreich nichts anderes zur Verfügung zu haben als die Wahlmöglichkeit zwischen der Kapitulation und dem gemeinsamen Selbstmord im atomaren Debakel. Diese Drohung mit dem Selbstmord als alleinigem Abschreckungsmittel wird immer unglaubwürdiger. Das hat gar nichts mit irgendwelchem Mißtrauen gegenüber der Allianz zu tun, aber das hat sehr viel zu tun mit dem Überlebenwollen der Völker selbst. Darüber muß man sich im klaren sein. Deswegen reizt diese sehr eindeutige Wahl die Sowjetunion gerade dazu an, unter Umständen ihre konventionelle Überlegenheit zu mißbrauchen, um auf einem bestimmten Gebiet zu ihren Gunsten vollendete Tatsachen zu schaffen, weil sie annehmen könnte, daß ein Selbstmord auch nicht das geeignete Mittel wäre, eine solche Tatsache zu korrigieren. Deshalb muß die Widerstandskraft gegen derartige Vorstöße gestärkt werden. Das ist der Sinn der Bemühungen um die Stärkung auch der herkömmlichen Kampfkraft, wobei selbstverständlich das atomare Gleichgewicht gegenüber dem sowjetischen Potential im Verband der westlichen Allianz nicht verringert, nicht geschwächt, nicht zerstört werden darf; das ist unbestritten. Aber gerade diese Konzeption hat offenkundig das Mißfallen des Obersten Schmückle erweckt. Er schlägt wild um sich, greift in seinen Ausführungen den amerikanischen Präsidenten, ohne ihn mit dem Namen zu nennen, dessen Berater, den amerikanischen Verteidigungsminister, den General Norstad und, wie ich gleich dartun werde, auch den eigenen Verteidigungsminister an, der sich über diese Bedeutung des Schmückleschen Artikels vielleicht nicht ganz im klaren gewesen ist. Wie groß der angerichtete Schaden gewesen ist, können Sie z. B. einer Bemerkung der „Zeit" vom 6. April entnehmen. Da heißt es: Die Wogen der Erregung gingen so hoch, daß sich der Bundesverteidigungsminister bei General Norstad in Paris wegen des Artikels seines Referenten sogar förmlich entschuldigen mußte. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, jedenfalls ist es so in der „Zeit" zu lesen. In Schmückles Artikel hieß es nämlich kurz und bündig: „Es kann in Europa keinen konventionellen Krieg mehr geben." Ich würde sagen: Wir wollen in Europa nicht nur den atomaren, sondern auch den konventionellen Krieg vermeiden; das ist natürlich unsere Aufgabe. Schmückles schlichte apodiktische Feststellung ist leider von der Wahrheit weit entfernt; denn es hat seit 1945 auf dem Erdball nahezu ununterbrochen Konflikte gegeben, bei denen nirgendwo Atomwaffen zum Einsatz gelangten, so daß man auch die Möglichkeit eines nichtatomaren Handstreichs nicht völlig von der Hand weisen kann. Wir müssen allen Gefahren ins Auge sehen und können nicht einfach eine, die es auch gibt, rundweg leugnen, noch dazu von so wichtiger Stelle aus. Dann wäre doch die Konsequenz, daß es genügte, eine gewisse Anzahl jener hochqualifizierten Verteidigungstechniker in atomsicheren Bunkern zu haben, von denen aus die Maschinerie der Vergeltung zu bedienen wäre, und daß im übrigen die ganze Bundeswehr bis auf den Bundesgrenzschutz, den man vielleicht noch bräuchte, nach Hause geschickt werden könnte. Dann hätten doch all die anderen Bemühungen im Bereich der Bundeswehr, unsere Verteidigungskraft auf das Niveau unserer Verbündeten — in Anpassung auch an die Stärke der anderen — zu bringen, gar keinen Sinn. Der Herr Bundeskanzler war über diesen Artikel und seine 'Schlußfolgerungen offenbar auch recht erschrocken. Ich lese heute in dem Bericht des Chronisten Walter Henckels über seine Reise oder Wallfahrt nach Cadenabbia folgendes: Der Bundesverteidigungsminister Strauß könnte es ahnen, was der Bundeskanzler damit meint, wenn er sagt: Die jungen Obersten um den Minister schreiben mir zuviel. Schon Bismarck halbe gesagt, bei manchen Menschen liege das Sprechzentrum zu nahe beim Gehirn. Ich möchte sagen: Das kann der Bundeskanzler unmöglich nur in bezug auf den Obersten Schmückle gemeint haben; das kommt auch anderwärts vor. Aber es heißt hier in dem Aufsatz weiter, erst vor vier Tagen habe er — Adenauer — von einem bestimmten Kriegsbild des jungen Herrn erfahren. Das ist also das, was ich eben geschildert habe: Schon um des einen Satzes willen, daß er, der Bundeskanzler, im Ernstfall der Oberbefehlshaber sei, lohne es sich, das Bismarck-Wort zweimal zu lesen. Nun, der Bundeskanzler hat natürlich verfassungsrechtlich gesehen recht; im Ernstfall ist er nach dem Grundgesetz der Oberbefehlshaber. Nach dem Inhalt der Verträge würde allerdings wohl der operative Oberbefehl nicht beim Bundeskanzler, sondern beim Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte liegen. Das sei nur in aller Bescheidenheit zu dieser ansonsten richtigen Bemerkung hinzugefügt. Meine Damen und Herren, jetzt möchte ich auf einige Gegensätze zu sprechen kommen, die in Beleuchtung der Verteidigungskonzeption Herr Schmückle mit seinem Aufsatz ganz grell hat sichtbar werden lassen. Zunächst der Gegensatz zu seinem eigenen Minister. Der Minister hat der Bild-Zeitung am 21. April vergangenen Jahres ein Interview gegeben. Darin hat er klar und sachlich zutreffend das geschildert, was der Lage entspricht. Es heißt dort: Erler Wenn wir die Ziele ,der MC 70 erreichen und wenn die anderen Bündnispartner dasselbe tun, dann kommen die 30 Divisionen zusammen, die nach Ansicht ,der militärischen Fachleute in Europa-Mitte ausreichen, um im Falle eines nicht von vornherein groß angelegten Angriffs nicht sofort auf Atomwaffen angewiesen zu sein. So könnte man eine Pause erzwingen, in der man noch Zeit hat, Verhandlungen zu führen und zu versuchen, den Konflikt auf politischem Wegebeizulegen. Deshalb sehen wir unseren Beitrag von 12 Divisionen als eine wesentliche Hilfe an, um dieses von allen Seiten gewünschte Ziel zu erreichen. So Minister ,Strauß. Bei Herrn Schmückle sieht das ganz anders aus. Da heißt das so: Ob bewußt oder unbewußt, ihre Anstrengungen laufen letzten Endes alle darauf hinaus, den Krieg in Europa wieder zu einem Mittel der Politik zu machen. Mit ihrer heimlichen Gier nach Krieg werden diese Autoren die Beute der seltsamsten Einbildungen: Sie jonglieren in der Öffentlichkeit mit Begriffen wie „atomare Entwaffnung", „atomarer Befelhlsstrang", „Pause" und „Schwelle" und zerreden damit .die Abschreckung so lange, bis sie einer Null ziemlich ähnlich sieht. Ferner heißt es dann: Die Idee vom konventionellen Krieg in Europa ist militärische Alchimie. Meine Damen und Herren, der Minister sagt: So könnte man eine Pause erzwingen. Herr Schmückle sagt: Da wird jongliert mit Begriffen wie Pause, und damit wird die Abschreckung zerredet; das seien also alles Leute, die von einer heimlichen Gier nach Krieg besessen seien. Mit dem Vokabular wird deutlich, wen er meint. Er meint den amerikanischen Präsidenten, er meint dessen Berater, er meint den amerikanischen Verteidigungsminister. Wenn der Minister richtig liest, stellt er fest, daß er auch den eigenen Verteidigungsminister meint. Das kann sich in der Öffentichkeit ein Minister nicht gefallen lassen. Hier muß er für Klarheit sorgen, meine Damen und Herren. Die amerikanische Zeitschrift „Time" ,sieht Herrn Schmückles Konzeption so: Schmückles Folgerung: Die Truppen des Westens einschließlich denen der Westdeutschen sollten den Kampf mit Superbomben austragen, also offenbar nur mit solchen. Daß ,der amerikanischen Präsident von mir hier als einer der von Herrn Schmückle Anvisierten erwähnt worden ist, können Sie dem Bulletin der Bundesregierung vom 12. April 1961 entnehmen. Dort wird dieselbe Konzeption entwickelt, ,die der Bundesverteidigungsminister auch in der Bild-Zeitung dargetan hat und von ,der ich nach Herrn Schmückle nicht mehr weiß, ob sie noch die Konzeption der Bundesregierung ist. Dort heißt es: Die NATO muß in der Lage sein, jeden konventionellen Angriff mit einem konventionellen Widerstand zu beantworten, der zumindest lange genug wirksam sein muß, um — mit den Worten von General Norstad —— so zitiert der amerikanische Präsident eine Atempause zu erzwingen. Da haben Sie wieder jene Begriffe und Worte, die das Mißfallen des Herrn Schmückle hervorgerufen haben und deren Verfasser er in .die Reihe der weltfremden Theoretiker und Philosophen einrangiert. Zu ihnen gehört dann offenbar wohl auch der amerikanische General Norstad, der seine Auffassungen laufend innerhalb der Allianz den Offizieren weitergibt, damit sie zur Grundlage der gesamten Planungen und des militärischen Denkens werden. Viele von uns hatten Gelegenheit, bei Vorträgen auch mit Besuchergruppen diese Dinge in Paris an Ort und Stelle zu hören. Das sind alles keine Staatsgeheimnisse. General Norstad hat den Begriff der Schwelle und den Begriff der Pause zu einem wesentlichen Bestandteil seiner und der NATO-Doktrin erklärt. Unid dann geht Herr Schmückle hin und schreibt dazu folgendes: Unterstützt werden diese Philosophen von Militärs, die die Aufgabe der Heere im Atomzeitalter mit aller Gewalt nicht begreifen können und deren verhärtetes Gedächtnis immer noch damit beschäftigt ist, Panzerund Kesselschlachten im Stile des zweiten Weltkriegs zu schlagen. Dabei ist doch die Panzerkriegführung des zweiten Weltkrieges eine einmalige, heldenmütige, aber abgeschlossene Episode der europäischen Militärgeschichte. So Herr Schmückle. Wozu eigentlich die Sowjetunion ihre riesigen Panzerarmeen hat und warum wir uns Gedanken machen, daß unsere Panzerabwehr vielleicht nicht auf der Höhe der Zeit ist, und wozu wir dann auch ein Milliardenprogramm für die Beschaffung von Panzern für die Bundeswehr unserem Volk abverlangen, wenn der Sprecher des Verteidigungsministers solche Gedanken in die Welt setzt, das, meine Damen und Herren, möchte ich wirklich einmal wissen. An einer anderen Stelle wird auch der Minister aufs Korn genommen, und zwar, wenn Schmückle die Worte des atomaren Befehlsstranges attackiert, die auch in das Wörterbuch gehören, das von ihm mit dem Anathema des Unerhörten und militärisch Naiven und beinahe Verbrecherischen belegt wird. Im deutschen Fernsehen hat sich der Minister am 4. Dezember 1961 ebenfalls zur Frage des Befehlsstranges geäußert, und zwar anders als Herr Schmückle. Da hat er gesagt: Wir halten aber an der Notwendigkeit fest, die Trägerwaffen und die Kontrolle über die Sprengköpfe in verschiedenen Kommandosträngen zu haben. Die Trägerwaffen bleiben homogene Einheiten der Divisionen usw. Dagegen werden die Divisionsgenerale und die KommanErler dierenden Generale nicht die Vollmacht über Freigabe jemals erlangen. Das muß in einem besonderen Strang sein, der jede Fehlberechnung, jeden Irrtum und auch jedes technische Versagen ausschließt. Klar und richtig. Leider in diametralem Gegensatz zu den Ausführungen des Sprechers des Verteidigungsministerium nach dieser Festlegung des Ministers in „Christ und Welt". Der Minister wurde damals noch gefragt: „Dieser Strang endet in letzter Instanz beim amerikanischen Präsidenten?" Seine Antwort war: „Ja". — „Und da bleibt es auch?" Strauß: „Ja. Sagen wir: Ohne und gegen den amerikanischen Präsidenten soll ein Einsatz von Atomwaffen nicht möglich sein." — Das ist richtig. Aber wie verträgt sich das mit dem Wörterbuch des Herrn Schmückle? Wie soll denn, falls Herrn Schmückles Konzeption die des Verteidigungsministeriums wäre, die Bundesrepublik Deutschland und ihre Bevölkerung eigentlich verteidigt werden, falls die Abschreckung einmal mißlingt? Herr Schmückle baut seine Gedanken auf den ewigen Frieden. Er ist der Meinung, die Abschreckung sei so perfekt, daß sie für immer funktioniere. Wir wissen um das Emotionale in der menschlichen Natur. Wir wissen, daß derartige Fragen nicht nur mit dem Rechenstift entschieden werden. Wir wissen, daß leider Sicherungen durchbrennen können. Was dann, wenn es dann doch zu einer Auseinandersetzung käme? Glaubhaft, meine Damen und Herren, als Abschrekkung ist nur, was man im Notfall auch wirklich durchführen kann und will. Alles andere wirkt als Bluff. Selbstmorddrohung als alleinige Abschrekkung wird immer zweifelhafter, und deswegen muß man dieses Thema etwas sorgfältiger durchdenken. Die geläufigen Schlagworte und die naßforsche Sprache des Presseobersten im Verteidigungsministerium reichen zur Bewältigung dieses Problems offenkundig nicht aus. Wenn ein Konflikt trotz der Abschreckung ausbricht, dann steht die Katastrophe sicher vor der Tür. Aber selbst dann muß man sich bemühen, die Katastrophe mit den Kräften, die einem zur Verfügung stehen, noch abwenden zu helfen, die letzte Chance nützen, soviel wie möglich vom eigenen Volke zu schützen, das Überleben zu sichern, den Konflikt zu bändigen, mit andern Worten: einen Gegner zum Stehen zu bringen. Auch das ist dann immer noch eine Aufgabe, die man wenigstens versuchen muß. Hierzu, zu diesem Gegner, einem möglichen, hat der Oberst Schmückle einen seltsamen Widerspruch in der Einschätzung seines Potentials in dem gleichen Artikel zu Papier gebracht. An einer Stelle heißt es sehr schön klar: Volksschulbildung genügt, um zu begreifen, daß es in Europa kein politisches Ziel mehr gibt, das sich mit den Mitteln des allumfassenden Krieges erzwingen ließe. Der Atomkrieg ist der apolitische Krieg schlechthin. Das ist richtig. Er schreibt dann weiter: Er widerspricht auch der kommunistischen Heilslehre, deren Ziel nicht die Weltzerstörung, sondern ihr Gegenteil, die Welteroberung ist. Der Schluß daraus wäre: Aha, die Sowjetunion legt es nicht auf einen Atomkrieg an; unter Umständen will sie die Welt dann anders erobern. — Nun, wir können vielfach philosophieren, ob das unbedingt mit dem Instrument der Roten Armee geschähe. Sicher ist die Gefahr der Machtausweitung der Sowjetunion dann, wenn ihr kein glaubhaftes Risiko entgegenstünde, nicht von der Hand zu weisen. Wir wissen um all die anderen Formen der Ausdehnung kommunistischen Machteinflusses ohne Einsatz militärischer Mittel. Das ist eine schwierige Auseinandersetzung, in der die Welt mitten drin ist. Das wissen wir alles. Aber der Satz macht doch wohl klar, welche Bedeutung dem sowjetischen konventionellen Potential zukommt. Herr Schmückle sieht es anders. Ein paar Absätze weiter heißt es: Der konventionelle Bewaffnungsanteil in den Ostblockstreitkräften hat eine politische und militärische Aufwertung erhalten, die ihm in Europa in diesem Maße nicht mehr zusteht. So dekretiert Herr Schmückle im Gegensatz zu dem, was er vorher selber richtig erkannt hat. Meine Damen und Herren, ich habe mich etwas bei diesem Thema aufgehalten, weil gerade die Erklärungen eines Mannes in der Position des Sprechers des Verteidigungsministeriums für die Deutung der Verteidigungskonzeption der Bundesregierung im Inland, im Ausland und auch in der Allianz ein besonderes Gewicht haben. Es ist sehr schwierig geworden, Klarheit über den wirklichen Kurs zu gewinnen, wenn man z. B. nur in einer einzigen Frage den Zickzackkurs der Bundesregierung im letzten Jahr sich einmal vergegenwärtigt, nämlich in der Frage, die unter dem Stichwort segelt: Umwandlung der NATO zur vierten Atommacht. Wir haben hier schon einmal in diesem Hause bei der Debatte über die Regierungserklärung darüber gesprochen, worum es dabei eigentlich geht; daß der Name: „Umwandlung der NATO zur vierten Atommacht" viel zu ehrgeizig ist; denn das hieße eine unabhängige Macht außerhalb der Vereinigten Staaten, die doch auch in der NATO sind. Aber einmal abgesehen von der Wortwahl möchte ich doch hier einfach einmal den chronologischen Ablauf der Dinge schildern, damit Sie sehen, zu welcher Verwirrung wir inzwischen gelangt sind. Am 13. Mai 1961 wird in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein Gespräch des Ministers mit Herrn Weinstein veröffentlicht. Dort heißt es: In der Frage der vierten Atommacht sagte Strauß, daß er sich jetzt von der Überlegung leiten lasse, daß ihr nicht mehr der Vorrang vor den anderen Aufgaben der atlantischen Vereinigung gebühre. Er erkenne an, daß ein juristisches Problem aufgeworfen worden sei. Die NATO selbst sei kein staatsähnliches Gebilde mit eigener Souveränität. Das erschwere die Erler Rangerhöhung zur Atommacht. Im übrigen habe er mit der Unterstützung der Forderung nach einer vierten Atommacht den amerikanischen Politikern als loyaler Partner beispringen wollen. Das klang ganz vernünftig, und wenn es wahr gewesen wäre, dann hätte man ja nun nicht mehr „beizuspringen" brauchen, nachdem die neue amerikanische Regierung es bei diesem Problem offenbar nicht mehr so eilig hat. Statt dessen setzte plötzlich deutsches Drängen ein. Also nicht mehr „den amerikanischen Politikern beispringen"; sondern in der Regierungserklärung vom 29. November des vergangenen Jahres in diesem Hause hieß es: Nach Auffassung der Bundesregierung sollte der Plan einer NATO-Atomstreitmacht baldmöglichst verwirklicht werden. Wenn es ginge, also noch gestern. Das war nicht nur Unterstützung amerikanischer Anregungen, sondern das wurde jetzt hier aufgegriffen und zu einer deutschen Absicht gemacht. Trotzdem lesen wir gestern in der „Welt", daß es im Dezember 1961 angeblich einen Kabinettsbeschluß gegeben habe, in Paris sollten keine deutschen Vorschläge auf den Tisch gelegt werden. Wir wissen aber, daß der Verteidigungsminister — ich glaube, nicht ganz zum hellen Vergnügen mancher seiner Kollegen — in Paris dieses Thema doch auf die Tagesordnung gebracht und mit einem erheblichen deutschen Beitrag bereichert hat. Wenn man zu diesem Vorstoß der Begleitmusik geschehen läßt, die der Presseoffizier des Verteidigungsministers veranstaltet, dann bekommen natürlich derartige Vorstöße eine ganz andere Bedeutung und erwecken das Mißtrauen, ob die Deutschen nun partout auf irgendeinem Umweg wenigstens die Verfügungsgewalt auch über die Sprengköpfe mit in die Hand bekommen wollen, — „mit" sage ich ausdrücklich, nicht etwa: allein. Jetzt ist Minister Strauß wieder vorsichtiger geworden. Anscheinend hat man sich davon überzeugt, daß die Stimmung in der Allianz diesem Vorpreschen nicht hold gewesen ist. Am 30. März lesen wir in der „Welt" über die Ausführungen des Ministers, daß die (Ba desregierung die letzte Entscheidungsgewalt des amerikanischen Präsidenten über einen nuklearen Einsatz nicht anzutasten gedenkt. Der Minister bekannte sich auch wieder zu den Thesen des amerikanischen Verteidigungsministers McNamara von der Aufrechterhaltung der atomaren Abschreckung und der Einführung der konventionellen Abschreckung überall dort in Europa, wo eine atomare Abschreckung nicht glaubhaft erscheint. Das steht wieder einmal im Gegensatz zu dem, was vorher aus idem eigenen Hause ertönte. In den Vereinigten Staaten befand sich ein nicht ganz unprominenter Politiker aus den Reihen der Regierungskoalition, der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Dr. Mende. Er hat sehr klar gesagt: Wir sollten uns auch nicht in die Rolle der Avantgardisten für eine NATO-Atommacht begeben; das sollten wir dem General Norstad überlassen. — Er hat also etwas gefordert, was ich an dieser Stelle schon sehr oft gefordert habe: nicht drücken vor den gemeinsamen Pflichten, aber auch nicht vordrängeln, denn das ist nicht die spezifisch deutsche Aufgabe in der gegenwärtigen Weltlage. Ich nahm an, daß der Abgeordnete Dr. Mende gewissermaßen in Übereinstimmung mit Iden Grundüberlegungen und der Haltung der ganzen Koalition gesprochen habe, zumal der Minister selbst sich ähnlich geäußert hatte. Aber jetzt schließt sich der Kreis wieder. Denn nun meldet sich unser Fernsteuerer zu Wort, nämlich aus Cadenabbia, und da hören wir, daß der Herr Bundeskanzler, um die Verwirrung komplett zu machen, die Hoffnung äußert, daß sich die Pläne für eine supranationale Atomstreitkraft der NATO, die bereits von NATOOberbefehlshaber General Norstad und NATO-Generalsekretär Stikker erörtert worden sind, schließlich verwirklichen lassen. Das heißt, er meldet sich im Gegensatz zum Minister und im Gegensatz zum Sprecher der FDP ausdrücklich noch einmal zu Worte und sagt: Kehrt marsch, jetzt doch wieder auf dieses Ziel zu! Meine Damen und Herren, das ist ein Musterstück für eine „geradlinige" Verteidigungspolitik! Das versuchen Sie uns doch immer wieder zu erzählen. Seltsam ist, daß in den verschiedenen Phasen dieser „geradlinigen Verteidigungspolitik" immer diejenigen beschimpft werden, die gerade anders denken, auch wenn man gestern genauso gedacht hat und morgen so denken wind. Worum geht es denn wirklich? Wirklich geht es um folgendes: daß natürlich die Bundesrepublik Deutschland und die anderen europäischen Verbündeten der Vereinigten Staaten von Amerika an der für die gesamte Allianz entscheidenden Strategie der Vereinigten Staaten von Amerika im Planungsstadium mitwirken müssen. Wichtig ist, daß man Einfluß hat auf die strategische Konzeption, bei der es auch um unsere Haut geht. Wichtig, daß man ein Einspruchsrecht dagegenhat, daß nicht von unserem Land aus oder in unserem Land hinter dem Rückender eigenen Regierung unter Umständen ein Atomkrieg entfesselt werden kann. Eine Entscheidung über Leben und Tod kann nicht hinter idem Rücken der dem Bundestag verantwortlichen Regierung gefällt werden. Das alles ist richtig, das alles ist im Verband der Allianz durch Absprachen durchaus realisierbar, hat aber nichts mit der Aufspaltung des Atompotentials in die Verfügungsgewalt weiterer Leute als des amerikanischen Präsidenten etwas zu tun, sondern hier handelt sich's nur um die Grundplanung, auf deren Boden dann der Präsident der Vereinigten Staaten stehen würde als der Mann, der die letzte Entscheidung im Verband der Allianz fällt. Eine deutsche oder europäische Möglichkeit, atomare Auseinandersetzungen auch gegen den Willen der USA auslösen zu können, würde das Bündnis zerErler stören und ist deshalb undenkbar. Meine Damen und Herren, dies würde von Mißtrauen gegenüber dem größten Verbündeten zeugen; dies würde die Abschreckung zerreden, was Herr Schmückle so befürchtet. Leider haben sich schon allzu viele durch Mißtrauen gegenüber der Solidarität der Vereinigten Staaten mit unseren Lebensfragen dazu verleiten lassen, diese Abschreckung zu einem großen Teil zerreden zu helfen. Meine Damen und Herren, bilden wir uns doch nicht ein, daß die Bundesrepublik Deutschland eines Tages in die Rolle kommen könnte, der Schwanz zu sein, der mit dem NATO-Hund wedeln kann. Das wäre doch eine groteske Verkennung unserer Möglichkeiten. Ein weiteres Kapitel. Bei der Bundesregierung fehlt die Erkenntnis, daß die militärischen Anstrengungen auf der einen und die politischen Bemühungen um Entspannung und Abrüstung auf der anderen Seite die zwei Seiten derselben Medaille Sicherheitspolitik sind. Immer noch sind die Referate, die sich mit diesen Problemen beschäftigen, unzureichend besetzt. Immer noch beschränkt sich die Tätigkeit der Bundesregierung im wesentlichen darauf, innerhalb der Allianz Bedenken gegen alle Gedanken anderer vorzubringen; mit Ausnahme natürlich der allgemein wünschbaren kontrollierten totalen Abrüstung. Da sind sich alle Beteiligten auch mit Chruschtschow einig. Die Frage ist doch hier nicht, wie man dieses Fernziel heraufbeschwört, sondern wie man's endlich stückweise verwirklicht. Und da hat die Bundesregierung bisher im wesentlichen gepaßt. Sie hat die Gedanken anderer mit ihrem Veto belegt, aber eigene Anregungen im Rahmen der Allianz kaum vorgebracht. Wie sonst eigentlich will man das Klima für die deutsche Frage verbessern? Über die Einzelheiten zu diesem Punkt haben wir auch schon bei der Debatte über die Regierungserklärung gesprochen. Ich bedaure nach wie vor die Sterilität der Bundesregierung auf diesem für die Planung ;der westlichen Allianz entscheidenden Gebiet. Nun zu einem militärischen Problem. Immer noch ist kein ernsthaftes Konzept für die Territorialverteidigung vorgelegt worden. Nur so können wir doch die mobilen Feldverbände von manchen ihnen aufgehalsten Aufgaben entlasten und damit die konventionelle Schlagkraft erhöhen. Immer noch beklagen sich die Kompaniechefs über die Papierflut, die sie an der Erfüllung ihrer erzieherischen und ausbilderischen Aufgabe hindert. Immer noch ist die Verwaltung im Bereich der Verteidigung eine der schwerfälligsten der Bundesrepublik. Nun zu einem weiteren Punkt von innenpolitischer Bedeutung. Der Minister ist leider mitverantwortlich für Versuche, die Bundeswehr — wenigstens in gewissen Teilen — ideologisch auf die Vorstellungen einer Partei, nämlich seiner, auszurichten. Das geht von ,der Generalsdenkschrift, die ja nicht dazu benutzt war, um der Regierung die Meinung der Generalität vorzutragen — die hat die Regierung ja gekannt —, sondern um die Generalität in der inenpolitischen Auseinandersetzung mit der Opposition zu mißbrauchen — — (Abg. Dr. Vogel: Sie wissen doch selbst, wie sie zustande gekommen ist!)